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    Plenarprotokoll 17/217 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 217. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 I n h a l t : Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Dr. Rosemarie Hein, Marlene Rupprecht (Tuchenbach), Lena Strothmann, Sylvia Kotting-Uhl, Klaus Hagemann, Staatsminister Bernd Neumann, Bernd Scheelen, Friedrich Ostendorff, Norbert Geis und Dr. Gregor Gysi . . . . . . . . . . . . . . . Begrüßung der neuen Abgeordneten Susanne Kieckbusch und Hagen Reinhold . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 24 . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . Begrüßung des Direktors beim Deutschen Bundestag, Herrn Dr. Horst Risse . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 9: a) Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Jahreswirtschaftsbericht 2013 – Wettbewerbsfähigkeit – Schlüs- sel für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland und Europa . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahreswirtschaftsbericht 2013 der Bun- desregierung (Drucksache 17/12070) . . . . . . . . . . . . . . . c) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahresgutachten 2012/13 des Sachver- ständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Drucksache 17/11440) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Philipp Rösler, Bundesminister BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP) . . . . . . Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nadine Schön (St. Wendel) (CDU/CSU) . . . . Wolfgang Tiefensee (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP) . . . . . . . . Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . Ernst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinz Riesenhuber (CDU/CSU) . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Peer Steinbrück, Joachim Poß, Ingrid Arndt-Brauer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Kerstin Andreae, Dr. Thomas Gambke, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ein neuer Anlauf zur Bändi- gung der Finanzmärkte – Für eine starke europäische Bankenunion zur Beendigung der Staatshaftung bei Bankenkrisen (Drucksache 17/11878) . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit 26745 B 26745 D 26745 D 26745 D 26747 A 26747 A 26747 B 26747 B 26747 C 26747 D 26750 D 26752 B 26754 C 26756 B 26758 C 26760 A 26762 B 26762 C 26762 D 26764 D 26766 D 26767 C 26769 C 26771 B 26773 A Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Dr. Michael Meister, Klaus-Peter Flosbach, Peter Aumer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Volker Wissing, Dr. Daniel Volk, Holger Krestel, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der FDP: Schärfere und effektivere Re- gulierung der Finanzmärkte fortsetzen (Drucksache 17/12060) . . . . . . . . . . . . . . . . . Peer Steinbrück (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Björn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Peter Aumer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 34: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Statistik der Bevölkerungs- bewegung und die Fortschreibung des Bevölkerungsstandes (Bevölkerungssta- tistikgesetz – BevStatG) (Drucksache 17/9219) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Paul Schäfer (Köln), Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 35 und 87 a) (Drucksache 17/11591) . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Vertrag vom 12. Januar 2012 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des grenzüber- schreitenden Missbrauchs bei Sozial- versicherungsleistungen und -beiträgen durch Erwerbstätigkeit und bei Leis- tungen der Grundsicherung für Arbeit- suchende sowie von nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit und illegaler grenz- überschreitender Leiharbeit (Deutsch- Niederländischer Vertrag zur Bekämp- fung grenzüberschreitender Schwarz- arbeit) (Drucksache 17/12015) . . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Holzhan- dels-Sicherungs-Gesetzes (Drucksache 17/12033) . . . . . . . . . . . . . . e) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung jagdrechtlicher Vor- schriften (Drucksache 17/12046) . . . . . . . . . . . . . . f) Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Volker Beck (Köln), Ingrid Hönlinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nationale Stelle zur Verhütung von Folter stärken (Drucksache 17/11207) . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 4: a) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grund- gesetzes (Vermittlungsausschuss) zu dem Gesetz zu dem Abkommen vom 21. September 2011 zwischen der Bun- desrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt in der Fas- sung vom 5. April 2012 (Drucksachen 17/10059, 17/11093, 17/11096, 17/11635, 17/11693, 17/11840) . . . . . . . . Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . b) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grund- gesetzes (Vermittlungsausschuss) zu dem Gesetz zur Änderung und Vereinfa- chung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts (Drucksachen 17/10774, 17/11180, 17/11189, 17/11217, 17/11634, 17/11694, 17/11841) Dr. Michael Meister (CDU/CSU) . . . . . . . . . c) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grund- gesetzes (Vermittlungsausschuss) zu dem Gesetz zum Abbau der kalten Progres- sion (Drucksachen 17/8683, 17/9201, 17/9202, 17/9644, 17/9672, 17/11842) . . . . . . . . . . Dr. Michael Meister (CDU/CSU) . . . . . . . . . d) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grund- gesetzes (Vermittlungsausschuss) zu dem 26773 A 26773 B 26776 C 26780 A 26781 A 26782 D 26785 A 26786 C 26787 B 26788 B 26789 C 26790 D 26791 C 26794 B 26794 B 26794 B 26794 C 26794 C 26794 D 26795 A 26795 B 26795 D 26796 A 26796 C 26796 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 III Gesetz zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden (Drucksachen 17/6074, 17/6251, 17/6358, 17/6360, 17/6584, 17/7544, 17/11843) . . . Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU) . . . . . . e) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grund- gesetzes (Vermittlungsausschuss) zu dem Jahressteuergesetz 2013 (Drucksachen 17/10000, 17/10604, 17/11190, 17/11191, 17/11220, 17/11633, 17/11692, 17/11844) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 5: Vereinbarte Debatte: zu steuerpolitischen Beschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktio- nen der CDU/CSU und FDP: Steuerbe- schlüsse der SPD sowie Steuererhöhungs- pläne des SPD-Kanzlerkandidaten und ihre Auswirkungen auf Wachstum und Be- schäftigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . Joachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Daniel Volk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . Christian Freiherr von Stetten (CDU/CSU) . . Franz Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Norbert Schindler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Bildung, Forschung und Tech- nikfolgenabschätzung – zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe Schummer, Albert Rupprecht (Weiden), Michael Kretschmer, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Heiner Kamp, Dr. Martin Neumann (Lausitz), Sylvia Canel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Das deutsche Berufs- bildungssystem – Versicherung gegen Jugendarbeitslosigkeit und Fachkräfte- mangel – zu dem Antrag der Abgeordneten Willi Brase, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der SPD: Jugendli- che haben ein Recht auf Ausbildung – zu dem Antrag der Abgeordneten Agnes Alpers, Nicole Gohlke, Dr. Rosemarie Hein, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Perspektiven für 1,5 Millionen junge Menschen ohne Be- rufsabschluss schaffen – Ausbildung für alle garantieren – zu dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Brigitte Pothmer, Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mit Dual- Plus mehr Jugendlichen und Betrieben die Teilnahme an der dualen Ausbil- dung ermöglichen (Drucksachen 17/10986, 17/10116, 17/10856, 17/9586, 17/12089) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Willi Brase (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heiner Kamp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Agnes Alpers (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas Feist (CDU/CSU) . . . . . . . . . 26797 B 26797 C 26798 A 26798 A 26799 A 26800 D 26799 A 26799 B 26803 A 26803 D 26805 A 26806 B 26807 D 26810 A 26810 C 26811 B 26812 B 26812 D 26813 A 26813 B 26814 B 26815 B 26817 A 26818 A 26819 C 26820 D 26822 A 26823 B 26824 C 26825 D 26826 C 26828 A 26828 B 26829 C 26831 B 26832 C 26834 A 26834 D IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 Uwe Schummer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . Michael Gerdes (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heiner Kamp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Agnes Alpers (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Uwe Schummer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Sylvia Canel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) . . . . Ewa Klamt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Karin Binder, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Für alle Kinder und Jugendlichen eine hochwertige und unentgeltliche Ver- pflegung in Schulen und Kindertagesstät- ten gewährleisten (Drucksache 17/11880) . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Mechthild Heil (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Petra Crone (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD) . . . . Rainer Erdel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Rainer Erdel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carola Stauche (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur zusätzlichen Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tagesein- richtungen und in Kindertagespflege (Drucksache 17/12057) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Detlef Scheele, Senator (Hamburg) . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Caren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicole Bracht-Bendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU) . . Tagesordnungspunkt 14: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung zu dem An- trag der Abgeordneten Thilo Hoppe, Hans-Christian Ströbele, Ingrid Hönlinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: EU – La- teinamerika: Partnerschaft für eine so- zial-ökologische Transformation (Drucksachen 17/11838, 17/12093) . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung zu dem An- trag der Abgeordneten Heike Hänsel, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Friedensdialog in Kolumbien aktiv unterstützen (Drucksachen 17/11839, 17/12094) . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Sozialen Fortschritt und regio- nale Integration in Lateinamerika un- terstützen (Drucksachen 17/3214, 17/12087) . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Heike Hänsel, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: CELAC-EU-Gipfel in Santiago de Chile – Neue Zusammenarbeit mit neuen Partnern (Drucksache 17/12061) . . . . . . . . . . . . . . Hans-Werner Ehrenberg (FDP) . . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Anette Hübinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Zweite und dritte Beratung des von den Frak- tionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme (Drucksachen 17/11513, 17/12086) . . . . . . . . 26836 A 26837 A 26837 C 26838 C 26839 C 26839 D 26840 A 26841 B 26842 C 26843 C 26843 D 26845 C 26847 A 26848 B 26850 A 26851 C 26853 B 26854 D 26855 A 26855 B 26856 C 26858 B 26858 B 26859 D 26861 B 26862 B 26863 B 26864 C 26865 C 26866 D 26867 C 26868 D 26869 A 26869 A 26869 B 26869 B 26870 C 26872 B 26874 C 26875 D 26877 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 V Stephan Thomae (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rudolf Henke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Edgar Franke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Carsten Schneider (Erfurt), Uwe Beckmeyer, Klaus Brandner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Privatkundengeschäft der Finanz- agentur Deutschland GmbH fortsetzen (Drucksache 17/12062) . . . . . . . . . . . . . . . . . Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . . . . Alexander Funk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Harald Koch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur innerstaatlichen Umset- zung des Fiskalvertrags (Drucksache 17/12058) . . . . . . . . . . . . . . . . . Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . . . . Dr. Florian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 18: a) Antrag der Abgeordneten Michael Gerdes, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Willi Brase, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Starke Forschung für die Energiewende (Drucksache 17/11201) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Sylvia Kotting- Uhl, Ekin Deligöz, Katja Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Energiefor- schung konsequent am Atomausstiegs- beschluss des Deutschen Bundestages ausrichten (Drucksache 17/11688) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 19: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Kultur und Medien: zu dem Vor- schlag für eine Verordnung des Europäi- schen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Programms Kreatives Europa – KOM(2011) 785 endg.; Ratsdok. 