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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/231 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 231. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 I n h a l t : Wahl der Frau Petra Morawe als Mitglied in den Beirat beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdiens- tes der ehemaligen DDR . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 9, 16 und 19 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 3: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Zukunftsprojekte der Hightech-Strate- gie – (HTS-Aktionsplan) (Drucksache 17/9261) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten René Röspel, Lothar Binding (Heidelberg), Dr. Ernst Dieter Rossmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Innovative kleine und mittlere Unternehmen stärken – Ein nach- haltiges steuerliches Forschungs- und Entwicklungs-Förderkonzept (FuE- Förderkonzept) vorlegen – zu dem Antrag der Abgeordneten Priska Hinz (Herborn), Kerstin Andreae, Dr. Thomas Gambke, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Innovations- kraft von kleinen und mittleren Unternehmen durch Steuergutschrift für Forschung stärken (Drucksachen 17/247, 17/130, 17/1600) . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zu dem An- trag der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Dr. Martina Bunge, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Soziale Innovationen und Dienstleis- tungsinnovationen erforschen und för- dern (Drucksachen 17/8952, 17/12812) . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Bildung, Forschung und Tech- nikfolgenabschätzung zu dem Antrag der Ab- geordneten René Röspel, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Willi Brase, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD: Starke Fach- hochschulen für Innovationen in Gesell- schaft und Wirtschaft  (Drucksachen 17/9574, 17/12813) . . . . . . . . . Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin  BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) . . . . René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Gerdes (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28765 B 28765 B 28767 A 28767 A 28767 B 28767 B 28767 C 28767 D 28770 B 28772 D 28774 B 28776 B 28777 D 28778 D 28779 D Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinz Riesenhuber (CDU/CSU) . . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . Axel Knoerig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: a) Antrag der Abgeordneten Eva Bulling- Schröter, Dorothée Menzner, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Stromsteuer senken für eine konsequent sozial-ökologische Ener- giewende (Drucksache 17/12840) . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu dem Antrag der Abgeordneten Caren Lay, Eva Bulling-Schröter, Ralph Lenkert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Energiewende so- zial gestalten – Bezahlbare Strompreise gewährleisten (Drucksachen 17/10800, 17/11704) . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu dem Antrag der Abgeordneten Caren Lay, Dr. Barbara Höll, Dr. Kirsten Tackmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Energiewende so- zial gestalten – Stromsperren gesetzlich untersagen (Drucksachen 17/11655, 17/12767) . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Technologie zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Rita Schwarzelühr-Sutter, Rolf Hempelmann, Hubertus Heil (Peine), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD zu der Bera- tung der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Rita Schwarzelühr-Sutter, Rolf Hempelmann, Dirk Becker, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der SPD: Die Energiewende – Kosten für Verbraucherinnen, Verbraucher und Unternehmen  (Drucksachen 17/10366, 17/12246, 17/12538, 17/12874) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . Klaus Breil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Breil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Rolf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Schindler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Groneberg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Franz Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franz Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 36: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Neuregelung des gesetzlichen Messwesens (Drucksache 17/12727) . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Anpassung von Rechtsvorschrif- ten des Bundes infolge des Beitritts der Republik Kroatien zur Europäischen Union (Drucksachen 17/12769, 17/12852) . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Dietmar Nietan, Axel Schäfer (Bochum), Michael Roth (Heringen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Manuel Sarrazin, Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ 28781 B 28782 D 28783 D 28785 B 28786 C 28788 A 28789 C 28789 C 28789 C 28789 D 28790 A 28791 B 28792 A 28794 C 28796 B 28796 C 28797 B 28798 C 28799 A 28799 B 28800 C 28802 C 28802 D 28803 B 28805 A 28807 B 28808 B 28809 D 28811 A 28812 A 28813 C 28815 A 28816 B 28816 C 28817 B 28817 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 III DIE GRÜNEN: Zivilgesellschaft stärker an EU-Beitrittsprozessen beteiligen (Drucksache 17/12821) . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Angelika Graf (Rosenheim), Wolfgang Gunkel, Dr. h. c. Gernot Erler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeord- neten Volker Beck (Köln), Ute Koczy, Tom Koenigs, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Menschenrechtslage und humanitäre Si- tuation in der Westsahara verbessern und Klärung des völkerrechtlichen Sta- tus voranbringen (Drucksache 17/12822) . . . . . . . . . . . . . . . e) Antrag der Abgeordneten Frank Tempel, Dr. Martina Bunge, Agnes Alpers, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Abhängigen helfen – Substitu- tionstherapie erleichtern (Drucksache 17/12825) . . . . . . . . . . . . . . . f) Antrag der Abgeordneten Frank Tempel, Dr. Martina Bunge, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: WHO-Tabakrahmenkonvention umset- zen – Vollständiges Tabakwerbeverbot einführen (Drucksache 17/12838) . . . . . . . . . . . . . . . g) Antrag der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Markus Kurth, Thilo Hoppe, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Rechte von Menschen mit Behinderungen in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit sichern und Inklusion weltweit ermöglichen (Drucksache 17/12844) . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 4: a) Antrag der Abgeordneten Elvira Drobinski- Weiß, Willi Brase, Petra Crone, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Harald Ebner, Cornelia Behm, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Kennzeichnung von Honig mit Gentech-Pollen sicher- stellen – Schutz der Imkerei vor GVO- Verunreinigungen gewährleisten (Drucksache 17/12839) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, Christine Buchholz, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Keine Waffenlieferungen an Syrien (Drucksache 17/12824) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 37: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Abschaffung des Branntweinmonopols (Brannt- weinmonopolabschaffungsgesetz) (Drucksachen 17/12301, 17/12765) . . – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/12766) . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Verordnung der Bundesregierung: Zweite Verordnung zur Änderung der Deponieverordnung (Drucksachen 17/12454, 17/12583,  17/12853) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c)–k) Beratung der Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelüber- sichten 553, 554, 555, 556, 557, 558, 559, 560 und 561 zu Petitionen (Drucksachen 17/12713, 17/12714, 17/12715, 17/12716, 17/12717, 17/12718, 17/12719, 17/12720, 17/12721) . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 5: a)–j) Beratung der Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelüber- sichten 562, 563, 564, 565, 566, 567, 568, 569, 570 und 571 zu Petitionen (Drucksachen 17/12860, 17/12861, 17/12862, 17/12863, 17/12864, 17/12865, 17/12866, 17/12867, 17/12868, 17/12869) . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 6: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE: Sicherheit der Sparguthaben in Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Peter Aumer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Barthle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Daniel Volk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Bettina Kudla (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 28817 B 28817 C 28817 D 28817 D 28817 D 28818 A 28818 A 28818 B 28818 C 28818 C 28818 D 28819 D 28820 C 28820 D 28822 B 28823 C 28824 C 28826 A 28827 A 28828 B 28829 C 28830 B 28831 B IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . . . . Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Technologie zu der Verordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie: Verordnung zur Markttransparenzstelle für Kraftstoffe (MTS-Kraftstoff-Verordnung) (Drucksachen 17/12390, 17/12441 Nr. 2.5, 17/12746) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Erik Schweickert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Ingo Egloff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Johanna Voß (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Erik Schweickert (FDP) . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . Klaus Breil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Heider (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Mechthild Heil (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: Beratung der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Ulla Schmidt (Aachen), Rainer Arnold, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Paradigmenwech- sel im Konzept zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik des Auswärtigen Am- tes vom September 2011 (Drucksachen 17/9839, 17/11981) . . . . . . . . . Ulla Schmidt (Aachen) (SPD) . . . . . . . . . . . . Ruprecht Polenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . Cornelia Pieper, Staatsministerin  AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Gauweiler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Edelgard Bulmahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . Dagmar Freitag (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Monika Grütters (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Rege- lung der vertraulichen Geburt (Drucksache 17/12814) . . . . . . . . . . . . . . b) Beratung der Unterrichtung durch den Deutschen Ethikrat: Stellungnahme des Deutschen Ethikrates – Das Problem der anonymen Kindesabgabe (Drucksache 17/190) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin  BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Caren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Miriam Gruß (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: a) Antrag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Cornelia Behm, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tierge- rechte Legehennenhaltung stärken (Drucksache 17/12842) . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz zu dem An- trag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Nicole Maisch, Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Kennzeichnungs- pflicht auf verarbeitete Eier ausweiten (Drucksachen 17/9170, 17/9973) . . . . . . . Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dieter Stier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Heinz Paula (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Erdel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Josef Rief (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Unterstützung der Initiative der G 20 28832 B 28833 C 28834 D 28835 A 28836 A 28837 C 28838 D 28840 C 28841 B 28841 C 28843 C 28844 B 28845 A 28846 B 28847 D 28848 A 28849 B 28849 C 28851 A 28852 B 28852 C 28854 A 28855 D 28857 C 28859 A 28860 A 28861 A 28862 B 28862 C 28862 D 28863 D 28865 A 28866 B 28867 A 28868 A 28869 A 28869 B 28869 C 28870 C 28872 D 28873 D 28875 A 28876 A 28877 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 V und der OECD zur Bekämpfung der Aus- höhlung der Steuerbemessungsgrundlage und der Gewinnverschiebung internationa- ler Konzerne (Drucksache 17/12827) . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Fraktion der SPD: Aggressive Steuerplanung und Steuervermeidung in- ternationaler Konzerne bekämpfen (Drucksache 17/12819) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU) . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU) . . . . Dr. Daniel Volk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . Tagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Josip Juratovic, Anette Kramme, Gabriele Hiller-Ohm, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Arbeitsfähigkeit von Beschäftigten erhal- ten – Psychische Belastungen in der Ar- beitswelt reduzieren (Drucksache 17/12818) . . . . . . . . . . . . . . . . . Josip Juratovic (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Schlichtung im Luft- verkehr (Drucksachen 17/11210, 17/12876) . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Ulrike Gottschalck, Heinz Paula, Sören Bartol, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD: Schlichtung für Luftfahrtunternehmen verkehrsträ- gerübergreifend einführen (Drucksachen 17/7337, 17/9228) . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Caren Lay, Herbert Behrens, Dr. Ilja Seifert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Fluggastrechte stärken (Drucksachen 17/2021, 17/4125) . . . . . . . Judith Skudelny (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD) . . . . Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Markus Tressel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Erik Schweickert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Gottschalck (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . Judith Skudelny (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales – zu dem Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Renten- zahlungen für Beschäftigungen in ei- nem Getto rückwirkend ab 1997 ermög- lichen – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Matthias W. Birkwald, Diana Golze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Renten für Leistungsbe- rechtigte des Getto-Rentengesetzes ab dem Jahr 1997 nachträglich auszahlen (Drucksachen 17/10094, 17/7985, 17/12870) Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . Anton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn  (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Telekommuni- 28878 B 28878 B 28878 C 28879 D 28880 C 28882 A 28883 C 28884 B 28885 B 28886 B 28886 C 28888 A 28889 A 28889 C 28890 D 28891 C 28892 C 28892 D 28892 D 28893 A 28894 A 28895 A 28896 D 28897 C 28898 C 28899 B 28900 A 28900 C 28901 B 28903 A 28903 B 28904 B 28905 B 28906 C 28907 C 28908 C VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 kationsgesetzes und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft (Drucksachen 17/12034, 17/12879) . . . . . . . . Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU) Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD) . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Cornelia Möhring, Yvonne Ploetz, Diana Golze, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Ver- bandsklagerecht im Allgemeinen Gleichbe- handlungsgesetz implementieren (Drucksache 17/11590) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Regulierung im Eisen- bahnbereich (Drucksache 17/12726) . . . . . . . . . . . . . . . . . Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär  BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sören Bartol (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oliver Luksic (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin Burkert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU) . . . . . . Martin Burkert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Katja Dörner, Ekin Deligöz, Kai Gehring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Rückkehrrecht auf Vollzeit gesetzlich verankern (Drucksache 17/12843) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 18: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Kreditanstalt für Wiederaufbau und weiterer Gesetze (Drucksache 17/12815) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 20: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Intelligente Verkehrssysteme im Straßenverkehr und deren Schnittstel- len zu anderen Verkehrsträgern (Intelli- gente-Verkehrssysteme-Gesetz – IVSG) (Drucksachen 17/12371, 17/12768) . . . . . . . . Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Gero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Müller (Aachen) (FDP) . . . . . . . . . . . Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Abgeordneten Daniela Kolbe (Leipzig), Gabriele Fograscher, Wolfgang Gunkel, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der SPD: Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus weiterentwickeln (Drucksache 17/9975) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD) . . . . . . . . . . Serkan Tören (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Monika Lazar (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu dem Handelsüber- einkommen vom 26. Juni 2012 zwischen der Europäischen Union und ihren Mit- gliedstaaten einerseits sowie Kolumbien und Peru andererseits (Drucksachen 17/12354, 17/12810, 17/12875) . Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Ernst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 28909 D 28910 A 28912 C 28913 C 28915 A 28916 C 28917 D 28918 A 28918 A 28919 A 28920 A 28921 A 28922 A 28923 A 28923 D 28924 D 28925 C 28926 A 28926 A 28926 B 28927 B 28927 D 28928 D 28929 C 28930 B 28931 B 28931 B 28932 C 28934 A 28934 D 28936 C 28937 C 28938 A 28939 A 28941 A 28941 C 28942 D 28943 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 VII Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Rüdiger Veit, Rainer Arnold, Klaus Barthel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Syrische Flücht- linge schützen (Drucksache 17/12820) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Bildung, Forschung und Tech- nikfolgenabschätzung zu dem Antrag der Ab- geordneten Nicole Gohlke, Dr. Petra Sitte, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion DIE LINKE: Keine Rüstungsforschung an öffentlichen Hochschulen und For- schungseinrichtungen – Forschung und Lehre für zivile Zwecke sicherstellen (Drucksachen 17/9979, 17/12800) . . . . . . . . . Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . Nicole Gohlke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: Zweite und dritte Beratung des von den Abge- ordneten Krista Sager, Wolfgang Wieland, Kai Gehring, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Strei- chung des Doktorgrades aus dem Passge- setz, dem Gesetz über Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis, der Personalausweisverordnung sowie dem Aufenthaltsgesetz und der Aufenthaltsver- ordnung (Drucksachen 17/8128, 17/11908) . . . . . . . . . Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . Manuel Höferlin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: Antrag der Abgeordneten Katja Kipping, Diana Golze, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Verschleierung verhindern – Berichterstat- tung über Armut und Reichtum auf eine unabhängige Kommission übertragen (Drucksache 17/12709) . . . . . . . . . . . . . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Abgeord- neten Thilo Hoppe, Dr. Gerhard Schick, Lisa Paus, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für die Ein- führung eines transparenten und unabhän- gigen Staateninsolvenzverfahrens  (Drucksachen 17/8162, 17/10031) . . . . . . . . . Bettina Kudla (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Holger Krestel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 27: Beschlussempfehlung und Bericht des Vertei- digungsausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Kornelia Möller, Inge Höger, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Luft-Boden- Schießplatz Siegenburg schließen (Drucksachen 17/5757, 17/8388) . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU) . . . . . . . . Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . Wolfgang Hellmich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Joachim Spatz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 28: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu dem Antrag der Abgeord- neten Ute Koczy, Tom Koenigs, Thilo Hoppe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Entwicklungs- politische Zusammenarbeit fit machen für die Kooperation mit fragilen Staaten (Drucksachen 17/10791, 17/11961) . . . . . . . . 28944 D 28945 A 28945 A 28946 A 28947 A 28947 D 28949 A 28949 D 28950 A 28951 A 28951 D 28952 B 28952 D 28953 C 28953 D 28954 C 28955 C 28956 A 28957 A 28957 D 28958 D 28959 A 28960 B 28961 B 28962 A 28963 A 28964 B 28964 B 28965 A 28965 D 28966 C 28967 A 28968 A 28969 A VIII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Günther (Plauen) (FDP) . