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    Plenarprotokoll 17/240 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 240. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 I n h a l t : Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 15, 18 b, 27 und 57 i . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . Nachruf auf den Abgeordneten Dr. Max Stadler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachruf auf den ehemaligen Abgeordneten Jürgen Warnke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begrüßung des Botschafters der Republik Kroatien, Herrn Dr. Miro Kovač . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 3: a) Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundesminister der Verteidigung: Neu- ausrichtung der Bundeswehr – Stand und Perspektiven b) Beratung der Antwort der Bundesregie- rung auf die Große Anfrage der Abgeord- neten Rainer Arnold, Dr. Hans-Peter Bartels, Bernhard Brinkmann (Hildesheim), weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Bundeswehr – Einsatzarmee im Wandel (Drucksachen 17/9620, 17/13254) . . . . . . . . . Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister  BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Schnurr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) . . . . . . . . . Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU)  (Erklärung nach § 30 GO) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: a) Antrag der Abgeordneten Dr. Ernst Dieter Rossmann, Michael Gerdes, Ulrike Gottschalck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Projekt Zu- kunft – Deutschland 2020 – Bildungs- chancen mit guten Ganztagsschulen für alle verbessern (Drucksache 17/13482) . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Aydan Özoğuz, Willi Brase, Ulla Burchardt, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der SPD: Projekt Zukunft – Deutschland 2020 – Eine moderne Integrationspolitik für mehr Chancengleichheit (Drucksache 17/13483) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) . . . . . . . . Dorothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . 30119 A 30121 B 30121 B 30121 D 30122 A 30224 B 30122 C 30122 C 30126 A 30128 D 30130 B 30132 C 30134 C 30136 B 30137 B 30137 D 30139 C 30141 C 30142 B 30144 A 30144 D 30145 A 30145 B 30147 C 30149 C 30151 D Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin  BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aydan Özoğuz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU) . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Christoph Matschie, Minister (Thüringen) . . . Sylvia Canel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas Feist (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Helmut Brandt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 56: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Förderung der Prävention (Drucksache 17/13401) . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversi- cherung (Drucksache 17/13402) . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes von Apotheken (Apo- thekennotdienstsicherstellungsgesetz – ANSG) (Drucksache 17/13403) . . . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Drit- ten Gesetzes zur Änderung arzneimit- telrechtlicher und anderer Vorschriften (Drucksache 17/13404) . . . . . . . . . . . . . . . e) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Zweiten Zusatzprotokoll vom 8. November 2001 zum Europäi- schen Übereinkommen vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsa- chen (Drucksache 17/13415) . . . . . . . . . . . . . . . f) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Übereinkommen vom 13. Januar 2013 über die Vorrechte und Immunitäten der Internationalen Orga- nisation für erneuerbare Energien (Drucksache 17/13416) . . . . . . . . . . . . . . g) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Gesetzes zu dem OCCAR-Übereinkommen vom 9. September 1998 (Drucksache 17/13417) . . . . . . . . . . . . . . h) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Abkommens vom 20. März 1995 zwischen der Bundesre- publik Deutschland und der Republik Polen über die Erhaltung der Grenz- brücken im Zuge der deutschen Bun- desfernstraßen und der polnischen Lan- desstraßen an der deutsch-polnischen Grenze (Drucksache 17/13418) . . . . . . . . . . . . . . i) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsge- setzes (Drucksache 17/13427) . . . . . . . . . . . . . . j) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung des Geschmacks- mustergesetzes sowie zur Änderung der Regelungen über die Bekanntmachun- gen zum Ausstellungsschutz (Drucksache 17/13428) . . . . . . . . . . . . . . k) Antrag der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Maria Klein-Schmeink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tabakprä- vention und Schadensminderung stär- ken – EU-Tabakprodukterichtlinie wei- ter verbessern (Drucksache 17/13244) . . . . . . . . . . . . . . l) Antrag der Abgeordneten Klaus Riegert, Eberhard Gienger, Stephan Mayer (Altöt- ting), weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der CDU/CSU sowie der Abgeordne- ten Serkan Tören, Joachim Günther (Plauen), Dr. Lutz Knopek, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der FDP: In- tegration von Menschen mit Migra- tionshintergrund im und durch den Sport nachhaltig stärken (Drucksache 17/13479) . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 2: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dagmar Freitag, Martin Gerster, Christine Lambrecht, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Ent- 30153 A 30154 B 30157 A 30158 B 30159 D 30160 B 30161 A 30161 D 30163 B 30165 A 30165 C 30166 D 30167 D 30169 A 30169 D 30169 D 30170 A 30170 A 30170 A 30170 B 30170 B 30170 B 30170 C 30170 C 30170 C 30170 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 III wurfs eines Gesetzes zur Dopingbe- kämpfung im Sport (Anti-Doping-Ge- setz – ADG) (Drucksache 17/13468) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Kerstin Andreae, Monika Lazar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Gleiches Rentenrecht in Ost und West, Rentenüberleitung zum Abschluss bringen (Drucksache 17/12507) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Heinz Paula, Elvira Drobinski-Weiß, Willi Brase, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verbandsklagerecht für aner- kannte Tierschutzverbände einführen (Drucksache 17/13477) . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Ulla Schmidt (Aachen), Siegmund Ehrmann, Angelika Krüger-Leißner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Für die tat- sächliche Gleichstellung von Frauen und Männern auch im Kunst-, Kultur- und Medienbereich (Drucksache 17/13478) . . . . . . . . . . . . . . . e) Antrag der Abgeordneten Cornelia Behm, Tabea Rößner, Harald Ebner, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Ländliche Räume als Lebensräume bewahren und zu- kunftsfähig gestalten (Drucksache 17/13490) . . . . . . . . . . . . . . . f) Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe, Harald Ebner, Uwe Kekeritz, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine kohä- rente Politikstrategie zur Überwindung des Hungers (Drucksache 17/13492) . . . . . . . . . . . . . . . g) Antrag der Abgeordneten Sylvia Kotting- Uhl, Bettina Herlitzius, Oliver Krischer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Atomrisi- ken ernst nehmen – Auch in Bezug auf die nahe liegenden Atomkraftwerke in Belgien (Drucksache 17/13491) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 57: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Seearbeitsüber- einkommen 2006 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 23. Februar 2006 (Drucksachen 17/13059, 17/13302) . . . . . b) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 23. Juli 2012 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Re- publik Österreich über die Nachnutzung der ehemaligen deutsch-österreichischen gemeinschaftlichen Grenzzollämter (Drucksachen 17/12954, 17/13346) . . . . . d) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung des Luft- verkehrsrechts an die Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 der Kommission vom 3. November 2011 zur Festlegung tech- nischer Vorschriften und von Verwal- tungsverfahren in Bezug auf das flie- gende Personal in der Zivilluftfahrt gemäß der Verordnung (EG) Nr. 216/ 2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 (Drucksachen 17/13029, 17/13349) . . . . . e) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 181/2011 des Eu- ropäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Fahr- gastrechte im Kraftomnibusverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 (Drucksachen 17/13031, 17/13350) . . . . . f) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Ver- kehrsleistungsgesetzes (Drucksachen 17/13028, 17/13352) . . . . . g) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Ab- kommens vom 11. April 1955 über die Internationale Finanz-Corporation (Drucksachen 17/12953, 17/13366) . . . . . h) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes (Drucksachen 17/13027, 17/13465) . . . . . j)–q) Beratung der Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersich- ten 582, 583, 584, 585, 586, 587, 588 und 589 zu Petitionen (Drucksachen 17/13260, 17/13261, 17/13262, 17/13263, 17/13264, 17/13265, 17/13266, 17/13267) . . . . . . . . . . . . . . . . 30170 D 30171 A 30171 A 30171 A 30171 B 30171 B 30171 C 30171 D 30172 A 30172 B 30172 C 30172 D 30173 A 30173 C 30173 D IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 Zusatztagesordnungspunkt 3: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Schiffsunfalldatenbankge- setzes (SchUnfDatG) (Drucksachen 17/13032, 17/13532) . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie – zu der Verordnung des Bundesministe- riums für Wirtschaft und Technologie: Verordnung über die Zulassung von Bewachungsunternehmen auf See- schiffen (Seeschiffbewachungsver- ordnung – SeeBewachV) – zu der Verordnung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle: Ver- ordnung zur Durchführung der See- schiffbewachungsverordnung (See- schiffbewachungsdurchführungsver- ordnung – SeeBewachDV) (Drucksachen 17/13308, 17/13309, 17/13525) Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der SPD: Ein Jahr Bundesminister Peter Altmaier – Bilanz der Chancen, Reden und Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Altmaier, Bundesminister  BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Horst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marie-Luise Dött (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Marco Bülow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2012/…/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstitu- ten und Wertpapierfirmen und zur An- passung des Aufsichtsrechts an die Ver- ordnung (EU) Nr. …/2012 über die Aufsichtsanforderungen an Kreditinsti- tute und Wertpapierfirmen (CRDIV- Umsetzungsgesetz) (Drucksachen 17/10974, 17/11474, 17/13524, 17/13541) . . . . . . . . . . . . . . . . b) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investment- fonds (AIFM-Umsetzungsgesetz – AIFM-UmsG) (Drucksachen 17/12294, 17/13395) . . – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/13396) . . . . . . . . . . . . c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung des In- vestmentsteuergesetzes und anderer Gesetze an das AIFM-Umsetzungsge- setz (AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz – AIFM-StAnpG) (Drucksachen 17/12603, 17/13036, 17/13562, 17/13522) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Björn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patricia Lips (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Patricia Lips (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Ernährung, Landwirtschaft und 30174 C 30174 D 30175 B 30175 B 30176 C 30178 B 30179 B 30180 D 30182 A 30184 C 30186 A 30188 B 30189 C 30190 D 30192 B 30193 C 30194 D 30194 D 30195 A 30195 A 30195 C 30196 D 30198 A 30199 A 30200 A 30201 A 30202 C 30203 D 30204 D 30205 D 30206 D 30208 A 30208 B 30208 C 30209 A 30210 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 V Verbraucherschutz zu dem Antrag der Abge- ordneten Karin Binder, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Für alle Kin- der und Jugendlichen eine hochwertige und unentgeltliche Verpflegung in Schulen und Kindertagesstätten gewährleisten (Drucksachen 17/11880, 17/13451) . . . . . . . . Carola Stauche (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Petra Crone (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD) . . . . Mechthild Heil (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: a) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ver- trag vom 9. Dezember 2011 über den Beitritt der Republik Kroatien zur Eu- ropäischen Union (Drucksachen 17/11872, 17/13444) . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union – zu dem Antrag der Abgeordneten Josip Juratovic, Dietmar Nietan, Axel Schäfer (Bochum), weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der SPD: EU- Beitritt der Republik Kroatien zum Erfolg führen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dietmar Nietan, Axel Schäfer (Bo- chum), Michael Roth (Heringen), wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Manuel Sarrazin, Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Zivilgesellschaft stärker an EU-Beitrittsprozessen beteiligen (Drucksachen 17/12182, 17/12821, 17/13444) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung von Rechtsvorschriften des Bundes infolge des Beitritts der Republik Kroatien zur Europäischen Union (Drucksachen 17/12769, 17/12852, 17/13445) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oliver Luksic (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dietmar Nietan (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Dörflinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Thomas Nord (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister  AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Josip Juratovic (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karl Holmeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Horst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 57: c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Ausführungsgesetzes zu dem Überein- kommen vom 9. September 1996 über die Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen in der Rhein- und Binnen- schifffahrt (Drucksachen 17/13030, 17/13348) . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 9: – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streit- kräfte an der EU-geführten Operation Atalanta zur Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias auf Grundlage des Seerechtsübereinkommens der Ver- einten Nationen (VN) von 1982 und der Resolutionen 1814 (2008) vom 15. Mai 2008, 1816 (2008) vom 2. Juni 2008, 1838 (2008) vom 7. Oktober 2008, 1846 (2008) vom 2. Dezember 2008, 1851 (2008) vom 16. Dezember 2008, 1897 (2009) vom 30. November 2009, 1950 (2010) vom 23. November 2010, 2020 (2011) vom 22. November 2011, 2077 (2012) vom 21. November 2012 und nachfolgender Resolutionen des Sicher- 30213 C 30213 D 30214 D 30216 B 30217 C 30219 A 30220 B 30221 B 30222 C 30223 C 30223 D 30224 A 30224 B 30225 A 30226 B 30227 C 30228 C 30229 D 30230 B 30231 B 30232 C 30233 C 30233 D 30236 C 30237 A 30239 C VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 heitsrates der VN in Verbindung mit der Gemeinsamen Aktion 2008/851/ GASP des Rates der Europäischen Union (EU) vom 10. November 2008, dem Beschluss 2009/907/GASP des Ra- tes der EU vom 8. Dezember 2009, dem Beschluss 2010/437/GASP des Rates der EU vom 30. Juli 2010, dem Beschluss 2010/766/GASP des Rates der EU vom 7. Dezember 2010 und dem Beschluss 2012/174/GASP des Rates der EU vom 23. März 2012 (Drucksachen 17/13111, 17/13529) . . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/13534) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dietmar Nietan (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingo Gädechens (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU) . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Monika Lazar, Ekin Deligöz, Katja Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Effektive Unterstützung und Schutz bei Gewalt gegen Frauen gewährleisten (Drucksache 17/12850) . . . . . . . . . . . . . . . . . Monika Lazar (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Yvonne Ploetz (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Elisabeth Winkelmeier-Becker  (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: a) Antrag der Abgeordneten Joachim Poß, Ingo Egloff, Burkhard Lischka, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Exorbitante Managergehälter begren- zen (Drucksache 17/13472) . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Kerstin Andreae, Dr. Tobias Lindner, Dr. Thomas Gambke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Keine Mit- finanzierung exorbitanter Gehälter durch die Allgemeinheit – Steuerliche Abzugsfähigkeit eingrenzen (Drucksache 17/13239) . . . . . . . . . . . . . . Joachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Marco Buschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Birgit Reinemund (FDP) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und ande- rer Gesetze (Drucksachen 17/12636, 17/13452) . . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/13454) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister  BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Oliver Luksic (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung von Informationsfreiheit und Transparenz unter Einschluss von Ver- braucher- und Umweltinformationen – In- formationsfreiheits- und Transparenzge- setz (Drucksache 17/13467) . . . . . . . . . . . . . . . . . Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 30237 B 30237 C 30237 D 30242 A 30242 C 30242 D 30243 D 30244 D 30245 D 30246 D 30248 B 30251 C 30248 C 30248 D 30249 D 30254 A 30255 B 30256 B 30257 B 30258 C 30258 D 30258 D 30259 C 30260 D 30262 A 30262 D 30264 A 30265 C 30266 B 30267 A 30267 B 30267 B 30268 C 30270 A 30271 A 30272 A 30272 D 30274 C 30274 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 VII Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU) . . . . . . . . . Lars Klingbeil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Regulierung im Eisenbahnbereich (Drucksachen 17/12726, 17/13526) . . . . . . . . Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister  BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin Burkert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: Beschlussempfehlung und Bericht des Vertei- digungsausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Paul Schäfer (Köln), Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE sowie der Abgeordneten Omid Nouripour, Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Überprüfung der Namen von Bundeswehrkasernen (Drucksachen 17/11208, 17/11724) . . . . . . . . Jürgen Hardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Ullrich Meßmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Spatz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . . Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verkürzung des Restschuld- befreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte (Drucksachen 17/11268, 17/13535) . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Viola von Cramon- Taubadel, Wolfgang Wieland, Daniela Wagner, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Rente für Dopingopfer in der DDR (Drucksache 17/12393) . . . . . . . . . . . . . . . . . Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 18: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsge- setz – 2. KostRMoG) (Drucksachen 17/11471 (neu), 17/13537) – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Stärkung des Er- folgsbezugs im Gerichtsvollzieher- kostenrecht (Drucksachen 17/5313, 17/13537) . . . c) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Bera- tungshilferechts (Drucksachen 17/11472, 17/13538) . . – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Begrenzung der Aufwendungen für die Prozesskos- tenhilfe (Prozesskostenhilfebegren- zungsgesetz – PKHBegrenzG) (Drucksachen 17/1216, 17/13538) . . . – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Änderung des Be- ratungshilferechts (Drucksachen 17/2164, 17/13538) . . . Tagesordnungspunkt 20: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verwaltungsvereinfa- chung in der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfeverwaltungs- vereinfachungsgesetz – KJVVG) (Drucksachen 17/13023, 17/13531) . . . . . 30275 C 30277 B 30278 A 30279 C 30280 C 30281 B 30282 B 30282 C 30283 C 30285 A 30286 B 30287 D 30289 A 30290 B 30290 C 30291 C 30292 D 30293 D 30295 A 30296 A 30296 D 30297 A 30297 B 30298 B 30298 C 30298 C 30298 C 30298 D 30299 D VIII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – zu dem Antrag der Abgeordneten Stefan Schwartze, Sönke Rix, Petra Crone, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Mit einer eigen- ständigen Jugendpolitik Freiräume schaffen, Chancen eröffnen, Rück- halt geben – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrich Schneider, Katja Dörner, Sven- Christian Kindler, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Eigenständige Ju- gendpolitik – Selbstbestimmt durch Freiheit, Gerechtigkeit, Demokratie und Emanzipation (Drucksachen 17/12063, 17/11376, 17/12907) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und die Leistungen der Kin- der- und Jugendhilfe in Deutschland – 14. Kinder- und Jugendbericht – und Stellungnahme der Bundesregierung (Drucksache 17/12200) . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Marlene Rupprecht (Tuchenbach), Stefan Schwartze, Willi Brase, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche ermöglichen – Konsequenzen aus dem 14. Kinder- und Jugendbericht ziehen (Drucksache 17/13473) . . . . . . . . . . . . . . . Dorothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) . . . . Hubert Hüppe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 19: a) Antrag der Abgeordneten Christel Humme, Petra Crone, Angelika Graf (Rosenheim), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Rechte intersexueller Men- schen stärken (Drucksache 17/13253) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Diana Golze, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Grundrechte von intersexuellen Menschen wahren (Drucksache 17/12859) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Monika Lazar, Volker Beck (Köln), Kai Gehring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Grundrechte von intersexuellen Menschen wahren (Drucksache 17/12851) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- derung des Gesetzes über die Kreditan- stalt für Wiederaufbau und weiterer Gesetze (Drucksachen 17/12815, 17/13318) . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Geset- zes über die Kreditanstalt für Wieder- aufbau und weiterer Gesetze (Drucksachen 17/13061, 17/13318) . . . . . Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Abgeordneten Angelika Graf (Ro- senheim), Wolfgang Gunkel, Dr. h. c. Gernot Erler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Religionsfreiheit im Iran stärken und Menschenrechte der Bahai wahren (Drucksache 17/13474) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ute Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Angelika Graf (Rosenheim) (SPD) . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katrin Werner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Ener- gieeinsparungsgesetzes (Drucksachen 17/12619, 17/13037, 17/13527) Tagesordnungspunkt 23: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Technologie zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Keine Schließung des einzigen deutschen Schie- nenherstellers TSTG Schienen Technik in Duisburg – Übernahme des Unternehmens 30300 A 30300 A 30300 B 30300 C 30301 C 30302 D 30303 B 30303 D 30305 B 30305 B 30305 C 30305 D 30305 D 30306 A 30306 B 30308 B 30309 B 30310 B 30311 D 30312 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 IX durch die Deutsche Bahn AG (Drucksachen 17/9581, 17/12880) . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Bärbel Bas (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Bettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: a) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen Nr. 189 der Internatio- nalen Arbeitsorganisation vom 16. Juni 2011 über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte (Drucksachen 17/12951, 17/13303) . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Josip Juratovic, Anette Kramme, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeord- neten Beate Müller-Gemmeke, Uwe Kekeritz, Memet Kilic, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Arbeitsbedingungen von Hausangestellten verbessern – ILO- Übereinkommen Nr. 189 ratifizieren (Drucksachen 17/11370, 17/13303) . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . Josip Juratovic (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Roth (Esslingen) (SPD) . . . . . . . . . . . Johannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP) . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales zu dem An- trag der Abgeordneten Markus Kurth, Katrin Göring-Eckardt, Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine soziokultu- relle Existenzsicherung ohne Lücken (Drucksachen 17/12389, 17/12906) Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Carsten Linnemann (CDU/CSU) . . . . . . Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 28: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Übertragung der Zu- ständigkeiten der Länder im Bereich der Beschädigten- und Hinterbliebe- nenversorgung nach dem Dritten Teil des Soldatenversorgungsgesetzes auf den Bund (Drucksachen 17/12956, 17/13255) . . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/13275) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . Robert Hochbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Lars Klingbeil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) . . . . . . . . Harald Koch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 29: a) – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Rüdiger Veit, Daniela Kolbe (Leipzig), Petra Ernstberger, weiteren Abgeordneten und der Frak- tion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des aufenthalts- und freizügigkeitsrecht- lichen Ehegattennachzugs (Drucksachen 17/8921, 17/13313) . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Memet Kilic, Josef Philip Winkler, Katja Dörner, weite- ren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes (Ehegattennachzug) (Drucksachen 17/1626, 17/13313) . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Sevim Dağdelen, Jan Korte, Agnes Alpers, weiterer Abgeordneter und 30313 A 30313 B 30314 A 30315 B 30315 D 30317 B 30318 A 30318 A 30318 B 30319 A 30320 B 30320 D 30321 D 30322 C 30323 B 30324 C 30326 C 30326 D 30328 D 30329 C 30330 B 30331 B 30331 C 30331 C 30332 C 30333 A 30333 C 30334 C 30335 B 30336 B 30336 C X Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 der Fraktion DIE LINKE: Europarecht beim Ehegattennachzug umsetzen (Drucksachen 17/8610, 17/13313) . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Sevim Dağdelen, Jan Korte, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Ehegattennachzug ohne Sprachhürden ermöglichen (Drucksachen 17/1577, 17/8081) . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 30: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von international Schutzberech- tigten und ausländischen Arbeitneh- mern (Drucksachen 17/13022, 17/13536) . . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/13540) . . . . . . . . . . . . . . . Michael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 36: Zweite und dritte Beratung des von den Abge- ordneten Rüdiger Veit, Gabriele Fograscher, Wolfgang Gunkel, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Situation Minderjähriger im Aufenthalts- und Asylverfahrensrecht (Drucksachen 17/9187, 17/13315) . . . . . . . . . Helmut Brandt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 32: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Bundesförde- rung der Investitionen in den Ersatz der Schienenwege der öffentlichen nicht bundeseigenen Eisenbahnen im Schie- nengüterfernverkehrsnetz (Drucksachen 17/13021, 17/13494) . . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/13495) . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Martin Burkert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werner Simmling (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär  BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 31: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Umwelt, Naturschutz und Reak- torsicherheit zu dem Antrag der Abgeordne- ten Ralph Lenkert, Dr. Martina Bunge, Diana Golze, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion DIE LINKE: Durch Humanarzneimit- tel bedingte Umweltbelastung reduzieren (Drucksachen 17/11897, 17/12873) . . . . . . . . Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . Horst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 33: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Treib- hausgas-Emissionshandelsgesetzes (Drucksachen 17/13025, 17/13398) . . . . . . . . Andreas Jung (Konstanz) (CDU/CSU) . . . . Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30336 C 30336 D 30336 D 30338 D 30339 C 30341 B 30342 A 30343 C 30343 C 30343 D 30344 D 30345 A 30346 B 30347 A 30348 A 30348 A 30349 B 30350 A 30351 B 30351 D 30352 D 30352 D 30353 A 30353 D 30354 D 30355 A 30356 C 30357 A 30358 B 30358 C 30359 C 30360 C 30361 C 30362 D 30363 C 30363 D 30364 C 30365 C 30366 A 30367 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 XI Tagesordnungspunkt 35: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Verord- nung (EU) Nr. 259/2012 (Drucksachen 17/13024, 17/13399) . . . . . . . . Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lutz Knopek (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 34: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu dem Antrag der Abgeord- neten Thilo Hoppe, Hans-Christian Ströbele, Tom Koenigs, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine Neuorientierung im Umgang mit Ge- walt und Organisierter Kriminalität in Mexiko und Zentralamerika – Sicherheits- abkommen unter dem Primat der Men- schenrechte gestalten (Drucksachen 17/13237, 17/13533) . . . . . . . . Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Werner Ehrenberg (FDP) . . . . . . . . . . Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 37: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Stra- ßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze (Drucksachen 17/13026, 17/13351 (neu)) . . . Daniela Ludwig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Gero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Oliver Luksic (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Lutze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 38: Antrag der Abgeordneten Gerold Reichenbach, Michael Hartmann (Wackernheim), Gabriele Fograscher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parla- ments und des Rates zum Schutz natürli- cher Personen bei der Verarbeitung perso- nenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung, Untersuchung oder Verfol- gung von Straftaten oder der Strafvollstre- ckung sowie zum freien Datenverkehr – (KOM(2012) 10 endg.; Ratsdok. 5833/12) – hier: Stellungnahme des Deutschen Bun- destages nach Artikel 23 Absatz 3 des Grund- gesetzes i. V. m. § 9 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegen- heiten der Europäischen Union – Einheitli- chen Datenschutz in Europa auf hohem Niveau weiter vorantreiben – Richtlinien- vorschlag der Europäischen Kommission zur justiziellen und polizeilichen Zusam- menarbeit mit Augenmaß umsetzen (Drucksache 17/13251) . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . Gerold Reichenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 39: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 (Drucksachen 17/12955, 17/13400) . . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/13413) . . . . . . . . . . . . . . Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lutz Knopek (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30367 D 30367 D 30368 C 30369 C 30369 D 30370 C 30371 A 30371 B 30373 A 30373 D 30374 C 30375 C 30376 C 30376 D 30377 D 30378 B 30379 A 30379 D 30380 A 30381 A 30381 B 30383 A 30384 D 30385 C 30386 C 30387 D 30388 A 30388 A 30389 B 30391 A 30392 A 30392 D XII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 Tagesordnungspunkt 42: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Bildung, Forschung und Tech- nikfolgenabschätzung – zu dem Antrag der Abgeordneten René Röspel, Karin Roth (Esslingen), Dr. Ernst Dieter Rossmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Millennium- Entwicklungsziele ernst nehmen – In- fektionserkrankungen wirksam durch eine nationale und europäische Förde- rung von Product Development Part- nerships bekämpfen – zu dem Antrag der Abgeordneten Niema Movassat, Dr. Petra Sitte, Kathrin Vogler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Forschungsförderung zur Bekämpfung vernachlässigter Krank- heiten ausbauen – Zugang zu Medika- menten für arme Regionen ermöglichen (Drucksachen 17/8183, 17/7372, 17/13463) . Anette Hübinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Karin Roth (Esslingen) (SPD) . . . . . . . . . . . René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Röhlinger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 41: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Güterkraftver- kehrsgesetzes und anderer Gesetze (Drucksachen 17/12856, 17/13496) . . . . . . . . Karl Holmeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Thomas Jarzombek (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Lutze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 40: Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Kathrin Vogler, Diana Golze, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Transparenz und öffentliche Kontrolle im Prozess der Organspende herstellen (Drucksache 17/12225) . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Elisabeth Scharfenberg, Birgitt Bender, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Organspende in Deutschland transparent organisieren (Drucksache 17/11308) . . . . . . . . . . . . . . . . . Stefanie Vogelsang (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Marlies Volkmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Molitor (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 43: – Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 3. April 2012 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Cookinseln über die Unterstützung in Steuer- und Steuerstrafsachen durch Informationsaustausch (Drucksachen 17/12958, 17/13345) . . . . . – Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 3. Februar 2011 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Grenada über den Informationsaus- tausch in Steuersachen (Drucksachen 17/12959, 17/13345) . . . . . Manfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . Holger Krestel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz, Katja Keul, Volker Beck (Köln), wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Export von Überwachungs- und Zensurtechnologie an autoritäre Staaten verhindern – Demokra- tischen Protest unterstützen (Drucksache 17/13489) . . . . . . . . . . . . . . . . . 30393 C 30393 D 30395 B 30396 A 30397 A 30397 C 30398 D 30399 C 30399 D 30400 C 30401 D 30402 D 30403 B 30403 C 30404 B 30404 B 30404 C 30405 C 30406 D 30407 C 30408 B 30409 B 30409 B 30409 C 30410 B 30412 D 30413 B 30413 D 30414 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 XIII Tagesordnungspunkt 45: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Funktionen der Betreuungs- behörde (Drucksache 17/13419) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ute Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 44: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Bildung, Forschung und Tech- nikfolgenabschätzung zu dem Antrag der Ab- geordneten René Röspel, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Willi Brase, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD: Deutschen In- novationsfonds einrichten – Gravierende Förderlücke im deutschen Innovationssys- tem endlich schließen (Drucksachen 17/11826, 17/13464) . . . . . . . . Dr. Philipp Murmann (CDU/CSU) . . . . . . . . René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 47: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Verfahrens- rechte von Beschuldigten im Strafverfah- ren (Drucksachen 17/12578, 17/13528) . . . . . . . . Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . Burkhard Lischka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Swen Schulz (Spandau), Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD: Bologna-Re- form – Positive Entwicklungen stützen, Fehler korrigieren und Verbesserungen durchsetzen (Drucksache 17/13475) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 49: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (Drucksache 17/13469) . . . . . . . . . . . . . . . . . Helmut Brandt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Edgar Franke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Stefan Ruppert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 46: Antrag der Abgeordneten Jens Petermann, Ralph Lenkert, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Zukunft der Solarindustrie sichern (Drucksache 17/13242) . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, Dr. Tobias Lindner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Energiewende si- chern – Solarwirtschaft stärken (Drucksache 17/9742) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . Rolf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Breil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 48: Antrag der Abgeordneten Halina Wawzyniak, Dr. Petra Sitte, Jan Korte, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Netzneu- tralität gesetzlich festschreiben (Drucksache 17/13466) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 30414 D 30415 A 0000 A30417 B 30418 A 30419 A 30419 D 30420 D 30421 A 30423 A 30424 A 30424 D 30425 B 30426 A 30426 A 30427 C 30427 D 30428 B 30429 A 30430 A 30430 B 30430 B 30431 C 30432 A 30433 B 30434 C 30435 A 30435 B 30435 B 30436 C 30437 C 30438 C 30439 A 30440 C 30441 B 30441 C XIV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 Dr. Peter Tauber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Martin Dörmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Claudia Bögel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jimmy Schulz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 50: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Tourismus zu dem Antrag der Abgeordneten Kornelia Möller, Dr. Ilja Seifert, Dr. Kirsten Tackmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Reisen für alle – Für einen sozialen Tourismus (Drucksachen 17/11588, 17/13397) . . . . . . . . Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . Jens Ackermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Bettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Marco Bülow (SPD) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 9. Dezember 2011 über den Beitritt der Republik Kroatien zur Europäischen Union (Tagesordnungspunkt 7a) . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Geset- zes zu dem Vertrag vom 9. Dezember 2011 über den Beitritt der Republik Kroatien zur Europäischen Union (Tagesordnungs- punkt 7a) Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Frank Heinrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Robert Hochbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Gunther Krichbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Stefanie Vogelsang (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) zur namentli- chen Abstimmung über die Beschlussempfeh- lung zu dem Antrag: Fortsetzung der Beteili- gung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der EU-geführten Operation Atalanta zur Be- kämpfung der Piraterie vor der Küste Soma- lias auf Grundlage des Seerechtsübereinkom- mens der Vereinten Nationen (VN) von 1982 und der Resolutionen 1814 (2008) vom 15. Mai 2008, 1816 (2008) vom 2. Juni 2008, 1838 (2008) vom 7. Oktober 2008, 1846 (2008) vom 2. Dezember 2008, 1851 (2008) vom 16. Dezember 2008, 1897 (2009) vom 30. November 2009, 1950 (2010) vom 23. No- vember 2010, 2020 (2011) vom 22. Novem- ber 2011, 2077 (2012) vom 21. November 2012 und nachfolgender Resolutionen des Si- cherheitsrates der VN in Verbindung mit der Gemeinsamen Aktion 2008/851/GASP des Rates der Europäischen Union (EU) vom 10. November 2008, dem Beschluss 2009/ 907/GASP des Rates der EU vom 8. Dezem- ber 2009, dem Beschluss 2010/437/GASP des Rates der EU vom 30. Juli 2010, dem Be- schluss 2010/766/GASP des Rates der EU vom 7. Dezember 2010 und dem Beschluss 2012/174/GASP des Rates der EU vom 23. März 2012 (Tagesordnungspunkt 9) . . . . Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Monika Lazar und Hans-Christian Ströbele (beide BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur na- mentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung zu dem Antrag: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der EU-geführten Operation Atalanta zur Bekämpfung der Piraterie vor der Küste So- malias auf Grundlage des Seerechtsüberein- kommens der Vereinten Nationen (VN) von 1982 und der Resolutionen 1814 (2008) vom 15. Mai 2008, 1816 (2008) vom 2. Juni 2008, 1838 (2008) vom 7. Oktober 2008, 1846 (2008) vom 2. Dezember 2008, 1851 (2008) vom 16. Dezember 2008, 1897 (2009) vom 30. No- vember 2009, 1950 (2010) vom 23. Novem- ber 2010, 2020 (2011) vom 22. November 2011, 2077 (2012) vom 21. November 2012 und nachfolgender Resolutionen des Sicher- 30443 C 30444 C 30445 D 30447 A 30448 A 30449 B 30451 A 30451 A 30452 A 30453 B 30454 A 30455 B 30456 C 30457 A 30457 B 30457 C 30458 A 30458 B 30458 D 30459 A 30459 C 30460 A 30460 B 30460 B 30460 C 30460 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 XV heitsrates der VN in Verbindung mit der Ge- meinsamen Aktion 2008/851/GASP des Rates der Europäischen Union (EU) vom 10. No- vember 2008, dem Beschluss 2009/907/ GASP des Rates der EU vom 8. Dezember 2009, dem Beschluss 2010/437/GASP des Rates der EU vom 30. Juli 2010, dem Be- schluss 2010/766/GASP des Rates der EU vom 7. Dezember 2010 und dem Beschluss 2012/174/GASP des Rates der EU vom 23. März 2012 (Tagesordnungspunkt 9) . . . . . Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Herbert Behrens (DIE LINKE) zur Abstim- mung über den Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Ausführungsgesetzes zu dem Übereinkommen vom 9. September 1996 über die Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen in der Rhein- und Binnenschiff- fahrt (Tagesordnungspunkt 57 c) . . . . . . . . . . Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Doris Barnett, Dr. Hans-Peter Bartels, Sören Bartol, Bärbel Bas, Uwe Beckmeyer, Edelgard Bulmahn, Dr. Peter Danckert, Ingo Egloff, Ulrike Gottschalck, Gabriele Groneberg, Michael Groß, Bettina Hagedorn, Michael Hartmann (Wackernheim), Wolfgang Hellmich, Wolfgang Hellmich, Dr. Barbara Hendricks, Gustav Herzog, Frank Hofmann (Volkach), Lars Klingbeil, Astrid Klug, Angelika Krüger-Leißner, Gabriele Lösekrug-Möller, Caren Marks, Dr. Matthias Miersch, Manfred Nink, Stefan Rebmann, Gerold Reichenbach, Dr. Carola Reimann, Karin Roth (Esslingen), Ewald Schurer, Dr. Carsten Sieling, Sonja Steffen, Christoph Strässer, Kerstin Tack, Rüdiger Veit, Ute Vogt, Dr. Marlies Volkmer, Waltraud Wolff (Wolmirstedt), Dagmar Ziegler, Brigitte Zypries (alle SPD) zur Ab- stimmung über den Entwurf eines Ersten Ge- setzes zur Änderung des Ausführungsgesetzes zu dem Übereinkommen vom 9. September 1996 über die Sammlung, Abgabe und An- nahme von Abfällen in der Rhein- und Bin- nenschifffahrt (Tagesordnungspunkt 57 c) . . . Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Rente für Dopingopfer in der DDR (Tagesordnungspunkt 16) Eberhard Gienger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Klaus Riegert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lutz Knopek (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte (Tagesord- nungspunkt 17) Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg von Polheim (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Judith Skudelny (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kos- tenrechtsmodernisierungsgesetz – 2. KostRMoG) – Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Erfolgsbezugs im Gerichtsvollzieherkos- tenrecht – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilfe- rechts – Entwurf eines Gesetzes zur Begrenzung der Aufwendungen für die Prozesskosten- hilfe (Prozesskostenhilfebegrenzungsge- setz – PKHBegrenzG) – Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Beratungshilferechts (Tagesordnungspunkte 18 a und 18 c) Ute Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Detlef Seif (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Marco Buschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Jens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Nešković (fraktionslos) . . . . . . . . . 30461 C 30462 B 30463 A 30463 D 30465 A 30465 D 30466 D 30467 C 30468 C 30469 B 30471 A 30471 D 30472 C 30473 C 30474 B 30475 B 30477 A 30478 D 30480 C 30481 C 30482 C 30483 D XVI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Rechte intersexueller Menschen stärken – Grundrechte von intersexuellen Menschen wahren (Tagesordnungspunkte 19 a bis 19 c) Dr. Peter Tauber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Christel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Monika Lazar (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Verwaltungs- vereinfachung in der Kinder- und Jugend- hilfe (Kinder- und Jugendhilfeverwal- tungsvereinfachungsgesetz – KJVVG) – Beschlussempfehlung und Bericht zu den Anträgen: – Mit einer eigenständigen Jugendpolitik Freiräume schaffen, Chancen eröffnen, Rückhalt geben – Eigenständige Jugendpolitik Selbstbe- stimmt durch Freiheit, Gerechtigkeit, Demokratie und Emanzipation – Unterrichtung: Bericht über die Lebens- situation junger Menschen und die Leis- tungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland – 14. Kinder- und Jugendbe- richt und Stellungnahme der Bundesregie- rung – Antrag: Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche fördern – Konsequenzen aus dem 14. Kinder- und Jugendbericht ziehen (Tagesordnungspunkte 20 a bis 20 d) Florian Bernschneider (FDP) . . . . . . . . . . . . Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Schneider (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Entwürfe: Gesetz zur Änderung des Ge- setzes über die Kreditanstalt für Wiederauf- bau und weiterer Gesetze (Tagesordnungs- punkt 22) Bettina Kudla (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Björn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 14 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Än- derung des Energieeinsparungsgesetzes (Ta- gesordnungspunkt 24) Franz Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Volkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU) . . Michael Groß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sebastian Körber (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 15 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Export von Überwachungs- und Zensurtechnologie an autoritäre Staaten ver- hindern – Demokratische Proteste unterstüt- zen (Zusatztagesordnungspunkt 6) Erich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP) . . . . . . . Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 16 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Bologna-Reform – Positive Ent- wicklungen stützen, Fehler korrigieren und Verbesserungen durchsetzen (Zusatztagesord- nungspunkt 7) Tankred Schipanski (CDU/CSU) . . . . . . . . . Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . Nicole Gohlke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30485 A 30485 D 30486 C 30487 D 30488 C 30489 B 30490 D 30492 C 30493 A 30494 A 30495 D 30496 B 30497 A 30497 D 30498 D 30499 C 30500 C 30502 A 30503 B 30504 B 30505 D 30507 C 30508 B 30509 A 30509 D 30511 D 30513 B 30514 D 30515 D 30516 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30119 (A) (C) (D)(B) 240. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 Beginn: 9.01 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30457 (A) (C) (D)(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Marco Bülow (SPD) zur na- mentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 9. Dezember 2011 über den Beitritt der Republik Kroatien zur Europäischen Union (Tagesordnungspunkt 7 a) Bei der namentlichen Abstimmung habe ich verse- hentlich mit Enthaltung gestimmt. Mein Votum lautet aber Ja. Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Ent- wurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 9. De- zember 2011 über den Beitritt der Republik Kroatien zur Europäischen Union (Tagesord- nungspunkt 7 a) Annette Groth (DIE LINKE): Ich habe mich heute bei dem Antrag enthalten, da ich große Sorgen habe, dass der jetzige Beitritt von Kroatien weder den Men- schen im Land noch der heutigen Europäischen Union helfen wird. Als überzeugte Europäerin habe ich mich seit meiner frühen Jugend für das Ideal eines geeinten Europas, das die Interessen der Menschen und der Um- welt in den Mittelpunkt seiner Politik stellt, eingesetzt. Mit großer Sorge sehe ich jedoch, dass die heutige Euro- päische Union dieses Ideal faktisch aufgegeben hat und unter dem neoliberalen Diktat der herrschenden Eliten zu einem Instrument für die Durchsetzung der Interessen der großen transnationalen Unternehmen deformiert ist. Ich habe große Sorgen, dass auf Kroatien durch den EU- Beitritt dieselben Probleme zukommen können wie auf Italien, Portugal, Griechenland, Bulgarien oder Rumä- nien. Die heutige Wirtschaftsdynamik innerhalb der EU führt dazu, dass mit Ausnahme weniger Staaten die Ver- armung eines immer größeren Teils der Bevölkerung zu- nimmt. Die heutige EU wird immer mehr dazu miss- braucht, auf Kosten der Bevölkerung ein Sparpaket nach dem anderen zur Sicherung der Gewinne von Banken und Investoren durchzusetzen. Innerhalb der EU wurden die Demokratie und die Ta- rifautonomie in einzelnen Staaten immer weiter einge- schränkt. Unter dem Diktat der Troika werden Staaten gezwungen, geltende Tarifverträge auszusetzen, und Ge- werkschaften in ihren Rechten eingeschränkt. In den südlichen Ländern der EU steigt die Jugendar- beitslosigkeit in unvorstellbare Höhen. Mehr als zwei Drittel der Jugendlichen sind in Griechenland arbeitslos, mehr als 50 Prozent in Spanien. Ein Ende dieser be- schäftigungspolitischen Katastrophe ist aufgrund der Austeritätspolitik nicht abzusehen. Die falsche Politik der EU produziert eine „verlorene Generation“. Ich habe mich heute bei dem Antrag enthalten, weil ich die politische Seite der Kopenhagener Kriterien als nicht erfüllt ansehe. Insbesondere die fortdauernde Dis- kriminierung der serbischen Minderheit stellt ein großes Problem dar. Durch den EU-Beitritt droht diese Diskri- minierungspraxis jetzt auch noch mit einem Plazet der EU versehen zu werden. Die Bestätigung dieser Diskri- minierungspraxis von Minderheiten könnte auch ein ver- heerendes Präjudiz hinsichtlich eines EU-Beitritts der Türkei sein. Es kann nicht sein, dass die Kopenhagener Kriterien an einem so wichtigen Punkt einfach ausgehe- belt werden. Wohin das führt, sehen wir an der verstärk- Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Aigner, Ilse CDU/CSU 16.05.2013 Beck (Reutlingen), Ernst-Reinhard CDU/CSU 16.05.2013 Bellmann, Veronika CDU/CSU 16.05.2013 Bleser, Peter CDU/CSU 16.05.2013 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 16.05.2013 Hiller-Ohm, Gabriele SPD 16.05.2013 Hintze, Peter CDU/CSU 16.05.2013 Koch, Harald DIE LINKE 16.05.2013 Möller, Kornelia DIE LINKE 16.05.2013 Neumann (Bremen), Bernd CDU/CSU 16.05.2013 Pieper, Cornelia FDP 16.05.2013 Schirmbeck, Georg CDU/CSU 16.05.2013 Schlecht, Michael DIE LINKE 16.05.2013 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 16.05.2013 Schulte-Drüggelte, Bernhard CDU/CSU 16.05.2013 Zylajew, Willi CDU/CSU 16.05.2013 Anlagen 30458 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) ten Diskriminierung von Minderheiten nach einem EU- Beitritt sowohl in Bulgarien und Rumänien als auch im Baltikum. Zudem ist der Grenzverlauf zwischen Kroa- tien und Serbien auf der Donau weiterhin umstritten, so- dass eine künftige EU-Erweiterung auf dem Balkan mit zusätzlichen Problemen belastet würde. Ich bin ausdrücklich für den Beitritt aller Staaten des Balkans, wenn sie dies wünschen. Gleichzeitig bin ich jedoch der Überzeugung, dass ein solcher Beitritt nur dann für die Menschen in der Region Vorteile bringt, wenn es gelingt, einen Neustart innerhalb der EU durch- zusetzen und gleichzeitig mit einer reformierten Wirt- schafts-, Sozial- und Regionalpolitik der EU eine wirkli- che Entwicklung der Ökonomie und der sozialen Situation in diesen Ländern möglich zu machen. Aus diesem Grund habe ich mich bei diesem Antrag enthalten. Heike Hänsel (DIE LINKE): Ich kann einem EU- Beitritt zu Kroatien unter den vorliegenden Bedingungen nicht zustimmen und werde mich bei der Abstimmung zum Antrag der Bundesregierung „GE 17/11872“ der Stimme enthalten. Es ist nicht erkennbar, dass Kroatien die politische Seite der Kopenhagener Kriterien, insbesondere was die Situation der serbischen Minderheit angeht, erfüllt hat. Dies ist aber eine der Voraussetzungen für einen EU- Beitritt. Ich befürchte zudem, dass hier ein Präzedenzfall für einen möglichen EU-Beitritt der Türkei und ihren Umgang mit der kurdischen Minderheit geschaffen wird. Des Weiteren bleibt im Bereich der Justiz die Bereit- schaft Kroatiens ungeklärt, Prozesse vor dem Sonderge- richt für Kriegsverbrechen in Kroatien auch nach dem EU-Beitritt fortzuführen. Es ist nicht nachvollziehbar, wie vor diesem Hintergrund die EU-Kommission grünes Licht für einen EU-Beitritt Kroatiens im Bereich „Jus- tiz“ erteilen konnte. Ferner ist die Frage des Grenzverlaufs zwischen Kroatien und Serbien entlang der Donau nach wie vor umstritten geblieben. Damit wird ein künftiger Konflikt im Falle eines EU-Beitritts Kroatiens nach dem Vorbild Slowenien-Kroatien in der Adria geradezu heraufbe- schworen. Frank Heinrich (CDU/CSU): Die Fortschritte auf dem Weg zu einem EU-Beitritt Kroatiens auszuwerten, erscheint in der derzeitigen politischen Großwetterlage eigentümlich unwirklich und unzeitgemäß. Die Zukunft und der Verbleib im Euro-Raum steht bei einer Reihe von Ländern auf tönernen Füßen – und wir reden über Kroatien. Das ist den Bürgern schwer zu vermitteln, und doch ist es richtig und konsequent. Denn wir müssen fair blei- ben. Die Versäumnisse in vorangegangen Aufnahmepro- zessen dürfen sich nicht einseitig zulasten der neuen Mitgliedskandidaten auswirken. Zusagen vonseiten der EU sind einzuhalten. Doch müssen wir hier konsequenter sein als früher: Nur wer alle Bedingungen erfüllt, kann der EU beitreten. Zu wichtig ist das Projekt der europäischen Einheit, als dass wir es durch Nachlässigkeiten gefährden dürften. Daher schließe ich mich den fachlichen Forderungen an, die mein Fraktionskollege Gunther Krichbaum, der Vorsitzende des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union, formuliert hat: Kroatien hat während des EU-Beitrittsprozesses um- fangreiche Reformen vorgenommen, es hat EU-Richtli- nien übernommen, die Leistungsfähigkeit seiner Justiz und Verwaltung gesteigert, die Korruption bekämpft und seine Wirtschaft auf den Beitritt vorbereitet. Es ist daher zu begrüßen, dass Kroatien das 28. Mitglied der Euro- päischen Union wird. Doch es muss sichergestellt wer- den, dass die bereits vorgenommenen Reformen nicht zurückgenommen oder ausgehöhlt werden. Zwar werden im Rahmen des Europäischen Semes- ters auch für Kroatien länderspezifische Empfehlungen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und der ma- kroökonomischen Stabilität veröffentlicht, doch auch die Rechtsstaatlichkeit muss regelmäßig in den Blick ge- nommen werden. Der Antikorruptionsbericht der Europäi- schen Kommission wird nur alle zwei Jahre vorgelegt – zu selten, um aktuelle Entwicklungen darstellen zu können. Ein jährlich erscheinender Kurzbericht wäre hier hilf- reich. Auch das EU-Justizbarometer, das die Funktions- weise der Justizsysteme in den Mitgliedstaaten unter- sucht, erscheint nur in unregelmäßigen Abständen. Zudem wurde hier bisher Kroatien nicht berücksichtigt, weshalb man auf einen Bericht über das kroatische Jus- tizsystem auf unbestimmte Zeit wird warten müssen. Eine einmalige Sonderausgabe des Justizbarometers für Kroatien noch 2013 wäre vor diesem Hintergrund wün- schenswert. Die genannten Berichte müssen zudem mit den Sank- tionsmechanismen des Beitrittsvertrags verbunden wer- den. In Art. 38 und 39 des Beitrittsvertrags sind für den Zeitraum von drei Jahren nach dem Beitritt – nicht näher spezifizierte – Maßnahmen vorgesehen, um den Euro- päischen Binnenmarkt und den „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ zu schützen – ein dazugehö- riges Berichtswesen, das diese Sanktionen auslöst, fehlt jedoch. Nur durch die Verbindung dieser Sanktionsmög- lichkeiten mit den Berichten der Europäischen Kommis- sion kann hieraus ein effektives Instrument entstehen, um die wirtschaftliche und rechtsstaatliche Situation in Kroatien zu verbessern. Robert Hochbaum (CDU/CSU): Der Beitritt Kroa- tiens als 28. Mitglied der Europäischen Union ist zu be- grüßen. Im Laufe des EU-Beitrittsprozesses hat das Land bereits umfangreiche Reformen vorgenommen, EU-Richtlinien wurden übernommen, die Leistungsfä- higkeit von Justiz und Verwaltung gesteigert, Korruption bekämpft und die Wirtschaft Kroatiens auf den Beitritt zur Europäischen Union vorbereitet. Kroatien hat in den vergangenen Jahren viel geleistet, um den Anforderun- gen für die Aufnahme in die EU gerecht zu werden. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30459 (A) (C) (D)(B) Ich stimme meinem Kollegen Gunther Krichbaum al- lerdings dahin gehend zu, dass dieser Reformeifer der letzten Jahre nach dem Beitritt Kroatiens nicht erlahmen darf. Wie die Erfahrung zeigt, ist dabei besonders wich- tig, dass vorgenommene Reformen nicht zurückgenom- men oder abgeschwächt werden. Vorhandene Berichts- instrumente sollten besser genutzt und miteinander verzahnt werden, damit gewährleistet werden kann, dass Kroatien bestehende Reformen aufrechterhält und mög- lichst weiter ausbaut. So bin auch ich der Ansicht, dass ein jährlich erschei- nender Antikorruptionsbericht der Europäischen Kom- mission hilfreich wäre, um aktuelle Entwicklungen bes- ser darstellen und verfolgen zu können. Weiterhin teile ich die Ansicht meines Kollegen Krichbaum, dass eine Sonderausgabe des Justizbarometers für Kroatien noch in diesem Jahr wünschenswert wäre, da dies eine Unter- suchung der Funktionsweise des Justizsystems in Kroatien voraussetzen würde. Um die Sanktionsmechanismen des Beitrittsvertrages, die unter anderem den europäischen Binnenmarkt schüt- zen sollen, besser überprüfen und gewährleisten zu kön- nen, sollten die oben genannten Berichte der Europäi- schen Kommission als Grundlage für die Überprüfung der Durchführung der Sanktionsmechanismen Verwen- dung finden. Inge Höger (DIE LINKE): Heute werde ich für den EU-Beitritt Kroatiens stimmen. Dennoch gebe ich zu bedenken, dass die EU-Mit- gliedschaft eine schlechte Nachricht für die dortige Be- völkerung ist. Wie jeder andere Beitrittskandidat musste auch Kroatien den gesamten „gemeinschaftlichen Be- sitzstand“ – acquis communautaire – der EU in sein ei- genes Rechtssystem übernehmen. Dazu gehören Dere- gulierung der Wirtschaft, Privatisierungen und der Abbau des öffentlichen Dienstes. Der EU-Beitritt bedeu- tet für die Masse der Bevölkerung Kroatiens mehr Wett- bewerb und mehr Armut. Ich stand im Vorfeld des kroatischen Referendums zum EU-Beitritt auf der Seite der linken EU-Gegner, die zu Recht fürchten, Kroatien könnte in eine ähnliche Not- lage wie Griechenland geraten. Ich respektiere allerdings den Ausgang des Referendums und stimme deshalb heute mit Ja. Ein anderes Stimmverhalten wäre Wasser auf die Mühlen derjenigen, die die Abstimmung als Druckmittel für eine noch brutalere neoliberale Politik Kroatiens nutzen wollen. Ich finde es einen Skandal, dass die EU-Kommission von der kroatischen Regierung erwartet, noch bis zum Beitrittsdatum 1. Juli 2013 ihre Schiffswerften zu privatisieren. Das Verscherbeln öffent- lichen Eigentums steht im Widerspruch zu einer sozia- len, humanen Entwicklung und dient allein dem Inte- resse privater Großunternehmer. Ich finde es zwar bedauerlich, dass sich beim Refe- rendum eine Mehrheit für den EU-Beitritt Kroatiens ge- funden hat. Allerdings ist es in Teilen verständlich, dass sich die Bevölkerung nach den Vorteilen der Reisefrei- heit sehnt, die in der Sozialistischen Föderativen Repu- blik Jugoslawien Normalität war – eine Reisefreiheit freilich, von der aufgrund der heute voranschreitenden Verarmung immer weniger Menschen in Kroatien Ge- brauch machen können. In den Tagen, in denen die Abstimmung im Deut- schen Bundestag stattfindet, versammeln sich Hunderte Aktivistinnen und Aktivisten in Zagreb zum Balkan-Fo- rum im Rahmen des „Subversive Film Festivals“. Sie gehören zu sozialen Bewegungen und linken Gruppen aus allen Balkan-Ländern und versuchen, ein linkes Netzwerk über ethnische und nationale Grenzen hinweg aufzubauen. Sie wollen nicht zwischen der „euro-atlanti- schen Integration“ einerseits und dem grassierenden Ethnonationalismus andererseits wählen. Es handelt sich hier um Scheinalternativen, um zwei Seiten einer Me- daille, des neoliberalen Kapitalismus. Die Linke unter- stützt den Prozess des Balkan-Forums. Ein weiterer Grund zur Hoffnung ist der Achtungserfolg, den die Kroatische Arbeiterpartei – laburisti – bei den Europa- wahlen im April errungen hat. Ich freue mich darauf, gemeinsam mit der kroatischen Linken, gemeinsam mit der Linken der gesamten Bal- kan-Region für die Komplettrevision der europäischen Verträge und für eine solidarische Neugründung der Eu- ropäischen Union zu kämpfen. Gunther Krichbaum (CDU/CSU): Kroatien hat während des EU-Beitrittsprozesses umfangreiche Refor- men vorgenommen, es hat EU-Richtlinien übernommen, die Leistungsfähigkeit seiner Justiz und Verwaltung ge- steigert, die Korruption bekämpft und seine Wirtschaft auf den Beitritt vorbereitet. Es ist daher sehr zu begrü- ßen, dass Kroatien das 28. Mitglied der Europäischen Union wird. Doch der Reformeifer in Kroatien darf nach dem Beitritt nicht erlahmen. Auch muss sichergestellt werden, dass die bereits vorgenommenen Reformen nicht zurückgenommen oder ausgehöhlt werden, wie dies leider in anderen Fällen geschehen ist. Um dies zu gewährleisten, sollten vorhandene Berichtsinstrumente besser genutzt und miteinander verzahnt werden. Zwar werden im Rahmen des Europäischen Semes- ters auch für Kroatien länderspezifische Empfehlungen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und der ma- kroökonomischen Stabilität veröffentlicht. Doch auch die Rechtsstaatlichkeit muss regelmäßig in den Blick genommen werden. Der Antikorruptionsbericht der Europäischen Kommission wird nur alle zwei Jahre vor- gelegt – zu selten, um aktuelle Entwicklungen darstellen zu können. Ein jährlich erscheinender Kurzbericht wäre hier hilfreich. Auch das EU-Justizbarometer, das die Funktionsweise der Justizsysteme in den Mitgliedstaaten untersucht, erscheint nur in unregelmäßigen Abständen. Zudem wurde hier bisher Kroatien nicht berücksichtigt, weshalb man auf einen Bericht über das kroatische Jus- tizsystem unbestimmte Zeit wird warten müssen. Eine einmalige Sonderausgabe des Justizbarometers für Kroa- tien noch 2013 wäre vor diesem Hintergrund wün- schenswert. Die genannten Berichte müssen zudem mit den Sank- tionsmechanismen des Beitrittsvertrags verbunden wer- 30460 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) den. In Art. 38 und 39 des Beitrittsvertrags sind für einen Zeitraum von drei Jahren nach dem Beitritt – nicht näher spezifizierte – Maßnahmen vorgesehen, um den europäi- schen Binnenmarkt und den „Raum der Freiheit, der Si- cherheit und des Rechts“ zu schützen – ein dazugehöri- ges Berichtswesen, das diese Sanktionen auslöst, fehlt jedoch. Nur durch die Verbindung dieser Sanktionsmög- lichkeiten mit den Berichten der Europäischen Kommis- sion kann hieraus ein effektives Instrument entstehen, um die wirtschaftliche und rechtsstaatliche Situation in Kroatien weiter zu verbessern. In künftigen Beitrittsver- trägen sollte dieses Junktim von Beginn an Berücksichti- gung finden. Andreas Lämmel (CDU/CSU): Dem Gesetz zum Vertrag vom 9. Dezember 2011 über den Beitritt der Re- publik Kroatien zur Europäischen Union – Bundestags- drucksache 17/11872 – stimme ich zu. Jedoch verbinde ich meine Zustimmung mit dieser Erklärung: Laut den Berichten der Europäischen Kommission er- füllt Kroatien die formalen Kriterien für einen Beitritt zur Europäischen Union. Persönlich habe ich jedoch er- hebliche Zweifel, ob die formale Erfüllung der Beitritts- kriterien auch die Realität in der Republik Kroatien ge- genwärtig widerspiegelt. Die Verabschiedung einzelner Gesetzespakete heißt noch lange nicht, dass diese zum Standard des staatlichen Handelns gehören. In der Ver- gangenheit hat dieses formale Vorgehen der Europäi- schen Union schon mehrfach zu verfrühten Beitritten ge- führt – zum Beispiel Griechenland, Zypern, Bulgarien, Rumänien. Auch den Zeitpunkt des Beitritts halte ich an- gesichts des momentanen Zustands der Europäischen Union für schwierig. Aus meiner Sicht gilt es zunächst die Probleme innerhalb der Europäischen Union zu lö- sen, bevor eine Erweiterung erfolgen kann. Der Beitritt der Republik Kroatiens darf unter keinen Umständen eine Vorentscheidung für die schnelle Eröff- nung von Beitrittsverhandlungen mit weiteren Staaten sein. Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Aus meiner Sicht ist Kroatien nicht beitrittsreif und die EU derzeit nicht in der Lage, neue Mitglieder aufzunehmen. Diese Auffassung war in der Fraktion nicht mehr- heitsfähig. Deshalb stimme ich gegen meine Überzeu- gung zu. Stefanie Vogelsang (CDU/CSU): Ich stehe dem Beitritt der Republik Kroatiens zur Europäischen Union kritisch gegenüber, da ich denke, dass die Europäische Union zurzeit eine Pause bei ihrer Erweiterung braucht, um die vielen Probleme zu lösen, die innerhalb der Ge- meinschaft bestehen. Ich denke auch, dass die Republik Kroatien mit ihrer Entwicklung noch Zeit braucht, bevor sie die wesentli- chen Standards erfüllen kann. Ich stimme heute dem Gesetz zu, da meine Fraktion mit sehr großer Mehrheit diesen Weg beschlossen hat. Marco Wanderwitz (CDU/CSU): Kroatien hat wäh- rend des EU-Beitrittsprozesses umfangreiche Reformen vorgenommen, es hat EU-Richtlinien übernommen, die Leistungsfähigkeit seiner Justiz und Verwaltung gestei- gert, die Korruption bekämpft und seine Wirtschaft auf den Beitritt vorbereitet. Es ist daher sehr zu begrüßen, dass Kroatien das 28. Mitglied der Europäischen Union wird. Doch der Reformeifer in Kroatien darf nach dem Beitritt nicht erlahmen. Auch muss sichergestellt wer- den, dass die bereits vorgenommenen Reformen nicht zurückgenommen oder ausgehöhlt werden, wie dies lei- der in anderen Fällen geschehen ist. Um dies zu gewähr- leisten, sollten vorhandene Berichtsinstrumente besser genutzt und miteinander verzahnt werden. Wir müssen unsere gelernte Lektion insbesondere aus dem Beitritt von Rumänien und Bulgarien zeigen, auch in Richtung dieser beiden Länder, wo der Umgang nun mit Kroatien sehr genau verfolgt wird. Zwar werden im Rahmen des Europäischen Semes- ters auch für Kroatien länderspezifische Empfehlungen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und der ma- kroökonomischen Stabilität veröffentlicht, doch auch die Rechtsstaatlichkeit muss regelmäßig in den Blick ge- nommen werden. Der Antikorruptionsbericht der Euro- päischen Kommission wird nur alle zwei Jahre vorge- legt – zu selten, um aktuelle Entwicklungen darstellen zu können. Ein jährlich erscheinender Kurzbericht wäre hier hilfreich. Auch das EU-Justizbarometer, das die Funktionsweise der Justizsysteme in den Mitgliedstaaten untersucht, erscheint nur in unregelmäßigen Abständen. Zudem wurde hier bisher Kroatien nicht berücksichtigt, weshalb man auf einen Bericht über das kroatische Jus- tizsystem unbestimmte Zeit wird warten müssen. Eine einmalige Sonderausgabe des Justizbarometers für Kroa- tien noch 2013 wäre vor diesem Hintergrund wün- schenswert. Die genannten Berichte müssen zudem mit den Sank- tionsmechanismen des Beitrittsvertrags verbunden wer- den. In Art. 38 und 39 des Beitrittsvertrags sind für einen Zeitraum von drei Jahren nach dem Beitritt – nicht näher spezifizierte – Maßnahmen vorgesehen, um den europäi- schen Binnenmarkt und den „Raum der Freiheit, der Si- cherheit und des Rechts“ zu schützen – ein dazugehöri- ges Berichtswesen, das diese Sanktionen auslöst, fehlt jedoch. Nur durch die Verbindung dieser Sanktionsmög- lichkeiten mit den Berichten der europäischen Kommis- sion kann hieraus ein effektives Instrument entstehen, um die wirtschaftliche und rechtsstaatliche Situation in Kroatien weiter zu verbessern. In künftigen Beitrittsver- trägen sollte dieses Junktim von Beginn an Berücksichti- gung finden. Anlage 4 Erklärungen nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) zur namentlichen Abstimmung über die Be- schlussempfehlung zu dem Antrag: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streit- kräfte an der EU-geführten Operation Atalanta Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30461 (A) (C) (D)(B) zur Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias auf Grundlage des Seerechtsüberein- kommens der Vereinten Nationen (VN) von 1982 und der Resolutionen 1814 (2008) vom 15. Mai 2008, 1816 (2008) vom 2. Juni 2008, 1838 (2008) vom 7. Oktober 2008, 1846 (2008) vom 2. Dezember 2008, 1851 (2008) vom 16. De- zember 2008, 1897 (2009) vom 30. November 2009, 1950 (2010) vom 23. November 2010, 2020 (2011) vom 22. November 2011, 2077 (2012) vom 21. November 2012 und nachfolgender Resolu- tionen des Sicherheitsrates der VN in Verbin- dung mit der Gemeinsamen Aktion 2008/851/ GASP des Rates der Europäischen Union (EU) vom 10. November 2008, dem Beschluss 2009/ 907/GASP des Rates der EU vom 8. Dezember 2009, dem Beschluss 2010/437/GASP des Rates der EU vom 30. Juli 2010, dem Beschluss 2010/ 766/GASP des Rates der EU vom 7. Dezember 2010 und dem Beschluss 2012/174/GASP des Rates der EU vom 23. März 2012 (Tagesord- nungspunkt 9) Dem vorliegenden Antrag – Drucksache 17/13111 – der Bundesregierung werde ich, entgegen der Mehrheit meiner Fraktion, zustimmen. Am 19. Dezember 2008 stimmte der Deutsche Bun- destag einem Mandat zur Teilnahme an der Pirateriebe- kämpfung im Rahmen der EU-Mission Atalanta zu. Deutschland beteiligte sich in der Folge regelmäßig mit Einheiten der Marine. Der Auftrag des EU-Geschwaders im Indischen Ozean ist zuerst der Schutz aller Schiffe des UN-Welt- ernährungsprogramms, die mit Hilfsgütern für Somalia unterwegs sind. Hier verweist die EU auf eine 100-pro- zentige Erfolgsquote. Seit Beginn der Operation wurden 200 Schiffe des Welternährungsprogramms mit über 1,2 Millionen Tonnen Lebensmittel nach Somalia eskor- tiert. Kein Schiff des Welternährungsprogramms ging an Piraten verloren. Darüber hinaus ist die übrige Handelsschifffahrt im Seegebiet vor der Küste Somalias durch bewachte „Kor- ridore“ zu schützen – auch gemeinsam mit Kriegsschif- fen anderer Nationen: einem Nato-Verband, einer US- Task-Group und diversen Schiffen weiterer Staaten (In- dien, China). Dieses Verfahren – im Verbund mit Schutzmaßnah- men der Reeder – bietet neue Sicherheit: Wurden im Re- kordjahr 2010 insgesamt 47 Handelsschiffe entführt, wa- ren es 2011 noch 25 und 2012 fünf Schiffe. Im 1. Quartal 2013 konnten die Seeräuber lediglich ein Schiff tatsäch- lich in ihre Gewalt bringen. Auch die Zahl der versuch- ten Kaperungen nimmt weiter ab. 2010: 127, 2013: bis- her 3 (Stand 5. April 2013). Die Atalanta-Mission ist eine Erfolgsgeschichte. Be- fürchtete Gefährdungen durch die Erweiterung der EU- Regeln 2012 sind nicht eingetreten und nicht zu erwar- ten. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Monika Lazar und Hans- Christian Ströbele (beide BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag: Fort- setzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der EU-geführten Operation Atalanta zur Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias auf Grundlage des Seerechts- übereinkommens der Vereinten Nationen (VN) von 1982 und der Resolutionen 1814 (2008) vom 15. Mai 2008, 1816 (2008) vom 2. Juni 2008, 1838 (2008) vom 7. Oktober 2008, 1846 (2008) vom 2. Dezember 2008, 1851 (2008) vom 16. De- zember 2008, 1897 (2009) vom 30. November 2009, 1950 (2010) vom 23. November 2010, 2020 (2011) vom 22. November 2011, 2077 (2012) vom 21. November 2012 und nachfolgender Resolu- tionen des Sicherheitsrates der VN in Verbin- dung mit der Gemeinsamen Aktion 2008/851/ GASP des Rates der Europäischen Union (EU) vom 10. November 2008, dem Beschluss 2009/ 907/GASP des Rates der EU vom 8. Dezember 2009, dem Beschluss 2010/437/GASP des Rates der EU vom 30. Juli 2010, dem Beschluss 2010/ 766/GASP des Rates der EU vom 7. Dezember 2010 und dem Beschluss 2012/174/GASP des Rates der EU vom 23. März 2012 (Tagesord- nungspunkt 9) Den Antrag der Bundesregierung lehnen wir ab und stimmen mit Nein. Dies ist die siebte Abstimmung zum Atalanta-Einsatz der Bundeswehr, wenn wir richtig ge- zählt haben. Wir stimmen wieder mit Nein, wie die sechs Male vorher. Der Einsatz der Bundeswehr im Golf von Aden und inzwischen im ganzen Indischen Ozean ist politisch falsch und nicht notwendig zum Schutz der Schiffe des Welternährungsprogramms vor Piraterie. Vor allem war er von Anfang an nicht das letzte mögliche Mittel, die Ultima Ratio, um die Schiffe zu schützen und Piraterie wirksam zu bekämpfen. Die Bundesregierung erklärt, die Zahl der erfolgrei- chen Schiffsentführungen durch Piraten am Horn von Afrika sei im vergangenen Jahr stark zurückgegangen. Das stimmt, der Rückgang beträgt sogar 66 Prozent. Was aber nicht stimmt, ist die Behauptung, der Grund sei die durchgängige Präsenz von Kriegsschiffen der Operation Atalanta im Golf von Aden. Die Bundesregierung legt dafür auch keine Beweise vor. Es ist schlicht eine An- nahme – eine falsche. In Wahrheit hat der Rückgang der Kaperungen ganz andere Gründe, und die Bundesregierung weiß das. Es gibt geeignete „zivile“ Maßnahmen, um das Risiko von Piraterieangriffen zu verringern. Das Einhalten der soge- nannten Best Management Practices – das Fahren im Konvoi oder mit hoher Geschwindigkeit sowie die Absi- cherung von Reling und Außenbord, etwa durch Stachel- 30462 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) draht, und das Anbringen von Scheinwerfern – hilft schon viel. In den letzten Jahren konnte kein Schiff von Piraten aufgebracht werden, das sich an diese Regeln ge- halten hat. Der Schutz der Transporte des Welternährungspro- gramms – WFP – von Hilfsgütern und Nahrungsmitteln nach Somalia kann außerdem dadurch verbessert wer- den, dass das WFP mit besseren und schnelleren Schif- fen ausgestattet wird. Der Schutz von Handelsschiffen auf gefährlichen Routen durch zivile Sicherheitsdienste an Bord, die nicht schwer bewaffnet sein müssen, wird seit Jahren empfohlen. Nach Schätzungen sind inzwi- schen fast 80 Prozent der Schiffe in der gefährdeten Re- gion mit zivilen Sicherheitsdiensten an Bord unterwegs. Endlich werden die Best Management Practices zum Schutz vor Piraterieüberfällen weitgehend eingehalten. Sie wurden bereits seit Jahren gefordert, aber nicht prak- tiziert – aus Kostengründen. Der Reedereiverband soll ihnen zugestimmt haben, aber die Reedereien haben sich lange geweigert, diese wichtigen Schutzmaßnahmen zu finanzieren. Stattdessen verlangten sie den Schutz durch die internationale Armada aus Kriegsschiffen, der drei- stellige Millionenbeträge verschlingt und Krieg bedeu- tet. Im letzten Jahr wurde das Mandat der Operation Atalanta sogar erweitert: vom militärischen Kampfein- satz vor der Küste Somalias auf einen Küstenstreifen an Land von zwei Kilometern Breite. Zwar beschränkt sich diese Erweiterung des Mandats auf Angriffe nur aus der Luft mittels Hubschraubern lediglich auf die Logistik von Piraten. Nothilfeeinsätze an Land, um abgeschos- sene Hubschrauberbesatzungen zu retten, bleiben aber erlaubt. Die Erweiterung bedeutet daher ein zusätzliches Eskalationsrisiko. Jahr um Jahr entscheidet sich der Bundestag nun schon für diesen Kriegseinsatz, der aber letztlich nur die Symptome von Piraterie bekämpft. Deren Ursachen hin- gegen, die man politisch angehen kann, werden weitge- hend ignoriert. Dazu gehört die Überfischung der Ge- wässer vor Somalia. Modern ausgestattete Fangflotten aus der EU, aus Japan oder Taiwan rauben den lokalen Fischern die Existenzgrundlage. Zusätzlich kommt es durch illegale (Gift-)Müllentsorgung vor der Küste So- malias zu massivem Fischsterben, Menschen erkranken. Auch europäische Firmen sind in die Müllverseuchung verwickelt. Und an Land herrschen noch immer Armut, Hunger, Gewalt und politische Unsicherheit. Wen wun- dert, dass da die Aussicht, mit Schiffsentführungen harte Dollars zu verdienen, verlockend ist. Kriegsschiffe und Militäreinsätze sind jedoch nicht das richtige Mittel und nicht nötig, um die Piraterie wirksam zu bekämpfen. Der Einsatz der Bundesmarine ist umgehend zu beenden. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Herbert Behrens (DIE LINKE) zur Abstimmung über den Entwurf ei- nes Ersten Gesetzes zur Änderung des Ausfüh- rungsgesetzes zu dem Übereinkommen vom 9. September 1996 über die Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen in der Rhein- und Binnenschifffahrt (Tagesordnungspunkt 57 c) Meine Fraktion hat heute gegen die Gesetzesände- rung gestimmt, weil darin eine Kompetenz von der Was- ser- und Schifffahrtsdirektion Südwest auf die General- direktion Wasserstraße übertragen werden soll. Diese Generaldirektion wurde ohne Beschlussfassung des Bundestages und Bundesrates am 1. Mai gegründet. Es ist Bestandteil der umstrittenen Reform der Was- ser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, die von den Beschäftigten und ihren Interessenvertretungen, vielen Fachverbänden und mit einstimmigen Votum der Ver- kehrsministerkonferenz, VMK, der Bundesländer abge- lehnt wurde. Am 10. und 11. April 2013 in Flensburg er- neuerte die VMK hierzu ihre Kritik vom 4. Oktober 2012. Auch der Bundesrat hat hierzu in der 909. Sitzung am 3. Mal 2013 mit einer Entschließung zur Neuord- nung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bun- des – Drucksache 340/13 – „die Nichtberücksichtigung der sachlichen Kritik der Länder“ kritisiert sowie „ver- fassungsrechtliche Zweifel“ angemeldet und geht von „einem nicht hinnehmbaren Verlust in der Verkehrsqua- lität“ aus. Die vorgesehene Trennung der Wasser- und Schiff- fahrtsämter in Ämter für Betrieb und Unterhaltung einer- seits und Ämter mit revierbezogenen Aufgaben anderer- seits führt zu zusätzlichen Schnittstellen, Mehraufwand und zu einer geminderten Leistungsfähigkeit der Bun- deswasserstraßen. Der Abbau der regionalen Zentralen – Wasser- und Schifffahrtsdirektionen – führt zum Ver- lust regionaler Kompetenz. Die im Zusammenhang mit der Neuordnung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung vorgelegte Kategorisierung der Wasserstraßen des Bun- des ist nicht nachvollziehbar. Insbesondere besteht die Gefahr, dass durch die Abschaffung der regionalen Wasser- und Schifffahrtsdirektionen das regionalspezifische Know- how verloren geht. Da die derzeitige organisatorische Um- gestaltung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes gegen den erklärten Willen der Bundesländer statt- findet, würde eine notwendige Nachzeichnung durch ein Zuständigkeitsanpassungsgesetz auch später keine Mehr- heit in der Länderkammer erhalten. Die Bundesregie- rung sollte daher die Rechtsunsicherheit durch Unwirk- samkeit der organisatorischen Umgestaltung vermeiden und auf die Zuständigkeitsänderung der Kompetenzen an diese Behörde in diesem Gesetz verzichten. Eine Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung unter Berücksichtigung einer ökologischen Ausrichtung der Verwaltung ist nur zu erreichen, wenn das vorhan- dene Know-how umfassend in den Reformprozess ein- bezogen wird und den Anforderungen der EU an eine ökologische Gewässerschutzpolitik gerecht wird. Die Linke lehnt diese Reform der Wasser- und Schiff- fahrtsverwaltung ausdrücklich ab und stimmt daher ge- gen die heutige Gesetzesänderung. Dem eigentlichen Übereinkommen zur Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen in der Rhein- und Binnenschifffahrt stim- men wir inhaltlich selbstverständlich zu. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30463 (A) (C) (D)(B) Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Doris Barnett, Dr. Hans- Peter Bartels, Sören Bartol, Bärbel Bas, Uwe Beckmeyer, Edelgard Bulmahn, Dr. Peter Danckert, Ingo Egloff, Elke Ferner Ulrike Gottschalck, Gabriele Groneberg, Michael Groß, Bettina Hagedorn, Michael Hartmann (Wackernheim), Wolfgang Hellmich, Dr. Barbara Hendricks, Gustav Herzog, Frank Hofmann (Volkach), Lars Klingbeil, Astrid Klug, Angelika Krüger-Leißner, Gabriele Lösekrug-Möller, Caren Marks, Dr. Matthias Miersch, Manfred Nink, Stefan Rebmann, Gerold Reichenbach, Dr. Carola Reimann, Karin Roth (Esslingen), Ewald Schurer, Dr. Carsten Sieling, Sonja Steffen, Christoph Strässer, Kerstin Tack, Rüdiger Veit, Ute Vogt, Dr. Marlies Volkmer, Waltraud Wolff (Wol- mirstedt), Dagmar Ziegler und Brigitte Zypries (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Aus- führungsgesetzes zu dem Übereinkommen vom 9. September 1996 über die Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen in der Rhein- und Binnenschifffahrt (Tagesordnungspunkt 57 c) Wir halten die mit dem heute beschlossenen Gesetz vorgenommene Anpassung der Regelungen zur Finan- zierung der Entsorgung von öl- und fetthaltigen Schiffs- betriebsabfällen in der Rhein- und Binnenschifffahrt sowie die Aufnahme einer datenschutzrechtlichen Rege- lung im Hinblick auf die Aufgabenerfüllung durch die Zollverwaltung für richtig und geboten. Dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf sowie dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen haben wir dennoch nicht zugestimmt, weil: – der Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens unsere ver- fassungsrechtlichen Bedenken an der vom Bundes- ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, BMVBS, vorgenommenen Neuordnung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, WSV, bestä- tigt hat. Die Bundesregierung hat in dem von ihr im April 2013 vorgelegten Gesetzentwurf die „Wasser- und Schifffahrtsdirektion Südwest“ als zuständige Behörde benannt. Am 24. April 2013 wurde der Ge- setzentwurf im federführenden Ausschuss für Ver- kehr, Bau und Stadtentwicklung des Deutschen Bun- destages einstimmig angenommen. Am 1. Mai 2013 hat das BMVBS per Organisationserlass die neue „Generaldirektion für Wasserstraßen und Schifffahrt“, GDWS, eingerichtet und die sieben Wasser- und Schifffahrtsdirektionen abgeschafft. Durch die nach- trägliche Änderung des bereits durch den Fachaus- schuss des Deutschen Bundestages beschlossenen, aber durch den Erlass nun ins Leere laufenden Ge- setzentwurfs im Zuge der heutigen abschließenden Plenarberatungen soll die Zuständigkeit korrigiert und die Rechtswirksamkeit des Gesetzes sicherge- stellt werden. Dieses Vorgehen bestätigt die Auffas- sung, dass eine rechtssichere Umsetzung der Organi- sationsreform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung eine gesetzliche Änderung der Aufgaben- und Zu- ständigkeitsregelungen zwingend erfordert. Das Bei- spiel des jetzt beschlossenen Gesetzentwurfs zeigt zu- dem, dass das von der Bundesregierung gewählte Verfahren, die Umstrukturierung der WSV durch Or- ganisationserlass zu regeln und auf ein Rechtsbereini- gungsgesetz zu verzichten, zu erheblicher Rechtsunsi- cherheit führt. – der Deutsche Bundestag mit dem heute beschlossenen Gesetz die neue, von uns in der jetzigen Form abge- lehnte Umstrukturierung der Wasser- und Schiff- fahrtsverwaltung des Bundes konstituiert. Das Vorha- ben, die WSV zu modernisieren, ist grundsätzlich richtig. Als Folge des erheblichen Personalabbaus seit Ende der 1990er-Jahre ist sie in ihren Verwaltungs- und Ablaufstrukturen reformbedürftig. Die Pläne der Bundesregierung sind jedoch nicht geeignet, dieses Ziel einer Modernisierung der WSV unter Berück- sichtigung gesamtwirtschaftlicher Gesichtspunkte zu erreichen. Insbesondere die beabsichtigte Fortsetzung des Personalabbaus, die Schließung der regionalen Wasser- und Schifffahrtsdirektionen und die Überfüh- rung von Aufgaben an die neue Generaldirektion füh- ren zu einem Verlust von fachlicher Kompetenz und regionaler Nähe, schaffen zusätzliche Schnittstellen und bedeuten eine geminderte Leistungsfähigkeit des Verkehrsträgers Wasserstraße insgesamt. – eine parlamentarische Befassung des Bundestages mit der Umstrukturierung der WSV unterblieben ist. Die Bundesregierung hat es abgelehnt, dem Deutschen Bundestag einen Gesetzentwurf zur Neuordnung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes und zur Anpassung der Zuständigkeiten der Wasser- und Schifffahrtsdirektionen vorzulegen. Dadurch sehen wir die Belange des Deutschen Bundestages und sei- ner Abgeordneten als nicht ausreichend berücksich- tigt. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundes- tages hat die Bundesregierung bereits im September 2012 aufgefordert, zeitnah ein Gesetz zur Rechtsbe- reinigung vorzulegen. Die Bundesregierung hat je- doch die sachlich begründete Kritik und die verfas- sungsrechtlichen Bedenken nicht berücksichtigt und eine angemessene Beteiligung des Deutschen Bun- destages verweigert. Wir sind deshalb nicht bereit, die mit dem heute beschlossenen Gesetz verbundene An- erkennung dieser Umstrukturierung zu unterstützen. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Rente für Doping- opfer in der DDR (Tagesordnungspunkt 16) Eberhard Gienger (CDU/CSU): Unbestritten wurde in der ehemaligen DDR systematisches Doping betrie- ben. Dieses wurde von staatlichen Stellen angeordnet und von den Sportverbänden organisiert. Viele Sportle- rinnen und Sportler haben unter der Verabreichung von 30464 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) Dopingmitteln gelitten und tun das auch heute noch. Un- zweifelhaft ist auch, dass finanzielle Leistungen diesen Opfern ihre Gesundheit nicht wiedergeben können. Die wichtige Frage allerdings, ob sie diese Dopingmittel nun wissentlich oder unwissentlich eingenommen haben, führt schnell in den Bereich der Spekulation, denn im Nachhinein ist das nur schwer zu beantworten. Haben Sportler ohne ihr Wissen und ihre Zustimmung gedopt? Zu der Beantwortung dieser Frage müsste man nachwei- sen können, dass Ärzte oder Betreuer die Sportler gezielt getäuscht haben, was ich juristisch für sehr kompliziert halte, aber für den rechtlichen Anspruch auf eine Ent- schädigung von ganz entscheidender Bedeutung wäre. Genau diese Frage wird in Deutschland seit dem Auf- decken des systematischen Staatsdopings intensiv disku- tiert. Im Ergebnis kann gesagt werden, dass nach juristi- schen Maßstäben der Nachweis, dass in der ehemaligen DDR Sportlerinnen und Sportler ohne ihr Wissen gedopt wurden, im Einzelfall nur sehr schwer zu führen ist. Ein ganz ähnliches Problem ergibt sich beim medizi- nischen Nachweis bezüglich der gesundheitlichen Schä- digung durch ein konkretes Dopingmittel. Ohne Zweifel gibt es eine Reihe von Indizien, aber einen Zusammen- hang zwischen der heute angegriffenen Gesundheit der Betroffenen und der damaligen Einnahme von ganz be- stimmten Substanzen lässt sich rechtlich kaum feststel- len. Diese beiden Dilemmata sind die Ursache der kom- plizierten juristischen Anerkennung von Dopingopfern aus der ehemaligen DDR. Genau hier liegt dann auch das Problem des uns vor- liegenden Antrags. Wo ist die Grenze zu ziehen? Welche Geschädigten sollen anerkannt werden? Die Grünen zie- hen diese bei damals minderjährigen Sportlern in der ehemaligen DDR. Ich frage mich bei dieser Grenze, wa- rum sie hier gezogen wurde? Meiner Ansicht nach mutet es willkürlich an, die Grenze bei 18 Jahren zu ziehen. Zum einen ist der genaue Zeitpunkt eines erstmaligen Dopings heutzutage kaum noch zu bestimmen, und zum anderen bleiben jene außen vor, die bei der Einnahme ei- nes Dopingmittels älter als 18 Jahre waren, obwohl sie heutzutage vielleicht die gleichen oder womöglich noch schwerwiegendere gesundheitliche Probleme haben. Wie wollen Sie mit Sportlern umgehen, die in der Zeit, in der diese Doping verabreicht bekommen haben, voll- jährig geworden sind? Ist die von Ihnen gezogene Grenze von 18 Jahren überhaupt juristisch zulässig? Ist sie gerecht? Was sagen Sie den damals volljährigen Do- pingopfern? Die Antworten auf all diese Fragen bleiben Sie in ihrem Antrag schuldig. Das von Ihnen geforderte Instrument der Anerken- nung und Einführung eines gesonderten Rentenan- spruchs für die Dopingopfer aus der ehemaligen DDR hält die CDU/CSU-Bundestagsfraktion für das falsche Instrument, den Betroffenen eine finanzielle Wiedergut- machung zu gewähren. Es gibt keine rechtliche Grund- lage für eine solche Opferrente und jede Regelung dahin gehend würde einen erheblichen arbeits- und sozial- rechtlichen Aufwand nach sich ziehen. Die Folge wäre, dass das mit Sicherheit neue Forderungen nach sich zie- hen würde, deren finanzielle Auswirkungen wir nicht absehen und damit verantworten können. Ohnehin lese ich in Ihrem Antrag sehr viel von finan- ziellen Forderungen. So soll neben einer monatlichen Rente, von wenigstens 200 Euro, eine unabhängige Be- ratungsstelle für Dopingopfer eingerichtet und betrieben werden. Zudem soll der Aufbau und Unterhalt eines Do- pingopferarchives finanziell und inhaltlich unterstützt werden. Zuletzt fordern Sie in Ihrem Antrag noch, dass Finanzmittel für die Durchführung einer Studie bereitge- stellt werden sollen, die Langzeitschäden des Dopings zusammentragen soll. Einen Hinweis darauf, wie das al- les finanziert werden soll, bleiben Sie aber ebenfalls schuldig. Insbesondere Ihre Forderungen nach dem Aufbau ei- ner gesonderten Beratungsstelle erscheint mir weit her- geholt. Ich denke, dass sich Hilfestellungen für die Betroffenen durch bestehende Institutionen und Sport- verbände organisieren lassen müssten. Der Doping-Op- fer-Hilfe-Verein, DOH, leistet hier bereits einen wichti- gen Beitrag. Genau da sind wir bei dem richtigen Thema ange- langt. Der 1999 gegründete DOH hat sich zum Ziel ge- setzt, ehemalige Sportler aus dem DDR-Dopingsystem zu unterstützen und Aufklärung über die körperlichen Langzeitschäden von Dopingmitteln zu leisten. Der Ver- ein betreut dopinggeschädigte Athleten mit einer umfas- senden Beratung durch seine Beiräte und möchte eine Langzeitstudie zu den Gesundheitsschäden von Doping in Auftrag geben. Zudem soll eine bundesweite Bera- tungsstelle eingerichtet werden, die als eine Anlaufstelle für ehemalige und aktive Sportler dienen soll. Diese bei einer Pressekonferenz Ende April dieses Jahres in Berlin vom DOH vorgestellten Maßnahmen beinhalten viele von den Forderungen, die die Grünen in ihrem Antrag von der Bundesregierung einfordern, ohne dabei zu be- denken, ob der autonome Sport diese Aufgabe mit der Unterstützung der Bundesregierung nicht besser organi- sieren könnte. Wie ich bereits zu Beginn meiner Rede gesagt habe, hat es in der ehemaligen DDR im Leistungssport ein sys- tematisches Doping gegeben. Die Opfer dieses Systems haben Bundesregierung und organisierter Sport in Deutschland anerkannt und ihnen auch eine finanzielle Hilfe gewährt, die weitaus niederschwelliger war. Das im Jahr 2002 in Kraft getretene Dopingopfer-Hilfegesetz war bewusst so ausgelegt, dass so viele Opfer wie mög- lich einen leichten Zugang zu dem mit dem Gesetz ent- standenen Hilfsfonds erhalten haben. 2 Millionen Euro hatte die damalige Bundesregierung bereitgestellt, um den damals 194 Berechtigten jeweils eine Einmalzahlung von 10 438 Euro zukommen zu lassen. Ende 2006 hat dann der organisierte Sport in Gestalt des DOSB – gemeinsam mit dem hauptverantwortlichen Pharmahersteller – einen Vergleich mit 167 Dopingopfern geschlossen und wiede- rum eine Einmalzahlung von 9 250 Euro vereinbart. Abschließend muss ich nochmals betonen, dass der uns vorliegende Antrag in die falsche Richtung geht, fal- sche – weil willkürliche – Grenzen setzt, die Autonomie des Sports nicht ausreichend würdigt, den Opfern eine Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30465 (A) (C) (D)(B) unbürokratische Hilfe nur vorgaukelt. Wir können ihm deshalb nicht zustimmen. Klaus Riegert (CDU/CSU): Ich kann mich der Posi- tion von Eberhard Gienger nur anschließen und möchte daher auch nicht alle Argumente im Einzelnen wieder- holen. Wir haben uns mit allen Fraktionen bereits vor knapp zwei Jahren in einem Expertengespräch mit dem Thema beschäftigt. Im Ergebnis wurden von allen Seiten die gleichen Zweifel an dem von den Grünen vorgeschlage- nen Weg geäußert. Allein aus rechts- und sozialpoliti- scher Sicht war klar, dass eine solche Initiative gar nicht umsetzbar ist und nicht rechtskonform sein kann. Inso- fern wundert es mich schon sehr, wenn ein von den Grü- nen scheinbar selbst aufgegebener Punkt nach zwei Jahren zur Bundestagswahl aufgegriffen wird. Dahin ge- hend kann ich den Antrag der Grünen nicht als eine se- riöse und ernstgemeinte Initiative betrachten. Ehrlich ge- sagt ist es enttäuschend, wenn die DDR-Dopingopfer instrumentalisiert werden, um eine parteipolitische Showveranstaltung zu inszenieren, gleichwohl klar ist, dass der Antrag ins Leere läuft. Warum sind die Grünen denn nicht noch einmal auf alle Fraktionen zugegangen, bevor der Antrag eingebracht wurde? Diese Frage kann sich wohl jeder selbst beantworten. Unsere ablehnende Position gegenüber dem Antrag – wie auch jene der anderen Fraktionen – gründet darauf, dass die Initiative schlichtweg widersprüchlich, unge- recht und rechtswidrig ist. Mit einer Blockadepolitik hat das absolut gar nichts zu tun. Zudem stellt der Antrag auf das falsche sozialpolitische Instrument Rente ab. Weiterhin ignorieren die Grünen konsequent juristische und medizinische Anforderungen, die Eberhard Gienger bereits angesprochen hat. Eine Eingrenzung des Perso- nenkreises auf zum Zeitpunkt der Dopingmittelein- nahme minderjährige Sportlerinnen und Sportler der DDR zum Beispiel kann im Nachgang nicht abgren- zungsfrei vorgenommen werden. Warum werden die da- mals gerade volljährigen Athletinnen und Athleten in dem Antrag der Grünen prinzipiell ausgeklammert? Wie ist der Rentenanspruch von jenen Sportlerinnen und Sportlern zu sehen, die wissentlich gedopt haben? Auch die Festlegung der Rentenhöhe (von mindestens 200 Euro) ist offenkundig willkürlich gesetzt. Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ent- hält eine Vielzahl an inhaltlichen und argumentativen Widersprüchen. Die Begründung der einzelnen Forde- rungspunkte ist völlig inkonsistent, viele Aspekte versto- ßen gegen geltende Rechtsvorschriften. Traurigerweise muss man davon ausgehen, dass die Schwächen und Mängel der Initiative den Antragstellern schon vorher bekannt waren und die Initiative nur ins Leere laufen kann. Mit Blick in die Vergangenheit hat sich die CDU/ CSU-Bundestagsfraktion 2001/2002 maßgeblich für die Entschädigung von Dopingopfern starkgemacht. So ha- ben wir 2001 eine Anhörung zur „Errichtung eines Fonds zur Unterstützung der Doping-Opfer der DDR“ (Bundestagsdrucksache 14/5674) beantragt und das Thema sachlich vorangebracht. Bei den von der damali- gen Bundesregierung zur Verfügung gestellten 2 Millio- nen Euro konnte so eine Einmalzahlung von circa 10 000 Euro geleistet werden. Im Gegensatz zur damali- gen Entscheidung sollten wir heute gemeinsam schauen, wie wir die Dopingopfer weiter unterstützen und die Einnahme von Dopingmitteln präventiv verhindern kön- nen. Das sozialpolitische Instrument der Rente ist dabei in jedem Fall der falsche Weg. Ich freue mich dahin gehend sehr, dass sich zum Bei- spiel auch der Doping-Opfer-Hilfe-Verein weiterhin für die Belange der ehemaligen Sportlerinnen und Sportler der DDR einsetzt. Ich würde mir wünschen, dass der Verein aktiv den Kontakt zu den Regierungsfraktionen sucht und man konstruktiv nach Lösungen für eine wei- tere Aufarbeitung der Vergangenheit und Unterstützung der Opfer sucht. Gerne unterstützen wir den Verein da- bei, eine Beratungsstelle in Berlin zu etablieren und den Kontakt zu weiteren Stakeholdern (zum Beispiel zur Pharmaindustrie) herzustellen. Neben der Vergangenheitsbewältigung wären vor al- lem jene Initiativen (zum Beispiel des Doping-Opfer- Hilfe-Vereins) besonders wünschenswert, die an Maß- nahmen des heutigen Kampfes gegen Doping im Sport anknüpfen oder diese ergänzen. Gerade im präventiven Bereich des Antidopingkampfes liegt ein großes Poten- zial, um im Vorfeld Missbrauch, Täuschung im sportli- chen Wettbewerb und letztlich schwere körperliche Fol- geschäden zu verhindern. Die Bundesländer haben sich für die Unterstützung der Dopingpräventionsarbeit ver- antwortlich gezeigt bzw. ihren Zuständigkeitsbereich an- gezeigt. Hier könnte ebenso eine starke Förderung statt- finden. Ferner wäre eine Kooperation mit der Nationalen Anti Doping Agentur Deutschland, NADA, der Deut- schen Sportjugend, DSJ, und weiteren Institutionen zu begrüßen. Die Kooperation sollte hierbei von Vertrauen, gegenseitigem Respekt, zielorientierten Initiativen, aber auch von Selbstverantwortung getragen sein, um sich einzeln und zusammen für das gemeinsame Ziel einzu- setzen. Der Deutsche Olympische Sportbund, DOSB, hat in der Vergangenheit bereits vielfältige Bestrebungen unternommen sowie weiteres Interesse bekundet. Abschließend wird erkennbar, dass es nicht an sinn- vollen Vorhaben, konkreten Maßnahmen, Projekten und Initiativen mangelt. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird sich auch weiterhin kraftvoll für die Aufarbeitung der Dopingvergangenheit einsetzen. Besonders wichtig ist für uns hierbei vor allem die Verbindung zur heutigen Zeit. Die Herausforderung ist, Doping im Sport präven- tiv zu verhindern, sodass es weder zu Missbrauch und Manipulation im Sport noch zu schweren körperlichen Folgeschäden kommt. Martin Gerster (SPD): Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht ein für den Sport und darüber hinaus wichtiges und sehr ernstes Thema an: Doping und seine Folgen für die Gesundheit. Etliche Sportlerinnen und Sportler aus der ehemaligen DDR zeigen auf dramati- sche Weise die enormen körperlichen Schädigungen durch Doping auf: Störungen der Fruchtbarkeit, Leber- 30466 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) schäden, Herzschäden und vieles weitere. Die Liste der Leiden ist leider sehr lang. Hinzu kommt hier die beson- dere Widerwärtigkeit, dass dies von der DDR staatlich gefördert und vorgegeben war. Die Frage einer Rente für dopinggeschädigte Sportle- rinnen und Sportler aus der ehemaligen DDR begleitet uns bereits seit einigen Jahren. Verantwortung für Dopinggeschädigte übernahm erst- mals die damalige rot-grüne Bundesregierung mit dem Dopingopfer-Hilfegesetz im Jahr 2002. Insgesamt er- hielten 194 Betroffene eine Einmalzahlung von knapp 10 500 Euro. Wenn auch erst nach intensiven Rechts- streitigkeiten folgten diesem positiven Beispiel später der DOSB und das Pharmaunternehmen Jenapharm. Beide zahlten an 167 bzw. 184 Kläger jeweils 9 250 Euro. Und doch muss uns allen eines klar sein: Kein Geld der Welt kann das Leid der Betroffenen wiedergutma- chen! Wir sind gerne bereit, über eine Rente für Dopingge- schädigte zu sprechen, und lehnen den Vorschlag nicht grundsätzlich ab. Daher ist folgender, von dem Doping- Opfer-Hilfe-Verein gestern in einer Pressemitteilung ge- äußerte Satz in Bezug auf die SPD-Fraktion nicht rich- tig: „Die anderen im Bundestag vertretenen Parteien, da- runter die SPD-Opposition, haben angekündigt, sich der Initiative von Bündnis 90/Die Grünen nicht anzuschlie- ßen.“ Über die Details gilt es aber noch zu sprechen. Dafür sind die Beratungen im Parlament schließlich da. Zu dem vorliegenden Antrag: Richtig ist aus unserer Sicht, dass für einen möglichen Rentenanspruch die erst- malige Verabreichung der Dopingmittel vor Eintritt der Volljährigkeit erfolgt sein muss. Bei erwachsenen Men- schen muss eine vollständige Eigenverantwortung für ihr Tun und Handeln eingefordert werden können. Aber nicht bei Kindern und Jugendlichen. So gibt es beispiels- weise einen dokumentierten Fall, wonach ein Mädchen ab dem 13. Lebensjahr bereits Testosterondosen erhielt, ohne ihr Wissen, ohne die Chance, sich dem zu widerset- zen. Das ist eine Schande. Nichtsdestotrotz sehen wir in der Tat einige Punkte in dem Antrag kritisch beziehungs- weise haben noch einige Fragen an die Antragsteller. Neben der eigentlichen Hauptforderung der Rente für Dopinggeschädigte stellen Sie mit den weiteren Forde- rungen ganz offensichtlich eine Art Wunschkatalog für den Doping-Opfer-Hilfe-Verein auf: Einrichtung einer Beratungsstelle, Aufbau und Unterhalt eines Doping- opferarchivs sowie Durchführung einer medizinischen Studie über Dopinglangzeitschäden. Weniger ist viel- leicht auch manchmal mehr. Wir sollten den Kern der Rente nicht mit zu vielen Forderungen überfrachten. Dies ist nicht hilfreich bei der Suche nach einer inter- fraktionellen Lösung, wie es von Ihnen, Frau von Cramon, ja in den Medien angekündigt wurde. Vorweg: Um hier eines ganz klarzustellen. Es geht keineswegs um das Aufwiegen von Unrecht. Aber ich frage mich, wie Sie auf die Höhe von wenigstens 200 Euro monatlich kommen? Orientieren Sie sich am Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz? Dort erhalten Opfer politischer Haft bei einer Mindesthaftdauer von 180 Tagen eine Opferpension von bis zu 250 Euro mo- natlich. Es geht hier nicht um das Verhandeln um ein- zelne Euro. Das wird dem Leid der Opfer nicht gerecht. Vielmehr möchten wir lediglich für die weiteren Bera- tungen gerne wissen, wie Sie diese Untergrenze begrün- den und ob Sie eine Höchstgrenze angedacht haben. Und wenn ja, wo soll diese liegen? Des Weiteren schreiben Sie in dem Antrag: „Nicht nur die ehemaligen Sportlerinnen und Sportler sind von Gesundheitsschäden betroffen, sondern vielfach auch ihre Kinder.“ Können Sie diese Aussage mit Fakten be- legen? Durchaus können die Einnahme von Anabolika zu Fehlbildungen der Leibesfrucht führen und damit können auch die Kinder von gedopten Sportlerinnen und Sportlern an Gesundheitsschäden leiden. Aber noch- mals: Haben Sie dazu konkrete Zahlen, die Sie in Ihrer Annahme des „vielfach“ bestätigen? Dies würde mich sehr interessieren. Außerdem stellt sich mir die Frage: Warum haben Sie nicht zumindest in einem Prüfauftrag die Bundesrepu- blik Deutschland aufgeführt? Denn laut dem For- schungsprojekt „Doping in Deutschland“ gab es in der BRD auch ein vom Staat gebilligtes, zumindest nicht nachhaltig unterbundenes Doping. Dies belegen Studien des Bundesinstituts für Sportwissenschaft über den Ein- satz von Mitteln wie Anabolika und Testosteron aus den 1970er- und 1980er-Jahren. Dies ist zwar nicht nur annä- hernd in dem Ausmaß der DDR mit ihrem Staatsplan 14.25, aber es sollte aus Sicht der SPD-Fraktion dennoch berücksichtigt werden. Ich hoffe, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu den offenen Fragen Antworten geben kann und freue mich auf die weiteren Beratungen in Ausschuss und Ple- num. Eine Anmerkung darf zum Thema Doping noch ab- schließend erlaubt sein: Es wäre für den sauberen Sport äußerst wünschenswert, wenn wir, nachdem wir heute über die Vergangenheit und die Folgen für die gegenwär- tige Situation betroffener Personen gesprochen haben, auch endlich eine sinnvolle Lösung im Umgang mit der Dopingproblematik für die Zukunft finden könnten. Die derzeitige rechtliche Situation um den § 6 a im Arznei- mittelgesetz reicht für einen zielführenden Antidoping- kampf nicht aus. Aber an dieser Stelle versperrt sich die Koalition aus CDU/CSU und FDP leider einer konse- quenten Lösung. Daher hat die SPD-Fraktion einen Ent- wurf für ein Anti-Doping-Gesetz eingebracht, über wel- chen wir demnächst gerne mit Ihnen allen diskutieren. Dr. Lutz Knopek (FDP): Alle Bundestagsfraktionen verurteilen in aller Schärfe das systematische staatliche Doping in der DDR, welches auch vor der Dopinggabe an Minderjährigen nicht zurückschreckte. Dass DDR- Leistungssportler und -Leistungssportlerinnen zum Teil ohne ihr Wissen oder gegen ihren Willen leistungsstei- gende Mittel einnehmen mussten und noch heute die ge- sundheitlichen Folgen dieser Mittel spüren, bedauern wir zutiefst. Das Unrecht, das den Betroffenen von ih- rem Staat angetan wurde, das Leid, das ihnen physisch Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30467 (A) (C) (D)(B) und psychisch zugefügt wurde, die Schäden, die sie da- vongetragen haben: Das alles kann im Grunde nur schwer – wenn überhaupt – wiedergutgemacht werden. Dafür kann im engeren Sinne des Wortes kaum eine Ent- schädigung geleistet werden. Aber die Opfer brauchen Hilfe. Aus diesem Grund hat die Bundesrepublik Deutschland 2002, ohne Rechts- pflicht, mit dem Dopingopfer-Hilfegesetz einen Fond eingerichtet, aus dem mit der Summe von insgesamt 2 Millionen Euro Anspruchsberechtigte entschädigt wurden, und auch der DOSB sowie die Firma Jenapharm haben als Rechtsnachfolger Betroffenen Schadensersatz gezahlt. Dass die zwangsgedopten DDR-Leistungssportler Opfer der damaligen menschenverachtenden sozialisti- schen Diktatur waren und dass ihnen geholfen werden muss, darin waren sich 2002 alle Fraktionen einig. Auch war man sich einig, dass auf Grundlage eines Erfah- rungsberichtes der Bundesregierung in der 15. Wahlpe- riode geprüft werden soll, ob weitere Hilfen für diese Gruppe von Dopingopfern erforderlich sind. Die Prü- fung fand meines Wissens nach nicht statt und würde so eindeutig ein Versäumnis der damaligen rot-grünen Re- gierungsmehrheit darstellen. Warum wird dieser Antrag nun jetzt, kurz vor der Sommerpause, wo wir gar nicht mehr die Zeit haben, sachgerecht über dieses Anliegen zu sprechen, durch die Grünen in den Deutschen Bundestag eingebracht? Han- delt es sich vielleicht nur um ein durchsichtiges Wahl- kampfmanöver? Die Tatsache, dass die Grünen diesen Antrag ohne interfraktionelle Abstimmung heute ein- bringen, erhärtet diesen Verdacht. Der Vorstoß der Grünen ist meiner Meinung nach kontraproduktiv und zeigt einmal mehr, dass es dieser Partei wichtiger ist, sich mit großen Worten in den Me- dien zu schmücken, als wirklich etwas in der Sache zu bewegen. Der Schnellschussantrag wurde einem offenen Dialog mit allen Fraktionen zu diesem Thema vorgezo- gen. Selbst die Doping-Opfer-Hilfe e. V. hätte sich eine überfraktionelle Lösungssuche gewünscht. Ich finde es jedoch wichtig, dass der Wille des Sport- ausschusses aus dem Jahr 2002 nicht einfach ignoriert wird. Es ist sicherlich an der Zeit, dass sich das Parla- ment erneut mit der heutigen Situation dieser Doping- opfer befasst und sich alle Fraktionen gemeinsam über Möglichkeiten einer Hilfe, sei sie finanziell, in Form von Beratungsstellen oder medizinischen Studien über Lang- zeitschäden, austauschen. Ich hoffe, dass sich die Mit- glieder des zukünftigen Sportausschusses zeitnah mit diesem Thema befassen werden. Mehrere Punkte, die im Antrag der Grünen aufgeführt werden, müssen dann allerdings gründlich überdacht werden. Welche Form der Hilfe ist, gesellschaftlich wie für den einzelnen Betroffenen, am angemessensten? Welche Sportler haben Anrecht auf eine erneute Hilfs- zahlung bzw. Rente. Und vor allem: in welcher Höhe? Sollen es diejenigen Sportler sein, die durch das letzte Dopingopfer-Hilfegesetz bereits eine Zahlung erhalten haben, oder definiert man ein neues Findungsverfahren zur Feststellung der Anspruchsberechtigung? Und kann man heute überhaupt noch eine sachgerechte Differen- zierung im individuellen Einzelfall vorzunehmen? Kön- nen rückwirkend heutige Symptome noch zweifelsfrei auf einen konkreten Dopingmissbrauch zurückgeführt werden? Und warum fordert der Antrag der Grünen nur eine Rente für die damals minderjährigen Dopingopfer? Es gibt sicherlich auch Sportler, die erst als junge, unin- formierte Erwachsene Dopingmittel erhalten haben. Wa- rum wird ihnen diese Hilfe von vornherein verweigert? Die FDP-Fraktion hofft also sehr, dass diese Debatte in der kommenden Legislaturperiode fortgesetzt und eine Lösung gefunden wird, die den Opfern gerecht wird. Heute Nacht befassen wir uns ohne Notwendigkeit mit einem Schaufensterantrag der Grünen, der von vorn- herein überhaupt nicht auf das Interesse dieses Hohen Hauses zielt, sondern lediglich als Vehikel für längst er- folgte Medienaktivitäten meiner grünen Kollegin von Cramon-Taubadel dient. In seiner jetzigen Form, mit den zahlreichen ungeklärten Fragen, lehnt meine Fraktion diesen Antrag ab. Jens Petermann (DIE LINKE): Die missbräuchli- che Einnahme von Medikamenten und leistungssteigern- den Substanzen, gemeinhin als Doping bezeichnet, hat bei Leistungssportlern nicht nur zu Wettbewerbsvortei- len geführt. Leider sind zum Teil auch erhebliche ge- sundheitliche Schäden die Folge. Organisierte private, staatliche und Vereinsstrukuren, medizinische Fachab- teilungen und Trainer haben oft genug Hand in Hand ge- arbeitet. Sportlerinnen und Sportler indes stehen heute mit den gesundheitlichen Folgen dieser Praxis häufig al- lein da, befinden sich im sozialen Abseits und sind mit- unter auf staatliche Hilfe angewiesen. Es ist unseres Er- achtens Aufgabe der Politik, diese Praxis aufzuklären, zukünftig zu erschweren, bestenfalls zu verhindern und vor allem Menschen, die Schaden genommen haben, die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen. Parla- mentarische Initiativen in diese Richtung werden immer unsere Unterstützung finden. Der Grünen-Antrag versucht, die Thematik zu erfas- sen, lässt aber leider eine Reihe Fragen aufkommen: fachliche, inhaltliche und auch ideologische. Welchen Mehrwert hat dieser Vorstoß kurz vor der Bundestagswahl? Den bösen Verdacht, dass es sich da- bei um rein „wahltaktisches Geplänkel“ handeln könnte, äußerte unter anderem der langjährige Vorsitzende des Vereins Doping-Opfer-Hilfe, der in dieser Sache an sich sicherlich völlig unverdächtig ist. Das angeblich lang- wierige Werben der Grünen um einen interfraktionellen Antrag zu dem Thema ist zudem an die Linksfraktion das letzte Mal vor gut zwei Jahren herangetragen wor- den. In der Sache ist der Antrag ein kleiner Schritt, greift aber viel zu kurz. Aus unserer Sicht muss es mehr als 20 Jahre nach der deutschen Einheit möglich sein, die einseitige Opferarithmetik, die sich auf das Schicksal von Menschen im Osten beschränkt, ad acta zu legen und sich der Thematik als gesamtdeutsches Problem zu widmen. Selbst die Doping-Opfer-Hilfe hat mit der Vor- 30468 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) standswahl Anfang März einen Richtungswechsel einge- leitet. Der Verein will sich von nun an um die Belange aller Sportlerinnen und Sportler kümmern, die Schaden durch Dopingpraktiken erlitten haben oder erleiden: also auch Athletinnen und Athleten aus dem Westen der Re- publik. Der Antrag greift dies nicht auf. Dass sich die Doping-Opfer-Hilfe auch um die Ge- genwart kümmern will, ist ein wichtiger Schritt. Da dür- fen wir Parlamentarier auch im Sinne der Geschädigten des aktuellen sportlichen Geschehens nicht nachstehen. Aus unserer Sicht ist eine solche Anlaufstelle eine sinn- volle Einrichtung. Von Sportausschuss und Innenminis- terium fordern wir, dass umgehend an einem entspre- chenden Haushaltstitel gearbeitet wird. Eine Rente für Dopingopfer mit Blick auf die erfolgte Einmalzahlung aus dem Dopingopfer-Hilfegesetz gänz- lich abzulehnen – wie es die Union beabsichtigt –, ist un- seres Erachtens ein unangemessener Umgang mit dem Problem. Statt die Augen zu verschließen, muss die Poli- tik handeln. Wir sollten uns im Klaren darüber sein, dass bis zum Bezug einer Rente hohe Hürden zu überwinden sind, die sich nicht so leicht nehmen lassen. Die von den Bündnis- grünen vorgeschlagene Rente würde sofort auf etwaige Transferleistungen angerechnet werden. Empfänger von Sozialleistungen beispielsweise hätten dadurch keinen Pfennig mehr in der Tasche. Ausschließlich um der An- erkennung willen eine Rente zu konzipieren, ist keine Lösung. Neben diesem symbolischen Akt geht es doch vor al- lem um die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Dazu gehört die berufliche Wiedereingliederung genauso wie eine ausreichende finanzielle Grundlage, die einen Kino- besuch nicht zum Luxus werden lässt. Beispielsweise könnte den Geschädigten eine Be- schäftigung beim DOSB, bei der Nationalen Anti-Do- ping-Agentur und Sportverbänden angeboten werden. Gerade der Deutsche Olympische Sportbund als wich- tigste Einrichtung des gesamtdeutschen Sportes trägt bei diesem Thema ein hohes Maß an Verantwortung. Denkbar ist auch, vergleichbar mit den Eingliede- rungsangeboten für Menschen mit Behinderung, ein besonderes Maßnahmepaket für Dopinggeschädigte, an- gesiedelt bei den Arbeitsagenturen. Der einzelnen Sport- lerin, dem einzelnen Sportler muss ein maßgeschneider- tes Angebot unterbreitet werden. Da es zwangsläufig ohnehin Probleme geben wird, den zweifelsfreien Nachweis einer Schädigung durch Dopingmittel zu führen – gleichgültig, ob Ost oder West –, bedarf es hierfür klarer Regeln, sonst gibt man den potenziell Anspruchsberechtigten Steine statt Brot und Frust statt Hilfe. Es bedarf dazu einer entsprechen- den unabhängigen Stelle, die frei von ideologischen Be- schränkungen über einen Zusammenhang entscheiden kann. Das bisherige System, das die Beurteilung von ei- nem einzigen Gutachter abhängig macht, ist in der Ver- gangenheit auch von der Doping-Opfer-Hilfe kritisiert worden. Damit eine Initiative zur Entschädigung von Do- pingopfern erfolgreich wird, müssen all diese Aspekte einbezogen werden. Der vorliegende Antrag wird die- sem Anspruch nicht gerecht. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfah- rens und zur Stärkung der Gläubigerrechte (Ta- gesordnungspunkt 17) Norbert Geis (CDU/CSU): Die freie soziale Markt- wirtschaft zeichnet sich dadurch aus, dass sie Monopole verhindert und die freie Konkurrenz ermöglicht. Durch diesen Wettbewerb setzt sie Anreize, die eigenen Fähig- keiten zu entfalten. Wer scheitert, wird durch ein dichtes soziales Netz aufgefangen. Dabei darf es jedoch nicht bleiben. Das Netz darf nicht zur Hängematte werden. Vielmehr soll jeder Arbeitnehmer oder Unternehmer, der aus irgendwelchen Gründen nicht mithalten konnte, die Chance zum Neubeginn haben. Dieses Ziel verfolgt das Gesetz zur Restschuldbefreiung. Der Schuldner soll un- ter der Last der Gläubigerforderungen nicht resignieren, sondern neu starten und seine ganze Leistungskraft nicht nur für sich, sondern für die Volkswirtschaft insgesamt einsetzen können. Dies ist der Grund, weshalb im Jahre 1999 das soge- nannte Restschuldbefreiungsverfahren eingeführt wurde. Danach kann der Schuldner nach einer Wohlverhaltens- phase von sechs Jahren die Befreiung von seiner Rest- schuld erreichen. Voraussetzung dafür ist, dass er sich in dieser Zeit anstrengt, seine Schulden zu tilgen. Die Insolvenzordnung allein, ohne Restschuldbefrei- ung, leistet dies nicht. Sie dient in erster Linie dazu, die Interessen der Gläubiger zu befriedigen. Die Interessen des Schuldners werden dabei nicht ausreichend berück- sichtigt. Der Gesetzentwurf behandelt viele Aspekte. Hier soll nur der eigentliche Kern des Entwurfs, die Verkürzung des Verfahrens zur Befriedigung der Restschuld, in den Blick genommen werden. Von Anfang an galt der Zeitraum von sechs Jahren für die Restschuldbefreiung auch im internationalen Ver- gleich als zu lang. Deshalb vereinbarten die Koalitions- parteien in ihrem Koalitionsvertrag, die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens unter bestimmten Be- dingungen von sechs auf drei Jahre zu halbieren. Dabei hatte man zunächst vor allem Unternehmensgründer im Auge, die nach einem Fehlstart zügig eine zweite Chance erhalten sollten. Allerdings war es schon aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten, diese Chance allen Schuldnern, die in Insolvenz geraten sind, zu eröff- nen. Voraussetzung für die Restschuldbefreiung innerhalb von drei Jahren ist allerdings, dass der Schuldner in die- ser Zeit mindestens 35 Prozent der Forderungen der Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30469 (A) (C) (D)(B) Gläubiger erfüllt und die Verfahrenskosten trägt. Kann er die 35 Prozent nicht aufbringen, verkürzt sich die bis- herige Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens ledig- lich um ein Jahr von sechs auf fünf Jahre. Voraussetzung dafür ist, dass der Schuldner zumindest die Verfahrens- kosten übernimmt und zahlt. Ist er auch dazu nicht in der Lage, bleibt es bei der derzeitigen Dauer von sechs Jah- ren, bis der Schuldner bei entsprechendem Wohlverhal- ten Schuldenfreiheit erlangt. Die Verkürzung von sechs auf drei Jahre ist nicht un- umstritten. Richtig ist, dass für den Schuldner ein großer Anreiz entsteht, alles zu unternehmen, innerhalb von drei Jahren 35 Prozent der Schulden zu begleichen und die Verfahrenskosten zu übernehmen, um danach schul- denfrei zu werden. Zugleich haben die Gläubiger den Vorteil, dass sie wenigstens 35 Prozent der Forderungen erhalten. Natürlich bleibt für sie ein Verlust von 65 Pro- zent. Die Praxis zeigt jedoch, dass auch bei einem länge- ren Insolvenzverfahren die Gläubigerforderungen nur zu einem geringen Prozentsatz erfüllt werden. In der Tat kann also bei einer Quote von 35 Prozent ein vernünfti- ger Ausgleich zwischen Schuldner und Gläubiger entste- hen. Dagegen wird eingewendet, dass es ein Schuldner ge- rade darauf anlegen kann, auf die Restschuldbefreiung zuzusteuern, ohne tatsächlich in einer finanziell schwie- rigen Situation zu sein. Er entschuldet sich mit der Zah- lung einer Quote von 35 Prozent und ist dann innerhalb von drei Jahren schuldenfrei. Ein gutes Geschäft! Ein wichtiger Einwand ist auch, dass nur ein finan- ziell stärkerer Schuldner, der unter Umständen auch von einem Dritten Kapital erhält, in der Lage sein wird, die 35 Prozent zu erreichen. Die schwächeren Schuldner, die gerade noch die Pfändungsfreigrenze erreichen und de- nen kein Kapital zur Verfügung steht, um die 35-Pro- zent-Quote zu erfüllen, können diese Restschuldbefrei- ung innerhalb von drei Jahren nicht schaffen. Bei der Abwägung darf jedoch nicht aus dem Blick geraten, dass es im Insolvenzverfahren und auch beim Restschuldbefreiungsverfahren vor allem auch um die Befriedigung der Gläubiger geht. Deshalb ist der Ge- danke richtig, dass, wenn zugunsten des Schuldners die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens um die Hälfte gekürzt wird, auch die Gläubiger entsprechend zu berücksichtigen sind. Im Verhältnis zum Vorteil der Schuldner, den diese durch die Kürzung auf drei Jahre erhalten, ist es daher gerecht, auch auf die Interessen der Gläubiger zu achten und deshalb eine Tilgungsquote von mindestens 35 Prozent vorzusehen. Im Übrigen bleibt dem Schuldner, der diese Quote innerhalb der drei Jahre nicht aufbringen kann, immer noch die Möglichkeit, nach fünf bzw. sechs Jahren Schuldenfreiheit zu erlan- gen. Wichtig ist, dass die Auswirkung des Gesetzes genau beobachtet und eine Evaluierung vorgenommen wird. Es bleibt zu hoffen, dass sich das Gesetz bewährt. Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU): Mit dem heute in zweiter und dritter Lesung beratenen Ent- wurf eines Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbe- freiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte greifen wir ein Thema auf, das für viele Menschen große praktische Bedeutung hat. Im Jahr 2012 mussten bundes- weit rund 100 000 Menschen Privatinsolvenz anmelden. Circa 20 000 davon gingen insolvent, weil sie mit ihrem Unternehmen oder als Selbstständige scheiterten. Für den Rhein-Sieg-Kreis, aus dem ich komme, weist der Schul- denatlas 2012 der Creditreform aus, dass 42 500 Men- schen, immerhin 8,69 Prozent der Bevölkerung, über- schuldet sind. In vielen Fällen sind es Lebensrisiken wie Arbeitslo- sigkeit, Krankheit oder Trennung, die gar nicht oder nur sehr begrenzt zu beeinflussen und nicht vorwerfbar ver- ursacht sind, die zur Überschuldung geführt haben. In anderen Fällen kann der Ausfall einer berechtigten For- derung wegen der Zahlungsunfähigkeit eines anderen der maßgebliche Grund sein; bei wiederum anderen sind es Konsumschulden, mit denen sich der Schuldner se- henden Auges übernommen hat. Die Möglichkeit der Restschuldbefreiung gibt ihnen die Chance zum Neuanfang. Sie ermutigt mit der Aus- sicht auf neue wirtschaftliche Unabhängigkeit und moti- viert dazu, Verdienstmöglichkeiten auszuschöpfen, Ge- schäftsideen in die Tat umzusetzen, auch wenn sie mit der Gefahr des Scheiterns verbunden sind. Das hilft nicht nur den Schuldnern, sondern liegt auch in unserem gesamtwirtschaftlichen Interesse. Auf der anderen Seite steht dem das Interesse der Gläubiger gegenüber, be- rechtigte Forderungen auch durchsetzen zu können. „Pacta sunt servanda“ ist einer der zentralen Grundsätze unserer Zivilrechts- und unserer Wirtschaftsordnung. In diesem Spannungsfeld müssen die gegensätzlichen Interessen abgewogen werden. Die Verbraucherinsol- venz mit Restschuldbefreiung hat sich hier grundsätzlich bewährt und ist akzeptiert. Wir greifen mit dieser Re- form aber einige Punkte auf, die bisher als ungerecht oder unpraktisch empfunden worden sind. Dabei hat auch der Blick auf die Regelungen, die in unseren Nachbarländern gelten, eine Rolle gespielt. Dass es hier deutliche Unterschiede gibt, ist insgesamt nicht hilfreich und führt zu einem Insolvenztourismus, der diejenigen bevorzugt, die den Wohnsitz für eine Weile nach England oder Frankreich verlegen können. Auch hier darf man aber nicht nur auf die augenscheinlich kur- zen Fristen bis zur Restschuldbefreiung schauen; denn diese Rechtsordnungen geben dem Richter durchaus auch Spielraum, im Einzelfall längere Fristen, Quoten oder Auflagen festzusetzen. Eine stärkere Vereinheitli- chung der Rechtsordnungen auf europäischer Ebene wä- ren an dieser Stelle durchaus sinnvoll. Mit dem heute zur Beschlussfassung anstehenden Ge- setz schaffen wir zum ersten Mal einen Anreiz, durch besondere Anstrengung eine in der Insolvenz überdurch- schnittliche Quote zu erzielen, dafür im Gegenzug schneller zur Entschuldung zu kommen. Wer zumindest die Kosten des Verfahrens deckt, kommt nach fünf Jah- ren, das heißt ein Jahr früher in den Genuss der Rest- schuldbefreiung. Wer außerdem die Forderungen der Gläubiger mit einer Quote von 35 Prozent erfüllt, kann 30470 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) dieses Ziel bereits nach drei Jahren erreichen. Davon profitieren im Regelfall beide Seiten: die Gläubiger mit einer höheren Quote, die die heute durchschnittlich er- zielten Quoten deutlich übersteigt und für die der Schuldner oftmals besondere, überobligatorische An- strengungen erbringt, zu denen er nicht verpflichtet ist und zu denen er nach bisher geltendem Recht auch kei- nerlei Anreiz hat; der Schuldner durch die schnellere Be- freiung aus den gleichsam als „Schuldturm“ empfunde- nen Einschränkungen der Wohlverhaltensphase. Wir haben es uns in diesem Zusammenhang nicht leicht gemacht, den richtigen Ansatz zu wählen. Insbe- sondere haben wir sehr ausführlich erwogen, ob mehr richterliches Ermessen, etwa mit Blick auf die jeweili- gen Ursachen der Insolvenz, an dieser Stelle zu mehr Gerechtigkeit und Zielgenauigkeit beitragen könnte: um etwa dem Gläubiger, der mit großer und selbst überobli- gatorischer Anstrengung immerhin 20 Prozent seiner Schulden aus einer gescheiterten Unternehmensgrün- dung aufbringt, ebenfalls einen schnelleren Neustart zu ermöglichen, und auf der anderen Seite dem Schuldner, der sich mit Konsumschulden absehbar übernommen hat, den Schuldenschnitt um 65 Prozent nicht zu leicht zu machen. Dies hätte allerdings sehr uneinheitliche und unberechenbare Handhabung durch die Gerichte zur Folge gehabt und die Insolvenzgerichte mit der schwieri- gen Aufklärung und Bewertung der ganzen Vorge- schichte der Insolvenz belastet. Wir haben deshalb der starren Quote den Vorzug gegeben. Dass 35 Prozent eine ambitionierte Vorgabe sind, ist sicher zuzugeben. Den Schuldnern hilft aber, dass die Privilegierung der Lohnabtretung nach § 114 Insolvenz- ordnung, von der vor allem die Gruppe der Kreditgeber unter den Gläubigern profitiert hat, abgeschafft wird. Damit stehen laufende Einkünfte jenseits der Pfändungs- freigrenze von Anfang an für alle Gläubiger zur Verfü- gung und erhöhen so die Möglichkeit für alle, zu höhe- ren Quoten zu kommen. Dies ist zugleich ein Beitrag zur Gläubigergleichbehandlung. Vor allem ist dieses zusätzliche Angebot einer schnel- leren Restschuldbefreiung ein wichtiger Anreiz, in Zu- kunft bereits früher ein Insolvenzverfahren konstruktiv anzugehen, sich bereits früher in professionelle Beratung zu begeben und sich wirtschaftlich zu konsolidieren, an- statt zuerst alle Ressourcen einschließlich eventueller Verwandtendarlehen zu verbrauchen und damit Zeit und Kraft für einen „fresh start“ zu verlieren. Voraussetzung ist allerdings, dass die Schuldnerberatungen auch zeit- nah einen Termin anbieten können, wenn der Schuldner bereit ist, sich seiner Situation zu stellen und Beratung und Hilfe in Anspruch zu nehmen. Für die wirklich gute Arbeit der Schuldnerberatungs- stellen möchte ich an dieser Stelle meinen Dank sagen, verbunden mit dem dringenden Appell an die Kommu- nen, hier für eine bedarfsgerechte Ausstattung zu sorgen. Eine ständige Unterfinanzierung und mehrmonatige Wartezeiten sind für Berater wie Schuldner eine große Belastung und schaden unterm Strich Schuldner wie Gläubigern. Sie haben nicht nur die wirtschaftliche Si- tuation der Schuldner und den billigen Schuldenschnitt für sie im Blick, sondern leisten umfassend die Hilfe, die im Einzelfall erforderlich ist, um wieder selbstverant- wortlich wirtschaften zu können. Wo 35 Prozent gleichwohl nicht erreichbar sind, kön- nen passgenaue Lösungen im Einvernehmen mit den Gläubigern erarbeitet werden. Die Schuldnerberatungs- stellen haben uns hier von guten Beispielen berichtet, dabei aber auch die Bedeutung der gerichtlichen Zustim- mungsersetzung unterstrichen, die in den Fallzahlen die- ses Verfahrens offenbar nur unzureichend zum Ausdruck kommt. Entgegen dem ursprünglichen Regierungsent- wurf haben wir deshalb dieses Verfahren in der Insolvenz- ordnung gelassen, weil allein schon die Möglichkeit der Zustimmungsersetzung die Zustimmungsbereitschaft der Gläubiger zu einer vernünftigen individuellen Vereinba- rung und damit die Chance auf außergerichtliche Eini- gungen deutlich erhöht. Zusätzlich haben wir das Planverfahren für Verbrau- cherinsolvenzen eröffnet, sodass sich nun weitreichende Möglichkeiten vor und während des Insolvenzverfahrens bieten, durch Vereinbarungen mit den Gläubigern zu wirtschaftlich sinnvollen Vereinbarungen zu kommen und dabei einzelne obstruierende Gläubiger zu überstim- men. Damit knüpft dieses Gesetz an tragende Gedanken des ESUG an, das ebenfalls zu einer früheren Insovenz mit dem Ziel des Erhalts wirtschaftlicher Werte anstelle der Zerschlagung von Werten führt. Ein weiterer wichtiger Aspekt dieser Reform ist die Stärkung der Gläubigerrechte. Anträge auf Versagung der Restschuldbefreiung können künftig nicht mehr nur im Schlusstermin geltend gemacht werden. Entschei- dend ist, dass sie bis dahin zumindest schriftlich vorlie- gen müssen; bei später bekannt werdenden Gründen ist auch die nachträgliche Geltendmachung noch möglich. Ärgerliche Fälle, in denen auch unredliche Schuldner Restschuldbefreiung erlangen konnten, weil die Gläubi- ger den Aufwand der Antragstellung im Schlusstermin scheuten, sind damit für die Zukunft ausgeschlossen. Eine Stärkung der Erwerbsobliegenheiten des Schuld- ners im Insolvenzverfahren und seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflichten erscheinen ebenfalls gerecht und sinnvoll. Zugunsten der Schuldner, die Mitglied einer Woh- nungsbaugenossenschaft sind, begründet das Gesetz nun erstmals den gleichen Kündigungsschutz wie für Mieter. Die Kündigung der Mitgliedschaft, die den Zugriff auf das Guthaben ermöglicht, aber zum Verlust des Wohn- rechts führt, ist in Zukunft nicht möglich, wenn das Gut- haben in etwa der Kaution in einem Mietverhältnis ent- spricht. Ein weiter gehender Schutz für höhere, gar unbegrenzte Genossenschaftsanteile war aber nicht mög- lich; dies hätte dem Wohnungsgenossen die Möglichkeit geschaffen, weitere Teile seines Vermögens vor dem Zu- griff der Gläubiger zu sichern. Der Referentenentwurf sah noch die Übertragung des Verbraucherinsolvenzverfahrens auf den Rechtspfleger vor, auch als Ausgleich zur Übertragung der Zuständig- keit im Insolvenzplanverfahren auf den Richter im ESUG. Dies haben wir nun – trotz der unzweifelhaft ge- gebenen fachlichen Kompetenz der Rechtspfleger – ge- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30471 (A) (C) (D)(B) ändert, da nach Auffassung mehrerer Sachverständiger erhebliche Zuständigkeitskonflikte und Abgrenzungs- probleme drohten, etwa bei der bisweilen komplexen Abgrenzung der Verfahrensarten oder den teilweise kraft Verfassung dem Richter vorbehaltenen Sicherungsmaß- nahmen. Die Übertragung der funktionellen Zuständig- keit auf den Rechtspfleger hätte im Übrigen zur Folge, dass jede Eröffnungsentscheidung des Rechtspflegers mit der Rechtspflegererinnerung anfechtbar wäre, wäh- rend die Eröffnungsentscheidung durch den Richter nur nach Maßgabe des § 34 InsO der Anfechtung unterliegt. Die Anhörung hat auch nicht ergeben, dass infolge der Zuständigkeit des Insolvenzrichters für Insolvenzplan- verfahren die Auslastung der Rechtspfleger signifikant zurückgegangen wäre. Meines Erachtens wird das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte einen großen Teil dazu beitragen, Gerechtigkeit und Akzeptanz des Insolvenz- und Rest- schuldbefreiungsverfahrens im privaten Bereich zu ver- bessern. Wir haben es geschafft, einen fairen Ausgleich zwischen dem Interesse der Schuldner an einem „fresh start“ und dem Interesse der Gläubiger an einer bestmög- lichen Befriedigung ihrer rechtmäßig erworbenen Forde- rungen zu erreichen. Sonja Steffen (SPD): „Was lange währt, wird end- lich gut“ heißt das Sprichwort. Schon im März 2010 kündigte die Justizministerin auf dem 7. Deutschen In- solvenzrechtstag eine Reform des Verbraucherinsolvenz- verfahrens an und stellte ein Jahr später die Eckpunkte dieser Reform vor. Ein für Sommer 2011 angekündigter Referentenentwurf folgte erst im Januar 2012. Seit der ersten Lesung des vom Kabinett beschlosse- nen Gesetzentwurfs sind wieder fast sechs Monate ver- gangen. Es währte also bisher alles schon recht lange, leider ist aber noch lang nicht alles gut. Zwischenzeitlich waren wir uns schon nicht mehr si- cher, ob es in dieser Legislaturperiode überhaupt noch eine Verabschiedung der Verbraucherinsolvenzrechtsre- form geben wird. Letztlich haben sich die Koalitions- fraktionen zu dem vorliegenden Kompromiss durchge- rungen. Dieser hat zur Folge, dass wir jetzt nicht mehr von einer Reform, sondern eher von einem Reförmchen sprechen müssen. In einem Punkt sind die Kollegen von der Koalition sich treu geblieben: Das Restschuldbefreiungsverfahren wird verkürzt und zwar nicht nur um ein oder zwei Jahre, sondern gleich halbiert: allerdings nicht für alle Schuldner, sondern nur für die, die genügend Geld auf- bringen können, um innerhalb der ersten drei Jahre 35 Prozent der Forderungen zu tilgen. Dies stellt nach Meinung der Kollegen der Koali- tionsfraktionen eine ausgewogene Abwägung zwischen den Interessen der Gläubiger und den Interessen der Schuldner dar. Dabei wurde insbesondere die Einfüh- rung einer Mindestbefriedigungsquote in der öffentli- chen Anhörung des Rechtsausschusses von den unter- schiedlichen Sachverständigen stark kritisiert. Es war von einer Ungleichbehandlung der Schuldner, der star- ken Missbrauchsanfälligkeit, der unnötigen Schaffung einer neuen Entschuldungszielgruppe, die eigentlich gar kein Verbraucherinsolvenzverfahren braucht, aber auch von dem erhöhten Druckpotential der Schuldner gegen- über den Gläubigern und der sinkenden Zahlungsmoral die Rede. Der Großteil der Schuldner wird nicht in der Lage sein, 35 Prozent der Forderungen zu tilgen, außer viel- leicht die Schuldner, bei denen noch eine Erbschaft an- steht, die sich Geld von Familienangehörigen und Freun- den leihen können oder die früh genug die verbleibenden finanziellen Mittel geschickt verteilt haben. In den we- nigsten Fällen werden diese 35 Prozent durch einen zweiten Nebenjob aufgebracht werden können. Ich bezweifle, dass Sie es mit diesem Anreizsystem tatsächlich schaffen werden, bei 15 Prozent aller betrof- fenen Personen das Restschuldbefreiungsverfahren zu verkürzen. Wie heute in der FAZ zu lesen war, geht zum Beispiel Christoph Niering, Vorsitzender des Verbandes Insolvenzverwalter Deutschlands, davon aus, dass höchstens 5 Prozent der Schuldner die Mindestbefriedi- gungsquote erreichen werden. Wir sind der Meinung, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf eine Zweiklassengesellschaft von Schuld- nern eingeführt wird. Eine solche Ungleichbehandlung ist für uns nicht hinnehmbar. Die Dauer eines Rest- schuldbefreiungsverfahrens darf nicht davon abhängen, ob zum Beispiel die Eltern bereit und dazu in der Lage sind, einen Teil der Schulden zu übernehmen. Den Vorschlag der Grünen, das Verfahren generell für alle Schuldner von sechs auf drei Jahre zu verkürzen, leh- nen wir allerdings ebenso ab. Selbst Verbraucherschützer und Schuldnerberater gehen bei ihren Forderungen nach einer Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens nicht ganz so weit. Hier ist immer von vier Jahren die Rede. Auch wenn wir an das Wohl und die zweite Chance für den Schuldner denken, dürfen wir doch die Interessen der Gläubiger nicht völlig außer Acht lassen. Was den Rest angeht, so lassen Sie nach einigen Dre- hungen und Schleifen per Änderungsantrag letztlich doch das meiste beim Alten, was uns teilweise durchaus erfreut. Ihrem Anspruch, auch den außergerichtlichen Einigungsversuch effizienter zu gestalten und zu stärken, werden sie damit jedoch nicht gerecht, und so wird aus der groß angekündigten Reform letztlich nur ein Re- förmchen. Jörg von Polheim (FDP): Ich freue mich, dass wir heute nach langen Verhandlungen die Verkürzung des Verfahrens der Restschuldbefreiung bei Privatinsolvenz auf den Weg bringen. Wir haben in den letzten Wochen intensiv um einen Ausgleich der Positionen gerungen und sind so zu einem guten Interessenausgleich zwischen Gläubigern und Schuldnern gekommen: Die neue Regelung stellt einen signifikanten Wandel vom einseitigen Sanktionensystem hin zu einem Anreiz- 30472 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) system dar. Die Vorteile für die Gläubiger liegen auf der Hand: Wir haben erreicht, dass die Rückzahlungsquote auf 35 Prozent festgesetzt wird. Dafür habe ich mich starkgemacht. Das Anreizsystem hilft zum einen den Gläubigern, die so einen beträchtlichen Teil ihrer Forderung ersetzt bekommen – und das bereits nach drei Jahren statt bisher erst im Laufe von sechs Jahren. Und es hilft zum anderen auch dem Schuldner, der in eine finanzielle Notsituation geraten ist, schneller aus der Schuldenklemme zu gelangen. Er kann die Dauer seiner Wohlverhaltensphase auf drei Jahre verkürzen, wenn er während dieser Zeit 35 Prozent der offenen For- derung begleicht. Ging bis dato ein Kunde in Privatinsolvenz, führte dies im Handwerksbereich oft dazu, dass der Handwer- ker sein ausstehendes Geld fast vollständig verlor. Wäh- rend der Wohlverhaltensphase konnten die offenen For- derungen oft nur zu einem geringen Anteil getilgt werden. Das soll sich jetzt ändern. Der Anreiz, dass Schuldner im Sinne eines schnellen Schuldenschnitts auch aus ihrem familiären Umfeld finanzielle Unterstüt- zung zur Tilgung akquirieren, ist durch die 35-Prozent- Quote deutlich gestärkt. Das ist ein enormer Fortschritt: Die Rückflüsse sind nun nicht mehr beschränkt auf die vom Schuldner selbst erwirtschafteten Mittel. Ein weiterer, ganz wesentlicher Punkt des neuen Ge- setzes ist die Gleichbehandlung aller Gläubiger: Das bis- herige zweijährige Bankenprivileg sowie ein Fiskuspri- vileg sind im neuen Gesetz nicht mehr enthalten. Das ist ein großer Erfolg. So bekommen alle Gläubiger von An- fang an Rückzahlungen vom insolventen Schuldner, was bisher in den ersten zwei Jahren ausschließlich den Ban- ken vorbehalten war. Mit der Neuregelung tritt zudem eine Stärkung der Gläubigerrechte in Kraft. Auch beginnt die Erwerbsobliegenheit der Schuldner bei Eintreten der Insolvenz, nicht erst mit Beginn der Wohlverhaltensphase sechs Monate