17186/11 – hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Ab- satz 2 des Grundgesetzes (Drucksachen 17/8227 Nr. A.51, 17/11107) Tagesordnungspunkt 20: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem An- trag der Abgeordneten Frank Tempel, Dr. Martina Bunge, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Legalisierung von Cannabis durch Einführung von Cannabis-Clubs (Drucksachen 17/7196, 17/11556) . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem An- trag der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Katrin Göring-Eckardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gesund- heitliche Risiken des Drogengebrauchs verringern – Drugchecking ermöglichen (Drucksachen 17/2050, 17/11911) . . . . . . Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) . . . . . . Angelika Graf (Rosenheim) (SPD) . . . . . . . . Karin Maag (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Tempel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Fünfzehnten Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes (Drucksache 17/12059) . . . . . . . . . . . . . . . . . 26877 C 26878 C 26880 A 26881 C 26882 C 26883 D 26885 C 26887 A 26887 A 26887 D 26889 A 26889 D 26891 A 26891 D 26892 D 26894 A 26894 A 26895 C 26896 C 26897 D 26898 C 26900 A 26901 A 26901 B 26901 C 26902 A 26902 A 26902 B 26903 C 26905 A 26906 C 26907 D 26908 D VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 Tagesordnungspunkt 22: Antrag der Abgeordneten Ulrich Schneider, Katja Dörner, Sven-Christian Kindler, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Eigenständige Jugendpolitik – Selbstbestimmt durch Freiheit, Gerechtigkeit, Demokratie und Emanzipation (Drucksache 17/11376) . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Stefan Schwartze, Sönke Rix, Petra Crone, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD: Mit einer eigenständigen Jugendpolitik Freiräume schaffen, Chancen eröffnen, Rückhalt ge- ben (Drucksache 17/12063) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Vorbeugung vor und Bekämpfung von Tierseuchen (Tiergesundheitsgesetz – Tier- GesG) (Drucksache 17/12032) . . . . . . . . . . . . . . . . . Alois Gerig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr, Bau und Stadtentwick- lung zu dem Antrag der Abgeordneten Steffen Bilger, Peter Götz, Armin Schuster (Weil am Rhein), weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Werner Simmling, Birgit Homburger, Ernst Burgbacher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Projektbeiratsbeschluss bei der Rheintalbahn umsetzen (Drucksachen 17/11652, 17/11932) . . . . . . . . Steffen Bilger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Ute Kumpf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werner Simmling (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: Antrag der Abgeordneten Ralph Lenkert, Dr. Martina Bunge, Diana Golze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Durch Humanarzneimittel bedingte Um- weltbelastung reduzieren (Drucksache 17/11897) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . Horst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 28: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit – zu dem Antrag der Abgeordneten Jens Spahn, Dietrich Monstadt, Michael Grosse-Brömer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Heinz Lanfermann, Jens Ackermann, Rainer Brüderle und der Fraktion der FDP: Revision der eu- ropäischen Medizinprodukte-Richtli- nien: Vertrauen wieder herstellen – Patientensicherheit bei Medizinpro- dukten muss erste Priorität sein – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Maria Klein-Schmeink, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Sicherheit, Wirksamkeit und gesundheitlichen Nutzen von Medizinprodukten bes- ser gewährleisten (Drucksachen 17/11830, 17/8920, 17/12088) b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem An- trag der Abgeordneten Dr. Marlies Volkmer, Bärbel Bas, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Mehr Sicherheit bei Medizin- produkten (Drucksachen 17/9932, 17/11312) . . . . . . in Verbindung mit 26909 A 26909 A 26909 B 26909 C 26910 C 26911 C 26912 C 26913 C 26914 B 26914 B 26915 C 26916 B 26917 C 26918 A 26919 A 26920 B 26920 B 26922 B 26923 A 26924 A 26925 A 26925 D 26926 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 VII Zusatztagesordnungspunkt 7: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Harald Weinberg, Kathrin Vogler, Diana Golze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Opfer des Brustimplantate-Skandals unterstützen – Keine Kostenbeteiligung bei medizinischer Notwendigkeit (Drucksachen 17/8581, 17/12092) . . . . . . . . . Dietrich Monstadt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Marlies Volkmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Jens Ackermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 27: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales zu dem An- trag der Abgeordneten Markus Kurth, Beate Müller-Gemmeke, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine an- gemessene Praxis bei Anträgen auf Kinder- geldabzweigung durch die Sozialhilfeträger (Drucksachen 17/10863, 17/11748) . . . . . . . . Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 30: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung personenstandsrechtlicher Vor- schriften (Personenstandsrechts-Ände- rungsgesetz – PStRÄndG) (Drucksache 17/10489) . . . . . . . . . . . . . . . . . Helmut Brandt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . Manuel Höferlin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 29: a) Antrag der Abgeordneten Eva Bulling- Schröter, Ralph Lenkert, Sabine Stüber, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Kohleausstiegsgesetz nach Scheitern des EU-Emissionshandels (Drucksachen 17/12064, 17/9780) . . . . . . b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Oliver Krischer, Hans-Josef Fell, Bettina Herlitzius, weiteren Abge- ordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Drucksachen 17/156, 17/9780) . . . . . . . . Jens Koeppen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Paul (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Ute Vogt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 31: Antrag der Abgeordneten Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann, Lisa Paus, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Auf europäischer Ebene ein be- trugssicheres, transparentes und bürokra- tiearmes Mehrwertsteuersystem schaffen (Drucksache 17/12065) . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) . . . . . . Holger Krestel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 32: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Jens Petermann, Jan Korte, Agnes Alpers, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Grund- gesetzes – Herstellung der institutionel- len Unabhängigkeit der Justiz (Drucksache 17/11701) . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Jens Petermann, Jan Korte, Agnes Alpers, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Herstellung der institutio- nellen Unabhängigkeit der Justiz (Drucksache 17/11703) . . . . . . . . . . . . . . 26926 A 26926 B 26928 C 26929 C 26930 D 26931 D 26933 B 26933 C 26935 B 26936 B 26937 A 26938 C 26939 C 26939 C 26940 C 26942 A 26942 C 26943 A 26943 D 26944 C 26944 D 26945 A 26945 D 26947 B 26948 A 26948 C 26949 B 26950 B 26950 B 26951 B 26952 A 26952 D 26953 C 26955 B 26955 B VIII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) Dr. Edgar Franke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Marco Buschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Jens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 33: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- wärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Omid Nouripour, Hans-Christian Ströbele, Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Prüfkriterien für Auslandseinsätze der Bundeswehr entwi- ckeln – Unterrichtung und Evaluation ver- bessern (Drucksachen 17/5099, 17/8697) . . . . . . . . . . Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU) . . . . . . . . Johannes Pflug (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Thomas Oppermann (SPD) zur Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zum Gesetz zu dem Abkommen vom 21. September 2011 zwischen der Bundesrepublik und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Zu- sammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt in der Fassung vom 5. April 2012 (Zusatztagesordnungspunkt 4 a) . . . . . . Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU) zur Beschlussemp- fehlung des Vermittlungsausschusses zum Gesetz zur steuerlichen Förderung von ener- getischen Sanierungsmaßnahmen an Wohnge- bäuden (Zusatztagesordnungspunkt 4 d) . . . . Anlage 4 Erklärung des Abgeordneten Thomas Oppermann (SPD) zur Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zu dem Jahressteu- ergesetz 2013 (Zusatztagesordnungspunkt 4 e) Anlage 5 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zu dem Jahressteuer- gesetz 2013 (Zusatztagesordnungspunkt 4 e) Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) . . . . . . . . Marina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Todtenhausen (FDP) . . . . . . . . . . . Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU) Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, Inge Höger und Ulla Jelpke (alle DIE LINKE) zur namentlichen Abstim- mung über die Beschlussempfehlung des Ver- mittlungsausschusses zu dem Jahressteuerge- setz 2013 (Zusatztagesordnungspunkt 4 e) . . . . Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ingrid Fischbach, Frank Heinrich, Dr. Stefan Kaufmann, Jürgen Klimke, Dr. Rolf Koschorrek, Dr. Jan-Marco Luczak, Jens Spahn, Sabine Weiss (Wesel I), Elisabeth Winkelmeier-Becker, Dagmar G. Wöhrl und Dr. Matthias Zimmer (alle CDU/CSU) zur na- mentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung des Vermittlungsausschusses zu dem Jahressteuergesetz 2013 (Zusatztages- ordnungspunkt 4 e) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Aschenberg-Dugnus, Florian Bernschneider, Sebastian Blumenthal, Claudia Bögel, Nicole Bracht-Bendt, Klaus Breil, Angelika Brunkhorst, Marco Buschmann, Reiner Deutschmann, Rainer Erdel, Jörg van Essen, Otto Fricke, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Manuel Höferlin, Heiner Kamp, Pascal Kober, Sebastian Körber, Harald Leibrecht, Dr. Erwin Lotter, Oliver Luksic, Horst Meierhofer, Gabriele Molitor, 26955 C 26956 C 26957 A 26957 D 26959 A 26960 C 26960 C 26961 D 26962 C 26964 A 26964 D 26965 C 26966 C 26966 B 26967 A 26967 C 26968 A 26968 C 26969 C 26969 D 26970 B 26970 D 26971 B 26971 C 26971 D 26972 A 26972 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 IX Petra Müller (Aachen), Dr. Martin Neumann (Lausitz), Gisela Piltz, Jörg von Polheim, Dr. Christiane Ratjen-Damerau, Dr. Birgit Reinemund, Christoph Schnurr, Jimmy Schulz, Judith Skudelny, Joachim Spatz, Stephan Thomae, Serkan Tören, Johannes Vogel (Lüdenscheid) und Dr. Daniel Volk (alle FDP) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Vermitt- lungsausschusses zu dem Jahressteuergesetz 2013 (Zusatztagesordnungspunkt 4 e) . . . . . . Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalvertrags (Tagesord- nungspunkt 17) Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Antrag: Starke Forschung für die Energie- wende – Antrag: Energieforschung konsequent am Atomausstiegsbeschluss des Deutschen Bundestages ausrichten (Tagesordnungspunkte 18 a und 18 b) Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Philipp Murmann (CDU/CSU) . . . . . . . . Michael Gerdes (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Breil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Vorschlag: für eine Verordnung des Europäi- schen Parlaments und des Rates zur Einrich- tung des Programms Kreatives Europa (Ta- gesordnungspunkt 19) Christoph Poland (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Reiner Deutschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Fünfzehnten Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes (Tagesord- nungspunkt 21) Robert Hochbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Lars Klingbeil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Schnurr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Eigenständige Jugendpolitik – Selbstbe- stimmt durch Freiheit, Gerechtigkeit, De- mokratie und Emanzipation – Mit einer eigenständigen Jugendpolitik Freiräume schaffen, Chancen eröffnen, Rückhalt geben (Tagesordnungspunkt 22 und Zusatztagesord- nungspunkt 6) Dr. Peter Tauber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Sönke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stefan Schwartze (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Bernschneider (FDP) . . . . . . . . . . . Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Schneider (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 14 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26972 C 26973 B 26973 D 26974 D 26976 B 26977 A 26977 C 26978 B 26979 B 26980 A 26981 B 26982 B 26983 B 26984 B 26985 B 26986 A 26987 B 26987 D 26988 C 26989 B 26990 D 26992 A 26993 C 26994 D 26995 B 26996 C 26997 A 26997 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26745 (A) (C) (D)(B) 217. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 216. Sitzung, Seite 26687 B, erster Absatz, der zehnte Satz ist wie folgt zu lesen: „Ab März wird die Luft- frachtkontrolle verändert sein.“ Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26967 (A) (C) (D)(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Thomas Oppermann (SPD) zur Beschlussempfehlung des Vermittlungsaus- schusses zum Gesetz zu dem Abkommen vom 21. September 2011 zwischen der Bundesrepu- blik und der Schweizerischen Eidgenossen- schaft über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt in der Fassung vom 5. April 2012 (Zusatztagesordnungspunkt 4 a) Als Berichterstatter des Bundestages zu den abschlie- ßenden Verhandlungen des Vermittlungsausschusses am 12. Dezember 2012 mache ich darauf aufmerksam, dass der Vermittlungsausschuss eine Begleiterklärung abge- geben hat. Diese gebe ich nachfolgend zur Kenntnis: Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bun- desrat fordert die Bundesregierung auf, die Verhandlun- gen mit der Schweizer Regierung wieder aufzunehmen, um ein gerechtes Steuerabkommen mit der Schweiz ab- zuschließen. Ein Steuerabkommen mit der Schweiz darf die Steu- erbetrüger der vergangenen Jahrzehnte nicht belohnen, daher lehnt der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat das von dem Bundesminister der Finan- zen im Auftrag der Bundesregierung ausgehandelte vor- liegende Steuerabkommen ab. Bund und Länder sind sich einig, dass in Deutschland ehrlich und gerecht Steu- ern gezahlt werden müssen. Durch das Abkommen dürfen Steuerhinterzieher nicht bessergestellt werden als ehrliche Steuerzahler. Aus Gründen der Steuergerechtigkeit muss daher eine Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Aigner, Ilse CDU/CSU 17.01.2013 Beck (Reutlingen), Ernst-Reinhard CDU/CSU 17.01.2013 Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 17.01.2013 Brehmer, Heike CDU/CSU 17.01.2013 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 17.01.2013 Dr. Dehm, Diether DIE LINKE 17.01.2013 Dobrindt, Alexander CDU/CSU 17.01.2013 Ernst, Klaus DIE LINKE 17.01.2013 Evers-Meyer, Karin SPD 17.01.2013 Dr. Friedrich, Hans-Peter CDU/CSU 17.01.2013 Gabriel, Sigmar SPD 17.01.2013 Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 17.01.2013 Groth, Annette DIE LINKE 17.01.2013 Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 17.01.2013 Humme, Christel SPD 17.01.2013 Laurischk, Sibylle FDP 17.01.2013 Maurer, Ulrich DIE LINKE 17.01.2013 Dr. Middelberg, Mathias CDU/CSU 17.01.2013 Möhring, Cornelia DIE LINKE 17.01.2013 Möller, Kornelia DIE LINKE 17.01.2013 Müller (Köln), Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.01.2013 Ortel, Holger SPD 17.01.2013 Ploetz, Yvonne DIE LINKE 17.01.2013 Pronold, Florian SPD 17.01.2013 Dr. Ratjen-Damerau, Christiane FDP 17.01.2013 Roth (Augsburg), Claudia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.01.2013 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 17.01.2013 Schreiner, Ottmar SPD 17.01.2013 Dr. Schwanholz, Martin SPD 17.01.2013 Steinbach, Erika CDU/CSU 17.01.2013 Stier, Dieter CDU/CSU 17.01.2013 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.01.2013 Vogler, Kathrin DIE LINKE 17.01.2013 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 26968 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 (A) (C) (D)(B) höhere Belastung derjenigen erfolgen, die sich in der Vergangenheit besonders hartnäckig ihren steuerlichen Verpflichtungen entzogen haben. Eine anonyme Amnestie ist abzulehnen. Die Besteue- rung in der Zukunft muss in Einklang stehen mit den eu- ropäischen und transatlantischen Bemühungen um einen automatischen Informationsaustausch. Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU) zur Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zum Gesetz zur steu- erlichen Förderung von energetischen Sanie- rungsmaßnahmen an Wohngebäuden (Zusatz- tagesordnungspunkt 4d) Als Berichterstatter des Bundestages zu den abschlie- ßenden Verhandlungen des Vermittlungsausschusses am 12. Dezember 2012 mache ich darauf aufmerksam, dass der Vermittlungsausschuss eine Begleiterklärung und die Bundesregierung eine Protokollerklärung abgegeben ha- ben. Diese gebe ich nachfolgend zur Kenntnis: Begleiterklärung des Vermittlungsausschusses Der Vermittlungsausschuss fordert die Bundesregie- rung auf, zur Förderung von energetischen Sanierungs- maßnahmen an Wohngebäuden 1. sicherzustellen, dass für die Jahre 2013 bis 2017 die KfW Bankengruppe mindestens jeweils 1,5 Milliar- den Euro für Zinsverbilligungen und Zuschüsse für die Förderung von energetischen Sanierungen zur Verfügung stellt, – Fortführung bestehender Programme – 2. sicherzustellen, dass darüber hinaus die KfW Ban- kengruppe für die Jahre 2013 bis 2017 Mittel für die energetische Sanierung von selbstgenutztem und ver- mietetem Wohnraum mindestens in einer Gesamt- höhe von 1 Milliarde Euro jährlich zur Verfügung stellt. Selbstgenutzter Wohnraum soll durch Zu- schüsse gefördert werden; der Zuschussbetrag soll bis zu 30 Prozent der gedeckelten Aufwendungen be- tragen; er soll vor Beginn der Maßnahmen ausge- zahlt werden. Es sollen sowohl Einzel- als auch Ge- samtmaßnahmen berücksichtigt werden, mit denen nach dem 31. Dezember 2012 begonnen wird. För- derfähig sollen nur Maßnahmen sein, durch die min- destens der Standard KfW-Effizienzhaus 70 erreicht wird, die Förderhöhe soll nach zu erreichendem Standard gestaffelt werden. Durch die Förderung von vermietetem Wohnraum durch Zuschüsse oder Zins- verbilligungen sollen die von den Mieterinnen und Mietern zu tragenden umlagefähigen Kosten sinken und bzw. oder Contracting-Modelle wirtschaftlich er- möglicht werden, bei denen den Mieterinnen und Mietern keine zusätzlichen Kosten für die Wärmelie- ferung entstehen. – Aufstockung bestehender sowie zusätzliche Pro- gramme – Protokollerklärung der Bundesregierung zum Gesetz zur Änderung des Energiewirtschafts- gesetzes (ehemals Gesetz zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohnge- bäuden) Staatsminister von Klaeden erklärt, dass die Bundes- regierung zur Förderung von energetischen Sanierungs- maßnahmen an Wohngebäuden ein neues KfW-Programm auflegt. Die KfW soll für die Jahre 2013 bis 2020 Mittel für die energetische Sanierung von selbstgenutztem und ge- gebenenfalls vermietetem Wohnraum 300 Millionen Euro jährlich zur Verfügung stellen. Selbstgenutzter Wohnraum soll durch Zuschüsse gefördert werden. Es sollen sowohl Einzel- als auch Gesamtmaßnahmen be- rücksichtigt werden, mit denen nach dem 31. Dezember 2012 begonnen wird. Förderfähig sollen nur Maßnah- men sein, durch die mindestens der Standard KfW-Effi- zienzhaus 55 erreicht wird; die Förderhöhe soll nach zu erreichendem Standard gestaffelt werden. Anlage 4 Erklärung des Abgeordneten Thomas Oppermann (SPD) zur Beschlussempfehlung des Vermittlungs- ausschusses zu dem Jahressteuergesetz 2013 (Zusatztagesordnungspunkt 4 e) Als Berichterstatter des Bundestages zu den abschlie- ßenden Verhandlungen des Vermittlungsausschusses am 12. Dezember 2012 mache ich darauf aufmerksam, dass der Vermittlungsausschuss zwei Begleiterklärungen ab- gegeben hat. Diese gebe ich nachfolgend zur Kenntnis: Begleiterklärung des Vermittlungsausschusses: Jahressteuergesetz 2013 – „Steuerliche Behandlung von Streubesitzerträgen“: Mit seinem Urteil vom 20. Oktober in der Rechts- sache C-284/09 hat der Europäische Gerichtshof, EuGH, entschieden, dass die Abgeltungswirkung des Steuerab- zugs nach § 32 KStG für Dividendenzahlungen an be- stimmte ausländische Körperschaften gegen die Kapital- verkehrsfreiheit des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, AEUV, und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, EWR-Abkommen, verstößt. Aufgrund dieses Urteils besteht dringender Hand- lungsbedarf, die nationalen Rechtsvorschriften an das europäische Recht anzupassen. Dabei hat der Gesetzgeber die Wahl zwischen zwei grundlegenden Richtungsentscheidungen: 1. Deutschland gewährt die Steuerbefreiung für Divi- denden entsprechend § 8 b Abs. 1 KStG auch für ausländische Gesellschaften. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26969 (A) (C) (D)(B) 2. Die inländische Steuerbefreiung für Streubesitzer- träge – § 8 b Abs. 1 und Abs. 2 KStG – wird aufge- hoben. Für die Vergangenheit kommt Deutschland nicht um- hin, die Erstattung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer an die ausländischen Anteilseigner zu gewähren. Dies hat erhebliche Steuermindereinnahmen zur Folge. Dem trägt der Koalitionsantrag für die Vergangenheit dadurch Rechnung, dass durch das österreichische Modell die Er- stattungen ins Ausland reduziert werden. Dennoch ist eine Besteuerung des Streubesitzes unter dem Gesichts- punkt der Haushaltskonsolidierung nicht zu vermeiden. Bei der Erarbeitung einer Regelung sollen insbeson- dere auch die folgenden Gesichtspunkte berücksichtigt und nach Lösungen für besondere Belastungseffekte gesucht und der Begriff des Streubesitzes noch genauer definiert werden: – Kaskadeneffekte bei Ausschüttungen über mehrere Beteiligungsebenen, – Verbundstrukturen, in denen zentrale Unternehmen bestimmte Funktionen für einen Unternehmens- verbund übernehmen, und – Business Angels und Start-ups, wenn sich der Inves- tor von seinem Engagement trennt. Eine solche Regelung soll zusammen mit den Ländern Hessen und Rheinland-Pfalz erarbeitet und im Gesetz zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom 20. Okto- ber 2011 in der Rechtssache C-284/09 umgesetzt wer- den. Dieses Gesetzgebungsverfahren sollte nach Mög- lichkeit bis spätestens März 2013 abgeschlossen sein. Begleiterklärung des Vermittlungsausschusses: Jahressteuergesetz 2013 – „Investmentsteuerreform“: Die Finanzministerkonferenz hat am 1. Juni 2012 den Bericht einer von ihr am 3. März 2011 eingesetzten Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Neukonzeption der In- vestmentbesteuerung als Grundlage für ein einfaches und aufkommenssicheres Investmentbesteuerungssys- tem angesehen. Es sollte jedoch zunächst unter anderem noch geprüft werden, ob die drohende Europarechtswid- rigkeit auf andere Weise beseitigt werden kann. Die Prü- fung durch das Bundesministerium der Finanzen und die Länder hat gezeigt, dass eine grundlegende Neukonzep- tion der Investmentbesteuerung der richtige Weg ist, um die drohenden finanziellen Ausfälle in Milliardenhöhe zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund soll eine Gesetzgebung zur Neukonzeption des Investmentsteuerrechts erfolgen. Dieser Gesetzentwurf setzt die Vorschläge der Bund-/ Länderarbeitsgruppe zur Neukonzeption der Investment- besteuerung unter Berücksichtigung des vom Bundes- ministerium der Finanzen in Auftrag zu gebenden Gut- achtens zur Auswirkung der Reformvorschläge auf die Kapitalmärkte und die Altersversorgungssysteme um. Die Vorschläge sehen unter anderem vor, zwei voneinan- der unabhängige Besteuerungssysteme für Publikums- fonds und für Spezialfonds zu schaffen. Im anonymen Massengeschäft der Publikumsfonds sind dabei stärkere Vereinfachungen erforderlich als bei den Spezialfonds, die in der Mehrzahl nur einen Anleger oder maximal 100 Anleger haben. In beiden Systemen ist es eines der wichtigsten Ziele der Reform, das deutsche Besteue- rungsrecht auf inländische Dividenden und Immobilien- erträge zu sichern und europarechtliche Zweifel am gegenwärtigen System zu beseitigen. Die Bundesregierung wird gebeten, zu Beginn der neuen Legislaturperiode einen Gesetzentwurf zur Invest- mentsteuerreform vorzulegen. Die Änderungen des Investmentsteuerrechts sollen schnellstmöglich in Kraft treten. Bis dahin ist es wichtig, weitere Steuerausfälle durch Gestaltungen zu vermeiden. Die vom Bundesrat am 6. Juli 2012 geforderten Änderungen zur Ausschüttungs- reihenfolge und zum Werbungskostenabzug haben kei- nen direkten Bezug zur Neukonzeption und sind noch in dieser Legislaturperiode umzusetzen. Anlage 5 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über die Be- schlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zu dem Jahressteuergesetz 2013 (Zusatztages- ordnungspunkt 4e) Michael Kauch (FDP): Die rot-grüne Mehrheit im Vermittlungsausschuss hat das für mich wichtige gesell- schaftspolitische Ziel der Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften mit Steuererhöhungen für den Mittelstand und damit die Belastung von Arbeitsplätzen verbunden. Dies empfinde ich in höchstem Maße als un- glücklich. Der Gesamtvorschlag des Vermittlungsausschusses zum Jahressteuergesetz hat unabhängig von der Frage, wie eingetragene Lebenspartnerschaften besteuert wer- den, erhebliche Schwächen. Die von der FDP seit lan- gem geforderte Verkürzung der Aufbewahrungsfristen ist gestrichen. Die Verkürzung hätte einen wesentlichen Beitrag zum Bürokratieabbau leisten können. Bei der Grunderwerbsteuer soll es künftig eine Benachteiligung der Privatwirtschaft gegenüber öffentlichen Körper- schaften geben. Bei der Erbschaftsteuer sollen die Er- leichterungen bei der Unternehmensnachfolge zum Nachteil von Familienunternehmen geändert werden. Insgesamt belastet das Vermittlungsergebnis die Bürge- rinnen und Bürger sowie den Mittelstand mit rund einer halben Milliarde Euro zusätzlich. Dennoch habe ich mich in einer Abwägungsentschei- dung entschieden, trotz dieser Verschlechterungen dem Vermittlungsergebnis zum Jahressteuergesetz zuzustim- men. Denn die steuerrechtliche Gleichstellung von ein- getragenen Lebenspartnerschaften ist für mich ein über- ragendes Ziel, das im Koalitionsvertrag enthalten ist und dessen Umsetzung vom Koalitionspartner bisher verhin- dert wird. Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU): Zur Frage der steuerlichen Gleichstellung von eingetragenen Lebens- 26970 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 (A) (C) (D)(B) partnerschaften insbesondere beim Ehegattensplitting habe ich mich in der Öffentlichkeit und auch beim Bun- desparteitag der CDU in meinem Redebeitrag klar posi- tioniert: Ich trete ausdrücklich und mit allem Nachdruck für eine steuerliche Gleichstellung ein. Denn Menschen in eingetragenen Lebenspartner- schaften übernehmen dauerhaft und in gegenseitigem Vertrauen und Zuneigung Verantwortung füreinander. In diesen Beziehungen werden insofern Werte gelebt, die tragend für unser Gemeinwesen sind und die daher unsere Unterstützung verdienen. Das Institut der Lebenspart- nerschaft verbindet diese Paare in gleicher Weise wie Eheleute in wechselseitigen Fürsorge- und Einstands- pflichten. Ich bin der Auffassung, dass aus gleichen Pflichten auch gleiche Rechte folgen müssen. Ich bin si- cher, dass auch das Bundesverfassungsgericht dies so sehen und den derzeitigen Ausschluss eingetragener Lebenspartnerschaften vom Splittingverfahren als ver- fassungswidrig verwerfen wird. Ich glaube, dass der Deutsche Bundestag als Gesetzgeber seinen Auftrag zu politischer Gestaltung ernst- und wahrnehmen und daher nicht die zu erwartende Entscheidung des Gerichts ab- warten sollte. An dieser Auffassung halte ich – auch nach der Dis- kussion und dem Abstimmungsergebnis auf dem Bun- desparteitag der CDU – ausdrücklich fest und werbe weiter mit vielen Kollegen in meiner Fraktion für dieses Ziel. Dessen ungeachtet werde ich beim Jahressteuergesetz 2013 heute mit meiner Fraktion stimmen. Darin liegt in keiner Weise eine Abkehr von meiner Überzeugung. Ich möchte mich allerdings nicht zum Spielball von tak- tischen und parteipolitisch motivierten Manövern der Opposition machen lassen. Die heute beantragte na- mentliche Abstimmung hat aber genau das zum Ziel: Die zum Thema steuerliche Gleichstellung in den letzten Monaten im Bundestag erfolgten Abstimmungen haben gezeigt, dass es derzeit keine politische Mehrheit hierfür gibt. Auch wenn ich dies persönlich bedaure, ist es daher sinnlos, das Thema dennoch immer wieder auf die Tage- sordnung zu setzen. Daran wird deutlich, dass ganz of- fensichtlich Druck auf diejenigen in meiner Fraktion ausgeübt werden soll, die sich öffentlich für eine steuerliche Gleichstellung ausgesprochen haben. Es wird wie auch an vielen anderen Stellen der Versuch unter- nommen, die christlich-liberale Koalition als nicht ge- schlossen, gar als nicht handlungsfähig darzustellen. Das ist das eigentliche Ziel der namentlichen Abstimmung, nicht die Sache selbst. Für dieses parteipolitisch motivierte Manöver lasse ich mich als Mitglied der CDU/CSU-Fraktion nicht instru- mentalisieren. Patrick Meinhardt (FDP): Es ist wirklich nicht mehr erträglich, wie Rot-Grün mit der so wichtigen steu- erlichen Gleichstellung eingetragener Lebenspartner- schaften als „strategischer Masse“ umgeht. Selbstver- ständlich würde ich sofort der Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften im Steuerrecht zu- stimmen, wie ich das im Deutschen Bundestag auch schon bei der letzten Abstimmung im vergangenen Ok- tober getan habe. Die FDP hatte schon im Koalitionsvertrag durchge- setzt, dass gleichheitswidrige Benachteiligungen einge- tragener Lebenspartnerschaften im Steuerrecht abzu- bauen sind. Dabei sind wir Liberale als Motor in der Koalition mit der Union ein gutes Stück vorangekom- men. Im steuerlichen Bereich haben wir die volle Gleichstellung bei der Erbschaftsteuer und Grunder- werbsteuer erreicht. Dem vorliegenden Gesamtvorschlag des Vermitt- lungsausschusses zum Jahressteuergesetz kann ich aber unter keinen Umständen zustimmen. Die von der FDP seit langem geforderte Verkürzung der Aufbewahrungsfristen ist gestrichen. Die Verkür- zung hätte einen wesentlichen Beitrag zum Bürokratie- abbau leisten können. Bei der Grunderwerbsteuer sollen Regelungen sicher- stellen, dass zukünftig auch bei Konzernumstrukturie- rung immer Grunderwerbsteuer fällig wird. Gleichzeitig sollen aber Umstrukturierungen öffentlicher Gebietskör- perschaften grunderwerbsteuerfrei möglich sein. Dies ist eine eklatante Benachteiligung der Privatwirtschaft ge- genüber öffentlichen Körperschaften. Bei der Erbschaftsteuer sollen die Erleichterungen bei der Unternehmensnachfolge zum Nachteil von Familien- unternehmen geändert werden. Ich setzte mich für eine Erbschaftsteuer ein, die die Unternehmensnachfolge im Interesse des Erhalts von Arbeitsplätzen nicht gefährdet. Insgesamt belastet das durch Rot-Grün erzwungene Vermittlungsergebnis die Bürgerinnen und Bürger sowie den Mittelstand mit rund 500 Millionen Euro zusätzlich. Ich werde mich auch weiterhin konsequent für eine steuerrechtliche Gleichstellung von eingetragenen Le- benspartnerschaften einsetzen. Ich bin aber nicht bereit, dafür den von SPD und Grünen geforderten Steuererhö- hungen zuzustimmen. Die Verknüpfung des für mich wichtigen gesell- schaftspolitischen Ziels der Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften mit Steuererhöhungen für den Mittelstand und damit die Belastung von Arbeitsplätzen empfinde ich in höchstem Maße als unseriös! Burkhardt Müller-Sönksen (FDP): Der im Ergebnis des Vermittlungsausschusses zum Jahressteuergesetz 2013 enthaltenen Gleichstellung eingetragener Lebenspartner- schaften im Steuerrecht stimme ich ausdrücklich zu. Die FDP hatte schon im Koalitionsvertrag durchge- setzt, dass gleichheitswidrige Benachteiligungen einge- tragener Lebenspartnerschaften im Steuerrecht abzu- bauen sind. Dabei sind wir in der Koalition mit der Union ein gutes Stück vorangekommen. Im steuerlichen Bereich haben wir die volle Gleichstellung bei der Erb- schaftsteuer und Grunderwerbsteuer erreicht. Dem Ge- samtvorschlag des Vermittlungsausschusses zum Jahres- steuergesetz kann ich aber nicht zustimmen: Die von der FDP seit langem geforderte Verkürzung der Aufbewah- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26971 (A) (C) (D)(B) rungsfristen ist gestrichen. Die Verkürzung hätte einen wesentlichen Beitrag zum Bürokratieabbau leisten können. Bei der Grunderwerbsteuer sollen Regelungen sicher- stellen, dass zukünftig auch bei Konzernumstrukturie- rung immer Grunderwerbsteuer fällig wird. Gleichzeitig sollen aber Umstrukturierungen öffentlicher Gebietskör- perschaften grunderwerbsteuerfrei möglich sein. Dies ist eine eklatante Benachteiligung der Privatwirtschaft ge- genüber öffentlichen Körperschaften. Bei der Erbschaft- steuer sollen die Erleichterungen bei der Unternehmens- nachfolge zum Nachteil von Familienunternehmen geändert werden. Ich setzte mich für eine Erbschaft- steuer ein, die die Unternehmensnachfolge im Interesse des Erhalts von Arbeitsplätzen nicht gefährdet. Insge- samt belastet das Vermittlungsergebnis die Bürgerinnen und Bürger sowie den Mittelstand mit rund einer halben Milliarde Euro zusätzlich. Ich werde mich auch weiterhin für eine steuerrecht- liche Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartner- schaften einsetzen und habe dieses in den letzten Jahren aktiv getan. Ich bin aber nicht bereit, dafür meine markt- wirtschaftlichen Grundüberzeugungen aufzugeben und den von SPD und Grünen geforderten Steuererhöhungen zuzustimmen. Die Verknüpfung des für mich wichtigen gesell- schaftspolitischen Ziels der Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften mit Steuererhöhungen für den Mittelstand und einer weiteren Benachteiligung des pri- vaten Sektors empfinde ich in höchstem Maße als unse- riös. Marina Schuster (FDP): Der im Ergebnis des Ver- mittlungsausschusses zum Jahressteuergesetz 2013 ent- haltenen Gleichstellung eingetragener Lebenspartner- schaften im Steuerrecht stimme ich zu. Die FDP hatte schon im Koalitionsvertrag durchgesetzt, dass gleich- heitswidrige Benachteiligungen eingetragener Le- benspartnerschaften im Steuerrecht abzubauen sind. Da- bei sind wir in der Koalition mit der Union ein gutes Stück vorangekommen. Im steuerlichen Bereich haben wir die volle Gleichstellung bei der Erbschaftsteuer und der Grunderwerbsteuer erreicht. Dem Gesamtvorschlag des Vermittlungsausschusses zum Jahressteuergesetz kann ich aber nicht zustimmen: Die von der FDP seit langem geforderte Verkürzung der Aufbewahrungsfristen ist gestrichen. Die Verkürzung hätte einen wesentlichen Beitrag zum Bürokratieabbau leisten können. Bei der Grunderwerbsteuer sollen Rege- lungen sicherstellen, dass zukünftig auch bei Kon- zernumstrukturierung immer Grunderwerbsteuer fällig wird. Gleichzeitig sollen aber Umstrukturierungen öf- fentlicher Gebietskörperschaften grunderwerbsteuerfrei möglich sein. Dies ist eine eklatante Benachteiligung der Privatwirtschaft gegenüber öffentlichen Körperschaften, Bei der Erbschaftsteuer sollen die Erleichterungen bei der Unternehmensnachfolge zum Nachteil von Familien- unternehmen geändert werden. Ich setzte mich für eine Erbschaftsteuer ein, die die Unternehmensnachfolge im Interesse des Erhalts von Arbeitsplätzen nicht gefährdet. Insgesamt belastet das Vermittlungsergebnis die Bürge- rinnen und Bürger sowie den Mittelstand mit rund einer halben Milliarde Euro zusätzlich. Ich werde mich auch weiterhin für eine steuerrechtli- che Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartner- schaften einsetzen. Ich bin aber nicht bereit, den von SPD und Grünen geforderten Steuererhöhungen zuzu- stimmen. Die Verknüpfung des für mich wichtigen ge- sellschaftspolitischen Ziels der Gleichstellung eingetra- gener Lebenspartnerschaften mit Steuererhöhungen für den Mittelstand und damit die Belastung von Arbeits- plätzen empfinde ich in höchstem Maße als unseriös. Manfred Todtenhausen (FDP): Der im Ergebnis des Vermittlungsausschusses zum Jahressteuergesetz 2013 enthaltenen Gleichstellung eingetragener Le- benspartnerschaften im Steuerrecht stimme ich zu. Die FDP hatte schon im Koalitionsvertrag durchgesetzt, dass gleichheitswidrige Benachteiligungen eingetragener Le- benspartnerschaften im Steuerrecht abzubauen sind. Da- bei sind wir in der Koalition mit der Union ein gutes Stück vorangekommen. Im steuerlichen Bereich haben wir die volle Gleichstellung bei der Erbschaftsteuer und Grunderwerbsteuer erreicht. Dem Gesamtvorschlag des Vermittlungsausschusses zum Jahressteuergesetz kann ich aber nicht zustimmen: Die von der FDP seit langem geforderte Verkürzung der Aufbewahrungsfristen ist gestrichen. Die Verkürzung hätte einen wesentlichen Beitrag zum Bürokratieabbau leisten können. Bei der Grunderwerbsteuer sollen Rege- lungen sicherstellen, dass zukünftig auch bei Kon- zernumstrukturierung immer Grunderwerbsteuer fällig wird. Gleichzeitig sollen aber Umstrukturierungen öf- fentlicher Gebietskörperschaften grunderwerbsteuerfrei möglich sein. Dies ist eine eklatante Benachteiligung der Privatwirtschaft gegenüber öffentlichen Körperschaften. Bei der Erbschaftsteuer sollen die Erleichterungen bei der Unternehmensnachfolge zum Nachteil von Familien- unternehmen geändert werden. Ich setzte mich für eine Erbschaftsteuer ein, die die Unternehmensnachfolge im Interesse des Erhalts von Arbeitsplätzen nicht gefährdet. Insgesamt belastet das Vermittlungsergebnis die Bürge- rinnen und Bürger sowie den Mittelstand mit rund einer halben Milliarde Euro zusätzlich. Ich werde mich auch weiterhin für eine steuerrecht- liche Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartner- schaften einsetzen. Ich bin aber nicht bereit, dafür den von SPD und Grünen geforderten Steuererhöhungen zu- zustimmen. Die Verknüpfung des für mich wichtigen ge- sellschaftspolitischen Ziels der Gleichstellung eingetra- gener Lebenspartnerschaften mit Steuererhöhungen für den Mittelstand und der damit verbundenen Gefährdung von Arbeitsplätzen empfinde ich in höchstem Maße als unseriös. Markus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU): Zur Frage der steuerlichen Gleichstellung eingetragener Le- benspartnerschaften habe ich mich mehrfach in der Öf- fentlichkeit eindeutig positioniert. Daran halte auch ich uneingeschränkt fest; in keiner Weise kann das heutige Abstimmungsverhalten als eine 26972 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 (A) (C) (D)(B) Abkehr von meiner Überzeugung gewertet werden. Viel- mehr ist dieses einzig und allein darauf zurückzuführen, dass ich das taktische Spiel der Opposition ablehne und mich davon nicht unter Druck setzen lasse. Mehrere Ab- stimmungen in den letzten Monaten haben gezeigt, dass es derzeit keine politische Mehrheit für die steuerliche Gleichstellung gibt, und es ist albern, das Thema immer wieder neu auf die Tagesordnung zu setzen. Ungeachtet dessen werde ich meine Meinung weiter- hin eindeutig innerhalb der Fraktion, der Partei und der Gesellschaft vertreten. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, Inge Höger und Ulla Jelpke (alle DIE LINKE) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zu dem Jahressteuer- gesetz 2013 (Zusatztagesordnungspunkt 4e) Wir haben uns bei der Abstimmung über die steuerli- che Behandlung von Lebensgemeinschaften der Stimme enthalten. Wir sind grundsätzlich für die Abschaffung des Ehegattensplittings; deswegen wollen wir uns zu den vorliegenden Anträgen nicht auf dieses oder jenes festle- gen. Ein Antrag zur grundsätzlichen Abschaffung des Ehegattensplittings steht heute nicht zur Abstimmung. Wir wollen mit unserem Stimmverhalten und dieser Er- klärung noch einmal unsere Position deutlich machen. Da wir in unserem Abstimmungsverhalten zwei An- liegen in Deckungsgleichheit bringen wollen, nämlich die vollständige Gleichbehandlung aller geschlechtlich begründeten Lebensgemeinschaften und die Abschaf- fung des Ehegattensplittings, lag es für uns nahe, dies mit einer Stimmenthaltung in der heutigen Abstimmung zu unterstreichen. Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ingrid Fischbach, Frank Heinrich, Dr. Stefan Kaufmann, Jürgen Klimke, Dr. Rolf Koschorrek, Dr. Jan-Marco Luczak, Jens Spahn, Sabine Weiss (Wesel I), Elisabeth Winkelmeier-Becker, Dagmar G. Wöhrl und Dr. Matthias Zimmer (alle CDU/ CSU) zur Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung des Vermittlungsausschusses zu dem Jahressteuergesetz 2013 (Zusatztagesordnungs- punkt 4e) Zur Frage der steuerlichen Gleichstellung eingetrage- ner Lebenspartnerschaften haben wir uns mehrfach in der Öffentlichkeit, insbesondere durch Redebeiträge auf dem vergangenen Bundesparteitag der CDU, eindeutig positioniert. Daran halten wir uneingeschränkt fest; in keiner Weise kann das heutige Abstimmungsverhalten als eine Abkehr von unserer Überzeugung gewertet werden. Vielmehr ist dieses einzig und allein darauf zurückzu- führen, dass wir das taktische Spiel der Opposition ab- lehnen und uns davon nicht unter Druck setzen, lassen. Mehrere Abstimmungen in den letzten Monaten haben gezeigt, dass es derzeit keine politische Mehrheit für die steuerliche Gleichstellung gibt, und es ist albern, das Thema immer wieder neu auf die Tagesordnung zu set- zen. Ungeachtet dessen werden wir unsere Meinung wei- terhin eindeutig innerhalb der Fraktion, der Partei und der Gesellschaft vertreten. Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Aschenberg- Dugnus, Florian Bernschneider, Sebastian Blumenthal, Claudia Bögel, Nicole Bracht-Bendt, Klaus Breil, Angelika Brunkhorst, Marco Buschmann, Reiner Deutschmann, Rainer Erdel, Jörg van Essen, Otto Fricke, Hans- Michael Goldmann, Miriam Gruß, Manuel Höferlin, Heiner Kamp, Pascal Kober, Sebastian Körber, Harald Leibrecht, Dr. Erwin Lotter, Oliver Luksic, Horst Meierhofer, Gabriele Molitor, Petra Müller (Aachen), Dr. Martin Neumann (Lausitz), Gisela Piltz, Jörg von Polheim, Dr. Christiane Ratjen- Damerau, Dr. Birgit Reinemund, Christoph Schnurr, Jimmy Schulz, Judith Skudelny, Joachim Spatz, Stephan Thomae, Serkan Tören, Johannes Vogel (Lüdenscheid) und Dr. Daniel Volk (alle FDP) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Vermitt- lungsausschusses zu dem Jahressteuergesetz 2013 (Zusatztagesordnungspunkt 4e) Der im Ergebnis des Vermittlungsausschusses zum Jahressteuergesetz 2013 enthaltenen Gleichstellung ein- getragener Lebenspartnerschaften im Steuerrecht stim- men wir zu. Die FDP hatte schon im Koalitionsvertrag durchgesetzt, dass gleichheitswidrige Benachteiligungen eingetragener Lebenspartnerschaften im Steuerrecht ab- zubauen sind. Dabei sind wir in der Koalition mit der Union ein gutes Stück vorangekommen. Im steuerlichen Bereich haben wir die volle Gleichstellung bei der Erb- schaftsteuer und Grunderwerbsteuer erreicht. Dem Gesamtvorschlag des Vermittlungsausschusses zum Jahressteuergesetz können wir aber nicht zustim- men: Die von der FDP seit langem geforderte Verkürzung der Aufbewahrungsfristen ist gestrichen. Die Verkür- zung hätte einen wesentlichen Beitrag zum Bürokratie- abbau leisten können. Bei der Grunderwerbsteuer sollen Regelungen sicher- stellen, dass zukünftig auch bei Konzernumstrukturie- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26973 (A) (C) (D)(B) rungen immer Grunderwerbsteuer fällig wird. Gleichzeitig sollen aber Umstrukturierungen öffentlicher Gebietskör- perschaften grunderwerbsteuerfrei möglich sein. Dies ist eine eklatante Benachteiligung der Privatwirtschaft ge- genüber öffentlichen Körperschaften. Bei der Erbschaftsteuer sollen die Erleichterungen bei der Unternehmensnachfolge zum Nachteil von Familien- unternehmen geändert werden. Wir setzen uns für eine Erbschaftsteuer ein, die die Unternehmensnachfolge im Interesse des Erhalts von Arbeitsplätzen nicht gefährdet. Insgesamt belastet das Vermittlungsergebnis die Bür- gerinnen und Bürger sowie den Mittelstand mit rund ei- ner halben Milliarde Euro zusätzlich. Wir werden uns auch weiterhin für eine steuerrechtli- che Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartner- schaften einsetzen. Wir sind aber nicht bereit, dafür den von SPD und Grünen geforderten Steuererhöhungen zu- zustimmen. Die Verknüpfung des für uns wichtigen ge- sellschaftspolitischen Ziels der Gleichstellung eingetra- gener Lebenspartnerschaften mit Steuererhöhungen für den Mittelstand und damit die Belastung von Arbeits- plätzen empfinden wir in höchstem Maße als unseriös. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalvertrags (Tagesordnungspunkt 17) Roland Claus (DIE LINKE): Bei diesem Gesetzent- wurf handelt es sich um den zweiten Versuch, mit den Bundesländern zu einer Übereinkunft bei der Umsetzung des sogenannten Fiskalvertrages zu kommen. Der Fiskalvertrag ist ein europäisches Vertragswerk, das in Korrespondenz zum Europäischen Stabilitätsmechanis- mus die beteiligten Staaten zu einer restriktiven Aus- gabenpolitik verpflichtet. Da die Linke den ESM und den international verein- barten Fiskalpakt aus guten Gründen abgelehnt hat, ist es nur folgerichtig, auch dieses innerstaatliche, also den Bund, die deutschen Bundesländer und die Kommunen, betreffende Gesetz abzulehnen. Wir tun dies vor allem deshalb, weil eine so streng verordnete Sparpolitik in al- ler Regel der Binnenwirtschaft des Landes schadet und Konjunktureffekte von Investitionen damit ausbleiben. Mit dem Fiskalpakt hat die Bundesrepublik Deutsch- land faktisch den Euro-Ländern die in Deutschland ge- scheiterte Politik der Agenda 2010 übergestülpt. Welche verheerenden Folgen das hat, sieht man derzeit in Griechenland, wo nicht nur eine sozialpolitische Kata- strophe angerichtet wurde, sondern auch ein wirtschaftli- ches Desaster die Folge ist. Eine der Wirkungen ist der Rückgang deutscher Exporte in die Länder Südeuropas. Während den sozial Benachteiligten die Folgen der Bankenkrise aufgebürdet werden, werden die Verursa- cher der Krise an den Finanzmärkten, in den Groß- banken und in den unregulierten Investmentfonds nicht zur Verantwortung gezogen. Das hier vorliegende Gesetz beschreibt nun die Zwangsvorgaben in der Haushaltspolitik von Bund, Län- dern und Kommunen. Ausgangspunkt der gesetzlichen Regelung sei die Bewältigung der Staatsschuldenkrise. Schon das ist die falsche Diagnose, weil die enorm ange- wachsenen Staatsverschuldungen erst eine Folge der Krise von Banken und Finanzmärkten sind. Und wo die Diagnose falsch ist, kann die darauf eingehende Therapie nicht richtig sein. Das haben auch die Vertrete- rinnen und Vertreter einer ganzen Reihe von Bundeslän- dern erkannt und kritisiert. Schließlich werden mit diesen Gesetzespaketen nicht nur fiskal- und wirtschaftspolitische Fehler begangen, sondern auch sozialstaatliche Grundsätze beschädigt und letztlich demokratische Grundstrukturen der Gesell- schaft untergraben. Dem europäischen Integrations- prozess ist all dies abträglich. Wäre eine andere Politik zur Euro-Stabilisierung möglich? Aber sicher doch, so wie es in der Politik im- mer Alternativen gibt. Die Linke hat sich stets für eine andere Politik im Sinne europäischer Gemeinsamkeit eingesetzt. Dazu gehören unter anderem folgende Vor- schläge: wirksame Aufsicht und Kontrolle der interna- tionalen Finanzmärkte; Schattenbanken gehören nicht reguliert, sondern abgeschafft; eine Finanztransaktion- steuer ist überfällig; Heranziehen der Verursacher der Krise mittels einer europaweiten Abgabe auf höchste Vermögen (also nicht von Mittelständlern); Überwin- dung der Dominanz der Finanzmärkte gegenüber der Realwirtschaft; Entkopplung der Staatsfinanzierung von den privaten Kapitalmärkten; schrittweise Überwindung von Leistungsbilanzungleichgewichten, um eine Harmo- nisierung der Wirtschafts- und Sozialpolitik zu errei- chen; staatliche Förderung von Konjunkturprogrammen zur Belebung der Binnenkonjunktur; Überwindung der überbordenden Leih- und Zeitarbeit, bei der Menschen trotz Arbeit in der Armutsfalle bleiben. All diese Überlegungen wurden weder bei den zahl- reichen europäischen Gipfeltreffen noch im Agieren der Bundesregierung überhaupt auch nur ansatzweise erwogen. Die Linke sagt: Eine Stabilisierung der Euro-Zone ist nötig und wichtig. Aber mit diesem Gesetz kommt sie nicht. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Starke Forschung für die Energiewende Energieforschung konsequent am Atomaus- stiegsbeschluss des Deutschen Bundestages ausrichten (Tagesordnungspunkte 18 a und 18 b) Thomas Bareiß (CDU/CSU): Auch diese Debatte zeigt wieder einmal deutlich, dass die Grünen noch im- mer nicht von ihrem Lieblingsthema Kernenergie lassen können. Krampfhaft wird versucht, uns zu unterstellen, 26974 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 (A) (C) (D)(B) dass wir es nicht ernst meinen mit dem Ausstieg. Dabei spricht nicht nur das von uns auf den Weg gebrachte 6. Energieforschungsprogramm eine deutliche Sprache, sondern auch unsere anderen energiepolitischen Maß- nahmen: So beschließen wir fast im Monatstakt neue Gesetze und Programme für mehr Energieeffizienz, effi- zienteren Offshorewindenergieausbau, schnelleren Netzausbau oder auch eine starke Energieforschung zum Gelingen der Energiewende. Dies alles zeigt: Wir mei- nen es ernst mit dem Ausstieg. Und im Gegensatz zu Ihnen packen wir auch den Einstieg ins Zeitalter der Energieeffizienz und der Erneuerbaren engagiert an und haben dabei immer Bezahlbarkeit und Versorgungs- sicherheit im Blick. Die Energieforschung ist ein zentraler Baustein unse- rer Technologiestrategie und damit ein Garant für Wachstum und Wohlstand. Und eines muss allen klar sein: Die Energiewende kann nur mit neuen Ideen und Innovation gelingen. Dazu braucht es eine starke Forschung. Nur wenn wir weltweit führend bei der Ener- gieforschung sind, werden wir mit dem Umstieg Erfolg haben. Deshalb haben wir im Sommer 2011 das 6. Energie- forschungsprogramm verabschiedet und die Mittel für die Energieforschung auf 3,5 Milliarden Euro auf- gestockt. Die Schwerpunkte liegen auf den Schlüssel- themen der Energiewende: erneuerbare Energien, Ener- gieeffizienz, Speicher und Netze und keineswegs auf der Kernenergie, wie es die Grünen versuchen glaubhaft zu machen. Nach gut anderthalb Jahren zeigt die Resonanz deut- lich, dass unser Energieforschungsprogramm ein Erfolgsprogramm ist. So wurden in den Bereichen der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz allein innerhalb des ersten Jahres mehr als 900 neue Forschungsprojekte mit einem Gesamtfördervolumen von rund 550 Millionen Euro auf den Weg gebracht. Hinzu kamen rund 215 Millionen Euro, die die Wirt- schaft als Eigenmittel beigesteuert hat. Und auch die Zusammenarbeit zwischen den Ressorts funktioniert, entgegen dem Antrag der SPD, sehr gut. So wurden mit dem 6. Energieforschungsprogramm erst- mals ressortübergreifende Projekte vereinbart. Bundes- umweltministerium, Bundeswirtschaftsministerium so- wie das Bundesbildungsministerium haben erfolgreich Projekte, wie die Förderinitiativen „Speicher“ oder „Zu- kunftsfähige Stromnetze“, auf den Weg gebracht. Ein entscheidender Baustein zum Gelingen der Ener- giewende wird sein, ob es uns gelingt, Speichertechno- logien zur besseren Integration der erneuerbaren Ener- gien zu entwickeln und in den Energiemarkt zu integrieren. Dafür müssen sowohl bestehende Speicher- technologien gefördert als auch deren Entwicklung durch Forschung in Deutschland beschleunigt werden. Deshalb haben wir sowohl eine Reihe von Maßnah- men zur Förderung betriebsbereiter Energiespeicher- technologien, wie die Befreiung von Netzentgelten und der EEG-Umlage für neue Speichertechnologien, als auch die Förderinitiative „Speicher“ auf den Weg ge- bracht 200 Millionen Euro werden von Bundesumweltminis- terium, Bundeswirtschaftsministerium und Bundes- bildungsministerium für diese Initiative in der Summe zur Verfügung gestellt, um die Entwicklung neuer Spei- chertechnologien und Speicherkonzepte sowie die Verbesserung bestehender Techniken zu fördern. Mit ei- ner fünffachen Überzeichnung ist dieses Programm ein voller Erfolg und zeigt, dass wir die richtigen Prioritäten gesetzt haben. Zur besseren Integration der erneuerbaren Energien sind nicht nur Speicher, sondern auch leistungsfähige Stromnetze entscheidend. Der Ausbau der erneuerbaren Energien und der Stromnetze muss deshalb im Gleich- klang erfolgen. Hinzu kommen neue Anforderungen wie zeitliche und geografische Schwankungen bei der Ein- speisung aus erneuerbaren Energien oder ein immer grö- ßerer Abstand zwischen den Orten der Stromerzeugung und den Verbrauchsschwerpunkten. Dies erfordert neue Netztechnologien und Konzepte. Aus diesem Grund haben wir am 11. Januar 2013 die Förderinitiative „Zukunftsfähige Stromnetze“ auf den Weg gebracht, die beispielsweise neue Konzepte zur Netzplanung, intelligente Stromnetze sowie innovatives Lastmanagement fördert. Mit rund 150 Millionen Euro soll der Einstieg in das zukünftige Netz gefördert wer- den. Die Förderinitiativen „Speicher“ und „Netze“ sind nur ein Teil des umfassenden Energieforschungspro- gramms. Aber sie zeigen deutlich: Zukunftstechnologien sind für uns ein wesentlicher Bestandteil der Energie- wende. Gerade der Run auf diese Projekte macht deutlich, dass es Rot-Grün versäumt hat, in diese Tech- nologien zu investieren und Forschung dort anzureizen. Wir machen es richtig. Denn für uns gehört zum Gelin- gen der Energiewende nicht nur der Ausstieg, sondern auch der Einstieg, und der beginnt mit einer starken Energieforschung. Dr. Philipp Murmann (CDU/CSU): Erstens. Wir ha- ben viele wichtige Projekte für unser Land in dieser Le- gislaturperiode auf den Weg gebracht: die Stabilisierung Europas, die Konsolidierung unseres Haushaltes, die Ausrichtung unseres Landes auf Bildung und Forschung als eine der wichtigsten Prioritäten und die Stärkung un- serer Wettbewerbsfähigkeit und unseres Wirtschafts- standortes. Aber neben all diesen wichtigen Projekten ist eine der größten Herausforderungen in diesem Jahrhun- dert die Sicherstellung einer sicheren, bezahlbaren und umweltverträglichen Energieversorgung. Und dies gilt nicht nur für Deutschland, nein, dies gilt ebenso für Eu- ropa und sogar weltweit. Unsere Energiewende – und das auch im Gegensatz zu den bisherigen Träumereien einer Energiewende un- ter Rot-Grün – bedeutet einen