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 29: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales zu dem An- trag der Abgeordneten Markus Kurth, Ulrich Schneider, Katrin Göring-Eckardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Zweckgebundene und steu- erfreie Übungsleiterpauschalen und Auf- wandsentschädigungen für bürgerschaftli- ches Engagement nicht auf Leistungen nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialge- setzbuch anrechnen (Drucksachen 17/9950, 17/11253 Buchstabe c) . Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Carsten Linnemann (CDU/CSU) . . . . . . Angelika Krüger-Leißner (SPD) . . . . . . . . . . Dr. Birgit Reinemund (FDP) . . . . . . . . . . . . . Harald Koch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Verbandsklagerecht im Allge- meinen Gleichbehandlungsgesetz implemen- tieren (Tagesordnungspunkt 14 ) Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) . . . . . . . Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicole Bracht-Bendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Möhring (DIE LINKE) . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Kreditanstalt für Wie- deraufbau und weiterer Gesetze (Tagesord- nungspunkt 18) Peter Aumer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Bettina Kudla (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Björn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Handels- übereinkommen vom 26. Juni 2012 zwischen der Europäischen Union und ihren Mitglied- staaten einerseits sowie Kolumbien und Peru andererseits (Tagesordnungspunkt 22) Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP) . . . . . . . Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Rückkehrrecht auf Vollzeit gesetzlich verankern (Zusatztagesordnungspunkt 8) Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . . . Johannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP) . . . . . Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Syrische Flüchtlinge schützen (Zusatztagesordnungspunkt 9) Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28969 B 28970 C 28971 C 28972 C 28973 B 28974 B 28974 C 28975 B 28976 A 28976 D 28977 C 28979 A 28980 C 28980 C 28981 A 28981 D 28983 C 28984 C 28984 D 28985 C 28986 B 28987 B 28988 A 28989 A 28989 C 28990 B 28990 D 28991 C 28992 B 28993 D 28994 C 28995 B 28996 A 28996 C 28998 B 28999 C 29000 C 29001 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 28765 (A) (C) (D)(B) 231. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 230. Sitzung, Seite 28744 B, letzter Absatz, zweiter Satz ist wie folgt zu lesen: „Es ist passiert, dass Peter Ramsauer ins Amt gekommen ist.“ Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 28981 (A) (C) (D)(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an der 128. Jahreskonferenz der Interparlamenta- rischen Union Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Verbandsklagerecht im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz im- plementieren (Tagesordnungspunkt 14) Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU): Wir debattie- ren heute über den Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Verbandsklagerecht im Allgemeinen Gleich- behandlungsgesetz implementieren“. Mit dem Antrag fordert Die Linke ergänzend zur indi- viduellen Klagemöglichkeit von Einzelpersonen, auch Verbänden ein Klagerecht einzuräumen. Mit einem sol- chen Verbandsklagerecht möchte Die Linke einen effek- tiveren Abbau von Diskriminierungen erreichen und macht dies am Beispiel der Entlohnung zwischen Frauen und Männern fest. Pünktlich zum heutigen Equal-Pay-Day entdeckt Die Linke das Thema der Ungleichbehandlung bei der Ent- lohnung zwischen Mann und Frau. Mir kommt es ein bisschen so vor, als ob die Linke alles versucht, um Öf- fentlichkeit zu erheischen: Mal gratuliert die Parteispitze Fidel Castro zum Geburtstag, mal trauert Die Linke „im Geiste der SED“ – wie es eine große deutsche Tageszei- tung auf den Punkt gebracht hat – um den kürzlich ver- storbenen Diktator Venezuelas, Hugo Chavez. Das ist Politik für das Schaufenster. Das hat aber nichts mit sachlicher Arbeit zu tun.  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bleser, Peter CDU/CSU 21.03.2013 Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 21.03.2013 Bosbach, Wolfgang CDU/CSU 21.03.2013 Canel, Sylvia FDP 21.03.2013 Goldmann, Hans- Michael FDP 21.03.2013 Günther (Plauen), Joachim FDP 21.03.2013 Dr. Happach-Kasan, Christel FDP 21.03.2013 Dr. Jochimsen, Lukrezia DIE LINKE 21.03.2013 Krumwiede, Agnes BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21.03.2013 Kühn, Stephan BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21.03.2013 Laurischk, Sibylle FDP 21.03.2013 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21.03.2013 Mayer (Altötting), Stephan CDU/CSU 21.03.2013 Menzner, Dorothée DIE LINKE 21.03.2013 Möller, Kornelia DIE LINKE 21.03.2013 Nešković, Wolfgang fraktionslos 21.03.2013 Paus, Lisa BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21.03.2013 Dr. Pfeiffer, Joachim CDU/CSU 21.03.2013 Rebmann, Stefan SPD 21.03.2013 Reiche (Potsdam), Katherina CDU/CSU 21.03.2013 Dr. Reimann, Carola SPD 21.03.2013 Remmers, Ingrid DIE LINKE 21.03.2013 Schlecht, Michael DIE LINKE 21.03.2013 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 21.03.2013 Schreiner, Ottmar SPD 21.03.2013 Dr. Schwanholz, Martin SPD 21.03.2013 Simmling, Werner FDP 21.03.2013 Strothmann, Lena CDU/CSU 21.03.2013 Süßmair, Alexander DIE LINKE 21.03.2013 Winkler, Josef Philip BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21.03.2013*  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 28982 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 (A) (C) (D)(B) Denn wenn es der Linken tatsächlich um die Gleich- behandlung von Mann und Frau bei der Entlohnung ginge, dann hätte sie Gelegenheit gehabt, hier etwas zu tun. Sie hätte nämlich dem Antrag der Fraktionen von CDU/CSU und FDP mit dem Titel „Entgeltgleichheit für Frauen und Männer verwirklichen – Familienfreundliche Unternehmen als Beitrag zur Gleichstellung der Ge- schlechter“ zustimmen können. Den haben wir vor einer Woche im Rechtsausschuss beraten – Zustimmung von der linken Seite des Hauses haben wir dafür allerdings nicht bekommen! Ich finde das bedauerlich. Denn in der Sache ist meine Fraktion wie auch ich persönlich sehr für die glei- che Bezahlung von Frauen und Männern. Das ist ein ganz einfaches Prinzip: gleiche Leistung – gleiche Be- zahlung! Das in der gesellschaftlichen Realität umzuset- zen, ist ein wichtiges politisches und gesellschaftliches Ziel, ein Ziel, das auch und gerade die christlich-liberale Koalition mit allem Nachdruck verfolgt. Denn es ist schon bemerkenswert: Nach den Ge- haltsstatistiken des Statistischen Bundesamtes verdienen Frauen beim Einstieg in den Beruf fast genauso viel wie männliche Berufseinsteiger. Die Lücke beträgt etwa zwei Prozent. Dann passiert aber Merkwürdiges: Bei den 25- bis 29-Jährigen beträgt die Lücke schon 8 Prozent, und bei den 35- bis 39-Jährigen liegt sie schließlich bei über 20 Prozent. Im Durchschnitt verdienen Frauen knapp 22 Prozent weniger als Männer, eine bemerkenswerte Zahl. Zwar wird dieser Lohnunterschied ein wenig relativiert, wenn man sich das statistische Hintergrundmaterial genauer ansieht. Denn in dieser Zahl kommt nicht zum Aus- druck, dass es sich hierbei um Durchschnittswerte für alle berufstätigen Frauen und Männer handelt, unabhän- gig von der Qualifikation, der Berufserfahrung, der Posi- tion und der Ausbildung. Ein erheblicher Teil der Lohn- lücke erklärt sich neben der hohen Teilzeitquote bei Frauen dadurch, dass Frauen und Männer unterschied- liche Studienfächer und unterschiedliche Ausbildungs- berufe wählen: So sind über 70 Prozent der Studien- anfänger in den Kultur- und Sprachwissenschaften weiblich, während der Frauenanteil in den Ingenieurwis- senschaften bei 20 Prozent liegt. Das wirkt sich natürlich auch auf die Durchschnittsgehälter aus. Ein Ingenieur wird in der Regel besser bezahlt als eine Germanistin – eine Ingenieurin aber eben auch. Aber dennoch: Eines kann man sehr deutlich an den Durchschnittszahlen ablesen: Eine der wesentlichen Ur- sachen für schlechtere Einkommensperspektiven von Frauen ist, dass viele Frauen irgendwann Mütter werden. Die Lebensrealität vieler Mütter ist dann, dass sie, wenn sie beruflich einmal pausiert haben oder wegen der Fa- milie in Teilzeit arbeiten wollen, keine gleichwertigen Jobs mehr bekommen. Hier wird Zeit für Familie mit schlechteren Chancen bestraft – das ist die Ungerechtig- keit, die es zu beseitigen gilt! Wir müssen uns fragen: Ist das, was die Linke uns hier vorschlägt, ein allgemeines Verbandsklagerecht im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz zu verankern, das richtige Instrument dafür? Und da muss man ganz klar sagen: Nein! Das ist nicht das richtige Instrument. Denn mit Verbandsklagen ändern Sie nichts, rein gar nichts an den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ur- sachen für die unterschiedliche Entlohnung. Sie be- kämpfen lediglich Symptome. Damit ist den betroffenen Frauen aber in keiner Weise geholfen. Sie, meine Damen und Herren von den Linken, schießen also mit ihrer Ini- tiative völlig am Ziel vorbei, deshalb werden wir das nicht mitmachen! Aber nicht nur, weil es sich bei der Initiative der Lin- ken mit Blick auf das Ziel der Verwirklichung der Ent- geltgleichheit um einen untauglichen Versuch handelt, werden wir diesen nicht mittragen, in Bezug auf das von der Linken geforderte Verbandsklagerecht bei der Ent- geltgleichheit würde dem Missbrauch Tür und Tor geöff- net. Es würde Unfrieden in Betriebe tragen, wenn über- motivierte Verbände im Extremfall auch gegen den Willen des Betroffenen klagen könnten. Die Situation, dass Verbände gegen den Willen der Betroffenen klagen können, wird dann besonders absurd, wenn sich der oder die Beschäftigte bereits mit dem Arbeitgeber geeinigt und den Konflikt einvernehmlich gelöst hat. Oder was ist, wenn ein Betroffener zunächst noch nicht klagen möchte, die Klage aber bereits ohne sein Wissen von einem Verband erhoben worden ist? Ist das mit dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtli- ches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes ver- einbar? Das sind Fragen, auf die Die Linke keine Ant- worten in ihrem Antrag präsentiert – vielleicht weil sie diese Punkte gar nicht bedacht hat? Das ist alles nicht schlüssig und nicht bis ans Ende durchdacht. Neben diesen Fragen lassen sich gegen allgemeine Verbandsklagerechte weitere sehr grundsätzliche Argu- mente anführen, die selbst den europäischen Gesetzgeber bei den vier maßgebenden Richtlinien zur Antidiskrimi- nierung aus den Jahren 2000 bis 2004 dazu bewogen ha- ben, ein europaweites Verbandsklagerecht gerade nicht einzuführen. Verbandsklagen sind grundsätzlich ein Fremdkörper im deutschen Verfahrensrecht. Unsere Prozessordnun- gen gehen von dem Prinzip des individuellen Rechts- schutzes aus – nur wenn jemand selbst betroffen, also in eigenen Rechten verletzt ist, kann er klagen. Dieses Prin- zip hat sich bewährt. Damit werden missbräuchliche Klagen verhindert. Verbandsklagen aber durchbrechen dieses Prinzip und sind daher grundsätzlich sehr kritisch zu betrachten. Weiterhin besteht bei Verbandsklagen allgemein die Gefahr, dass sich eine unheilvolle Dynamik entwickelt: Geklagt wird nicht mehr um der Rechtsdurchsetzung willen, sondern weil wirtschaftliche Interessen im Vor- dergrund stehen. Denn klar ist: Jeder Verband muss sich irgendwo durch seine Tätigkeiten selbst legitimieren. Klagen sind da ein gutes Mittel, um sich selbst in der Öf- fentlichkeit zu inszenieren. Da kann es sehr fraglich sein, ob wirklich die Interessen der Betroffenen im Vorder- grund stehen. Verbandsklagen gehen häufig mit einer öffentlich- keitswirksamen medialen Kampagne des klagenden Ver- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 28983 (A) (C) (D)(B) bandes gegen das vermeintlich rechtswidrig handelnde Unternehmen einher. Dies führt bereits vor einem rich- terlichen Urteilsspruch zu einer erheblichen Rufschädi- gung des betroffenen Unternehmens. Insbesondere bei kleineren und mittleren Unternehmen bestehen ange- sichts der mitunter existenzbedrohenden Folgen insofern große Befürchtungen. Viele Unternehmen werden daher bemüht sein, Kla- gen auf dem Vergleichswege beizulegen, selbst wenn die zugrunde liegenden materiellen Ansprüche mehr als fraglich sind. Die Unternehmen werden quasi genötigt, alles zu tun, um das Verfahren so schnell und geräusch- los wie möglich zu einem Ende zu bringen. Sie werden auf diese Weise teilweise zu unangemessenen und sach- lich nicht begründeten Zahlungen gedrängt, um weitere Prozess-, insbesondere Anwaltskosten und weiteren Imageschaden zu vermeiden. All das kann leider auch kaum wirksam gesetzlich durch Schutzvorkehrungen ausgeschlossen werden. Folge ist zudem, dass Streitfälle im Vergleichsfall nicht ausgeurteilt werden und somit keine rechtliche Signalwirkung für vergleichbare Fälle erzeugt wird. Eine richterliche Rechtsfortbildung ist damit nur noch sehr eingeschränkt möglich. Für die Union ist die richterliche Rechtsfortbildung aber ein ganz wesentlicher Faktor des deutschen Rechtssystems. Wir wollen daher die richter- liche Rechtsfortbildung erhalten und stärken. Deswegen ist es nach meiner Auffassung richtig, dass kollektive Rechtsschutzinstrumente wie Verbandskla- gen Ausnahmen bleiben und das bewährte System unse- rer Prozessordnungen des individuellen Rechtsschutzes nicht unterminieren. Es muss stets genau bestimmt sein, wer aus welchem Rechtsgrund zu klagen berechtigt ist – denn die Prozessordnungen sind dazu da, materielles Recht durchzusetzen und nicht, um daraus wirtschaftli- che Vorteile zu ziehen. Es gibt eine Vielzahl von Argumenten, die gegen die Einführung einer allgemeinen Verbandsklagebefugnis im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz sprechen. Die Linke hat sich mit diesen Argumenten in keiner Weise auseinandergesetzt, geschweige denn sie entkräftet. Im Gegenteil: In ihrer Antragsbegründung liefert sie noch Argumente, die an der Sache vorbeigehen und evident falsch sind. Als Argument für eine Verbandsklage führt sie etwa an, dass eine Individualklage im Gegensatz zur Ver- bandsklage das finanzielle Risiko auf die Schultern der klagenden Frau lege. Gerade im Arbeitsrecht trifft dies aber gar nicht zu: Zum einen ist die gerichtliche Aus- einandersetzung vor deutschen Arbeitsgerichten grund- sätzlich mit sehr überschaubaren Kosten verbunden. An- ders als zum Beispiel in Bauprozessen müssen in der Regel auch keine teuren Sachverständigen gehört wer- den. Zum anderen trägt gerade – anders als in einem zivil- gerichtlichen Verfahren – jede Partei im arbeitsgerichtli- chen Verfahren ihre gerichtlichen und außergerichtlichen Anwaltskosten selbst, ganz unabhängig davon, ob sie den Rechtsstreit gewonnen oder verloren hat. Ziel dieser Regelung ist es, zu verhindern, dass die wirtschaftlich in aller Regel schwächeren Arbeitnehmer von der Durch- setzung ihrer Ansprüche aufgrund des Kostenrisikos ab- sehen. Hier steht der Schutz der Arbeitnehmer an erster Stelle – egal, ob es sich um eine Frau oder einen Mann handelt. Das ist gelebte Gleichberechtigung! Ich komme zum Schluss: Das Ziel des Antrags der Linken, Männer und Frauen bei gleicher Leistung gleich zu entlohnen, teile ich vollständig. Das Instrument der Verbandsklage im Allgemeinen Gleichbehandlungsge- setz ist dafür aber untauglich und ist auch aus grundsätz- lichen rechtspolitischen Erwägungen abzulehnen. Des- wegen werden wir Ihren Antrag nicht mittragen. Ich kann Sie nur auffordern, stimmen Sie beim nächsten Mal unseren Anträgen zu, damit erreichen Sie dann, anders als mit ihren Schaufensteranträgen, auch wirklich etwas! Sonja Steffen (SPD): Wir beraten heute über einen Antrag der Fraktion Die Linke. Mit diesem Antrag soll das Verbandsklagerecht in das AGG eingefügt werden. Das Verbandsklagerecht ist dem deutschen Recht nicht besonders vertraut. Denn nach unserem öffentli- chen Recht gilt das System des Individualrechtsschutzes. Es soll nur derjenige klagen dürfen, der durch die öffent- liche Gewalt in eigenen Rechten verletzt ist. In den letz- ten Jahren sind wir von diesem Grundsatz allerdings – aus guten Gründen – häufiger abgewichen: 2002 haben wir im Naturschutzrecht eine Verbandsklage ermöglicht. Damit können anerkannte Naturschutzverbände gegen Entscheidungen von Bundesbehörden klagen. Seit 2006 wurde die Position der Umweltverbände durch das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz entscheidend ge- stärkt. Auch das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Men- schen enthält ein Verbandsklagerecht, nach dem ein anerkannter Behindertenschutzverband Klage erheben kann auf Feststellung eines Verstoßes gegen bestimmte behindertenschutzrechtliche Vorschriften. Schließlich können auch Verbraucherschutzverbände auf Unterlassung oder Widerruf zur Durchsetzung von Verbraucherschutzvorschriften Klage erheben. Das AGG bietet den betroffenen Menschen die Mög- lichkeit der Individualklage, wenn eine Benachteiligung aus Gründen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinde- rung, des Alters oder der sexuellen Identität vorliegt. Die meisten Fälle des Allgemeinen Gleichbehand- lungsgesetzes beschäftigen sich mit Diskriminierungen wegen einer Behinderung oder wegen des Geschlechts, je ein Fünftel der Beschwerden erfolgen aufgrund des Alters oder der ethnischen Herkunft. Es folgen Anfragen wegen einer Benachteiligung aufgrund sexueller Identi- tät und aufgrund von Religion oder Weltanschauung. Der Bundesgerichtshof hat beispielsweise eine Ent- scheidung zur Altersdiskriminierung getroffen: Ein frü- herer Kölner Klinikchef hat Anspruch auf eine hohe Ent- schädigung, weil er wegen seines Alters keinen neuen Vertrag bekam. 28984 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 (A) (C) (D)(B) Ein anderer Kläger machte erfolgreich Entschädi- gungsansprüche gegen den Betreiber einer Diskothek geltend, weil der Türsteher ihm wegen seiner Hautfarbe und seines Geschlechts den Eintritt verweigerte. Einer schwerbehinderten Bewerberin um ein Richter- amt steht eine Entschädigung nach dem AGG zu, weil sie nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Erfolgreich geklagt hat auch ein Arbeitnehmer, der in einem Warenhaus als Ladenhilfe tätig war. Er sah sich aufgrund seines muslimischen Glaubens gehindert, die Weisung des Arbeitgebers zu befolgen und Alkoholika einzuräumen. Das AG Halle verurteilte einen Betrieb wegen einer Diskriminierung einer weiblichen Führungskraft als Frau und Mutter. Nach Rückkehr aus der Elternzeit hatte der Arbeitgeber der Klägerin mitgeteilt, weibliche Füh- rungskräfte mit zwei kleinen Kindern hätten ein zu ho- hes Ausfallrisiko und kündigte ihr betriebsbedingt. Das im AGG geregelte „eingeschränkte Verbandskla- gerecht“, das den Betriebsräten und Gewerkschaften nun ermöglicht, bei grobem Verstoß des Arbeitgebers für Kollegen und Kolleginnen bei Gericht ein Verfahren an- zustrengen, um den Arbeitgeber zu einem diskriminie- rungsfreien Vorgehen zu verpflichten, hat sich unlängst erstmals beim AG Hamburg bewährt. Bisher sind aller- dings nur einige hundert Fälle vor Gericht gelandet. Eine Umfrage hat darüber hinaus ergeben, dass nur ein Drittel der Befragten das AGG – und damit verbunden ihre Rechte – überhaupt kennen. Das wirft natürlich Fragen auf: Warum kennen viele Menschen ihre Rechte gar nicht? Scheuen sie den Weg der Individualklage? Das AGG bietet zwar theoretisch die rechtlichen Mit- tel, um gegen erlebte Diskriminierung vorzugehen. Diese bleiben aber wirkungslos, weil sie praktische Mängel aufweisen. Darum ist tatsächlich eine Weiterent- wicklung des AGG notwendig. Die SPD-Bundestagsfraktion hat einen Aktionsplan für die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Män- nern erstellt. Dieser Plan enthält wichtige Forderungen wie das Entgeltgleichheitsgesetz: Die Entgeltlücke zwi- schen Frauen und Männern muss geschlossen werden. Auch die Frauenquote für die Besetzung der Aufsichts- räte und Vorstände bedarf einer gesetzlichen Regelung, weil freiwillige Vereinbarungen zwischen Bundesregie- rung und Wirtschaft leider keine nennenswerten Fort- schritte gebracht haben. Der Plan setzt sich auch mit der Weiterentwicklung des AGG auseinander. Hier ist zu prüfen, ob die Beweislastregeln konform mit den Richt- linien der EU sind. Betroffene, die sich auf eine Benach- teiligung berufen, müssen nämlich zunächst den Vollbe- weis führen, dass sie gegenüber einer anderen Person ungünstiger behandelt worden sind. Nach EU-Gesetzge- bung reicht hier jedoch bereits die Glaubhaftmachung. Darüber hinaus sollten die Verbände in der Tat stärker beteiligt werden, und auch die Einführung einer Ver- bandsklage sollten wir gründlich prüfen. Nicole Bracht-Bendt (FDP): Die FDP verurteilt jede Diskriminierung wegen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Welt- anschauung, wegen Behinderung, des Alters oder der sexuellen Orientierung. Der Schutz vor Diskriminierung ist ein Menschenrecht und wesentliches Element einer je- den demokratischen Gesellschaft. Freiheit zu garantieren, heißt auch, die Rechte von Minderheiten zu schützen. Das Grundgesetz enthält in Art. 3 sowohl einen Schutz vor Be- nachteiligung als auch das Gebot, grundsätzlich alle Menschen gleichzubehandeln. Auch Art. 14 der Euro- päischen