nach Verfahrenser- öffnung. Ein weiterer Punkt: Die Informationsmöglichkeiten über säumige Zahler werden erleichtert, indem ein zen- tral geführtes elektronisches Schuldnerverzeichnis ein- geführt wird. Insbesondere für Existenzgründer setzen wir mit der jetzt vorliegenden Neuregelung ein wesentliches Signal: Angesichts der besonderen wirtschaftlichen Risiken, de- nen sich Neugründungen vielfach ausgesetzt sehen und die nicht immer beherrschbar sind, wird dem Gründer im Insolvenzfall nun deutlich schneller als bisher eine zweite Chance ermöglicht. Damit verbessert die christlich-libe- rale Koalition an entscheidender Stelle die Rahmenbedin- gungen für innovative Unternehmen und Start-ups. Mit unserer Reform der Verbraucherinsolvenz setzen wir ein deutliches Zeichen. Gründern wird es erleichtert, ihre gu- ten Ideen in die Tat umzusetzen. Dies war unser erklärtes Ziel im Koalitionsvertrag. Jetzt ist es erreicht. Sehr bewusst haben wir diese Möglichkeit jetzt nicht nur Existenzgründern eingeräumt, sondern bei allen Pri- vatinsolvenzen. Das sind nicht nur eingesessene Hand- werksbetriebe, die unversehens durch ungünstige Um- stände in Schwierigkeiten geraten sind. Auch private Haushalte, die aufgrund von Krankheit, Scheidung oder plötzlicher Arbeitslosigkeit unverschuldet in Insolvenz geraten sind, können sich nun deutlich schneller daraus befreien. Die jetzt gefundene Regelung ist eine Win-win-Situa- tion, weil die Interessen der Schuldner und der Gläubi- ger angemessen austariert werden. Judith Skudelny (FDP): Wir als FDP stehen wie keine andere Partei für Freiheit. Wie unser Vorsitzender auf dem Parteitag im März treffend festgestellt hat, ge- hört dazu auch die Freiheit, einmal Fehler machen zu können. Wir verteidigen daher auch die Freiheit der zweiten Chance. Vor diesem Hintergrund beschließen wir heute das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbe- freiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubiger- rechte. Wer kennt nicht jemanden, der entweder von der In- solvenz betroffen ist oder auf den Eingang einer offenen Forderung wartet? Im Jahr 2012 meldeten in Deutsch- land insgesamt 122 001 Verbraucher Insolvenz an. Das sind in der überwiegenden Mehrzahl jedoch nicht Leute, die nicht mit Geld umgehen können. Vielmehr geraten die meisten Menschen wegen Tod, Scheidung oder Ar- beitslosigkeit in die Insolvenz. Diese Menschen verdie- nen eine zweite Chance auf einen Neustart. Das im Jahr 1999 eingeführte Insolvenzrecht hat aber nicht nur alle Gläubiger im Insolvenzverfahren weitest- gehend gleichgestellt. Auch alle Schuldner werden gleich behandelt. So macht es für die Entschuldung heute keinen Unterschied, ob sich ein Schuldner mehr oder weniger bemüht, seine Schulden im Insolvenzver- fahren zu begleichen. Die Reform schafft nun erstmals einen Anreiz für die Schuldner, sich über die geforderten Verpflichtungen hi- naus mehr anzustrengen. Sie belohnt diejenigen Schuld- ner, die sich redlich bemühen, ihre Schulden zurückzu- zahlen. Die derzeitige Quote im Insolvenzverfahren wird auf deutlich unter 10 Prozent geschätzt. Verlässliche Zahlen gibt es jedoch nicht. Nach der Reform soll ein Schuldner nach drei Jahren restschuldbefreit werden, wenn er 35 Prozent der ausstehenden Forderungen er- füllt und zusätzlich die Kosten des Verfahrens trägt. Da- von profitieren sowohl die Schuldner als auch die Gläu- biger. Bereits im Vorfeld wurde Kritik an der Quote laut; diese sei zu hoch. Solange jedoch keine validen Zahlen über die gesamte Breite der Verfahren vom ehemaligen Unternehmer bis zu den Verfahren, die über die Schuld- nerberatungen kommen, vorliegen, ist das jedoch nur reine Spekulation. Die Regierung hat sich zum Ziel ge- setzt, dass mindestens 15 Prozent der Verfahren die Möglichkeit der vorzeitigen Restschuldbefreiung nutzen sollen. In fünf Jahren wird überprüft, ob die Quote dieses Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30473 (A) (C) (D)(B) Ziel erreicht. Dann ist die richtige Zeit gekommen, Kri- tik zu üben und das Verfahren zu überprüfen. Neu ist auch, dass ein Schuldner, der zumindest die Prozesskosten trägt, sich nun bereits nach fünf Jahren von seiner Restschuld befreien kann. Eine solche Mög- lichkeit mit einer Rate von monatlich 30 Euro kann von nahezu allen Schuldnern genutzt werden und entlastet damit die Staatskassen und die Bürokratie der Länder. Neben diesen Verbesserungen für die Schuldner, die bereit sind, sich mehr anzustrengen, enthält der Gesetz- entwurf doch auch verschärfte Bedingungen für die un- redlichen Schuldner. Neben unerlaubten Handlungen bleiben nun auch Steuerstraftaten von der Restschuldbe- freiung ausgenommen. Die Bundesländer haben gefor- dert, dass die Restschuldbefreiung auch dann versagt werden soll, wenn ein Steuerhinterziehungsverfahren eingeleitet wurde. Diese Art der Vorverurteilung lehnen wir ab. Für diese Regierung gilt noch immer die Un- schuldsvermutung. Voraussetzung der Versagung der Restschuldbefreiung ist daher eine rechtskräftige Verur- teilung. Darüber hinaus kann dem Schuldner die Rest- schuldbefreiung auch dann versagt werden, wenn er ge- gen seine gesetzlichen Unterhaltspflichten verstößt. Neben den Regelungen für die Schuldner dürfen wir jedoch auch nicht vergessen, dass das Insolvenzverfah- ren immer den bestmöglichen Ausgleich zwischen Schuldnern und Gläubigern als Ziel hat. Aus diesem Grund haben wir durch die Ausweitung des Insolvenz- planverfahrens die Möglichkeit gestärkt, einvernehmli- che Lösungen zwischen Schuldnern und Gläubigern zu ermöglichen. Statt wie bisher nur bis zur Verfahrenser- öffnung können Vergleiche zwischen den Beteiligten nun auch während des Insolvenzverfahrens geschlossen werden – eine wichtige Möglichkeit, da das Insolvenz- verfahren für viele Betroffene der erste Schritt ist, ihre Vermögensverhältnisse neu zu ordnen und eine wirt- schaftliche Grundlage für ihre Zukunft zu legen. Wenn dieses Instrument funktioniert, können die Schuldner künftig auch im fortgeschrittenen Stadium mit ihren Gläubigern in Verhandlungen treten. Nachdem ich nun ausführlich die Verbesserungen für die Schuldner und die erweiterten Einigungsmöglichkei- ten dargelegt habe, möchte ich natürlich auch noch kurz auf die Verbesserungen für die Gläubiger eingehen. Die Gläubiger profitieren nicht nur davon, dass durch die Verkürzung des Verfahrens der Restschuldbefreiung mit der Mindestquote von 35 Prozent ein größerer Teil ihrer ausstehenden Forderungen beglichen wird. Durch die Reform wird das Abtretungsprivileg gebrochen, welches insbesondere Banken für sich in Anspruch genommen haben. Gerade Banken verfügen im Gegensatz zu den meisten Gläubigern über die größten Möglichkeiten, sich im Vorfeld der Kreditvergabe über die Bonität ihrer Kunden zu informieren. Deren Sicherungsrechte an Lohn und Gehalt der Schuldner hatten bislang jedoch ge- genüber den Forderungen der anderen Gläubiger zwei Jahre lang Vorrang. Künftig werden Banken vom ersten Tag an wie alle anderen Gläubiger behandelt, also gleichbehandelt. Davon profitieren vor allem die „klei- nen“ Gläubiger, die oftmals auf ihren Forderungen voll- ständig sitzenblieben. Lassen sie mich meine Rede auch im Hinblick auf die Freiheit beenden. Die Freiheit der zweiten Chance des einen ist in diesem Fall mit einem Eigentumsverlust der anderen verbunden. Mit dem vorliegenden Gesetz ist es uns gelungen, zwischen diesen beiden einen guten Mit- telweg zu schaffen, der die Situation für alle verbessern wird. Richard Pitterle (DIE LINKE): Ein halbes Jahr ist seit der ersten Lesung des Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vergangen. Hat sich in dieser Zeit etwas Wesentliches geändert? In der Anhörung hat die überwiegende Zahl der Sach- verständigen, auch die von der Regierungskoalition be- nannten, die völlig unrealistischen Befriedigungsquoten kritisiert, mit denen Sie Schuldner von den Schulden be- freien wollen, nachdem sie einen Teil gezahlt haben: nach drei Jahren Befreiung von den restlichen Schulden, wenn mindestens 25 Prozent der Schulden bezahlt sind. Durch Ihren Änderungsantrag haben Sie die Quote sogar noch um über ein Drittel erhöht auf 35 Prozent. Nach fünf Jahren Befreiung sollen die restlichen Schulden er- lassen werden, wenn der Schuldner die Verfahrenskosten aufgebracht hat. Wenn Sie auf den Sachverstand nicht hören, warum finden die Anhörungen überhaupt noch statt? Auch die Rednerinnen und Redner der anderen Oppo- sitionsfraktionen sehen das als völlig weltfremd an – wenn der Schuldner sich legal verhält, also weder vorher Geld beiseite geschafft hat noch in die Schwarzarbeit flüchtet. Die allermeisten Schuldner haben sich schon vor dem Antrag auf Privatinsolvenz lange Zeit stark einge- schränkt. Privatinsolvenz ist der allerletzte Schritt, wenn es dem Schuldner aussichtslos erscheint, seiner Schul- den „jemals Herr zu werden“, oder der Gerichtsvollzie- her vor der Tür steht oder bereits alles mitgenommen hat. Die Schuldnerberatungsstellen haben uns alle infor- miert, dass empirisch die Befriedigungsquoten sich um circa 10 Prozent bewegen. Sicher ist das eine Durch- schnittszahl, aber unser Auftrag lautet, Gesetze für die gesamte Bevölkerung zu machen. Das heißt, dass es al- len möglich sein muss, die Vorgaben des Gesetzes zu er- reichen, nicht nur gescheiterten Selbstständigen, die Sie mit Ihrem Koalitionsvertrag im Blick hatten und – wenn man sich das Gesetz ansieht – auch immer noch haben. Unser Blick geht weiter und schließt auch Gläubiger wie beispielsweise Handwerker, Einzelhändler, Versand- händler und kleine Dienstleister ein. Hier hat sich also im letzten halben Jahr bei der Re- gierungskoalition nichts verbessert, sondern durch Ihren Änderungsantrag wurde der Gesetzentwurf sogar dras- tisch verschlechtert. Da ist der Ansatz im Antrag von Bündnis 90/Die Grünen vernünftiger, denn dort wird eine Restschuldbefreiung nach drei Jahren ermöglicht – 30474 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) ohne Mindestbefriedigungsquote. Nach Ihrem Gesetz- entwurf werden die allermeisten wie bisher bei 6 Jahren hängenbleiben. Dass Sie auf die Streichung des außergerichtlichen und gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens ver- zichten, ist eher dem einhelligen Protest der Praxis als Ihrer Einsicht zuzuschreiben. Dass sich auch diese Bundesregierung inzwischen of- fensichtlich für das Recht auf Wohnung entschieden hat und endlich mit einer Änderung im Genossenschaftsge- setz dafür sorgt, dass Mieter einer Genossenschaftswoh- nung bei einer Privatinsolvenz geschützt sind, weil sie eine Kündigung ihrer Anteile an der Wohnungsgenos- senschaft – und damit den Verlust der Wohnung – nicht mehr fürchten müssen, ist zwar zu begrüßen. Doch eine Obergrenze von maximal vier Nettokaltmieten, wie sie die Regierung vorschlägt, ist – wie bereits der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilien- unternehmen nach einer Umfrage unter seinen Mitglie- dern dem Bundesministerium der Justiz mitgeteilt hatte – viel zu niedrig. Auch hier werden wir dem An- trag von Bündnis 90/Die Grünen zustimmen, die ebenso wie wir keine Obergrenze festlegen. Sie verlangen vom Schuldner einen Nachweis für die Mittel, die er zusätzlich aufbringt, um seine Schulden zu reduzieren, um eine vorzeitige Befreiung von seinen restlichen Schulden zu erreichen. Das ist zwar löblich, aber viel zu kurz gedacht. Sie schaffen damit vor allem einen Anreiz, heimliche Umschuldungen vorzunehmen, und stärken damit nur die Kreditwucherbranche. Hier hätte es zusätzlicher Regelungen bedurft. Die Streichung der Vorausabtretung halten wir im Hinblick auf die Gleichbehandlung der Gläubiger zwar für hilfreich, aber ich fürchte, in der Praxis werden vor allem Familien ohne sonstige materielle Sicherheiten zu- künftig vor gravierenden Finanzierungsproblemen ste- hen. Zum Abschluss noch ein Hinweis in Sachen Demo- kratie und Öffentlichkeit: Die Insolvenz ist ein wichtiges Thema, das (fast) alle treffen kann. Leider darf es nicht im Parlament diskutiert werden. Schon bei der ersten Le- sung gingen die Reden zu Protokoll, jetzt bei der zweiten und dritten Lesung und damit der Verabschiedung des Gesetzes ist das wieder der Fall. Aber da die Regierung ihre Hausaufgaben noch nicht gemacht hat, wird es am Ende der Legislaturperiode eng und wichtige Themen können nicht mehr in der parlamentarischen Öffentlich- keit besprochen werden, sondern wandern direkt in di- cke Akten. Diesen Gesetzentwurf lehnen wir ab. Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungs- verfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte war von der schwarz-gelben Bundesregierung als großer Wurf geplant. Im Ergebnis ist nun ein Gesetz herausge- kommen, das wenig verändern wird. Es verfehlt sein Ziel, Unternehmensgründern oder anderen verschulde- ten Personen zügig einen finanziellen Neustart und eine zweite Chance zu eröffnen, völlig. Die langen Ausführungen im Gesetzentwurf lesen sich wie eine Ironie: Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, führen eingehend aus, warum eine sechsjährige Wohlverhaltensphase in der Verbrau- cherinsolvenz, wie sie derzeitig Rechtslage ist, zu lang ist. Hier stimmen wir Grünen Ihnen voll und ganz zu. Sie schlagen nun eine Verkürzung der Wohlverhaltens- phase um ein Jahr, also auf fünf Jahre, vor, wenn die Schuldnerin oder der Schuldner die Verfahrenskosten begleicht. Ursprünglich hatten Sie eine weitere Verkür- zung auf drei Jahre vorgesehen, wenn die Schuldnerin oder der Schuldner eine Mindestbefriedigungsquote von 25 Prozent erfüllt hat. Beide Regelungen haben nicht nur wir Grünen in der Vergangenheit klar kritisiert. Auch in der Anhörung ha- ben viele der Expertinnen und Experten deutlich zum Ausdruck gebracht, dass in der Praxis nur sehr wenige Schuldnerinnen und Schuldner von den Neuregelungen profitieren würden. Die überwiegende Zahl der Verbrau- cherschuldnerinnen und Verbraucherschuldner wird auf- grund ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht in der Lage sein, überhaupt eine Befriedigungs- quote aus eigenem Einkommen und Vermögen zu tra- gen. Aber es kommt noch schlimmer. In Ihrem Änderungs- antrag wollen Sie nun die Befriedigungsquote sogar auf 35 Prozent erhöhen, obwohl Sie in Ihrer Begründung selbst schreiben, dass die Quote nicht zu hoch sein darf, um Leistungsanreize zu setzen. Ein Anreizsystem halten auch wir Grünen nicht grundsätzlich für falsch. Bei der Begleichung der Verfahrenskosten zum Beispiel sind wir weniger kritisch. Aber mit Ihrer Mindestbefriedigungs- quote von 35 Prozent kommen Sie einseitig den Interes- sen der Kreditwirtschaft nach – und dies auf dem Rücken der Verbraucherschuldnerinnen und Verbrau- cherschuldner. Weitaus sinnvoller wäre es gewesen, für alle Schuldnerinnen und Schuldner gleichermaßen eine Verfahrensverkürzung auf drei Jahre einzuführen. Das wäre eine echte zweite Chance, eine Möglichkeit zum Neuanfang. Genau dies fordern wir Grünen in unserem Änderungsantrag. Viele Menschen haben große Erwartungen in dieses Gesetz gesetzt. Das zeigen uns die vielen Zuschriften von Privatpersonen. Von einem gerechten Interessenaus- gleich zwischen Gläubigerinnen und Gläubigern einer- seits und Schuldnerinnen und Schuldnern andererseits kann aber bei Ihrem Gesetz keine Rede mehr sein. Mit Ihrem Gesetzentwurf wird nur ein ganz geringer Teil al- ler Schuldnerinnen und Schuldner in den Genuss einer vorzeitigen Restschuldbefreiung kommen. Hier kann ich nur sagen: Ziel deutlich verfehlt. Erfreulicherweise nehmen Sie aber, das will ich posi- tiv hervorheben, mit Ihrem Änderungsantrag die vorge- sehene Abschaffung des Schuldenbereinigungsplanver- fahrens zurück. Wenigstens in diesem Punkt haben Sie sich die Expertisen der Sachverständigen zu Herzen ge- nommen. Doch von Ihren ursprünglichen Plänen, den äußerst erfolgreichen außergerichtlichen Einigungsver- such umfassend zu stärken, ist leider nicht viel übrig ge- blieben. Vorschläge hierzu hätte es genug gegeben. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30475 (A) (C) (D)(B) Ein weiteres Problem haben Sie noch mit Ihrem Ge- setzentwurf abgemildert: Sie begründen Kündigungs- schutz für Schuldnerinnen und Schuldner, die eine Woh- nung von Wohnungsbaugenossenschaften gemietet haben und mit einer bestimmten Anzahl von Genossen- schaftsanteilen an der Genossenschaft beteiligt sind. Da- mit erhalten Mitglieder einer Wohnungsgenossenschaft, die in finanzielle Not geraten sind, wenigstens die Sicher- heit, in der Insolvenz ihre Wohnung behalten zu können. Hier wird endlich eine Lücke geschlossen. Das befürwor- ten wir sehr. Hierfür haben auch wir Grünen uns in der Vergangenheit stark gemacht. Wie der Bundesrat auch, hätten wir uns allerdings ein höheres Schutzniveau ge- wünscht. Insgesamt ist dieses Gesetzeswerk enttäuschend für die vielen Verbraucherschuldnerinnen und Verbraucher- schuldner, die lange darauf gewartet haben. Hier haben Sie nachvollziehbare Hoffnungen einseitig enttäuscht. Wir Grünen können Ihrem Gesetz in dieser Form nicht zustimmen. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Moder- nisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechts- modernisierungsgesetz – 2. KostRMoG) – Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Erfolgsbezugs im Gerichtsvollzieherkosten- recht – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts – Entwurf eines Gesetzes zur Begrenzung der Aufwendungen für die Prozesskostenhilfe (Prozesskostenhilfebegrenzungsgesetz – PKHBegrenzG) – Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Beratungshilferechts (Tagesordnungspunkt 18 a und c) Ute Granold (CDU/CSU): Wir beraten heute ab- schließend über mehrere Gesetzentwürfe zur Moderni- sierung des Kostenrechts. Wie bereits in der ersten parla- mentarischen Beratung werde ich mich dabei auf die Prozesskostenhilfe, die Verfahrenskostenhilfe und Bera- tungshilfe beschränken. Der Kollege Seif wird die weite- ren Aspekte aus Sicht der Union erläutern. Mit der Reform des Prozesskostenhilfe- und Bera- tungshilferechts können wir heute eine weitere Vereinba- rung aus dem Koalitionsvertrag umsetzen. Dazu greift der Gesetzentwurf einerseits die Forderungen der Länder aus den Bundesratsinitiativen der 16. und 17. Legislatur- periode auf, die stetig steigenden Ausgaben der Länder für Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe zu begrenzen. Gleichzeitig wird andererseits aber sichergestellt, dass der vom Grundgesetz garantierte Zugang zum Recht ge- richtlich wie außergerichtlich weiterhin allen Bürgerin- nen und Bürgern unabhängig von Einkünften und Vermö- gen offensteht. Darüber hinaus wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Einbeziehung steuer- rechtlicher Angelegenheiten in die Beratungshilfe umge- setzt. Auch wenn nicht alle Wünsche der Länder nach Kos- teneinsparungen erfüllt werden konnten, haben wir nun zusammen mit den Vereinbarungen zum 2. Kostenrechts- modernisierungsgesetz einen guten und ausgewogenen Kompromiss gefunden. So hat sich die CDU/CSU-Bun- destagsfraktion erfolgreich dafür eingesetzt, dass die be- rechtigten Interessen der Länder an einer Kostensenkung in einen angemessenen Ausgleich mit der Rechtsschutz- und Rechtswegegarantie der Bürgerinnen und Bürger ge- bracht wurden. Nach umfassenden Beratungen im Rechtsausschuss und einer Sachverständigenanhörung am 13. März 2013 steht der ursprüngliche Gesetzentwurf der Bundesregie- rung, bei dem es sich um einen „abgespeckten Entwurf“ des ursprünglichen Länderentwurfes handelt, nun mit ei- nigen Änderungen heute zur Abstimmung. Bereits zu Beginn der Beratungen hat die Unionsfrak- tion deutlich gemacht, dass wir Einschränkungen bei der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfah- renskostenhilfe ablehnen. Grundsätzlich ist anzuerken- nen, dass die Bewilligung von Prozess- und Verfahren- skostenhilfe sowie die Beiordnung eines Rechtsanwalts in familiengerichtlichen Verfahren, die eine große per- sönliche Bedeutung für die Beteiligten haben, besonders sensibel und großzügig gehandhabt werden müssen. Au- ßerdem hätten für die jeweilige Partei Möglichkeiten be- standen, die Beiordnung eines Rechtsanwaltes trotz der vorgeschlagenen Änderung zu erreichen. So können bei- spielsweise zusätzliche Anträge zum Zugewinnausgleich oder Unterhalt gestellt werden, was wiederum vermeid- bare Verkomplizierungen und Kostensteigerungen mit sich bringt. Der Umstand, dass sich bemittelte Antrags- gegner bei einvernehmlichen Ehescheidungen seltener eines anwaltlichen Beistands bedienen, lässt sich auch darauf zurückführen, dass im Vorfeld des gerichtlichen Verfahrens – anders als bei bedürftigen Parteien – die Möglichkeit einer jeweiligen anwaltlichen Beratung in Anspruch genommen werden konnte. Darüber hinaus wollen wir eine Legaldefinition des Begriffs der Mutwilligkeit in die Zivilprozessordung einfügen. Danach ist die Rechtsverfolgung oder Rechts- verteidigung mutwillig, wenn eine Partei, die keine Pro- zesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdi- gung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinrei- chende Aussicht auf Erfolg besteht. Diese Definition entspricht der herrschenden Rechtsprechung, insbeson- dere der des Bundesverfassungsgerichts. Danach ist als Vergleichsperson derjenige Bemittelte heranzuziehen, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Die Formel wird in der Praxis seit langem angewandt und hat sich be- währt. Sie gibt den Gerichten ausreichend präzise, je- 30476 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) doch gleichzeitig flexible Kriterien für die vorzuneh- mende Bewertung vor. Eine Absenkung der Freibeträge für Erwerbstätige so- wie für Ehegatten oder Lebenspartner konnte vermieden werden. Wir sind der Auffassung, dass die Bereitstellung adäquater Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe dem Rechtsstaatsgebot entspricht und sich nicht an dem abso- luten verfassungsrechtlichen Minimum orientieren sollte. Die Halbierung des Freibetrages für Erwerbstä- tige hätte das anerkennenswerte Bemühen insbesondere von Geringverdienern um die Erzielung eines eigenen Erwerbseinkommens nicht hinreichend unterstützt. Die geltende Ratenhöchstzahlungsdauer von 48 Mo- naten stellt bereits einen angemessenen Ausgleich zwi- schen den Interessen der Partei an einer zeitlich über- schaubaren finanziellen Mehrbelastung infolge der Prozessführung und dem fiskalischen Interesse an einer hohen Refinanzierungsquote sicher. Daher haben wir eine Erhöhung auf 72 Monate abgelehnt. Mit einer Ver- längerung der Ratenhöchstzahlungsdauer wäre auch eine länger andauernde Pflicht zur Überwachung verbunden gewesen, die zu erheblichem personellem Mehraufwand in der Justiz geführt hätte. Dem hätte in einer großen An- zahl von Fällen – auch vor dem Hintergrund der aktuel- len Pfändungsfreigrenzen – kein Nutzen entgegenge- standen. Darüber hinaus haben wir die vorgeschlagene Befug- nis für die Gerichte, zur Klärung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit Einwilligung des An- tragstellers Auskünfte Dritter einholen zu können, abge- lehnt. Es wäre unverhältnismäßig gewesen, dass einem Dritten – beispielsweise einem Arbeitgeber oder einem Versicherer – auf diese Weise bekannt geworden wäre, dass der Antragsteller Prozesskostenhilfe für ein Ge- richtsverfahren beantragt hat. Diesem Eingriff in die Rechte der Antragsteller hätte also ebenfalls kein ad- äquater Nutzen gegenübergestanden. Die ursprünglich vorgesehene Erweiterung des Be- schwerderechts der Staatskasse hätte – beispielsweise durch nur geringfügige Rechenfehler zulasten der Staats- kasse – eine erhebliche Mehrbelastung der Bezirksrevi- soren sowie der zweiten Instanz zur Folge gehabt. Ferner wäre der Begründungsaufwand für den erstinstanzlichen Richter gestiegen. Die Einlegung einer Beschwerde führt darüber hinaus zwangsläufig zu einer Verzögerung des Hauptsacheverfahrens. Zunächst muss die Hauptakte nebst Prozesskostenhilfeheft an das Rechtsmittelgericht versendet werden. Weiterhin entsteht eine bis zu drei Monaten andauernde Unsicherheit, ob die Bewilligungs- entscheidung als solche noch angegriffen wird, was die Partei mit beigeordnetem Rechtsanwalt vielfach dazu bewegen wird, den genannten Zeitraum abzuwarten und zunächst nicht kostenverursachend tätig zu werden. Ge- rade in Verfahren, in denen der Beschleunigungsgrund- satz besonders ausgeprägt ist (zum Beispiel Kindschafts- sachen), stellt sich dies kritisch dar. Die Koalition hat ferner die vorgeschlagene Möglich- keit abgelehnt, Zeugen oder Sachverständige auch zur Prüfung der Bedürftigkeit vernehmen zu können. Schon nach bisheriger Rechtslage geht die fehlende Glaubhaft- machung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhält- nisse oder die ungenügende Beantwortung schriftlicher Fragen nach Fristsetzung zulasten des Antragstellers, da die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in diesen Fällen abgelehnt werden kann. Deshalb ist nicht davon auszu- gehen, dass von der aufwändigeren Möglichkeit einer Klärung durch Vernehmung von Zeugen oder Sachver- ständigen nennenswert Gebrauch gemacht werden wird. Zudem entstehen durch entsprechende Vernehmungen gegebenenfalls erhebliche zusätzliche Kosten, die insbe- sondere bei einem Unterliegen der bedürftigen Partei, der ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, letzt- lich von der Staatskasse zu tragen wären. Zudem er- scheint die Kostentragungspflicht des Gegners im Falle seines Unterliegens verfehlt, wenn der Zweck der Ver- nehmung allein in der ausschließlich im Interesse der Staatskasse liegenden Aufklärung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse lag. Ferner haben wir die im Gesetzentwurf vorgesehene Möglichkeit zur Übertragung der Bedürftigkeitsprüfung auf den Rechtspfleger als Länderöffnungsklausel ausge- staltet. Dies eröffnet den Ländern die Gestaltungsspiel- räume, die erforderlich sind, um auf den mit der Aufga- benübertragung verbundenen erhöhten Personalbedarf im Rechtspflegerbereich flexibel reagieren zu können. Außerdem wird die Möglichkeit einer nachträglichen Antragstellung nicht eingeschränkt und bleibt wie bisher an keine besondere Eilbedürftigkeit geknüpft. Die Sonderregel im arbeitsgerichtlichen Verfahren, dass einer Partei auch ohne Erfolgsaussicht ein Rechts- anwalt beigeordnet werden kann, wenn der Gegner an- waltlich vertreten ist, wird abgeschafft. Die „Waffen- gleichheit“ wird bereits durch § 121 ZPO ausreichend gewährleistet. Das nun vorgesehene Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Januar 2014 ermöglicht einen Umsetzungszeitraum von sechs Monaten. Dieser Zeitraum ist wegen des Um- stellungsaufwands in den Fachverfahren und wegen der Änderungen am Prozesskostenhilfe- und am Beratungs- hilfeformular notwendig. Zum Ende meiner Ausführungen noch eine Bemer- kung zu den Verfahren vor dem Europäischen Gerichts- hof für Menschenrechte, die auch unseren Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland offenstehen. Ich hatte diese bereits während unserer vergangenen Debatte angespro- chen. Mit dem Gesetz zur Einführung von Kostenhilfe für Drittbetroffene in Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte – dem EGMR-Kosten- hilfegesetz – liegt seit dem 25. April eine rechtliche Grundlage für zusätzliche Kostenhilfe für Verfahren in Straßburg vor. Konnten vorher nur die Beschwerdefüh- rer Kostenhilfe beim Gerichtshof beantragen, steht dies nun auch sogenannten Drittbetroffenen zu – beispiels- weise Kindern in Umgangsfragen. Damit ist jetzt sicher- gestellt, dass es nicht vom Geldbeutel eines Betroffenen abhängt, ob man sich in den eigenen Angelegenheiten in Straßburg Gehör verschaffen kann. Insgesamt bin ich davon überzeugt, dass wir im Rechtsausschuss das eine oder andere am ursprünglichen Gesetzentwurf so nachjustiert haben, dass das heute be- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30477 (A) (C) (D)(B) ratene Ergebnis alle Fraktionen in diesem Haus überzeu- gen wird. Detlef Seif (CDU/CSU): Das 2. Kostenrechtsmoder- nisierungsgesetz dürfte das umfangreichste rechtspoliti- sche Gesetzgebungsvorhaben in dieser Legislaturperiode sein. Dies bezieht sich nicht nur auf den Seitenumfang, sondern insbesondere auch auf die Maßnahmen zur Vor- bereitung des Regierungsentwurfs. Hier hat die Regie- rung eine umfangreiche Vorarbeit geleistet, eine Vielzahl von Einwendungen und Anregungen der Justiz, der Län- der und der betroffenen Berufsgruppen war „abzuarbei- ten“. Die Neuregelungen des Kostenrechtsmodernisie- rungsgesetzes aus dem Jahr 2004 wurden überprüft. Seitens des Bundesjustizministeriums wurde ermittelt, an welchen Stellen Korrekturbedarf besteht. Die Notar- gebühren wurden von November 2006 bis Februar 2009 durch eine Expertenkommission einer Prüfung unterzo- gen. Bezüglich der angedachten Veränderungen zur Ent- schädigung der in Justizverfahren beteiligten Berufs- gruppen wurden die betroffenen Verbände bereits Ende 2006 eingebunden und um Stellungnahme zur geplanten Änderung der Sachgebietsliste gebeten. Die Bestellungs- körperschaften und die Landesjustizverwaltungen wur- den eingebunden, im Jahr 2009 wurde eine umfangrei- che Marktanalyse beauftragt. Ein RVG-Panel zur Ermittlung der Gebührensituation in Sozialrechtsangele- genheiten wurde eingerichtet, es folgten viele Gespräche mit der Anwaltschaft, den Notaren und den Vertretern der Länder. Man kann bereits an diesem Auszug aus der Vorgeschichte zum Regierungsentwurf erkennen, wie anspruchsvoll das vollzogene Verfahren zur Erarbeitung des Regierungsentwurfs war. An dieser Stelle bedanke ich mich für die professio- nelle Arbeit der Regierung. Ich bedauere sehr, dass der verantwortliche Staatssekretär, Dr. Max Stadler, der per- sönlich viel Herzblut in das Gesetz investierte, durch sei- nen frühen Tod die Früchte seiner Arbeit nicht mehr ern- ten kann. Meinen Dank spreche ich auch ausdrücklich den Be- richterstattern der anderen Fraktionen aus. Auch wenn wir bei den Detailfragen oft unterschiedlicher Ansicht waren, haben wir alle gemeinsam die Kernziele des Ge- setzes nicht außer Acht gelassen: Beim 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz geht es im Kern zunächst darum, die im Jahr 2001 mit dem Ge- richtsvollzieherkostengesetz aufgenommene und im Jahr 2004 mit dem 1. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz fortgeführte Strukturreform zu vollenden. Das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz soll dazu beitragen, die Gerichte von der zwischenzeitlich sehr umfangreichen und teilweise auch undurchsichtigen Kostenrechtsprechung zu entlasten und Rechtssicherheit für die Beteiligten zu schaffen. Letztlich dient das Ge- setzgebungsvorhaben einer bundeseinheitlichen Rege- lung. Ein Schwerpunkt der Modernisierung liegt in der Schaffung eines neuen Gesetzes über Kosten der freiwil- ligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare, das die bislang geltende Kostenordnung ablöst. Insbesondere bedarf die seit dem Inkrafttreten der Reichskostenord- nung am 1. April 1936 in ihrer Struktur unverändert ge- bliebene Vorschrift einer grundlegenden Neugestaltung, die das zusammenwachsende Europa und die Anforde- rungen der elektronischen Datenverarbeitung berück- sichtigt. Die strukturellen Änderungen des Gesetzes führen zu einer klaren Trennung der für Gerichte und Notare gel- tenden Regelungen. So werden zum Beispiel alle Rege- lungen, die allein die Tätigkeit der Notare betreffen, in einem eigenen Kapitel zusammengefasst. Entsprechend findet man jetzt eine Zusammenfassung der Notargebüh- rentatbestände in einem eigenen Teil des Kostenver- zeichnisses. Die Vorschriften zur Justizvergütung und -entschädi- gung wurden strukturell überarbeitet. Hier wurde insbe- sondere die Sachgebietsliste, auch im Hinblick auf die Sachgebietsbeschreibung, angepasst. Ziel ist die Beseiti- gung von Problemen, die in der gerichtlichen Praxis bei der Zuordnung zu den einzelnen Sachgebieten aufgetre- ten sind. Auf der Grundlage der neuen Sachgebietsbe- schreibung wurde eine umfangreiche Marktanalyse durch die Hommerich Forschung durchgeführt, um die Marktpreise zu ermitteln. Die Kostenrechtsmodernisierung, die den Schwer- punkt des Gesetzes bildet, ist angesichts der Vielzahl der an uns herangetragenen Bitten, Beschwerden und Anre- gungen in der öffentlichen Wahrnehmung eher zurück- getreten. Es ist allzu verständlich, dass betroffene Be- rufsgruppen an uns herangetreten sind, um aus ihrer Sicht die Kostenvorschriften für den jeweiligen Berufs- stand zu „optimieren“. Es liegt auch in der Natur der Sa- che, dass sich die Länder mit dem Argument einer finan- ziellen Unterdeckung mehrfach an uns gewandt haben. Bei allem Verständnis für die Einwendungen der Länder ist an oberster Stelle zu berücksichtigen, dass die Justiz nicht – wie wirtschaftliche Unternehmen – kostende- ckend arbeiten kann. Der Rechtsstaat wäre gefährdet, wenn die Gebühreneinnahmen kostendeckend sein müssten. Dies würde zu einer unzumutbaren Erschwe- rung des Zugangs zum Recht durch die Erhöhung finan- zieller Hürden führen. Die zwischen dem Bundesjustiz- ministerium und den Ländern gefundene Einigung dürfte das Spannungsverhältnis zwischen dem Interesse der Länder an einem möglichst hohen Kostendeckungsgrad und dem ungehinderten Zugang zum Recht angemessen lösen. Soweit die Einwendungen der verschiedenen Berufs- gruppen nachvollziehbar waren und im aktuellen Ge- setzgebungsverfahren berücksichtigt werden konnten, haben sie zu einigen Änderungen des Regierungsent- wurfs geführt. Auch wenn der Regierungsentwurf bei den Anwalts- gebühren im Gesamtvolumen bereits eine Erhöhung von rund 12 Prozent vorsah, war dem gemeinsamen Einwand von Bundesrechtsanwaltskammer und Deutschem An- waltsverein zu folgen. Aufgrund der Anpassung der Ta- bellenstruktur des RVG an die Streitwertstufen des GNotKG führte der Regierungsentwurf bei einzelnen 30478 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) Streitwerten zu niedrigeren Gebühren als bisher. Deshalb sieht der heute vorliegende Gesetzentwurf eine weitere Erhöhung um jeweils 5 Euro für jede Streitwertstufe vor. Auch das Argument der Anwaltschaft, dass die im Re- gierungsentwurf vorgesehene Kappungsgrenzenbe- schreibung in Nr. 2301 VV RVG-E in der Praxis zu einer neuen Höchstgebühr geführt hätte, war nicht von der Hand zu weisen. Diese Beschreibung wurde folgerichtig gestrichen. Bei den Gerichtsvollziehern ist leistungsgerecht eine Gebührenerhöhung von 30 Prozent vorgesehen. Von der Einführung einer Erfolgsgebühr für Gerichtsvollzieher haben wir Abstand genommen. Diese könnte Fehlan- reize setzen und dazu führen, dass Gerichtsvollzieher möglicherweise Vollstreckungsaufträge, die nach dem ersten Anschein aussichtslos erscheinen, nachrangig be- arbeiten. Die gewünschte Erhöhung des Mindest- und Höchstbetrages der Auslagenpauschale war nicht umzu- setzen, da die Portokosten mit Ausnahme des Standard- briefes nicht gestiegen sind und der Versand von Schrift- stücken zunehmend auf elektronischem Wege erfolgt. Allerdings war eine Anhebung der Wegegeldpauschalen für Gerichtsvollzieher angemessen. Der Gesetzentwurf sieht jetzt eine 30-prozentige Erhöhung vor. Dringend anpassungsbedürftig waren die im Regie- rungsentwurf vorgesehenen Honorare für Übersetzer. Den im Entwurf vorgesehenen Sätzen wurde der im Rahmen der Marktanalyse ermittelte einheitliche Zeilen- satz zugrunde gelegt, den 55 Prozent der Befragten au- ßergerichtlich berechnen. Unberücksichtigt blieb aber die Gruppe der Übersetzer, die nach der Qualität der Übersetzerleistung – Basisqualität und hohe Qualität/ Rechtssicherheit – unterscheidet, immerhin rund 45 Pro- zent der Befragten. Damit konnten die im Entwurf zu- nächst vorgesehenen Zeilensätze die Marktpreise nicht zutreffend wiedergeben. Dies ergab auch die Befragung des Sachverständigen Professor Hommerich in der öf- fentlichen Anhörung. Die von der CDU/CSU-Bundes- tagsfraktion erfolgte Anregung wurde von der Regierung aufgegriffen und spiegelt sich in dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf wider. Die Höhe der Übersetzerhonorare knüpft nun an die Übersetzung in hoher Qualität/Rechts- sicherheit an. Darüber hinaus ist ein erleichterter Zugang zum höheren Zeilensatz vorgesehen, da nicht mehr eine „erhebliche“, sondern nur noch eine „besondere“ Er- schwernis der Übersetzung verlangt wird. Zudem ist hier eine Erweiterung vorgenommen worden, indem die Er- höhungstatbestände um die Regelbeispiele „besondere Eilbedürftigkeit“ und „in Deutschland selten vorkom- mende Sprache“ ergänzt wurden. Hinzu kommt, dass ein nicht unerheblicher Anteil der Übersetzungen nicht edi- tierbare Texte betrifft, für die ohnehin ein erhöhtes Ho- norar verlangt werden kann. Honorarsätze für die Übersetzung außergewöhnlich schwieriger Texte entfallen, da dieser Übersetzungsart nach dem Ergebnis einer Erhebung der Länder keine praktische Bedeutung zukommt. Darüber hinausgehende Forderungen der Berufsver- bände finden keine Entsprechung in den außergerichtli- chen Zeilensätzen. Sie widersprechen dem Regelungsge- danken des Gesetzes, dessen Honorarsätze die Marktpreise abbilden sollen. Die Einwendung der öffentlich bestellten Vermes- sungsingenieure, dass bei den Sachgebieten zwischen „Vermessungstechnik“ und „Vermessungs- und Katas- terwesen“ zu unterscheiden sei, war nachvollziehbar. Deshalb sieht der Gesetzentwurf jetzt auch vor, dass die reine „Vermessungstechnik“ in die Honorargruppe 1 ein- gestuft wird, während das anspruchsvollere „Vermes- sungs- und Katasterwesen“ zur Honorargruppe 9 gehört. Die vom Zentralverband des Deutschen Handwerks, ZDH, geäußerte Kritik greift im Ergebnis nicht. Der ZDH ist der Meinung, dass viele handwerkliche Sachge- biete pauschal in die Honorargruppe 2 eingestuft wür- den. Gefordert wird die Beibehaltung des bisherigen Vergütungssystems. Eine derartige pauschale Zuordnung der handwerklichen Tätigkeit sieht der Gesetzentwurf aber überhaupt nicht vor. Das Gesetz orientiert sich bei der Bestimmung der Sachverständigenhonorare nämlich nicht an bestimmten Berufsgruppen wie etwa den Hand- werkern. Vielmehr wird auf den auf dem freien Markt erzielbaren Preis in einem bestimmten Sachgebiet abge- stellt, und zwar unabhängig davon, ob die Leistung von einem Handwerker oder einem Ingenieur erbracht wird. Dies führt zum Beispiel dazu, dass die Bewertung der handwerklich-technischen Ausführung im Bauwesen in Honorargruppe 2 (70 Euro pro Stunde) eingeordnet wird, während etwa für die Ermittlung von Schadenursachen im Bauwesen die Honorargruppe 5 (85 Euro pro Stunde) und für Kraftfahrzeugschäden und -bewertung die Hono- rargruppe 8 (100 Euro pro Stunde) folgen. Auch wenn im Ergebnis nicht alle Anregungen be- rücksichtigt werden konnten, so wurden sie aber im Ge- setzgebungsverfahren abgewogen. Da das Gesetz jetzt viel stärker als früher auf eine marktgerechte Abbildung der Honorare abstellt, kann dies im Einzelfall zu Hono- rarkürzungen führen. Dies entspricht aber dem Zweck des Gesetzes, keine höheren Beträge zu gewähren als auf dem freien Markt erzielbar wären. Einzelne Einwendungen konnten jetzt keine Berück- sichtigung finden, da sie die Verabschiedung des Gesetzes in weite Ferne gerückt hätten. Müsste sich der Deutsche Bundestag bis ins kleinste Detail auf eine gemeinsame Lösung zwischen allen Beteiligten verständigen, könnte die Kostenreform in dieser Legislaturperiode nicht mehr umgesetzt werden. Alles in allem schafft der jetzt vorliegende Gesetzent- wurf einen guten Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessen und verdient in der heutigen zweiten und drit- ten Lesung des Gesetzes unsere Zustimmung. Christoph Strässer (SPD): Wir beschäftigen uns heute unter anderem mit dem Kostenrechtsmodernisie- rungsgesetz und dem Gesetz zur Prozesskostenhilfe. Die Titel sind sperrig, die Auswirkungen erheblich: Es be- trifft Rechtsuchende, die nicht in der Lage sind, Kosten für die Inanspruchnahme der Justiz aus eigenen Mitteln aufzubringen; es geht um die Vergütungen für Leistun- gen vieler Berufsgruppen, die für das Funktionieren un- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30479 (A) (C) (D)(B) seres rechtsstaatlichen Systems unentbehrlich sind: für Gerichtsvollzieher, Dolmetscher und Übersetzerinnen, für Sachverständige und nicht zuletzt für Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen. Es geht aber auch darum, den Staat, insbesondere die Bundesländer, in die Lage zu versetzen, auch weiterhin die Mittel die für das reibungs- lose Funktionieren unserer Gerichtsbarkeit erforderlich sind, in ausreichendem Umfang zur Verfügung stellen zu können, ein nicht einfaches Unterfangen. Auf den ersten Blick sieht es bei dem Gesetzgebungs- projekt nach einer einseitigen Belastung des rechtsu- chenden Bürgers aus: Die Gerichtsgebühren werden er- höht, die Rechtsanwaltsgebühren werden erhöht, die Ratenzahlungshöhe der Prozesskostenhilfe wird erhöht. In einer Stellungnahme der Versicherungswirtschaft kündigt diese an, dass die Versicherungsprämien für Rechtsschutzversicherungen dadurch steigen könnten. Richtig ist aber auch: Der Kostendeckungsgrad der Justiz geht ständig zurück und liegt zurzeit nur bei 44 Prozent, die Vergütung nach dem Rechtsanwaltsver- gütungsgesetz wurde zuletzt 2004 strukturell angepasst, die Ausgaben der Länder für die Prozesskostenhilfe sind in den letzten Jahren gestiegen. Alleine in Berlin haben sich die Ausgaben für Prozesskostenhilfe in den letzten fünf Jahren vervierfacht. Es ist unbestreitbar: Es besteht Veränderungsbedarf. Dabei ist es die Aufgabe der Politik, für einen fairen Ausgleich zu sorgen und die Kosten gerecht zu verteilen. Das ist nicht einfach. Klar ist auch, dass die Justiz keine Kostendeckung von 100 Prozent anstreben kann und will. Es ist die Aufgabe des Staates, eine Justizinfra- struktur zur Verfügung zu stellen, die von allen Teilen der Bevölkerung genutzt werden kann, unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten eines Verfahrensbeteilig- ten. In Deutschland sind Prozesse finanzierbar und das Kostenrisiko von Gerichtsverfahren so kalkulierbar wie in kaum einem anderen Land. Das ist Teil der friedens- stiftenden Wirkung der Justiz. Wir wollen keine Zwei- klassenjustiz. Veränderungen, die den Zugang zum Recht beschränken, insbesondere durch Veränderungen bei Prozesskosten bzw. Beratungshilfe, sind mit der SPD nicht zu machen. Das Kostenrecht muss mehr noch als die Prozesskos- tenhilfe modernisiert werden. Das unterstützt die SPD- Bundestagsfraktion. Und weil es hier um grundlegende Fragen geht, die auch den Zugang zum Recht betreffen, habe ich es befürwortet, dass wir uns gründlich mit diesem Thema beschäftigt haben. Es gingen jahrelange Beratungen zwischen den Ländern und dem Justizminis- terium, zwischen Verbänden und Abgeordneten voraus. Im März hat der Bundestag eine umfangreiche Anhö- rung durchgeführt. Wir sehen die Verbesserungen beim Entwurf zum Kostenrechtsmodernisierungs- sowie Prozesskosten- und Beratungshilfegesetz. Besorgniserregend ist aber die Verhandlungsführung mit den Ländern – das muss man mal anmerken dürfen. Seit Tagen und Wochen stehen die Telefone nicht mehr still. Die Ländervertreter sind mehr als erstaunt und unzufrieden. Letzte Woche Montag ti- telte dann auch Spiegel Online „Justizministerin lässt Kosten-Kompromiss platzen“. Es ist davon die Rede, dass Absprachen des Bundesjustizministeriums nicht eingehalten wurden. Im Ausschuss hat die Regierung das bestritten. Die Absprachen würden nur anders „aus- gelegt“. In Anbetracht der wenigen zur Verfügung ste- henden Sitzungswochen vor dem Ende der Legislatur- periode ist die miserable Abstimmung mit den Ländern besonders unprofessionell. Wenn die Kostenrechtmoder- nisierung scheitert, wäre dies ein verhandlungspoliti- sches und rechtspolitisches Desaster für die Regierung, denn viele Berufsgruppen warten auf die Erhöhungen, und das zu Recht. Nachdem Ländervertreter aller politi- schen Fraktionen angekündigt haben, den Vermittlungs- ausschuss anzurufen, erwarten wir und werden wir kons- truktiv daran mitarbeiten, so schnell wie möglich zu einem Ergebnis zu kommen, das trägt und noch in der laufenden Legislaturperiode ins Gesetzblatt kommen kann. Ich möchte nun auf die inhaltliche Bewertung zu sprechen kommen. Einige Punkte, die Ländern, Sachverständigen und uns wichtig waren, wurden nach der ersten Lesung im Plenum im laufenden Verfahren tatsächlich aufgegriffen. Im Vergleich zum ursprünglichen Gesetzentwurf ist im Kostenrecht nun vorgesehen, dass den Ländern eine Gerichtsgebührenerhöhung von 18 Prozent statt nur 11 Prozent zugestanden wird und dass bei der Rechtsan- waltsvergütung eine Bereinigung der Streitwerte bis 10 000 Euro – Honorare wären in bestimmten Fällen durch die neue Staffelung gesunken – durchgeführt wird. Verbesserungen bei den Sachverständigenhonoraren so- wie beim Wegegeld für Gerichtsvollzieher begrüßen wir ebenfalls. Das gilt auch für die lineare Anhebung der Anwaltsvergütung um 2 Prozent im Verhältnis zum ers- ten Regierungsentwurf. Auch Übersetzer und Dolmetscher profitieren von einigen Korrekturen, wie zum Beispiel von erhöhten Zeilenhonoraren. Das ist aber nicht ausreichend. Es hätte auch die Möglichkeit von Vergütungsvereinbarungen ge- strichen werden müssen. Sie sind in vielen Bundeslän- dern üblich. Dolmetscher und Übersetzer werden dort nur berufen, wenn sie sich zuvor mittels Vergütungsver- einbarung zu niedrigeren Honorierungen bereit erklärt haben. Die Honorarerhöhungen nützen nichts, wenn sie durch Vergütungsvereinbarungen unterlaufen werden. Die über Honorarvereinbarungen möglichen Honorare entsprechen nicht mehr den ökonomischen Mindest- bedürfnissen. Wir treten auch für die Beibehaltung der Terminge- bühr beim Gerichtsbescheid im Sozialrecht und die Wiedereinführung der Kostenprivilegierung für arbeits- gerichtliche Teilvergleiche ein. Im Bereich der Prozesskosten- und Beratungshilfe wurden einige Einschnitte wieder zurückgenommen. Das begrüßen wir. Eine funktionierende Prozesskosten- und Beratungshilfe liegt mir besonders am Herzen. Bei allem Verständnis für die Nöte in den Justizhaushalten muss man in diesem Bereich besonders sensibel vorge- hen. 30480 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) Der Gesetzentwurf verfolgt zwei Ziele: Die Ausgaben für die Beratungs- und Prozesskostenhilfe sollen redu- ziert werden. Außerdem soll der Zugang zum Recht wei- ter gewährleistet werden. Das ist ein Balanceakt – keine Frage. Aber es müssen auch bestimmte Quellen für einen Anstieg der Kosten im Bereich der Prozesskostenhilfe angegangen werden. Es dürfen nicht nur die Symptome, sondern es müssen auch die Ursachen bekämpft werden. Ich nenne mal ein Beispiel. Viel zu vielen Widerspruchs- stellen der Jobcenter gelingt es nicht, Widersprüche nach den gebotenen rechtsstaatlichen Standards zu beschei- den. Die Gründe hierfür sind vielfältig, sie liegen in der Regel nicht in der Kompetenz oder Motivation der Be- schäftigten. Es ist feststellbar, dass eine teure Funktions- verschiebung im Verhältnis zwischen der Verwaltungs- und Widerspruchspraxis der Sozialleistungsträger und den Sozialgerichten zulasten der Gerichte stattgefunden hat. Ein richtiger Ansatz zur Eindämmung der PKH- und Beratungshilfekosten in diesem Bereich wäre daher, Qualität und Akzeptanz von Bescheiden der Sozialver- waltung zu stärken, sodass die Notwendigkeit oder auch das subjektive Bedürfnis nach gerichtlicher Klärung gar nicht erst entsteht. Mit der Forderung unserer Fraktion, in den Arbeitsagenturen und Jobcentern die Kontakt- dichte zwischen Fallmanagern und Arbeitsuchenden durch eine größere personelle Ausstattung zu verbes- sern, Bundestagsdrucksache 17/6454, haben wir einen Beitrag zu diesem Ansatz geleistet. Ich begrüße es, dass im Vergleich zum Ursprungsent- wurf die Freibeträge für Ehegatten und für Erwerbstätige nicht gesenkt werden, dass die Ratenhöchstzahlungs- dauer nicht von vier auf sechs Jahre verlängert wird und dass die vorherige Antragstellung der Beratungshilfe nicht vorgeschrieben wird. Zwei Punkte waren und sind uns besonders wichtig: die Anwaltsbeiordnung in Scheidungsverfahren und ar- beitsgerichtlichen Prozessen. Knapp die Hälfte aller Verfahren sind Scheidungsver- fahren. Eine beschnittene Prozesskostenhilfe dürfte vor allem auf Kosten der Frauen gehen, die nicht oder nur eingeschränkt erwerbstätig sind. Im Bereich von Schei- dungen wurde argumentiert, dass sich bei Scheidungen ohne PKH 45 Prozent der Leute ohne Anwalt scheiden lassen, bei Scheidungen mit PKH aber nur 14 Prozent. Der Grund ist aber klar. Einkommensstärkere nehmen eine kostenträchtige Mediation in Anspruch oder lassen sich im Vorfeld anwaltlich beraten und klären Streit- punkte außergerichtlich, sodass das Scheidungsverfah- ren eine reine Formsache ist. Das lässt sich auf bedürf- tige Rechtsuchende nicht übertragen, für die die streitigen Punkte keine bloße Formsache sind. Wohn- recht, Vermögensauseinandersetzung, Unterhalt, Sorge- recht sind schwierige Fragen, bei denen die Gefahr be- steht, dass ein Partner nicht ausreichend beraten wird. Die Kehrtwende der Koalition in diesem Punkt ist zu be- grüßen. Auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren darf sich an der Beiordnung nichts ändern, § 11 a ArbGG. Das Ar- beitsrecht hat sich zu einer Spezialmaterie entwickelt. Die Arbeitgeberseite ist zumeist anwaltlich oder durch die Rechtsabteilung vertreten. Die Hinweispflichten des Richters sind nicht ausreichend. Das Ziel der Beiordnung, als diese 1953 eingeführt wurde, war, dem Arbeitnehmer im Prozess gegenüber dem finanziell und rechtlich in der Regel überlegenen Arbeitgeber Chancen- und Waffengleichheit zu gewäh- ren. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Gerade die Entwicklung bei Niedriglohnverhältnissen und atypi- schen Beschäftigungsverhältnissen zeigt auf, dass es weiterhin dieser Schutzfunktion beim Prozess bedarf. In dieser Frage hat sich die Koalition leider nicht bewegt, sodass uns trotz einer Reihe von erheblichen Verbesse- rungen eine Zustimmung nicht möglich ist. Wenn sich der Vermittlungsausschuss mit den Gesetz- entwürfen beschäftigt, so wie dies die Länder angekün- digt haben, würde ich es begrüßen, wenn über diese Fra- gen noch einmal diskutiert werden könnte. Wir wollen, dass das Projekt Kostenrechtsmodernisierung schnellst- möglich zu einem positiven Abschluss gebracht werden kann. Marco Buschmann (FDP): Es ist mir ein Bedürfnis, bevor ich auf die Details der vorliegenden Gesetzent- würfe eingehe, eine persönliche Bemerkung voranzu- stellen: Bei meinem allerersten parlamentarischen Abend als frisch gewählter Abgeordneter im Jahr 2009 kündigte der gerade ernannte Parlamentarische Staatssekretär, un- ser letzten Sonntag verschiedener Kollege Dr. Max Stadler, an, eine Initiative zur Kostenrechtsmodernisie- rung im Justizwesen auf den Weg bringen zu wollen. Eine solche Reform war lange überfällig und ist von al- len Beteiligten immer wieder eingefordert worden. Viele haben damals geglaubt, dass man wegen der zahlreichen Interessensgegensätze hier kaum zu einer Lösung in die- ser Legislaturperiode kommen könnte. Dass wir heute abschließend im Deutschen Bundestag über die vorlie- genden Entwürfe debattieren können, haben wir auch dem großen Engagement sowie der menschlich einneh- menden und moderierenden Art von Max Stadler zu ver- danken. Fast über die gesamte Legislaturperiode hinweg hat er sich immer wieder um Ausgleich und Kompro- miss in der schwierigen Gemengelage bemüht. In dieser offenen und konstruktiven Atmosphäre war es auch möglich, Lösungen für eine Reihe von Proble- men zu finden, die dem Ursprungsentwurf der Bundes- regierung für dieses große Gesetzeswerk noch angehaf- tet haben: Wir haben den Zugang zum Recht auch für sozial schwache Personen weiter gesichert. Denn eine ganze Reihe von Beschränkungen im Rahmen der Prozess- und Beratungskostenhilfe, die sich vor allem der Bundesrat gewünscht hatte, haben wir zurückgenommen im Inte- resse des Zugangs zum Recht für alle. Wir haben einige – ich nenne es einmal – unbeabsich- tigte Unwuchten, etwa im Bereich der Rechtsanwalts- vergütung, beseitigt. Denn der Zugang zum Recht für alle Bürger ist nur dann gesichert, wenn anwaltliche Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30481 (A) (C) (D)(B) Tätigkeit auf hohem Niveau auch in der Fläche und auch außerhalb großer, spezialisierter Kanzleien einträglich möglich ist. Genau diesem Ziel dient nun dieser Ent- wurf. Nach dem Ursprungsentwurf gab es aber praxisre- levante Fallgruppen, in denen die Vergütung der An- wälte nicht gestiegen, sondern gesunken wäre. Dies haben wir korrigiert. Wir konnten die Interessen weiterer Berufsgruppen, die justiznah tätig werden, berücksichtigten – etwa die Dolmetscher und Übersetzer, die Gerichtsvollzieher und Sachverständigen. Zugleich haben wir auch die Interessen der Bundes- länder berücksichtigt, die die Kosten der Prozesskosten- und Beratungshilfe finanzieren müssen. Denn wir wol- len mit dem vorliegenden Entwurf die Gerichtsgebühren zugunsten der Länder anheben. Lassen Sie mich hierauf etwas detaillierter eingehen, da in der Öffentlichkeit und auch im Rechtsausschuss die Interessenlage der Länder ja immer wieder thematisiert worden ist: Der ursprüngliche Regierungsentwurf sah einen wirt- schaftlichen Vorteil für die Länder vor, der sich auf etwa 250 Millionen Euro beläuft. Fast 180 Millionen Euro wirtschaftlicher Vorteil hätten aus der Anpassung der Gerichtsgebühren resultiert. Weitere 70 Millionen Euro wünschten sich die Länder im Bereich der Prozess- und Beratungskostenhilfe. Der vorliegende Entwurf zur Kostenrechtsmodernisierung sieht nun auf der Einnah- meseite der Länder, nämlich bei den Gerichtsgebühren, schon einen wirtschaftlichen Vorteil von fast 300 Millio- nen Euro vor, nämlich 297 Millionen Euro. Darüber hinaus ergibt sich auch im Bereich der Prozess- und Be- ratungskosten eine maßvolle Einsparung von etwas über 15 Millionen Euro. In der Summe bewegen wir uns hier also bei einem wirtschaftlichen Vorteil von deutlich über 300 Millionen Euro für die Länder. Vor diesem Hinter- grund sind die immer wieder geäußerten Bedenken, das Gesetzeswerk gehe zulasten der Länder, an dieser Stelle nicht in vollem Umfang nachvollziehbar. Aber hier freuen wir uns auf einen konstruktiv kritischen Dialog mit dem Bundesrat. Am Ende, da bin ich mir sicher, wird dieses Gesetz auch die Länderkammer passieren. Denn es gibt nur Gewinner: bei den Justizberufen und den Ländern. Gleichzeitig haben wir auch die Perspektive der Bür- ger und Betriebe in diesem Land im Auge behalten. Denn sie müssen letztendlich die Gerichts- und andere Gebühren bezahlen. Daher haben wir als äußerste Grenze der Erhöhung in allen Bereichen einen Infla- tionsausgleich seit der letzten großen Gebührenreform gezogen. Dieser wird auch nicht im vollen Umfang aus- geschöpft – bei keiner betroffenen Gruppe. Daher gilt auch für die Bürger, dass es sich um eine maßvolle An- passung handelt, die letztendlich aber überfällig war, um den Zugang zum Recht für jedermann sicherzustellen. Denn die letzte umfassende Anpassung stammt immer- hin aus dem Jahre 1994. Daher werbe ich herzlich um Ihre Zustimmung. Jens Petermann (DIE LINKE): Den Ländern geht es ums Geld. Sie wollten Kosten in der Justiz einsparen, die Hürden für die Prozesskosten- und Beratungshilfe er- höhen und diese Leistungen kürzen. Außerdem forderten sie die Erhöhung der Gerichtsgebühren. Den Ländern geht es dabei um die eigene Finanzkasse und den Kos- tendeckungsgrad der Justiz. Wie, wo und bei wem da eingespart wird, ist zweitrangig. Am einfachsten geht das bei den Unterstützungsleistungen. Nach den Gesetz- entwürfen des Bundesrates sollen die Kosten für Pro- zesskosten- und Beratungshilfe eingedämmt werden. Die Bundesregierung hat das aufgegriffen und zunächst weitgehend die Einschnitte für Anspruchsteller mit ge- ringem Einkommen übernommen. Das sind die Men- schen, denen Sie eine angeblich weitverbreitete miss- bräuchliche Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe unterstellen. Diesem in Ihren Augen „Sozialschmarotzertum“ sollte ein Riegel vorgeschoben werden. Die Verwunderung bei den Landesfinanzminis- tern wird sich indes in Grenzen halten, wenn wir als Linke im Bundestag und der Brandenburger Finanz- minister für soziale Gerechtigkeit einstehen und ein sol- ches Vorhaben nicht unterstützen, stattdessen aber das Vorhaben massiv kritisieren. Nach intensiver Beratung der Gesetzentwürfe, unse- rer begründeten Kritik und den Beanstandungen durch die Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung hat das Bundesministerium der Justiz mit den Ländern einen Kompromiss ausgedealt. Die Länder bekommen statt 11 Prozent nun 18 Prozent mehr Gerichtskosten, dafür verzichten sie auf den Großteil der Einschnitte bei der Prozesskostenhilfe und der Beratungshilfe. Damit sind die Landesfinanzminister offensichtlich zufrieden und ruhiggestellt. Die kleinen Leute hingegen nicht. Deshalb fordere ich statt der nun geringeren Einschnitte für we- nig begüterte Mitmenschen eine Ausweitung der Leis- tungen zur Unterstützung der Rechtsverfolgung sowie eine einfachere Antragstellung. Dass unsere Kritik angekommen ist, zeigt sich an mehreren Beispielen: So wurde von der Erhöhung der Ratenzahlungshöchstdauer auf 72 Monate abgesehen, und es bleibt nun bei der bisherigen Regelung, dass man vier Jahre lang die Kosten für einen verlorenen Prozess in Raten zurückzahlen muss. Daneben bleiben die Frei- beträge für Erwerbstätige und für Ehegatten unverän- dert. Eine Abfrage bei Arbeitgebern, Versicherern etc. zur Bedürftigkeit der Antragstellerinnen und Antragstel- ler muss auch weiterhin unterbleiben, und die Verneh- mung von Zeugen und Sachverständigen zur Klärung der Bedürftigkeit ist nicht mehr vorgesehen. Die Bera- tungshilfe kann man auch in Zukunft über die Anwälte beantragen. Am Ende haben Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Koalition, eingesehen, dass die angeb- lich ausufernden Kosten und eine überhandnehmende missbräuchliche Inanspruchnahme mit der Realität nicht viel zu tun haben. Im internationalen Vergleich zahlt die Bundesrepublik für die gerichtliche und außergerichtli- che Unterstützung der Rechtsuchenden sehr wenig – und das bei einer der höchsten Kostendeckungsquoten in der Justiz. Darüber sollten Sie sich im Klaren sein, und zwar bevor Sie das nächste Mal beim Zugang zum Recht spa- 30482 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) ren und mit dem Rechtsstaat Geld verdienen wollen. Das haben sich die Väter des Grundgesetzes bei der Formu- lierung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 und 3 näm- lich anders vorgestellt und mit dem Gleichheitssatz, dem Sozialstaats- und Rechtstaatsprinzip gleichen Zugang zum Recht ohne Ansehen der Person postuliert. Abgesehen von den Verfahren vor den Familien- und Sozialgerichten sind die Zahlen für Prozesskosten- und Beratungshilfe sogar rückläufig, sodass insgesamt so- wieso schon weniger Mittel als früher dafür aufgewendet werden müssen. Und woraus die steigenden Zahlen bei den Sozialgerichten resultieren, habe ich Ihnen in mei- nem Redebeitrag zur ersten Lesung und davor auch schon mehrfach gesagt. Da Sie das offensichtlich igno- rieren, sage ich es Ihnen heute noch einmal: Die hohen Verfahrenszahlen der Sozialgerichte und die damit zwangsläufig verbundenen vielen Anträge auf Prozess- kostenhilfe liegen an der grottenschlechten Hartz-IV- Gesetzgebung und der miserablen Arbeitsweise der Job- center – und eben gerade nicht am Missbrauch der Leis- tungen. Wenn die Aufwendungen für Prozesskostenhilfe vor den Sozialgerichten reduziert werden sollen, gibt es nur einen Weg: die Hartz-IV-Gesetze abschaffen und durch eine menschenwürdige Grundsicherung, die eine wirkliche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermög- licht, ersetzen. Und genau dafür steht die Linke. Ein guter Beitrag wäre auch die Abschaffung der Gebühren- freiheit für die Jobcenter im sozialgerichtlichen Verfah- ren. Dann würde vor dem Hintergrund des Prozessrisi- kos und der damit verbundenen Kosten mehr in die Qualität der Arbeit und in die Rechtmäßigkeit der Be- scheide investiert als bisher, und die Menschen wären nicht so häufig auf den Rechtsweg zur Durchsetzung ihrer Ansprüche angewiesen. Nun stellt sich die Frage, welche Verschlechterungen die Gesetzesänderungen für die Bürgerinnen und Bürger mit sich bringen: Die zu einengend formulierte und diskriminierende Definition der Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung bleibt bestehen; die Anrechnung des in einem Gerichtsprozess Erlangten bleibt im Entwurf erhalten; die Streichung des § 11 a Abs. 1 und 2 Arbeits- gerichtsgesetz steht ebenso noch im Entwurf, sodass eine automatische Beiordnung eines Rechtsanwaltes im arbeitsgerichtlichen Verfahren, wenn die Gegenseite an- waltlich vertreten ist, nicht mehr erfolgt. Damit hat sich Waffengleichheit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitge- ber im Prozess erledigt, und das zieht einen Nachteil für den rechtsuchenden Arbeitnehmer nach sich. Darüber hinaus wird bei jedem Antrag auf Prozesskostenhilfe künftig der Gegner informiert und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Das ist diskriminierend und verschafft dem Gegner im Prozess einen Vorteil. Jeder Antragsteller wird erst einmal unter den Pauschal- verdacht gestellt, sich ihm nicht zustehende Beihilfen er- schleichen zu wollen. Das tragen wir nicht mit. Zusammenfassend stelle ich fest, dass die verbliebe- nen Änderungen inhaltlich nichts bringen, aber gleich- wohl einen „Wink mit dem Zaunpfahl“ darstellen, um Antragsteller abzuschrecken und die Beantragung von Hilfen zur Rechtsverfolgung zu reduzieren. Das Zweite Kostenrechtsmodernisierungsgesetz än- dert auf 589 Seiten in 43 Artikeln nahezu das gesamte Kostenrecht der Rechtspflege. Auch hier gab es als Er- gebnis der Gespräche zwischen Bundesjustizministe- rium und den Ländern einen Änderungsantrag der Re- gierungskoalition. Den Ländern war daran gelegen, die Kostendeckungsquote zu erhöhen, egal wie. Nun hat man sich auf die nochmalige Erhöhung der Gerichts- gebühren verständigt. Damit müssen sich alle Recht- suchenden ab 1. Januar 2014 auf eine Erhöhung der Ge- richtskosten um 18 Prozent einstellen. Hier langt der Staat wieder einmal kräftig beim Bürger zu, obwohl die Kostendeckung der deutschen Justiz im internationalen Vergleich schon eine der höchsten ist. Bürgerfreundlich ist das jedenfalls nicht. Der Änderungsantrag bringt Verbesserungen. So wurde die teilweise Reduzierung des Honorars für Dol- metscher und Übersetzer wieder zurückgenommen und nach erheblichen Interventionen erhöht. Die Rechtsan- waltsgebührentabelle wurde ebenfalls noch einmal durch Anhebung jeder Gebühr um 5 Euro verändert. Auch die lauten Rufe der Gerichtsvollzieher nach einer Erhöhung des Wegegeldes um 30 Prozent wurden erhört. Diese Er- höhungen sind für die einzelnen Berufsgruppen im Sinne eines Inflationsausgleichs durchaus sinnvoll, werden aber die Prozesse insgesamt verteuern und höhere Aus- gaben für Rechtsuche und Rechtsverteidigung nach sich ziehen. Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In der Sachverständigenanhörung zum Kostenrecht, über das wir heute debattieren, hat Dr. Matthias Kilian folgen- des festgestellt: „Die durchschnittlichen Aufwendungen der europäischen Staaten für die Justiz machen nach Er- hebungen des Europarats 1,9 Prozent des Staatshaushalts aus (Wert aus 2010). Die Aufwendungen des deutschen Fiskus für die deutsche Justiz liegen 16 Prozent unter diesem Mittelwert und betragen 1,6 Prozent. Im Ranking der 39 untersuchten europäischen Staaten ist der prozen- tuale Anteil der Kosten für das gesamte Justizsystem nur in 13 Staaten niedriger, aber in 25 Staaten höher als in Deutschland.“ Zwei große Themenblöcke beschäftigen uns heute: Es geht um die Neuregelung von Gerichts-, Anwalts- und Notarsgebühren und um die Neuregelung von finanziel- len staatlichen Leistungen im Justizbereich, die Prozess- kosten- und Beratungshilfe. Ich möchte zunächst auf das Kostenrechtsmodernisie- rungsgesetz eingehen. Dieses Gesetz verbessert die Kostendeckung in der Justiz, indem es Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren erhöht. Natürlich verteuert diese Neuregelung Gerichtsverfahren. Sie ermöglicht aber den Bundesländern den finanziellen Spielraum, den sie benötigen, um den hohen Justizstandard, den wir in Deutschland haben, aufrecht zu erhalten. Meine Damen und Herren, diesen Gesetzentwurf halte ich deshalb für einen gelungenen Kompromiss zwischen Bund und Län- dern. Gleichzeitig passt das Gesetz die Vergütungen der Rechtsanwälte, Notare, Sachverständigen, Dolmetscher Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30483 (A) (C) (D)(B) und Übersetzer an die aktuelle wirtschaftliche Entwick- lung an. Und dafür war es an der Zeit, meine Damen und Herren. Wenn sich die wirtschaftliche Lage im Land ändert, ist es notwendig, dass wir die Gesetze der wirtschaftli- chen Realität anpassen. Insbesondere freue ich mich, dass es im Rahmen der Verhandlungen über den Gesetz- entwurf noch zu entscheidenden Verbesserungen am Ge- setz gekommen ist, zum Beispiel für die Übersetzerin- nen und Übersetzer. Hier haben Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, zu Recht die Inten- tion des Änderungsantrags von Bündnis 90/Die Grünen aufgenommen. Nicht aufgegriffen haben Sie allerdings unsere Forderung nach einer Angleichung der Anwalts- gebühren in Asylverfahren an die Gebühren in auslän- derrechtlichen Verfahren. Das ist schade, aber Sie haben jetzt noch die Chance, dies nachzuholen, indem Sie un- serem Änderungsantrag zustimmen. Und das wäre auch sachgerecht. Sowohl im Ausländer- als auch im Asyl- recht geht es um Aufenthaltsrechte in Deutschland. Es gibt keinen sachgerechten Grund dafür, Anwälte in Asylverfahren geringer zu vergüten als in Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz. Hier müssen wir Gleichheit und eine faire und rechtssystematisch sinnvolle Anpas- sung herstellen. Jetzt komme ich zu den weiteren Änderungen im Pro- zesskostenhilfe- und Beratungshilferecht. Ich fange mit der guten Nachricht an: Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Regierungskoalition, haben sich zu enormen Verbesserungen an dem Gesetzentwurf der Bundesregierung durchgerungen. Diese Verbesserungen bestehen größtenteils daraus, dass Sie die Hälfte der vor- gesehenen Änderungen ersatzlos aus dem Gesetzentwurf streichen. Die drastischsten Einschränkungen in der Pro- zesskosten- und Beratungshilfe, die die Bundesregie- rung, aber auch der Bundesrat geplant hatten, entfallen auf diese Weise. Die Einkommensfreibeträge werden nicht gesenkt. Prozesskostenhilfe wird nicht teurer. Wer Beratungshilfe benötigt, kann direkt einen Anwalt kon- taktieren und muss nicht erst beim Gericht einen Antrag auf Beratungshilfe stellen. Dies sind nicht nur gute Nachrichten für diejenigen Bürgerinnen und Bürger, die auf Prozesskostenhilfe an- gewiesen sind, sondern auch für alle, die sich für den Er- halt des sozialen Rechtsstaats einsetzen. In einem Rechtsstaat regiert nicht Geld die Welt. Der Rechtsstaat ist für alle da, unabhängig von ihrem Einkommen oder Vermögen. Auf die gute Nachricht folgt nun leider die schlechte Nachricht: Vom ursprünglichen Gesetzentwurf ist zwar nicht viel übrig geblieben, aber einige Verschärfungen will diese Regierung dennoch einführen. Das lehnen wir Grünen aus folgenden Gründen ab: Erstens: Jemand, der Prozesskostenhilfe empfängt, muss diese grundsätzlich – gegebenenfalls in Raten – zurückzahlen. Das ist selbstverständlich auch in Ord- nung. Die Ratenzahlung beginnt bisher allerdings ab ei- nem verfügbaren Einkommen in Höhe von 15 Euro. Diese Schwelle von 15 Euro soll nun auf 10 Euro abge- senkt werden. Der Aufwand des Gerichts, eine solche Summe einzutreiben, steht in keinem Verhältnis zu den geringen Mehreinnahmen der Landeskassen. Hier ist der Kosten-Nutzen-Effekt nicht gewahrt. Auch greifen Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, zu tief in die sozialen Teilhabemöglichkeiten vieler Menschen ein, wenn Sie die Schwelle der ratenfreien Prozesskostenhilfe um ein Drittel senken. Zweitens: Das Gericht soll eine einmal bewilligte Prozesskostenhilfe für einen Beweisantritt wieder ent- ziehen können, wenn der Beweis keine genügende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies bedeutet einen Verstoß gegen das zivilprozessrechtliche Verbot der vorwegge- nommenen Beweiswürdigung. Drittens: Das Gericht soll die Prozesskostenhilfe schon dann vollständig entziehen, wenn der Empfänger Änderungen seiner Adresse oder seines Einkommens aus grober Nachlässigkeit nicht richtig oder nicht unver- züglich dem Gericht mitteilt. Bisher kann das Gericht derartige Entscheidungen treffen. Dieser Unterschied zwischen „soll“ und „kann“ wirkt auf den ersten Blick klein, ist aber in der Praxis groß. Er wird dazu führen, dass das Gericht zukünftig die spezifische Situation des Prozesskostenhilfeempfängers weniger berücksichtigen wird, als das bisher der Fall ist. Meine Damen und Herren, Deutschland gibt im inter- nationalen Vergleich sehr wenig Geld für die Justiz im Allgemeinen und die Prozesskostenhilfe im Besonderen aus. Wenn wir wollen, dass unser Rechtssystem weiter- hin auch international als vorbildlich betrachtet wird, dürfen wir die Prozesskosten- und Beratungshilfe nicht weiter einschränken. Wir müssen den Zugang zum Recht für alle erhalten, unabhängig von ihrer finanziellen Si- tuation. Das ist gelebter Sozialstaat in der Justiz. Wolfgang Nešković (fraktionslos): Wir entschei- den heute unter anderem über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Prozess- und Bera- tungshilferechts. Der Gesetzentwurf ist in seiner ur- sprünglichen Fassung ein Dokument bitterbösen Geizes. Mit dem Gesetzentwurf wollte die Bundesregierung die Länderhaushalte um einen jährlichen Betrag von 70 Millionen Euro entlasten. Verteilt auf die 16 Landes- haushalte ergibt das Einsparungen von durchschnittlich 4,375 Millionen Euro je Land. Für diese vergleichsweise lächerliche Summe war die Bundesregierung bereit, ein Kernprinzip des sozialen Rechtsstaats zu opfern: den gleichen Zugang aller Menschen zum Recht. Die Bundesregierung wollte die Ausgaben für Pro- zesskostenhilfe und Beratungshilfe senken, obwohl die Bundesrepublik im internationalen Vergleich schon jetzt zu den geizigen Staaten gehört. In Großbritannien zum Beispiel sind die Ausgaben etwa zehnmal so hoch, in den Niederlanden, Schweden und Norwegen rund fünf- mal so hoch wie in Deutschland. In obszönem Gegensatz zu dem angestrebten Einspar- volumen steht die maßlose Verschwendung in anderen Bereichen: Das Drohnenprojekt „Euro Hawk“ hat bislang rund 562 Millionen Euro an Haushaltsmitteln verschlungen. 