unumkehrbaren und einen nachhaltigen Weg in das Zeitalter der erneuerbaren Energien. Denn nicht nur ökologische und soziale Krite- rien bedeuten Nachhaltigkeit. Nein, ein ebenso gewichti- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26975 (A) (C) (D)(B) ges Kriterium ist die Wirtschaftlichkeit der Energie- wende. Eine Energiewende, die nicht wirtschaftlich ist, wird auch nicht nachhaltig sein. Denn wir müssen den Wirtschaftsstandort Deutschland nicht nur erhalten, nein, mit und durch die Energiewende müssen wir Deutschland noch wettbewerbsfähiger und innovativer machen und zwar nicht durch Subventionen – denn das wird ebenfalls nicht nachhaltig sein – , sondern durch In- vestitionen, durch marktwirtschaftliche Anreize und vor allem durch Innovationen und durch Forschung und Ent- wicklung. Zweitens. Unser langfristiges Ziel liegt im Jahr 2050. Innerhalb von nur vier Jahrzehnten bauen wir unsere Energieversorgung komplett um. Dazu gehören nicht nur erneuerbare Energien. Wir brauchen auch neue und ver- besserte Stromnetze. Wir brauchen mehr Energieeffi- zienz, und wir brauchen auch Energiespeicher. Ja, auch manche schnelle und kurzfristige Lösung ist wichtig. Aber die Energiewende insgesamt ist eine Generationen- aufgabe. Und hier brauchen wir langfristige Lösungs- strategien. Gerade deswegen setzen wir auf Grundlagen- forschung. Grundlagenforschung – und das wissen auch Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition – ist eben kein 100-Meter-Lauf, sondern Grundlagenfor- schung ist ein Marathon. Drittens. Wichtig ist: Bei der Energieforschung brau- chen wir einen ganzheitlichen Ansatz. Wir fördern For- schung in den Bereichen erneuerbare Energien. Wir för- dern Forschung für Energieeffizienz, Forschung für intelligente Netze und Speicher. Aber zu einem ganz- heitlichen Ansatz gehören eben nicht nur technologische und naturwissenschaftliche Forschungsansätze, sondern ebenso sozialwissenschaftliche und volkswirtschaftliche Aspekte. Und um diese verschiedenen Bereiche zusam- menzubinden, hat die Bundesregierung einen neuen Dia- log angeregt, der inzwischen alle wissenschaftliche Be- reiche erfasst hat und der jetzt in einem übergreifenden Projekt zusammengefasst wird, das unter Mitwirkung al- ler wissenschaftlichen Akademien erfolgt. Der Titel die- ses Projektes lautet: „Energiesystem der Zukunft“. Was Sie, liebe Kollegen von der Opposition, noch in langen schriftlichen Ekstasen fordern, wird hier bereits begon- nen und umgesetzt. Ihre Anträge sind veraltet und über- holt. Die christlich-liberale Koalition ist Ihnen weit vo- raus. Wir reden nicht nur, wir handeln. Viertens. Lassen Sie mich auf einen weiteren Bereich kommen, der aus unserer Sicht ebenso zu einem ganz- heitlichen Forschungsansatz gehört und der national, aber auch international von größter Bedeutung ist: die nukleare Sicherheitsforschung. Nach den Ereignissen in Fukushima haben wir die Restrisiken der Kernenergie neu bewertet. Auf Basis der Empfehlungen der Ethik- kommission haben wir gemeinsam entschieden, zügiger als noch im September 2010 geplant aus der Kernenergie auszusteigen. Ende 2022 soll das letzte Kernkraftwerk vom Netz gehen. Aber die Sicherheit der Kernkraft- werke in Deutschland hat für uns weiterhin höchste Prio- rität. Bis zum Abschalten des letzten Kernkraftwerks in knapp zehn Jahren werden wir die Sicherheit der Kern- reaktoren auf dem allerneuesten Stand von Wissenschaft und Technik halten. Diesen Schutzauftrag nimmt die Koalition ernst. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, wollen den Ausstieg aus dieser Sicherheits- forschung. Das ist unverantwortlich. Und das ist mit uns nicht zu machen. Ich empfehle Ihnen stattdessen einen Blick zurück in die Vergangenheit. Unter der rot-grünen Bundesregie- rung hat eine Evaluierungskommission doch ganz klare Aussagen getroffen: „Die intensive Förderung der Reak- torsicherheitsforschung durch die Bundesregierung in den letzten Jahrzehnten hat entscheidend dazu beigetra- gen, dass deutsche Reaktoren zu den sichersten der Welt gehören.“ Ich sage es noch einmal: Die Sicherheit der Kernkraftwerke steht für uns an oberster Stelle. Da gibt es für uns keine Diskussionen. Deswegen stehen wir zur Sicherheitsforschung. Das ist kein Widerspruch zur Energiewende; das ist unsere staatspolitische Aufgabe gegenüber den Menschen in unserem Land. Ja, wir wol- len den Atomausstieg. Ja, wir wollen auch andere Staa- ten von der Energiewende Made in Germany überzeu- gen. Aber ich möchte auch, dass andere Länder, die noch nicht aus der Atomkraft aussteigen können – ich möchte, dass deren Reaktoren zumindest sicher sind. Und deut- sches Wissen aus der nuklearen Sicherheitsforschung kann dazu auch in den kommenden Jahren einen wichti- gen Beitrag leisten. Fünftens. Und dann sind Sie, liebe Grüne, sich auch nicht zu schade, ein weiteres Lieblingsgespenst zu be- schwören: die Fusionsforschung. Ihr grüner Versuch, die Fusionsforschung als Teil der Atomforschung zu denun- zieren, ist ebenso falsch wie irreführend. Sie betreiben hier reine Ideologie, und – umso schlimmer – das wissen Sie auch. Wir, die CDU/CSU-Fraktion, und die Mehrheit der Wissenschaftler sehen in der Fusionstechnologie eine wichtige Chance, eine Chance, dass wir sie eines Tages als sichere, saubere und bezahlbare Energiequelle nutzen können. Und wie hat es ein hochrangiger Wissen- schaftler kürzlich formuliert: Wir sind es der nächsten Ge- neration schuldig, zu prüfen, ob die Fusion eine mach- bare Option ist. Und wir dürfen diese Zukunftschance nicht leichtfertig zugunsten kurzfristiger Verlockungen verspielen. Allein schon die Beherrschung derart hoher Temperaturen kann uns ganz neue Möglichkeiten eröff- nen, zum Beispiel bei der Spaltung von Wasser zu Was- serstoff. Übrigens, meine lieben Kolleginnen und Kolle- gen von SPD und Bündnis90/Die Grünen, fanden nicht während Ihrer Koalition die ersten Verhandlungen zu dem Fusionsprojekt ITER statt? Unter Rot-Grün ist 2005 der Startschuss für den Bau von ITER gefallen. Und nun wollen Sie sich heimlich aus der Verantwortung stehlen? Sechstens. Aber es geht ja noch weiter. Sie wollen nicht nur einen internationalen Vertrag kündigen. Sie wollen auch aus Euratom austreten. Aber diese Verträge haben eine tiefe Vertrauensbasis aller Partner. Partner- schaften bedeuten auch Verantwortung. Gerade vor dem Hintergrund unserer Energiewende in Deutschland bietet Euratom die einzigartige Möglichkeit, mit unseren inter- nationalen Partnern über die Energieversorgung der Zu- kunft zu diskutieren. Und übrigens: Euratom bedeutet längst nicht nur Atomkraft. Das vorgesehene Budget für die Jahre 2012 und 2013 umfasst 2,5 Milliarden Euro. Etwas mehr als 2,2 Milliarden Euro davon fließen in die 26976 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 (A) (C) (D)(B) Kernfusionsforschung. Das sind 86 Prozent des Budgets. Zur Realität gehört auch, dass fünf der sechs Gründungs- mitglieder von Euratom ihren Austritt aus der Atomener- gie bereits erklärt haben. Trotzdem bleiben sie Mitglied. Siebtens. Lassen sie mich zum Schluss aber noch ein- mal zur Energieforschung zurückkommen. Wir haben kürzlich das 6. Energieforschungsprogramm auf den Weg gebracht. Für den Zeitraum von 2011 bis 2014 in- vestieren wir 3,5 Milliarden Euro in Forschung und Ent- wicklung. Dafür ist die Förderung des Bundesministe- riums für Bildung und Forschung konsequent auf die Ausgestaltung der Energiewende als gesamtgesellschaft- liche Aufgabe ausgerichtet. Wir fördern Forschungsan- sätze aus den Gesellschafts- und Geisteswissenschaften mit über 28 Millionen Euro, die Initiative „Energiespei- cher“ mit rund 200 Millionen Euro Fördermitteln, die Photovoltaik mit circa 100 Millionen Euro. Und erst An- fang dieser Woche hat das Bundesministerium für Bil- dung und Forschung zusammen mit dem Wirtschafts- und dem Umweltministerium die Förderinitiative „Zu- kunftsfähige Stromnetze“ gestartet. Die Förderung dieser Initiative umfasst die Themenfelder Übertra- gungs- und Verteilungstechniken, Offshoreanbindungen, Netzplanung und -betriebsführung sowie Querschnitts- themen in diesem Bereich. Zusammen werden wir 150 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung zu- kunftsfähiger Stromnetze investieren. Achtens. Und die Arbeiten an der „Landkarte der Energieforschung“ stehen in der finalen Phase. Wie be- reits im 6. Energieforschungsprogramm angekündigt, hat unser Bundesministerium für Bildung und Forschung diese Landkarte erarbeitet, wofür ich Ihnen recht herz- lich danken möchte. Die Forschungslandkarte wird Transparenz über unsere Energieforschungslandschaft herstellen. Sie wird aufweisen, wer wo mit welchen Mit- teln an welchen Energiethemen in Deutschland arbeitet. Dieses Wissen wird uns helfen die Forschung in Deutschland noch effizienter zu gestalten und sie ex- plizit auf die Anforderungen der Energiewende auszu- richten. Sie wird unsere Kräfte bündeln. Sie wird Unter- nehmen und Forschung zusammenführen. Sie wird uns bei unserem Marathonlauf helfen. Mit der Hightech-Strategie haben wir bereits die Wei- chen für die Erforschung einer sicheren und wirtschaftli- chen Energieversorgung der Zukunft gestellt. Nun kommt es darauf an, die gesteckten Ziele mit vereinten Kräften zu erreichen. Wir haben uns auf den Weg ge- macht. Kommen Sie mit. Gehen wir diesen Marathon gemeinsam an; für die Zukunft unserer Kinder und un- seres Landes. Michael Gerdes (SPD): Wir erleben in Deutschland derzeit eine energiepolitische Zäsur. Vor dem Hinter- grund der risikoträchtigen Atomkraft, des Klimaschutzes und knapper Ressourcen strebt unsere Gesellschaft ein ambitioniertes Ziel an: eine auf erneuerbaren Energien fußende Energieversorgung. Wir alle wollen, dass die Energiewende Wirklichkeit wird. Dabei könnte die Herausforderung kaum größer sein: Deutschland ist Europas stärkstes Industrieland und gleichzeitig der größte Energieverbraucher in der EU. Kurzum: Wir ha- ben uns den Umbau der kompletten Energieinfrastruktur vorgenommen. Dieses Ziel erfordert einerseits ein schlüssiges, gut koordiniertes Konzept. Andererseits brauchen wir eine starke, leistungsfähige und breit aufgestellte Forschungslandschaft. Wir brauchen alle klugen Köpfe, um neue Technologien, neue Materialien und neue Energiedienstleistungen zu entwickeln. Die Bundesregierung hat im August 2011 das 6. Ener- gieforschungsprogramm vorgelegt. Das ist im Grundsatz zu begrüßen. Der Tragweite und Bedeutung der Energie- wende wird das Programm allerdings nicht gerecht. Ins- besondere die hohen Ausgaben für die Atomforschung entsprechen nicht dem beschlossenen Ausstieg aus der Atomkraft. Das Programm teilt die Energieforschung auf mehrere Ressorts auf. Das führt dazu, dass für die Wissenschaft nur schwer zu erkennen ist, welches Ministerium den Hut auf hat und wer wann Forschungsgelder verteilt. Auch ist zu befürchten, dass die Ressortaufteilung Synergien verhindert und der ganzheitliche Blick auf die Umgestaltung der Energieversorgung fehlt. Insbesondere vermissen wir ein klares Bekenntnis zur Verbraucherforschung. Die Erforschung der sozialen Dimension der Energiewende muss intensiviert werden, zumal die Umsetzung der Energiewende maßgeblich von privaten Investitionsentscheidungen abhängt. Ak- zeptanz, Identifikation und thematische Sensibilisierung zur Änderung des Nutzerverhaltens, aber auch Aufklä- rung und Nachvollziehbarkeit technischer Neuerungen sind wesentliche Bedingungen für den dauerhaften Er- folg der Energiewende. Die steigenden Energiepreise sind für viele Familien zur Belastung geworden. Es ist Teil unserer sozialen Verantwortung, danach zu fragen, wie Energie bezahlbar bleibt. Die SPD-Fraktion fordert eine grundsätzliche Ausweitung der Energieforschungsaktivitäten. Dabei muss die gesamte Bandbreite der erneuerbaren Energien, der Effizienztechnologien und der Speichertechnologien bedacht werden. Das größte Problem des 6. Energieforschungspro- gramms ist seine finanzielle Ausstattung. Diesbezüglich vertraut Schwarz-Gelb auf das Sondervermögen „Ener- gie- und Klimafonds“. Diese Einnahmen sind aber nicht kalkulierbar. Im Januar 2012 war der Preis für die CO2- Zertifikate deutlich geringer als erwartet. Mindereinnah- men sind also nicht ausgeschlossen. Für die Forschung gibt es somit keine Planungssicherheit. Und auch im Haushalt 2013 hält die Bundesregierung am Energie- und Klimafonds fest. Das ist unverantwortlich und kurz- sichtig. Wir müssen uns fragen, welche Erkenntnisse die Bun- desregierung seit Inkrafttreten des Energieforschungs- programms gewonnen hat. Viel zu erfahren ist nicht. Wann wird dem Bundestag ein Zwischenbericht zur Energieforschung vorgelegt? Wie weit sind die Arbeiten an der im Programm versprochenen „Landkarte der Energieforschung“? Wann kommt das „Energietechnolo- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26977 (A) (C) (D)(B) gie-Radar“, welches über zukünftige Forschungsbedarfe Auskunft geben soll? Wenn die Energiewende mit all ihren Facetten gelin- gen soll, muss die Bundesregierung dringend nachlegen: Die Energieforschung braucht mehr Koordinierung und eine solide Finanzierung. Klaus Breil (FDP): In den vorliegenden Anträgen geht es um zwei gut bekannte Forderungen der Opposi- tion. Es geht zum einen um den Vorwurf, die Energiefor- schung in Deutschland wäre falsch ausgerichtet. Und es geht zum Zweiten um die Kündigung der deutschen Mit- gliedschaft bei der europäischen Atomgemeinschaft, kurz Euratom. Zum ersten Punkt. Mit dem 6. Energieforschungspro- gramm hat die Bundesregierung im Juli 2011, also nicht einmal ein Jahr nach Anpassung des Energiekonzeptes an die Lehren der Katastrophe von Fukushima, die Schwerpunkte für die Forschungsförderung der kom- menden