Menschenrechtskonvention und das darin ent- haltene Diskriminierungsverbot sind eine Verpflichtung. Gerade in der europäischen Wertegemeinschaft müs- sen Benachteiligungen beseitigt und die Rechte von Minderheiten gestärkt werden. Diesem Ziel fühlt sich die FDP seit jeher in besonde- rer Weise verpflichtet. Der Abbau von Diskriminierungen lässt sich aber nicht per Gesetz verordnen. Er ist eine gesamtgesell- schaftliche Aufgabe und beginnt bei der Erziehung zur Toleranz und nicht mit der Schaffung von Verbands- klagerechten. Die FDP hält die vorhandenen rechtlichen Möglich- keiten, gegen Diskriminierungen vorzugehen, für ausrei- chend. Daher lehnen wir die Initiative der Linken ab. Das AGG bietet Antidiskriminierungsverbänden nach § 23 AGG bereits die Möglichkeit, Benachteiligte in ge- richtlichen Verfahren als Beistand in der Verhandlung zu unterstützen. Die im Arbeits- und allgemeinen Zivilrecht geregelten Rechte sind weithin Individualansprüche. Der Benachteiligte entscheidet selbst, ob und wie er seine Rechte verfolgt. Das im Antrag benannte „strukturelle Ungleichgewicht“ besteht für Kläger in jedem Rechtsge- biet, seien ihre Klagen auch noch so berechtigt. Dass Kläger in der Regel die Beweislast tragen, ist unserem Rechtssystem immanent und dient der Rechtssicherheit, vor allem der Sicherheit vor grundlosen Klagen. Im Übrigen sind in anderen Bereichen, zum Beispiel im Arbeitsrecht, weit höhere strukturelle Ungleichge- wichte vorzufinden als bei Klagen nach dem AGG. Ein Verbandsklagerecht lehnen wir aus rechtspoliti- schen Erwägungen ab. Die Linken schildern in ihrem Antrag übrigens nicht, wie sie ein Verbandsklagerecht ausgestalten wollen, ins- besondere nicht, ob es ein Abtretungsrecht geben soll, wie dies im ADG-E vorgesehen war. Hierbei wäre auch zu befürchteten, dass die Verbände aus eigenem Inte- resse Klagen „akquirieren“. Das Ziel wäre dann, Scha- denersatz einzuklagen, um die finanzielle Situation des Verbandes zu verbessern und nicht die Situation des Dis- kriminierten. Das derzeitige AGG stellt einen sinnvollen Kompro- miss der betroffenen Interessen dar und bedarf daher un- seres Erachtens keiner Novellierung. Pascal Kober (FDP): Wahrscheinlich ist es kein Zu- fall, dass die Fraktion Die Linke den Antrag zum Thema Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 28985 (A) (C) (D)(B) „Verbandsklagerecht im Allgemeinen Gleichbehand- lungsgesetz implementieren“ heute am sogenannten Equal Pay Day zur Debatte gestellt hat, der allerdings heute gar nicht stattfindet, weil sich die Organisatoren verrechnet haben. Richtig ist, dass es in Deutschland noch Unterschiede in der Bezahlung von Männern und Frauen gibt. Diese hängen jedoch fast vollständig von den durchschnittli- chen Lohnhöhen in den gewählten Berufen ab. Es ist noch immer so, dass Berufe, in denen verstärkt Frauen arbeiten, schlechter bezahlt sind als solche, in denen ver- stärkt Männer arbeiten. Oder anders ausgedrückt: In der Automobilbranche verdient man mehr als eine Friseurin. Interessant bei den Gründen für die Unterschiede ist, dass Frauen auch viel weniger in Gewerkschaften orga- nisiert sind, und es daher gerade in typischen Frauenbe- rufen einen geringeren Organisationsgrad gibt, der dann auch in schlechteren Tarifabschlüssen seinen Ausdruck findet. Daher sollten Sie, liebe Kolleginnen und Kolle- gen, vielleicht lieber Frauen ermuntern, Mitglied einer Gewerkschaft zu werden und sich für ihre Interessen ein- zusetzen, statt hier Anträge einzubringen, die in die fal- sche Richtung führen. Betrachtet man den sogenannten bereinigten Gender Pay Gap, also die Lohnunterschiede, die sich nicht auf erklärbare strukturelle Unterschiede, wie zum Beispiel die unterschiedlichen Durchschnittslöhne in unterschied- lichen Branchen, begründen, liegt der Gender Pay Gap bei 6 Prozent. Das ist die Zahl, bei der es möglicher- weise Verstöße gegen das Allgemeine Gleichbehand- lungsgesetz gibt, nicht, wie von Ihnen angesprochen, die über 20 Prozent. Sie fordern in Ihrem Antrag, dass auch im Allgemei- nen Gleichbehandlungsgesetz die Möglichkeit zur Ver- bandsklage geschaffen wird. Ich halte dies für einen fal- schen Ansatz. Das deutsche Recht ist aus gutem Grund als ein Indi- vidualklagerecht gewachsen. Die Klagegründe der Klä- ger sind bisher sehr unterschiedlich und jeweils spezifi- sche Einzelfälle. Es ist ja gerade nicht so, dass ein kompletter Tarifvertrag gegen das Allgemeine Gleichbe- handlungsgesetz verstößt – dann hätten die Tarifpartner versagt –, sondern, dass, wenn es zu Verstößen gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz kommt, dies individuelle Fälle sind. Von daher würde eine Verbands- klage gar keinen Sinn ergeben. Wenn es Ihnen aber darum geht, dass ein Verband ei- nen einzelnen Fall beklagen können soll, dann sage ich Ihnen, dass es dafür nicht eines Verbandsklagerechts be- darf. Schon heute können Verbände auf freiwilliger Basis die Rechtskosten von Klägern übernehmen. Die Einzel- person klagt und ihre Kosten werden von einem Ver- band, Verein oder einer Gewerkschaft übernommen. Hinzu kommt, dass gerade Gewerkschaften ihren Mit- gliedern Rechtsschutz anbieten. Ihr Antrag ist überflüssig und scheint mir reine Sym- bolpolitik für den heutigen Tag. Bei Verstößen gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gibt es schon heute ausreichend Möglichkeiten, dagegen vorzugehen. Wir sollten daher unsere Rechtstradition nicht verän- dern. Cornelia Möhring (DIE LINKE): Wir fordern mit unserem hier vorliegenden Antrag ein Verbandsklage- recht in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, AGG, aufzunehmen, also das Recht von Verbänden – Umwelt- verbänden, Frauenverbänden, Gewerkschaften –, stell- vertretend für die Einzelnen, die von Diskriminierung betroffen sind, zu klagen. Ich möchte am Beispiel der Entgeltdiskriminierung begründen, warum ein Verbandsklagerecht dringend er- forderlich ist. Warum wollen wir eine solche Regelung im Allge- meinen Gleichbehandlungsgesetz – kurz AGG – aufneh- men? Eben dort heißt es, dass Benachteiligungen wegen des Geschlechts in Bezug auf Arbeitsbedingungen ein- schließlich Arbeitsentgelt unzulässig sind und verhindert oder beseitigt werden müssen: § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG. Wie sieht es aber in der Praxis aus? Meist werden die einzelnen Personen, die von Entgeltdiskriminierung be- troffen sind, darauf verwiesen, dass sie doch eine indivi- duelle Beschwerde oder Klage einreichen können. Das ist aber ein Weg, der sich als völlig ungeeignet erwiesen hat. Sehr wenige Beschäftigte trauen sich zu, alleine ge- gen den eigenen Arbeitgeber vor Gericht zu ziehen. Das hat eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft be- reits 2008 nachgewiesen. Ich finde es auch mehr als ver- ständlich angesichts des Drucks in den Betrieben und der ständigen Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. Ich vermute, das wird sich auch erst ändern, wenn die Menschen wieder angstfrei in unserem Land leben kön- nen, ohne ständige Existenzsorgen. Zu der Angst um den Arbeitsplatz kommen erhebli- che finanzielle Risiken dazu. Denn ein individueller Kla- geweg dauert lange und kostet. Das können sich die We- nigsten leisten. Eine einzelne Person hat zudem meist keinen Zugang zu den Unterlagen, die eine strukturelle Benachteiligung gerichtsfest nachweisen. Es gab einmal eine erfolgreiche Klägerin, die bei der GEMA beschäf- tigt war. Sie konnte den Beweis der Benachteiligung von Frauen im Unternehmen nur erbringen, weil sie im Per- sonalbereich tätig war und dadurch Einsicht in die Akten hatte. Und selbst wenn es den einen oder anderen erfolgrei- chen Klagefall gibt, bleiben die zugrunde liegenden dis- kriminierenden Entlohnungssysteme und Tarifvertrags- strukturen erhalten, weil die Urteile keine Breitenwirkung entfalten. Heute ist der Equal Pay Day. Und wieder stellen wir fest: Frauen erhalten 22 Prozent weniger Lohn als Män- ner. Sie müssen 80 Tage länger arbeiten als ihre männli- chen Kollegen, um gleich viel Lohn zu erhalten. Deutsch- 28986 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 (A) (C) (D)(B) land ist damit immer noch an drittletzter Stelle der 27 EU-Mitgliedstaaten. Ich habe ihnen bereits einmal hier im Plenum vorge- rechnet, welche Ausmaße dieser „tolerierte“ Lohnraub ganz konkret annimmt. Immerhin geht es um Beträge, die sich im Laufe eines Berufslebens locker auf den Gegen- wert eines Einfamilienhauses hochrechnen lassen. Eine Folge dieser Diskriminierung von Frauen zeigt sich dra- matisch in der Differenz der durchschnittlichen Rente: Während eine Frau heute eine durchschnittliche Rente von 645 Euro erhält, liegt die durchschnittliche Rente ei- nes Mannes bei 1 595 Euro. Das sind immerhin 59,6 Pro- zent Unterschied und eine nicht unwesentliche struktu- relle Diskriminierung. Davon kann eigentlich niemand die Augen verschließen. Ich finde, dies sind sehr deutliche Beispiele für eine zwar verbotene, aber tatsächlich existierende Ungleich- behandlung von Frauen und Männern. Und es darf nicht länger tatenlos zugesehen werden. Wir haben ein echtes Defizit im Diskriminierungs- schutz, und diese Lücke möchten wir mit unserem An- trag verkleinern. Ein Schritt wäre eben, neben diversen notwendigen Maßnahmen zur Beseitigung der Diskrimi- nierung, Rechtsschutz herzustellen. Entgeltdiskriminie- rung ist nun mal kein Einzelschicksal, sondern eine strukturelle Benachteiligung. Mit der Aufnahme des Verbandsklagerechts in das AGG könnten Verbände genau gegen diese Benachteili- gung Vieler vorgehen. Werte Koalitionskolleginnen und -kollegen, Ihre Re- gierung müsste nicht mal, wie üblich, einen Haufen Prüfaufträge auslösen, weil die Situation völlig eindeutig ist. Und eine Formulierung für die Aufnahme des Ver- bandsklagerechts bekommen sie sicherlich in kürzester Zeit beim Juristinnenbund, DJB. Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, ich gehe einmal davon aus, dass Sie zustimmen, es sei denn, Sie nehmen Ihre Forderungen aus Ihren Anträgen zur Entgeltgleichheit nicht wirklich ernst. Wir könnten also gemeinsam einen wesentlichen Schritt gegen die Fortsetzung von Diskriminierungen und für mehr Demokratie schaffen und noch in dieser Legislaturperiode den Arbeitsauftrag an die Regierung für eine entsprechende Gesetzesänderung auslösen. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sieben Jahre nach Inkrafttreten des Allgemeinen Gleich- behandlungsgesetzes ist es Zeit für eine Bestandsauf- nahme und eine Evaluation. Welche Erfolge hat das Ge- setz zum Kampf gegen Diskriminierung beigetragen, und welche der Befürchtungen der Gegner sind eingetre- ten? Diese Evaluation sollten wir in der nächsten Legis- laturperiode angehen und entsprechend Nachbesserun- gen beim Gesetz vornehmen. Gewisse Tendenzen lassen sich aber schon feststellen: Es gab spektakuläre Urteile, die aufgrund des AGG ge- fällt wurden. Da war das Urteil des Landesarbeitsgerich- tes Düsseldorf, das die Altersgrenze für Flugbegleiter aufgehoben hat. Oder das Oberlandesgericht Stuttgart, das einem Mann Schadensersatz zugestand, weil er allein wegen seiner Hautfarbe bei einer Diskothek abge- wiesen wurde. Und wir alle haben das Urteil des Bun- desarbeitsgerichtes mittlerweile umgesetzt, wonach jün- geren Angestellten nicht weniger Urlaubstage zustehen als älteren. Das alles sind Entwicklungen, die Ungerech- tigkeiten beseitigen helfen und die den Betroffenen von Diskriminierung die Handhabe geben, dagegen vorzuge- hen. Das AGG ist rechtliches Empowerment und damit eine Erfolgsgeschichte. Das sieht ja mittlerweile auch die Bundesregierung so. Maria Böhmer, die zuständige Integrationsbeauf- tragte sagte zum fünfjährigen Jubiläum vor zwei Jahren, dass „das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz in den fünf Jahren seines Bestehens eine wichtige Säule für ein tolerantes und gleichberechtigtes Zusammenleben in un- serem Land geworden“ sei. Hubert Hüppe, der Beauf- tragte der Bundesregierung für Behinderte, sagt: „Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz stärkt die Rechte von Menschen mit Behinderung. Es schützt sie vor Diskriminierungen in wichtigen Lebensbereichen.“ Christian Ahrendt, der Vizepräsident des Bundesrech- nungshofes und damals noch Parlamentarischer Ge- schäftsführer der FDP hier im Bundestag, sagte: „Der rechtspolitische Ansatz des Allgemeinen Gleichbehand- lungsgesetzes ist der Schritt in die richtige Richtung.“ Es gibt also in allen Fraktionen dieses Hauses Aner- kennung und Zuspruch zum Allgemeinen Gleichbehand- lungsgesetz. Das ist erst einmal positiv. Dennoch halte ich das AGG in verschiedenen Punk- ten für nachbesserungsbedürftig. Das betrifft die zu kur- zen Klagefristen ebenso wie die Formulierungen zur Beweislastumkehr. Vor allem müssen wir auch eine ernsthafte Debatte führen, ob die Kirchenklausel des AGG, die den Religionsgemeinschaften sehr weitge- hende Ausnahmen zugesteht, noch zeitgemäß ist. Die Fraktion der Linken beantragt heute die Einfüh- rung eines Verbandsklagerechts im Allgemeinen Gleich- behandlungsgesetz. Für meine Fraktion kann ich diese Forderung nur unterstützen. Wir haben dies auch bereits an verschiedenen Stellen hier im Bundestag gefordert, zuletzt in unserem Antrag zur Entgeltgleichheit, den wir vor einem Jahr debattiert haben. Das Verbandsklagerecht lenkt den Fokus darauf, dass Diskriminierung nicht nur ein individuelles Problem ist. Es gibt in unserer Gesell- schaft strukturelle Diskriminierung. Es ist klar, dass Opfer von Diskriminierung hohe emotionale Hürden übersprin- gen müssen, bevor sie etwa ihre Arbeitgeber verklagen. Die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, fehlende Rechtsberatung oder schlicht die Prozesskosten sind nur einige der Gründe. Häufig fehlen aber schlicht die Daten und die Kenntnisse, um eine Diskriminierung im Sinne des AGG mit Indizien untermauern zu können. Deswegen ist es notwendig, dass die Beschäftigten, die Betriebs- oder Personalräte sowie die Mitarbeiterver- tretungen und die zuständigen Gewerkschaften grund- sätzlich in die Lage versetzt werden, gegen Diskriminie- rungen rechtlich vorgehen zu können. Der bisher mögliche individuelle Klageweg ist für die Beschäftig- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 28987 (A) (C) (D)(B) ten risikoreich und unüberschaubar. Daher wird gar nicht oder erst zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses ge- klagt. Und selbst wenn die Klage erfolgreich war, bedeu- tet das nicht, dass andere Beschäftigte davon profitieren. Das Verbandsklagerecht könnte zu mehr Musterklagen führen, die grundsätzliche Rechtssicherheit und -ver- bindlichkeit schaffen. All denjenigen, die nun erneut die Sorge vor Klagewellen und Bürokratiekosten vor sich hertragen, sage ich: Diese Klagewellen sind nach dem Erlass des AGG ausgeblieben, und sie werden auch jetzt nicht kommen. Von einem Verbandsklagerecht und mehr Musterkla- gen profitieren nicht nur die Arbeitnehmerinnen und Ar- beitnehmer. Auch für die Unternehmen ist es doch von Interesse, klare Regeln zu haben, die nicht diskriminie- ren. Denn natürlich findet Diskriminierung am Arbeits- platz heutzutage nur noch selten aus einer bewussten Entscheidung heraus statt. Dazu haben die Debatten um Diversity – Vielfalt – als Bestandteil der Unternehmens- kultur der letzten Jahrzehnte beigetragen. Nein – Diskri- minierung, etwa bei der Entgeltungleichheit, ist struktu- rell begründet, durch falsche Eingruppierungen oder Geringschätzung von Teilzeitarbeit. Der Antrag der Fraktion der Linken steht heute zur ersten Lesung an. Angesichts der wenigen verbleibenden Sitzungswochen in dieser Legislaturperiode sollten wir das Thema schnell in den Ausschüssen debattieren. Nach der Bundestagswahl brauchen wir eine umfassende Evaluation des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes und eine Stärkung der Rechte der von Diskriminierung betroffenen Menschen. Dabei wird ein Verbandsklage- recht ein zentraler Baustein sein. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Kreditanstalt für Wiederaufbau und weiterer Gesetze (Tages- ordnungspunkt 18) Peter Aumer (CDU/CSU): Gegründet in wirtschaft- lich schwierigen Zeiten nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahre 1948 mit dem Ziel, die deutsche Wirtschaft mit den Mitteln aus dem Marshallplan wiederaufzubauen, ist die Kreditanstalt für Wiederaufbau heute ein einzigarti- ges Beispiel eines bestens funktionierenden staatlichen Förderinstituts. In 60 Jahren Geschichte hat die KfW bis heute etwa fast 1 Billion Euro an Darlehen vergeben. Sie ist heute die weltweit größte staatliche Förder- bank und hat sich in den letzen Jahren, mit einer Bilanz- summe von derzeit etwa 500 Milliarden Euro, zur dritt- größten Bank in ganz Deutschland entwickelt. Vielen Staaten dient die KfW heute als Vorbild für den Aufbau eines eigenen Förderinstituts. Für Deutschland ist die KfW ein unverzichtbarer Be- standteil unserer staatlichen Förderpolitik geworden. Im Rahmen ihres Auftrags, der ihr durch das KfW-Gesetz vorgegeben ist, ist sie vor allem zuständig für die Förde- rung des technischen Fortschritts und von Innovationen, des Mittelstands, der Wohnungswirtschaft, der Finanzie- rung von höherer Bildung, der Entwicklungspolitik und von vielen weiteren Feldern. Insbesondere ist die KfW ein unverzichtbarer Partner, um die Herausforderungen der Energiewende zu meis- tern. Sie unterstützt die Bereiche, die für eine erfolgrei- che Wende notwendig sind, nämlich erneuerbare Ener- gien ausbauen, Energie effizient nutzen und Energie effizient erzeugen. Die KfW ist außerdem ein nachhaltig und verantwor- tungsvoll handelndes Institut. Im Lichte der Finanz- marktkrise erscheint es dennoch sinnvoll, die zentralen bankenaufsichtsrechtlichen Standards, die etwa die Min- destanforderungen an das Risikomanagement, die Ei- genmittelanforderungen und die Vorgaben für das Kre- ditgeschäft betreffen, auch auf die KfW anzuwenden. Bereits heute hält die KfW wesentliche Aufsichtsvor- schriften freiwillig ein, soweit sie mit ihrem Geschäfts- modell und dem daraus resultierenden Förderauftrag zu vereinbaren sind. Mit dem Entwurf des KfW-Änderungsgesetzes, wel- chen wir heute in erster Lesung beraten, kommen wir den Ansprüchen einer effektiven Beaufsichtigung der KfW nach und legen rechtsverbindliche und transparente Vorschriften fest, an die sich die KfW in Zukunft halten muss. Im Rahmen dessen wird das Bundesministerium der Finanzen gesetzlich ermächtigt, im Benehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie durch Rechtsverordnung festzulegen, welche bankenauf- sichtsrechtlichen Vorschriften von der KfW beziehungs- weise der KfW-Gruppe entsprechend anzuwenden sind. Dabei muss auch zukünftig die besondere Rolle der KfW berücksichtigt werden. Der Gesetzentwurf ändert daher nichts daran, dass die KfW auch weiterhin kein Kreditinstitut und kein Finanzdienstleistungsinstitut im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 6 Nr. 2 KWG ist und auch weiterhin von den bankenaufsichtsrechtlichen Regelungen der Europäischen Union ausgenommen wird. Die KfW gehört ferner zu den „Einrichtungen des öffentlichen Bereichs“ gemäß § 1 Abs. 30 Satz 2 KWG. Das Geschäftsmodell und der besondere Förderauftrag der KfW werden also in ausreichendem Maße beachtet. Gerade durch das Instrument der Verordnungser- mächtigung kann sichergestellt werden, welche Regeln für die KfW im Einzelnen sinnvoll sind und verbindlich gelten sollten. Zudem kann somit flexibel auf Verände- rungen der bankenaufsichtsrechtlichen Vorschriften, ins- besondere auf europäischer Ebene, und auf Veränderun- gen der deutschen Förderlandschaft reagiert werden. Die Aufsicht wird in Zukunft in bewährter Weise durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und die Deutsche Bundesbank übernommen. Die KfW ist ein für Deutschland extrem wichtiges Förderinstitut. Mit den Regelungen, die wir heute in ers- ter Lesung beraten, schaffen wir die Grundlage für eine künftig weitere exzellente Stabilität des Instituts. 28988 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 (A) (C) (D)(B) Bettina Kudla (CDU/CSU): Mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über die Kreditanstalt für Wiederaufbau und weiterer Gesetze schafft die Koalition mehr Rechtssicherheit und Transparenz in Bezug auf die Einhaltung bankenaufsichtsrechtlicher Vorschriften durch die KfW. Das dient einer effektiven Aufsicht wie auch dem zu Beaufsichtigenden. Kern des Entwurfs ist die Verordnungsermächtigung für das Bundesfinanzministe- rium, entsprechend gesetzgeberisch tätig zu werden. Die Details der Ermächtigung sind dargelegt im neu einzufü- genden § 12 a des Gesetzes über die KfW. Bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau handelt es sich um eine Anstalt öffentlichen Rechts mit speziellem staatlichen Auftrag. Die KfW gilt daher nach § 2 Abs. 1 des Kreditwesengesetzes – unabhängig von den Ge- schäften, die sie tatsächlich betreibt – nicht als Kredit- institut oder Finanzdienstleistungsinstitut im Sinne des KWG und ist daher im Sinne des § 2 Abs. 2 des Kredit- wesengesetzes von Vorschriften ausgenommen. Sie ist grundsätzlich nicht mit Kreditinstituten des privatrechtli- chen, genossenschaftlichen oder öffentlich-rechtlichen Sektors zu vergleichen. Das besondere Geschäftsmodell liegt in ihrem festge- legten staatlichen Förderauftrag gemäß § 2 des Gesetzes über die KfW. Dieser umfasst insbesondere die Finanzie- rung in den Bereichen Mittelstand – also kleine und mitt- lere Unternehmen – und Existenzgründungen, Wohnungs- wirtschaft, Umweltschutz, Bildungsförderung für private Kunden, international vereinbarte Förderprogramme in Transformations- und Entwicklungsländern sowie Ex- port- und Projektfinanzierung – auch Projekte im Inte- resse der Europäischen Union. Die Geschäftstätigkeit der KfW erstreckt sich somit über Deutschland, Europa und die Welt. Hierzu unterhält die Kreditanstalt weltweit Vertretungen. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau ist zwar kein Kre- ditinstitut im eigentlichen Sinne, jedoch entspricht ihre Tätigkeit im Grunde denen einer klassischen Bank. Mit einer Bilanzsumme von 450 Milliarden Euro gehört sie zu den drei größten Banken in Deutschland und gehört heute zu 80 Prozent dem Bund und zu 20 Prozent den Bundesländern. Die KfW refinanziert sich fast aus- schließlich über die internationalen Kapitalmärkte; allein im Jahr 2011 mit rund 79 Milliarden Euro, da sie weder klassische Filialen noch Kundeneinlagen hat. Bei dieser Größenordnung der Bank selbst und der Tätigkeit an den Kapitalmärkten sowie aufgrund des Geschäftsmodells der Kreditvergabe kann man durchaus von einer gewis- sen Systemrelevanz sprechen, weshalb eine effektive, rechtssichere Aufsicht Sinn macht. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau ist im Rahmen ih- res Förderauftrags herkömmlichen Bankenrisiken ausge- setzt. „Im inländischen Förderkreditgeschäft liegen die Risikoschwerpunkte im Bereich der Finanzierung von Gründern von mittelständischen Unternehmen und von Beteiligungen, da die KfW insbesondere in diesen Seg- menten der inländischen Förderung auch Endkreditneh- merrisiken trägt …“, heißt es im Finanzbericht 2011 der Kreditanstalt. Hieraus wird ersichtlich, dass eine effek- tive Aufsicht auch im Interesse der Förderbegünstigten ist. Um ihren Auftrag sachgerecht und weitgehend risiko- vorbeugend wahrnehmen und möglichst effektiv fördern zu können, hält die KfW bereits heute wesentliche Aufsichts- vorschriften freiwillig ein. Diese sollen nun gesetzlich in Wort und Schrift durch das Bundesfinanzministerium im Benehmen mit dem Bundeswirtschaftsministerium rechtssicher formuliert werden. Hieraus sollen Klarheit und Sicherheit für alle Beteiligten, das heißt für die Kre- ditanstalt und deren Aufsicht, entstehen. Neben einigen eher redaktionellen Änderungen im Gesetz über die KfW ist der neu einzufügende § 12 a das Kernstück des Gesetzentwurfs und enthält die Verord- nungsermächtigung für das Bundesfinanzministerium sowie die Anforderungsbefugnis. Das heißt, das BMF wird im Benehmen mit dem Bundeswirtschaftsministe- rium gesetzlich ermächtigt, durch Rechtsverordnung festzulegen, welche bankenaufsichtsrechtlichen Vor- schriften von der KfW bzw. der KfW-Gruppe entspre- chend anzuwenden sind. Das Instrument der Verordnung bringt die geeignete Flexibilität und Fallspezifität mit. Die KfW ist auch weiterhin kein Kreditinstitut und kein Finanzdienstleistungsinstitut. Die KfW bleibt daher von bestimmten bankenaufsichtsrechtlichen Regelun- gen der EU ausgenommen. Bisher steht die Kreditanstalt für Wiederaufbau unter der Aufsicht des Bundesfinanzministeriums. Ein Bun- desministerium kann eine wirksame Aufsicht über ein solch großes Kreditinstitut nicht mehr gewährleisten – schließlich handelt es sich um ein Kreditvolumen von fast 500 Milliarden Euro. Die Überwachungsinstrumente der BaFin sind ein wirksamer Schutz. Die Aufsicht wird in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesbank ge- mäß den Vorgaben aus dem Kreditwesengesetz erfolgen. Wichtig ist, dass eine klar abgegrenzte Aufgabenvertei- lung erfolgt, damit es keine Informationsverluste gibt. Die Rechtsgrundlage für die Aufsicht durch die BaFin ergibt sich aus § 6 KWG, die Rechtsgrundlage zur Zu- sammenarbeit mit der Deutschen Bundesbank aus § 7 KWG. Die Hauptziele der BaFin – so die Bundesanstalt selbst – bestehen darin, „Missständen im Kreditwesen entgegenzuwirken, die die Sicherheit der den Instituten anvertrauten Vermögenswerte gefährden, die ordnungs- gemäße Durchführung der Bankgeschäfte beeinträchti- gen oder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft nach sich ziehen können“. Hierzu unterzieht die BaFin die betroffenen Institute der Solvenzaufsicht, der sogenannten laufenden Auf- sicht. Diese umfasst insbesondere die Überprüfung einer angemessenen Ausstattung mit Eigenmitteln – deren er- forderliche Mindesthöhe abhängig ist von den eingegan- genen Risiken – und einer ausreichenden Liquidität, die jederzeit die Zahlungsfähigkeit eines Instituts gewähr- leisten soll. Darüber hinaus prüft die BaFin die Risiken, welche nicht nach der Solvabilitätsverordnung mit Ei- genmitteln zu unterlegen sind, und prüft, ob das Institut über ein geeignetes Risikomanagement verfügt. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 28989 (A) (C) (D)(B) Als Arbeitsgrundlage dienen der BaFin die Jahresab- schlüsse und Prüfungsberichte sowie die sogenannten Monatsausweise – Kurzbilanzen, die die beaufsichtigten Institute monatlich bei der BaFin einreichen müssen. Da- neben gibt es eine Reihe von Meldepflichten, beispiels- weise für Bilanzverluste, Veränderungen in der Ge- schäftsleitung oder bei Beteiligungen ab 10 Prozent. Meldepflichtig sind ferner Groß- und Millionenkredite. Zudem darf sich die BaFin angemeldete wie unangemel- dete Prüfungen vor Ort vorbehalten. Auch in ihrer weitreichenden Befugnis, greift die BaFin nicht in die Geschäftspolitik der Institute ein, son- dern achtet die Grundpfeiler unserer Wirtschaftsord- nung. Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Das Gesetz ist gut. Es fügt sich ein in den neuen Ordnungsrahmen für die Finanzmärkte. Ein Mehr an Aufsicht stärkt das Vertrauen in die Kreditanstalt für Wiederaufbau. Für die „Kunden“ der KfW wird der „Hafen KfW“ noch sicherer gemacht. Nicht zuletzt profitiert die KfW selbst von ei- ner effektiven Aufsicht. Manfred Zöllmer (SPD): Die Kreditanstalt für Wie- deraufbau gilt heutzutage nicht als Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut gemäß dem Kreditwesen- gesetz. Dies muss schon verwundern, angesichts der Tat- sache, dass sie nach der Bilanzsumme die drittgrößte Bank Deutschlands ist. Die Geschichte dieser Bank geht zurück auf das Jahr 1948. Sie ist die größte nationale Förderbank der Welt und eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Damit hat sie ein besonderes Geschäftsmodell und unterscheidet sich fundamental von den normalen Universalbanken. Wir haben durch die Finanzmarktkrise erlebt, dass Probleme der Bankenaufsicht nicht unwesentlich zur Krise beigetragen haben. In Deutschland sind die BaFin und die Bundesbank für die Bankenaufsicht zuständig. Zukünftig soll mit der Errichtung der Bankenunion in Europa die Beaufsichtigung systemrelevanter, grenz- überschreitender Banken durch die Europäische Zentral- bank erfolgen. Die ordnungsgemäße Anwendung der bankenauf- sichtsrechtlichen Regelungen soll durch die BaFin be- aufsichtigt werden. Die BaFin nimmt diese Aufgabe auch bei anderen Förderbanken wahr. Die KfW hält rele- vante Aufsichtsvorschriften schon jetzt freiwillig ein. Eine vollständige Übertragung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften für Geschäftsbanken allerdings ist unsinnig, da das besondere Geschäftsmodell und der Förderauftrag der KfW dies nicht zulassen. Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung will nun festschreiben, welche bankenaufsichtsrechtli- chen Standards in Zukunft von der KfW verbindlich ein- zuhalten sind. Dies soll zukünftig mit einer Rechtsver- ordnung des Bundesministeriums der Finanzen und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie ge- regelt werden. Wir begrüßen im Prinzip den vorliegenden Gesetzent- wurf. Es macht Sinn, auch die KfW verbindlichen auf- sichtsrechtlichen Verpflichtungen zu unterwerfen. Es gibt allerdings ein Problem. Die Details der aufsichts- rechtlichen Verpflichtungen sollen erst nach der Verab- schiedung des Gesetzes in der angesprochenen Verord- nung geregelt werden. In dieser Rechtsverordnung soll geregelt werden, wie zum Beispiel die Eigenmittelanforderungen, die Min- destanforderungen an das Risikomanagement und die Vorgaben für das Kreditgeschäft von der KfW entspre- chend anzuwenden sind. Wir kennen aber den Inhalt oder einen konkreten Entwurf der Rechtsverordnung nicht. Deshalb ist es uns zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich, eine inhaltliche Prüfung der Vorschläge jenseits einer grundsätzlichen Zustimmung zu dem Vor- haben durchzuführen. Entscheidend für uns ist es, dass das Geschäftsmodell der KfW als Förderbank des Bundes vollständig erhalten bleibt. Es bleibt deshalb die Notwendigkeit, die offenen Fragen im Gesetzgebungsverfahren zu klären. Björn Sänger (FDP): Die FDP-Fraktion steht die- sem Gesetzesvorhaben durchaus positiv gegenüber. Auch stimmen wir dem Vorhaben zu, die staatliche För- derbank KfW auch weiterhin nicht unter die geplante europäische Bankenkontrolle fallen zu lassen. Demge- genüber sieht das Gesetzesvorhaben vor, die Bankge- schäfte des von Bund und Ländern getragenen Instituts künftig strenger von der Finanzaufsicht BaFin zusam- men mit der Bundesbank überwachen zu lassen. Diese Überwachung ist wichtig und richtig. Bei der geplanten Bankenaufsicht durch die Europäi- sche Zentralbank, EZB, sollen Förderinstitute ausge- nommen werden. Die KfW zählt nicht nur zu den größ- ten Geldhäusern in Deutschland. Mit einem Gewinn von voraussichtlich erneut mehr als 2 Milliarden Euro 2012 ist sie auch an die Spitze der ertragsstärksten Banken Deutschlands gerückt – noch vor der Deutschen Bank. Als Anstalt öffentlichen Rechts unterliegt die KfW bis- her aber trotzdem nicht der normalen Bankenaufsicht. Wesentliche bankrechtliche Regeln setzt die KfW aller- dings bereits auf freiwilliger Basis um. Insofern ist es nur vernünftig, dass die KfW ange- sichts von Größe und Komplexität der Geschäfte künftig der BaFin-Aufsicht und teils dem KWG unterstellt wer- den soll. Wie eine Geschäftsbank dürfte sie regelmäßig über Eigenmittel und Liquidität an die Finanzaufsicht berichten. Die BaFin nimmt diese Aufgabe auch bei an- deren Förderbanken wahr und ist dafür am besten geeig- net. Mit dem Gesetzentwurf soll diese Praxis also erwei- tert, kodifiziert und transparent gemacht werden. Die Regelungen werden damit verbindlich. Zentrale banken- aufsichtsrechtliche Standards des Kreditwesengesetzes, KWG, werden entsprechend auf die KfW angewendet. Die KfW ist auch in Zukunft kein normales Kreditinsti- tut im Sinne des Kreditwesengesetzes. 28990 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 (A) (C) (D)(B) Was die KfW jedoch somit ist, ist systemrelevant. Als solche birgt sie auch Gefahren und Risiken. Die FDP-Fraktion sieht hier eine Möglichkeit, die Ri- siken jedenfalls teilweise umzuwandeln; die Gewinne gereichen dabei wieder dem eigentlichen Zweck der KfW. Die KfW könnte künftig mehr Projekte in der Ent- wicklungshilfe, beim Straßen- und Netzausbau sowie in der Energiepolitik finanzieren, die der Bund bisher di- rekt aus seinem Etat bestreitet. Diese Umverteilung darf natürlich nicht die Förderfähigkeit der KfW gefährden. Mit dem Instrument der Verordnungsermächtigung wird sichergestellt, dass der Verordnungsgeber die we- sentlichen Aufsichtsvorschriften detailliert und spezi- fisch im Hinblick auf die KfW prüfen und nur solche Regelungen verbindlich für entsprechend anwendbar er- klären kann, die dem gesetzlichen Förderauftrag und dem Fördergeschäft der KfW nicht widersprechen. Zu- dem ist das Instrument der Verordnungsermächtigung geeignet, flexibel auf Veränderungen der bankenauf- sichtsrechtlichen Vorschriften, insbesondere auf europäi- scher Ebene, und auf Veränderungen der deutschen För- derlandschaft zu reagieren. Vor diesem Hintergrund wird in der Rechtsverord- nung geregelt werden, dass zum Beispiel die Eigen- mittelanforderungen, die Mindestanforderungen an das Risikomanagement und die Vorgaben für das Kreditge- schäft von der KfW entsprechend anzuwenden sind. Bei der Auswahl und Anwendung der im Einzelnen gelten- den Rechtsvorschriften müssen der staatliche Förderauf- trag und das besondere Geschäftsmodell der KfW Be- rücksichtigung finden. Am Gewinnausschüttungsverbot ändert sich durch das KfW-Änderungsgesetz nichts. Wir können aufgrund der aufgezeigten Aufsichtsmaß- nahmen und Kontrollmechanismen ein ausgewogenes Verhältnis von marktwirtschaftlicher Freiheit und Kon- trolle erkennen und können dieses Gesetzesvorhaben so- mit befürworten. Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE): Wir können von Glück reden, dass sich die FDP und die Marktradikalen in der CDU/CSU bei diesem Gesetzentwurf nicht durch- gesetzt haben. Für diese Kreise ist die staatliche Förder- bank ein rotes Tuch. Für uns ist es eine Bank, die sich positiv von den Zockerbanken unterscheidet. Die KfW versteht sich mit ihren Programmen als Dienstleister für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen. Ich möchte hier nur den altersgerechten Umbau von Wohnungen hervorheben. Ich will daran erinnern, dass die KfW auch eine wich- tige Rolle zur Bekämpfung der Finanz- und Wirtschafts- krise von 2008 spielte. Auf Verlangen der Linken hat die Bundesregierung von CDU/CSU und SPD – nach lan- gem Zaudern – ein umfangreiches Konjunkturprogramm aufgelegt, das von der KfW umgesetzt wurde. Als Mitglied des Bundestages und des Verwaltungsrats der KfW war ich besorgt, als die Koalition von CDU/CSU und FDP den Griff in die Kasse der KfW plante. Sie wollte das gesetzlich vorgeschriebene Gewinnausschüt- tungsverbot aufheben. 1 Milliarde Euro wollte die Koali- tion an Gewinnen abschöpfen, um ihre eigene Haus- haltsbilanz aufzupolieren. Offensichtlich konnte dieser Angriff auf die KfW abgewehrt werden. Das ist erfreu- lich. Aber: Der Gesetzentwurf hat schwere Mängel. Der Finanzminister versucht mit diesem Gesetz den Bundes- tag und den Verwaltungsrat der KfW zu schwächen und seinen eigenen Einfluss zu erhöhen. Er will mit Verord- nungsermächtigungen die KfW an die kurze Leine neh- men. Der Minister könnte als Vorsitzender des Verwal- tungsrats, ohne Rücksprache mit dem Verwaltungsrat, gegenüber dem KfW-Vorstand den Willen des Verwal- tungsrats vertreten. Das ist gefährlich. So kann die öffentlich-rechtliche Bank zum Spielball von politischen Interessen werden. Das ist keine gute Entwicklung. Die teilweise Kontrolle durch die BaFin ist sinnvoll, wenn der Verwaltungsrat einbezogen wird. Das ist bisher nicht geregelt. Wir bevorzugen das französische Modell. In Frank- reich muss die Bankenaufsicht bei Problemen mit der Förderbank den Verwaltungsrat der Bank einschalten. Der Verwaltungsrat kann dann die notwendigen Maß- nahmen ergreifen. Das Modell des Finanzministers sieht dagegen den Direkteingriff der BaFin vor. Das wäre eine Entmachtung des Verwaltungsrats. Dem Gesetzentwurf sieht man an, dass sich die Koali- tionsparteien nur noch gegenseitig blockieren. Es gibt Regelungsbedarf, doch CDU/CSU und FDP haben kein Interesse. Ich nenne nur ein Beispiel. In der FAZ vom 17. März 2013 wird behauptet, dass der Ver- waltungsrat über die Gehälter der KfW-Vorstände ent- scheidet. Das ist nicht der Fall. Der sehr kleine Präsidial- ausschuss entscheidet darüber. Es ist schon verlogen, wenn die Bundesregierung über die Begrenzung der Ma- nagergehälter öffentlich debattiert und die Aktionärsver- sammlung über die Gehälter der Vorstände abstimmen lassen will und gleichzeitig bei der staatlichen Förder- bank den Verwaltungsrat vor die Tür setzt, wenn es um die Gehälter der KfW-Vorstände geht. Der neue KfW-Chefökonom Jörg Zeuner hat in einem Interview (Berliner Zeitung; 2/3. März 2013) Investitio- nen von 30 bis 40 Milliarden Euro pro Jahr gefordert. Diese Forderung teilt unsere Fraktion. Die KfW könnte bei einem solchen Investitionsprogramm eine zentrale Rolle spielen. Doch die Bundesregierung hat in ihrem Haushaltsentwurf für 2014 die Investitionen ge- kürzt. Das ist der falsche Weg. Der Gesetzentwurf muss unbedingt ausführlich bera- ten werden, um die handwerklichen Fehler zu beseitigen, aber vor allem, um die Entmachtung des Bundestages und des Verwaltungsrats zu verhindern. Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Kreditanstalt für Wiederaufbau ist nach Deutscher Bank und Commerzbank das drittgrößte Geldinstitut in Deutschland. Ihre Bilanzsumme ist mit 500 Milliarden Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 28991 (A) (C) (D)(B) Euro fast doppelt so groß wie der Bundeshaushalt. Des- wegen muss man dafür sorgen, dass hier keine Fehler passieren. Denn der Bund haftet für die Verbindlichkei- ten der KfW. Viel wichtiger ist daher eine effektive Be- aufsichtigung, die allerdings bisher nicht gewährleistet ist. Denn die KfW untersteht weder wie normale Banken der Aufsicht von Bundesbank und BaFin, noch gelten für sie die Regeln des Kreditwesengesetzes. Vielmehr sind Wirtschafts- und Finanzministerium dafür zustän- dig, auf die KfW aufzupassen. Nicht nur wir Grünen haben in den vergangenen Jah- ren deshalb immer wieder auf die bisher unzureichende Beaufsichtigung der KfW hingewiesen. Auch der Bun- desrechungshof rügte die aus seiner Sicht unzureichende Aufsichtspraxis. So konnte der Rechnungshof „eine ak- tive Wahrnehmung der gesetzlich geregelten Aufsichts- möglichkeiten gegenüber der KfW durch das BMWi nicht nachvollziehen“ und sah Interessenkonflikte beim BMF. Richtig ist also der Grundsatz, die KfW stärker zu be- aufsichtigen. Richtig ist auch, dass man die KfW nicht einfach dem Kreditwesengesetz und der Bankenaufsicht unterwerfen sollte, als wäre sie eine ganz normale Ge- schäftsbank. Denn das ist die KfW nicht. Sie hat als För- derinstitut Aufgaben in der Entwicklungszusammen- arbeit und bei der Durchführung von Transaktionen für den Bund, was sie deutlich von normalen Banken unter- scheidet. Falsch ist allerdings, dass Sie die konkreten Anwen- dungsbereiche des künftig durch die KfW zu erfüllenden Bankenaufsichtsrechts auf ungewisse Zukunft verschie- ben und per Ermächtigung des Bundesfinanzministe- riums – also vorbei an Bundestag und Bundesrat – regeln wollen. Offenbar wollen Sie mit dem Gesetzentwurf nach außen vor allem Ihren Koalitionsvertrag abarbei- ten, sind sich intern aber gar nicht einig darüber, welche konkreten Regelungen nach dem Kreditwesengesetz die KfW künftig überhaupt erfüllen soll. Das eigentlich Inte- ressante und Wichtige, welchen Regeln denn die KfW unterworfen werden soll, steht also in dem Gesetzent- wurf gar nicht drin. Offenbar herrscht bei Ihnen noch nicht einmal da- rüber Konsens, die KfW künftig der Aufsicht von BaFin und Bundesbank zu unterstellen. Denn ansonsten wür- den Sie diesen Weg ja hier per Gesetz gehen und nicht nur eine entsprechende Ermächtigung für die Bundesre- gierung schaffen. Dass die schwarz-gelbe Koalition für diesen Gesetz- entwurf dreieinhalb Jahre gebraucht hat, ist eine schwa- che Leistung. Vor allem aber verschiebt sie die Verant- wortung aus dem Bundestag heraus hin zur Regierung. Warum sollten wir Parlamentarier das nach den Er- fahrungen mit der unzureichenden Beaufsichtigung der KfW durch die Ministerien tun? Auch die Neuregelungen zum Verwaltungsrat sind vor allem fragwürdig und schwächen dieses wichtige Kontrollorgan eher, als dass sie es stärken. So kann der Verwaltungsrat künftig nur noch allgemeine und keine besonderen Weisungen mehr an den Vorstand erlassen. Auch darf der Verwaltungsrat künftig nicht mehr eines seiner Mitglieder in den Vorstand abordnen. Außerdem werden Sie dem Anspruch Ihres Koalitionsvertrags, die Verwaltungs- und Aufsichtsstrukturen der KfW deutlich zu straffen, nicht gerecht. Dazu wäre dann wohl eine Verkleinerung des Verwaltungsrats erforderlich. Warum macht die Koalition denn da gar nichts? Gilt Ihr Koali- tionsvertrag schon nicht mehr? Die eigenen Ziele zu erreichen, übersteigt immer wie- der die Kraft dieser Koalition. Der vorliegende Gesetz- entwurf ist ein weiterer Beleg dieses Befundes. Sie liefern gerade noch die richtigen Überschriften. Aber die konkreten Inhalte sind – wie schon so oft – schlicht man- gelhaft. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Handelsübereinkommen vom 26. Juni 2012 zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits sowie Kolumbien und Peru andererseits (Tagesordnungspunkt 22) Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zu dem Handelsübereinkommen zwischen der Europäi- schen Union sowie Kolumbien und Peru birgt immense wirtschaftliche und gesellschaftliche Potenziale. Frei- handel und der Abbau von tarifären sowie nichttarifären Handelshemmnissen führt ohne Zweifel für alle Akteure zu mehr Wohlstand. Es ist ein klares Zeichen gegen Pro- tektionismus und Rückwärtsgewandheit. Die Ausgestaltung des Freihandelsabkommens zwi- schen der Europäischen Union und Peru und Kolumbien wurde einvernehmlich vereinbart und führt zu einer Ver- tiefung der Handelsbeziehungen. Das Abkommen schafft stabile Regeln und einen institutionellen Rahmen, der die wirtschaftlichen und sozialen Umstände substanziell ver- bessert. Allein durch die sukzessive Abschaffung von Zollbarrieren tun sich bis zu 500 Millionen Euro Ein- sparpotenziale auf. Deshalb wurde das Ratifizierungsge- setz zur Zustimmung zum bilateralen Abkommen auch ohne Einwände einstimmig am 1. Februar 2013 im Bun- desrat beschlossen. Und auch das Europäische Parla- ment hat dem mit großer Mehrheit zugestimmt. Ausnah- men bildeten lediglich die Linken und Grünen. Das Handelsabkommen gewährt Peru und Kolumbien einseitige Übergangsfristen bis zur vollständigen Ab- schaffung von Zöllen. Insbesondere empfindliche Er- zeugnisse des Agrarsektors werden berücksichtigt und genießen einen angemessenen Schutz durch längere Übergangszeiten, Zollkontingente und weitere Maßnah- men, wenn es zu übermäßigen Einfuhren kommt. Unsere Wirtschaftspolitik eröffnet den beiden Ländern die Möglichkeit, in einem geeigneten Anpassungsprozess ihre Chancen zu nutzen und mithilfe der Europäischen Union ihre Wirtschaftskraft stetig weiterzuentwickeln. Die Befürchtungen einiger NGOs und Gewerkschafts- 28992 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 (A) (C) (D)(B) verbände der betreffenden Länder, dass es im eigenen Markt zu Benachteiligungen kommt, sind somit nicht haltbar. Die inhaltliche Ausgestaltung unseres Gesetzentwurfs ist in ihrer Form einmalig und geht weit über die Anfor- derungen der WTO-Übereinkommen hinaus. Art. 1 und 8 des Vertrages besagen, dass bei Verstößen gegen Men- schenrechte und Rechtsstaatlichkeit konkrete Maßnah- men ergriffen werden können, die letztlich auch zu einer Aufhebung des Vertrages führen können. Art. 23 setzt außerdem fundamentale Standards bezüglich der Ar- beitsrechte. Die populistischen Anwürfe der Opposition gehen somit ins Leere und sind eindeutig widerlegt. Festzuhalten ist, dass das Handelsübereinkommen in unserer vorgelegten Form zu einer erheblichen Transpa- renz und Verfahrenssicherheit für alle beteiligten Ak- teure führt, auch für die Zivilgesellschaft. Mit einem effizienten Streitschlichtungs- und Mediationsmechanis- mus wurde die Basis geschaffen, auch politische Be- lange zu thematisieren und zu schnellen und einver- nehmlichen Lösungen zu kommen. Der konstruktive Austausch während des Verhandlungsprozesses und die Entwicklung der Roadmaps für Menschenrechte, Ar- beitsrechte und Umweltschutz zeigen die Entschlossen- heit Perus und Kolumbiens. Die Bemühungen und zahl- reichen Zugeständnisse der Regierungen, um ihre zugegebenermaßen schwierige innenpolitische Situation zu bewältigen, muss auch die Opposition anerkennen. Deshalb ist die Haltung der Opposition nicht nach- vollziehbar, die unternommenen Anstrengungen der bei- den Länder nicht zu honorieren. Wir geben ihnen mit dem Handelsabkommen die Chance, durch freien Zu- gang zum europäischen Markt zu mehr Wohlstand zu kommen und sich gesellschaftlich zu entwickeln. Pater- nalistische Bevormundung, wie sie Linke und Grüne in diesem Haus mit ihrem neokolonialistischen Gebaren immer wieder betreiben, ist vor allem im Rahmen eines Handelsabkommens völlig deplatziert. Demgegenüber erkennen wir Peru und Kolumbien als souveräne und selbstbewusste Staaten an, die gerade in ihrer Region in den letzten Jahren eine große Erfolgsge- schichte geschrieben haben. Das Übereinkommen setzt nicht nur auf eine Ausweitung von Handelsbeziehungen zwischen Südamerika und Europa, sondern bietet vor al- lem einen institutionellen Rahmen, eine echte Partner- schaft einzugehen. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Rückkehrrecht auf Vollzeit gesetzlich verankern (Zusatztagesord- nungspunkt 8) Paul Lehrieder (CDU/CSU): Die Familienpolitik spielt in der CSU seit jeher eine große Rolle. Die Familie ist und bleibt die tragende Säule unserer Gesellschaft. Zentraler Grundsatz christlich-sozialer Politik ist es, die Institution Familie zu schützen, zu fördern und deren Werte zu bewahren. Getreu unseres Grundsatzes „näher am Menschen“ stellt sich die Familie als ein Ort dar, wo Werte und Einstellungen geprägt und Respekt und Ver- antwortung für unsere Mitmenschen vorgelebt werden. Der Zusammenhalt der verschiedenen Generationen wird bei uns großgeschrieben. Daher wollen wir eine Familienpolitik, die alle Fami- lien in jeder Hinsicht verlässlich unterstützt, ihnen je- doch gleichzeitig auch genügend Freiheit zur eigenen Entfaltung bietet. Wir möchten die Kinder- und Familienfreundlichkeit in Deutschland weiter voranbringen. Dies beinhaltet aber auch, dass das Verständnis für die jeweiligen Situa- tionen innerhalb der Familien in der Arbeitswelt Berück- sichtigung findet. Das Arbeitsumfeld muss den Bedürf- nissen der Familien gerecht werden, statt umgekehrt zunehmend eine Anpassung der Familien zu fordern. Neben flexiblen Arbeitszeitmodellen, mehr Anerken- nung für Väter in Elternzeit und mehr Frauen in Füh- rungspositionen gehört in diese Aufzählung auch – und da bin ich Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, für Ihren Diskussions- beitrag sehr dankbar – die Auseinandersetzung mit ei- nem Rückkehrrecht auf einen Vollzeitjob für Väter und Mütter, die wegen Kindererziehung ihre Arbeitszeit ver- kürzt haben. Nicht nur zur Unterstützung der Familien, sondern gerade auch vor dem Hintergrund des drohenden Fach- kräftemangels muss das berufliche Engagement von Müttern gesteigert werden. Die heutige Generation der jungen Frauen ist so gut ausgebildet wie keine Genera- tion vor ihr. In der heutigen Zeit steht nicht mehr die Entscheidung „Familie oder Beruf“ an, sondern es muss ganz selbstverständlich die Entscheidung „Familie und Beruf“ getroffen werden können, ohne hierdurch Nach- teile zu erleiden. Der bereits eingeführte Rechtsanspruch auf Teilzeit hat dazu beigetragen, nicht nur die Vereinbarkeit von Fa- milie und Beruf zu erleichtern und Eltern für ihre ver- schiedenen Lebensphasen das passende Modell bereitzu- stellen, sondern auch dafür Sorge getragen, dass wir im Bereich der Beschäftigungsquote bei Müttern an zweiter Stelle in Europa stehen. Die Entscheidung für die Teilzeit ist eine Entschei- dung für die Familie und muss als Ausdruck der Wahl- freiheit der Familien geschützt und gefördert werden. Gerade im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG werden dafür auch in gewissem Rahmen wirtschaftliche Belastungen für den Arbeitgeber gerechtfertigt. Dieser Tatsache wurde mit dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, BEEG, Rechnung getragen. Dem- nach haben Eltern bis zur Vollendung des dritten Le- bensjahres des Kindes einen Anspruch auf Elternzeit. Diese kann auch in einer Vereinbarung zur Verringerung der Arbeitszeit bestehen. Somit haben Eltern im Rahmen der Elternzeit einen Anspruch auf Teilzeitarbeit. Zudem haben Arbeitnehmer in Teilzeit bereits heute ein Recht auf Verlängerung ihrer Arbeitszeit. § 9 Teilzeit- und Befristungsgesetz, TzBfG, begründet ein solches Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 28993 (A) (C) (D)(B) Recht, wenn sie diese ihrem Arbeitgeber anzeigen und keine dringenden betrieblichen Gründe entgegenstehen. Damit wurde die EU-Richtlinie 97/81/EG umgesetzt, die einen Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung von Ar- beitnehmern vorsieht, die einen Teilzeitwunsch geltend gemacht haben und ihre Arbeitszeit wieder erhöhen wol- len. Des Weiteren muss der Arbeitgeber nach § 106 GewO bei der Bestimmung der Zeit der Arbeitsleistung billiges Ermessen walten lassen. Damit ist heute bereits sichergestellt, dass der Arbeitgeber Arbeitszeiten nicht einseitig und willkürlich bestimmt. In Deutschland arbeiten momentan 81 Prozent der Männer und 71 Prozent der Frauen zwischen 20 und 64 Jahren. 45 Prozent der Frauen arbeiten in Teilzeit; hier liegt der EU-Durchschnitt bei 32 Prozent – lediglich die Niederlande haben mit 76 Prozent eine höhere Teil- zeitquote bei Frauen. Allerdings darf eine Beschäftigung in Teilzeit nicht – wie es jedoch leider noch zu oft der Fall ist – in einen Dauerzustand münden. Oft wird der Arbeitnehmer und noch öfter die Arbeitnehmerin in Teilzeit auf einen ge- ringer qualifizierten und weniger ambitionierten Arbeits- platz versetzt. Hier wird oft sehr präsenzorientiert ge- dacht. Gefragt sind hier auch in erster Linie die Unterneh- men, die in ihrem eigenen Interesse Eltern den Übergang von einer Teilzeitstelle hin zu einer Vollzeitstelle erleich- tern sollten. Im Rahmen der besseren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf muss meiner Ansicht nach auch die Wirtschaft beispielsweise durch den verstärkten Aufbau von sogenannten Betriebskitas in die Pflicht genommen werden. Auch die Sozialpartner und Tarifpartner müssen sich verstärkt um Umsetzung von diesbezüglichen Vereinba- rungen bemühen. Unser Ziel ist es, dass auf lange Sicht die Entschei- dung zwischen Karriere und Familie überflüssig wird und beides Hand in Hand geht. Als weiterer Schritt in diese Richtung muss natürlich auch die gesetzliche Regelung der Rückkehr zur Vollzeit angedacht und diskutiert und überprüft werden, ob das geltende Teilzeitrecht noch den Anforderungen unserer modernen Arbeitsgesellschaft in ausreichendem Maße Rechnung trägt. Eltern dürfen keine Angst haben, durch den Wunsch, das eigene Kind zu betreuen und aufwach- sen zu sehen, die Chance auf berufliches Voranschreiten nach der Teilzeit verspielt zu haben. Eine gesetzliche Regelung zur Rückkehr in die Voll- zeit muss eindeutig Rechte und Pflichten sowohl von Ar- beitgeber als auch Arbeitnehmer beinhalten. Hier muss ein gerechter Interessenausgleich gefunden werden. So ist es einerseits, wie bereits festgestellt, dem Arbeitneh- mer nicht zuzumuten, durch die Elternzeit auf ein Ab- stellgleis zu geraten, andererseits kann auch der Arbeit- geber nicht über Jahre genau diesen einen Arbeitsplatz frei halten. Flexibilität und Planungssicherheit sowohl für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber sind zur nachhaltigen Problemlösung die zentralen Eckpunkte. Der im europäischen Vergleich sehr hohe Anteil an teil- zeitbeschäftigten Frauen bei einer gleichzeitig geringen durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 18,5 Stunden spricht für einen Handlungsbedarf zur Fortentwicklung des Teilzeitrechts. Gerade im Zuge des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels könnten hierdurch zusätzliche Vollzeitstellen geschaffen werden. Unterneh- men, die keine flexiblen und zeitlich begrenzten Teilzeit- möglichkeiten anbieten, laufen Gefahr, die dringend be- nötigten Fachkräfte sowie auch die Investitionen in die Qualifizierung der Mitarbeiter zu verlieren. Die Tatsache, dass Teilzeitarbeit als Haupterwerbstä- tigkeit für einen langen Zeitraum im Hinblick auf den weiteren Erwerbsverlauf und eine Absicherung im Alter negative Auswirkungen hat, darf ebenfalls nicht außer Betracht bleiben – vom geringen Bruttoeinkommen wird nur ein geringer Betrag in die Rentenkasse abgeführt. Mit der Möglichkeit der Inanspruchnahme der Teil- zeit nicht nur für eine unbestimmte Zeit, sondern auch für eine zeitlich begrenzte Dauer und der Möglichkeit, anschließend automatisch zur früheren Arbeitszeit zu- rückzukehren, erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmer mehr Flexibilität bezüglich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Hierdurch hätten die Arbeitgeber zusätzlich Planungssicherheit, wären nicht unzumutbar belastet und könnten die jeweiligen Fachkräfte im Unter- nehmen halten. Auf dem Weg zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind neben den bereits durch die christlich-li- berale Koalition auf den Weg gebrachten Verbesserun- gen weitere möglich. Ich bin davon überzeugt, dass wir bei den Überlegun- gen für eine mögliche Weiterentwicklung des Teilzeit- rechts einen ausgewogenen Ausgleich der Interessen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer erreichen werden. Sie sind herzlich eingeladen, uns hierbei weiter durch konstruktive Diskussionsbeiträge zu unterstützen. Gabriele Lösekrug-Möller (SPD): Unser Ziel ist, dass Menschen selbst über ihr Leben entscheiden – so, wie sie es für richtig halten. Ja, dafür braucht es eine in- dividuelle und effektivere Gestaltung von Arbeitsweise, Arbeitszeit und Arbeitsort. Nur mit einer neuen Arbeits- kultur und mit flexiblen Karrierewegen werden Frei- räume geschaffen, die alle brauchen – hier und jetzt und im Laufe des Lebens. Mehr Zeit für sich und seine bzw. ihre Familie ist die wichtigste Voraussetzung für indivi- duelle Zufriedenheit und gesellschaftlichen Zusammen- halt. Und ja, der Antrag der Grünen greift eine Facette die- ses großen Themas auf. Sozialdemokratinnen und So- zialdemokraten sind allerdings davon überzeugt, dass gute Lösungen nur in einem abgestimmten Gesamtkon- zept ihre positiven Wirkungen entfalten können. Um die Voraussetzungen dafür schaffen zu können, müssen unterschiedliche Maßnahmen ineinandergreifen. 28994 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 (A) (C) (D)(B) Gern erläutere ich unseren Ansatz: Wir wollen ein umfas- sendes Konzept für Arbeitszeitmodelle. Denn Menschen haben in unterschiedlichen Abschnitten ihres Lebens verschiedene Zeitbedürfnisse. Daher brauchen wir recht- liche Regelungen, um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und mehr Partnerschaftlichkeit zu er- möglichen. Dazu gehören: Ein Recht auf Teilzeit, das sich besser durchsetzen lässt. Dabei geht es vor allem auch um geschlechtergerechte Teilzeitmodelle von 30 Wochenstunden. Ein Rechtsanspruch auf befristete Teilzeit, der den Wechsel von Teilzeit- in Vollzeitbe- schäftigung erleichtert. Damit gilt für Arbeitnehmerin- nen und Arbeitnehmer nach einer bestimmten Zeit in Teilzeit wieder ihre alte Arbeitszeit. So kann verhindert werden, dass eine Reduzierung der Arbeitszeit in eine „Teilzeitfalle“ mündet. Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmer sollen die befristete Arbeitszeitreduzierung auch verlängern können. Auch ein Rückkehranspruch auf Vollzeit muss gesetzlich verankert werden. Eine klare Regelung, wie der Anspruch auf Aufstockung der Ar- beitszeit verwirklicht werden kann. Vorgaben für Ar- beitszeitkonten. Dadurch werden kurzzeitige Arbeits- unterbrechungen beispielsweise zur Organisation von Pflege und Betreuung möglich. Anreizsysteme für Be- triebe, um Optionszeiten – Erziehungs-, Bildungs- oder Pflegezeit oder auch andere Formen sozialer Arbeit –, Flexibilisierungsmodelle und Lebensarbeitszeitkonten einzuführen. Wir brauchen ein neues Konzept zur Wo- chenarbeitszeit. Es soll an einem Runden Tisch mit den Sozialpartnern erarbeitet werden. Wir wollen die Verein- barkeit von Ausbildung und Familie verbessern – in al- len Lebensphasen. Ausbildung muss auch in Teilzeit möglich sein. Ein „Erwachsenen-BAföG“ und die Auf- hebung von Altersbegrenzungen für Ausbildungen und Stipendien sind vonnöten. Wir wollen eine geschlechter- gerechte Arbeitsmarktpolitik. Dazu gehört die Einfüh- rung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro die Stunde. Auch die Entgeltgleichheit für Männer und Frauen muss verwirklicht werden. Die sach- grundlose Befristung muss abgeschafft werden. Und wir brauchen eine gendersensible Betreuung durch Arbeits- agenturen und Jobcenter. Ich könnte hier noch viele weitere Punkte aufführen, weit über die Arbeitsmarktpolitik hinaus. Denn Fragen der Betreuung und Bildung unserer Kinder gehören ge- nauso dazu wie Regelungen im Bereich der Pflege. Ein Hinweis ist mir besonders wichtig. Ganz Deutschland diskutiert zurzeit den bestehenden und wei- ter drohenden Fachkräftemangel. In den SAGE-Berufen und manchem MINT-Beruf haben wir tatsächlich bereits so lange Vakanzzeiten, dass wir von einem Mangel spre- chen müssen. Die SPD-Bundestagsfraktion hat dazu ein schlüssiges Konzept vorgelegt, dessen Lektüre ich allen empfehlen kann. Neben vielen guten Ansätzen ist ein zentraler Lösungsansatz die Verbesserung der Vollzeit- beschäftigungsquote von Frauen. Aus der Teilzeit in die Vollzeit ist eine der größten und am schnellsten zu reali- sierende Ressource. Blockiert wird dieser Lösungsweg aber häufig durch fehlende Betreuungsangebote für Kin- der und zu betreuende Familienangehörige. Auch hier hat diese Bundesregierung versagt. Gern komme ich zurück auf den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Er greift die Ankündigungs- politik von Familienministerin Schröder auf. Oft genug lässt uns diese Ministerin teilhaben an ihren gewonnen Erkenntnissen aus dem Alltag von Frauen und Familien. Aber weder halten diese Erkenntnisse vor – man/frau kann nur vermuten, dass sie das Kurzzeitgedächtnis nicht überstehen –, es folgt auch ganz konsequent kei- nerlei Tat. Über fehlende Durchsetzungskraft mag ich nicht mehr philosophieren; denn das würde Handlungs- absicht voraussetzen. Ich fasse zusammen: guter Antrag, weitgehende Übereinstimmung und deshalb Zustimmung. Johannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP): Niemand, aber auch wirklich niemand – denke ich zumindest, für meine Fraktion jedenfalls kann ich das bestätigen – hält das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ nicht für ein zentrales. Mal abgesehen davon, dass es uns im- mer darum gehen sollte, die Rahmenbedingungen für El- tern und ihre Kinder möglichst sinnvoll auszugestalten, gibt es auch eine ganz schlichte arbeitsmarktpolitische Notwendigkeit, und die nennt sich Fachkräftemangel. Wir dürfen uns nicht mehr ein gesellschaftliches Klima und ein rechtliches Gerüst leisten, das im Grunde den vollständigen Rückzug aus der Arbeitswelt für zumin- dest ein Elternteil nahelegt, sobald erst einmal ein Kind da ist. Stattdessen brauchen wir ein gesellschaftliches Klima und ein rechtliches Gerüst, das den Eltern die Freiheit lässt, eine Lösung gemäß ihren individuellen Bedürfnissen zu finden. Im Ergebnis – da bin ich mir si- cher – hätten wir dann einen geringeren Rückzug aus der Arbeitswelt, weil für ganz viele Menschen Arbeit zu Recht mehr bedeutet als Broterwerb, nämlich Teilhabe, Selbstverwirklichung und Lebensqualität. Und dies än- dert sich auch nicht, nur weil ein Mann oder eine Frau dann auch Vater oder Mutter ist. Deswegen ist es extrem wichtig, dass wir uns intensiv und breit mit dem Thema Vereinbarkeit beschäftigen. Dass die Bundesregierung dies auch tut, steht glückli- cherweise außer Zweifel. Die beiden Ministerinnen Schröder und von der Leyen haben ja gerade ein Eck- punktepapier zu einem bestimmten Teilaspekt der Ge- samtproblematik vorgestellt, nämlich zu der Frage, wie eine einmal reduzierte Arbeitszeit wieder ausgedehnt werden kann und ob es dazu einer Änderung bestehender Gesetze bedarf. Die Ministerinnen haben dazu Vor- schläge gemacht, und – da spreche ich zumindest für un- sere liberale Bundestagsfraktion – wir werden das breit und differenziert diskutieren: erstens, weil wir der Über- zeugung sind, dass ein breiter und differenzierter Ansatz sinnvoll ist, und zweitens, weil Schnellschüsse über- haupt nichts bringen. Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grü- nen, bin ich bei Ihrem Antrag angekommen. Der kam ja ganz schnell, und wenn man ihn mal liest, dann weiß man auch, warum. Es steht nämlich so gut wie nichts drin, nur ein mickriger Satz, mit dem die Bundesregie- rung aufgefordert wird, einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem der gesetzliche Anspruch auf Reduzierung der Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 28995 (A) (C) (D)(B) Arbeitszeit, der Teilzeitanspruch, mit einem gesetzlichen Anspruch auf Ausdehnung der zuvor reduzierten Ar- beitszeit ergänzt werden soll. Sie nennen das „Rückkehr- recht auf Vollzeit“. Einfacher hätten Sie es sich nicht machen können, und deshalb sage ich Ihnen auch: Sie machen es sich zu einfach, viel zu einfach. Jeder Mensch weiß, dass man Arbeitszeiten nicht einfach so heute run- ter- und morgen wieder hochschrauben kann. Denken Sie denn beispielsweise gar nicht an Ihre Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen? Sie sind als Abgeordnete doch alle selbst Arbeitgeber. Da frage ich mich doch schon, wie Sie sich das vorstellen. Einer ihrer Mitarbeiter redu- ziert seine Arbeitszeit, Sie stellen dafür eine weitere Mit- arbeiterin ein, die aber sofort wieder gefeuert werden muss, wenn der Mitarbeiter Nummer eins seine Vollzeit- stelle wieder zurückhaben möchte, oder wie? Und bitte lassen Sie doch auch diese vollkommen unlogischen und unnötigen Spielereien, und schreiben Sie nicht mehr in Ihre Anträge, dass beispielsweise Minijobs eine eigen- ständige Existenzsicherung von Frauen verhindern. Das tut nämlich nicht der Minijob – bei Frauen nicht und bei Männern auch nicht –, sondern eine eigenständige Exis- tenzsicherung wird allein durch ein zu geringes Einkom- men oder Arbeitslosigkeit verhindert. Jeder wünscht sich, dass beispielsweise in Teilzeit beschäftigte Frauen ihre Arbeitszeit ausdehnen, wenn sie es denn wollen. Aber die Hürden liegen hier nun wirklich nicht im Mini- job begründet, sondern ganz woanders. Klar sind also zwei Dinge: Das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ ist enorm wichtig, und für Ihren Antrag gilt das Gegenteil. Wir diskutieren das mit der gebotenen Sorgfalt, und wir werden da zu einer umfas- senden Position kommen. Das schulden wir auch den Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmern und den Unterneh- mern und Unternehmerinnen im Land. Wenn wir alle in- tensiv nachdenken und dann an einem Strang ziehen, wird es uns gelingen, zu passgenauen Lösungen zu kom- men. Wenn Sie jetzt völlig einseitig die Brechstange an- setzen, lösen Sie gar nichts, sondern machen allenfalls etwas kaputt. Jutta Krellmann (DIE LINKE): 39 Prozent der Frauen und 28 Prozent der Männer bereuen, dass sie El- ternzeit genommen haben! Da müssen doch bei uns allen die Alarmglocken läuten, was ist denn da los? Was pas- siert, wenn diese Menschen zurück an ihren Arbeitsplatz kommen? Wegen Elternschaft in Teilzeit zu gehen ist inzwi- schen in den meisten Betrieben kein Problem mehr, zu- mindest für die Frauen. Für Männer ist es nach wie vor ein ungewöhnlicher Schritt und sie werden oft schief an- geguckt. Die Linke sagt: Das Recht auf Teilzeitarbeit muss uneingeschränkt für alle gelten. Der Wechsel von Voll- in Teilzeit ist in den meisten Betrieben/Fällen mög- lich, aber einmal drin in der Teilzeitfalle, kommen die wenigsten wieder heraus. Teilzeit ist allerdings auch Karrierekiller Nummer eins in Deutschland, sagt man. Das erschließt sich auch jedem, wenn man an die Unternehmenskultur in Deutschland denkt. Denn als fleißig gilt derjenige, der um 19 Uhr noch im Büro sitzt, und nicht vielleicht derje- nige, der schon um 16 Uhr gegangen ist, weil er effizien- ter gearbeitet hat. Wer in Teilzeit arbeitet, der ist bei wichtigen Besprechungen oft nicht mehr da, der ist abends auch nicht mehr dabei, wenn noch gemeinsam das eine oder andere besprochen wird, der wird auch nicht auf Dienstreise geschickt und bekommt die Beför- derung nicht. Arbeitszeit muss so gestaltet werden, dass Mütter und Väter die Möglichkeit haben, sowohl erwerbstätig zu sein als auch ihren Beruf mit der Familie zu vereinbaren. Die Linke fordert deshalb eine kürzere Vollzeit bei vol- lem Lohnausgleich für alle. Das wäre durchaus machbar, wenn Arbeit umverteilt würde und nicht auf der einen Seite Beschäftigte mit Burn-out vor lauter Überstunden zusammenbrechen würden und auf der anderen Seite Menschen wegen Ihrer Erwerbslosigkeit Depressionen bekämen und Ihre Existenz verlören. Die Linke sagt: Es ist wichtig, dass Eltern einen ver- besserten Kündigungsschutz erhalten. Denn oft werden Beschäftigte nach der Elternzeit oder in der Erziehungs- phase gekündigt. Der besondere Kündigungsschutz sollte deswegen bis zur Vollendung des sechsten Lebens- jahres des Kindes ausgeweitet werden. Stellt eigentlich auch jemand mal die Frage, ob der Wechsel in Teilzeit freiwillig ist oder ob er einfach man- gelnden Betreuungsplätzen für Kinder geschuldet ist? Wie viele Väter und Mütter würden in Teilzeit gehen, wenn es für alle Kinder die Möglichkeit gäbe, qualitativ hochwertig und gebührenfrei ganztags betreut zu wer- den? Wir werden es wohl erst mal nicht erfahren, denn die Bundesregierung hat es nach wie vor nicht geschafft, diese notwendigen Kitaplätze zu schaffen, nicht mal für ein Drittel der Kinder unter drei Jahren! Und was ist mit den Schulkindern, für die es keine Hortplätze gibt? Der beste Weg, unfreiwillige Teilzeit abzubauen, ist der Ausbau von qualitativ hochwertigen, gebührenfreien Kinderbetreuungseinrichtungen! Aber was machen wir mit den Menschen, die gerne für ihre Kinder in Teilzeit gegangen sind und später wie- der Vollzeit arbeiten möchten? Gerade Frauen wird das oft nicht ermöglicht. Die gesetzliche Verankerung des Rückkehranspruchs von Teilzeit auf Vollzeit ist deshalb eine richtige und wichtige Forderung, die auch von der Linken voll unterstützt wird. Die FDP sitzt das Problem mal wieder aus und möchte es am liebsten zum Privatproblem der einzelnen Familie machen, anstatt eine vernünftige gesetzliche Re- gelung zu machen. Frau Schröder von der CDU hat wie- der viele warme Worte für Familien, aber passieren wird mal wieder gar nichts. Anstatt sich das teure und unsägliche Betreuungsgeld zu leisten, sollten Sie das Geld mal lieber in den Ausbau der Kinderbetreuung stecken. Dann hätten wir dieses Problem sicher nicht mehr in dem Ausmaß. Und Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, die nun diesen Antrag einbringen, hätten schon oft die Möglichkeit gehabt, unseren inhaltlich identi- 28996 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 (A) (C) (D)(B) schen Anträgen zuzustimmen. Warum machen Sie das eigentlich nicht einfach mal? Alleine diese Woche haben wir hier einen Antrag unserer Fraktion zur Verbesserung der Lage Alleinerziehender diskutiert, in dem genau diese Forderung enthalten war. Sie haben ihn abgelehnt! Das ist doch scheinheilig! Der Linken geht es um In- halte, deshalb stimmen wir Ihrem Antrag natürlich trotz- dem zu. Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist immer gut, dazuzulernen. Es ist gut, sich eine Sachlage anzugucken und den Handlungsbedarf anzuerkennen. Es ist nie gut, vollmundige Ankündigungen zu machen und nichts umzusetzen. Es ist auch nie gut, es angeblich bes- ser zu wissen, sich aber hinter einem unwilligen Koali- tionspartner zu verstecken. Um welche Sachlage geht es? Es geht um die Verein- barkeit von Familie und Beruf. Es geht um familien- freundliche Arbeitszeiten. Es geht konkret darum, zu verhindern, dass Teilzeit für Frauen zur Falle wird. Und es geht darum, die partnerschaftliche Aufteilung von Fa- milienarbeit und Erwerbsarbeit zu befördern. Um sowohl Familie als auch Beruf gerecht zu wer- den, arbeiten zurzeit vor allem Frauen in Teilzeit. Das ist ihr gutes Recht. Aber diese Frauen wollen meist nur phasenweise Teilzeit arbeiten … Die Rea- lität sieht jedoch zurzeit so aus, dass viele Frauen ungewollt auf der Teilzeitstelle sitzen bleiben. Das schlägt sich lebenslang auf die Entgelthöhe und die Altersversorgung nieder … Unser Ziel ist es daher, Teilzeitarbeit attraktiver zu machen – für Frauen und Männer … Dazu gehört die Förderung von Füh- rungspositionen in Teilzeit. Aber vor allem der Rechtsanspruch, nach einer phasenweisen Teilzeit- stelle in die Vollzeitberufstätigkeit zurückzukehren. Das war ein Zitat, und zwar nicht einer grünen Fami- lienministerin oder unserer Fraktionsvorsitzenden, son- dern aus einer Pressemitteilung der geschätzten Kollegin Dorothee Bär, herausgegeben zum Internationalen Frau- entag am 8. März dieses Jahres. Dem ist wenig hinzuzufügen, wohl aber, dass das Rückkehrrecht auf Vollzeit auch große Bedeutung für Männer und insbesondere für junge Väter hat, weil viele Männer auch deshalb heute nicht für einen befristeten Zeitraum in Teilzeit gehen, weil viele auch deshalb nicht in Elternzeit gehen, weil sie befürchten müssen, nicht in Vollzeit zurückkehren zu können. Deshalb ist das Rück- kehrrecht auf Vollzeit ganz zentral für Frauen wie für Männer. Aber es ist nicht nur Frau Bär, die eine wichtige Maß- nahme einfordert, aber keinerlei Bemühungen zeigt, ein solches Rückkehrrecht auch tatsächlich durchzusetzen. Ich zitiere Frau von der Leyen aus dem Focus: „Ich möchte das Teilzeitgesetz so ändern, dass es ein verläss- liches Rückkehrrecht in Vollzeit gibt.“ Ein entsprechen- der Gesetzentwurf sei sogar schon fertig. Auch Fami- lienministerin Schröder geht mit der Forderung nach einem Rückkehrrecht auf Vollzeit hausieren. Ich finde es bezeichnend, dass die Regierungsmehr- heit unseren Verfahrensvorschlag ablehnt, den Antrag direkt abzustimmen. Es ist mehr als durchsichtig – es ist regelrecht billig, sich wenige Monate vor der Bundes- tagswahl eine familienpolitisch so wichtige Forderung wie das Rückkehrrecht auf Vollzeit zu eigen zu machen, aber nichts für dessen Umsetzung zu tun. Zwei Fachmi- nisterinnen, die da einer Meinung sind, lassen sich von einer Splitterpartei wie der FDP auf der Nase herumtan- zen. Das ist nicht nur peinlich; es ist vor allem völlig in- akzeptabel, den Frauen und Männern, die auf eine Um- setzung eines solchen Rechtsanspruchs hoffen und auch darauf angewiesen sind, Sand in die Augen zu streuen. Deshalb heißt es mit unserem Antrag: Butter bei die Fische! An die Adresse der Kolleginnen und Kollegen aus der Union sage ich: Nehmen Sie Ihre eigene Ankün- digung ernst! Veräppeln Sie die Bürgerinnen und Bürger nicht! Stimmen Sie unserem Antrag zu! Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Syrische Flüchtlinge schützen (Zusatztagesordnungspunkt 9) Reinhard Grindel (CDU/CSU): Die aktuelle politi- sche Lage hat die Inhalte des SPD-Antrags längst über- holt. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat nach intensiven Gesprächen mit den Innenpolitikern der Ko- alitionsfraktionen entschieden, dass wir in den kommen- den Monaten insgesamt 5 000 syrischen Bürgerkriegs- flüchtlingen in Deutschland Zuflucht bieten werden. Wir werden im Sommer etwa 3 000 Menschen eine vorüber- gehende Bleibeperspektive in unserem Land geben und dann im Herbst noch einmal 2 000. Deutschland kommt damit innerhalb der Europäi- schen Union bei dieser wichtigen humanitären Frage eine Vorbildfunktion zu. Kein anderes europäisches Land hat bereits in der Vergangenheit so viel für syrische Flüchtlinge getan und wird in den kommenden Monaten so viel Verantwortung für syrische Flüchtlinge überneh- men wie Deutschland. Ich gratuliere dem Bundesinnen- minister zu dieser großherzigen humanitären Geste. CDU und CSU unterstützen das nachdrücklich und sa- gen ihm dafür Dank und Anerkennung. Anders als es heute in einer großen deutschen Tages- zeitung geschrieben steht, hat der Zeitpunkt der Ent- scheidung überhaupt nichts mit dem Drängen der Oppo- sition zu tun. Der Zeitpunkt erklärt sich aus dem Verhalten des UN-Flüchtlingskommissars und der tat- sächlichen Lage vor Ort in den Flüchtlingslagern in Jor- danien und im Libanon. Ich will hier ausdrücklich kri- tisch anmerken, dass wir eigentlich bis zum heutigen Tage kein klares Wort des UNHCR hören und keine klare Linie des UNHCR erkennen können, was die Auf- nahme von Flüchtlingen aus Syrien anbelangt. Wir haben nicht weil wir humanitär hartherzig gewe- sen wären in den letzten Wochen und Monaten eine Auf- nahme von Syrern eher kritisch gesehen, sondern weil Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 28997 (A) (C) (D)(B) der UNHCR ausdrücklich erklärt hat, dass er etwaige Übernahmeaktionen nicht unterstützt, sondern nach wie vor die Hoffnung hat, den Flüchtlingen eine vorläufige Bleibe in Nachbarstaaten Syriens bieten zu können, um dann ihre rasche Rückkehr in ihr Heimatland zu ermögli- chen. Der UNHCR hat offenbar die Situation in Syrien und den ganz erheblich wachsenden Flüchtlingsdruck aus diesem armen Land völlig falsch eingeschätzt. Nunmehr müssen wir im Lichte der tatsächlichen Ent- wicklung handeln. Die tatsächliche Entwicklung bedeu- tet, dass über 1 Million vor dem Bürgerkrieg fliehende Syrer sich jetzt in die Nachbarstaaten gerettet haben und dass mehrere Millionen weiterer innerhalb ihres Landes auf der Flucht sind. Die Situation in den Flüchtlingslagern wird immer dramatischer. Eine humanitär vertretbare Unterbringung ist dort kaum noch gewährleistet. Deshalb heißt es jetzt, so wie wir das etwa im Fall der irakischen Flüchtlinge auch schon getan haben, gerade denjenigen Zuflucht zu geben, die besonders schutzbedürftig sind. Das ist der Grund, weshalb wir vor allem der Auffas- sung sind, dass wir Flüchtlingen christlichen Glaubens eine Aufnahme in Deutschland ermöglichen sollten. Ich will in diesem Zusammenhang nur auf die Lage der Christen im Irak hinweisen, die sich einem unglaubli- chen Verfolgungsdruck ausgesetzt sehen. Selbst wenn sich die Lage im Irak unter militärischen Gesichtspunk- ten etwas beruhigen sollte, heißt das noch lange nicht, dass eine Rückkehr von Flüchtlingen in ihre alte Heimat möglich ist, weil sie dort nach wie vor an Leib und Le- ben bedroht sind, nicht durch den Bürgerkrieg, aber durch religiöse Fanatiker, die ihnen nach dem Leben trachten. Eine solche Entwicklung kann man leider auch langfristig in Syrien nicht ausschließen, sondern sie ist sogar leider eher wahrscheinlich. Und weil wir wissen, dass in vielen Fällen Bürger- kriegsflüchtlinge, die wir nach Deutschland geholt ha- ben, sich in unserem Land wesentlich länger aufhalten, als dieses ursprünglich beabsichtigt war, macht es gerade auch unter integrationspolitischen Gesichtspunkten gro- ßen Sinn, vor allem solche vom Flüchtlingselend betrof- fene Menschen zu uns zu holen, die aller Voraussicht nach in unserem Land leben werden. Insofern geht die Twitter-Botschaft des SPD-Vorsit- zenden, von der ich heute in einer Zeitung gelesen habe, völlig am Thema vorbei, wenn er geradezu kritisiert, dass wir vor allem Flüchtlinge christlichen Glaubens in Deutschland aufnehmen wollen. Ich erwarte, dass auch SPD und Grüne endlich einmal zur Kenntnis nehmen, wie sehr Christen im arabischen Raum, der angeblich von einem demokratischen Frühling durchweht wird, an Leib und Leben bedroht sind. Ihnen eine neue Heim- stätte oder zumindest eine langfristig sichere Fluchtper- spektive zu geben, ist eine humanitäre Verantwortung, die wir wahrnehmen und bei der auch Sozialdemokraten und Grüne nicht beiseitestehen sollten. Es ist auch integrationspolitisch sinnvoll, weil wir da- von ausgehen können, dass sich diese Familien christli- chen Glaubens sehr schnell in unserer Gesellschaft ein- gliedern und zurechtfinden werden, nicht nur, weil sie hoffentlich in den christlichen Kirchengemeinden eine gute Aufnahme finden; viele Familienmitglieder dieser Flüchtlinge leben bereits in Deutschland und können ih- ren Landsleuten dementsprechend helfen, sich schnell und gut in unserem Land einzuleben. CDU und CSU unterstützen auch die angekündigte Ini- tiative unseres Bundesinnenministers, auf europäischer Ebene für ein gemeinsames Vorgehen in der Flüchtlings- frage und für eine koordinierte Aufnahmeaktion der euro- päischen Länder zu sorgen. Es wäre nun wirklich höchste Zeit, wenn der Hohe Flüchtlingskommissar der UN endlich einen offiziellen Hilfsappell an die EU rich- ten würde, der dazu beitragen muss, dass sich unserer Hilfsaktion auch andere Länder anschließen und sich zu einer Aufnahme syrischer Flüchtlinge entschließen. Ich habe das bereits erwähnt und will das mit Zahlen noch einmal hervorheben. Deutschland hat in der Vergan- genheit einer Vielzahl von Syrern Schutz geboten. Die Asylanträge aus Syrien sind in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Waren es 2010 nur rund 2 000 Asylantrag- steller, so waren es bereits 2012 fast 8 000 Asylbewer- ber, die zu uns gekommen sind, und alleine in den ersten zwei Monaten des Jahres 2013 sind es noch einmal deut- lich über 1 800 asylsuchende Menschen gewesen, die sich bei unseren Behörden in Deutschland gemeldet ha- ben. Wir wollen jetzt mit unserer humanitären Hilfsaktion neben den besonders schutzbedürftigen Christen auch denjenigen Familien helfen, die Kinder haben und ge- rade deshalb besonders auf eine Hilfe angewiesen sind, um ihnen das Leben erträglicher zu machen und den Kindern eine neue Lebensperspektive zu geben. Darüber hinaus hat Deutschland weitere Maßnahmen ergriffen, um die Einreise von syrischen Staatsangehöri- gen zu erleichtern. Deutschland hat den Ehegattennach- zug für syrische Staatsangehörige bereits dadurch ver- einfacht, dass die Auslandsvertretungen angewiesen sind, syrischen Staatsangehörigen auch dann ein Visum zum Ehegattennachzug zu erteilen, wenn der an sich er- forderliche Nachweis deutscher Sprachkenntnisse noch nicht erbracht wurde. Selbstverständlich wollen wir auch nicht, dass Menschen in der jetzt schwierigen Lage ihres Heimatlandes nach Syrien abgeschoben werden. Der amtierende Vorsitzende der Innenministerkonfe- renz, Minister Pistorius aus Niedersachsen, hat Mitte März den Bundesinnenminister um eine Verlängerung des Abschiebestopps um weitere sechs Monate gebeten. Unser Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat dazu sein Einvernehmen erteilt. Insofern ist auch dieser Teil des SPD-Antrages erfüllt. CDU und CSU nehmen ihre humanitäre Verantwor- tung für die von Flucht und Verfolgung so stark betroffe- nen Bürger wahr. Dieses will ich hier ausdrücklich noch einmal festhalten. Ich will auch noch einmal unterstrei- chen, dass in den Fällen, wo bei geduldeten syrischen Staatsangehörigen absehbar ist, etwa wegen ihrer Zuge- hörigkeit zu einer religiösen Minderheit, dass sie auf Dauer wohl nicht nach Syrien zurückkehren können, die 28998 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 (A) (C) (D)(B) Ausländerbehörden selbstverständlich angehalten sind, nicht nur eine Duldung auszusprechen, die eine Abschie- bung verhindert, sondern aus besonderen humanitären Gründen im Einzelfall auch eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, die dann auch zahlreiche Integrationsperspekti- ven eröffnet und diesen Menschen eine Eingliederung in unserem Land erleichtert, bis hin dazu, hier natürlich auch arbeiten zu können. Das schließt selbstverständlich auch ein, dass wir die bei uns lebenden durchaus zahlreichen syrischen Studen- ten nicht indirekt zu Opfern der Entwicklung in ihrem Heimatland werden lassen, indem wir ihren Aufenthalts- status wegen ausbleibender finanzieller Unterstützung aus ihrer Heimat infrage stellen. Hier müssen vor Ort die Behörden und auch die Studentenwerke prüfen, inwie- weit den Studenten aus Syrien geholfen werden kann. Ich will nochmals mit Blick auf diese Twitter-Botschaft des SPD-Vorsitzenden betonen, dass ja offenbar alle The- men, mit denen wir uns hier im Deutschen Bundestag be- schäftigen, von der Opposition aus Wahlkampfgründen zugespitzt werden und dass versucht wird, hier Gegen- sätze aufzubauen bis hin dazu, dem anderen abzuspre- chen, in dieser Frage von Humanität politisch zuverläs- sig zu sein. Dafür haben die Menschen in unseren Wahlkreisen kein Verständnis. Ich glaube, dass sie nicht wollen, dass auf dem Rücken der syrischen Flüchtlinge billige und kleinkarierte politische Süppchen gekocht werden, sondern dass sie erwarten, dass alle Demokraten im Deutschen Bundestag kraftvoll und nachhaltig daran arbeiten, das Schicksal der syrischen Flüchtlinge mit ge- eigneten Mitteln zu bekämpfen. Das gilt zum einen für die Bekämpfung der eigentli- chen Fluchtursache. Das ist der Bürgerkrieg in Syrien, der schleunigst beendet werden muss und wozu die Staa- tengemeinschaft noch kraftvollere Beiträge leisten muss. Aber es bezieht sich eben auch auf die Verpflichtung, das in unserer Kraft Stehende in Deutschland durch eine Aufnahmeaktion auch zu leisten und – ich wiederhole das – vor allem Menschen christlichen Glaubens hier in Deutschland eine Heimstätte zu geben, nicht weil wir sie aus religiösen Gründen privilegieren, sondern weil sie wegen ihres Glaubens eben besonders schutzbedürftig sind. Ich rufe uns alle dazu auf, gemeinsam den syri- schen Flüchtlingen Hilfe und Menschlichkeit nicht zu verweigern. Rüdiger Veit (SPD): Am 8. November 2012 habe ich anlässlich der Beratung der Anträge der Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen“, Bundestagsdrucksache 17/10638, und der Fraktion Die Linke „Für einen wirksamen Schutz und die Aufnahme syrischer Flüchtlinge in der Europäischen Union und in Deutschland“, Bundestags- drucksache 17/10786, gesagt, dass sich zu diesem Zeit- punkt rund 340 000 Menschen aus Syrien auf der Flucht befinden. Heute, knapp fünf Monate später, hat die Zahl der syrischen Flüchtlinge die Millionengrenze über- schritten. Im Antrag „Syrische Flüchtlinge nicht im Stich lassen“ der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 27. Februar 2013 haben die Kolleginnen und Kollegen noch geschrieben, dass nach Schätzungen der Vereinten Nationen die Zahl der Flüchtlinge bis Juni 2013 auf 1,1 Millionen ansteigen wird. Das ist nun jetzt schon, vier Monate vorher, der Fall. Nach Angaben von UNHCR er- reichen täglich circa 8 000 neue Flüchtlinge die syri- schen Nachbarstaaten. Diese leisten täglich Großes, sind aber mittlerweile stark überlastet und benötigen drin- gend internationale Unterstützung. So werden für das ohnehin belastete Jordanien 1 Mil- lion Flüchtlinge erwartet. Im Libanon halten sich derzeit rund 350 000 Syrer auf, was zu einem Anstieg der Ein- wohnerzahl im Libanon insgesamt um 10 Prozent in nur einem Jahr geführt hat. Der Hohe Flüchtlingskommissar schätzt heute, dass die Zahl der Syrienflüchtlinge bis Ende des Jahres die 3-Millionen-Grenze erreicht haben wird. Diese Zahlen verdeutlichen das Ausmaß der Katastro- phe und die Dringlichkeit von Hilfsmaßnahmen; das Ausmaß des menschlichen Elends vermögen wir den- noch nicht zu erfassen. Ohne Zweifel ist die weitere Hilfe vor Ort absolut notwendig. Aber die Situation in den überfüllten Auf- nahmelagern in den syrischen Grenzstaaten erfordert jetzt und heute unsere Solidarität. Wir müssen handeln. Dabei wäre eine gemeinsame europäische Initiative zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge vorrangig erstre- bens- und wünschenswert – was wir auch so in unserem vorliegenden Antrag fordern –, wenn aber erkenntlich wird, dass es auf EU-Ebene nicht schnell zu einer Eini- gung kommen wird, dann muss die Bundesrepublik al- leine handeln und Flüchtlinge aufnehmen. Entscheidendes Aufnahmekriterium sollte dabei die besondere Schutzbedürftigkeit des jeweiligen Flücht- lings sein, die wir zum Beispiel bei Angehörigen religiö- ser Minderheiten, Folteropfern, alleinstehenden Frauen, Kindern, Alten und Kranken für gegeben ansehen. Ver- wandtschaftsbeziehungen zu sich bereits in einem euro- päischen Mitgliedstaat aufhaltenden Familienangehöri- gen müssen berücksichtigt werden. Wir freuen uns daher, dass der Innenminister am Mitt- woch ganz in unserem Sinne angekündigt hat, Deutsch- land wolle nicht länger warten und mit der Aufnahme von syrischen Flüchtlingen beginnen. Eine deutsche Delegation solle gemeinsam mit dem UNHCR in den Flüchtlingslagern eine Auswahl treffen. Dabei sei Hauptkriterium die Schutzbedürftigkeit des Flüchtlings, so der Innenminister. Das ist auch unserer Ansicht nach das zentrale Kriterium. Eine solche sei vor allem bei Fa- milien mit Kindern und Kindern, die sich allein in Flüchtlingslagern aufhalten, aber auch bei Christen, die einem besonderen Verfolgungsdruck ausgesetzt seien, anzunehmen. Wenn das die Kriterien sind, dann sind sie gut. Bereits Anfang November letzten Jahres sagte der Kol- lege Ruprecht Polenz in Phoenix – vor Ort, er begrüße Überlegungen, syrische Bürgerkriegsflüchtlinge bei An- gehörigen in Deutschland aufzunehmen: „Es wäre eine Möglichkeit, wirklich zu prüfen, ob man diese Art der vorübergehenden Familienzusammenführung nicht er- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 28999 (A) (C) (D)(B) möglichen könnte. Das würde wahrscheinlich auch ein paar Tausend Syrern helfen, und sie wären hier bei ihren Familienangehörigen in Deutschland untergebracht.