30484 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) Am Dienstag dieser Woche ist bekannt geworden, dass die Bundesrepublik aus diesem Rüstungsprojekt ausstei- gen wird. Das bisher ausgegebene Geld ist vollständig verloren. Die Verzögerungen bei der Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens BER kosten jeden Monat 35 bis 40 Millionen Euro. Wann der Flughafen eröffnet wird, weiß niemand. In absehbarer Zeit wird jedenfalls kein Flieger vom BER starten. Die milliardenschweren Euro-Rettungsschirme ha- ben lediglich einige private Banken retten können. Zur Lösung der Finanz- und Wirtschaftskrise können sie kei- nen nennenswerten Beitrag leisten. Hochverschuldete Länder wie Griechenland befinden sich tiefer in der Krise als zuvor. Bedenkenlos und ohne mit der Wimper zu zucken, wird Geld für ein nicht funktionierendes militärisches Fluggerät, einen nicht funktionierenden Flughafen und eine nicht funktionierende Rettung des Euros ver- schwendet. Ausgerechnet bei denjenigen, die ohnehin am wenigsten haben, soll nunmehr der Rotstift angesetzt werden. Für viele Menschen ermöglichen Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe überhaupt erst den Zugang zu an- waltlicher Beratung und zum Gericht. Prozesskosten- hilfe und Beratungshilfe sollen Menschen gewährt wer- den, die sich bei Rechtsstreitigkeiten sonst keinen Anwalt leisten können. Sie dienen damit der Vermei- dung von Klassenjustiz. Sie sollen sicherstellen, dass derjenige, der recht hat, recht bekommt, auch wenn er arm ist. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung hätte in seiner ursprünglichen Fassung diesen Anspruch unter- graben. Er enthielt eine Ansammlung sozialstaatswidri- ger Scheußlichkeiten. Es seien hier nur einige genannt: Der Entwurf wollte die Freibeträge senken und damit den Kreis der Anspruchsberechtigten verkleinern, die Ratenzahlungsverpflichtung sollte deutlich verlängert, die Beiordnung von Rechtsanwälten in familien- und ar- beitsgerichtlichen Verfahren beschränkt und Kontrollan- fragen bei Arbeitgebern und Banken ermöglicht werden. Der Gesetzentwurf hätte die Bundesrepublik kalther- ziger und unchristlicher werden lassen. Dies war offensichtlich sogar dem Bundestag – zu- mindest in Vorwahlkampfzeiten – zu viel an sozialer Kälte. Der Entwurf wird in der ursprünglichen Fassung nicht verabschiedet werden. Hätte dieser Entwurf Bun- destag und Bundesrat passiert, dann hätte das vor allem die SPD als die Partei der behaupteten sozialen Restge- rechtigkeit endgültig disqualifiziert. Hätte die SPD ge- gen diesen Entwurf nicht ausreichend opponiert, dann hätte sie sich einen Wahlkampf unter dem Motto: „Für ein neues soziales Gleichgewicht in unserem Land“ gleich an den Hut stecken können. Für diese Restehrlich- keit sei der SPD ausdrücklich gedankt. Der Entwurf der Regierung wird durch Änderungsan- träge des Bundestages erheblich abgeschwächt werden. Die Änderungen des Gesetzentwurfes waren gesetzes- technisch nicht schwer zu bewerkstelligen. Die Ände- rungsanträge beschränken sich im Wesentlichen darauf, Streichungen im Entwurf der Bundesregierung vorzu- nehmen und damit die geltende Rechtslage beizubehal- ten: Die Freibeträge werden nicht mehr gekürzt, die Ratenzahlungsverpflichtung wieder auf 48 Monaten be- grenzt und die Auskunftseinholung bei Dritten aufgeho- ben. Die Einschränkungen bei der Anwaltsbeiordnung in Scheidungssachen entfällt. Dies ist ausdrücklich zu be- grüßen. Bei dieser Gelegenheit wird mir bewusst, dass ich durch diesen Gesetzentwurf genötigt werde, sozialstaat- liche Selbstverständlichkeiten zu begrüßen. Es wäre aber darüber hinaus zwingend erforderlich gewesen, auch die übrigen Regelungen des Entwurfs zu streichen – noch besser: das ganze Gesetzeswerk ruhigen Gewissens dem Papierkorb anzuvertrauen. Die verbliebenen Regelungen haben zwar nicht mehr die sozialstaatswidrige Qualität der ursprünglich beabsichtigten Veränderungen. Auch sie sind jedoch im Einzelfall im Hinblick auf das Prinzip des sozialen Rechtsstaats nur schwer erträglich; besten- falls sind sie überflüssig. Die in § 114 Abs. 2 ZPO vorgesehene Legaldefinition des Mutwilligkeitskriteriums bringt vor dem Hinter- grund der bestehenden und gefestigten (Verfassungs-) Rechtsprechung für die Rechtsanwender keinen Nutzen. Die Formulierung bringt zudem nicht alle Aspekte der Rechtsprechung ausreichend klar zum Ausdruck. Sie führt insoweit zu überflüssigen und schädlichen Unwäg- barkeiten, die auch durch den in der Beschlussempfeh- lung des Rechtsausschuss „zum besseren Verständnis“ der Norm gegebenen Hinweis nicht vollständig beseitigt werden können. Die Lockerung der zwingenden Beiordnung eines Rechtsanwalts in arbeitsgerichtlichen Verfahren wurde leider nicht aus dem Entwurf der Bundesregierung her- ausgestrichen. Dabei werden jedoch die strukturelle Ungleichheit und die besonderen Fragen und Probleme in Arbeitsgerichtsprozessen verkannt. In arbeitsgerichtli- chen Verfahren lässt sich nur schwerlich mit dem Krite- rium der Erfolgsaussicht und Mutwilligkeitsdefinitionen sinnvoll arbeiten. Die Regelung zur Anzeigepflicht bei einer wesentli- chen Verbesserung der Vermögensverhältnisse in § 120 a Abs. 2 ZPO wird zu einem erheblichen zusätzlichen Ar- beitsaufwand bei den Gerichten führen, der in der Sache nicht gerechtfertigt ist. Eine wesentliche Verbesserung soll bei laufenden Einkünften schon dann vorliegen, wenn das Einkommen pro Monat um mehr als 100 Euro brutto steigt. Da sich im Laufe der Zeit aber regelmäßig nicht nur das Einkommen ändert, sondern auch die Heiz- kosten oder andere zu berücksichtigenden Ausgaben Än- derungen unterliegen, muss bei jeder verhältnismäßig kleinen Änderung der Einkommensverhältnisse bei den gesamten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnis- sen neu gerechnet werden, ohne dass jedoch eine Ände- rung der Bewilligungsentscheidung zu erwarten ist. Statt solcher justizpolitisch verfehlten Regelungen im Prozesskosten- und Beratungshilferecht wären ein grund- sätzliches Umdenken und eine Abkehr vom Sparkurs in der Justiz dringend geboten. Unabhängig von einer Kos- ten-Nutzen-Rechnung muss eine personell und materiell Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30485 (A) (C) (D)(B) gut ausgestattete Justiz im Rechtsstaat für jeden – ob reich oder arm – selbstverständlich sein. Nicht kostendeckend muss die Justiz im Rechtsstaat arbeiten, sondern gerecht. Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Rechte intersexueller Menschen stärken – Grundrechte von intersexuellen Menschen wahren (Tagesordnungspunkt 19 a bis c) Dr. Peter Tauber (CDU/CSU): Erneut haben wir heute die Gelegenheit, zum Thema Intersexualität zu sprechen. Dass das Thema im parlamentarischen Prozess an Bedeutung gewonnen hat, ist für uns, die wir uns nun seit einiger Zeit für das Thema starkmachen, eine erfreu- liche Entwicklung. Auf fachpolitischer Ebene besteht weitestgehend Ei- nigkeit darüber, dass insbesondere die Frage der ge- schlechtszuweisenden und geschlechtsanpassenden Ope- rationen bei Minderjährigen neu geregelt werden muss. Eine ganze Reihe von Berichten, aber auch die in den Anträgen aufgeführten Zahlen machen deutlich, dass vielen intersexuellen Menschen durch diese Operationen schlimmes Leid angetan worden ist und sie darunter noch heute leiden. Auch heute noch können Eltern stellvertretend für ihre Kinder in kosmetische Operationen einwilligen, durch die die Kinder sozusagen auf ein Geschlecht fest- gelegt werden sollen. Dies wiederspricht dem Prinzip der Selbstbestimmung aus meiner Sicht in eklatanter Weise und kann erhebliche negative Auswirkungen auf das weitere Leben der betroffenen Menschen haben. Wir sind uns interfraktionell darüber einig, dass diese Praxis beendet werden muss. Auch der Ethikrat hat eine ent- sprechende Forderung erhoben. Wir müssen sicherstel- len, dass ein medizinischer Eingriff zukünftig durch eine eindeutige Indikation belegt ist. Ganz besonders wichtig ist es, das Selbstbestimmungsrecht der jungen Menschen zu wahren. Dies müssen wir sicherstellen. Im Zentrum der Erwägungen müssen immer die Be- dürfnisse der betroffenen Menschen stehen. Es darf kei- nen Raum für medizinischen Machbarkeitswahn oder gefühlte Notwendigkeiten von Personen geben, die nicht in diesem Körper leben. Um diese Selbstbestimmung sicherzustellen, muss es natürlich im Umkehrschluss die Möglichkeit geben, bewusst eine geschlechtsanpas- sende Maßnahme vorzunehmen, wenn der Betroffene dies wünscht und eine Einwilligungsfähigkeit bereits be- steht. In den zurückliegenden Monaten ist in die gesamte Thematik Entwicklung gekommen. Es stimmt mich sehr zuversichtlich, dass es weitere konkrete Maßnahmen gibt. Es hat mich in diesem Zusammenhang sehr gefreut, dass es uns als christlich-liberaler Koalition gelungen ist, einen ersten Schritt im Sinne der intersexuellen Men- schen zu gehen und das Personenstandsrecht zu liberali- sieren, damit intersexuelle Menschen zukünftig nicht mehr gezwungen sind, sich auf eines der beiden Ge- schlechter festzulegen. Jetzt gilt es, weitere Schritte zu gehen, um den Betroffenen zu helfen. Viel des erlittenen Leids ist leider nicht mehr rück- gängig zu machen. Darum ist es auch unsere Aufgabe, uns im Namen des Deutschen Bundestages für das erlit- tene Leid zu entschuldigen und dafür Sorge zu tragen, dass Tatbestände aus der Vergangenheit aufgearbeitet werden. Ein weiteres berechtigtes Anliegen ist die Einrichtung von unabhängigen Beratungsstellen, an die sich interse- xuelle Menschen und ihre Angehörigen wenden können. Derzeit ist es sehr schwierig für Betroffene, unabhängige und kompetente Hilfe zu erhalten. Zum Glück gibt es eine kleine Zahl sehr engagierter Selbsthilfeorganisatio- nen, die gleichzeitig viel Wissen über Intersexualität in ihren Reihen vereinen. Wir haben einen erfreulichen Anfang gemacht bei der Verbesserung der Situation intersexueller Menschen. Diesen Weg müssen und werden wir weitergehen, auch wenn manch eine Forderung schneller erhoben ist, als sie dann auch tatsächlich umgesetzt werden kann. Dies dürfen wir nicht vergessen, wenn wir uns gegenseitig da- rin überbieten, Forderungskataloge aufzustellen. Ein nächster Schritt auf dem Weg in Richtung einer besseren Lebenssituation der intersexuellen Menschen ist ein umfassender Kongress, der nicht zuletzt mit Un- terstützung der Bundesregierung zustande kommen konnte. Am 22. Mai kommen Fachleute, Politiker und insbesondere auch intersexuelle Menschen im Rahmen dieses Kongresses zusammen, um konstruktiv über das Thema Intersexualität zu diskutieren und weitere Schritte vorzubereiten. Die Tatsache, dass auch die Ministerin anwesend sein wird, zeigt deutlich, dass das Thema Intersexualität bei der Bundesregierung eine hohe Priorität besitzt. Insofern bin ich sehr zuversicht- lich, dass wir die Situation für die intersexuellen Men- schen weiter Schritt für Schritt verbessern können. Christel Humme (SPD): Heute ist ein denkwürdiger Tag! Meines Wissens nach ist der Deutsche Bundestag weltweit das erste Parlament, in dem heute über ein ex- plizites Verbot von medizinisch nicht notwendigen „ge- schlechtsändernden“ bzw. „geschlechtsangleichenden“ Operationen an intersexuellen Kindern und Jugendlichen debattiert wird, die ohne den ausdrücklichen Wunsch und die ausdrückliche Zustimmung der Betroffenen er- folgen. Ein solches Verbot ist längst überfällig, denn die bis- herige Praxis verstößt elementar gegen das Selbstbestim- mungsrecht aller Menschen. Daher freue ich mich, dass sowohl in unserem Antrag als auch in den Anträgen von Grünen und Linken diese zentrale Forderung an oberster Stelle steht. Ich hätte mir gewünscht, dass das gemeinsame Anlie- gen von Regierung und Opposition, die Lebenssituation 30486 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) intersexueller Menschen nachhaltig zu verbessern, auch in einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen gemündet wäre. Doch offenbar sehen Union und FDP nach ihrer Gesetzesänderung im Personenstandsrecht vom Januar diesen Jahres keinen weiteren Handlungsbedarf mehr. Die von der Regierung durchgeführte Änderung ist zweifellos eine Verbesserung. So heißt es nun: „Kann das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden, so ist der Personen- standsfall ohne eine solche Angabe in das Geburtenre- gister einzutragen.“ Durch diese Neuregelung wird den Eltern intersexueller Babies ein unnötiger und sogar ge- fährlicher Druck genommen, stellvertretend für ihr Kind eine (vor)schnelle Entscheidung über das Geschlecht ih- res Kindes treffen zu müssen. Die Folgewirkungen dieser Gesetzesänderung auf an- dere Rechtsgebiete wurden offensichtlich jedoch über- haupt nicht weiter beleuchtet. Im Interesse der Rechtssi- cherheit intersexueller Menschen muss die schwarz- gelbe Bundesregierung hier schnell Klarheit schaffen. In der kommenden Woche veranstaltet die Konrad- Adenauer-Stiftung in Berlin eine Fachkonferenz zum Thema Intersexualität. Das ist an sich sehr begrüßens- wert, vor allem weil der von uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten immer wieder geforderte interdis- ziplinäre Ansatz ebenso wie eine Beteiligung der Interes- sensverbände intersexueller Menschen realisiert wurde. Dennoch frage ich mich: Brauchen wir nach dem fun- dierten Bericht des Deutschen Ethikrates vom Februar 2012 und nach der Sachverständigenanhörung des Fami- lienausschusses vom Juni 2012 tatsächlich noch eine weitere Veranstaltung, um herauszufinden, wie wir inter- sexuellen Menschen konkret helfen können? Mit Blick auf die umfassenden Anträge von SPD, Grünen und Lin- ken, über die wir heute debattieren, habe ich da so meine Zweifel. Gefragt ist nun konkretes politisches Handeln und keine Konferenz ohne konkrete Konsequenzen. Heute ist eine besondere Gelegenheit für uns als ge- wählte Volksvertreter, gemeinsam das Leid und das Un- recht, das intersexuelle Menschen in der Vergangenheit erfahren haben, anzuerkennen. Unser tiefes Bedauern sollte uns alle darin bestärken, alle Möglichkeiten, die wir als Gesetzgeber haben, zu nutzen, um sicherzustel- len, dass diese Menschenrechtsverletzungen endgültig der Vergangenheit angehören. Intersexualität ist keine Krankheit! Dementsprechend müssen auch der interdisziplinäre Ansatz im Umgang mit Intersexualität konsequent gestärkt und medizinische Leitlinien aktualisiert werden. Wir brauchen mehr und bessere Information und Aufklärung – sowohl für die Betroffenen und ihre Familien als auch für Beschäftigte in den Bereichen Medizin, Justiz und (Vor)Schule. Durch das in unserem Antrag geschilderte Maßnah- menpaket wollen wir im Zusammenspiel mit den Län- dern und Kommunen dafür sorgen, dass die Rechte intersexueller Menschen endlich umfassend gestärkt wer- den. Mechthild Rawert (SPD): Heute geht es um ein sehr wichtiges Thema: Es geht darum, Diskriminierungen und Stigmatisierungen von intersexuell, von mehrdeutig geschlechtlich geborenen Menschen endlich zu stoppen. Es geht darum, für alle Bürgerinnen und Bürger das Recht auf Selbstbestimmung und auf die Anerkennung der eigenen sexuellen Identität zu gewährleisten. Ich bin dankbar, dass sich an diesem gesellschaftlichen Aufklä- rungsprozess alle drei Oppositionsparteien mit eigenen Anträgen beteiligen – auch wenn ich es bedauere, dass es nicht möglich war, sich im Vorfeld auf einen gemein- samen interfraktionellen Antrag zu verständigen. Und an die CDU/CSU und die FDP gewandt: „Mitgefühl“ reicht nicht aus, um einen adäquaten Rechtsrahmen zum Schutz und zur Selbstbestimmung zu schaffen. Wir sind hier im Deutschen Bundestag der Gesetzgeber. Die Men- schen erwarten von uns Taten, erwarten konkrete Rege- lungen. Dass Sie sich dieser Aufgabe bei diesem Thema entziehen, enttäuscht mich und andere. Nichtsdestotrotz bin ich froh, dass es diese Debatte hier im Deutschen Bundestag überhaupt gibt. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten tre- ten mit unserem Antrag „Rechte intersexueller Men- schen stärken“ dafür ein, dass sowohl ein geeigneter Rechtsrahmen als auch die notwendige psychosoziale Infrastruktur geschaffen wird, mit der die bisherigen physischen und psychischen Eingriffe, Diskriminierun- gen und Stigmatisierungen gestoppt und die gesell- schaftliche Akzeptanz intersexueller Menschen und ihrer Rechte gefördert werden. Der Deutsche Ethikrat hat mit seiner am 23. Februar 2012 im Auftrag der Bundesregierung veröffentlichten Stellungnahme zur Situation intersexueller Menschen in Deutschland die Debatte zur Verbesserung der Lebens- situation intersexueller Menschen sehr forciert. Der Deutsche Ethikrat ist der Auffassung, dass intersexuelle Menschen als Teil gesellschaftlicher Vielfalt Respekt und Unterstützung der Gesellschaft erfahren müssen. Zudem müssen sie vor medizinischen Fehlentwicklun- gen und Diskriminierung in der Gesellschaft geschützt werden. Ich empfehle Ihnen, sowohl diese Stellungnahme als auch die Diskussionen des Onlinedialogs nachzulesen. Gleiches gilt für die Stellungnahmen der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 25. Juni 2012, in der alle Sach- verständigen festgestellt haben: Intersexualität ist keine Krankheit. In der Vergangenheit hat die Haltung „Intersexualität ist eine Krankheit“ dazu geführt, dass zumeist schon so- fort nach der Geburt radikale medizinische geschlechts- zuweisende Operationen erfolgten. Ziel war es, die Norm der Zweigeschlechtlichkeit von „männlich“ und „weib- lich“ im wahrsten Sinne des Wortes „herzustellen“. Da- durch haben viele intersexuelle, mehrgeschlechtlich ge- borene Menschen großes physisches und psychisches Leid erfahren und leiden darunter auch noch heute. Mit- tels dieser geschlechtszuweisenden Operationen und der damit verbundenen langandauernden Hormonbehandlun- gen wurde das Menschenrecht auf körperliche Unver- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30487 (A) (C) (D)(B) sehrtheit und auf Selbstbestimmung bei intersexuell ge- borenen Menschen verletzt. Dies wurde auf meiner Fraktion-vor-Ort-Veranstaltung „Intersexuelle Menschen anerkennen – Selbstbestimmung im Identitätsgeschlecht“ am 4. September 2012 mit vielen Bürgerinnen und Bür- gern, mit Mitgliedern der LGBTI-Community und Be- troffenenvertreterinnen und -vertretern in meinem Wahl- kreis Tempelhof-Schöneberg auch sehr deutlich. Das Fazit war: Niemand hat das Recht, jemandem ein Geschlecht zuzuweisen. Eine inklusive Gesellschaft muss auch mehrdeutig geschlechtliche, intersexuell ge- borene Menschen mit einschließen. Und: „Mit der richti- gen politischen Einstellung ist alles möglich!“ So Pedro Muratián, der Beauftragte der argentinischen Regierung gegen Diskriminierung, Ausländerfeindlichkeit und Ras- sismus, INADI. Auch in anderen Ländern kämpfen in- tersexuelle Menschen seit langem um Respekt und um gesellschaftliche Anerkennung. In Argentinien wird uns vorgemacht, wie die freie Wahl der Geschlechtsidentität gewährleistet werden kann: Auf Grundlage eines Antidiskriminierungsplans wurde in Argentinien zunächst systematisch analysiert, wo ge- sellschaftliche Diskriminierungen stattfinden. Im An- schluss wurde eine Reihe von Gesetzen verabschiedet, um Diskriminierungen auf allen Ebenen zu bekämpfen. So dürfen gleichgeschlechtliche Ehepaare heiraten und Kinder adoptieren – ein Ziel, welches wir Sozialdemo- kratinnen und Sozialdemokraten für die Bundesrepublik noch nachdrücklich anstreben. Seit Mai 2012 gibt es in Argentinien das Gesetz „Das Recht des Menschen auf Geschlechtsidentität“. Dieses erhöht die öffentliche Wahrnehmung von intersexuellen Menschen als gleich- berechtigte Mitglieder der argentinischen Gesellschaft. Es gibt keine kosmetischen OPs im Säuglings- und Kin- desalter mehr. Kinder werden nicht mehr zwangsweise einem Geschlecht zugeordnet. Jede Person entscheidet zu einem späteren Zeitpunkt des Lebens selbst, welcher Eintrag im Pass vorgenommen werden soll. Möglich bleibt aber der Zugang zu Operationen und/oder Hor- monbehandlungen, die für die Versicherten kostenfrei sind. Minderjährige haben das Recht, ihr Geschlecht, ih- ren Namen frei zu wählen. Auch Personen aus dem Aus- land, die in Argentinien leben, können ihr Geschlecht oder ihren Namen ändern. In den vergangenen Monaten haben wir uns in der SPD-Bundestagsfraktion arbeitsgruppenübergreifend in- tensiv mit der Herausforderung der Gestaltung eines die Selbstbestimmung und das Recht auf körperliche Unver- sehrtheit gewährenden Rechtsrahmens sowie der Schaf- fung der notwendigen psychosozialen Infrastruktur für Intersexuelle beschäftigt. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten for- dern die Bundesregierung mit unserem Antrag „Rechte intersexueller Menschen stärken“ unter anderem dazu auf: irreversible geschlechtszuweisende und geschlechtsan- passende Operationen an minderjährigen intersexuellen Säuglingen und Kindern vor deren Einwilligungsfähig- keit zu verbieten; sicherzustellen, dass dem ausdrückli- chen Wunsch intersexueller minderjähriger Jugendlicher nach geschlechtszuweisenden Operationen Rechnung getragen wird, unter der Voraussetzung der Einwilli- gungsfähigkeit; zügig für eine Präzisierung des vom Deutschen Bundestag am 31. Januar 2013 verabschiede- ten Personenstandsrechts-Änderungsgesetzes – Bundes- tagsdrucksache 17/10489 – zu sorgen; bei den Ländern darauf hinzuwirken, dass die Fristen für die Aufbewah- rung der Krankenakten bei Operationen im Genitalbereich auf mindestens 40 Jahre ab Volljährigkeit verlängert wer- den und intersexuellen Menschen ein ungehinderter Zu- gang zu ihren Krankenakten gewährleistet wird; bei den Ländern außerdem darauf hinzuwirken, dass das Thema Intersexualität fester Bestandteil der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Erzieherinnen und Erziehern, Lehre- rinnen und Lehrern und vor allem in allen Gesundheits- fachberufen wird; sicherzustellen, dass intersexuelle Menschen stets in ein qualifiziertes interdisziplinäres Kompetenzzentrum zur Diagnostik und Behandlung ver- mittelt werden; eine Forschungsstudie in Auftrag zu ge- ben, die das an intersexuellen Menschen begangene Un- recht dokumentiert und dem Bundestag bis zum 31. Dezember 2015 einen Bericht vorzulegen. Wir alle müssen lernen, dass nicht jedes Kind eindeu- tig als „weiblich“ oder „männlich“ geboren wird. Die Norm der Zweigeschlechtlichkeit ist zu überwinden. Als Gesellschaft tragen wir Verantwortung dafür, dass Säug- lingen unnötige geschlechtszuordnende Operationen er- spart bleiben. Den Eltern muss von Anfang an mit be- gleitender Beratung Unterstützung angeboten werden. Ärzte und Ärztinnen brauchen bessere Informationen. Nur mit vielfältigen differenzierten Maßnahmen wird eine Enttabuisierung gelingen, die Benachteiligung und Diskriminierung intersexueller Menschen zu stoppen, Vielfalt zu akzeptieren, sie zu fördern und zu lieben. Ich freue mich auf die Diskussionen in den Ausschüs- sen und lade Sie alle dazu ein, diese intensiv zu beglei- ten. Sibylle Laurischk (FDP): Dass es Menschen gibt, die sich nicht eindeutig als „Mann“ oder „Frau“ positio- nieren wollen bzw. können, löst auch heute noch starke Irritationen in der Gesellschaft aus. Wir halten für „nor- mal“ oder „natürlich“, was wir erlebt haben, was unserer Gewohnheit, unserer Neigung und unseren Vorlieben entspricht. Die Gesellschaft, Traditionen, Religion und selbst die Wissenschaft ist oft sehr leichtfertig und vor- schnell dabei, bestimmte Entwicklungen zu ihrem Maß- stab zu machen und alles Abweichende für „unnatürlich“ oder „krankhaft“ zu erklären. Daher gab es in der Medizin die Bereitschaft, nicht eindeutige genitale, chromosomale oder gonadische (ge- netische) Geschlechtsmerkmale meist schon in frühester Kindheit chirurgisch vermeintlich „anzupassen“. Die Betroffenen können sich im Kindesalter nicht gegen die Eingriffe wehren und verstehen nur langsam, was ge- schehen ist. Sie fordern zu Recht, Intersexualität recht- lich und gesellschaftlich anzuerkennen. Dabei berufen sie sich auch auf das Diskriminierungsverbot der UN und das grundgesetzlich geschützte Recht auf körperli- che Unversehrtheit. 30488 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) Am 31. Januar dieses Jahres haben wir hier im Ple- num die Änderungen im Personenstandsrecht verab- schiedet. In § 22 Abs. 3 wird festgelegt, dass Kinder, de- ren Geschlecht nicht zweifelsfrei feststeht, ohne Angabe von weiblich oder männlich in das Personenstandsregis- ter eingetragen werden können. Das Offenlassen des Geschlechtseintrages bei einem Kind im Geburtenregis- ter, das weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht eindeutig zugeordnet werden kann, ist ein Novum in der deutschen Rechtsgeschichte. Das ist ein großer Schritt für intersexuelle Menschen, die sich jahre- lang in eine gesellschaftliche Norm zwingen mussten. Diese Gesetzgebung erkennt nämlich an, dass es Men- schen in unserer Gesellschaft gibt, die nicht weiblich oder männlich sind. Damit ist die Koalition einer rechtli- chen Empfehlung des Deutschen Ethikrates gerecht ge- worden, der ein solches Vorgehen in ihrer Stellung- nahme zur Intersexualität unterstützt hat. Die Änderung im Personenstandsrecht ist eine bedeu- tende Maßnahme in der Anerkennung von intersexuellen Menschen. Alle rechtlichen Fragen, die aus dieser Ver- änderung folgen – zum Beispiel im Familienrecht oder Arbeitsrecht –, bleiben zu klären. Die Zeit ist reif, diese Fragen nachhaltig und ergebnisorientiert zu beraten. Da- für sollten die Zuständigkeiten der verschiedenen Res- sorts so schnell wie möglich geklärt werden. Intersexuelle Menschen müssen als Teil gesellschaft- licher Vielfalt Respekt und Unterstützung der Gesell- schaft erfahren müssen. Zudem müssen sie vor medizini- schen Fehlentwicklungen und Diskriminierung in der Gesellschaft geschützt werden. Deswegen ist eine zen- trale Fragestellung bezüglich Intersexualität immer noch, ob chirurgische Eingriffe an den Geschlechtsorga- nen von Menschen mit Besonderheiten der geschlechtli- chen Entwicklung und insbesondere bei betroffenen Kleinkindern überhaupt zulässig sein sollten. Betroffene und der Deutsche Ethikrat kritisieren aus diesen Gründen zu Recht die Zwangsfestlegung, insbe- sondere im Kindesalter, und fordern, die Genitaloperati- onen erst dann durchzuführen, wenn der intersexuelle Mensch volljährig ist, die Operation aus eigenem Willen möchte und ihr zustimmen kann. Chirurgische Anpas- sungen im Kindesalter werden von Betroffenen mit der unsäglichen Praxis der Beschneidung weiblicher Genita- lien gleichgesetzt, eine Auffassung, für die ich sehr viel Verständnis habe. Persönlich bin ich der Auffassung, dass niemand ohne Erlaubnis - und durch das Lebensal- ter der Betroffenen anzunehmende Einsicht – das Recht hat, Veränderungen an den Genitalien eines Kindes oder Jugendlichen vorzunehmen. Im Bereich Gesundheit besteht noch immer hoher politischer Regelungsbedarf: ob es die chirurgischen Eingriffe sind, die einer speziellen Norm unterliegen sollten, oder die Einsicht des betroffenen Menschen in seine Gesundheitsakte. Die Anträge der Opposition, die sich nicht nur im Wortlaut ähneln, sondern auch in ihren Forderungen, werden sich zwar der besonderen Situation intersexueller Menschen bewusst, verkennen aber den Ruf nach Freiheit und Anerkennung, der bei den Betrof- fenen am lautesten ist. Wie viele Geschlechtseinträge brauchen wir, wenn es Menschen gibt, die weder weib- lich noch männlich sind? Das Offenlassen des Ge- schlechtseintrages bietet eine freie Entscheidung für je- den, der sich eben nicht eindeutig entscheiden kann oder will. Die bloße statistische Seltenheit, das Unbekannte, Fremde oder scheinbar Unverständliche genügt oft, um Abweichendes zu diskriminieren. Dieses diffamierende Vorgehen müssen wir immer wieder thematisieren und eine Lösung herbeiführen, die den Betroffenen hilft und einer toleranten Gesellschaft Rechnung trägt. Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): „Luce glaubte, eine Patientin meines Alters sei nicht in der Lage, das We- sentliche zu verstehen. Daher nahm er an jenem Nach- mittag kein Blatt vor den Mund. Mit einer sanften, ange- nehmen, sauber artikulierenden Stimme erklärte Luce, wobei er mir direkt in die Augen sah, ich sei ein Mäd- chen, dessen Klitoris nur ein klein wenig größer sei als die anderer Mädchen. Er zeichnete mir die gleichen Schaubilder auf wie meine Eltern. Als ich Genaueres über meine Operation wissen wollte, sagte er nur das: Wir führen eine Operation durch, um deine Genitalien zu vollenden. Sie sind nicht ganz vollendet, und wir werden sie vollenden. … Ich saß auf meinem Stuhl und dachte an überhaupt nichts. Mein Kopf war seltsam leer. Es war die Leere des Gehorsams. Mit unfehlbarem Instinkt des Kindes hatte ich gemutmaßt, was meine Eltern von mir wollten. Sie wollten, dass ich blieb, wie ich war. Und ge- nau das hatte Dr. Luce versprochen.“ Die hier beschriebene Szene stammt aus dem Buch Middlesex von Jeffrey Eugenides. Eugenides beschrieb plastisch, was viele Jahrzehnte gängige Praxis war und zum Teil auch heute noch jungen Menschen und sogar Babys angetan wird. Es geht um Intersexuelle, also Men- schen, die in einem streng biologischen Sinne zwischen den Geschlechtern stehen, weil sie gleichzeitig Merk- male beider Geschlechter aufweisen. Dr. Luce steht stell- vertretend für viele Mediziner, die ausschließlich in Kategorien von zwei Geschlechtern dachten und Inter- sexuelle mit geschlechtszuweisenden Operationen weib- lich oder männlich machten. Ihnen und ihren Eltern wurde vermittelt, dass es zu ihrem Besten geschehe. So wurden Eierstöcke entfernt, Klitorides zu Penissen ge- macht, oder es sollte wie in der hier beschriebenen Szene, ein kleiner Penis entfernt und eine Vagina herge- stellt werden. Heute wissen wir, dass diese Operationen fatale Fol- gen haben: In der Pubertät kann es dazu kommen, dass Geschlechtsidentität und hergestelltes Geschlecht nicht zusammenpassen, eine lebenslange Hormonbehandlung notwendig ist, vielen Betroffenen ihre Sexualität genom- men wird, Traumatisierungen und ein Sich-fremd-im-ei- genen-Körper-fühlen auftreten. Einige begingen Suizid. Der jugendliche Ich-Erzähler in Eugenides Ge- schichte floh, bevor es zur Operation kam, in die quere Metropole San Francisco und entging so den Folgen. Doch im wirklichen Leben geschieht dies nur selten. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30489 (A) (C) (D)(B) Die Bundestagsfraktion der PDS und später Die Linke machten immer wieder auf die Situation von inter- sexuellen Menschen aufmerksam. Ich befragte mehrfach die Bundesregierung zu diesem Thema und erhielt regel- mäßig als Antwort, dass die geschlechtsangleichenden Operationen keine Grundrechtsverletzung darstellten und dass diese zum Wohle der Menschen geschehen. Dass dies nicht so ist, darauf verwiesen Betroffene schon lange. Mit dem CEDAW-Bericht im Jahre 2009 und dem daraus resultierenden Bericht des Ethikrates 2012 erhielten die Betroffenen endlich gewichtigen Bei- stand. Spätestens seit der öffentlichen Anhörung im Sommer letzten Jahres ist nun offensichtlich, was die Betroffenen schon lange wissen: Bei den frühkindlichen Operationen handelt es sich um eine Menschenrechts- verletzung, die der Gesetzgeber unterbinden muss. In Folge der Anhörung nahm ich mehrfach mit Kolle- ginnen und Kollegen aller Fraktionen des Deutschen Bundestags an intrafraktionellen Besprechungen teil, um einen gemeinsamen Antrag zur Wahrung der Men- schrechte von Intersexuellen in den Deutschen Bundes- tag einzubringen. Leider scherten die Kollegen der Re- gierungsfraktionen aus. Immerhin setzten sich diese Kollegen für eine Änderung des Personenstandsgesetzes ein, sodass Eltern intersexueller Kinder erstmals die Möglichkeit haben, keinen Geschlechtseintrag beim Per- sonenstand vorzunehmen. Der Gesetzgeber hat damit erstmals Intersexuelle im Recht anerkannt. Die Opposi- tion wollte sich mit dieser Änderung nicht begnügen. Wir trafen uns weiterhin und entwickelten einen ge- meinsamen Antrag. Leider wurde dieser gemeinsame An- trag von der Fraktionsspitze der SPD und Grünen verhin- dert. Aber ich möchte dies auf sich beruhen lassen; denn die konstruktiven Gespräche resultierten in nun drei na- hezu gleichlautenden Anträgen, die im Wesentlichen das Verbot von geschlechtsangleichenden Operationen vor der Einwilligungsfähigkeit, die Förderung und Unterstüt- zung intersexueller Menschen und eine weiter gehende rechtliche Anerkennung von intersexuellen Menschen fordern. Die Linke fordert zudem, dass mit einem Fonds intersexuelle Menschen, die geschlechtszuweisende Ope- rationen erlitten haben, unbürokratisch materiell unter- stützt werden. Die Situation intersexueller Menschen erlaubt es nicht, dass wir uns hier parteitaktisch verhalten. Wir müssen handeln, helfen, unterstützen, fördern, weitere Menschenrechtsverletzungen unterbinden und intersexu- elle Menschen anerkennen. Es gibt nicht nur zwei Ge- schlechter. Dies müssen wir akzeptieren. Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vor anderthalb Jahren haben wir im Bundestag auf Initiative der grünen Bundestagsfraktion zum ersten Mal über das Thema Intersexualität diskutiert. Bei der Debatte über den grünen Antrag haben sich Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen dem Thema Intersexualität mit viel Em- pathie zugewandt. Mit Freude habe ich bei Ihnen viel Verständnis gemerkt, was unsere Forderungen betrifft, und große Bereitschaft gespürt, den intersexuellen Men- schen zu helfen. Allerdings haben die Kolleginnen und Kollegen von der Koalition immer wieder auf die Arbeit des Deut- schen Ethikrates hingewiesen. Nun liegt seine Stellung- nahme nebst zahlreichen Handlungsempfehlungen seit über einem Jahr dem Bundestag vor. Auch darüber ha- ben wir bereits vor einem Jahr diskutiert. Als wir im November 2011 unseren Antrag einge- bracht haben, haben wir ihn absichtlich sehr moderat formuliert. Wir hofften, andere Fraktionen für das Thema zu sensibilisieren und sie zu einem interfraktio- nellen Antrag zu überzeugen. Danach haben wir Vertre- terinnen und Vertreter alle Fraktionen zu gemeinsamen Gesprächen eingeladen. Die Bereitschaft schien groß zu sein, intersexuellen Menschen gemeinsam zu helfen. Zu meinem Bedauern war das ein irrtümlicher Eindruck. Schon bald hat die Koalition erneut bewiesen, dass sie außer emphatischen Worten intersexuellen Menschen wenig zu bieten hat. Bei der Novellierung des Personenstandsrechts im Ja- nuar dieses Jahres hat sie vier Tage vor der abschließen- den Abstimmung einen Änderungsantrag eingebracht, der lediglich eine einzige Forderung von unserem grü- nen Antrag umgesetzt hat. Es wurde entschieden, dass bei Geburt eines intersexuellen Kindes der Personen- standsfall ohne Angabe zum Geschlecht in das Gebur- tenregister einzutragen ist. Diese grundsätzlich zu begrü- ßende Änderung, die der Existenz der intersexuellen Menschen Rechnung trägt, könnte aber auch Nachteile für die betroffenen Menschen bringen. Ohne gleichzeitig gesellschaftlicher Ausgrenzung intersexueller Menschen entgegenzuwirken, kann diese neue Regelung zu Stig- matisierung führen. Hat sich die Koalition überhaupt Gedanken gemacht, was mit intersexuellen Kindern ohne Geschlechtsantrag im Kindergarten oder in der Schule passiert? Sind diese Einrichtungen darauf vorbereitet? Wie sollen diese Kin- der an den Sportunterrichten teilnehmen? Wie werden andere Kinder und deren Eltern auf sie reagieren? Sind Lehrerinnen und Lehrer oder Schulpädagoginnen und Pädagogen für solche Situation vorbereitet? Für die wirkliche Unterstützung intersexueller Men- schen ist dagegen eine ganze Reihe von Maßnahmen er- forderlich, die wir in unserem neuen Antrag von der Bundesregierung fordern. Zunächst aber wollen wir, dass der Bundestag erlitte- nes Unrecht und Leid, das intersexuellen Menschen widerfahren ist, anerkennt und dies zutiefst bedauert. In- tersexuelle Menschen, die in der Regel mehrfachen Ope- rationen insbesondere im Säuglings- und Kindesalter un- terzogen wurden, berichten nämlich, dass sie sich als Opfer von Verstümmelungen sehen und ihre Gefühle, Wut und Hass sowie traumatische Erlebnisse noch Jahr- zehnte lang und sehr intensiv erleben. Auch wissen- schaftliche Nachuntersuchungen zeigen ein bedrücken- des Bild. Zweitens muss sichergestellt werden, dass ge- schlechtszuweisende und -anpassende Operationen an minderjährigen intersexuellen Menschen vor deren Ein- willigungsfähigkeit grundsätzlich verboten werden. Da- 30490 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) bei muss gewährleistet sein, dass eine alleinige Einwilli- gung der Eltern in irreversible geschlechtszuweisende Operationen ihres minderjährigen Kindes – außer in lebensbedrohlichen Notfällen – nicht zulässig ist. Bei ei- ner medizinischen Indikation muss diese stets von einem qualifizierten interdisziplinären Kompetenzzentrum zur Diagnostik und Behandlung bestätigt werden. Drittens soll die Möglichkeit der Bestellung eines Verfahrensbeistands für Kinder und Jugendliche auch für die Fälle geschaffen werden, in denen eine Übereinstim- mung zwischen dem ausdrücklichen Willen der Eltern und dem des/der intersexuellen Minderjährigen über die Frage der Einwilligung in geschlechtszuweisende Ope- rationen besteht, damit die Rechte von intersexuellen Kindern und Jugendlichen gewahrt werden. Darüber hinaus soll intersexuellen Menschen, die an Folgen der geschlechtszuweisenden Operationen leiden, die Kosten für daraus resultierende Hormonbehandlung sowie – falls notwendig – psychotherapeutische Unter- stützung von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden. Schließlich handelt es sich um Folgekosten eines Eingriffes, der die Grundrechte der Betroffenen verletzt hat. Ebenso ist es dringend notwendig, ein unabhängiges Beratungs- und Betreuungsangebot für betroffene Kin- der, deren Eltern, betroffene Heranwachsende und Er- wachsene, einschließlich Unterstützung ihrer Beratungs- und Selbsthilfeeinrichtungen, zu schaffen. Ungeachtet der erwähnten Änderung im Personen- standsrecht fordern wir in unserem Antrag die Bundesre- gierung dazu auf, das Personenstandsgesetz – wie vom Deutschen Ethikrat und dem Bundesrat vorgeschlagen – so zu novellieren, dass sowohl Eltern von intersexuell geborenen Kindern als auch intersexuelle Erwachsene durch die Schaffung einer weiteren Geschlechtskatego- rie die Möglichkeit erhalten, im Geburtenregister mit Wirkung für alle Folgedokumente und mit Wirkung ei- ner rechtlichen Gleichbehandlung dauerhaft weder eine Zuordnung zum männlichen noch zum weiblichen Ge- schlecht vornehmen müssen. Diese neue Geschlechts- kategorie ist gemeinsam mit den Betroffenenverbänden zu entwickeln. Darüber hinaus soll intersexuellen Menschen eine vereinfachte Änderungsmöglichkeit der Vornamen so- wie der ursprünglich durch ihre Eltern vorgenommenen Geschlechtskategorisierung eingeräumt und ein effekti- ves Offenbarungsverbot gewährleistet werden. Ferner beklagen intersexuelle Menschen, dass ihnen der Zugang zu ihren Krankenakten verwehrt bleibt. Oft erfahren sie über an ihnen im Säuglings- und Kindesalter durchgeführten Operationen erst im Erwachsenalter, wenn die ganze medizinische Dokumentation nicht mehr existiert. Deshalb ist es notwendig, eine Sonderregelung zu schaffen, nach der die Fristen für die Aufbewahrung von Krankenakten bei Operationen im Genitalbereich auf mindestens 40 Jahre ab Volljährigkeit verlängert werden und ein ungehinderter Zugang zu ihren Kranken- akten gewährleistet wird. Schließlich soll das bisher tabuisierte Thema Inter- sexualität in Fort- und Weiterbildungsangeboten für die Angehörigen der beteiligten Gesundheitsberufe inte- griert werden. Ebenfalls soll das Thema ein fester Bestandteil des Schulunterrichts, beispielsweise in den Fächern Biolo- gie, Sozialkunde oder Ethik, als auch bereits der früh- kindlichen Bildung sein, da schon in der Kita Vorurteile entstehen und Stigmatisierung intersexueller Menschen entgegengewirkt werden sollte. Darüber hinaus soll es weiter möglichst interdisziplinär unter Beteiligung von Kultur- und Gesellschaftswissenschaften sowie der Be- troffenenverbände erforscht werden. Neben dem grünen Antrag diskutieren wir heute auch über zwei Anträge der Fraktionen der SPD und Die Linke. Ich begrüße ausdrücklich die beiden Initiativen, die ähnliche Forderungen an die Bundesregierung stel- len. Ich wünsche mir aber, dass auch die Koalitionsfrak- tionen das Thema ernst nehmen und gemeinsam mit uns intersexuellen Menschen und deren Familien helfen. Wir sind für die Zusammenarbeit stets bereit. Seien sie es endlich auch! Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung : – Entwurf eines Gesetzes zur Verwaltungsver- einfachung in der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfeverwaltungsver- einfachungsgesetz – KJVVG) – Beschlussempfehlung und Bericht zu den Anträgen: – Mit einer eigenständigen Jugendpolitik Freiräume schaffen, Chancen eröffnen, Rückhalt geben – Eigenständige Jugendpolitik Selbstbe- stimmt durch Freiheit, Gerechtigkeit, Demokratie und Emanzipation – Unterrichtung : Bericht über die Lebens- situation junger Menschen und die Leistun- gen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutsch- land – 14. Kinder- und Jugendbericht und Stellungnahme der Bundesregierung – Antrag: Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche fördern – Konsequenzen aus dem 14. Kinder- und Jugendbericht ziehen (Tagesordnungspunkte 20 a bis 20 d) Florian Bernschneider (FDP): Es heißt in der PR-Spra- che ja immer „Bad news are good news“. Aber da werde ich heute gerne den Spielverderber mimen, denn es gibt vor allem Gutes zu vermelden: Viele Länder Europas beneiden uns für unsere Erfolge, um unsere gute Jugend- arbeit, um unsere Erfolge auf dem Arbeits- und Ausbil- dungsmarkt, die gerade jungen Menschen den Berufs- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30491 (A) (C) (D)(B) eintritt bzw. das Finden einer Ausbildungsstelle enorm erleichtern. Die duale Ausbildung, die SPD und Grüne ja am liebsten verschulen würden, mausert sich mittler- weile zu einem richtigen Exportschlager. All diese Er- folge sind eine eindrucksvolle Bestätigung unserer Ar- beit, der Arbeit von Union und FDP, für junge Menschen in den vergangenen gut dreieinhalb Jahren. Wir können mit Stolz sagen, dass wir mehr als nur solide gearbeitet und gute Ergebnisse geliefert haben. Die Basis für viele Erfolge ist natürlich die gute wirt- schaftliche Entwicklung gewesen. Aber auch die Kinder- und Jugendarbeit benötigt, wie jedes Haus, eine solide Basis, ein Fundament, auf das aufgebaut werden kann. Dieses Fundament bildet das Kinder- und Jugendhilfege- setz, KJHG. Dieses Fundament stärken wir mit dem vor- liegenden Kinder- und Jugendhilfeverwaltungsvereinfa- chungsgesetz, KJVVG, indem wir wichtigen Initiativen der letzten Jahre, vom Jugendhilfeweiterentwicklungs- gesetz bis hin zum Kinderförderungsgesetz, Rechnung tragen. Auch die Stärkung der Rechte leiblicher, nicht- rechtlicher Väter findet mit dem vorliegenden Gesetz- entwurf seinen Niederschlag im SGB VIII, was meine Fraktion ausdrücklich begrüßt. Neben diesem Fundament benötigen wir aber noch mehr. Stabile Wände und tragfähige Decken, die unse- rem Haus einen Rahmen geben. Übersetzt auf die heu- tige Debatte bedeutet dies: Eine gute Kinder- und Ju- gendarbeit muss am Puls der Zeit arbeiten, sich selbst, ihre Verfahren und Instrumente immer wieder hinterfra- gen, wenn sie auf neue Entwicklungen gut und präventiv reagieren können will. Einen wichtigen Fingerzeig gibt hier der neue 14. Kinder- und Jugendbericht, der eben- falls heute in erster Lesung Gegenstand der Debatte ist. Und dieser Bericht bestätigt im Großen und Ganzen die Arbeit dieser Regierung. Nicht umsonst wird gleich zu Anfang durch die Autoren festgestellt, dass es Kindern und Jugendlichen noch nie so gut ging wie heute. Die überwiegende Mehrheit der Kinder und Jugendlichen wächst in ökonomisch und sozial gesicherten Verhältnis- sen auf. Die Tatsache, dass es wenig zu meckern gibt, unter- streicht auch der vorliegende Antrag der SPD-Fraktion zum Bericht. Denn im Forderungsteil finden sich kaum Punkte, die sich auf diesen Bericht zurückführen lassen. Vielmehr erliegt die SPD-Fraktion zum wiederholten Male der Versuchung, alte Anträge noch einmal zu recy- celn. So sind etliche Punkte, wie etwa die Forderung nach einem neuen Ganztagsschulprogramm des Bundes, was derzeit aufgrund des Kooperationsverbotes von Bund und Ländern ausgeschlossen ist, das Begehr nach der Stärkung der in der Verantwortung der Länder lie- genden Schulsozialarbeit oder die Forderung, Ombuds- stellen in der Kinder- und Jugendhilfegesetzgebung zu verankern, altbekannt. Vor allem aber liegen sie nicht in der Zuständigkeit des Bundes. Daher bringen sie uns nicht in Verlegenheit. Der Antrag zeugt vor allem von ei- ner gewissen Ratlosigkeit und argumentativer Erschöp- fung der Antragssteller. Denn jedes Mal, wenn es darum ging, den Schutz von Kindern und Jugendlichen im SGB VIII voranzutreiben – ich erinnere nur an die Verhandlungen zum Bundeskin- derschutzgesetz –, standen ausgerechnet Sie und ihre rot-grünen Landesregierungen auf der Bremse und lie- ßen keine Möglichkeit ungenutzt, sich jedes noch so kleine Zugeständnis im Bundesrat doppelt und dreifach teuer abkaufen zu lassen. Deshalb wäre es mehr als nur an der Zeit, dass Sie, bevor Sie hier neue Millionenbelas- tungen für die Länder durch die Einführung eines Om- budsstellensystems in der Kinder- und Jugendhilfe for- dern, sich erstmal mit Ihren eigenen Landesregierungen einig werden und vor allem dafür sorgen, dass sinnvolle und weniger kostenintensive Maßnahmen nicht im Bun- desrat blockiert werden. Die christlich-liberale Koalition hingegen kann für sich zu Recht in Anspruch nehmen, den Menschen nicht das Blaue vom Himmel zu versprechen, sondern die wichtigsten Punkte ihrer Agenda zuverlässig abgearbei- tet zu haben. Gerade für die ersten Monate und Jahre im Leben der Kinder hat diese Regierung in dieser Legisla- tur viel geleistet. So ist es uns gelungen, mit dem Bun- deskinderschutzgesetz wichtige Ergebnisse der Runden Tische „Heimerziehung in den 50er- und 60er-Jahren“ und „Sexueller Kindesmissbrauch“ aufzunehmen und umzusetzen. Mit der Einführung der Frühen Hilfen und der Familienhebammen geht der Bund einen weiteren wichtigen Schritt, um die Begleitung von jungen Eltern und Neugeborenen zu verbessern. Den Ausbau der Kin- derbetreuung bringen wir mit einem 10-Punkte-Plan, der dazu beiträgt, die Kindertagespflege und die betriebliche Kinderbetreuung zu stärken, sowie insgesamt 5,4 Mil- liarden Euro von Bundesseite voran. Dazu begleiten wir die Ausbaubemühungen mit einer Fachkräfteoffensive. Ferner ist auch die Offensive Frühe Chancen zu nen- nen, mit der wir bis 2014 rund 400 Millionen Euro für rund 4 000 Schwerpunktkitas Sprache und Integration bereitstellen und somit gezielte Integrationsförderung betreiben – für die Zukunft unseres Landes. Auch auf das Programm „Elternchance ist Kinderchance“, durch das bis zu 4 000 Fachkräfte zu Elternbegleitern fortge- bildet werden sollen, möchte ich hinweisen und auch nicht unerwähnt lassen, dass wir mit dem derzeit in der parlamentarischen Beratung befindlichen Gesetzent- wurf zur Vertraulichen Geburt den Schutz von Schwan- geren und Neugeborenen weiter verbessern wollen. Als jugendpolitischer Sprecher meiner Fraktion will ich nicht verhehlen, dass die Jugendpolitik, angesichts dieser Erfolge, allzu häufig vergessen wird oder in den Hintergrund tritt. Aber wie es sich für ein ordentliches Haus gehört, benötigt man nicht nur ein gutes Funda- ment, stabile Wände und Decken, sondern auch ein gutes Dach, unter dem Träume in die Höhe wachsen können. Deshalb haben Union und FDP mit der Allianz für Ju- gend und dem Antrag zur Formulierung einer eigenstän- digen Jugendpolitik einen Prozess angestoßen, der weit über diese Legislatur hinaus reichen wird und alle rele- vanten Akteure beteiligt. Und mit dem Führerschein ab 17, dem Deutschlandstipendium, der BAföG-No- velle, der Verlängerung des Programmes „Schulverwei- gerung – die 2. Chance“, dem Programm „Bildungs- ketten“, der Sommerferienjobregelung im ALG II und zuletzt mit der Ergänzung des Baugesetzbuches, die 30492 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) klarstellt, das Kinder und Jugendliche bei sie unmittelbar betreffenden Bauvorhaben zu beteiligen sind, haben wir einiges bewegt. Vor allem aber haben wir in der Real- politik deutlich gemacht, was Sie sonst nur in Sonntags- reden fordern; nämlich dass Jugendpolitik eine Quer- schnittsaufgabe ist. Daran können halbgare Behauptungen wie im Antrag der Grünen zur Jugendpolitik, dass sich immer mehr Ju- gendliche in Deutschland mit geringen Chancen auf ge- sellschaftliche Teilhabe vernachlässigt und von der Ge- sellschaft zurückgelassen fühlen, nichts ändern. Im Übrigen widerlegt der 14. Kinder- und Jugendbericht ge- rade diese Behauptung eindrucksvoll. Die Grünen üben sich in Schwarzmalerei. Ähnlich sieht es beim Antrag der SPD aus. Auf der ei- nen Seite fordern Sie viele wünschenswerte Dinge, zum Beispiel im Bildungsbereich, wohl wissend, dass der Bund hier kaum tätig werden kann. Auf der anderen Seite stellen Sie erneut viele wohlklingende Forderun- gen auf, ohne die Finanzierung mitzubedenken. Ich habe Sie bereits in der ersten Beratung auf die vielen Frage- zeichen des Antrags hingewiesen. Aber auch die Aus- schussberatungen haben Sie, liebe Kolleginnen und Kol- legen der SPD, leider nicht genutzt, um etwas mehr Licht ins Dunkel zu bringen. Bis heute ist unklar, was Sie genau unter einem Jugendpolitik-TÜV verstehen und welche Indikatoren Sie für eine „gute Jugendpolitik“ he- ranziehen wollen. Das ist schlicht ungenügend. Wenn wir den letzten Berufsbildungsbericht, den Tiefststand der Jugendarbeitslosigkeit, den 14. Kinder- und Jugendbericht, die aktuellen Arbeitsmarktdaten, die niedrige Schulabbrecherquote und vieles mehr Revue passieren lassen, wird eines überdeutlich: Wer behaup- tet, diese Regierung habe in der Kinder- und Jugendpoli- tik, wenn wir sie als Befähigungspolitik ausbuchstabie- ren, ihre Hausaufgaben nicht gemacht, der ist gehörig auf dem Holzweg. Damit wird auch klar, dass die Behauptungen der Op- position, diese Regierung täte nichts für Jugendliche, ja sie würde die Interessen von Jugendlichen gar vernach- lässigen, an den Haaren herbeigezogen sind. Denn wenn Union und FDP alles falsch gemacht hätten, wäre ich der Opposition – insbesondere SPD und Grünen – doch sehr verbunden, wenn sie erläutern könnte, warum Ihre ei- gene jugendpolitische Bilanz in Sachen Zukunftschan- cen, Bildung und Ausbildung im Vergleich zu unserer so grottenschlecht aussieht. Dafür muss es ja Gründe ge- ben. Vielleicht sollten Sie die verbleibende Zeit dieser Wahlperiode nutzen, um einmal in sich zu gehen und da- rüber nachzudenken. Wir, Union und FDP, können stolz auf die vergange- nen fast vier Jahre blicken. Unsere Bilanz in der Kinder- und Jugendpolitik ist sehr gut, die Zahlen stimmen, die Perspektiven auch. Es waren vier gute Jahre. Um im ein- gangs von mir aufgezeigten Bild zu bleiben: Das Haus steht, es ist stabil, die Wände sind gerade, die Decken tragen, das Dach ist solide. Jetzt können wir uns dem Garten widmen. Diana Golze (DIE LINKE): Was wir in der gestrigen Sitzung des Familienausschusses erleben konnten, war einmal mehr ein Beispiel dafür, mit welcher Herange- hensweise von dieser Regierungskoalition und der sie tragenden Fraktionen eines der wichtigen Zukunftsthe- men – die Kinder- und Jugendpolitik – abgehandelt wird. Nicht nur, dass dieser Themenbereich ohnehin schon äußerst selten durch Initiativen der Regierungs- parteien auf der Tagesordnung des dafür zuständigen Ausschusses steht: Die Taktik scheint entweder Ver- schleppung der notwendigen Maßnahmen zur Weiterent- wicklung und Verbesserung der Angebote für Kinder- und Jugendliche oder aber eine Scheintätigkeit in den Punkten, zu denen die Regierung sich mit ihren eigenen Vorgaben verpflichtet, zu sein. Beide Eindrücke wurden gestern auf beispiellose Art und Weise untermauert. Zu- nächst wurde gestern im Ausschuss der nun zu beschlie- ßende Gesetzentwurf der CDU/CSU- und FDP-Fraktio- nen zur Vereinfachung in der Kinder- und Jugendhilfe behandelt. Dieser Entwurf behandelt längst überfällige Schritte. So zum Beispiel eine Klarstellung in Sachen Förde- rung der Jugendorganisationen von Parteien und ihrer Arbeit. Interessant dabei: Der Jugendverband der Linken musste eine solche erst auf dem gerichtlichen Weg ein- klagen. Über Jahre hinweg wurde diesem Jugend- verband vorenthalten, was anderen parteilichen Jugend- verbänden seit Jahren gewährt wird. Auch jetzt wird lediglich die Förderfähigkeit grundsätzlich festgeschrie- ben. Konkrete Maßnahmen? Fehlanzeige! Stattdessen Verschleppung, Handlungsunwillen an den Stellen, wo Entscheidungen und Maßnahmen notwendig wären. Dass die Regierung einmal mehr versucht, wichtige Leistungen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes durch sogenannte Vereinfachungs- und Bürokratieabbaumaß- nahmen zu beschneiden, war und ist nicht wirklich über- raschend. Umso erfreulicher ist, dass die vorgesehene Regelung zur Vereinfachung der Kostenbeteiligung junger Menschen und ihrer Eltern in der Kinder- und Ju- gendhilfe bei stationären und teilstationären Leistungen sowie vorläufigen Maßnahmen wirklich noch einmal in einem Fachausschuss nachverhandelt wurde und durch – kurz vor der Ausschusssitzung – eingereichte Ände- rungen der Koalitionsfraktionen soziale Härten verhin- dert werden. Eine Regelung, die keinerlei Anpassung der Kostenbeiträge vorsieht, wenn das Einkommen der El- tern im Laufe einer Maßnahme sinkt, wäre aus unserer Sicht nicht mit dem Grundgedanken des SGB VIII ver- einbar. Dass man im Fachausschuss dann aber auch partei- übergreifend und sachorientiert arbeitet, wäre wohl zu viel des Guten gewesen. So wurde ein fast gleichlauten- der Änderungsantrag unserer Fraktion abgelehnt. Zu den Regelungen zum Umgang von Kindern mit ih- ren leiblichen, aber nicht rechtlichen Vätern, die dieser Gesetzentwurf regelt, wurde die Regierungskoalition eher gejagt als getragen, und bei der Befristung der Hil- fen für die Betreuung von Kindern in Pflegefamilien muss der Gesetzentwurf weiterhin an Provisorien fest- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30493 (A) (C) (D)(B) halten, weil die Ministerin Schröder auch hier ihre Haus- aufgaben nicht gemacht hat. Schließlich rund wird das Resümee – welches man gleichermaßen für die gestrige Ausschusssitzung wie auch für das Engagement der Bundesregierung in Sa- chen Kinder- und Jugendpolitik ziehen kann – mit der Behandlung des 14. Kinder- und Jugendberichtes. Es wird einmal mehr deutlich: Diese Regierung – und vor allem diese Familienministerin – will an den sich immer mehr verschärfenden Zuständen in der Kinder- und Ju- gendhilfe nichts ändern, ja sie nicht einmal zu Kenntnis nehmen. Wie sonst ist es zu erklären, dass man umfas- sende Expertisen wie den Kinder- und Jugendbericht monatelang in den Schreibtischschubladen des Familien- minsteriums schlummern lässt? Wer vier Jahre lang einen gesamten Politikbereich sträflich vernachlässigt, der, Frau Schröder, darf sich nicht wundern, wenn die Bewertung in Sachen Kinder- und Jugendpolitik „ungenügend“ lautet. Ulrich Schneider (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir reden heute spät nachts über einen bunten Strauß an Anträgen und Berichten. Die Koalition versucht auf die- sem Weg, ihre Versäumnisse und Baustellen unter den Teppich zu kehren und mit wenigen, kleinen Verbesse- rungen im Kinder- und Jugendhilfeverwaltungsvereinfa- chungsgesetz vergessen zu machen. Vorweg, damit wir uns nicht falsch verstehen: Die im Kinder- und Jugend- hilfeverwaltungsvereinfachungsgesetz vorgeschlagene Fristverlängerung, wenn im Rahmen der Eingliede- rungshilfe in einer Pflegefamilie Kinder mit Behinde- rung betreut werden, ist geboten und sinnvoll. Aber schon bei der Finanzierung der Jugendorganisa- tionen der Parteien wird planlos und parteipolitisch mo- tiviert gehandelt. Die Regierung vollbringt hier das Kunststück, ein Gesetz zu schaffen, das die Rechtsunsi- cherheit bei Jugendorganisationen noch vergrößert. Da- durch wird das Kinder- und Jugendhilfeverwaltungsver- einfachungsgesetz zum besten Beispiel für das, was der 14. Kinder- und Jugendbericht der Regierung attestiert: Die Lebenssituation vieler Jugendlicher hat sich in den letzten Jahren verschlechtert, nicht verbessert. Völlig unstrittig ist: Die Jugendlichen sind zu kurz gekommen, ja vergessen worden. Die Belange Jugendli- cher wurden nicht thematisiert, sondern „problemati- siert“. Wenn diese Altersgruppe in den Fokus gerät, dann um zur Risikogruppe stilisiert zu werden. Der 14. Kinder- und Jugendbericht hält fest, dass es immer noch nicht wirklich gelungen ist, die Jugend als eigenständiges Lebensalter wahrzunehmen, die Jugend in ihrer Gesamtheit in den Blick zu nehmen, Jugend nicht immer problembehaftet zu diskutieren und so Ju- gendliche abzustempeln und zu stigmatisieren. Dabei besitzt keine andere Gesellschaftsgruppe so viel Kraft, Engagement und Leidenschaft, wie unsere Jugend. Schauen Sie sich doch mal in den Freiwilligendiensten um! Aber die Bundesregierung traut ihnen nicht und erst recht traut sie ihnen nichts zu. Die Koalition attestiert der jungen Generation die Unfähigkeit, eigenständig zu denken und sich politisch zu engagieren. Als Argument dafür muss der fraglos benötigte Ausbau von Hilfsmaß- nahmen für junge Erwachsene herhalten. Was für eine Arroganz! Umgekehrt müsste als ein erster und nicht als der ein- zige Schritt zu echter Partizipation das Wahlalter auf mindestens 16 Jahre gesenkt werden. Diese Maßnahme im Kampf um mehr Beteiligung wurde von den Koali- tionsfraktionen als Feigenblatt der Jugendbeteiligung und sogar als realitätsfern und falsch bezeichnet. Das spricht Bände hinsichtlich des Bildes von Jugendlichen, das ihrer Jugendpolitik zugrunde liegt. Echtes Mitent- scheiden? Nicht mit Schwarz-Gelb! Eine eigenständige Jugendpolitik, die diesen Namen verdient, erfordert Maßnahmen. Wir müssen Jugendli- che an allen politischen Entscheidungen quer durch die Ministerien beteiligen, nicht nur bei kinder- und jugend- spezifischen Themen. Bei allen politischen Entscheidun- gen müssen wir uns die Frage stellen: Was bedeutet das für die junge Generation – heute und in der Zukunft? Dafür brauchen wir die angemessene Beteiligung der Jugendlichen an der Politik. Denn hört man den Jugend- lichen einmal zu und redet nicht immer nur über sie, dann stellt man sehr schnell fest, dass sie sehr wohl in der Lage sind, mitzuentscheiden. Aber es mangelt an echten Entscheidungsmöglichkeiten. Der Bericht der Bundesregierung beschäftigt sich um- fassend mit der Situation von Kindern und Jugendlichen in unserem Land. Es ist befremdlich, dass die europäi- sche Perspektive komplett fehlt. Auch jugendpolitisch müssen wir in Deutschland den Blick auf die europäi- sche Ebene weiten. Gerade die junge Generation fühlt sich längst nicht mehr nur als Deutsche oder Franzosen, sondern in erster Linie als Europäerinnen und Europäer. Trotzdem ist für die Bundesregierung anscheinend die europäische Dimension von Jugendpolitik überhaupt nicht von Interesse. Es darf uns doch nicht kaltlassen, dass in unseren europäischen Nachbarländern durch im- mens hohe Jugendarbeitslosigkeit von mittlerweile über 65 Prozent eine ganze Generation gesellschaftlich und ökonomisch zerstört wird. Hier müssten wir dringend unsere Solidarität unter Beweis stellen. Es ist entlarvend, dass uns Oppositionsfraktionen vor- geworfen wird, wir würden Forderungen stellen, die keine Bundeskompetenz seien. Darauf kann ich nur ant- worten: Im Gegensatz zur Koalition haben wir eine ganzheitliche Vorstellung davon, welche Maßnahmen Jugendliche brauchen, und schieben keine Kompetenz- argumente vor, um echten Wandel zu verhindern. Viel- mehr koordinieren wir uns eng mit den Ebenen, auf de- nen andere Schritte gegangen werden müssen. Denn genau das ist es doch, was von uns, den Politi- kerinnen und Politikern, erwartet wird: dass wir mit Un- terstützung von Verbänden und zivilgesellschaftlichen Organisationen Jugendpolitik als eigenes Politikfeld eta- blieren. Unser Antrag tut genau das: Er schafft die Grundlage, auf der Jugendpolitik gestaltet werden kann und beschreibt darüber hinaus konkrete gesetzliche Maßnahmen für eine echte eigenständige Jugendpolitik. 30494 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) Absolut zentral für ist dabei auch die starke Unterstüt- zung durch Jugendverbände, weil diese Freiräume für Jugendliche schaffen und ihnen demokratische Teilhabe ermöglichen. Dafür muss die Politik langfristig stabile Grundlagen schaffen. Ohne Extremismusklauseln und Kürzungen, sondern durch Vertrauen und die nötige fi- nanzielle Ausstattung – im Kinder- und Jugendplan. Seit über drei Jahren diskutiert die Bundesregierung nun schon, was eine eigenständige Jugendpolitik sein soll, welche Grundsätze und Ziele vereinbart werden. Jetzt ist die Zeit der Sonntagsreden vorbei, jetzt ist die Zeit, diese Jugendpolitik auch umzusetzen. Jetzt ist die Zeit für eine eigenständige und emanzipatorische Ju- gendpolitik. Und nachdem Schwarz-Gelb hier vier Jahre vertan hat, werden wir dies im Herbst angehen. Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Entwürfe: Gesetz zur Ände- rung des Gesetzes über die Kreditanstalt für Wiederaufbau und weiterer Gesetze (Tagesord- nungspunkt 22) Bettina Kudla (CDU/CSU): Es ist die Koalition, die die richtigen Schlüsse aus der Krise am Finanzmarkt ge- zogen hat: Wir wollen und wir brauchen eine stabile Währung. Hierzu brauchen wir stabile öffentliche Haushalte, eine stabile Wirtschaft und stabile Finanzmärkte. Stabile Finanzmärkte erfordern Vertrauen, damit diese auch funktionieren. Transparenz und klare Spielre- geln sind hier von essenzieller Natur. Daher hat es sich diese Koalition zur selbstverpflichtenden Aufgabe ge- macht, dass kein Institut, kein Produkt, kein Manager im Finanzsektor unreguliert oder unbeaufsichtigt bleiben soll. Für Risiken kommen diejenigen auf, die diese Risi- ken eingegangen sind. Jeder Einzelne haftet für sein Handeln am Markt. Diesen neuen Ordnungsrahmen setzt die Koalition seit Beginn der Wahlperiode konsequent um. Daher ist es ebenso konsequent, die KfW als wichti- gen Kreditgeber für die deutsche Wirtschaft und als wichtigen Akteur am Finanzmarkt durch die Bundesan- stalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, BaFin, anstatt wie bisher durch das BMF, zu beaufsichtigen. Obgleich beaufsichtigt, berücksichtigen wir gleichzeitig den be- sonderen Förderauftrag und belassen die KfW in der na- tionalen Bankenaufsicht. Mit dem Gesetz erhält die KfW erstmals echte Rechtssicherheit über die zu erfüllenden bankenauf- sichtsrechtlichen Auflagen, von denen sie bislang ausge- nommen war, die sie aber zum großen Teil freiwillig ein- hält. Kern des Gesetzes ist der neu in das KfW-Gesetz ein- zufügende § 12 a. Dieser bestimmt per Verordnungser- mächtigung für das Bundesfinanzministerium im Beneh- men mit dem Bundeswirtschaftsministerium, welche Vorschriften zukünftig durch die KfW bzw. die KfW- Gruppe explizit zu beachten sind. Das Rechtsmittel einer Verordnung wurde hier gewählt, um flexibel und zeitnah auf Veränderungen bankenaufsichtsrechtlicher Vor- schriften oder auf Veränderungen in der „deutschen För- derlandschaft“ reagieren zu können. Mit dem Gesetz wird die KfW in weiten Teilen den übrigen Kreditinstituten aufsichtsrechtlich gleichgestellt; allerdings ohne den besonderen Förderauftrag unberück- sichtigt zu lassen. Daher bleibt die KfW als Förderbank von europarechtlichen Auflagen ausgenommen, obliegt als drittgrößte Bank Deutschlands mit einer Bilanz- summe von über 500 Milliarden Euro jedoch einer nun gesetzlich manifestierten Aufsichtsregelung. Dies dient der Rechtssicherheit für die KfW wie auch der Sicher- heit für den Bund, der für die KfW garantiert. Diese Si- cherheit ist auch im Interesse der Steuerzahler, mit deren Steuergeldern letztendlich die Garantie untermauert ist. Gleichzeitig bleibt die KfW weiterhin ohne Ein- schränkung als Förderbank auch für die kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland wie gehabt beste- hen. Entsprechend positiv hat sich der Vorstand der KfW in der zurückliegenden Anhörung zum Gesetz geäußert: So hält die KfW selbst eine „stärkere Annäherung [des] Hauses an regulatorische bankenaufsichtsrechtliche Vor- schriften für richtig und geboten.“ Dies schütze die öf- fentliche Hand und zwinge die KfW, sich stärker zu pro- fessionalisieren und den bankenaufsichtsrechtlichen Vorschriften zu genügen, sofern noch nötig. Um eine effiziente Aufsicht zu garantieren, plant die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, BaFin, ein eigenes Referat mit etwa elf Stellen einzurichten so- wie einige Stellen, die Aufgaben in Querschnittsabtei- lungen – wie beispielsweise in der Abteilung für Geld- wäsche – wahrnehmen. Lassen Sie mich zusammenfassen: Dieses Gesetz ist eine Win-win-win-Situation! Gewonnen hat die KfW größere Rechtssicherheit. Gewonnen hat die öffentliche Hand größere Transpa- renz. Gewonnen hat die Wirtschaft noch größere Sicher- heit. An dieser Stelle möchte ich Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble zitieren: „Das Vertrauen, wel- ches aus soliden Staatsfinanzen erwächst, ist die Grund- lage für nachhaltiges Wachstum.“ Dieses Zitat möchte ich ein wenig erweitern: Das Ver- trauen, welches aus soliden Staatsfinanzen und stabilen Finanzmärkten erwächst, ist die Grundlage für nachhal- tiges Wachstum. Denn auch eine Vertrauenskrise an den Finanzmärk- ten schlägt irgendwann durch auf die Wirtschaft – wie in der zurückliegenden Wirtschaftskrise. Mit dem vorlie- genden Gesetz setzt die Koalition einen weiteren Stein in das tragende Fundament, auf dem unsere Wirtschaft und unser Land aufgebaut ist: Vertrauen und Nachhaltigkeit. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30495 (A) (C) (D)(B) Familienunternehmen, der deutsche Mittelstand, klei- nere und mittlere Unternehmen, Existenzgründer – all diese Unternehmer sind auf starke und verlässliche Part- ner, Investoren und Kreditgeber, angewiesen. In der deutschen Förderlandschaft spielt hier die KfW eine große Rolle. Ihr gesetzlich festgelegter Förderauftrag umfasst die bereits genannte Förderung ebenso wie Pro- gramme für Wohnungswirtschaft, Umweltschutz und In- frastruktur. Finanzierungsprogramme für Kommunen und regionale Förderbanken sowie die Finanzierung von Maßnahmen zur Bildungsförderung und von Maßnah- men mit rein sozialer Zielsetzung sind weitere Schwer- punkte. Das durch dieses Gesetz erreichte Mehr an Aufsicht stärkt das Vertrauen in die Kreditanstalt für Wiederauf- bau. Für die „Kunden“ der KfW, die zahlreichen Unter- nehmen in Deutschland, wird der „Hafen KfW“ so noch sicherer gemacht. Die KfW wurde im Jahre 1948 als Anstalt des öffent- lichen Rechts gegründet und gehört heute zu 80 Prozent dem Bund und zu 20 Prozent den Bundesländern. Mit ei- ner Bilanzsumme von etwa 500 Milliarden Euro ist sie die drittgrößte Bank in Deutschland. Das Haus refinan- ziert sich fast ausschließlich über die internationalen Ka- pitalmärkte. Im Jahr 2011 waren dies mehr als 79 Mil- liarden Euro. Sie hat weder eigene Filialen noch Kundeneinlagen. Garantiert wird sie durch den Bund. Die Größe der KfW wie auch das Volumen ihrer Refi- nanzierungstätigkeit und die Staatsgarantie zeigen deut- lich, dass die Kreditanstalt eines der wichtigsten Bank- häuser des Landes mit einer „umfangreichen“ Verflechtung zu den Finanzmärkten, aber auch einer „engen“ Verflechtung zur öffentlichen Hand ist. Verlass und Transparenz sind daher für alle Seiten von Vorteil und schirmen letzten Endes auch den Steuer- zahler von möglichen Risiken ab. Diesem Anspruch werden wir im Übrigen nicht nur auf nationaler Ebene gerecht, sondern auch auf europäi- scher Ebene. Mit der Verordnung über den Single Super- visory Mechanism, die sogenannte Europäische Ban- kenaufsicht oder Bankenunion, wollen wir die entspre- chende Gipfelerklärung der Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone vom 29. Juni 2012 umsetzen. Bedeutende Kreditinstitute und Kreditinstitute, die Hilfen aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus, ESM, oder der Europäischen Finanzstabilisierungsfazili- tät, EFSF, erhalten, mindestens aber die drei bedeutends- ten Institute eines teilnehmenden Mitgliedstaates, sollen bei wichtigen aufsichtsrechtlichen Auflagen der Auf- sicht durch die Europäische Zentralbank, EZB, unterlie- gen. Derzeit werden die Aufsichten durch nationale Be- hörden – in Deutschland durch die Bundesanstalt für Fi- nanzdienstleistungsaufsicht, BaFin, – wahrgenommen. Als „bedeutend“ gilt ein Institut oder eine Gruppe dann, wenn die Bilanzsumme 30 Milliarden Euro überschreitet oder diese mehr als 20 Prozent des Bruttoinlandspro- dukts eines Mitgliedstaates überschreitet. Ziel dieser neuen Regelung ist die Durchsetzung ein- heitlicher Aufsichtsstandards in den teilnehmenden Mit- gliedstaaten, das heißt generell in den Euro-Staaten und in den freiwillig teilnehmenden Nicht-Euro-Staaten. Mit der verpflichtenden Zusammenarbeit von Europäischer Zentralbank, EZB, und nationalen Aufsichten können übernationale Gefahren im Europäischen Bankensystem schneller erkannt und kann ihnen besser vorgebeugt wer- den. Die Liste dessen, was diese Koalition zur Stabilisie- rung der Finanzmärkte geleistet hat, lässt sich weit fort- führen. Mit dem Trennbankengesetz schirmen wir die Kun- den vor den Risiken spekulativer Geschäfte ab. Kreditin- stitute bzw. die Bundesanstalt müssen Sanierungs- bzw. Abwicklungspläne für den Krisenfall erstellen. Strafbar- keitsregeln werden eingeführt. Mit Basel III verpflichten wir die Banken, mehr Ei- genkapital zu halten, und machen die Institute so stress- resistenter. Mit der Finanztransaktionsteuer, FTT oder FTS, schaffen wir eine Beteiligung der Akteure an den Folge- kosten der Finanzkrise. Weitere beispielhafte Maßnahmen: Bankenabgabe, Bankenrestrukturierungsfonds, Verbot von Leerverkäu- fen, Regulierung des Hochfrequenzhandels etc. Zusammenfassend ist der vorliegende Gesetzentwurf über die von der KfW zu erfüllenden aufsichtsrechtli- chen Aufgaben ein scheinbar kleiner Bestandteil in der Finanz- und Förderlandschaft Deutschlands und Euro- pas. Vor allem daher, weil die KfW viele dieser Auflagen bereits freiwillig einhält. Als wichtiger Förderer für die Unternehmen und die Menschen in Deutschland aber geht die KfW gestärkt hervor. Klare Spielregeln und Transparenz bieten Sicherheit für alle Seiten. Manfred Zöllmer (SPD): Die Kreditanstalt für Wie- deraufbau gilt nach dem Kreditwesengesetz nicht als Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut im Sinne des Kreditwesengesetzes, unabhängig von den Geschäften, die sie tatsächlich betreibt. Der Grund für diese gesetzgeberische Entscheidung war, dass die KfW als nationale Förderbank und als Anstalt des öffentlichen Rechts ein besonderes Geschäftsmodell hat und einen gesetzlich festgelegten staatlichen Auftrag verfolgt und daher grundsätzlich nicht mit Kreditinstituten des privat- rechtlichen, genossenschaftlichen oder öffentlich-recht- lichen Sektors vergleichbar ist. Vor diesem Hintergrund ist die KfW auch von EU-Bankenrichtlinie ausgenom- men. Andererseits ist die KfW mit ihrer großen Bilanz- summe von über 500 Milliarden Euro im Grunde die drittgrößte deutsche Bank. Zwar hält die KfW bereits heute wesentliche Aufsichtsvorschriften freiwillig ein, um ihren gesetzlichen Auftrag sachgerecht wahrzuneh- men und möglichst effektiv fördern zu können, aber eine bessere Beaufsichtigung entspricht auch den Erfahrun- gen aus der Finanzkrise. 30496 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird das Gesetz über die Kreditanstalt für Wiederaufbau nunmehr geän- dert und eine effektive Beaufsichtigung rechtsverbind- lich und transparent festgelegt. Dabei wird auch weiter- hin die besondere Rolle der KfW berücksichtigt. Der Gesetzentwurf ändert insoweit nichts daran, dass die KfW auch weiterhin kein Kreditinstitut und kein Finanz- dienstleistungsinstitut im Sinne des KWG ist und auch weiterhin von den bankenaufsichtsrechtlichen Regelun- gen der Europäischen Union ausgenommen wird. Der Gesetzentwurf sieht vor, das Bundesministerium der Finanzen gesetzlich zu ermächtigen, im Benehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Techno- logie durch Rechtsverordnung festzulegen, welche bankenaufsichtsrechtlichen Vorschriften von der KfW beziehungsweise der KfW-Gruppe entsprechend anzu- wenden sind. Wie wir im Finanzausschuss ausgeführt haben, ist der vorliegende Gesetzentwurf durchaus zu begrüßen, weil er die bisher freiwillig vorgenommene Einhaltung von aufsichtsrechtlichen Standards durch die KfW jetzt auf eine gesetzliche Grundlage stellt. Wir bleiben aber bei unserer Kritik, wonach alle wesentlichen Punkte zukünftig im Wege der angespro- chenen Verordnung geregelt werden, die zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt ist. Wir erwarten, dass die Aus- gestaltung der Beaufsichtigungsanforderungen im Sinne der im öffentlichen Fachgespräch des Finanzausschusses herausgearbeiteten Erfordernisse erfolgen wird und hier nicht Bundestag und Bundesrat bewusst ausgegrenzt werden. Wir haben auch den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unterstützt, der eine wichtige Konkretisierung vorgenommen hätte, die angemessen im Rahmen des vorliegenden Gesetzentwurfs hätte geregelt werden könnten. Seit einiger Zeit nehmen immer mehr Pfandbriefbanken Kundeneinlagen an, so auch die Deut- sche Pfandbriefbank pbb. Bei Pfandbriefbanken sind die potenziellen Kosten für die Einlagensicherung aber er- heblich höher als bei anderen Banken, da Pfandbriefban- ken einen Großteil ihres Vermögens an Pfandbriefgläu- biger abgetreten haben. Vor diesem Hintergrund wäre eine weitreichendere Änderung notwendig gewesen, die dieser Problematik Rechnung tragen würde. Insgesamt halten wir den Gesetzentwurf aber für den richtigen Weg und stimmen ihm zu. Björn Sänger (FDP): Die FDP-Fraktion steht die- sem Gesetzesabschluss positiv gegenüber. Es besteht – mit Blick auf eine effektive Beaufsichtigung der KfW – ein Bedürfnis, rechtsverbindlich und transparent festle- gen zu können, welche bankenaufsichtsrechtliche Stan- dards für die KfW entsprechend gelten. Wir stimmen dem Vorhaben zu, die staatliche Förderbank KfW auch weiterhin nicht unter die geplante europäische Banken- kontrolle fallen zu lassen. Dementsprechend sieht das Gesetzesvorhaben vor, die Bankgeschäfte des von Bund und Ländern getragenen Instituts künftig strenger von der Finanzaufsicht BaFin zusammen mit der Bundes- bank überwachen zu lassen. Wir begrüßen diese klaren Regeln. Bei der geplanten Bankenaufsicht durch die Europäi- sche Zentralbank, EZB, sollen Förderinstitute ausge- nommen werden. Die KfW zählt nicht nur zu den größ- ten Geldhäusern in Deutschland. Mit einem Gewinn von voraussichtlich erneut mehr als 2 Milliarden Euro 2012 ist sie auch an die Spitze der ertragsstärksten Banken Deutschlands gerückt – noch vor der Deutschen Bank. Als öffentliche Förderbank unterliegt die KfW bisher aber trotzdem nicht der normalen Bankenaufsicht. We- sentliche bankrechtliche Regeln setzt die KfW allerdings bereits auf freiwilliger Basis um. Insofern ist es nur vernünftig, dass die KfW ange- sichts von Größe und Komplexität der Geschäfte künftig der BaFin-Aufsicht und teils dem KWG, unterstellt wer- den soll. Wie eine Geschäftsbank wird sie regelmäßig über Eigenmittel und Liquidität an die Finanzaufsicht berichten. Es wird schlichtweg mehr Transparenz ge- schaffen. Auch die Wirtschaft befürchtet bei diesem Gesetz keine Einschränkungen der Fördertätigkeit der KfW. Die BaFin nimmt diese Aufgabe auch bei anderen Förderbanken wahr und ist dafür am besten geeignet. Mit dem Gesetzentwurf soll diese Praxis also erwei- tert, kodifiziert und transparent gemacht werden. Die Regelungen werden damit verbindlich. Zentrale bank- aufsichtsrechtliche Standards des Kreditwesengesetz, KWG werden entsprechend auf die KfW angewendet. Die KfW ist auch in Zukunft kein normales Kreditinsti- tut im Sinne des Kreditwesengesetzes. Die KfW ist jedoch somit systemrelevant. Als solches birgt sie auch Gefahren und Risiken. Die FDP-Fraktion sieht hier eine Möglichkeit, die Risiken jedenfalls teilweise umzuwandeln und die Ge- winne dabei wieder dem eigentlichem Zweck der KfW zu gereichen. Die KfW könne künftig mehr Projekte in der Entwicklungshilfe, beim Straßen- und Netzausbau sowie in der Energiepolitik finanzieren, die der Bund bisher direkt aus seinem Etat bestreitet. Diese Umvertei- lung darf natürlich nicht die Förderfähigkeit der KfW gefährden. Mit dem Instrument der Verordnungsermächtigung wird sichergestellt, dass der Verordnungsgeber die we- sentlichen Aufsichtsvorschriften detailliert und spezi- fisch im Hinblick auf die KfW prüfen und nur solche Regelungen verbindlich für entsprechend anwendbar er- klären kann, die dem gesetzlichen Förderauftrag und dem Fördergeschäft der KfW nicht widersprechen. Zu- dem ist das Instrument der Verordnungsermächtigung geeignet, flexibel auf Veränderungen der bankenauf- sichtsrechtlichen Vorschriften, insbesondere auf europäi- scher Ebene, und auf Veränderungen der deutschen För- derlandschaft zu reagieren. Vor diesem Hintergrund wird in der Rechtsverord- nung geregelt werden, dass zum Beispiel die Eigenmit- telanforderungen, die Mindestanforderungen an das Risikomanagement und die Vorgaben für das Kreditge- schäft von der KfW entsprechend anzuwenden sind. Bei der Auswahl und Anwendung der im Einzelnen gelten- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30497 (A) (C) (D)(B) den Rechtsvorschriften wird der staatliche Förderauftrag und das besondere Geschäftsmodell der KfW Berück- sichtigung finden. Am Gewinnausschüttungsverbot än- dert sich durch das KfW-Änderungsgesetz nichts. Wir können aufgrund der aufgezeigten Aufsichts- maßnahmen und Kontrollmechanismen ein ausgewoge- nes Verhältnis von marktwirtschaftlicher Freiheit und Kontrolle erkennen und können dieses Gesetzesvorha- ben somit befürworten. Der Gesetzentwurf setzt eine Vereinbarung des Koali- tionsvertrages um. Die KfW erhält eine wirksame Auf- sicht, die sachgerecht ausgestaltet ist und auf die Beson- derheiten der KfW Rücksicht nimmt. Der gewählte Verordnungsweg ermöglicht die notwendige Flexibilität bei diesem Vorhaben. Der Gesetzentwurf ist ein weiterer wichtiger Baustein für eine stabile Finanzmarktarchitek- tur in Deutschland. Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE): Das Fachge- spräch zur Änderung des Gesetzes über die Kreditanstalt für Wiederaufbau im Finanzausschuss war sehr ernüch- ternd. Die Bundesregierung will den Bundestag aus der Regelung der Aufsicht der KfW herausdrängen. Wir stimmen heute über die Änderung des KfW-Gesetzes ab, ohne zu wissen, was eigentlich genau geregelt werden soll. Wir stimmen über eine Gesetzeshülle ab. Das ist eine Beleidigung des Parlaments. Die konkrete Regelung der Aufsicht der KfW soll über den Verordnungsweg erfolgen. Das Finanzministe- rium teilte mit, dass der Verordnungsweg mehr Flexibili- tät bieten würde als ein Gesetz. Flexibilität ist ein scheinheiliges Argument der Bun- desregierung, um den Bundestag bei der Gesetzgebung auszuschalten. Im Fachgespräch wurde über eine Ver- ordnung gesprochen, die keiner kennt. Bis zum heutigen Tag gibt es nicht einmal einen Entwurf einer Verord- nung. Das hat nichts mit Flexibilität zu tun, sondern mit Verantwortungslosigkeit. Wir können allerdings von Glück reden, dass sich die FDP und die Marktradikalen in der CDU/CSU bei die- sem Gesetzentwurf nicht durchgesetzt haben. Für diese Kreise ist die staatliche Förderbank ein rotes Tuch. Für uns ist es eine Bank, die sich positiv von den Zockerban- ken unterscheidet. Die KfW versteht sich mit ihren Pro- grammen als Dienstleister für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen. Ich möchte hier nur den altersgerech- ten Umbau von Wohnungen hervorheben. Als Mitglied des Bundestages und des Verwaltungsra- tes der KfW war ich besorgt, als die Koalition von CDU/ CSU und FDP den Griff in die Kasse der KfW plante. Sie wollte das gesetzlich vorgeschriebene Gewinnaus- schüttungsverbot aufheben. 1 Milliarde Euro wollte die Koalition an Gewinnen abschöpfen, um ihre eigene Haushaltsbilanz aufzupolieren. Offensichtlich konnte dieser Angriff auf die KfW abgewehrt werden. Das ist erfreulich. Der Finanzminister versucht mit diesem Gesetz den Bundestag und den Verwaltungsrat der KfW zu schwä- chen und seinen eigenen Einfluss zu erhöhen. Er will mit Verordnungsermächtigungen die KfW an die kurze Leine nehmen. Der Minister könnte als Vorsitzender des Verwaltungsrates, ohne Rücksprache mit dem Verwal- tungsrat, gegenüber dem KfW-Vorstand den Willen des Verwaltungsrates vertreten. Das ist gefährlich. So kann die öffentlich-rechtliche Bank zum Spielball von politi- schen Interessen werden. Die teilweise Kontrolle durch die BaFin ist sinnvoll, wenn der Verwaltungsrat als Kon- trollgremium einbezogen wird. Das ist bisher nicht gere- gelt. Wir bevorzugen das französische Modell. In Frank- reich muss die Bankenaufsicht bei Problemen mit der Förderbank den Verwaltungsrat der Bank einschalten. Der Verwaltungsrat kann dann die notwendigen Maß- nahmen ergreifen. Das Modell des Finanzministers sieht dagegen den Direkteingriff der BaFin vor. Das wäre eine Entmachtung des Verwaltungsrats. Im Fachgespräch hatte ich die Vertreter der Bundesanstalt für Finanz- dienstleistungsaufsicht, BaFin, und der Bundesbank ge- fragt, was sie von dem französischen Modell hielten. Sie kannten es nicht einmal. So etwas macht mich fassungs- los. Offensichtlich halten es die BaFin und die Bundes- bank nicht für nötig, ab und zu über den eigenen Garten- zaun zu schauen. Dem Gesetzentwurf sieht man an, dass sich die Koali- tionsparteien nur noch gegenseitig blockieren. Es gibt Regelungsbedarf, doch CDU/CSU und FDP haben daran kein Interesse. Ich nenne nur ein Beispiel. In der FAZ vom 17. März 2013 wird behauptet, dass der Verwal- tungsrat über die Gehälter der KfW-Vorstände entschei- det. Das ist nicht der Fall. Der sehr kleine Präsidialaus- schuss entscheidet darüber. Es ist schon verlogen, wenn die Bundesregierung über die Begrenzung der Manager- gehälter öffentlich debattiert und die Aktionärsversamm- lung über die Gehälter der Vorstände abstimmen lassen will und gleichzeitig bei der staatlichen Förderbank den Verwaltungsrat vor die Tür setzt, wenn es um die Gehäl- ter der KfW-Vorstände geht. Der Gesetzentwurf sieht die Entmachtung des Bun- destages und des Verwaltungsrates der KfW vor, deshalb lehnen wir den Gesetzesantrag der Koalitionsfraktionen ab. Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit rund 500 Milliarden Euro Bilanzsumme ist die Kre- ditanstalt für Wiederaufbau die drittgrößte Bank in Deutschland. Damit ist die KfW-Bilanz nahezu doppelt so groß wie ein jährlicher Bundeshaushalt. Doch trotz dieser Größe und Haftungszusagen des Bundes für die KfW-Verbindlichkeiten in dieser gigantischen Höhe un- tersteht sie nicht wie normale Banken der Aufsicht von Bundesbank und BaFin. Auch gelten für sie bislang nicht die Regeln des Kreditwesengesetzes. Vielmehr sind bisher Wirtschafts- und Finanzministe- rium dafür zuständig, auf die KfW aufzupassen. Doch diese Aufsicht ist unzureichend. Darauf haben nicht nur wir Grüne in den letzten Jahren immer wieder hingewie- sen. Auch der Rechnungshof konnte „eine aktive Wahr- nehmung der gesetzlich geregelten Aufsichtsmöglich- 30498 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) keiten gegenüber der KfW durch das BMWi nicht nachvollziehen“ und sah Interessenkonflikte beim BMF. Deshalb begrüßen wir es im Grundsatz auch aus- drücklich, die KfW unter die Aufsicht von BaFin und Bundesbank zu stellen und sie endlich dem Kredit- wesengesetz, dem Bankenaufsichtsrecht, zu unter- werfen. Wir können aber nicht nachvollziehen, dass Sie uns bis zum heutigen Tage vorenthalten, welche einzelnen aufsichtsrechtlichen Vorschriften künftig die KfW nach Ihren Vorstellungen erfüllen muss; denn sämtliche De- tails regeln Sie per Rechtsverordnung – also vorbei an Bundestag und Bundesrat. Wollen Sie mit dem vorlie- genden Gesetz also nach außen vor allem Ihren Koali- tionsvertrag „abarbeiten“, sind sich intern aber gar nicht einig darüber, welche konkreten Regelungen nach dem Kreditwesengesetz die KfW künftig überhaupt erfüllen soll? Klar ist jedenfalls: Das eigentlich Interessante und Wichtige, welchen Regeln denn die KfW unterworfen werden soll, steht in dem Gesetz nicht drin. Und wir Parlamentarier haben im Zuge der parlamentarischen Beratung dieses Gesetzes auch nicht einmal einen Ent- wurf der Verordnung, in der die Details geregelt werden sollen, zu Gesicht bekommen. Dass die schwarz-gelbe Koalition für dieses dünne Gesetz dreieinhalb Jahre gebraucht hat, ist eine schwa- che Leistung. Vor allem aber verschiebt sie die Verant- wortung aus dem Bundestag raus und hin zur Regierung. Das können wir Grünen nach den Erfahrungen mit der unzureichenden Beaufsichtigung der KfW durch die Ministerien nicht gutheißen! Wieso überhaupt wird die KfW nicht einer vollum- fänglichen, sondern nur auszugsweisen Aufsicht des KWG unterworfen? Immerhin unterliegen die Landes- förderbanken vollständig dem KWG und der Aufsicht von Bundesbank und BaFin. Warum der KfW hier ein Sonderprivileg eingeräumt werden soll, konnten bisher weder Sie von der Bundesregierung noch der KfW- Vorstandsvorsitzende im Rahmen der Anhörung überzeugend darlegen. Wir Grünen waren immer für das Argument offen, dass es Bereiche der KfW gibt, die sinnvollerweise nicht den normalen bankenaufsichtli- chen Regelungen unterworfen werden sollten, oder dass es einzelne Regelungen im Kreditwesengesetz gibt, die für die KfW nicht passen. Das muss man aber dann im Einzelnen auch überzeugend begründen. Und diese Be- gründung haben Sie nicht geliefert. Auch die Neuregelungen zum Verwaltungsrat sind vor allem fragwürdig und schwächen dieses wichtige Kontrollorgan eher, als dass sie es stärken. So kann der Verwaltungsrat künftig nur noch allgemeine und keine besonderen Weisungen mehr an den Vorstand erlassen. Außerdem werden Sie dem Anspruch Ihres Koalitions- vertrags, die „Verwaltungs- und Aufsichtsstrukturen der KfW deutlich zu straffen“, nicht gerecht. Dazu wäre dann wohl eine Verkleinerung des Verwaltungsrates, der mit fast 40 Mitgliedern völlig überdimensioniert ist, er- forderlich. Warum macht die Koalition denn da gar nichts? Die eigenen Ziele zu erreichen, übersteigt immer wie- der die Kraft dieser Koalition. Der vorliegende Gesetz- entwurf ist ein weiterer Beleg dieses Befundes. Sie lie- fern gerade noch die richtigen Überschriften. Aber die konkreten Inhalte sind – wie schon so oft – schlicht man- gelhaft. Sie nehmen hier ferner in Art. 3 eine Änderung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgeset- zes vor, mit der – Zitat aus dem Gesetz – „zukünftig die beitragsmindernde Berücksichtigung von Sonderposten für allgemeine Bankrisiken nach § 340 HGB einge- schränkt werden kann“. Hierzu darf ich die Bundesbank aus der Anhörung zitieren: „Für uns ist diese Regelung nicht klar. Von daher können wir auch nicht abschätzen, welche Auswirkungen das hat.“ Wenn also noch nicht einmal die Bundesbank diese Neuregelung nachvollzie- hen und abschätzen kann, ist das aus unserer Sicht sehr bedenklich. Insgesamt lehnen wir Ihren Gesetzentwurf aus den genannten Gründen ab. Anlage 14 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Vierten Geset- zes zur Änderung des Energieeinsparungsgeset- zes (Tagesordnungspunkt 24) Franz Obermeier (CDU/CSU): Ich denke, wir ha- ben einen weiteren wichtigen Schritt auf dem guten Weg der Energiewende geschafft. Konkret müssen wir hier die Vorgaben der EU-Gebäuderichtlinie umsetzen. Mich freut, dass es mit dem Energieeinsparungsge- setz gelungen ist, hierbei einen ausgewogenen Ausgleich zu erzielen zwischen notwendiger und vorgegebener Energieeinsparung und den finanziellen Belastungen der Bürgerinnen und Bürger. Insbesondere liegen die not- wendigen Maßnahmen alle in der Zukunft, sodass aus- reichend Planungszeit und Planungssicherheit beim Kos- teneinsatz besteht. Erstens gibt es keine Verschärfung im Bestand, also keine Nachrüstpflichten. Die Anforderungen bleiben in diesem Punkt auf dem Stand der EnEV 2009. Insbeson- dere wird es nach jetzigem Stand auch keinen zwangs- weisen Heizungsaustausch geben. Zweitens erfolgen die Verbesserungen bei den Effi- zienzstandards für Wohngebäude in zwei moderaten Stu- fen jeweils um 12,5 Prozent – 2014 und 2016 –, bei Nicht-Wohngebäuden um jeweils 15 Prozent. Und drittens entlasten die Maßnahmen langfristig von Energiekosten und wirken weiteren Steigerungen entge- gen. Ein äußerst umstrittener Punkt sind die Nachtspei- cheröfen. Bisher profitieren Nachtstromheizer von einem reduzierten Netzentgelt von 1,5 Cent je Kilo- wattstunde gegenüber Haushaltsstrom: 6,5 Cent je Kilo- wattstunde und einer Sonderkonzessionsumlage von Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30499 (A) (C) (D)(B) 0,1 Cent je Kilowattstunde statt 1,79 Cent je Kilowatt- stunde für den regulären Haushaltsstrom. Diese Privilegierung von Nachtspeicheröfen wurde vom alten Strommarktdesign her gedacht, in dem Grundlastkraftwerke Tag und Nacht durchlaufen. Um eine gleichmäßigere Abnahme auch während der Nacht zu erreichen, reizten unterschiedliche Tag- und Nacht- tarife das nächtliche Speichern von Strom an. Nun steht nach der EU-Richtlinie Energieeinsparung im Vordergrund. Heizen mit Strom, zumal mit alten Nachtspeichergeräten steht da nicht so gut da. Andererseits sind wir im Zuge der parlamentarischen Beratungen wieder bei dem Punkt energiewirtschaftliche Speicherkapazitäten angelangt. Angesichts der Volatili- tät der neuen Energien gibt es hier eine neue Sichtweise. So erprobt RWE derzeit ein neues Steuerungskonzept für Stromspeicherheizungen. Bei viel günstigem Windstrom im Netz wird die Heizung aufgeladen und nimmt Strom ab, wenn wenig Nachfrage besteht. Es gibt derzeit ein laufendes Projekt mit 50 Kunden in Essen. Deshalb wurde das aktuell diskutierte Nachtspeicherheizungs- verbot erst einmal wieder aufgehoben, auch als ein wich- tiges politisches Signal, um technologische Pilotprojekte anzureizen. Das Verbot nach §10 a EnEV 2009 greift ab 2020 und gilt für dann mindestens 30 Jahre alte Anlagen. Es be- trifft große Geschosshäuser mit Nachtstromöfen. Häuser mit ein bis fünf Wohneinheiten sind nicht betroffen, so- dass auch soziale Aspekte berücksichtigt werden. Bis 2020 können Nachtspeicherheizungen weiter eingebaut werden und 30 Jahre laufen, das heißt, dass schon nach geltendem Recht Nachtspeicheröfen bis Ende 2049 lau- fen können. Angesichts der Zunahme des Anteils um- weltfreundlicher erneuerbarer Energien an der Stromer- zeugung ist diese Herangehensweise gut vertretbar. Weitere Änderungen: Ab 2021 müssen Neubauten als Niedrigstenergie- gebäude errichtet werden. Das gilt bereits ab 2019 für Behördengebäude, also Gebäude der öffentlichen Hand, die nicht zu Wohnzwecken dienen. In Verkaufs- und Vermietungsanzeigen wird es Pflicht, den Energiekennwert des Gebäudes gemäß Ener- gieausweis anzugeben. In größeren Läden, Hotels, Kaufhäusern, Restaurants mit starkem Publikumsverkehr muss ein Energieausweis sichtbar ausgehängt werden. Es werden Stichprobenkontrollen auf Baustellen von Neubauten seitens der zuständigen Behörde – Vollzug erfolgt durch die Länder – eingeführt. Ebenso werden ein unabhängiges Stichprobenkontrollsystem für Ener- gieausweise eingeführt sowie Berichte über die Inspek- tion von Klimaanlagen. Alle diese Maßnahmen verschärfen den Blick auf ei- nen schonenden Umgang mit der Ressource Energie und vermeiden schädlichen CO2-Ausstoß. Das ist gut für uns alle. Volkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU): Die Ener- gieeinsparverordnung geht uns alle an. Denn das, was hinter diesem Begriff „EnEV“ steckt, betrifft sowohl alle Mieter als auch all diejenigen, die in ihrem eigenen Haus wohnen oder als klein- bzw. gewerbsmäßige Vermieter tätig sind. Fakt ist: 40 Prozent des Energiebedarfs brauchen und verbrauchen wir für die Heizung in unseren Wohnungen. Fakt ist auch: Diesen Verbrauch müssen wir bis 2050 um mindestens 80 Prozent senken. Heute debattieren wir im Zusammenhang mit dem Energieeinspargesetz auch die novellierte Energieein- sparverordnung 2012 im Deutschen Bundestag in zwei- ter und dritter Lesung. Hierbei folgte die Bundesregie- rung mit ihrem Entwurf unseren politischen Vorgaben der christlich-liberalen Koalition, wenn es darum geht, die EnEV richtig zu machen. Für uns als christlich-liberale Koalition ist vor allem eines klar: An erster Stelle steht das Wirtschaftlichkeits- gebot. Das, was wir Bauherren und Investoren vorschrei- ben, muss sich in wirtschaftlich vertretbaren Zeiträumen refinanzieren. Genauso wichtig ist es, wenn wir über die Wirtschaft- lichkeit reden, denjenigen, die es umsetzen müssen, ei- nen möglichst breiten Spielraum zu geben. Wir wollen keine Technologien und Techniken vorschreiben. Viel- mehr wollen wir dies den Akteuren vor Ort – je nach re- gionalen und spezifischen Bedingungen – überlassen. Wenn wir heute über die Novelle des Energieeinspar- gesetzes und damit auch über die EnEV 2012 abstim- men, möchte ich daran erinnern, dass wir in kurzer Ab- folge in den letzten Jahren die EnEV 2007 und 2009 auf den Weg gebracht hatten. Ich will damit sagen: Es ist Zeit – und dies ist ein weiterer Grundsatz von uns –, den Akteuren Planungssicherheit zu geben. Die EnEV 2012 soll nach unserem festen Willen für einen Zeitraum von fünf bis sieben Jahren anwendbar bleiben. Die maßvolle Erhöhung der Standards für den Neubau in zwei Stufen von jeweils 12,5 Prozent Einspa- rung des Primärenergiebedarfs bis 2014 bzw. bis 2016 ist der richtige Ansatz. Uns ist klar, dass wir damit in den Grenzbereich der Wirtschaftlichkeit kommen; deswe- gen halten wir auch eine Verschärfung um jeweils 10 Prozent bei der Außendämmung für ausreichend. Wir wollen keine energetische Sanierungspflicht für die Bestandsgebäude haben. Das unterscheidet uns maß- geblich von SPD und Grünen. Einen Sanierungszwang im Bestand halten wir nicht nur für nicht sinnvoll, sondern sogar für kontraproduktiv. Die aus einem solchen Zwang resultierenden Belastun- gen können vor allem die vielen Hauseigentümer mit kleinen Einkommen nicht stemmen. Sie mussten bereits in den letzten Jahrzehnten viel Geld in die Hand neh- men, unter anderem für Wasser- und Abwasserbeiträge oder für Straßenausbaubeiträge. Eine weitere von uns verursachte Zahlungswelle hieße unter Umständen, das eigene Wohneigentum aufgeben. Von daher lautet unser Ansatz: Beratung und Information sowie Förderung frei- 30500 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) williger Sanierungsmaßnahmen auch im energetischen Bereich. Darum werden wir dafür sorgen, dass die finanzielle Ausstattung der CO2-Gebäudesanierungsprogramme bis 2014 gesichert bleibt. Zudem haben wir weitere 300 Millionen für die nächsten acht Jahre zusätzlich in diese Programme gespeist. Wenn SPD und Grüne mit ihrem Willen zur Verbesse- rung der Energieeffizienz Ernst machen würden, hätten sie die Abschreibungsmöglichkeiten für die energetische Sanierung nicht blockiert. Liebe Kolleginnen und Kolle- gen von SPD und Grünen, ich fordere Sie hiermit auf: Setzen Sie das Thema erneut auf die Tagesordnung und folgen Sie den Vorschlägen von CDU/CSU und FDP. Erforderlich geworden ist die Fortschreibung der EnEV, weil wir die EU-Gebäuderichtlinie umsetzen müssen. Das betrifft den Neubaustandard, der ab 2019 für öffentliche Gebäude und ab 2021 für alle anderen Neubauten dem Niedrigstenergiehausstandard der EU entsprechen soll. Energieausweise sollen bei Vermietung und Verkaufs- angeboten vorliegen und beim Abschluss von Verträgen übergeben werden. Energetische Kennwerte sind bei öf- fentlichen Gebäuden und Gebäuden mit öffentlichem Charakter, wie zum Beispiel Kinos und Theatern, im Eingangsbereich auszuhängen. Das ist aus unserer Sicht ein vertretbarer Aufwand und heißt auch bessere Infor- mation für die Bürger. Die Bundesregierung hat bei der Erarbeitung des Ent- wurfs intensiv mit den Bundesländern und den Verbän- den zusammengearbeitet. Unser Ausschuss hat sich in zwei Sitzungen und einer Anhörung intensiv mit dem Thema befasst. Der Bundesrat fordert unter anderem eine umfangreichere Auswertung von Gebäudedaten un- ter strikter Beachtung des Datenschutzes. Das hilft, die Wirkung der EnEV zu dokumentieren, und wird deshalb von uns unterstützt. Wir sollten die Definition des Niedrigstenergiehaus- standards nicht übers Knie brechen, sondern den Markt der Forschung, Entwicklung und praktischen Umsetzung genau beobachten und dann diese Standards festlegen. Doch die öffentliche Hand braucht Planungssicherheit, wenn sie diesen Standard schon 2019 anwenden muss. Deswegen wollen wir der Forderung des Bundesrates folgen und die Definition des Niedrigstenergiegebäudes für Behördengebäude bis Anfang 2017 erarbeiten. Außerdem wollen wir mit den heutigen Beschlüssen das Verbot für elektrische Speicherheizungssysteme aufgeben. Der § 10 a wird ersatzlos gestrichen. Mit den Entscheidungen zur Energiewende im Jahr 2011 wurden erneuerbare Energien und Speicherkapazitäten zu Fun- damenten der Energieversorgung. Neue, intelligente Stromspeicherheizungen leisten dazu einen wichtigen Beitrag, der noch vor fünf Jahren so nicht abzuschätzen war. Zum Schluss noch ein Wort zum Sanierungsfahrplan bis 2050: Diese EnEV ist ein Baustein davon. Sie zeigt den ordnungspolitischen Rahmen für dieses Jahrzehnt auf. Sie formuliert zudem das Ziel des Niedrigstenergie- hausstandards ab dem nächsten Jahrzehnt. Wir werden im Zusammenwirken mit allen Akteuren diesen Sanie- rungsplan weiterentwickeln und als Handlungsempfeh- lung fortschreiben. Dazu gehört auch das zukünftige Zusammenspiel zwischen EnEV und Erneuerbare-Ener- gien-Wärmegesetz. Wir haben mit großem Interesse zur Kenntnis genommen, dass in der SPD ein Umdenken Raum gegriffen hat. Sie spricht sich in einem ihrer An- träge für die Zusammenführung von EnEV und EEWär- meG in einem Regelwerk aus. Das begrüßen wir. Ebenso unterstützen wir die Ansicht der SPD, die Zuständigkeit dafür im Bundesverkehrsministerium anzusiedeln, da auch nach unserer Ansicht dieses Thema etwas zu tun hat mit Baustoffen, Haustechnik, Bautechnologie, kurz: dem Gebäudesystem in seiner Gesamtheit. Wir werden dieses Thema in den nächsten Monaten wieder auf die Tagesordnung setzen. Nun aber gilt unser Ziel zunächst dem Klima, der Be- lebung der Wirtschaft und der Planungssicherheit für die Bauherren. Deshalb werden wir mit den Änderungen die überarbeitete EnEV zügig verabschieden. Wir bitten die Opposition, dem Gesetzentwurf mit den Änderungen zuzustimmen, damit noch vor dem Sommer der Bundesrat abschließend beraten kann und somit Planungssicherheit für die Akteure am Markt besteht. Das hilft dem Klima, der Wirtschaft und den fleißigen Handwerkern in den Regionen. Michael Groß (SPD): Die Energieeinsparverordnung (EnEV) sowie das Energieeinsparungsgesetz (EnEG) sollen laut Aussage des Bundeswirtschaftsministeriums und des Bundesverkehrsministers ein wesentliches Instrument der Energieeffizienzpolitik der Bundesregie- rung bilden. Da war es in der vergangenen Sitzungswo- che schon ein besonderes „Schmankerl“, dass die schwarz-gelbe Koalition auf Anforderung der FDP- Fraktion den Kabinettsbeschluss des eigenen Wirt- schaftsministers stoppte – ein Kabinettsbeschluss, der wohlgemerkt bereits am 6. Februar öffentlich gemacht wurde. Obwohl der Entwurf der EnEV auf dem Weg zum eu- ropäischen Niedrigstenergiegebäude in gemäßigten Schritten vorangeht, entdeckte die FDP-Fraktion plötz- lich angeblich den Mieterschutz und warnte vor Verteue- rungen im Wohnen. Ein durchaus ungewohntes Bild, welches wesentlich sinnvoller angewandt worden wäre bei der Mietrechtsnovelle, aber leider völlig ausblieb. Hier wäre es deshalb sinnvoll gewesen, weil die Koali- tion die soziale Funktion des Mietrechts erhalten und nicht ausgehöhlt hätte. Jetzt ist es nur noch die Bloßstel- lung des eigenen Ministers. Trotzdem scheinen sich die Koalitionspartner doch noch einig geworden zu sein. Mit der Novelle von EnEV und EnEG sollen die Vor- gaben der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäu- den (2012/31/EU) umgesetzt werden. Viel zu spät han- delt die Bundesregierung. Die EU hat die Umsetzung der Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30501 (A) (C) (D)(B) Richtlinien längst angemahnt. Die Bundesregierung ist seit einem Jahr in Verzug. Ausgerechnet „Energiewende- deutschland“ droht nun eine Vertragsstrafe, weil das Re- gierungskabinett der Kanzlerin nicht in der Lage ist, EU- Vorgaben fristgerecht umzusetzen. Mit dem 4. Gesetz zur Änderung des Energieeinspa- rungsgesetzes werden zum einen die gesetzlichen Er- mächtigungsgrundlagen für die aktuelle EnEV-Novelle und wird zum anderen die grundsätzliche Pflicht zur Errichtung von Neubauten im Niedrigstenergiegebäude- standard mit Wirkung ab 2019 für Behördengebäude und ab 2021 für alle übrigen Neubauten eingeführt. Die klare Definition des Niedrigstenergiestandards wird erst in den kommenden Jahren festgelegt werden. Hier kann ich der Bundesregierung nur raten, den Anträgen der SPD- Bundestagsfraktion sowie den Empfehlungen des Bun- desrates zu folgen und die Frist für die Definition nicht voll auszuschöpfen, um zeitig Planungssicherheit für die Hausbesitzer, Bauwirtschaft und Akteure am Markt zu schaffen. Wir – die SPD-Bundestagsfraktion – begrüßen, dass in der Novelle der EnEV auf Verschärfungen der Stan- dards für die Bestandsgebäude verzichtet wurde. Unlogisch bleibt die Entscheidung für das zweistufige Modell der Anhebung der Effizienzstandards für Neu- bauten in 2014 und 2016 um jeweils 12,5 Prozent. Ich halte dies für Augenwischerei und praxisfern. Welcher Bauherr soll denn 2014 Baustandards realisieren – wohl wissend, dass diese bereits zwei Jahre später veraltet sein werden? Hier hält die SPD-Bundestagsfraktion, ge- nau wie viele Länder, eine einstufige Anhebung der Effi- zienzstandards für ehrlicher und realistischer. Die Aus- einandersetzung im Bundesrat über die Höhe der Anhebung der Energieeffizienzstandards bleibt weiter- hin spannend, da Bayern lediglich eine Anhebung von maximal 15 Prozent fordert, ganz im Gegensatz zu den Vorschlägen des zuständigen Ministers. Ich möchte hier darauf hinweisen, dass die Höhe der Anhebung der Stan- dards gut überlegt sein sollte. Das Ziel ist für 2019 bzw. 2021 festgelegt. Ein zu geringer Ansatz verschiebt die Problematik nur wenig und verschärft nach 2016 die Situation um so mehr. Die Frage des Energieausweises wird leider mit dem heutigen Gesetzesentwurf nicht gut geklärt. Die Rege- lungen nach Bedarf und Verbrauchsausweisen bleiben unangefochten stehen und tragen weiter zur Verwirrung der Verbraucher bei. Die hausgemachte Intransparenz des Systems bleibt bestehen. Wir fordern daher dringend eine Vereinheitlichung der Berechnung der Energieaus- weise. Außer wenigen Fachleuten ist kein Laie wirklich in der Lage, die unterschiedlichen Berechnungen nach- zuvollziehen oder auf Anhieb zu verstehen. Wichtiger wäre es beispielsweise vergleichende Bezugsgrößen ein- zubeziehen. Eine vierköpfige Familie hat sicher einen höheren Energiebedarf als eine zweiköpfige Familie in der gleichen Wohnung; jemand, der ganztägig daheim ist, hat einen anderen Verbrauch als jemand, der zwölf Stunden unterwegs auf Arbeit ist, und so weiter. Ver- ständlich und einfach für den Nutzer ist auch ein Labe- ling – ähnlich der bereits vorhandenen Energielabel. Ers- tens hat dies bereits einen Wiedererkennungswert und ist einfach zu handhaben. Es sollte allerdings nur eine Istzu- standsbeschreibung sein, die einfach und transparent darstellt, welche energetischen Bedingungen jeweils vorliegen. Nicht zu verstehen ist, warum für Altmieter nicht auch ein Energieausweis ausgestellt werden kann. Die Daten müssen bei Neuvermietung sowieso verpflichtend nach der jetzigen Gesetzesgrundlage erhoben und vorge- legt werden. Der Mehraufwand wäre minimal, und für eine einheitliche Verbrauchersystematik ist es unver- ständlich, warum bereits bestehende Mietverhältnisse nicht auch einen solchen Energieausweis erhalten und somit schlechtergestellt werden. Insgesamt bleiben die EnEV und das EnEG ein Bau- stein, aber nicht die alleinige Lösung für die Umsetzung von Energieeffizienz- und Energieeinsparzielen im Ge- bäudebereich. Die vorgeschriebenen Maßnahmen wer- den nur greifen, wenn gleichzeitig der richtige Anreiz und die richtige Unterstützung durch Förderprogramme der Bundesregierung erfolgt. Und hier ist der große Ha- ken. Mit dem Energie- und Klimafonds hat sich Schwarz-Gelb ein Finanzloch gegraben. Die Einnahmen für den Fonds aus dem CO2-Zertifikatehandel gehen massiv zurück, und somit bricht die Finanzierung für das KfW-Förderprogramm der CO2-Gebäudesanierung und des energetischen Bauens zusammen. Die Förderung des Quartiersansatzes der energetischen Stadtsanierung kommt ebenfalls in Bedrängnis. Die wichtigen Klima- schutzziele rücken in weite Ferne. Wir wissen bereits länger, dass sich energetische Sanierung auch langfristig nicht durch die eingesparten Energiekosten amortisiert. Daher sind Anreize dringend notwendig. Ebenso ist es notwendig, dass der Staat gezielt dort mit Förderzu- schüssen ansetzt, wo sonst die energetisch notwendigen Maßnahmen aus rein finanziellen Hinderungsgründen nicht durchgeführt werden können, und dass Härten ab- gefedert werden. Nur so wird eine Umsetzung der Ziele erfolgreich sein. Der ganzheitliche Quartiersansatz – auch im Zusam- menhang mit Barrierefreiheit, sozialer und ausgewo- gener Wohnumfeldgestaltung sowie einer an den demografischen Wandel angepassten Strategie der Stadt- entwicklung – kann durch die EnEV oder das EnEG nicht geleistet werden. Das wird aber auch in keinster Weise von der Bundesregierung bedacht. Hier zeigt sich eine weitere Schwäche der Fortschrei- bung der EnEV: Die EnEV ist mittlerweile derart über- frachtet, dass in der Expertenanhörung im Fachaus- schuss gleich von mehreren Sachverständigen darauf hingewiesen wurde, dass die EnEV in der heutigen Form sogar ungeeignet ist für die Umsetzung der Effizienz- und Einsparziele im Gebäudebereich. Hier muss endlich über den Tellerrand geschaut werden. Die unterschiedli- chen gesetzlichen Grundlagen für die energetische Gebäudebeschaffenheit, wie EnEG und EnEV sowie das Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz, EEWärmeG, müssen unter der Federführung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung mittelfristig zu- sammengeführt und Möglichkeiten der stärkeren Vernet- 30502 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) zung mit dem Ansatz des Energieeffizienten Quartiers gefunden werden. Wer Gebäude saniert, weiß, dass er dies in 20 Jahren oder mehr nur einmal machen wird. Hierbei spielt die Fi- nanzierung, aber natürlich auch die sonstige Belastung eines solchen Vorhabens eine wesentliche Rolle. Daher ist es wichtig, dass Aspekte wie altengerechte Anpassun- gen, Barrierefreiheit mit berücksichtigt und mit der ener- getischen Sanierung kombiniert werden. Dies gilt für den einzelnen Hausbesitzer ebenso wie für die Sanierung ganzer Wohnblöcke. Gerade weil jeder Euro nur einmal ausgegeben werden kann, ist ein effektiver Mitteleinsatz geboten ebenso wie ein sinnvolles Ineinandergreifen der Maßnahmen. Wir haben deshalb vorgeschlagen, die Mit- tel für die energetische Stadtsanierung nicht nur aus dem EKF in den Haushalt zurückzuführen und aufzustocken, sondern in die Städtebauförderung zu integrieren. Der Quartiersansatz spielt bereits jetzt eine wesentliche Rolle in den Kommunen (Städten und Gemeinden). Es gilt, die vor Ort geeignetsten Wege zu finden, um Energie spar- sam zu verwenden, effizient einzusetzen und regenerativ ins Quartier zu bringen. Nur durch diesen Dreiklang kann im Gebäudebestand die Energiefrage gelöst wer- den. Ein alleiniges Verschärfen der Standards wird nicht zum Erfolg führen. Leuchtturmprojekte sind nicht nur teuer in der Umsetzung, sondern sind auch meist nicht alltagstauglich. Sebastian Körber (FDP): Die beste Energie ist die, die nicht verbraucht wird. Effizienz und Einsparung von Energie im Gebäudebereich sind daher entscheidende Eckpfeiler in unserem Fahrplan zur Verwirklichung der Energiewende. Auch das vorliegende Energieeinspa- rungsgesetz, EnEG, dient diesem Ziel, denn damit wird die EU-Richtlinie über die Gesamteffizienz von Gebäu- den in deutsches Recht umgesetzt. Durch das EnEG werden die Voraussetzungen ge- schaffen, um die zur Richtlinienumsetzung noch zu re- gelnden Aspekte in die Energieeinsparungsverordnung, EnEV, aufzunehmen. Anlass für die Änderung der EnEV sind – neben der Umsetzung dieser neu gefassten EU-Ge- bäuderichtlinie – auch die Beschlüsse der Bundesregie- rung zum Energiekonzept und zur Energiewende, soweit diese das Energieeinsparrecht für Gebäude betreffen. Darüber hinaus soll ab 2019 die Einführung des Nied- rigstenergiestandards für Gebäudeneubauten, die von Behörden als Eigentümer genutzt werden, beziehungs- weise ab 2021 generell für alle neu zu errichtenden Ge- bäude verankert werden. Die gewählte offene Umsetzung ist eine vernünftige Lösung, um der geänderten EU-Gebäuderichtlinie zu entsprechen. Richtig ist insbesondere der in der Begrün- dung aufgegriffene Ansatz, dass der sehr geringe Ener- giebedarf nicht absolut betrachtet werden darf, sondern auf die jeweilige Gebäudenutzung abzustellen ist. Dies gilt auch für die Auffassung, dass erneuerbare Energien nur so weit möglich eingesetzt werden müssen. Die Änderung des EnEG betrifft insbesondere die Re- gelung von Kontrollmaßnahmen bei Neubauten zur Ein- haltung der EnEV-Anforderungen – beabsichtigt sind ob- ligatorische Stichprobenkontrollen bei Neubauten durch die Länder –, die Einführung eines europarechtlich vor- gegebenen Stichprobenkontrollsystems für Energieaus- weise und Inspektionsberichte über Klimaanlagen, meh- rere ebenfalls europarechtlich bedingte Vorgaben, die das Instrument des Energieausweises stärken, die Vorbild- funktion bei Behördengebäuden schon ab 2017 sowie strikter Datenschutz bei Gebäudedatenauswertung. Die Koalitionsfraktionen haben im Rahmen der Bera- tung auch eine nicht mehr zeitgemäße Regulierung ge- strichen, die aus der Zeit vor der Energiewende stammt. Die Verordnungsermächtigung zur zwangsweisen Au- ßerbetriebsetzung von Nachtspeicherheizungen entfällt. Hausbesitzer können wieder frei entscheiden, wann sie ihre Heizungsanlage austauschen. Damit setzen wir als FDP ein Wahlversprechen um. Keine Frage: Gerade im Gebäudebestand gibt es noch große Potenziale. Hier wird noch viel zu viel Energie verschwendet, und das bedeutet zugleich: Bares Geld wird sprichwörtlich nutzlos aus dem Fenster – und durch die restliche Gebäudehülle – schlecht isolierter Häuser geworfen; übrigens nicht zuletzt begünstigt durch alte Heizungsanlagen und fehlende innovative Gebäudetech- nik, obwohl Deutschland hier Weltmarktführer ist. Ge- rade die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen wer- den dadurch überproportional belastet. Ich denke, da sind wir uns einig. Es kommt wie immer auf die Definition neuer Ener- giestandards an – das EnEG ist sicher kein Freibrief für eine überzogene EnEV: Die momentan intensiv im Bun- desrat beratene EnEV-Novelle sieht vor, die energeti- schen Anforderungen für den Neubaubereich um insge- samt 25 Prozent in zwei Stufen bis 2016 zu verschärfen. Ich sehe das in Höhe und Umsetzung für im Grenzbe- reich des wirtschaftlich Zumutbaren und wünsche mir Nachbesserungen. Ich kann mir 15 Prozent in nur einer Stufe vorstellen. Wenn sich die Anforderungen erhöhen, schlägt sich das auf die Mieten nieder, bei Neubauten kann das schnell eine Baukostensteigerung um 5 Prozent oder mehr ausmachen. Gerade für den notwendigen Ge- schosswohnungsneubau in Ballungsräumen entstehen damit ungünstige Rahmenbedingungen, und letztlich droht eine politisch ja wohl kaum gewollte Mietenver- teuerung. Gleichermaßen erschweren diese Kostenstei- gerungen den Wohneigentumserwerb, insbesondere bei Einfamilienhäusern. In der öffentlichen Anhörung des Bauausschusses wurden meine Bedenken durch die Sachverständigen der gesamten Wohnungswirtschaft so- wie des Städtetages bestätigt. Die FDP-Fraktion hat in diesem Zusammenhang – die EnEV steht ja nicht zur Beratung hier im Hause an – deutlich bekundet, dass sie überzogene Anforderung ablehnt. Ich bin zuversichtlich, dass dieses Signal angekommen ist und auch bei den ab- schließenden Beratungen im Bundesrat, bei denen sicher noch einiges bewegt wird, Widerhall findet. Ich fühle mich jedenfalls in meiner Haltung nicht nur durch die Immobilienwirtschaft bestätigt, zumal auch die Bayerische Staatsregierung bereits angekündigt hat, man werde bei der EnEV-Novellierung sehr genau da- rauf achten, unvertretbare Belastungen zu vermeiden. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30503 (A) (C) (D)(B) Die Planungen des Bundes, die primärenergetischen An- forderungen um 25 Prozent erhöhen, bewertet der für Woh- nungsbau zuständige Innenminister Joachim Hermann, CSU, mit bemerkenswert deutlichen Worten. Zitat aus einer Pressemitteilung von heute: „Das ist grober Un- fug.“ Also, liebe Kollegen der CSU, ich hätte es freund- licher ausgedrückt, aber die Tendenz teile ich ausdrück- lich! FDP und CSU Hand in Hand – das ist eben auch in dieser Frage gut für den Bund und gut für Bayern! Wir müssen die Menschen bei unseren Entscheidun- gen mitnehmen und dürfen sie nicht überfordern. Denn was wir sicher nicht wollen, ist, dass eine Anhebung der Anforderungen zu einer Verlangsamung der Sanierungs- dynamik führt. Unser Ziel bleibt, dass sich möglichst viele Gebäudeeigentümer freiwillig und ohne Zwang für einen energetischen Standard entscheiden, der besser ist als das Ordnungsrecht. Dafür wird von uns das erfolgrei- che CO2-Gebäudesanierungsprogramm mit jährlich 1,5 Milliarden Euro Finanzausstattung als Zugpferd der Energiewende intensiviert. Seit Jahresbeginn werden zu- sätzlich für Zuschüsse – insbesondere an selbstnutzende Eigentümer – für acht Jahre jährlich 300 Millionen Euro, insgesamt also 2,4 Milliarden Euro, aus Bundesmitteln bereitgestellt. Die steuerliche Förderung der energeti- schen Sanierung, der „schlafende Riese“ mit riesigen Potenzialen für die Gebäude der 50er-, 60er- und 70er- Jahre, ist ja am rot-grünen Widerspruch im Bundesrat gescheitert! Damit stehen 2013 und 2014 jährlich 1,8 Milliarden Euro allein für diese KfW-Programme für Zinsverbilligungen und direkte Tilgungszuschüsse zur Verfügung. Für die kommende Legislaturperiode wäre es sinn- voll, als Beitrag zu Verständlichkeit, Vereinfachung und insbesondere Entbürokratisierung zu prüfen, wie das ge- bäudebezogene Energierecht vereinfacht, zusammenge- fasst und intelligent weiterentwickelt werden kann. Wir wollen die Förderung der Investitionsbereitschaft auf breiter Basis, Vermeidung von unnötigen Mieterhö- hungen, Planungssicherheit für Investoren und die Er- haltung von Eigentum, denn die Energiewende muss für die Bürger nachvollziehbar und bezahlbar sein. Rot- Grün steht hingegen auch hier für Blockade, Verbote und Mehrbelastungen! Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Den Weg, den die Bundesregierung bei der Energieeffizienzpolitik be- schreitet, konnte man letztens bei der Vorstellung der Dena-Studie gut betrachten, welche die Vor- und Nach- teile von Verpflichtungs- und Anreizsystemen unter- suchte. Der Vertreter des BMWi schloss sich vollinhalt- lich der umstrittenen, von RWE finanzierten Studie an. Deren Ergebnis fällt so aus, dass – wie überraschend – die deutschen Energieeffizienzanreizsysteme die besten der Welt sind, während Verpflichtungssysteme, wie sie etwa in Dänemark existieren, keine Alternative wären. Die wesentlichen Vorteile von Verpflichtungssyste- men, nämlich klare Zielvorgaben, klare Verantwortlich- keit für die Zielerreichung und ein haushaltsunabhängi- ges Budget, um die Ziele zu erreichen, wurden dabei vollkommen ignoriert. Zudem hat die Studie etliche an- dere Fehler, wie ein DENEFF-Papier zum Thema nach- weist. Aber die Bundesregierung scheut Verpflichtungen für Wirtschaft und Hauseigentümer wie der Teufel das Weihwasser. Und genau hier sind wir beim Gebäudebe- stand. Die jährliche Sanierungsquote muss auf 2 bis 3 Prozent verdoppelt werden. Ansonsten sind die Lang- fristklimaschutzziele Deutschlands nicht zu erreichen. Energieeinspargesetz und Energieeinsparverordnung stellen aber auch nach dieser Novelle fast ausschließlich auf den Neubau ab. Bestandssanierungen kann man, muss man aber nicht durchführen. Die KfW-Fördermit- tel für die Gebäudesanierung sind also lediglich ein An- reizsystem – ein wirklicher Sanierungsfahrplan steht in den Sternen. Im Übrigen ist mit dem Anreizen auch bald Schluss. Es herrscht ja Ebbe in den Kassen des Energie- und Klima- fonds, EKF. Auch weil die Bundesregierung Reformen beim EU-Emissionshandel blockiert, sind die CO2-Preise dauerhaft im Keller und damit auch die Auktionserlöse, aus denen sich der EKF speist. Für eine zukunftsweisende Energieeffizienzpolitik – nicht nur im Gebäudebereich – fehlen damit die Mittel. Und die Bundesregierung hat sie sich selbst weggeschossen – bravo! Klar ist: Wir brauchen eine solide Finanzierung. Denn insbesondere bei Sanierungen im Gebäudebestand brin- gen die Sanierungen vielfach weniger Einsparungen an Heizkosten als sie kosten. Zum Schutz der Erdatmo- sphäre gibt es zur Klimasanierung der Häuser dennoch keine Alternative. Die Finanzierungslücke muss also so geschlossen werden, dass unter dem Strich die Warm- mieten nicht steigen. Ansonsten droht eine Verdrängung ärmerer Haushalte. Aus diesem Grund sollte die Förderung des Gebäude- sandes über die drei Säulen KfW-Gebäudesanierungs- programm, steuerliche Förderung und Hilfen über För- derfonds für eine soziale Stadtteilentwicklung von gegenwärtig etwa 1,5 Milliarden Euro auf mindestens 5 Milliarden Euro angehoben werden. Dabei kann der Förderfonds für eine soziale Stadtteilentwicklung Kom- munen dabei unterstützen, in Stadt- oder Ortsteilen mit einem hohen Anteil einkommensschwacher Haushalte spezielle Programme für ein soziales Quartiersmanage- ment und Härtefälle einzurichten. Die Finanzierung und ihre soziale Dimension ist nur eine Seite des Problems. Eine erfolgreiche Klimapolitik im Gebäudebereich braucht zugleich verbindliche Vor- gaben. Für einen sehr interessanten Beitrag zur Debatte hält die Linke hier die Vorschläge der Diskussionsschrift „Strategie für eine wirkungsvolle Sanierung des deut- schen Gebäudebestandes“, welche im Auftrag des Na- turschutzbunds Deutschland, NABU, im Oktober letzten Jahres erstellt wurde. Danach ist seitens der Bundesre- gierung ein verbindlicher Sanierungsfahrplan zu erstel- len, der stufenweise bis 2050 zu erreichende Klima- schutzklassen für Gebäude festschreibt. Das Charmante an diesem Vorschlag ist, dass er nicht auf starrem Ordnungsrecht beruht. Er schafft zwar ver- pflichtende Standards, aber zugleich flexible Rahmenbe- 30504 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) dingungen, wie bzw. wann diese zu erreichen sind. So kann vom Stufenplan – also dem Erreichen einer festge- legten Klimaschutzklasse zu einem bestimmten Zeit- punkt – zeitlich abgewichen werden. Wird die Klima- schutzklasse früher erreicht, sind Prämienzahlungen an den Hauseigentümer vorgesehen, während bei einer spä- teren Umsetzung spürbare Maluszahlungen anfallen wür- den. Letztere könnten die vorgenannten Prämien (teil-)fi- nanzieren. Damit wäre Raum geschaffen, energetische Teil- oder Grundsanierungen besser in den „natürlichen Sanierungszyklus“ des jeweiligen Gebäudes zu integrie- ren. Ein solches System halten wir für vorteilhaft, da so besser verhindert werden kann, dass beispielsweise noch funktionstüchtige Fenster oder Türen im Rahmen von energetischen Sanierungen ausgetauscht werden. Dies wiederum dient der Kostensenkung, also Mietern und Vermietern, sowie dem Ressourcenschutz. Allerdings meinen wir – über den NABU-Vorschlag hinausgehend –, dass über solche Flexibilisierungsoptionen nicht unbe- grenzt Sanierungsstufen ausgelassen oder aufgeschoben werden dürften. Die Bundesregierung hat dagegen überhaupt keinen Plan, welche Vorgaben sie Hauseigentümern machen will. Sie ist hier vollkommen fantasielos und lässt die Sache letztlich laufen. Wahrscheinlich weil sie weiß, dass viele Hauseigentümer sich den Ärger sparen wol- len, der mit Sanierungen zwangsläufig verbunden ist. So spart die Koalition dann auch Geld für Zuschüsse. Das passt dann wieder ganz gut damit zusammen, dass die Bundesregierung, wie oben beschrieben, offensichtlich wenig Interesse an stabilen Einnahmen des EKF durch eine Reform des Emissionshandels hat. Hier schließt sich der Kreis: Blockade einer zukunfts- fähigen Klimaschutzpolitik im Gebäudebereich wie bei Energieerzeugungs- und Industrieanlagen. Zahlen dafür werden die einfachen Leute mit langfristig steigenden Heizkosten sowie natürlich die Erdatmosphäre. Auch darum gehört diese Regierung abgewählt. Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was wir in Sachen Energieeinsparungsgesetz und Ener- gieeinsparverordnung erlebt haben, ist kaum zu glauben. Zunächst kann sich das federführende Haus des Baumi- nisters kaum mit dem BMWi und dem BMU auf einen Entwurf einigen, sodass die Bundesregierung kurz vor einem Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Union steht. In der Anhörung im Bauauschuss zum Ge- setzentwurf lobbyiert RWE munter für eine Streichung des § 10 a in der Energieeinsparverordnung mit dem Ziel, dass die alten Asbestschleudern von Nachtspei- cheröfen aus den 1960er-Jahren weiter betrieben werden können. Die Koalition greift das dann auch noch in ei- nem Änderungsantrag entsprechend auf. Anforderungen hinsichtlich Modernisierung der bestehenden höchst in- effizienten Stromspeicheröfen? Fehlanzeige! Noch nicht einmal das haben Sie richtig hinbekommen. Und als Nächstes wurde dann im April die Lesung im Bauauschuss auf Betreiben des Koalitionspartners FDP geschoben. Ursache hierfür ist, dass der FDP die energe- tischen Anforderungen an den Neubau im eigenen Ge- setzentwurf zu weit gehen. Am Ende konnte sie sich aber nicht durchsetzen. Aber das ist in dieser Koalition auch nichts wirklich Neues. Hinzu kommt weiterhin die unsichere Finanzierung der Förderprogramme für die energetische Gebäudesa- nierung über den Energie- und Klimafonds. Der Preis für CO2-Zertifikate liegt aktuell bei knapp 3,50 Euro. Eine Reform des Zertifikatehandels ist also nicht länger auf- schiebbar. Aber eine konservativ-liberale Mehrheit im EU-Parlament hat eine Reform des Zertifikatehandels abgelehnt, die zu einem Anstieg der Zertifikatepreise und somit zu einer Verbesserung der Einnahmeseite des EKF geführt hätte. Herzlichen Glückwunsch zu einem so „klug abgestimmten“ Handeln. Dies macht deutlich, dass die Koalition, aber auch die Parteifreunde in Brüs- sel zu keiner gemeinsamen entschlossenen Haltung fin- den, wie sie die Energiewende im Gebäudebereich vo- ranbringen soll. Wir haben den Gesetzentwurf von Anfang an kriti- siert; denn dieser ist schlicht nicht geeignet, die Energie- wende im Gebäudebereich voranzubringen und den Kli- mawandel auch nur einen Tag zu verzögern. Die Verschärfung des Neubaustandards in zwei Stu- fen im aktuellen Entwurf bietet keinen verlässlichen Rahmen für Bauherren, Bauwirtschaft und Hersteller von Bauprodukten; denn so verbleibt man in der Syste- matik ständiger Änderungen der 2002 eingeführten Ver- ordnung, wie zuletzt 2004, 2007 und 2009. Das ist nicht gerade hilfreich für die beteiligten Marktteilnehmer. Und Sie setzen das auch noch so fort. Darüber hinaus werden die Mieterinnen und Mieter mit der Kostenfalle Heizung alleingelassen. Eine von uns in Auftrag gegebene Studie hat gezeigt, dass im Wärmemarkt allein für 12 Millionen deutsche Haushalte Heizöl mittlerweile zur Preisfalle geworden ist: In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Heizölpreise in Deutschland um über 150 Prozent erhöht. Mit dem vorgelegten Entwurf der Bundesregierung werden also gerade Mieterhaushalte zusätzlich belastet, da die Verbesserung der primärenergetischen Anforde- rungen zu keinerlei Energieeinsparung führt. Damit tra- gen die Mieter zwar die Kosten, haben aber keinen Nut- zen von der energetischen Sanierung. Dies wird nicht zur Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung beitragen. Hinzu kommt, dass erneuerbare Energien auf- grund der Lockerung der Anforderungen an den Wärme- schutz verschwendet werden. Dies ist nicht zielführend im Sinn des Verbraucherschutzes und der Energiewende. Die vorgesehene Erhöhung der Effizienzstandards für Neubauten wird gerade über die Hintertür wieder kas- siert. Das hat fatale Folgen. Denn Neubauten, die heute mit einem Standard gebaut werden, der nicht zielführend ist, müssen – das ist absehbar – aufwendig und teuer sa- niert werden. Die Novelle der Energieeinsparverordnung – EnEV – sollte entsprechend der Ziele im Gebäudebereich mit Blick auf 2020 ausgerichtet werden und schon heute eine langfristige Perspektive für Immobilienbesitzer, Mieter, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30505 (A) (C) (D)(B) Bauwirtschaft und Produktehersteller bieten. So werden Planungs- und Investitionssicherheit hergestellt. Wir streben für den Neubau ab 2019 das 1,5-Liter- Haus an, das pro Quadratmeter und Jahr nicht mehr als 15 kWh für Wärme und Kühlung benötigt. In einem weiteren Schritt wollen wir den Standard Energie-Plus- Haus für alle Neubauten einführen. Bis 2020 streben wir einen Energiestandard für Vollsanierung mit maximal 70 Kilowattstunden Energiebedarf für Wärme und Kühlung pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr an. Bei Instand- setzung oder Modernisierung einzelner Bauteile oder Anlagen sollten diese auf einen anteilig entsprechenden Energiestandard, der sich ab dem Jahr 2020 am 7-Liter- Haus orientiert, verbessert werden. Diese einzelnen Maßnahmen sollten so ausgeführt werden, dass sie in der Summe das 7-Liter-Haus-Niveau erreichen. Wir wollen also keine Zwangssanierung, sondern orientieren uns an immobilienwirtschaftlichen Investitions- und Instand- haltungszyklen: Wenn saniert wird, dann auf einem sinn- vollen und wirtschaftlichen Niveau. Unsere aktuelle Stu- die zeigt: Bei Vollsanierungen sanierungsbedürftiger Gebäude ist dieser Standard heute schon wirtschaftlich, für Vermieter, Mieter und Selbstnutzer. Weiterhin müssen Energieeinsparungsgesetz, Ener- gieeinsparverordnung und Erneuerbare-Energien-Wär- megesetz besser aufeinander abgestimmt und gegebe- nenfalls zusammengeführt werden. Auch ist dringend ein bundesweites Klimaschutzgesetz erforderlich, um ei- nen föderalen Flickenteppich in diesem Bereich zu ver- meiden. Wir Grüne wollen Transparenz herstellen und den Energieverbrauch nachvollziehbar machen. Wir fordern daher die Einführung eines einheitlichen Bedarfsauswei- ses, welcher den Energiebedarf eines Gebäudes unab- hängig vom individuellen Nutzerverhalten darstellt. Um Akzeptanz und Verständlichkeit zu erhöhen, ist die Ein- führung der gängigen Energieeffizienzklassen überle- genswert. Die Vielzahl der Ausweise hat die Marktteilnehmer verunsichert und Ausweichstrategien gefördert. So wird zunehmend, beispielsweise bei Abschluss von Kaufver- trägen über Immobilien, vertraglich vereinbart, dass der gesetzlich vorgeschriebene Energieausweis nicht vorlie- gen muss. Offenbar führt die Vielzahl der Ausweise auf- grund der Komplexität und schweren Nachvollziehbar- keit nicht zu der gewünschten Akzeptanz bei den Verbrauchern. Eine Vereinheitlichung und Überführung hin zu einem bereits bekannten System der Darstellung kann die Akzeptanz bei den Verbrauchern erhöhen. Diese Ausweise sollten einen individuellen Sanie- rungsfahrplan mit konkreten Modernisierungsempfeh- lungen für die Eigentümer enthalten. Mit dieser Dienst- leistung erhalten die Eigentümer Orientierung über mögliche Maßnahmen und ihre Alternativen. Der Aus- weis sollte bei Verkauf und Vermietung verpflichtend vorgelegt werden müssen. Wir Grüne wollen die Förderung stärken und so Vertrauen schaffen. Die Förderkulisse sollte die ver- schiedenen Eigentumsformen wie etwa Selbstnutzer, Kleinvermieter, Wohneigentumsgemeinschaften, Genos- senschaften oder Wohnungswirtschaft stärker berück- sichtigen. Die Förderung sollte vermehrt auf eine Zu- schussförderung abgestellt werden, da zinsverbilligte Darlehen derzeit für viele Haushalte völlig uninteressant sind. Konkret sind die CO2-Gebäudesanierungsprogramme der KfW auf 2 Milliarden Euro aufzustocken und aus dem regulären Bundeshaushalt zu finanzieren. Ergänzend hierzu wollen wir den Aufbau eines echten und verlässlich finanzierten grünen Energiesparfonds in Höhe von drei Milliarden Euro. Dieser fördert Maßnah- men für Wärme- und Stromeffizienz, insbesondere in Haushalten mit geringem Einkommen. Weiterhin treten wir nach wie vor für eine steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung für Selbstnutzer ein. Diese sollte progressionsunabhängig, sozial gerecht und ökologisch zielführend ausgestaltet sein. Anlage 15 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Export von Überwa- chungs- und Zensurtechnologie an autoritäre Staaten verhindern – Demokratische Proteste unterstützen (Zusatztagesordnungspunkt 6) Erich G. Fritz (CDU/CSU): Dass Sie, sehr verehrte Kollegen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, mit Ihrem Antrag Gutes beabsichtigen, möchte ich nicht be- zweifeln. Denn wir reden über ein wichtiges Thema. Da- her möchte ich mich bei Ihnen dafür bedanken, dass auch Sie dieses Thema zur Sprache bringen. Wir brau- chen eine öffentliche und politische Debatte über die Zu- kunft von Cybersecurity. In diesem Rahmen müssen wir darüber sprechen, wie wir „Überwachungstechnologie“ weltweit besser regulieren können. Ich freue mich, dass wir auch im Bundestag, nämlich im Unterausschuss für „Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung” am 17. April über dieses Thema diskutiert haben. Denn die technischen und politischen Entwicklungen der letzten Jahre stellen uns, aber auch alle anderen Länder vor entscheidende Herausforderun- gen. Und die Dinge müssen zusammenhängend betrach- tet werden. Die transformative Kraft des Internets hat auch einen enormen Einfluss auf Fragen der Menschenrechte, ins- besondere der Meinungsfreiheit. Das Internet hat sich zu einem Synonym für die Veränderungen und Möglichkei- ten der Globalisierung entwickelt. Große Chancen gehen Hand in Hand mit schwerwiegenden Risiken. Beides, die Chancen und die Risiken, haben sich in den politischen Umwälzungen in den Ländern des Nahen und Mittleren Ostens manifestiert: Einerseits haben wir uns über die demokratieför- dernde Wirkung der Neuen Medien gefreut, das muss man auch sagen dürfen. Und andererseits sehen wir, dass 30506 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) neue Kommunikationstechnologien, sei es aus Deutsch- land oder anderen Innovationsstandorten, für niedere Zwecke missbraucht werden können. Genau hier müssen wir differenzieren. Denn Überwa- chungssoftware ist nicht per se schlecht. Zu Überwa- chungssoftware zählen Programme, die zur Kommuni- kationsüberwachung geeignet sind. Die Anwendung von Kommunikationstechnologie ist ein legitimes Mittel, von dem Polizei und Nachrichtendienst profitieren, um unseren Rechtsstaat zu schützen. Um es klar zu sagen: Überwachungstechnologie kann dabei helfen, Verbre- chen zu verhindern. Und deshalb ist es gut, dass wir in Deutschland innovative Unternehmen unterstützen, die unsere Softwaretechnologien weiterentwickeln und auch exportieren. Gefährlich wird es in der Tat, wenn diese Überwa- chungstechnologie missbraucht wird zu Zwecken der in- ternen Repression zum Beispiel für die Überwachung und Verfolgung Oppositioneller und von Minderheiten. Undemokratische Staaten dürfen nicht die technischen Mittel bekommen, um ihre Bürger auszuspionieren und zu bedrohen. Dieses Ziel eint uns. Cybersecurity ist daher eine große politische Heraus- forderung auf nationaler und internationaler Ebene. Ei- nes ist sicher: Kein Staat kann den Cyberspace alleine regieren. Daher müssen wir international zusammenar- beiten, um Antworten auf drängende Fragen zu geben, auch in Bezug auf Überwachungstechnologien. Damit keine Missverständnisse entstehen: Die deut- sche exportkontrollpolitische Linie zu Überwachungs- software ist bereits kritisch und strikt einzelfallbezogen, sofern die Güter im Rahmen der bestehenden rechtlichen Regelungen kontrolliert werden können. Die Politischen Grundsätze der Bundesregierung und der Gemeinsame Standpunkt der EU zur Kontrolle der Ausfuhr von Mili- tärtechnologie sehen vor, dass die Einhaltung von Men- schenrechten im Empfängerland und der mögliche Miss- brauch der zu liefernden Ware geprüft werden. Zudem gibt es im Bereich der sogenannten Dual-Use- Güter – Güter mit doppeltem Verwendungszweck: im zi- vilen und militärischen Bereich – mit der EU-Dual-Use- Verordnung eine Regelung, in der vergleichbare Krite- rien an den Export gestellt werden. Wichtige Parameter, die bei der Bewertung der Aus- fuhrvorhaben bereits gelten und bei sensitiven Empfän- gerstaaten besonders sorgfältig geprüft werden, sind: Nutzungspotenziale der Güter, angegebene Endverwen- dung, Aufgabenprofil des Endverwenders, bestehende gesetzliche Regelungen des Einsatzes von Technologien und mögliche Hinweise auf innere Repression. Der Export von Software muss also in vielen Fällen vorher genehmigt werden. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Software von der Ausfuhrliste erfasst ist. Wenn beispielsweise eine Werkzeugmaschine aufgrund ihrer technischen Merkmale ausfuhrgenehmigungspflichtig ist, dann ist auch die zugehörige Steuerungssoftware ge- nehmigungspflichtig. Dies gilt dann auch für nachträg- lich gelieferte Softwareanpassungen. Neben den „normalen“ Exportkontrollvorschriften sind Embargos zu beachten. Zum Teil sind Güter im Be- reich der Überwachungssoftware bereits durch EU- Sanktionen erfasst. Dafür hatte sich auch Bundesminis- ter Westerwelle seit 2011 ausgesprochen. Dem wurde im Rahmen der EU-Sanktionen gegen Syrien und Iran be- reits Rechnung getragen. Unser Problem besteht darin, dass Softwareprodukte nicht immer als Dual-Use-Güter gelten oder auf der Aus- fuhrliste stehen und daher oft nicht unter die zu kontrol- lierenden Güter fallen. Es gibt noch keine übergreifende Exportkontrolle für jede Form von Überwachungssoft- ware. Die Bundesregierung arbeitet aktuell daran, den Export von Überwachungssoftware stärker regulieren zu können. Grundsätzlich kann die Ausfuhr von Überwachungs- software in die Länder, in denen Missbrauch vorherzuse- hen ist, nur überwacht werden, wenn diese als zu kon- trollierendes Gut auf Ausfuhrlisten aufgenommen ist. Erst dann besteht die Verpflichtung, vorab eine Ausfuhr- genehmigung zu beantragen. Es wird also an der Erfassung von Überwachungs- software durch exportkontrollpolitische Regime gearbei- tet, ohne dass es bislang bereits ein Ergebnis gäbe – ei- ner Herausforderung, der wir uns stellen müssen. Im Übrigen sind andere Staaten dabei nicht weiter als wir. Nun kritisieren Sie in Ihrem Antrag, dass die Bundes- regierung trotz anders lautender Absichtserklärungen, nicht tätig geworden sei, um die Exportkontrolle für Gü- ter der Überwachungstechnik zu verschärfen. Diese Be- hauptung zeigt, dass Sie sich nicht gut genug informiert haben, oder aber, dass Sie vor der Bundestagswahl eine Chance wittern, ein emotionales Thema für Ihren Wahl- kampf zu missbrauchen. Und das wäre vor dem Hinter- grund der ernsthaften Thematik sehr schade. Fakt ist: Diese Bundesregierung stellt sich den verän- derten technologischen Rahmenbedingungen und re- agiert angemessen auf sie. Das Motto lautet auch hier: Qualität ist wichtiger als ein Schnellschuss aus der Hüfte. Ich glaube, ich spreche für die gesamte Koalition, wenn ich das Bestreben der Europäischen Kommission, die Effizienz und Wirksamkeit des europäischen Aus- fuhrkontrollsystems für Dual-Use-Güter zu optimieren, ausdrücklich unterstütze. In Ihrem Antrag, verehrte Kollegen von den Grünen, sprechen Sie das Wassenaar Arrangement an. Das Was- senaar Arrangement ist das internationale Exportkon- trollregime für konventionelle Waffen und für relevante Dual-Use-Güter und -technologien. Die in Deutschland geltenden Güterlisten für Dual-Use-Güter werden haupt- sächlich in den internationalen Exportkontrollregimen, wie dem Wassenaar Arrangement, verhandelt und be- schlossen. Deren Umsetzung in unmittelbar geltendes Recht erfolgt durch die Europäische Union (in Anhang I der Dual-Use-Verordnung (EG) Nr. 428/2009). Ziel des Wassenaar Arrangement ist die Schaffung harmonisierter Exportkontrollen für diese Güter. Gerne teile ich Ihnen mit, dass im Moment Diskussionen im Bereich des Wassenaar Arrangement über die Aufnahme Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30507 (A) (C) (D)(B) bestimmter Güter aus dem Bereich Überwachungssoft- ware in die Kontrolllisten stattfinden, an der die Bundes- regierung sich konstruktiv beteiligt. Im Kontext der EU- Dual-Use-Verordnung gibt es auch Diskussionen über eine „catch all“-Klausel, deren Wirksamkeit allerdings von verschiedener Seite angezweifelt wird. Sicherlich wissen Sie, verehrte Kollegen von den Grünen, auch, dass eine Regelung auf internationaler Ebene – zum Beispiel im Wassenaar Arrangement oder in der EU – ein langwieriges Unterfangen ist. Dies hängt zusammen mit der notwendigen technischen Spezifizie- rung, der Einigung zwischen den Mitgliedstaaten und mit der darauf folgenden Aufnahme in europäische und nationale Ausfuhrlisten. Die Leitlinien des Wassenaar- Abkommens sehen vor, dass die zu kontrollierenden Gü- ter klar, präzise und anhand objektiver Parameter be- schrieben werden sollen. Durch die rasante technische Weiterentwicklung im Bereich der Überwachungssoft- ware ist es sehr schwierig, klar zu bestimmen, welche Überwachungstechnologien auf die Ausfuhrliste gehö- ren und wie diese genau definiert sein sollen. Zudem haben viele Überwachungstechnologien mehrere Funk- tionalitäten und sind auch für den ordnungsgemäßen Betrieb des Telekommunikationsnetzes erforderlich. Technisch präzise Listungen solcher Güter sind daher unverzichtbar, und darüber reden wir gerade. Es muss deswegen mit klaren Begrifflichkeiten argu- mentiert werden (wie im Wassenaar Arrangement vorge- sehen). Ein Beispiel: Der Begriff „digitale Waffen“ für Überwachungssoftware ist plakativ, könnte aber zu einer Verharmlosung der schrecklichen unmittelbar tödlichen Wirkung „echter“ Waffen führen. Wir sollten diese Sa- chen auseinanderhalten. Zudem wird im öffentlichen Raum Überwachungssoftware gelegentlich als Dual- Use-Gut bezeichnet, weil es legale und illegale Nut- zungsmöglichkeiten gebe. Dual-Use-Güter sind aber sol- che, die sowohl im militärischen als auch im zivilen Be- reich genutzt werden. So laut Sie auch schreien: Man kann diese Regelun- gen nicht übers Knie brechen. Solch eine Regelung ist aber bei Einigung der Mitgliedstaaten sehr zielführend. Eine Ausweitung der Kontrollen in diesem Rahmen hätte internationale Kontrollen von Überwachungssoft- ware zur Folge. Beschlüsse des Wassenaar Arrangement würden in EU-Recht umgesetzt und wären damit auch für alle Mitgliedstaaten der EU unmittelbar geltendes Recht. Die Bundesregierung hat mir versichert, sich für eine schnelle Regelung starkzumachen. Sollte eine Verständi- gung auf internationaler Ebene nicht erreicht werden können, wird die Bundesregierung Maßnahmen auf EU- Ebene prüfen. Sie sehen also, die Vorwürfe in dem vor- liegenden Antrag sind völlig unbegründet. Die Diskussion im politischen und öffentlichen Raum zeigt, dass sich das Thema weiterentwickelt und den- noch eine Herausforderung bleiben wird. Parallel zu den laufenden Verhandlungen könnten Hersteller von Über- wachungssoftware auch über eine Selbstverpflichtung nachdenken, die den Export nicht gelisteter Güter in be- stimmte Staaten ausschließt. Sie sehen die Komplexität dieser Fragen und dass sich durchaus etwas bewegt, wenngleich es einen langen Atem braucht. Ich bin überzeugt, dass dieses Thema bei unserer Bundesregierung in guten Händen ist, und lehne den vorliegenden Antrag daher ab. Dennoch freue ich mich über einen regen Austausch. Insbesondere darf diese Debatte sich nicht auf Deutschland beschränken, sondern muss international geführt werden. Klaus Barthel (SPD): Auch für Krieg und Gewalt bei innerstaatlichen und zwischenstaatlichen Konflikten muss das Internet, müssen Bits und Bytes immer mehr herhalten. Die Wirkung kann genauso tödlich sein wie „unmittelbares“ Kriegsmaterial. Informations- und Kommunikationstechnologien entziehen sich in beson- derer Weise klassischen und belastbaren Definitionen von „Rüstung“ oder „Waffe“, „Dual-Use“ ist in Fällen zum Beispiel von Software noch schwerer abgrenzbar als bei anderem Kriegsmaterial. Von daher sind auch Einschränkungen und Verbote schwer zu praktizieren und zu kontrollieren. Betroffene Unternehmen weisen mit Recht darauf hin, dass es auch die Falschen treffen könnte. Allerdings gibt es genug Beispiele, bei denen die Zwecke einschlägiger Exporte schon vorher erkennbar sind. Der vorliegende Antrag liefert leider wenige kon- krete und handhabbare Hinweise für Kontrollen und Ver- bote. Heute kann es nur darum gehen, ein Nachdenken über diese Problematik zu befördern. An Berichte, wonach der Export von Panzern nach Saudi-Arabien, Katar und Indonesien in wachsendem Umfang und wiederholt genehmigt wird, musste sich die Öffentlichkeit in Deutschland in den letzten dreieinhalb Regierungsjahren von Schwarz-Gelb leider gewöhnen. Neben materiellen Rüstungsexporten fällt in die Amts- zeit dieser Bundesregierung auch der Export von Späh- software und Überwachungsprogrammen, die massiv Menschenrechte wie die Meinungs- und Pressefreiheit beeinträchtigen können. Im Einzelnen sieht das dann so aus: Deutsche Unter- nehmen schreiben Programme, mit denen E-Mails mit- gelesen, Skype-Gespräche mitgeschnitten oder Benut- zer von Computern direkt abgehört oder sogar gefilmt werden können. Nach Fertigstellung der Software wird sie an interessierte Länder verkauft, und diese setzen sie dann gegen unliebsame Oppositionelle im eigenen Land oder im Ausland ein. Nach einem Bericht des NDR- Medienmagazins ZAPP vom 7. Dezember 2011 wurden mindestens folgende Länder mit Software-Know-how aus Deutschland beliefert: Syrien, Bahrain und Iran. Die Menschenrechtslage in diesen Ländern zeigt ein mehr als besorgniserregendes Bild: Im ansonsten mit Sanktionen belegten Iran werden, gemessen an der Be- völkerungszahl, die meisten Todesurteile weltweit voll- streckt. In Bahrain wurden im Februar und März 2011 Proteste brutal niedergeschlagen. Es gab 35 Tote und Hunderte Verletzte. Das Thema Syrien kann hier nur er- wähnt, aber nicht ernsthaft abgehandelt werden. Und wie reagiert die schwarz-gelbe Bundesregie- rung? Auf die Kleine Anfrage der Grünen, Bundestags- drucksache 17/8052, ob die Bundesregierung aus den 30508 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) damals bekannten Entwicklungen des Exports von Über- wachungs- und Zensursoftware Rückschlüsse hinsicht- lich einer Überarbeitung der Exportrichtlinien ziehen wolle, antwortete diese, dass sie nicht plant, die Richtli- nien zu überarbeiten, und dass sich die bestehenden Re- gelungen bewährt hätten. Für die schwarz-gelbe Bundes- regierung hat es sich also bewährt, indirekt autoritäre Regierungen im Kampf gegen Oppositionelle zu unter- stützen. Die Bundesregierung hat nicht nur weggesehen, sondern es wurden auch indirekte finanzielle Hilfen durch Hermesbürgschaften geleistet. Sie räumte ein, „Exportkreditgarantien zur Absicherung von Waren und Dienstleistungen aus dem Bereich der Telekommunika- tionstechnik“ übernommen zu haben. Leistet die Bun- desregierung damit einen Beitrag zur Überwachung von Oppositionellen und Demokratiebewegungen? Nicht Kritiker von zweifelhaften undemokratischen Regimen sollten überwacht werden, sondern der Export von Soft- ware, mit der man Menschen ausspähen und/oder über- wachen kann. Darüber hat diese Bundesregierung offen- bar noch nicht einmal nachgedacht. Selbstverständlich können wir auch an Unternehmen appellieren und sie auffordern, keine Spähsoftware zu exportieren. Aber welche praktische Bedeutung hat das dann? Hier ist der Staat gefordert, zu prüfen und even- tuelle Exportverbote auszusprechen, wenn nötig auf Grundlage neuer gesetzlicher Regelungen. Auch wir fordern mit Nachdruck, dass Software, die zur Einschränkung von Demokratie und Menschenrech- ten dienen kann, gegebenenfalls der Rüstungsexportkon- trolle unterworfen und damit genehmigungspflichtig werden soll. Außerdem fordern wir die Auflistung von Exporten von Überwachungs- und Spähsoftware im jährlichen Rüstungsexportbericht. Wie auch im Bereich von bereits aufgelisteten Rüs- tungsgütern hat es die schwarz-gelbe Bundesregierung nicht geschafft und nicht gewollt, eine verantwortungs- bewusste, transparente und vor allem restriktive Rüs- tungsexportpolitik umzusetzen. Anstatt demokratische Werte zu fördern, schauen CDU/CSU und FDP zu und unterstützen es, dass Panzer, Kriegsschiffe und Überwa- chungssoftware an zwielichtige Regime geliefert wer- den. Auch diese Rüstungsexportpolitik stellt einen wich- tigen Grund für die Notwendigkeit neuer politischer Mehrheiten im Herbst dieses Jahres dar. Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Mit dem Antrag möchte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ihrem all- seits bekannten Hobby frönen: der Schaffung neuer Re- striktionen für deutsche und europäische Exportgüter. Das hehre Ziel, die demokratischen Prozesse in Krisenregio- nen zu unterstützen, verfehlt dieser Antrag komplett! So ist einer der Hauptangriffspunkte dieses Antrags, dass die Bundesregierung auf den Stand internationaler Verhandlungen verweise und nicht pro-aktiv genug handle. Nationale Alleingänge sind bei diesem Thema allerdings fehl am Platz. Wir stehen zu unseren interna- tionalen Verpflichtungen und Verträgen, wir stehen zu unseren Verbündeten und befreundeten Nationen in Eu- ropa und in der Welt! Die Bundesregierung hat sich aktiv für die Kontrolle von Überwachungstechnik in den Sanktionen gegen Iran und Syrien eingesetzt. Mit diesen Sanktionen ist es uns gelungen, den Export von Ausrüstung, Technologie und Software zur Überwachung des Internets und des Tele- fonverkehrs nach Syrien und Iran ohne vorherige Geneh- migung mit Inkrafttreten der Syrien-Embargo-Verord- nung (EU) Nr. 36/2012 am 19. Januar 2012 und der Iran- Embargo-Verordnung (EU) Nr. 264/201 2 am 24. März 2012 zu verbieten. Die bestehenden Regelungen der Ausfuhrliste zu Rüstungsgütern oder Dual-use-Gütern aus Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 (Dual-Use-Verordnung) werden strikt angewendet. Auch bei der Einzelfallprü- fung gilt der gemeinsame Standpunkt 2008/944/GASP des Rates der Europäischen Union und wird auch für den Export von Dual-Use-Gütern angewendet. Ausfuhrge- nehmigungen werden beim hinreichenden Verdacht des Missbrauchs zur inneren Repression oder zu sonstigen fortdauernden und systematischen Menschenrechtsver- letzungen grundsätzlich nicht erteilt. Ein Export ohne vorherige Genehmigung ist streng verboten. Die Bundesregierung wirkt erfolgreich auf multilate- raler Ebene an den relevanten, internationalen Verhand- lungen mit und stimmt sich regelmäßig und sehr erfolg- reich mit den internationalen Partnern zu weiteren Möglichkeiten der Exportkontrolle von Überwachungs- technik ab. Eine Ausweitung der Kontrollen des Was- senaar Arrangements in dem von den Grünen geforder- ten Rahmen hätte dagegen internationale Kontrollen unbekannten und unpraktikablen Ausmaßes zur Folge. Ein weiterer unbegründeter Vorwurf der Grünen ist, dass der damalige Bundeswirtschaftsminister Brüderle 2011 Verschärfungen der Kontrolle von Dual-Use-Gü- tern verhindert habe. Dabei ging es damals weder um die Ausweitung von Exportkontrollen noch um Überwa- chungstechnologie. Richtig ist vielmehr, dass das Euro- päische Parlament damals Verfahrenserleichterungen für die Ausfuhr bestimmter genehmigungspflichtiger Güter für unkritische Zwecke an einen begrenzten Länderkreis verabschiedet hat. Die dort verabschiedeten EU-Allge- meingenehmigungen betreffen indes keine Güter der Überwachungstechnik. Auch in der Stellungnahme zu dem entsprechenden Grünbuch der EU-Kommission im Oktober 2011 hat die Bundesregierung das Bestreben der Europäischen Kommission begrüßt, die Effizienz und Wirksamkeit des europäischen Ausfuhrkontrollsys- tems für Dual-Use-Güter zu optimieren. Denn wir unter- stützen grundsätzlich weitergehende Harmonisierungs- bestrebungen. Natürlich unterliegen die Exportkreditgarantien des Bundes wie auch die anderen staatlichen Kreditversiche- rungen der OECD-Länder umfangreichen internationa- len Regeln wie dem OECD-Konsensus und den Leitli- nien zum Umgang mit Umwelt- und Sozialaspekten. Diese sind bei der Vergabe zu berücksichtigen. Wir lehnen daher den Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen ab. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30509 (A) (C) (D)(B) Andrej Hunko (DIE LINKE): Ich freue mich, dass sich auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen Ausfuhren neuer Technologien an autoritäre Regimes stellt. Nicht nur die Revolten in Nordafrika haben deut- lich gemacht, in welchem Umfang Behörden von digita- len Schnüffelwerkzeugen Gebrauch machen. Auch in Deutschland werden Mobiltelefone und private Rechner mit entsprechender Soft- und Hardware ausgeforscht. Wir haben uns immer wieder dafür eingesetzt, die in Rede stehende Technologie einer strikten Exportkon- trolle zu unterwerfen. Dabei geht es unseres Erachtens aber nicht nur um Trojaner oder Software zum Durch- leuchten von Datenpaketen, um damit die Kommunika- tion von Oppositionellen oder ihrer Computer zu über- wachen. Die Liste jener Dual-Use-Güter, für deren Export es einer Genehmigung bedarf, müsste deutlich erweitert werden. Hierzu gehören Anwendungen zur Versendung einer „Stillen SMS“ oder die sogenannten IMSI-Catcher und WLAN-Catcher, um Mobiltelefone zu lokalisieren und die Kommunikation der Besitzerinnen und Besitzer abzuhören. Auch die sogenannte Funkzellenauswertung gehört immer mehr zum Standard. Die beschriebenen Kommunikationsvorgänge laufen in „Monitoring Cen- tres“ zusammen, wie sie etwa Siemens, Nokia und nun die Firma Trovicor in arabische Länder exportiert. Angesichts der Vorverlagerung von Strafverfolgung zähle ich auch die zunehmende Nutzung von Data-Mi- ning-Software zu jenen Technologien, die – etwa im Na- men eines „Kampfes gegen Terrorismus“ – gegen miss- liebige Aktivitäten eingesetzt werden. Hersteller von Data-Mining-Programmen versprechen, über eine „vo- rausschauende Analyse“ Kriminalitätsmuster erkennen und dadurch Straftaten vorhersehen zu können. Was die- ser algorithmusgestützte Machbarkeitswahn für Bürger- und Menschenrechte nicht nur unter autoritären Regie- rungen bedeutet, lässt sich heute noch gar nicht ermes- sen. Erst zähe Nachfragen haben enthüllt, dass Polizeibe- hörden des Bundes zahlreiche ausländische Behörden in der Anwendung der Spionagewerkzeuge beraten: so ge- schehen etwa in Belarus oder in Kirgistan. Zur Verkaufs- förderung von Trojanersoftware hatte das Bundeskrimi- nalamt mit den deutschen Herstellern ein informelles Netzwerk eingerichtet, das in mehreren Ländern regel- rechte Tupperpartys zum „Informationsaustausch“ orga- nisierte. In Ländern des arabischen Frühlings führt das Bun- deskriminalamt Schulungen zur „Open Source Internet- auswertung“ durch – entsprechende Lehrgänge fanden sogar noch unter den damaligen Machthabern statt. Durch die Analyse sozialer Netzwerke im Internet, in öf- fentlichen Blogs und Chaträumen wird so nach Auffäl- ligkeiten, Interessen von Gruppen, Trends oder anderen Aussagen über Beziehungen zwischen Personen und Vorgängen gesucht. Mit entsprechenden Maßnahmen wenige Wochen vor Ausbruch der Revolutionen in Tu- nesien und Ägypten ist die Bundesregierung mitverant- wortlich für Verhaftung, Folter und Tod von Netzaktivis- ten. Ich glaube also nicht, dass sich die gegenwärtige Bun- desregierung für Exportbeschränkungen einsetzen wird. Denn der Markt für Überwachungstechnologie verzeich- net hohe Wachstumsraten. Alle Zeichen stehen darauf, dass die Meinungsverschiedenheiten zwischen den FDP- geführten Ministerien für Außen- und Wirtschaftspolitik zuungunsten der Menschenrechte ausgehen. Denn einerseits stellte Außenminister Westerwelle im Herbst auf der Konferenz „The Internet and Human Rights: Building a free, open and secure Internet“ in Aus- sicht, Deutschland würde sich für Exportbeschränkungen digitaler Ermittlungswerkzeuge einsetzen. Wenige Tage später richtete das Bundeswirtschaftsministerium in Düs- seldorf eine Verkaufsveranstaltung des Golfkoopera- tionsrats aus, in der es ausdrücklich um Überwachungs- technologie ging. Regierungs- und Industrievertreter aus der Bundesrepublik trafen sich dort mit Kolleginnen und Kollegen aus Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Ara- bien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen geht in die richtige Richtung, enthält allerdings den Vorschlag zu weiteren „einzelfallbezogen Länderembargos“. Ich halte dies aber nicht für zielführend: Denn Ausfuhrbe- schränkungen von Überwachungstechnologie laufen ins Leere, wenn über betroffene Länder von den zuständigen Ministerien nach politischem Gutdünken entschieden wird. Der Forderung nach Entwicklung und Verbreitung von Techniken, die eine Umgehung staatlicher Überwa- chungs- und Zensurbestrebungen zum Ziel haben, stimme ich hingegen vorbehaltlos zu. Die Bundesregierung muss sich in internationalen Gremien, vor allem auf Ebene der Europäischen Union, für den Abbau der digitalen Überwachung einsetzen. Das langfristige Ziel einer Ächtung der beschriebenen Spionagesoftware sollte dabei im Vordergrund stehen. Denn die Spähwerkzeuge werden weltweit gegen poli- tisch unliebsame Bewegungen genutzt – in Teheran ge- nauso wie in Dresden, Minsk, Tunis und Riad. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Der arabische Frühling hat einmal mehr bewie- sen, welch demokratisches Potenzial Internet und neue Medien heute bieten. Ganze Protestbewegungen entste- hen online, Demonstrationen werden über soziale Netz- werke organisiert, und die Blogosphäre entwickelt sich zum Sprachrohr von denjenigen, die sonst nicht zu Wort kommen, obwohl ihre Stimmen für demokratische Pro- zesse wichtig sind. Nicht ganz ohne Grund also fürchten sich hochgerüstete Diktaturen vor Twitter-Nachrichten und begreifen YouTube oder Facebook als Gefahr für ihr Regime. Das zeigt: Die zunehmende Vernetzung demo- kratischer und oppositioneller Proteste mithilfe der neuen Medien hat ein enormes Potenzial für die Demo- kratisierung von nichtdemokratischen Staaten. Doch die zunehmende Vernetzung unserer Welt birgt auch erhebliche Gefahren. Das wissen wir nicht erst seit- dem wir über zahlreiche große Daten- und Überwa- chungsskandale in verschiedenen deutschen Unterneh- men sprechen. Wir wissen es nicht erst seitdem wir über die Möglichkeit der Auswertung von Daten, die im Zuge 30510 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) die Vorratsdatenspeicherung gesammelt wurden, disku- tieren. Und wir wissen es nicht erst seitdem die Praxis der massenhaften Funkzellenabfragen bei Demonstratio- nen und in anderen Zusammenhängen bekannt wurde. Spätestens aber seitdem der Chaos Computer Club den sogenannten Staatstrojaner zur heimlichen „Online- durchsuchung“ untersucht und herausgefunden hat, dass dessen potenzielle, im Quellcode versteckten Funktio- nen offenbar mit verfassungsrechtlichen Vorgaben kaum in Einklang zu bringen sind, wissen wir um die Gefahren einer durch zunehmende Vernetzung möglichen umfas- senden Überwachung unserer Kommunikation. Genau aus dem Grund wollen wir das Fernmeldegeheimnis des Art. 10 GG zu einem umfassenden Kommunikations- und Mediennutzungsgeheimnis weiterentwickeln. Nicht ohne Grund gelingt es dem BKA trotz größter Mühen bis heute nicht, einen verfassungskonformen Staatstrojaner herzustellen. Das zeigt: Wir bewegen uns hier in einem verfassungsrechtlich hochsensiblen Be- reich. Das zeigt aber auch: Wir haben es in ebendiesem Bereich viel zu lange privaten Firmen überlassen, die Verfassungskonformität der entsprechenden Programme sicherzustellen. Wir haben outgesourct, wo man nicht outsourcen darf. Dass das BKA noch immer auf die Pro- dukte der einschlägigen Firmen zurückgreift, halten wir daher für grundlegend falsch. Heute wissen wir, welchen Zweck die sogenannte Nachladefunktion des Staatstrojaners hatte, dessen Quellcode den Behörden vor dem Hack des CCC schlicht unbekannt war: Die mit öffentlichen Mitteln er- stellten Programme wurden an zahlreiche Staaten dieser Welt weitergeliefert, auch an solche, die es oftmals lei- der mit der Einhaltung von Menschenrechtsstandards nicht so genau nehmen, bzw. solche, die völlig offen die Menschenrechte mit Füßen treten. So spürten Geheim- dienste in Ländern wie Iran, Syrien oder Bahrain mithilfe deutscher Technik politische Gegner auf. Unbe- merkt zeichneten Programme Telefongespräche mit, werteten Chatprotokolle und SMS aus, kopierten Pass- wörter und beobachteten in sogenannten Monitoring- Centern das Zusammentreffen von Zielpersonen. De- monstrationen konnten so zielgerichtet aufgelöst und Oppositionelle festgenommen werden. Nicht selten kam es in der Folge zu Folter, unfairen Gerichtsverfahren oder Hinrichtungen. Nach dem Fall zahlreicher Regime haben wir Gewiss- heit darüber, was vorher nur gemutmaßt werden konnte: In zahlreichen Ländern des Nahen und Mittleren Ostens sowie Nordafrikas wurden Programme deutscher und europäischer Firmen eingesetzt, um die eigene Bevölke- rung zu überwachen, auszuspähen und Oppositioneller habhaft zu werden. Deutsche Unternehmen spielen auf dem Markt der Überwachungs- und Zensurtechnik heute eine herausgehobene Rolle. Die Entwicklungen der letz- ten Jahre und die intensive Debatte über die Rolle der neuen Medien in den Demokratiebewegungen verschie- dener Länder haben auch den Fokus auf diejenigen ge- richtet, die durch ihre Technik dazu beitragen, dass de- mokratischer und oppositioneller Protest häufig verstummte. Diese Diskussionen haben aber eben auch gezeigt, dass erhebliche Defizite bezüglich der Kontrolle des Exports entsprechender Technologie und Software auf deutscher, europäischer und internationaler Ebene bestehen. Als Grüne machen wir die Bundesregierung seit lan- gem auf diesen Umstand aufmerksam. Wir fordern, nicht nur den Einsatz entsprechender Programme in Deutsch- land solange auszusetzen, bis einwandfrei nachgewiesen werden konnte, dass verfassungsrechtliche Vorgaben auch eingehalten werden können. Zudem fordern wir die schwarz-gelbe Bundesregierung seit mehreren Jahren auf, dafür zu sorgen, dass deutsche Technik nicht länger einen entscheidenden Beitrag zu massiven Menschen- rechtsverletzungen weltweit leistet. Wir haben Sie, meine Damen und Herren von CDU/CSU und FDP, im- mer und immer wieder aufgefordert, nicht länger die Augen vor diesen höchst fragwürdigen Geschäften zu verschließen, sondern sich stattdessen für eine Effekti- vierung der Exportbestimmungen einzusetzen. Gesche- hen ist nichts. Auch durch unsere wiederholten parlamentarischen Nachfragen wurde vielmehr deutlich, dass Sie hier ein wirklich perfides doppeltes Spiel spielen. Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung haben mit Hinweis auf entsprechende Formulierungen des schwarz-gelben Koalitionsvertrags, nach dem das Internet „das freiheit- lichste und effizienteste Informations- und Kommunika- tionsforum der Welt“ ist und „maßgeblich zur Entwick- lung einer globalen Gemeinschaft“ beiträgt, in der Vergangenheit wiederholt das demokratische Potenzial der neuen Medien im Allgemeinen und des Internets im Speziellen gelobt. So wurde Bundeskanzlerin Angela Merkel im Zuge der Münchner Sicherheitskonferenz 2011 mit folgenden Worten zitiert: „Und dass man Face- book und Twitter überall auf der Welt hat, dass es zuneh- mend schwer wird, das zu sperren, ob es in China ist, in Ägypten, in Tunesien oder sonst wo auf der Welt, das ist auch ein kleines bisschen unser Verdienst.“ Während sich führende Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung erdreisten, die demokratisierende Wirkung der neuen Medien als ihr ureigenes Verdienst zu verkaufen, macht das innerhalb der Bundesregierung federführende Ministerium bislang alles, um entspre- chende Exporte weiter zu unterstützen und eine Begren- zung des Exports zu verhindern. Während Sonntags- reden über die demokratisierende Wirkung von sozialen Netzwerken, Twitter und Co geschwungen werden, drückt man bei CDU/CSU und FDP seit Jahren nicht nur beide Augen zu, wenn es darum geht, dass deutsche Technik demokratischen und oppositionellen Protest verstummen lässt und man so mithilft, Regimekritiker in Folterkellern verschwinden zu lassen. Man hilft diesen Unternehmen sogar dabei, ihre Technik an den Despoten zu bringen. Durch die Gewährung von Hermesbürg- schaften, durch die Unterstützung bei Reisen und Auf- tritten bei einschlägigen Messen, durch das Drucken von Flyern, in denen diese „Ziviltechnik“ gelobt wird, durch Schulungen von Personal im Umgang mit entsprechen- den Technologien, aber auch dadurch, dass man, wenn eine Effektivierung der Exportbestimmungen auf EU- Ebene auf der politischen Agenda steht, entsprechende Briefe an die deutschen Liberalen versendet, um sie mit Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30511 (A) (C) (D)(B) Hinweis auf hierdurch für deutsche Unternehmen entste- hende bürokratische Hürden davon zu überzeugen, an- ders als die Liberalen zahlreicher anderer Länder Euro- pas, bitte gegen eine Effektivierung zu stimmen. Während FDP-Bundesaußenminister Westerwelle bei einer am Ende letzten Jahres durchgeführten internatio- nalen Konferenz zu „Internet-Freedom“, übrigens wis- send, dass er innerhalb der Bundesregierung gar nicht zuständig ist, noch eine verbesserte Regulierung entspre- chender Exporte in Aussicht stellte und sich mit den Worten zitieren ließ, man dürfe „diesen Regimes nicht die technischen Mittel geben, ihre Bevölkerung zu über- wachen“, sieht das federführende Bundeswirtschafts- ministerium das noch immer ganz anders. Auf meine entsprechende Nachfrage an die Bundesregierung, wie eine vom Bundesaußenminister in Aussicht gestellte Kontrolle entsprechender Exporte durch deutsche Unter- nehmen denn konkret aussehen soll, antwortet das Bun- deswirtschaftsministerium vollkommen nichtssagend und verweist auf Diskussionen zu einer möglichen Aus- weitung des Kontrollregimes auf internationaler Ebene im Rahmen des Wassenaar-Arrangements. So sieht also die „verantwortungsbewusste Export- kontrolle“ aus, von der Sie bis heute schwadronieren. Sie suggerieren, sich für die Freiheit des Netzes einzusetzen, und in Wirklichkeit ermöglichen Sie – zumindest indi- rekt – Verfolgung und Folter „made in Germany“. Vor Ihrer Verantwortung für eine freies und offenes Netz und einem grundlegenden Schutz der Menschenrechte drü- cken Sie sich. Ihnen ist der Profit eines einzigen Wirt- schaftszweigs bis heute wichtiger als der Schutz der Menschenrechte von Tausenden Aktivistinnen und Akti- visten weltweit. Das ist schäbig. Leider sind weder der vollmundigen Ankündigung des Bundeswirtschaftsministers noch denen aus Reihen der CSU-Fraktion, eine Gesetzesänderung, die „einen demokratiefeindlichen Missbrauch von moderner Über- wachungstechnik verhindert“, vorzulegen, aber auch der Vertreter der FDP-Fraktion, die eine „Klarstellung im Kriegswaffenkontrollgesetz“, mit der verhindert werden soll, dass „Regierungen, die menschenrechtswidrig han- deln“, einen „Zugang zu solcher Software erhalten“, in Aussicht stellten, bis heute irgendwelche Taten gefolgt. Weil Sie scheinbar weder willens noch in der Lage sind, endlich den Export dieser digitalen Waffen, die heute ähnlich gefährlich wie ein Kampfpanzer sind, ef- fektiv einzudämmen, aber auch, um Ihnen die Chance zu geben, Ihren hehren Worten doch noch am Ende dieser Legislatur tatsächlich Taten folgen zu lassen, haben wir nun unseren lange angekündigten Antrag mit dem Titel „Export von Überwachungs- und Zensurtechnologie an autoritäre Staaten verhindern – Demokratischen Protest unterstützen“ vorgelegt. In unserem Antrag machen wir Ihnen verschiedene Vorschläge, wie eine Effektivierung konkret aussehen könnte. Wir fordern Sie auf, sofort alle Möglichkeiten zu nutzen, um den Export von entsprechender Technologie und Software auf nationaler Ebene zu regulieren und in autoritäre Staaten zu unterbinden sowie, sollte dies not- wendig sein, dem Bundestag hierzu eine entsprechende Gesetzesinitiative vorzulegen. Darüber hinaus fordern wir Sie auf, auch auf europäi- scher Ebene dafür zu sorgen, dass entsprechende Techno- logie und Software entweder in die Dual-Use-Liste aufge- nommen wird oder dass ein dem bisherigen Dual-Use- Regime entsprechender Kontrollmechanismus eingerich- tet wird. Da wir wissen, dass dies eine gewisse Zeit in An- spruch nimmt, empfehlen wir Ihnen, sich bis zur Umset- zung dieser Maßnahmen für mehr Einzelembargos gegen Länder einzusetzen, bei denen Defizite im Rechtsstaat- lichkeits- oder Menschrechtsbereich bestehen. Diese Länderembargos, die es unter anderem für Iran und Syrien heute schon gibt, dürfen jedoch nur eine Über- gangslösung sein. Daher fordern wir Sie noch einmal dazu auf, sich auch im Rahmen der Verhandlungen um eine Neuauflage des Wassenaar-Abkommens tatsächlich dafür einzusetzen, dass Technologien und Software, die zur in- ternen Überwachung und Zensur genutzt werden können, künftig als „digitale Rüstungsgüter“ erfasst werden und der Handel mit ihnen so effektiv reguliert wird. Ferner erwarten wir von Ihnen, die Entwicklung von Überwachungs- und Zensursoftware durch private Unternehmen nicht länger mit öffentlichen Geldern zu fördern und zu gewährleisten, dass keine Hermesbürg- schaften für entsprechende Exporte mehr übernommen werden. Statt den Handel mit Technologien zu beför- dern, die lediglich das Ziel haben, Menschen zu über- wachen und auszuforschen, um sie anschließend Repres- sionen auszusetzen, fordern wir Sie auf, sich auf europäischer und internationaler Ebene verstärkt für den freien und ungehinderten Zugang zum Internet einzuset- zen, um so das demokratische Potenzial der neuen Medien für Demokratie und Rechtstaatlichkeit tatsäch- lich bestmöglich nutzbar zu machen. Hierfür ist es von elementarer Bedeutung, auch die Entwicklung und die Verbreitung von Techniken, die eine Umgehung staatli- cher Überwachungs- und Zensurbestrebungen ermögli- chen und so Menschen, die demokratischen und opposi- tionellen Protest zum Ausdruck bringen, vor staatlicher Verfolgung schützen, stärker zu unterstützen. Zu guter Letzt fordern wir Sie auf, dem Bundestag halbjährlich über Ihre bisherigen Tätigkeiten einen Bericht vorzulegen. Vor dem Hintergrund entsprechen- der – interfraktionell verabschiedeter – Handlungsemp- fehlungen der Enquete-Kommission „Internet und digi- tale Gesellschaft“, aber auch vor dem Hintergrund deutlicher Aussagen sowohl von Vertretern der Bundes- regierung als auch der Koalitionsfraktionen dieses Hohen Hauses werden wir uns die heutigen Debattenbei- träge ganz genau anschauen. Anlage 16 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Bologna-Reform – Positive Entwicklungen stützen, Fehler korri- gieren und Verbesserungen durchsetzen (Zu- satztagesordnungspunkt 7) Tankred Schipanski (CDU/CSU): Wir debattieren heute einen Antrag der SPD mit dem Titel „Bologna-Re- form: Positive Entwicklungen stützen, Fehler korrigie- 30512 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) ren und Verbesserungen durchsetzen“. Viele der Forde- rungen haben mit dem Bologna-Prozess allerdings wenig oder gar nichts zu tun; andere sind alte Evergreens der SPD, die kurz vor der Bundestagswahl noch einmal aufgewärmt werden. So kennen wir die Forderungen nach einem „Hochschulsozialpakt“ aus der Plenar- debatte vom 9. Februar 2012. Der „Hochschulpakt Plus“ war bereits am 20. Oktober 2011 Thema. Lassen Sie mich eingangs festhalten, dass wir bei der Umsetzung des Bologna-Prozesses auf einem sehr guten Weg sind. Die Umstellung auf eine gestufte Studien- gangstruktur verläuft sehr erfolgreich. An Universitäten führen heute 85 Prozent der Studiengänge zu einem Bachelor- oder Masterabschluss; an Fachhochschulen sind es sogar 97 Prozent. Absolventen haben sehr gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt; die Akzeptanz für die neuen Studienabschlüsse – insbesondere auch für den Bachelor – steigt. Es stehen ausreichend Masterstudien- plätze für Bachelorabsolventen zur Verfügung. Die Zahl der deutschen Studierenden im Ausland ist 2009 auf 115 500 gestiegen. Das sind mehr als doppelt so viele wie 1999. Diese Erfolge sind umso bemerkenswerter, da die Hochschulen während der Umsetzung des Bologna- Prozesses enorme Zuwächse bei den Studierendenzahlen verkraften müssen. Zu Beginn des Bologna-Prozesses im Jahr 1998 waren 272 000 Studierende an deutschen Hochschulen eingeschrieben. Heute sind es ungefähr doppelt so viele. Einige dieser Erfolge erkennen Sie in Ihrem Antrag – nicht zuletzt in der Überschrift – ausdrücklich an. Den- noch gehen unsere Auffassungen zu den Auswirkungen des Bologna-Prozesses gleich auf der ersten Seite Ihres Antrags auseinander. Sie sind der Auffassung, dass die schlechte Umsetzung des Bologna-Prozesses „zur Redu- zierung von selbstbestimmten kritischen Anteilen im Studium, zur Gefährdung der Einheit von Forschung und Lehre und zur Verengung auf eine Fachlichkeit ohne in- terdisziplinäre Bezüge und Einbettung in umfassende theoretische Kontexte geführt hat.“ Ich sehe die Entwicklung deutlich positiver. Nach meiner Überzeugung hat die Einführung abgestufter Stu- diengänge in erster Linie zu einem spürbar besser struk- turierten Studienverlauf geführt. Das gilt für die Sozial- wissenschaften in besonderem Maße. Auch wird die Einheit von Forschung und Lehre durch den Bologna- Prozess nicht gefährdet; vielmehr führt ein stärkerer Pra- xisbezug in vielen Studiengängen zu spürbar besserer Vorbereitung auf das spätere Berufsleben. Bei der Beurteilung der Studienabbrecherquoten zeichnen Sie in Ihrem Antrag ein Zerrbild der Realität. Richtig ist, dass die Quoten in den ersten Jahren nach der Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen we- gen Übergangs- und Anpassungsproblemen angestiegen sind. Zur Wahrheit gehört aber auch: An Fachhochschu- len hat sich die Quote der Studienabbrecher nach der Einführung von Bachelor und Master zwischen 2006 und 2010 von 39 Prozent auf 19 Prozent halbiert. Dies geht aus einer HIS-Studie vom 7. Mai 2012 hervor, auf die Sie sich offenbar auch berufen. Die Autoren weisen darauf hin, dass diese positive Entwicklung an Fach- hochschulen – wegen der dort früheren Einführung von Bachelor und Master – zeitverzögert voraussichtlich auch an Universitäten Einzug halten wird. Deshalb darf erwartet werden, dass der Bologna-Prozess durch die Einführung abgestufter Studiengänge sehr wohl zur Sen- kung der Studienabbrecherquoten beitragen wird. Ihre Schlussfolgerung, wonach das Ziel der Senkung der Ab- brecherquoten verfehlt worden sei, ist nicht statthaft. Lassen Sie mich zu Ihrem Forderungskatalog kom- men und einige der SPD-Vorschläge kommentieren. Zu- nächst wollen Sie die soziale Situation der Studierenden verbessern und hierfür das BAföG erhöhen sowie einen Hochschulsozialpakt beschließen. Zu Letzterem habe ich in meiner Rede vom 9. Februar 2012 bereits Stellung genommen, deshalb hier nur so viel: Die Finanzierung von Wohnheimplätzen, Kinderbetreuungsangeboten und Studierendenwerken ist Ländersache. Anders sieht es beim BAföG aus, das Bund (60 Prozent) und Länder (40 Prozent) gemeinsam finanzieren. Die Bundesregie- rung muss nicht zu einer Erhöhung von Bedarfssätzen und Freibeträgen aufgefordert werden. Hierzu hat sich Ministerin Wanka im Vorfeld der letzten GWK-Sitzung am 12. April 2013 schon bereit erklärt. Zielführender wäre es, diesen Appell an die SPD-Wissenschaftsminis- ter zu richten. Die Länder müssen sich endlich einigen, ob sie die vom Bund vorgeschlagene Erhöhung mittra- gen wollen oder nicht. Bei einer BAföG-Erhöhung kom- men wir nur gemeinsam voran, und die Länder sind am Zug. Zweitens fordern Sie – wieder einmal – einen „Hoch- schulpakt Plus“, um die Kapazitäten der Hochschulen weiter auszuweiten. Erst vor wenigen Wochen hat sich die Bundesregierung bereit erklärt, den Hochschulpakt nochmals massiv aufzustocken. Für die zweite Förder- phase (2011 bis 2015) stellt der Bund zusätzlich 2,2 Mil- liarden Euro zur Finanzierung neuer Studienplätze zur Verfügung. Damit sind bis 2015 insgesamt 625 000 Stu- dienplätze ausfinanziert. Für die Jahre 2016 bis 2018 hat der Bund seine Zusagen um 1,7 Milliarden Euro auf nunmehr 2,7 Milliarden Euro erhöht. Insgesamt stellt die Bundesregierung bis 2018 noch einmal zusätzlich 4 Mil- liarden Euro zur Verfügung, obwohl die Grundfinanzie- rung von Hochschulen Ländersache ist. Das freiwillige Engagement der Bundesregierung zur Ausfinanzierung von Studienplätzen ist enorm. Vor diesem Hintergrund einen zusätzlichen „Hochschulpakt Plus“ zu fordern, halte ich für abwegig. Nun zu Ihrem dritten Forderungspunkt – die Stärkung der Forschung an Fachhochschulen. Es ist richtig, dass die Fachhochschulen die Herausforderungen des Bologna-Prozesses besonders gut bewältigt haben. Ich bin jedoch auch überzeugt, dass wir mit der bisherigen Aufgabenteilung zwischen Universitäten und Fachhoch- schulen sehr erfolgreich gewesen sind und sie deshalb beibehalten werden muss. Die Stärke der Fachhochschu- len liegt im Angebot von praxisnahen und anwendungs- orientierten Studiengängen, die Absolventen optimal auf Berufe in der Wirtschaft vorbereiten. Universitäten bie- ten demgegenüber stärker forschungsgeleitete Studien- gänge an und bereiten auf eine Karriere in der Wissen- schaft vor. Für leistungsstarke FH-Studenten gibt es die Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30513 (A) (C) (D)(B) Möglichkeit, in Kooperation mit einer Universität zu promovieren. Eine weitere Vermischung dieser erfolg- reichen Aufgabenteilung, so wie Sie es in Ihrem Antrag vorschlagen, lehne ich ab. Des Weiteren fordern Sie den Bund auf, die Grund- finanzierung der Hochschulen zu verbessern. Wie Sie wissen, ist die Sicherstellung der Grundfinanzierung der Hochschulen aber Ländersache. Tatsächlich könnten die Länder zum Beispiel Ihre Forderung nach der „Auflage einer Personaloffensive für die Hochschulen“ sofort in die Tat umsetzen. Ich schlage deshalb vor, Sie wenden sich mit dieser Anregung an Ihre SPD-Wissenschafts- minister. Wie eine solche Personaloffensive inhaltlich ausgestaltet werden könnte, haben wir in unserem An- trag „Exzellente Rahmenbedingungen für den wissen- schaftlichen Nachwuchs fortentwickeln“ – Bundestags- drucksache 17/9396 – aufgezeigt. Abenteuerlich wird es bei Forderungspunkt 6, der Aufforderung zur Vorlage eines Gesetzentwurfs für eine Grundgesetzänderung. Die Bundesregierung hat bereits im vergangenen Jahr einen solchen Entwurf vorgelegt, der es dem Bund erlauben würde, Hochschulen dauer- haft mitzufinanzieren. Diesen Vorschlag blockiert der SPD-geführte Bundesrat aber seit Monaten. Der Verweis auf den darin nicht geregelten Bildungsbereich ist ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver. Tatsächlich werden die Hochschulen von der SPD für rein wahltaktische Manöver in Geiselhaft genommen. Wenn es nach CDU/ CSU und FDP ginge, könnten Universitäten und Fach- hochschulen schon heute dauerhaft finanzielle Unterstüt- zung vom Bund erhalten. Es ist schlichtweg heuchle- risch, auf Seite 1 Ihres Antrags zu der Erkenntnis zu gelangen, dass Probleme bei der Umsetzung der Bolo- gna-Reformen auf die chronische Unterfinanzierung der Hochschulen zurückzuführen seien, und gleichzeitig eine bessere finanzielle Ausstattung von Universitäten und Fachhochschulen durch die eigene Blockadehaltung systematisch zu verhindern. Lassen Sie mich das Wesentliche zusammenfassen. Erstens. Wir kommen bei der Umsetzung des Bologna- Prozesses insgesamt sehr gut voran. Anzeichen hierfür sind die weitgehend abgeschlossene Umstellung der Stu- diengänge auf Bachelor und Master und der rasante Anstieg der internationalen Mobilität. Zweitens. Viele Vorschläge, die vonseiten der SPD im heute debattierten Antrag unterbreitet werden, sind entweder altherge- bracht oder haben mit dem Bologna-Prozess nichts zu tun. Und drittens sind wir bei einigen grundlegenden Forderungen der SPD schlicht anderer Auffassung. Dies gilt beispielsweise für die Ausrichtung der Fachhoch- schulen, die Zuständigkeit für die Grundfinanzierung der Hochschulen oder den Umgang mit unserem Gesetzent- wurf zur Änderung des Grundgesetzes. Aus diesen Gründen lehnen wir den SPD-Antrag ab. Swen Schulz (Spandau) (SPD): Die hochschulpoli- tische Bilanz der Koalition fällt dürftig aus. Mit Hängen und Würgen und auf den letzten Metern hat es die Bun- desregierung – gemeinsam mit den Ländern – geschafft, den Hochschulpakt auszuweiten. Das ist gut, aber doch nicht mehr als eine Pflichtaufgabe gewesen. Doch da- rüber hinaus hat die Koalition fast nichts zuwege ge- bracht. Abgesehen natürlich vom sogenannten Deutsch- land-Stipendium, das aber leider in die falsche Richtung geht: Statt Bedürftigen einen Rechtsanspruch auf Unter- stützung zu geben, werden hier wenige unabhängig von Bedürftigkeit finanziert. Die Handlungsverweigerung der Koalition ist ange- sichts der Herausforderungen im Hochschulbereich nachgerade sträflich. Wie steht es um die Bologna- Hochschulreform in Deutschland? Grundsätzlich ist zu sagen, dass es richtig war, Europa im Hochschulbereich mit dem Bologna-Prozess durch die Einführung eines gestuften Studiensystems aus Bachelor und Master mit europaweit vergleichbaren Ab- schlüssen und der Steigerung der Mobilität zusammen- wachsen zu lassen. Doch auch nach zehn Jahren gibt es Probleme. Die sind zu einem wesentlichen Teil dadurch entstanden, dass die Hochschulen in Deutschland chro- nisch unterfinanziert sind. Für den durch den Bologna- Prozess entstandenen Mehrbedarf sind keine ausreichen- den finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt worden, und das hat teilweise zu unvertretbaren Studienbedin- gungen geführt. Die seit Jahren erfreulicherweise stei- genden Studierendenzahlen werden das Problem der Un- terfinanzierung noch verstärken. Unser Antrag greift die wesentlichen Probleme im Hochschulwesen auf und zeigt die Richtung, in die wir nach Regierungsübernahme gehen wollen. Von zentraler Bedeutung ist, die soziale Situation der Studierenden zu verbessern und damit die Bildungschancen auszuweiten. In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, die Hoch- schulen für alle, die studieren möchten, zu öffnen. Das wollen wir erreichen durch die Verbesserung des BAföG. Bedarfssätze und Freibeträge müssen bedarfsgerecht er- höht und künftig kontinuierlich an steigende Lebenshal- tungskosten angepasst werden. Wir müssen die Lernbedingungen für Menschen mit Behinderung und chronisch Kranke verbessern durch optimierte Studierbarkeit, Beratung und Betreuung so- wie entsprechende Infrastruktur. Mit einem neuen Schüler-BAföG wollen wir mehr jungen Menschen den Weg zur Hochschule ebnen. Ein Hochschulsozialpakt ist nötig zur Ausweitung ei- nes preiswerten Angebotes an Wohnheimplätzen, an flä- chendeckenden Kinderbetreuungsangeboten sowie zur Stärkung der Studierendenwerke und ihrer Beratungs- und Unterstützungsangebote. Beruflich Qualifizierten muss der Einstieg in die Hochschulen erleichtert werden durch passgenaue Ange- bote und durch Anreize im Hochschulpakt mit einer er- höhten Finanzierungssumme für diese Studienanfänge- rinnen und Studienanfänger. Strukturierte Vorbereitungskurse in Zusammenarbeit mit Schulen, Bildungsträgern und Betrieben können hel- fen, die Hochschulen weiter für Menschen zu öffnen, die bislang nicht studieren. 30514 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) Der Ausbau und die bessere Förderung der berufsbe- gleitenden Studiengänge sowie die verstärkte Schaffung von Teilzeitstudienangeboten, um insbesondere Studie- rende, die Angehörige pflegen, Kinder erziehen und mit Erkrankungen leben müssen, zu unterstützen, sind eben- falls nötig. Ziel dieser Maßnahmen ist, allen die gleichen Bil- dungschancen zu geben, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer Familie, ihrer individuellen Lebenssituation. Das kann aber natürlich nur erfolgreich sein, wenn ausrei- chend Studienangebote zur Verfügung stehen. Die Kapa- zitäten der Hochschulen müssen weiter ausgeweitet und damit die Zulassungsbeschränkungen wie NC zurückge- drängt werden. Dazu muss die Bundesregierung mit den Ländern sofort in Gespräche über die Vereinbarung eines „Hochschulpaktes Plus“ eintreten. Wesentliche Ele- mente dieses neuen Hochschulpaktes sind die frühzeitige Vereinbarung einer dritten Programmphase bis 2020 zur Abdeckung des Bedarfs entsprechend der aktuellen Stu- dienanfängerprognosen und der Ausbau von Masterstu- dienplätzen durch ein Sonderprogramm, um sicherzu- stellen, dass allen interessierten Bachelorabsolventinnen und -absolventen der Weg zum Master offensteht. Wenn wir über die Hochschullandschaft sprechen, dürfen wir uns nicht nur auf die Universitäten fokussie- ren. Im Gegenteil sehen wir, wie erfolgreich und wichtig die Fachhochschulen sind. Sie wollen wir weiter stärken durch eine intensivierte Förderung kooperativer Promo- tionsvorhaben von Fachhochschulen und Universitäten, die Erhöhung des Haushaltstitels „Forschung an Fach- hochschulen“ um 20 Millionen Euro pro Jahr und eine stärkere Einbindung und Förderung von an Fachhoch- schulen aktiven Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft- lern durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Eine weitere wichtige Herausforderung: die Verbesse- rung der Lehre an den Hochschulen und die Verbesse- rung der Grundfinanzierung. Wir wollen das Prinzip „Geld folgt Studierenden“ einführen. Damit werden die Aufwendungen für die Lehre und das Bemühen um Stu- dierende belohnt, und der Bund übernimmt die Kosten für ausländische Studierende. Wir wollen darüber hinaus einen „Abschlussbonus“, mit dem erfolgreiche Lehre angereizt und unterstützt wird, einführen, eine „Deutsche Gesellschaft für Hoch- schullehre“, die innovative Lehrkonzepte finanziell un- terstützt, gründen, die Auflage einer Personaloffensive für die Hochschulen mit zunächst 2 500 zusätzlichen Professuren sowie 1 000 zusätzlichen Juniorprofessuren, die Aus- und Weiterbildungsangebote von Lehrenden fördern und zusammen mit den Ländern darauf hinwir- ken, die Bezahlung von wissenschaftlichen und studenti- schen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu verbessern. Weiterhin ist die Struktur und Studierbarkeit der Stu- diengänge gemeinsam mit den Ländern und Hochschu- len zu verbessern. Zu diesem Zweck soll eine „Nationale Bologna-Konferenz“ auf zunächst fünf Jahre eingerich- tet und institutionalisiert werden. Sie soll in Zusammen- arbeit aller Akteure von Bund, Ländern, Hochschulen und unter Einbezug der Studierenden eine kritische Überprüfung der bisherigen Reform vornehmen und Verbesserungen erarbeiten. Der Bund muss auch bei den Ländern und Hochschu- len darauf hinwirken, die Mobilität Studierender zu stär- ken. Hierbei muss der Fokus auf der europaweiten An- gleichung der ECTS-Punkte, der Anerkennung von im Ausland bzw. an anderen Hochschulen erbrachten Leis- tungen und einer verstärkten Wahlfreiheit von Modulen liegen. Grundsätzlich sind die Chancen einer solchen europaweiten Hochschulreform auch für eine Intensivie- rung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Hochschulen in Europa zu nutzen, um die europäische Bildungsidee, den europäischen Hochschullehrer und den Austausch und die Kooperation der Hochschulen in Studium, Lehre, Forschung und Management zu beför- dern bis hin zur verstärkten Einrichtung von Europa- Hochschulen. Und schließlich sind die Zugangsvoraussetzungen zum öffentlichen Dienst an die neue gestufte Studienstruktur anzupassen und der Wertigkeit eines Bachelorabschlusses angemessener als bisher Rechnung zu tragen. Wir wollen das erreichen, indem Bachelorabsolventen bei Vorliegen zusätzlicher, beruflicher Qualifikationen zum höheren öffentlichen Dienst zugelassen werden können. Die da- für bisher geltenden Verfahren sollen einer Evaluation unterzogen und dem Deutschen Bundestag soll im Jahr 2014 ein Bericht vorgelegt werden. Viele der hier vorgestellten Initiativen sind letztlich nicht möglich, wenn nicht die Kooperation von Bund und Ländern verbessert wird. Eine entsprechende Grundgesetzänderung ist dafür unerlässlich – und zwar nicht die leichtgewichtige Variante der CDU/CSU und FDP, beschränkt auf einige wenige Spitzeninstitute der Wissenschaft. Vielmehr ist eine umfassende Koopera- tionsermöglichung für den gesamten Bildungsbereich nötig, so, wie sie von der SPD in Bundestag und Bun- desrat vorgeschlagen wurde. Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP): In gewohnter Weise legt die SPD-Fraktion dem Deutschen Bundestag ihren alljährlichen Bologna-Antrag zur Beratung vor. Während die Sozialdemokraten im Feststellungsteil ein von Jahr zu Jahr immer weniger negatives Bild zu den Ergebnissen des Bologna-Reformprozesses malen, wird – je näher die Bundestagswahl rückt – der Forderungsteil immer länger. Allein dieser augenfällige Umstand macht hellhörig – zu Recht, wie ich meine. Die Bologna-Beschlüsse waren die richtige Weichen- stellung hin zu einem europäischen Hochschulraum. Die Einführung von Bachelor und Master hat unsere deut- sche Hochschullandschaft vollkommen umgekrempelt. Einen solch tiefgreifenden Reformprozess hat es in der Geschichte unserer Hochschulen noch nicht gegeben. Und nach mehr als einer Dekade haben die Studierenden von heute – im Gegensatz zu den meisten Lehrenden – niemals eine andere Hochschullandschaft kennengelernt. Auch wenn die Kollegen von der SPD dies offenbar an- ders wahrnehmen: Die meisten Studierenden – das zeigt der jüngste Bericht zur Umsetzung des Bologna-Prozes- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30515 (A) (C) (D)(B) ses in Deutschland – sind mit sich und der eigenen Stu- diensituation äußerst zufrieden. Auch im Allgemeinen kann und darf der Bologna-Re- formprozess trotz der vielen Fehler, die leider zu Beginn unter rot-grüner Ägide gemacht wurden, als erfolgreich bezeichnet werden. Heute ist Deutschland Spitze bei der Umstellung auf Bachelor und Master: 85 Prozent aller Studiengänge sind bereits umgestellt, und bei den Fach- hochschulen sind es gar 97 Prozent. Auch nimmt die Mobilität der Studierenden stetig zu. Jeder dritte Hoch- schulabsolvent hat einen studienbezogenen Auslands- aufenthalt hinter sich. In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der deutschen Studierenden im Ausland auf 115 500 verdoppelt. Und schließlich sind unsere Hoch- schulen auch bei der Qualitätssicherung spitze, was glücklicherweise in den hervorragenden Beschäftigungs- chancen für unsere Bachelorabsolventen sichtbar wird. Das bestätigen zahlreiche Studien. Angesichts der vielen Fehler – die Antragsteller wei- sen dankenswerterweise selbst darauf hin –, die in den Anfangsjahren gemacht wurden, muss dieses Resultat überraschen. Obwohl die damalige rot-grüne Bundes- regierung die Bologna-Reform wie ein Findelkind denk- bar schlecht finanziell ausgestattet in die harte Realität ausgesetzt hat, haben unsere Hochschulen diese Mam- mutaufgabe bisher gut geschultert. Dort, wo sich Hoch- schulen, Lehrende und Studierende dem Reformprozess gestellt haben, ist er heute weitestgehend geglückt. An- ders kann meine Fraktion jedenfalls nicht bewerten, dass zum Beispiel die Zahl der Studienanfänger von 2009 bis 2011 um mehr als 20 Prozent angewachsen ist und die Studienanfängerquote heute bei über 50 Prozent liegt. Die Rahmenbedingungen für den Bologna-Reformpro- zess hätten schlechter kaum sein können. Die seinerzei- tige Bundesministerin Edelgard Bulmahn von der SPD gab zwar gern mit lautem Getöse den Startschuss, das nö- tige Geld jedoch stellte sie den Hochschulen nicht zur Verfügung. Die ohnehin unterfinanzierten Hochschulen wurden ihrem Schicksal „Bologna“ selbst überlassen und versuchten, diese Mammutaufgabe bestmöglich zu meis- tern. Erst als die Umsetzungsschwierigkeiten immer deutlicher sichtbar wurden, musste gegengesteuert wer- den, um den Prozess nicht zum Scheitern zu bringen. Schließlich war es diese christlich-liberale Koalition, die kurz nach Regierungsantritt das Heft des Handelns an sich nahm und durch eine deutliche Aufstockung des Hochschulpakts mit einem heutigen Gesamtanteil des Bundes von mehr als 10 Milliarden Euro, mit einem 2 Milliarden Euro schweren Qualitätspakt für eine bes- sere Lehre und mit einer lange überfälligen Modernisie- rung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, BAföG, den Bologna-Reformprozess vor dem Scheitern be- wahrte. Doch wo waren eigentlich Sie, verehrte Kolle- gen von der SPD? Anstatt unsere Initiativen berechtig- terweise zu loben und positiv zu begleiten, erdreisten Sie sich seit Jahren – nachdem Sie so gut wie nichts für ein erfolgreiches Gelingen beigetragen haben –, uns zu kriti- sieren und immer mehr zu fordern, als wir es bereits tun! Angesichts dessen, was wir seit Herbst 2009 geleistet haben, ist es eben dann doch nicht ein so überraschendes Resultat des Bologna-Prozesses in Deutschland. Es sind die Früchte erfolgreicher Arbeit von CDU/CSU und FDP. 13 Milliarden Euro mehr für Bildung und For- schung zeitigen eben Effekte. Es ist nur traurig, dass die Anstrengungen des Bundes gerade im Bereich der Hoch- schulfinanzierung, die ja ureigenste Aufgabe der Länder ist, von eben den Ländern, die von SPD, Grünen und Linken regiert werden, nicht adäquat flankiert werden. Viel schlimmer noch: Gerade diese Länder kürzen den Hochschulen fleißig die Mittel weg – ob nun in Branden- burg oder Sachsen-Anhalt. Und sie schlagen ihnen mit der populistischen Abschaffung der Studienbeiträge ein wichtiges finanzielles Standbein weg – ob nun in Baden- Württemberg oder Nordrhein-Westfalen. Sofort folgt der berühmte sozialdemokratische Ruf nach mehr Bundes- mitteln. Sie wollen den Bund als Lückenbüßer und Spar- schwein der SPD-regierten Länder missbrauchen, die nicht in der Lage oder willens sind, ausreichend eigene Anstrengungen zu unternehmen und die Prioritäten rich- tig zu setzen. Der heute vorliegende Antrag der SPD-Fraktion ist ein trauriger Höhepunkt in der Präsentation der hoch- schulpolitischen Ahnungslosigkeit der Antragsteller. Obwohl gerade eben der Hochschulpakt erneut aufge- stockt wurde, fordern sie einen „Hochschulpakt-Plus“ – vermutlich in völliger Unwissenheit um die Wirkung der Schuldenbremse in den Ländern. Der Bund jedenfalls unterstützt die Länder sehr großzügig bei ihrer grund- gesetzlich verankerten Aufgabe, die Finanzierung der Hochschulen sicherzustellen. Selbst beim BAföG haben wir wiederholt Verhandlungsbereitschaft signalisiert. Ein verbindliches Angebot seitens der Länder ist mir je- doch bis heute nicht bekannt. Gleiches Bild bei der For- derung nach einer Änderung des Grundgesetzes: Unser Vorschlag zur Lockerung des Kooperationsverbots für den Hochschulbereich durch eine Änderung in Art. 91 b des Grundgesetzes liegt seit Monaten vor. Einzig die Op- positionsfraktionen und natürlich die von SPD, Grünen und Linken regierten Länder verweigern sich auch hier. Ich fordere Sie auf: Hören Sie auf, Bologna schlecht zu reden, sondern begleiten Sie dort, wo Sie Verantwortung haben, den Reformprozess positiv! Und unternehmen Sie endlich eigene Anstrengungen, Bologna zum Erfolg zu führen! Nicole Gohlke (DIE LINKE): Von Anfang an waren mit der Umsetzung der Bologna-Reform große Schwie- rigkeiten verbunden: eine massive Zunahme an zeitlicher Belastung, an Workload und Prüfungen, eine Verschlech- terung hinsichtlich eines selbstbestimmten, kritischen und interdisziplinären Studierens, die Entstehung neuer sozialer Hürden durch den Master oder die Verknappung von Studieninhalten durch die Verkürzung der Regelstu- dienzeit. An der Bundesregierung ging das alles vorbei, Ganz nach gewohntem Muster ignorierte sie das Thema und versuchte, entstandene Probleme auszusitzen. Wenn die Regierung reagierte, dann nur, weil sich der Widerstand gegen die Reform und weil sich der Druck der Studie- renden und Lehrenden wie bei den Bildungsprotesten 2009/2010 einfach nicht mehr ignorieren ließen. 30516 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) Eine Maßnahme war die Einberufung einer Nationa- len Bologna-Konferenz, bei der sich die Politik mit den Nöten und Sorgen der Studierenden beschäftigen sollte. Konsequenzen folgten daraus allerdings nicht. Die Fol- gekonferenz im vergangenen Jahr wurde sogar ohne Be- gründung einfach komplett abgesagt. Die Regierung stellte wieder auf Ignoranz und das Prinzip Hoffnung: Das Thema möge doch bitte sehr im Sande verlaufen. Dass das Thema weiterhin wirklich drängend ist, be- legt eine kürzlich erschienene Studie: Zwei Drittel der Universitätsprofessorinnen und Universitätsprofessoren sind unzufrieden mit der Einführung der BA/MA-Struk- tur. Und das belegen nicht zuletzt Äußerungen der Hoch- schulrektorenkonferenz und sogar der Wirtschaft, die im Zweifel sind, ob die verkürzten Studienzeiten, ob die Mega-Ausdifferenzierung in 16 000 Studiengänge und ob die Einseitigkeiten, die dadurch hervorgerufen wur- den, überhaupt noch in ihrem Interesse sind. Im Interesse der Studierenden und Lehrenden war es nie – wie auch, wenn zum Beispiel Uni-Absolventinnen und -Absolven- ten mit Bachelorabschluss 20,3 Prozent weniger gegen- über den Absolventen mit traditionellen Abschlüssen verdienen. Die Linke fordert weiterhin die grundlegende Reform des Bologna-Prozesses. Unser Ziel ist, die Durchlässigkeit im Studium zu erhöhen, anstatt neue Hürden einzuziehen. Diesbezüglich haben wir bereits viele Vorschläge ge- macht: Der Zugang zum Masterstudium darf von keinen wei- teren Zugangskriterien abhängig gemacht werden als dem Bachelorabschluss. Neben dem Ziel der beruflichen Qualifizierung müssen gleichwertig weitere Studienziele wie wissenschaftliches Arbeiten, Persönlichkeitsentwicklung und Verständnis ge- sellschaftlicher Zusammenhänge und Prozesse verankert werden. Das Studium muss selbstbestimmt gestaltet werden können, mit einem großen Anteil frei wählbarer Lehr- veranstaltungen bzw. Module, die eine eigene Schwer- punktsetzung wirklich ermöglichen. Die Chance von Kindern aus akademischen Eltern- häusern, ein Studium aufzunehmen, ist sechsmal höher als bei Kindern aus sogenannten bildungsfernen Schich- ten. Politisches Anliegen muss es doch sein, die soziale Dimension zu stärken. Gemeinsam mit den anderen Bo- logna-Staaten muss das verbindliche Ziel der Öffnung der Hochschule und der Verbesserung der sozialen Lage der Studierenden verankert werden, um allen, die studie- ren möchten, dies auch zu ermöglichen. So macht eine koordinierte Hochschulpolitik Sinn: und nicht das, was wir hier seit 14 Jahren präsentiert bekommen. Dafür müsste sich die europäische Hochschulpolitik allerdings erst einmal von der Wirtschaftspolitik der EU emanzipieren und eigenständige Ziele für die Entwick- lung der Hochschulen und deren Beitrag zu den europäi- schen Gesellschaften formulieren. Das wäre die Aufgabe einer Bundesregierung, die bildungspolitische Realitäten ernst nimmt, anstatt sie zu ignorieren. Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bolo- gna muss besser werden! Wir unterstützen das visionäre Ziel eines europäischen Hochschulraums. Wir werden dieses Ziel in Deutschland aber nur erreichen, wenn so- wohl die Hochschulen als auch Bund und Länder ge- meinsam Probleme und Umsetzungsschwierigkeiten identifizieren und beheben – von der Studienorganisa- tion bis hin zur sozialen Öffnung der Hochschulen, die ausgewiesenes Bologna-Ziel ist. Für uns ist klar: Nicht die Bologna-Reform an sich, sondern ihre Umsetzung in Deutschland ist Problem und Herausforderung, die angenommen werden muss. Wesentliche Reformziele werden nach wie vor ver- fehlt: Die Auslandsmobilität in den Bachelorstudien- gängen an Universitäten stagniert. Um die Mobilität deutscher Studierender zu steigern, müssen Bachelorstu- diengänge flexibilisiert und Zeitfenster für Mobilität ein- gebaut werden. Auslandsaufenthalte müssen aber nicht nur ermög- licht, sondern auch ohne Schwierigkeiten und Zeitver- lust zu bewerkstelligen sein. Es kann nicht sein, dass nur magere 52 Prozent der im Ausland erworbenen Studien- leistungen an deutschen Hochschulen anerkannt werden. Denn das bedeutet im Umkehrschluss: Jede zweite Stu- dienleistung wird nicht anerkannt. Das ist eine beschä- mende und mobilitätsfeindliche Anerkennungspraxis, die Studierende demotiviert. Die Studierenden dürfen nicht unter einer bürokratischen und überpeniblen Aner- kennungspraxis der Universitäten und Fakultäten leiden, sondern sie brauchen eine grundsätzliche Anerken- nungsgarantie. Eine zentrale Herausforderung ist die Studienorgani- sation: Gerade in den ersten Reformjahren haben die Hochschulen nach dem Motto „verschulen, verdichten, umbenennen“ die gesamten Inhalte der alten, längeren Magister- bzw. Diplomstudiengänge in den Bachelor hi- neingepresst. Diese Fehler müssen korrigiert, die Stu- dierbarkeit erhöht und die Arbeitsbelastung gesenkt wer- den. Frei Denken und selbstbestimmtes Lernen müssen wieder besser möglich sein. Ständiger Prüfungsstress und Bulimie-Lernen erhö- hen nicht die Fähigkeit zu ganzheitlichem Denken, son- dern Abbruchquoten. Über ein Viertel aller Studierenden hängen laut der HIS-Studie zu Schwund- und Studien- abbruchquoten, die im Mai 2012 veröffentlicht wurde, das Bachelorstudium an den Nagel, an den Universitäten sogar 35 Prozent. Deswegen ist es dringend notwendig, dass Hochschulen ihre Studienprogramme überarbeiten, mehr sieben- oder achtsemestrige Bachelorangebote ma- chen, den Workload herunterschrauben und die Prü- fungsdichte reduzieren. Das kommt übrigens mittelbar auch der Studienqualität zugute, denn auch die Lehren- den haben dann mehr Luft für und Lust auf gute Lehre und Betreuung. All die skizzierten Probleme sind seit längerem be- kannt; zahlreiche Studien haben sie belegt, die Studie- renden haben mit kreativen und lautstarken Protesten auf die Umsetzungsprobleme hingewiesen. Die Bundesre- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 240. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Mai 2013 30517 (A) (C) (D)(B) gierung hat sich die Probleme dagegen tatenlos von der Zuschauertribüne aus angesehen. Bezeichnend ist es, dass die damalige Bundesbil- dungsministerin Annette Schavan die richtigen und wichtigen Bildungsproteste 2009 zuerst als „gestrig“ be- zeichnete. Erst nachdem der Druck zu groß geworden war, berief sie einen „Beschwichtigungsgipfel“ ein. Ge- nau zweimal gab es seitdem eine „Nationale Bologna- Konferenz“. Eine dritte hat die Bundesregierung abge- sagt und gar nicht mehr terminiert. Stattdessen verweist die Bundesregierung auf die Bologna-Evaluation durch die Hochschulrektorenkonferenz, nach dem Motto: „Ihr habt die Probleme – also evaluiert euch selbst und macht mal“. Das ist kurzsichtig: Bologna ist nach wie vor Chance und Herausforderung – für die Hochschulen und für die Hochschulpolitik in Bund und Ländern. Es ist in- akzeptabel, dass die Bundesregierung die Probleme al- lenfalls zur Kenntnis nimmt, aber fast gar nichts zur Lö- sung beiträgt. Wer die Umsetzungsprobleme unter den Teppich kehrt, gefährdet die Akzeptanz der Reform und verhin- dert vor allem die notwendigen Korrekturen, die mit al- len Akteuren gemeinsam angepackt und fortgesetzt wer- den müssen. Wir wollen, dass der nationale Bologna-Bericht, den Bund und Länder alle zwei Jahre erstellen, die Realität differenziert wiedergibt anstatt sie schönzufärben. In Folgeberichten muss deutlich werden, welche Konse- quenzen aus den im Bericht zuvor ausgesprochenen Handlungsempfehlungen gezogen worden sind und wel- che Effekte dies gebracht hat. Das gilt auch für eine weitere große Bologna-Bau- stelle hierzulande: die soziale Öffnung der Hochschulen. Wir wollen deutlich mehr Bildungsaufsteiger für ein Stu- dium gewinnen. Dafür brauchen wir deutlich mehr Stu- dienplätze, eine Aufstockung und Ausweitung des Hochschulpakts und flächendeckend bessere Studienbe- dingungen. Dazu zählt auch ein BAföG, das zum Leben reicht. Hier sehen wir viel Übereinstimmung mit der SPD, auch wenn manche Forderung in dem SPD-Antrag wenig mit der Bachelor-Master-Reform zu tun hat. Sicher ist: Um Bildungsaufsteigerland zu werden, brauchen wir endlich eine BAföG-Reform und -Moder- nisierung. Anstatt auf die Länder mit einem echten An- gebot zuzugehen, hat die Bundesregierung die Hände in den Schoß gelegt und die Studierenden mit ihren Finan- zierungssorgen alleine gelassen. Diese schwarz-gelben Taktikspielchen auf dem Rücken der Studierenden wird eine Bundesregierung aus SPD und Grünen beenden. Wir brauchen ein höheres und besseres BAföG, das zu- dem einfacher zu beantragen sein muss. Mittelfristig wollen wir das BAföG zu einem Zwei-Säulen-Modell erweitern – bestehend aus einer Sockelfinanzierung für alle Studierenden und einer bedarfsabhängigen Säule. Daneben braucht es gezielte Investitionen in die so- ziale Infrastruktur an den Hochschulen: also den Ausbau von Studien- und Sozialberatung, von studentischem Wohnen und der Infrastruktur zum Beispiel für Kinder- betreuung. Hier muss mehr passieren. Die oberste Leitli- nie für die soziale Dimension muss sein, zu mehr gesell- schaftlicher Vielfalt auf dem Campus zu kommen. In diesem Sinne müssen Bund, Länder und Hochschulen die Ärmel weiter hochkrempeln und handeln. 240. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 3 Regierungserklärung zur Neuausrichtung der Bundeswehr TOP 4 Bildungs- und Integrationspolitik TOP 56, ZP 2 Überweisungen im vereinfachten Verfahren TOP 57, ZP 3 Abschließende Beratungen ohne Aussprache ZP 4 Aktuelle Stunde zur Bilanz nach einem Jahr Bundesminister Peter Altmaier TOP 5 Finanzmarktregulierung TOP 6 Verpflegung in Schulen und Kindertagesstätten TOP 7 Beitritt der Republik Kroatien zur EU TOP 57 c Abfälle der Rhein- und Binnenschifffahrt TOP 9 EU-Operation Atalanta TOP 8 Schutz bei Gewalt gegen Frauen TOP 10 Managergehälter TOP 11 Straßenverkehrsgesetz – Fahreignungsregister – TOP 12 Informationsfreiheit und Transparenz TOP 13 Regulierung im Eisenbahnbereich TOP 14 Überprüfung der Namen von Bundeswehrkasernen TOP 17 Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahren TOP 16 Rente für Dopingopfer in der DDR TOP 18 Justizkostenrecht TOP 20 Kinder- und Jugendpolitik TOP 19 Rechte intersexueller Menschen TOP 22 Gesetz über die Kreditanstalt für Wiederaufbau TOP 21 Religionsfreiheit im Iran TOP 24 Änderung des Energieeinsparungsgesetzes TOP 23 Schließung des Schienenhersteller TSTG TOP 26 Arbeitsbedingungen von Hausangestellten TOP 25 Sozio-kulturelle Existenzsicherung TOP 28 Zuständigkeit für die Soldatenversorgung TOP 29 Ehegattennachzug TOP 30 Aufenthaltsrecht TOP 36 Situation Minderjähriger im Aufenthaltsrecht TOP 32 Investitionen in den Ersatz der Schienenwege TOP 31 Umweltbelastung durch Humanarzneimittel TOP 33 Treibhausgas-Emissionshandel TOP 35 Durchführung der EU-Phosphatverordnung TOP 34 Sicherheitsabkommen mit Mexiko TOP 37 Elektronischer Kfz-Halterdatenaustausch in der EU TOP 38 Datenschutz in Europa TOP 39 Durchführung der Biozid-Verordnung TOP 42 Gesundheit in Entwicklungsländern TOP 41 Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes TOP 40, ZP 5 Kontrolle im Prozess der Organspende TOP 43 Steuerabkommen mit den Cookinseln und Grenada ZP 6 Export von Überwachungs- und Zensurtechnologie TOP 45 Funktionen der Betreuungsbehörde TOP 44 Deutscher Innovationsfonds TOP 47 Verfahrensrechte im Strafverfahren ZP 7 Bologna-Reform TOP 49 Bundesverfassungsgerichtsgesetz TOP 46, ZP 8 Zukunft der Solarindustrie TOP 48 Netzneutralität TOP 50 Sozialer Tourismus Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Burkhard Lischka


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Wir beraten heute über den Gesetzentwurf der Bun-

    desregierung zur Stärkung der Verfahrensrechte von
    Beschuldigten im Strafverfahren. Der Gesetzentwurf
    dient der Umsetzung zweier Richtlinien im Bereich des
    Strafverfahrens, einmal über das Recht auf Dolmetsch-
    leistungen und Übersetzungen und zum anderen über
    das Recht auf Belehrung und Unterrichtung.

    Ein notwendiges Gesetz, ein gutes Gesetz, und dank
    umfänglicher und guter Vorarbeiten früherer SPD-
    Justizministerinnen zur Verbesserung der Verfahrens-
    rechte von Beschuldigten in Strafverfahren eben auch
    ein überschaubarer Gesetzentwurf, waren doch nur
    noch punktuelle Nachbesserungen erforderlich.

    So regelt der Gesetzentwurf die Verpflichtung zur
    Übersetzung verfahrenswichtiger Dokumente, in der
    Regel freiheitsentziehende Anordnungen sowie von
    Anklageschriften, Strafbefehlen und nicht rechtskräfti-
    gen Urteilen. Er statuiert die Verschwiegenheitsver-
    pflichtung der Dolmetscher und die Pflicht des Rich-
    ters, darauf hinzuweisen. Zukünftig soll der Anspruch
    auf Dolmetschleistungen nicht auf die richterliche Ver-
    nehmung begrenzt sein, sondern auch bei Vernehmun-
    gen durch Staatsanwaltschaft und Polizei bestehen.
    Auch darüber ist der Beschuldigte zukünftig zu beleh-
    ren.