“ Diesen Gedanken würde ich gerne aufgreifen und kon- kretisieren. In der jetzigen Situation macht es Sinn, da- rüber nachzudenken, ob in Deutschland lebende Syrer nicht dazu aufgerufen werden sollten, ihre sich in Flücht- lingslagern aufhaltenden Verwandten nach Deutschland einzuladen. Flankierend dazu könnten die Visaantrags- stellen angewiesen werden, diese Anträge großzügig und schnell zu bearbeiten. Ohne komplizierte Verteilungs- strategien würden diese Flüchtlinge dann bestmöglich von Familienangehörigen aufgenommen. Aufgenommen werden soll nach den Worten des In- nenministers ein Kontingent von 5 000 Syrienflüchtlin- gen. Das ist immerhin etwas. Auch wenn seit Ausbruch des Bürgerkrieges bislang rund 8 000 Asylbewerber aus Syrien nach Deutschland geflohen und damit zwei Drit- tel aller aus Syrien nach Europa geflüchteten Menschen in Deutschland und Schweden untergekommen sind, so ist das angesichts von 4 Millionen Menschen, die sich insgesamt durch die Kriegshandlungen in Syrien auf der Flucht befinden, ein Schritt in die richtige Richtung, aber letztendlich nicht ausreichend. Aufgrund der anhaltenden Kampfhandlungen in Sy- rien erhalten viele syrische Studenten keine Unterstüt- zung mehr von ihren Familien, was zu einer Gefährdung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu Studien- zwecken führen kann, da die Studierenden das Erforder- nis der Lebensunterhaltssicherung nicht mehr erfüllen können. In solchen Fällen fordern wir die Bundesregie- rung auf, den Studenten eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen zu erteilen. Insgesamt fordern wir die Bundesregierung des Wei- teren auf, sich gegenüber den Ländern dafür einzusetzen, dass Möglichkeiten zur Erteilung von humanitären Blei- berechten für sich bereits hier aufhaltende Syrer großzü- gig genutzt und der Abschiebestopp nach Syrien verlän- gert wird. Die Bundesrepublik soll zudem dafür sorgen, dass keine Abschiebungen von syrischen Flüchtlingen gemäß der Dublin-II-Verordnung in einen Mitgliedstaat der EU erfolgen, der nach Syrien weiterschiebt. Bereits 2010 haben wir in unserem Antrag „Syrien – Abschiebungen beenden, politischen Dialog fortführen“, Bundestagsdrucksache 17/525, die Bundesregierung auf- grund der massiven Verletzung von Menschenrechten in Syrien dazu aufgefordert, einen Abschiebestopp nach Syrien zu erlassen und das bilaterale Rückübernahmeab- kommen mit Syrien zu kündigen. Das ist angesichts der dramatisch verschlechterten Zustände heute erst recht weiterhin unsere Forderung. Wir alle hier sind der Meinung, dass wir die Nachbar- länder Syriens bei der Aufnahme und Betreuung der Flüchtlinge unterstützen müssen und der Druck in den Aufnahmeländern zu groß ist; wir alle sind der Meinung, dass wir das Flüchtlingselend lindern müssen. Lassen Sie uns das auch tun. Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Die syrische Re- gierung bekämpft ihr eigenes Volk. Der Bürgerkrieg bedroht alle Menschen in dem Land. Die Menschen- rechtslage in Syrien hat sich in den vergangenen Mona- ten weiter dramatisch verschärft. Schon lange gab es schwerwiegende Probleme: Meinungs- und Versamm- lungsfreiheit waren nicht gegeben; die Inlandsopposition war starken Repressionen ausgesetzt. Dies hat die Bun- desregierung ebenso wie ihre Vorgängerin deutlich be- nannt. Es ist wichtig, dass wir über die Lage der syri- schen Flüchtlinge sprechen. Je länger der Konflikt dort dauert, desto schwieriger wird die Situation der betroffe- nen Menschen. Der Antrag der SPD-Fraktion hat sich aber in Teilen bereits wieder überholt: So hat der Bundesinnenminister am 20. März 2013 angekündigt, dass die Bundesrepublik Deutschland im Vorgriff auf eine europäische Aufnah- meaktion 5 000 Flüchtlinge aufnehmen werde. Dies er- folgt selbstverständlich in enger Abstimmung und Über- einstimmung mit den Ländern. Die FDP unterstützt die konsequente Haltung des Bundesinnenministers. Die Bundesregierung hat bereits in den letzten Monaten immer wieder betont, dass eine verstärkte Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien nicht ausgeschlossen wird. Neben dem Bundesinnenminister haben insbesondere der Bundesaußenminister und die Bundesjustizministerin auf die deutsche Verantwortung und Bereitschaft immer wieder hingewiesen. Zudem ist der Abschiebestopp der Länder soeben um weitere sechs Monate verlängert worden. Hinweise von der Opposition, wie angesichts der humanitären Lage sy- rischer Flüchtlinge verantwortungsvoll agiert werden soll, hat die Koalition aus Union und FDP nicht nötig. Die SPD fordert die Aufkündigung des deutsch-syri- schen Rückübernahmeabkommens. Hat die SPD noch in Erinnerung, wer für den Abschluss verantwortlich war? Das war die SPD. Das Abkommen war bereits in Zeiten der Verhandlung heftiger Kritik ausgesetzt. Es war die Vorgängerregierung mit Außenminister Steinmeier und dem jetzigen SPD-Kanzlerkandidaten Steinbrück, die sich dennoch für ein Abkommen mit Syrien entschieden hat. Ein Wort der Selbstkritik angesichts dieser Forderung wäre durchaus angebracht gewesen. Stattdessen ver- schweigen Sie lieber die Genese unter Beteiligung der SPD. Ein Rückübernahmeabkommen regelt die Proze- duren, wie und wann jemand zurückgeführt werden soll und kann. Aktuell wird jedoch niemand nach Syrien ab- geschoben. Das Rückübernahmeabkommen hat insofern aktuell gar keine Bedeutung. Die SPD versucht krampf- haft, ein Haar in der Suppe zu finden. Doch die christ- lich-liberale Koalitionsregierung handelt verantwor- tungsbewusst, und der SPD fällt nichts mehr ein. Wir alle hoffen, dass der Bürgerkrieg in Syrien mög- lichst bald beendet wird. Die Kündigung des Abkom- mens könnte auch so verstanden werden, dass wir nicht mehr an einen baldigen Frieden in Syrien glauben. Wir sollten, meine ich, alles vermeiden, was als Zeichen der Hoffnungslosigkeit gedeutet werden könnte. An der 29000 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 (A) (C) (D)(B) Sachlage, dass wir nicht nach Syrien abschieben, ändert sich durch die geforderte Kündigung ohnehin nichts. Deutschland leistet auch vor Ort in der Krisenregion einen wichtigen Beitrag: Deutschland ist nach den USA weltweit der zweitgrößte Geldgeber für die Flüchtlings- hilfe in der Region. Und das ist gut so. Es wäre nur schön, wenn auch Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, einmal anerkennen könnten, dass das ein wichtiger Beitrag ist. Der Ansatz der Bundesregierung ist richtig, den Men- schen nach Möglichkeit vor Ort zu helfen. Denn entge- gen dem, was auch von den Kolleginnen und Kollegen suggeriert wird, wünschen sich die meisten Flüchtlinge nicht eine Aufnahme in Deutschland, sondern eine Rückkehr in ein friedliches Syrien. Für die FDP steht auch weiterhin die persönliche Schutzbedürftigkeit eines Flüchtlings im Vordergrund, nicht kollektive Gruppenmerkmale wie etwa die Reli- gionszugehörigkeit. Religiöse Verfolgung kann ein Grund für Schutzbedürftigkeit sein, ist aber sicher nicht der einzige. Auch in Bezug auf die syrischen Studenten kann ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Rot-Grün, beruhigen. Keiner von uns will, dass sie ihr Studium in Deutschland abbrechen müssen, nur weil sie aufgrund der furchtbaren Situation in ihrem Heimatland keine finanzielle Unterstützung mehr erhalten können. Daher wird aktuell bereits eine Anordnung nach § 23 Abs. 1 AufenthG mit den Ländern abgestimmt. So soll die Er- teilung eines humanitären Aufenthaltstitels ermöglicht werden, damit der BAföG-Bezug möglich wird. Wir haben gestern vereinbart, dass die Berichterstatter des Innenausschusses zu einem Gespräch zusammen- kommen. Es ist unser aller Anliegen, dass wir als Parla- mentarier über dieses Thema auf dem Laufenden gehal- ten werden. Ich erwarte aber, dass die Opposition die positiven Punkte, die heute und auch schon öfter zuvor angespro- chen worden sind und auch im Berichterstattergespräch Thema sein werden, auch anerkennen wird. Dass immer mehr und alles schneller gehen könnte, kann von der Op- position immer gefordert werden. Aber das Thema ist zu wichtig für parteipolitische Profilierung. Deshalb, liebe Oppositionskolleginnen und -kollegen: Seien Sie so fair und gestehen uns auch zu, was wir schon für die Opfer des syrischen Bürgerkriegs tun. Und wenn Sie kritisieren und Kursänderungen wol- len, verschweigen Sie nicht, was Sie selbst einst einge- führt haben – und heute nicht mehr für richtig halten. Über das Entsetzen über die humanitäre Lage dort sind wir uns hier im Haus einig, über die grundsätzlichen Ziele auch. Über das Vorgehen im Detail, wann welches politische Instrument die beste Wirkung bringt, nicht im- mer. Die Frage, wie wir den Flüchtlingen helfen können, müssen wir uns immer wieder stellen. Syrien darf nicht aus unserem Blickfeld geraten. Wir Liberalen setzen uns jedenfalls beständig dafür ein, die Entwicklung sensibel zu begleiten und alle Mög- lichkeiten der Unterstützung für die Opfer offenzuhalten. Ulla Jelpke (DIE LINKE): Die Bundesregierung hat in den vergangenen Wochen ein wahres Trauerspiel um die Frage der Aufnahme syrischer Flüchtlinge gegeben. Forderungen nach einer Aufnahme von Flüchtlingen, er- leichtertem Familiennachzug nach Deutschland, einer Öffnung der europäischen Grenzen wurden notorisch mit dem Verweis auf die humanitäre Hilfe vor Ort zu- rückgewiesen. Diese Linie wurde erst in dieser Woche aufgeweicht. Die Länderinnenminister haben eine Verlängerung des Abschiebestopps für syrische Staatsangehörige angekün- digt. Und Bundesinnenminister Friedrich hat die Auf- nahme von 5 000 besonders schutzbedürftigen Flüchtlin- gen noch in diesem Jahr angekündigt. Dabei sollte das einzige Kriterium für die Aufnahme die besondere Schutzbedürftigkeit sein. Ob es sich bei den Betroffenen um Christen handelt oder nicht, kann kein sinnvolles Kriterium sein. Auch der UNHCR hat sich in der Ver- gangenheit immer wieder dagegen verwahrt, von den Aufnahmestaaten zusätzliche Aufnahmekriterien diktiert zu bekommen. Die genannten Schritte kommen viel zu spät und blei- ben weit hinter den Erfordernissen zurück. Die Verlän- gerung des Abschiebestopps für geduldete Syrer reicht nicht aus. Wegen der Lage im Land können sie ohnehin nicht abgeschoben werden. Die Betroffenen brauchen endlich ein sicheres und dauerhaftes Bleiberecht. Die Pläne von Innenminister Friedrich sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. 5 000 ist allein die Zahl der Flücht- linge, die jeden Tag in die Nachbarstaaten Syriens flie- hen; an manchen Tagen sind es bis zu 10 000. Bislang ist der Bundesinnenminister auch noch nicht der Forderung aus allen Fraktionen des Bundestages ge- folgt, Flüchtlingen die Aufnahme bei ihren Verwandten in Deutschland zu ermöglichen. Tausende in Deutsch- land lebende Syrerinnen und Syrer wären bereit, für ihre Verwandten aufzukommen, wenn diese nur endlich kommen könnten. Wir alle haben solche Fälle in unseren Wahlkreisen. An mich hat sich unter anderem ein Mann gewandt, der zwei seiner Schwägerinnen nach Deutschland geholt hat. Er kann ihren Aufenthalt aus eigenen Mitteln finan- zieren. Sie hatten Glück und haben noch ein Visum be- kommen, nun auch eine Verlängerung für drei Monate. Doch dann werden sie Asyl beantragen müssen, um nicht in die Illegalität zu rutschen. Das eigentlich überflüssige Asylverfahren wird die beiden Frauen noch einmal aus der Bahn werfen; denn dann droht die Einweisung in eine Erstaufnahmestelle, sodann die Weiterverteilung inner- halb Deutschlands in eine andere Unterkunft. Dieses für die Betroffenen belastende Verfahren ist außerdem noch mit Kosten für die Behörden und Sozial- leistungen verbunden. Dies wäre alles vermeidbar, wenn die Regelungen für die Erteilung von Visa und Aufent- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 29001 (A) (C) (D)(B) haltserlaubnissen in diesen Konstellationen entspre- chend gelockert würden. So könnte die Bundesrepublik vielen Flüchtlingen schnell und unbürokratisch helfen. Stattdessen sind auch diese Menschen auf die kostspie- lige Hilfe von Schleusern angewiesen, wenn sie nach Deutschland kommen wollen. In den Debatten der letzten Monate hat die Koalition immer wieder darauf hingewiesen, dass Deutschland oh- nehin zu den Hauptaufnahmestaaten von Asylsuchenden aus Syrien innerhalb der EU zähle. Das ist sicherlich richtig. Aber zugleich erhält die Bundesregierung den Druck auf Griechenland aufrecht, seine Grenze gegen sogenannte illegale Einwanderer dichtzumachen. Die Folgen dieser Politik sind verheerend. In der vergange- nen Woche ist ein Boot mit zehn syrischen Flüchtlingen in der Ostägäis gekentert. Leichen von zwei Kindern und einer Frau sind auf der Insel Lesbos an den Strand ge- spült worden. Es gab nur einen Überlebenden. Nach Berichten der Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl versuchen immer mehr Flüchtlinge, mit untaugli- chen Booten die Meerenge bei Lesbos zu überqueren, weil die Landgrenze zwischen der Türkei und Griechen- land mittlerweile komplett abgeschottet ist. Die Politik der Abschottung fordert immer mehr Todesopfer. Sie muss endlich beendet werden. Dieser Punkt fehlt im Antrag der SPD-Fraktion leider völlig. Inzwischen ist er auch von den Ereignissen der letzten Tage überholt worden. Nur ein Punkt ist noch nicht erfüllt: die Forderung nach Kündigung des Abschiebeab- kommens mit Syrien. Dieser Forderung schließt sich meine Fraktion voll und ganz an. Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Meine Botschaft an die Welt? Stoppt den Krieg in Syrien, damit wir wieder in unser Land zurückkehren können.“ – Dieser Appell an die internationale Staaten- gemeinschaft stammt von dem sechsjährigen Nidal, ab- gedruckt in dem am 13. März 2013 veröffentlichten Be- richt „Kinder im Kreuzfeuer“ von Save the Children. Diesen Appell hätte ich nicht kürzer und zugleich ein- dringlicher und treffender formulieren können. Vor genau zwei Jahren, im März 2011, haben die friedlichen Demonstrationen in Syrien begonnen. Diese friedliche Revolution ist gekapert worden. Syrien befin- det sich zwei Jahre nach Beginn des Aufstandes im Bür- gerkrieg. Das syrische Regime macht sich verant- wortlich für Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Baschar al-Assad befehligt die Tö- tung von unschuldigen Kindern, Frauen und Männern, die Bombardierung von Wohngebieten, verhindert den Zugang zu humanitärer Hilfe und billigt offenbar Folter, sexuelle Gewalt und Misshandlungen, auch an Kindern. Auch die bewaffneten Oppositionsgruppen begehen Kriegsverbrechen. Syrerinnen und Syrer zahlen einen hohen Preis für ih- ren Wunsch nach Freiheit, Menschenrechten und Demo- kratie. Bisher sind nach Angaben der Vereinten Nationen mehr als 70 000 Menschen während des gewaltsamen Konflikts in Syrien ums Leben gekommen. 4 Millionen Menschen sind in Syrien von humanitärer Hilfe abhän- gig. Über 1 Million Syrerinnen und Syrer – ganz genau 1 145 423 – mussten ihre Heimat verlassen und in Nach- barstaaten fliehen. Der Bürgerkrieg in Syrien hat die schlimmsten Be- fürchtungen übertroffen. Schon jetzt ist die Marke von 1 Million Flüchtlinge, die die Vereinten Nationen für den Sommer 2013 angenommen hatten, erreicht. Mehr als die Hälfte von ihnen sind Kinder und Jugendliche. 70 000 Tote, 1,1 Millionen Flüchtlinge, 4 Millionen Menschen abhängig von humanitärer Hilfe, um zu über- leben: Das sind schier unvorstellbare Zahlen. Doch hin- ter jeder Zahl steht ein Schicksal: das Schicksal eines Opfers und das Schicksal ganzer Familien. Die Berichte von UNICEF und Save the Children helfen, diese Zahlen greifbar zu machen, den Zahlen ein Gesicht zu geben und die Geschichten der Opfer zum Teil auf erschre- ckende Art und Weise in den Fokus unserer Aufmerk- samkeit zu rücken. Es sind Berichte, die uns aufrütteln. Und die internationale Gemeinschaft verdient es, aufge- rüttelt zu werden. Je länger der bewaffnete Konflikt an- dauert, desto größer wird das Leid der Kinder. Jeder wei- tere Monat Bürgerkrieg in Syrien kostet 5 000 Menschen das Leben. Obwohl die Ereignisse in Syrien Entsetzen und Ab- scheu hervorrufen, ist der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gelähmt. Alle Resolutionen sind bisher am Veto von Russland und China gescheitert, die damit nicht nur den Menschen in Syrien in den Rücken fallen – sie stellen sich gegen die Freiheitsbewegungen in der arabischen Welt insgesamt. Das ist ein Hohn auf die Menschenrechte. Es werden nun immer mehr Stimmen laut, das Waffen- embargo der Europäischen Union gegen Syrien aufzu- heben. So dringend ein Handeln der internationalen Ge- meinschaft angesichts der Ohnmacht und Hilfslosigkeit gegenüber den schweren Menschenrechtsverbrechen in Syrien notwendig ist, so falsch wären nun Lieferungen von Waffen in dieses Bürgerkriegsgebiet: zu unübersichtlich die Lage, zu unsicher, in welchen Hände diese – unsere – Waffen letztendlich landen könnten. Wer Kriegsgerät nach Syrien liefert, rüstet automatisch extremistische Is- lamistengruppen auf. Anstatt also den Blick auf Waffenlieferungen nach Sy- rien zu richten, sollte die internationale Gemeinschaft, da- runter Deutschland, ihre humanitäre Hilfe für Syrien erhö- hen. Die Vereinten Nationen – insbesondere UNOCHA und der UNHCR –, das Internationale Komitee vom Ro- ten Kreuz und der Rote Halbmond benötigen dringend Unterstützung. Bisher sind die von den Vereinten Natio- nen benötigten Mittel für Syrien nur zu 21 Prozent ge- deckt. Die Türkei, Jordanien, der Libanon und Irak stoßen mit der Aufnahme und Versorgung der syrischen Flücht- linge an ihre Grenzen. Diese vier Staaten allein haben bisher 1 092 403 syrische Flüchtlinge aufgenommen – 29002 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2013 (A) (C) (D)(B) also mehr als 1 Million Menschen. Bei solchen Zahlen frage ich mich, wo wir in Deutschland mit unseren Maß- stäben bei der Aufnahme von Flüchtlingen bleiben. Uns erreichen tagtäglich verzweifelte Anrufe und Briefe von in Deutschland lebenden Syrern, die ihre Fa- milien aus Syrien bei sich aufnehmen möchten. Diese private und individuelle Unterstützung scheitert an der deutschen Visumspolitik. Es stimmt, dass die meisten der syrischen Flüchtlinge so schnell wie möglich in ihre Heimat zurückkehren möchten. Es stimmt aber auch, dass eine Lösung des Bürgerkrieges in absehbarer Zeit leider nicht in Sicht ist. Und es stimmt, dass syrische Flüchtlinge nicht auf Dauer in Lagern leben können. Besonders für Kinder ist die Si- tuation dort schwierig. Der Vorschlag von Bundesinnenminister Friedrich, eine größere Anzahl von syrischen Flüchtlingen in Deutschland aufzunehmen, ist zu begrüßen und der rich- tige Schritt in die richtige Richtung. Wir hoffen, dass diesem Schritt weitere folgen und alle Religionsgemein- schaften, Ethnien und sonstigen Gruppen in ein solches Aufnahmeprogramm einbezogen werden. Entscheidend für die Aufnahme von Flüchtlingen ist ihr Fluchtgrund. Leider gibt es in Syrien viele davon. 231. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 3, ZP 2 Förderung von Forschung und Innovation TOP 4, ZP 3 Soziale Gestaltung der Energiewende TOP 36, ZP 4 Überweisungen im vereinfachten Verfahren TOP 37, ZP 5 Abschließende Beratungen ohne Aussprache ZP 6 Aktuelle Stunde zur Sicherheit der Sparguthaben in Europa TOP 5 Markttransparenzstelle für Kraftstoffe TOP 6 Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik TOP 7 Regelung der vertraulichen Geburt TOP 8 Legehennenhaltung und Kennzeichnungspflicht TOP 11, ZP 7 Besteuerung multinationaler Unternehmen TOP 10 Psychische Belastungen in der Arbeitswelt TOP 13 Schlichtung im Luftverkehr und Fluggastrechte TOP 12 Rentenzahlungen nach dem Ghetto-Rentengesetz TOP 15 Telekommunikationsrecht TOP 14 Verbandsklagerecht im Gleichbehandlungsgesetz TOP 17 Regulierung im Eisenbahnbereich ZP 8 Rückkehrrecht auf Vollzeit TOP 18 Gesetz über die Kreditanstalt für Wiederaufbau TOP 20 Intelligente Verkehrssysteme im Straßenverkehr TOP 21 Nationaler Aktionsplan gegen Rassismus TOP 22 Handelsübereinkommen mit Kolumbien und Peru ZP 9 Schutz syrischer Flüchtlinge TOP 23 Rüstungsforschung an öffentlichen Hochschulen TOP 24 Streichung des Doktorgrades in Ausweisdokumenten TOP 25 Armuts- und Reichtumsberichterstattung TOP 26 Staateninsolvenzverfahren TOP 27 Luft-Boden-Schießplatz Siegenburg TOP 28 Zusammenarbeit mit fragilen Staaten TOP 29 Anrechnung steuerfreier Übungsleiterpauschalen Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Mechthild Heil