    Schlussendlich soll der Beschuldigte zukünftig
    bereits bei der Festnahme über das Recht auf Dol-
    metschleistungen, die mögliche Beantragung eines
    Pflichtverteidigers und über Auskunfts- und Aktenein-
    sichtsrechte belehrt werden.

    Wir werden dem Entwurf der Bundesregierung mit
    den von der Koalition angestrebten Änderungen zu-
    stimmen.



Rede von Jörg van Essen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

Mit der heutigen zweiten und dritten Beratung des

Gesetzes zur Stärkung der Verfahrensrechte von Be-
schuldigten im Strafverfahren gewährleisten wir die
Umsetzung der ersten beiden EU-Richtlinien zur
Schaffung europäischer Mindeststandards für Be-
schuldigte. Damit zeigt die Koalition, dass sie ihr Ziel
der Regelung einheitlicher EU-weiter Mindestverfah-
rensrechte nicht aus den Augen verloren und die weni-
gen in unserem Recht erforderlichen Anpassungen zur
Stärkung der Beschuldigtenrechte zeitgerecht vorge-
nommen hat.

Zu Protokoll gegebene Reden





Jörg van Essen


(A) (C)



(D)(B)


Schwerpunkt bei der Umsetzung der Richtlinie über
das Recht auf Dolmetscherleistungen und Übersetzun-
gen ist die Regelung einer ausdrücklichen gesetzlichen
Pflicht zur schriftlichen Übersetzung verfahrenswich-
tiger Dokumente, insbesondere von Strafurteilen. Er-
fasst ist nach der Neuregelung das schriftliche Urteil
einschließlich der Urteilsgründe, nicht aber die bereits
im Rahmen der Verkündung des Urteils dargelegten
Ausführungen des Gerichts oder gar lediglich die Ur-
teilsformel. Angeführt im Gesetzentwurf werden bei-
spielhaft weitere wichtige Dokumente wie der Strafbe-
fehl oder die Anklageschrift. Dadurch entspricht der
Gesetzentwurf der Leitlinie der Richtlinie, die darin
besteht, dass alle wichtigen zur Verteidigung notwen-
digen Dokumente grundsätzlich schriftlich übersetzt
werden.

Darüber hinaus wird durch den Gesetzentwurf auch
die weitere Richtlinie, welche die Belehrungs- und Un-
terrichtungsrechte des Beschuldigten betrifft, umge-
setzt. Hervorzuheben ist dabei die nun vorgesehene
Belehrung über das Recht auf Dolmetscherleistungen.
Das Gericht ist nun verpflichtet, Beschuldigte oder
Verurteilte, die der deutschen Sprache nicht hinrei-
chend mächtig oder hör- oder sprachbehindert sind,
auf dieses Recht hinzuweisen. Dies gilt auch für den
Fall der Festnahme.

Die in dem Änderungsantrag der Koalition aufge-
nommenen Änderungsvorschläge des Rechtsausschus-
ses führen zu einer Klarstellung und Vereinfachung des
Gesetzentwurfs. Durch die ergänzende Vorschrift des
§ 189 Abs. 4 Gerichtsverfassungsgesetz wird klarge-
stellt, dass die als Dolmetscher oder Übersetzer he-
rangezogenen Personen in jedem Fall Verschwiegen-
heit über die Umstände wahren sollen, von denen sie
bei der Ausübung ihrer Tätigkeit Kenntnis erlangen.
Durch die eingeführte Belehrungspflicht des Gerichts
in § 189 Abs. 4 Satz 2 wird die Einhaltung dieses Be-
schuldigtenrechts wesentlich gestärkt.

Des Weiteren stellt der Änderungsantrag ausdrück-
lich fest, dass mit der Neuregelung keine Änderungen
bezüglich der Auslegung und Anwendung der Vor-
schriften über die Bestellung eines Pflichtverteidigers
einhergehen.

Der Gesetzentwurf entspricht in seiner jetzigen Fas-
sung den Leitlinien der EU-Richtlinien und stellt einen
verhältnismäßigen Ausgleich zwischen dem staatli-
chen Verfolgungsinteresse einerseits und dem Schutz
des Beschuldigten andererseits dar. Ich bitte Sie aus
diesem Grund um Ihre Zustimmung.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Halina Wawzyniak


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Der vorliegende Gesetzentwurf dient der Umset-

    zung europäischen Rechts. Dabei geht es zum einen um
    das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzun-
    gen im Strafverfahren und zum anderen um das Recht
    auf Belehrungen und Unterrichtungen in Strafverfah-
    ren.

    Vom Grundsatz her begrüßen wir, dass Mindeststan-
    dards für die gesamte Europäische Union festgelegt
    werden. Aber es gilt auch hier: Die Linke will die
    höchstmöglichen Standards. Wir wollen für Europa
    und seine Einwohnerinnen und Einwohner nicht nur
    kleine Verbesserungen, sondern das Beste.

    Die Linke begrüßt, dass die Rechte des Beschuldig-
    ten im Hinblick auf Belehrungspflichten, Dolmetsch-
    und Übersetzungsleistungen erweitert wurden. Auch
    die Regelungen zur Umsetzung der Richtlinie im Be-
    reich der förmlichen Belehrungen und der Frage der
    Akteneinsicht finden wir begrüßenswert. Mit beiden
    Regelungen wird ein Verfahren auf Augenhöhe ermög-
    licht. Gleiches gilt für die weiteren Verbesserungen bei
    der Herstellung von Mindeststandards für die Verfah-
    rensrechte der Beschuldigten. Allerdings erfolgt das zu
    spät, nämlich nach bereits umgesetzten Rechtsakten
    zur Anerkennung von – nach hiesigen Maßstäben nicht
    rechtsstaatlich zustande gekommenen – ausländischen
    Haftbefehlen und anderen Verfolgungsmaßnahmen.

    Die Verschwiegenheitspflicht für Dolmetscher ist
    angemessen und sinnvoll. In den Fällen, um die es hier
    geht, kommt ihnen eine sehr besondere Rolle zu, da sie
    faktisch als Mittler zwischen den verschiedenen Ver-
    fahrensbeteiligten wirken. Gerade für die Beschuldig-
    ten müssen sie eine Vertrauensstellung innehaben.

    Ich habe bereits in der ersten Lesung des Gesetzent-
    wurfes darauf verwiesen, dass es ein Problem mit dem
    § 187 Gerichtsverfassungsgesetz gibt. Wie auch in der
    europäischen Richtlinie vorgesehen, gibt es die Not-
    wendigkeit, Urteilsbegründungen vollständig zu über-
    setzen. Es ist mir unverständlich, warum dies nun nicht
    umgesetzt werden soll, und die Begründung im Gesetz-
    entwurf der Bundesregierung überzeugt mich da auch
    nicht. Demnach wäre das in der derzeitigen Gerichts-
    praxis nicht leistbar. Mag sein, aber dann muss man
    eben diese Praxis ändern. Es kann ja nicht sein, dass
    ich als Verfahrensbeteiligter ein Urteil und seine Be-
    gründung nur in Bruchstücken bekomme. Gerade für
    die Auseinandersetzung der Beschuldigten und insbe-
    sondere bei freiheitsentziehenden Anordnungen ist es
    doch wichtig, dass sie die Begründung des Gerichtes
    auch verstehen. Dies gilt ebenso für ihre Verteidiger.
    Sie brauchen eine Übersetzung, und zwar im Ganzen.

    Es kann auch nicht sein, dass irgendwer festlegt,
    welche Passagen eines Urteils übersetzt werden, weil
    sie für die Verteidigung von Belang wären – und wel-
    che nicht. Das kann einzig die Verteidigung selbst ent-
    scheiden. Das gehört zu den Grundsätzen eines fairen
    Verfahrens, und das wird hier nicht gewährleistet!

    Eine Übersetzung der gesamten Urteilsbegründung
    ist auch notwendig für die Resozialisierung im Hei-
    matland: Für die Mitarbeiter der Justiz im Heimatland
    ist es unerlässlich, alle Motive, die zum Urteil führten,
    zu kennen. Oftmals gehen Resozialisierungsmaßnah-
    men doch gerade von solchen Sachverhalten aus, die
    im Gerichtsverfahren angeführt wurden und zu einem
    Urteil führten.

    Zu Protokoll gegebene Reden





    Halina Wawzyniak


    (A) (C)



    (D)(B)


    Unverständlich und entgegen der EU-Richtlinien
    bleibt auch, dass bei verteidigten Beschuldigten eine
    mündliche Übersetzung oder gar mündliche Zusam-
    menfassung der Unterlagen in der Regel ausreichen
    soll und bei rechtskräftigen Entscheidungen sogar
    komplett auf eine Übersetzung verzichtet wird.

    Sie sehen, wir haben dem Gesetzentwurf viel Positi-
    ves abgewinnen können, aber wir bleiben auch bei un-
    serer Kritik an einzelnen Regelungen. Deshalb werden
    wir uns bei der Abstimmung über diesen Gesetzent-
    wurf enthalten.