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

    Kollegen! Es ist noch keine drei Jahre her, dass ich mich
    bei der Fahrt von meinem Heimatort an den Flughafen
    Köln/Bonn über die Spritpreise geärgert habe. Der Un-
    terschied auf der Strecke – eine Stunde Fahrt – betrug
    damals 12 Cent. Das hat wirklich nichts mit Angebot
    und Nachfrage zu tun. Der normale Autofahrer fühlt sich
    einfach abgezockt.

    In Berlin – damals war ich frischgebackene Verbrau-
    cherschutzbeauftragte der CDU/CSU-Fraktion – hatte
    ich das erste Gespräch mit einem Journalisten. Damit
    war das Thema angestoßen.

    Ostern, kurze Zeit später, hat sich der damalige Wirt-
    schaftsminister Brüderle mit dem Thema befasst. Ich
    muss ehrlich sagen: Ich bin ihm noch heute dankbar da-
    für. Das war klasse. Er hat wirklich etwas auf den Weg
    gebracht.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Es ist für die Verbraucher überhaupt nicht nachvoll-
    ziehbar, dass die Preise so stark schwanken. Warum stei-
    gen sie eigentlich ausgerechnet immer zu den Hauptrei-
    sezeiten? An den Rohölpreisen liegt das auf keinen Fall.
    Das Bundeskartellamt hat die Mineralölunternehmen
    und die Tankstellen in zwei großen Sektoruntersuchun-
    gen geprüft, konnte aber leider keine illegalen Abspra-
    chen feststellen. – Sie haben eben danach gefragt, wa-
    rum es so lange gedauert hat, bis wir zu Potte gekommen
    sind, warum zwei Jahre ins Land gegangen sind. Es lag
    an genau diesen Sektoruntersuchungen. Wir handeln
    erst, wenn wir Daten und Fakten in der Hand haben.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch keine Daten! Sie müssen noch Daten erheben! Das verstehe ich nicht, Frau Heil! Das ist ein bisschen widersprüchlich!)


    Was hat man herausgefunden? Es besteht ein Oligopol.

    Was geschieht? Die Konzerne beobachten den Markt
    natürlich genau und wissen, was der Sprit bei der Kon-
    kurrenz kostet. Shell und Aral – um zwei zu nennen –
    beginnen damit, die Preise zu erhöhen, und die anderen
    folgen nach einem exakt festgelegten Zeitraum von 180
    bis 300 Minuten. Die Unternehmen haben so ein perfek-
    tes System gefunden, ihre Preiserhöhungen durchzuset-
    zen. Andreas Mundt, der Präsident des Bundeskartell-
    amts, hat es wirklich schön formuliert: „Die Unternehmen
    verstehen sich auch ohne Worte.“

    Wir sorgen nun dafür, dass der Verbraucher mitreden
    kann. Wir sind die Ersten, die hier für Transparenz sor-
    gen. Wir sind die Ersten, die hier etwas für die Autofah-
    rer tun. Im November 2012 haben wir das Gesetz zur
    Einrichtung einer Markttransparenzstelle beschlossen.
    Es verpflichtet die Betreiber von Tankstellen, jede Ände-
    rung ihrer Kraftstoffpreise in Echtzeit an die Markttrans-
    parenzstelle beim Bundeskartellamt zu übermitteln.
    Diese Daten werden dann durch Verbraucherinformati-
    onsdienste den Verbrauchern zur Verfügung gestellt.

    Was bedeutet das jetzt konkret, meine Damen und
    Herren auf den Zuschauerrängen? Was versteht man da-
    runter? Jeder kann im Internet, per App auf seinem
    Handy oder auf einem Navigationsgerät sehen, wo die
    günstigste Tankstelle ist, in seiner Umgebung oder zum
    Beispiel auf seiner Fahrt in den Urlaub.

    Außerdem wertet das Bundeskartellamt die Daten aus
    und kann so Wettbewerbsverstöße besser aufdecken.





    Mechthild Heil


    (A) (C)



    (D)(B)


    Wir schaffen also Transparenz. Jetzt wissen nicht nur
    die Tankstellenbetreiber, wie die Preise in der Umge-
    bung sind, sondern endlich wissen das jetzt auch die Ver-
    braucher. Wir stärken die Kunden. Wir geben ihnen ei-
    nen Teil ihrer Marktmacht zurück. Sie entscheiden
    nämlich, wo sie tanken wollen. Demnächst finden sie
    mit einem Klick die günstigste Tankstelle. Das erhöht
    den Druck auf die Unternehmen und stärkt den Wettbe-
    werb. Ein starker Wettbewerb ist immer auch gut für die
    Kunden, für die Verbraucher.

    Manch einer unkt – auch heute bei den Grünen –, da-
    für brauche man kein Gesetz, da es ja heute schon solche
    Apps und Internetportale gebe. Ja, die gibt es, und sie
    leisten auch wirklich gute Arbeit. Aber die Markttrans-
    parenzstelle ist mehr. Sie wird die Daten von fast allen
    14 300 Tankstellen haben, und zwar innerhalb kürzester
    Zeit. Das geht weit über das hinaus, was heute an Infor-
    mationen besteht.

    Die Verordnung sieht vor, dass sich nur Tankstellen
    befreien lassen können, die weniger als 750 Kubikmeter
    pro Jahr absetzen. Das sind maximal 350 Tankstellen,
    also gerade einmal 2,4 Prozent aller in Deutschland be-
    findlichen Trankstellen. Wir schützen diese kleinen
    Tankstellen. Sie dürfen natürlich freiwillig mitmachen,
    wenn sie wollen. Damit wäre dann auch die ganze Bun-
    desrepublik abgedeckt. Egal, wo Sie wohnen, überall
    können Sie ab sofort die Preise an den Tankstellen ver-
    gleichen und dann auch an der billigsten Tankstelle tan-
    ken.

    Die Verordnung sieht ebenfalls vor, dass die Daten in
    regelmäßigen Intervallen von höchstens einer Minute
    über eine Standardschnittstelle zur Verfügung gestellt
    werden. Die Daten sind also immer aktuell.

    Zwei Dinge werden passieren.

    Erstens werden die Preise tendenziell sinken; denn
    die Tankstellenbetreiber sind natürlich daran interessiert,
    günstiger und damit attraktiver als die Konkurrenz zu
    sein.

    Zweitens werden die Preise nicht mehr so stark
    schwanken. Keine Tankstelle möchte ihre Kunden verär-
    gern, indem sie häufig die Preise ändert, auf die sich die
    Kunden beim Abrufen ihrer Daten Minuten vorher noch
    verlassen haben.

    Zu Beginn der Osterferien werden die Kunden leider
    noch nicht in den Genuss dieser Informationen kommen.
    Das Bundeskartellamt arbeitet mit Hochdruck daran,
    und alle 14 300 Tankstellen müssen sich ja auch umstel-
    len. Aber im Sommer soll es dann endlich so weit sein.
    Dann liegt es an den Verbrauchern, die für sie günstigste
    Tankstelle auch anzufahren.

    Die christlich-liberale Koalition steht für die Bezahl-
    barkeit von Sprit, weil das sozial ist, wirtschaftlich sinn-
    voll ist und weil es für den ländlichen Raum gerecht ist.
    Aber was macht Rot-Grün? Beim Gesetz haben Sie da-
    gegen gestimmt.


    (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie setzen es ja noch nicht einmal um!)


    Da waren Sie nicht mit an Bord. Nicht erst seit Trittin
    findet Rot-Grün hohe Spritpreise klasse – das haben wir
    in dieser Debatte auch wieder gehört –,


    (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir tun etwas dagegen!)


    weil die Grünen die Besserverdienenden, ihre Klientel,
    im Blick haben, die es sich leisten können, weil die Grü-
    nen nur an städtische Gebiete mit gutem Nahverkehr, der
    subventioniert wird, mit vielen Bussen und Straßenbah-
    nen denken – der ländliche Raum ist ihnen egal –


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    und weil Rot-Grün immer nur auf Steuererhöhungen
    setzt. Wir stehen für Spritpreise, die sich am Markt
    orientieren.


    (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb machen Sie eine App!)


    Stimmen Sie heute mit uns,


    (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir enthalten uns sogar! – Gegenruf des Abg. Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Enthaltung ist gar keine Meinung!)


    dann tun Sie für alle Verbraucherinnen und Verbraucher,
    vor allen Dingen für alle Autofahrer und für diejenigen,
    die auf das Auto angewiesen sind, das Richtige.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Wirtschaft und Technologie zu der Verord-
nung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Tech-
nologie zur Markttransparenzstelle für Kraftstoffe. Der
Ausschuss empfiehlt in seiner Empfehlung auf Drucksa-
che 17/12746, der Verordnung auf Drucksache 17/12390
in der Ausschussfassung zuzustimmen. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen der beiden Koalitionsfraktionen und der SPD
bei Enthaltung von Linken und Grünen angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Beratung der Antwort der Bundesregierung auf
die Große Anfrage der Abgeordneten Ulla
Schmidt (Aachen), Rainer Arnold, Sabine
Bätzing-Lichtenthäler, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der SPD

Paradigmenwechsel im Konzept zur Auswärti-
gen Kultur- und Bildungspolitik des Auswärti-
gen Amtes vom September 2011

– Drucksachen 17/9839, 17/11981 –

Hierzu liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion
der SPD vor.





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) (C)



(D)(B)


Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Ulla Schmidt
für die SPD-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ulla Schmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Liebe Kollegen von den Koalitionsfraktionen, noch in
    Ihrer Koalitionsvereinbarung haben Sie davon gespro-
    chen, dass die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik
    mehr denn je als Beitrag zur Krisenprävention, zum
    Menschenrechtsschutz und zur Freiheitsförderung ver-
    standen werden soll, dass sie das Interesse an unserem
    Land, an unserer Geschichte und unserer Kultur fördern
    soll, dass sie die europäische Identität stärken und einen
    Beitrag zur innereuropäischen Integration leisten soll.

    Das alles können wir als Sozialdemokratinnen und
    Sozialdemokraten unterschreiben; denn für uns war und
    ist Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik vor allem ein
    offener Austauschprozess für die Emanzipation der Völ-
    ker, für Entwicklung, für Demokratie, für Freiheit und
    für Frieden. Das bedeutet Dialog und miteinander in
    Kontakt treten, sich kennenlernen, voneinander lernen
    und Vertrauen zueinander fassen.

    Aber kaum etwas davon findet sich im Konzept des
    Auswärtigen Amtes zur Auswärtigen Kultur- und Bil-
    dungspolitik wieder. Im Gegenteil, das dünne Papier
    skizziert einen Paradigmenwechsel: Es reduziert die
    Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik auf Cultural Di-
    plomacy im Dienste deutscher Außenpolitik und verän-
    dert das Profil


    (Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Positiv!)


    in Richtung Durchsetzung politischer und wirtschaftli-
    cher Interessen. Gut ist danach allein das, was Deutsch-
    land wirtschaftlich direkt nutzt.

    Das ist ein gefährlicher Weg; denn damit zerstören
    wir das wichtigste Kapital deutscher Außenpolitik:
    Glaubwürdigkeit.


    (Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Deutschland hat nach den Gräueltaten der Nationalso-
    zialisten über 60 Jahre daran gearbeitet, ein verlässlicher
    und hilfsbereiter Partner in der Welt zu sein, ein Freund
    unter Freunden. Das dürfen wir nicht aufs Spiel setzen.


    (Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Tut ja auch keiner!)


    Natürlich stehen wir im 21. Jahrhundert vor den He-
    rausforderungen der Globalisierung und im Wettstreit
    mit aufstrebenden Nationen. Aber die ökonomische
    Konkurrenz ist doch nicht die einzige globale Herausfor-
    derung. Migration, Demografie, die Ungleichzeitigkeit
    von Entwicklungen, die Unterdrückung der Meinungs-
    freiheit und vieles mehr sind mindestens gleichwertige
    Herausforderungen, auf die wir reagieren müssen. Dabei

    brauchen wir die Länder, mit denen wir konkurrieren, als
    starke Partner an unserer Seite. Die Auswärtige Kultur-
    und Bildungspolitik kann die zentrale Säule sein, die in
    der globalisierten Welt kulturelle Brücken baut.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


    Aber allein groß angelegte Deutschlandjahre oder
    Sprachkampagnen reichen dafür nicht aus. Negativ wirkt
    sich in diesem Zusammenhang der Plan des Auswärtigen
    Amtes aus, die Aktivitäten der Auswärtigen Kultur- und
    Bildungspolitik im Innern massiv abzubauen. Sie ver-
    kennen dabei völlig, dass der Dialog im Ausland und die
    Integration im Inland zwei Seiten einer Medaille der
    Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik sind.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Frau Staatsmi-
    nisterin, das Auswärtige Amt rühmt sich gerne, dass der
    Haushalt für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik
    in Ihrer Regierungszeit um rund 50 Millionen Euro an-
    gestiegen ist. Dabei verschweigen Sie nur zu gerne, dass
    Sie zusätzliche Mittel aus dem Bildungsetat in Höhe von
    243 Millionen Euro erhalten haben, die eingesetzt wer-
    den sollten, um zusätzliche Investitionen in Bildung und
    Wissenschaft zu fördern.

    Ich erinnere an den Beschluss der Koalition: Wir wer-
    den bei Bildung und Wissenschaft nicht kürzen, sondern
    im Gegenteil 12 Milliarden Euro für zusätzliche Investi-
    tionen zur Verfügung stellen. – Es war nie vorgesehen,
    dass Sie dieses Geld nutzen, um Haushaltslöcher zu
    stopfen, und darüber hinaus weitere Kürzungen bei den
    Mittlerorganisationen und an vielen anderen Stellen vor-
    nehmen.

    Das ist auch der Grund, warum der Haushalt im Be-
    reich der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik in
    den letzten beiden Jahren im Unterausschuss für Aus-
    wärtige Kultur- und Bildungspolitik über alle Fraktionen
    hinweg keine Mehrheit gefunden hat. Dafür muss man
    schon einiges leisten, um so etwas zustande zu bringen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Zusätzlich wurden Kürzungen beim Goethe-Institut
    angesetzt. Das Goethe-Institut konnte in den letzten Jah-
    ren viel leisten, weil es in Zusammenarbeit mit dem
    Deutschen Bundestag einen tiefgreifenden Reformpro-
    zess durchgeführt, die Standorte effizienter aufgestellt
    und die Netzwerke ausgebaut hat. Aber die willkürlichen
    Einsparungen, die Sie auch in diesem Jahr vornehmen,
    rühren langsam an der Substanz des Institutes, das von
    vielen von Ihnen immer wieder als die Visitenkarte
    Deutschlands in der Welt gerühmt wird. Man muss hier
    auch einmal sagen, dass die Arbeitnehmerinnen- und Ar-
    beitnehmervertreter zu Recht darauf hinweisen, dass die
    Rechnung – immer mehr Aufgaben für immer weniger
    Geld – mittlerweile nicht mehr aufgeht. Das geschieht
    zunehmend auf dem Rücken der Beschäftigten, zulasten
    ihrer Gesundheit und sozialen Sicherheit.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Mir macht das Sorgen.






    (A) (C)



    (D)(B)