Jahre festgelegt. Darin sind alle in den Anträgen angesprochenen Teilbereiche aufgelistet. Ich zitiere die Förderschwerpunkte des Programms: Energieeffizienz im Gebäudebereich und energieoptimiertes Bauen, Energie- effiziente Stadt und dezentrale Energiesysteme, Energie- effizienz in der Industrie, im Gewerbe, im Handel und bei Dienstleistungen, Energiespeicher für stationäre und mobile Anwendungen, Netze für die Stromversorgung der Zukunft, Kraftwerkstechnik und CCS-Technologien, Brennstoffzellen und Wasserstoff, Systemanalyse und Informationsverbreitung. In diesem Rahmen werden Maßnahmen auf den Weg gebracht, die entweder durch einzelne Ministerien oder mehrere Ministerien in Kooperation durchgeführt wer- den. Für die erste gemeinsame Forschungsinitiative Energie- speicher haben die Ressorts BMWi, BMU und BMBF im Sommer 2011 200 Millionen Euro bereitgestellt. Ein Teil der Summe geht an ein Projekt, das am 10. Januar dieses Jahres auf den Weg gebracht wurde. Mit dem Ver- bundprojekt ADELE-ING schafft das BMWi die Voraus- setzungen zur Errichtung einer Demonstrationsanlage eines adiabaten Druckluftspeichers. Beteiligt daran sind neben privaten Unternehmen auch die Forschungsein- richtungen DLR, Otto-von-Guericke-Universität Magde- burg und das Fraunhofer-Anwendungszentrum für Sys- temtechnik Ilmenau, IOSB. Die Forschungsaktivitäten der Bundesregierung wer- den stetig erweitert, zuletzt noch in dieser Woche durch die Förderinitiative „Zukunftsfähige Stromnetze“. Die Initiative hat ein Volumen von 150 Millionen Euro. Das ist nach der Forschungsinitiative Energiespeicher schon die zweite ressortübergreifende Maßnahme im Rahmen des Energieforschungsprogramms, und das innerhalb von nicht einmal zwei Jahren. Hier wird Tempo ge- macht. Den einzig positiven Punkt, den ich zwischen all den irrgeleiteten Forderungen im Antrag der Grünen finden konnte, war die Forderung nach einem Forschungsvor- haben zu Energiemärkten. In diesem Bereich nämlich haben Sie wirklich noch Nachholbedarf. Kommen wir zum zweiten Punkt, zudem Euratom- Vertrag. Der stammt aus dem Jahr 1957 und ist einer der Gründungsverträge der Europäischen Union. Er behan- delt unter anderem einheitliche Sicherheitsanforderun- gen beim Strahlenschutz und Kontrollmaßnahmen. Da- mit dient er in weiten Teilen der Sicherheitsvorsorge der Bevölkerung und dem Schutz ihrer Gesundheit. Dass der Euratom-Vertrag in Teilen der Öffentlichkeit als einseitiges Instrument zur Förderung der Kernenergie in der Europäischen Union angesehen wird, verdanken wir dem endlosen Wiederholen durch Anti-Atom-Akti- visten. Dabei regelt der Kernbereich des Vertrags die Überwachung von Kernmaterial in der Europäischen Union durch die Kommission. Er regelt eine gleich- berechtigte Versorgung mit Kernmaterial unter anderem für Medizin und Forschung und dient der Vereinheit- lichung des Strahlenschutzes im Interesse der Bevöl- kerung. In der Tat aber geht auch ein Teil aus der Ge- meinschaft in die Forschung der Kernfusion. Diese hocheffiziente und umweltfreundliche Technologie wäre aber kein Rückschritt in das von der Opposition verteu- felte Atomzeitalter – vielmehr könnte diese Form der Energiegewinnung eines Tages auch ein Teil zur Lösung unseres Entsorgungsproblems werden. Daher sind beide Anträge der Opposition abzulehnen. Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Immer neue Schreck- gespenster wurden an die Wand gemalt, um die Energie- wende zu diskreditieren: massenhafte Stromausfälle bei der Abschaltung der Kernmeiler etwa. In jüngster Zeit wird vor allem mit vermeintlich steigenden Stromprei- sen gegen den Umstieg auf erneuerbare Energien Stim- mung gemacht. Forschung und Wissen sind ein probates Mittel gegen Unkenntnis und Vorurteile – und zugleich entscheidende Hebel für eine sozialverträgliche Umset- zung der Energiewende. Der Forschungsverbund Erneu- erbare Energien rechnete jüngst vor, dass die Umstellung auf Erneuerbare bis 2050 rund 570 Milliarden Euro Ener- giekosten einsparen würden, allerdings unter der Voraus- setzung, dass die Forschungsanstrengungen nicht auf atomare und fossile Energien, sondern auf nachhaltige Technologien und Energieeinsparung fokussiert werden. Die Energiewende muss also schneller und konsequenter vorangetrieben werden, dann vermindert sie gesellschaft- liche Kosten. In diese Richtung sollte die Wissenschafts- förderung zielen. Das Energieforschungsprogramm der Bundesregierung bleibt jedoch weit hinter dem Erforder- lichen zurück. Dies sprechen die Kolleginnen und Kolle- gen der SPD in ihrem Antrag auch an. Sie kritisieren den Flickenteppich der Zuständigkeiten und eine fehlende Fachkräftestrategie. Sie greifen, das freut uns, das Thema der sozialen Innovationen und der Dienstleistungen auf. Allerdings bleibt der Antrag hier unkonkret. Insbesondere zur Ver- teilung der Kosten der Energiewende bzw. zur Bevorzu- gung der Industrie gegenüber den privaten Verbrauchern und zu notwendigen Fragen des Eigentums an Netzen und zur Dezentralisierung bzw. Rekommunalisierung 26978 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 (A) (C) (D)(B) wäre mehr Forschung angebracht. Dies versäumt die SPD jedoch in aller Deutlichkeit zu benennen. Vollends windelweich werden Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, jedoch an entscheidenden Knackpunkten. So konnten Sie sich offenbar nicht auf eine konkrete Position zur Atomforschung einigen. Es fehlen präzise Vorschläge zum Umgang mit ITER und den angeschlossenen deutschen Projekten sowie mit Euratom. Dabei macht die Fusionsforschung mit circa 130 Millionen Euro etwa ein Fünftel des gesamten Ener- gieforschungsprogrammes aus. Die Grünen sind hier deutlich präziser und wollen wie unsere Fraktion einen Ausstieg aus dem Bau des Kern- fusionsreaktors ITER und damit das Ende von Euratom in seiner derzeitigen Form. 90 Prozent der Euratom-För- derung fließen in den Bau des Kernfusionsreaktors ITER. Deutschland soll insgesamt mehr als 3 Milliarden Euro in das Projekt investieren. Wir sagen: Mit diesem Geld muss die Energiewende im Hier und Heute entwi- ckelt und erforscht werden, nicht ein Wolkenkuckucks- heim, das vielleicht in 40 oder 50 Jahren Strom liefert – vielleicht aber auch nicht. Beim Thema Kernfusion hat die SPD-Fraktion Entscheidungsbedarf, wie ich finde. In dem Antrag fehlt zudem eine Position zur Erfor- schung und Entwicklung von fossilen Kraftwerkstechno- logien und der CO2-Speicherung, CCS. Dabei wäre dazu angesichts der Kakofonie aus der Bundesregierung zu dem Thema eine Position wichtig. Allein die Projektför- derung in dem Bereich machte im vergangenen Jahr über 30 Millionen Euro aus. Forschungsministerin Schavan erklärte zwar im Sommer, CCS vorerst nicht weiter för- dern zu wollen. Allerdings gelte dies nur bis zur Schaf- fung entsprechender gesetzlicher Regelungen. Ohne neues Wissen über die soziale und die techni- sche Umsetzung der Energiewende werden wir diese komplexe Herausforderung nicht meistern. Wir brau- chen daher auch eine Energieforschungswende. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Reaktorkatastrophe von Fukushima jährt sich in Kürze zum zweiten Mal. Dieser GAU hatte in Deutsch- land zur Folge, dass am 30. Juni 2011, also nur drei Monate später, fraktionsübergreifend im Deutschen Bundestag ein nun hoffentlich endgültiger Schlussstrich unter die Risikotechnologie Atomkraft gezogen wurde. Damit machte auch die derzeitige Bundesregierung end- lich den Weg frei für eine Energiewende hin zu erneuer- baren Energien, Energieeinsparungen und mehr Energie- effizienz. Deutschland steht nun vor der historischen Chance und epochalen Herausforderung, als erste der großen Industrienationen die Transformation in eine postnukleare und CO2-neutrale Energiewirtschaft zu meistern. Dazu braucht es allerdings einen klar geäußer- ten und erkennbaren Willen der Bundesregierung, eindeutige Entscheidungen, die das Ziel nicht konter- karieren, und kein Hin-und-Herschwanken, keine Zöger- lichkeiten und Rückwärtsschritte. Gerade das erleben wir aber: Hin-und-Herschwanken beim EEG, Zögerlich- keit bei Effizienzmaßnahmen und Kapazitätsmechanis- men, Rückwärtsschritte bei der Organisation des Netz- ausbaus. So werden Bürger und Investoren verunsichert und die Energiewende gefährdet. Die inkonsistente Haltung der Bundesregierung zeigt sich überdeutlich bereits bei der Energieforschung, deren Ausrichtung Gelingen oder Scheitern der Energiewende entscheidend beeinflusst. Steuergelder für die Energie- forschung müssen dahin fließen, wo die offenen Fragen der Energiewende sind: in Speicher- und Effizienztech- nologien, Lastmanagement und Nachfragesteuerung als wichtigste technologische Baustellen, aber auch in Fra- gen von Bürgerbeteiligung, Akzeptanz und gesellschaft- licher Energiekompetenz. Forschungspolitik ist in erster Linie Haushaltspolitik. Deshalb gibt der Weg des Geldes Auskunft über die Prioritätensetzung der Bundesregie- rung. Und siehe da: Auch nach dem parteiübergreifend beschlossenen Atomausstieg investiert die Bundesregie- rung unverändert rund ein Drittel ihres 2,7 Milliarden schweren Energieforschungsprogramms in atomare For- schung. Von diesen 900 Millionen geht nur ein Drittel in die weiterhin notwendige Sicherheits- und Endlagerfor- schung. Mindestens 600 Millionen fließen in atomare Forschung, deren Anwendung im Erfolgsfall den Wie- dereinstieg in atomare Großtechnologie bedeuten würde. Weitere deutsche Steuergelder werden über das EU- Forschungsrahmenprogramm bzw. Euratom für die europäische Atomforschung verwendet. Das unersätt- lichste Projekt ist der gemeinschaftliche Kernfusions- Versuchsreaktor ITER, der im französischen Cadarache gebaut werden soll und sich mittlerweile als Milliarden- grab entpuppt. Des Weiteren finanzieren wir über die EU die Erforschung von Transmutation und Reaktoren der vierten Generation, alles Technologien, die uns zurück ins atomare Zeitalter führen, sollten sie eines Tages zum Einsatz kommen. Bis 2050 müssen es die Industrienationen geschafft haben, mit einem wesentlich geringeren Energiebedarf auszukommen, und ihre Energieproduktion möglichst vollständig auf erneuerbare Energien umgestellt haben. Nur so können die Klimaschutzziele erreicht werden. Statt neuer nuklearer Großtechnologien bedarf es dazu effizienter, kostengünstiger und umweltverträglicher er- neuerbarer Energien in einem System der effizienten Energiebereitstellung und -nutzung. Die zahlreichen Forschungseinrichtungen in Deutsch- land haben die Möglichkeit einer Energiewende erst ermöglicht und sind für eine Neuausrichtung der deut- schen Energielandschaft gut gerüstet. Jetzt müssen aber auch die politischen Rahmenbedingungen konsequent am deutschen Atomausstiegsbeschluss ausgerichtet wer- den, sodass die in vielen Bereichen noch fehlende Grundlagen- und Anwendungsforschung für die Ener- giewende vorankommt. Die Bundesregierung muss die Energieforschungspolitik in Deutschland endlich neu justieren. Deshalb fordern wir in unserem Antrag, dass die noch nicht verausgabten öffentlichen Forschungsgel- der aus dem 6. Energieforschungsprogramm, die derzeit noch in die Erforschung von Kernfusion, Transmutation und Reaktoren der vierten Generation fließen, umgewid- met werden in die Bereiche erneuerbare Energien, Ener- gieeffizienz, Infrastruktur und gesellschaftliche Begleit- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26979 (A) (C) (D)(B) forschung. Künftige Energieforschungsprogramme müssen so ausgerichtet werden, dass öffentliche Mittel nicht mehr für Atomforschung vorgesehen werden, die bei Anwendung einen Wiedereinstieg in Atomtechnik bedeutet, sondern sollen stattdessen zum Gelingen der Energiewende eingesetzt werden. Auf EU-Ebene muss Deutschland seine finanzielle Beteiligung am ITER-Projekt aufkündigen. Der Kern- fusionsreaktor verschlingt Milliarden, und es steht in den Sternen, ob er jemals die versprochenen unendlichen Mengen an Energie produzieren wird. Und falls das doch eines Tages der Fall sein sollte, werden die erneu- erbaren Energien bis dahin unschlagbar billig sein und wird kein Bedarf an teurer Fusionsenergie mehr be- stehen. Die europäische Atomgemeinschaft Euratom muss dergestalt reformiert werden, dass die darin festgeschrie- bene Sonderrolle Kernenergie – Kernspaltung und Kernfusion – abgeschafft wird; insbesondere sollen alle Passagen des Euratom-Vertrages gestrichen werden, die Investitionen, Forschungsförderung und Genehmigungs- privilegien der Atomkraft begünstigen. Die frei werden- den Mittel sollen stattdessen außerhalb von Euratom für die Forschung und Entwicklung sowie für Kredit- vergünstigungen, unter anderem finanzielle Unterstüt- zung von erneuerbaren Energien, eingesetzt werden. Wenn diese Revision nicht möglich ist, muss Deutsch- land den Euratom-Vertrag einseitig aufkündigen. Die Bundesregierung muss die Grundlagen- und an- wendungsorientierte Forschung in den für die Energie- wende wichtigen Bereichen Energieeffizienz und Ein- sparung, erneuerbare Energien, ressourcen- und energiesparende Mobilität, Nachhaltigkeit und Dezentra- lisierung der Energieerzeugung, Speichersysteme für Wärme und Strom und Energiekompetenz der Bürgerin- nen und Bürger durch entsprechende Schwerpunkt- setzung ausbauen. Insgesamt muss nichttechnologischen Forschungsvorhaben eine stärkere Rolle als bisher zu- kommen. Wer es ernst meint mit der Energiewende und ihr Scheitern nicht billigend in Kauf nehmen will, muss sich für den Atomausstieg in der Energieforschung einsetzen. Deshalb stimmen Sie unserem Antrag zu. Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: zu dem Vorschlag für eine Verord- nung des Europäischen Parlaments und des Ra- tes zur Einrichtung des Programms Kreatives Europa (Tagesordnungspunkt 19) Christoph Poland (CDU/CSU): Das Programm zum Kreativen Europa hat schon einen längeren Weg hinter sich: das Fachgespräch im Ausschuss mit der An- hörung von Experten, den Antrag der EU-Kommission, die zahlreichen Verhandlungen von Staatsminister Neumann in Brüssel und kurz vor Weihnachten letzten Jahres die Abstimmung im EU-Kulturausschuss. Nun kommt es mit unserem Antrag und der Entschließung des Ausschusses zur Verhandlung im Deutschen Bun- destag. Uns war immer wichtig, dass bei den Verhandlungen zum Kreativen Europa berücksichtigt wird: Es soll keine einseitige Orientierung an den Wachstums- und Beschäfti- gungszielen der 2020-Strategie der EU geben und keine hauptsächlich ökonomische Betrachtung in der Programm- ausgestaltung. Die Betonung des Doppelcharakters von Kulturgütern als Wirtschaftsgut und Kulturgut liegt uns am Herzen. Gemeinsam mit vielen Akteuren, nicht zuletzt dem Deutschen Kulturrat und dem Bundesrat, haben wir hier einen Paradigmenwechsel ausgemacht, den wir sehr kri- tisch beurteilen. Mir ist wichtig, dass die drei Säulen „Kultur“, „Media“ und „Media Mundus“ ihr eigenes Profil behalten. Der finanzielle Rahmen soll bei 1,801 Milliarden Euro liegen. Und wir können alle gemeinsam nur hoffen, dass das bei den kommenden Beratungen von Rat, Kom- mission und Parlament so bleibt. Wir alle wissen um die Notwendigkeit, sparen zu müssen. Eine Stärkung der Kultur mit diesem Ansatz wäre ein wichtiges Signal. Die Kommission hat mit ihrem Schreiben an den Bundesrat vom November vergangenen Jahres festge- halten, dass der Aktionsbereich Kultur mit 30 Prozent der Mittel ausgestattet werden soll. Das begrüßen wir ausdrücklich. Umso negativer fallen Kürzungen unter Rot-Grün in NRW ins Gewicht, die wir gerade sehen. Das war unter der CDU-Regierung von Jürgen Rüttgers anders. Die Kommission hat ebenfalls festgehalten und be- tont, dass „der Kern des Vorschlages … der duale Cha- rakter sämtlicher Kulturgüter“ ist, „das heißt der Eigen- wert der Kultur einerseits und die wirtschaftliche Nutzung andererseits, die im Gleichgewicht stehen müs- sen“. Für mich ist es wichtig, dass ein Kulturprogramm nicht in erster Linie ein Konjunkturprogramm ist. Es ist ein großartiger Erfolg, dass die Kultur- und Kreativbran- che zu einem relevanten Wirtschaftsfaktor geworden ist. Profiterwartungen dürfen aber nicht alleiniger Maßstab für eine Antragstellung sein. In der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der SPD zum Kreativen Europa wurden die Ziele für den Aktionsbereich Kultur definiert, und ich möchte sie hier betonen und hervorheben: Es geht um die „Förderung der Fähigkeit der europäischen Kultur- und Kreativsektoren, transnational zu arbeiten“, die „Stärkung der Finanzkraft der Kultur- und Kreativsekto- ren“, die „Unterstützung für transnationale politische Zusammenarbeit (insbesondere zur Erschließung neuer Publikumsschichten bzw. neuer Geschäftsmodelle)“ und die „Förderung der transnationalen Mobilität kultureller und kreativer Werke und Akteure“. Ich möchte mich ausdrücklich bei Kulturstaatsminis- ter Bernd Neumann bedanken, der auf der Ebene der Re- 26980 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 (A) (C) (D)(B) gierungsvertreter immer wieder – mit Rückendeckung durch den Ausschuss – unsere deutschen Interessen in Brüssel vorgebracht hat und an vielen Stellen in unserem Sinne Einfluss nehmen konnte. Bei meinen Gesprächen in Brüssel habe ich viel Lob für ihn gehört. Ich muss an dieser Stelle aber auch einmal die enga- gierte Rolle der Kulturausschussvorsitzenden im Euro- paparlament, Doris Pack, hervorheben, die sich wortge- wandt und deutlich an die Kommission gewandt hat, als es um die Durchsetzung auch unserer gemeinsamen deutschen Interessen bei der Änderung des Programm- entwurfes ging. Der Bericht der Europaabgeordneten Silvia Costa, die zum Kreativen Europa Berichterstatterin ist, liegt mitt- lerweile in seiner abgestimmten Version vor, und man kann sagen, dass die Kulturschaffenden in Europa auf ei- nen erfolgreichen Abschluss des Programms hoffen kön- nen. Lassen Sie mich also zusammenfassen: Das Kreative Europa fördert Künstler, die Grenzen überschreiten. Die Künstler gehen über Grenzen zwischen Staaten, Kultu- ren und Sprachen. Das ist für mich der Sinn des Pro- gramms „Kreatives Europa“. Marco Wanderwitz (CDU/CSU): „Wenn ich das Projekt der europäischen Einigung noch einmal anzuge- hen hätte, würde ich nicht bei der Wirtschaft anfangen, sondern bei der Kultur.“ Dieser Jean Monnet, einem der Gründerväter der Europäischen Gemeinschaften, oft als Vater Europas bezeichnet, zugeschriebene Satz ist häufig zitiert. Das heutige Ergebnis des jahrzehntelangen Prozesses der europäischen Einigung ist aber nun mehr als nur die Herausbildung eines europäischen Wirtschaftsraumes. Die Einführung des Euro als gemeinsame Währung war auch ein Symbol von großer Aussagekraft. Das eigentli- che Fundament der Einigung Europas besteht jedoch in seiner in mehr als 2 000 Jahren gewachsenen gemeinsa- men Kultur. Auf diesem gründet sich unser gemeinsa- mes Wertesystem. Mit der Förderung der kulturellen Vielfalt und des grenzüberschreitenden Dialogs setzen sich Deutschland und die Europäische Union aktiv dafür ein, dass der Kul- turraum Europa auch weiterhin mit Leben erfüllt wird. Am 23. November 2011 hat die Europäische Kom- mission ihren Vorschlag zur künftigen Gestaltung der Kultur- und Filmförderung vorgelegt. Das Dachpro- gramm „Kreatives Europa“ soll künftig aus drei Säulen bestehen. Neben den bisherigen Bereichen „Kultur“ und „Media“ wird es ein neues zusätzliches Element eines Bürgschaftsfonds geben, der Kredite an die Kultur- und Kreativwirtschaft befördern soll. Passgenaue Maßnah- men sollen der Branche helfen, in Zeiten von Globalisie- rung und Digitalisierung ihr Potenzial für Wirtschafts- wachstum, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die soziale Inklusion zu optimieren. Sicher ist die Kulturförderung nicht Europas Haupt- aufgabe. Die europäische Kultur- und vor allem Filmför- derung aber ist eine wichtige Ergänzung unserer nationa- len Finanzierung. Mit dem Förderprogramm „Kreatives Europa“ werden auch in Deutschland zusätzliche Mittel für den Kunst-, Kultur- und Medienbereich zur Verfü- gung stehen. Davon profitiert neben den Kultur- und Medienschaf- fenden nicht zuletzt auch die Kultur- und Kreativwirt- schaft in Europa. Deren volkswirtschaftliche Relevanz beweisen zahlenmäßig die 131 Milliarden Euro Umsatz und 1 Million Beschäftigte. Sie liegt damit zwischen der chemischen Industrie und der Automobilwirtschaft. An dieser Stelle gebührt unserem Staatsminister Bernd Neumann für sein Wirken in den Verhandlungen in Straßburg großer Dank. Da für uns insbesondere im Bereich der Kulturförderung das Prinzip der Subsidiari- tät gilt, ist es ein großer Erfolg, dass uns auf nationaler Ebene mehr Mitsprache- und Entscheidungskompeten- zen verbleiben als im ursprünglichen Entwurf vorgese- hen. So werden die Mitwirkungsrechte für die Mitglied- staaten im Programmausschuss verbessert sowie eine Flexibilität bei der Organisation der Beratungsstellen zu- gestanden. Unsere nationale Maxime der identitäts- und gemein- schaftstiftenden Kraft der Kultur gilt ebenso auf europäi- scher Ebene, in Zeiten der Euro-Krise mehr denn je. Ins- besondere die kulturelle Bildung, die sich an die junge Generation wendet, ist ein, wenn nicht das wichtigste, Bindemittel im weiteren europäischen Einigungspro- zess. Die Potenziale der Kultur und Medien richtig zu nutzen, ist folglich eine Investition in die Zukunft eines geeinten Europas. Daher hat der Staatsminister in seiner Stellungnahme zu dem Programm „Kreatives Europa“ die offensichtli- chen Mängel an dem bisherigen Programmentwurf, nämlich die zu starke ökonomische Betrachtung der Kul- turförderung durch die EU, angemahnt. Im Mittelpunkt muss eine stärkere Verankerung der Doppelnatur kultu- reller Werke als Wirtschafts- und Kulturgut stehen. Ich erinnere an die Worte des Staatsministers: Kultur ist mehr als Kulturwirtschaft und Kultur ist mehr als sprachliche Vielfalt. Entsprechend haben wir in unserem Entschließungs- antrag die Förderung ausschließlich nichtgewinnorien- tierter, kleinerer Kulturprojekte betont und die Festle- gung von finanziellen Mindestanteilen für die einzelnen Säulen des Programms ebenso gefordert wie die Berück- sichtigung von quantitativen wie qualitativen Kriterien bei der Evaluierung des Programms. Eine starke Kon- zentration auf Großevents bzw. ein schleichender Pro- zess hin zu einer Kommerzialisierung der Kulturförde- rung darf nicht hingenommen werden. Der Ausschuss für Kultur und Medien hat seine Ent- schließung folglich auch bewusst vor den Beratungen des Europäischen Parlaments verabschiedet, um diese beeinflussen zu können. Mit Erfolg: Der Kulturaus- schuss des Europäischen Parlaments ist unserer Position in vielen Punkten gefolgt. Mit unserer Entschließung wissen wir denn auch die deutsche Kultur(verbände)landschaft hinter uns. Viele Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26981 (A) (C) (D)(B) aus der Branche geäußerte Befürchtungen über das Pro- gramm „Kreatives Europa“ haben wir in der Entschlie- ßung aufgegriffen. Ein positives Signal an die Kreativwirtschaft ist sicher der im Programm vorgesehene Aufwuchs des Budgets auf insgesamt 1,801 Milliarden Euro, eine Steigerung um 37 Prozent gegenüber dem derzeitigen Ausgabenniveau. Damit soll insbesondere der neue EU-Bürgschaftsfonds finanziert werden und den kleinen und mittleren Unter- nehmen der Kreativwirtschaft, für die die Kapitalbe- schaffung auf dem privaten Markt oftmals schwierig ist, der Zugang zu Krediten erleichtert werden. Allerdings bleiben die grundsätzlichen Haushaltsver- handlungen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel abzuwarten, die Auswirkungen auf die Ausstattung des Programms „Kreatives Europa“ haben. Wir haben uns dem 1-Prozent-Ziel verpflichtet, wo- nach die Mitgliedstaaten nicht mehr als 1 Prozent ihres Haushalts an Brüssel abgeben. Das ist eine richtige Ent- scheidung. Die Verabschiedung der Inhalte des Programms ist nach den Plänen der EU-Kommission für die erste Jah- reshälfte 2013 vorgesehen. Wir bleiben optimistisch, dass die Kultur- und Medienförderung innerhalb des großen EU-Haushalts so ausgestattet wird, dass sie ihren Aufgaben jedenfalls in angemessener Art und Weise ge- recht werden kann. Siegmund Ehrmann (SPD): Zu Beginn will ich da- rauf hinweisen, dass die jetzt zu beratende Vorlage eine Stellungnahme von CDU/CSU und FDP zum Vorschlag der EU-Kommission für das Programm „Kreatives Europa“ ist. Daneben gibt es aber eine gemeinsame Stel- lungnahme von SPD, Grünen und Linken, die im Aus- schuss keine Mehrheit fand. Zwar sind wir uns in Be- wertung des Programms „Kreatives Europa“ einig. Die Koalition war bei wichtigen Punkten allerdings nicht be- reit, auf unsere Forderungen einzugehen, sodass wir uns nicht auf eine gemeinsame Stellungnahme einigen konn- ten. Ich bedauere das, zumal wir uns mit dem EU-Pro- grammentwurf „Kreatives Europa“ im Ausschuss für Kultur und Medien intensiv befasst haben. Wir haben uns in einem öffentlichen Expertengespräch intensiv mit den Positionen der EU-Kommission, des Deutschen Städtetages, der Länder, der Beratungsstellen Cultural Contact Point, CCP, und Media Desk sowie des Hauses der Kulturen der Welt in Berlin befasst. Das Haus der Kulturen der Welt war uns deshalb ein wichtiger Ge- sprächspartner, weil es über enorme Erfahrungen mit eu- ropäischen Kulturprogrammen verfügt. Um was geht es bei dem Programm „Kreatives Europa“? Die EU-Kommission unterbreitet damit einen Vorschlag, wie die Förderung von Kultur, Medien sowie Kultur- und Kreativwirtschaft durch die EU in der kom- menden Finanzperiode 2014 bis 2020 strukturell ausse- hen und finanziell ausgestattet sein soll. Sie schlägt unter anderem vor, die bisher existierenden Programme „Kul- tur“, „Media“ und „Media Mundus“ unter einem Dach zusammenzufassen und mit einem neuen Aktionsbereich zur Förderung der Kultur- und Kreativwirtschaft zu er- gänzen. Unter anderem soll eine Finanzfazilität geschaf- fen werden, die kleinen und mittleren Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft den Zugang zu Finanzie- rung erleichtert. Verbunden sein soll dies mit einem Auf- wuchs der Mittel. Auch wir begrüßen, dass die Programme „Kultur“ und „Media“ fortgeführt und die Mittel aufgestockt werden. Zugleich befürchten wir aber, dass das Profil dieser mittlerweile etablierten und zu einem Begriff gewordenen Programme darunter lei- den wird. Zudem fordern wir, dass die Mittel für die einzelnen Aktionsbereiche des Programms „Kreatives Europa“ festgeschrieben werden, damit nicht einseitig die Kultur- und Kreativwirtschaft gefördert, die Kulturförderung jedoch ins Leere läuft. Wir fordern zudem, dass die bis- herigen Betriebskostenzuschüsse für europäische Netz- werke von Kulturverbänden und -institutionen erhalten bleiben. Sie sind es, die mit ihrer Arbeit für ein europäi- sches Verständnis von Kultur werben und Europa als vielfältigen Kulturraum erlebbar machen. Wir wollen, dass im Aktionsbereich „Kultur“ eben nicht vorrangig gewinnorientierte Projekte gefördert werden. Wir for- dern darüber hinaus, dass die bestehenden Beratungs- strukturen für die Programme „Kultur“, „Media“ und „Media Mundus“, die bereits erwähnten CCP und „Me- dia Desk“ mit ihrem Know-how erhalten bleiben. Wir erwarten auch – und das ist uns der wichtigste Kritik- punkt –, dass die europäische Kulturförderung nicht pri- mär ökonomischen Zielen untergeordnet werden darf. So wichtig es ist, die Kultur- und Kreativwirtschaft zu för- dern, so wichtig war und bleibt es, in der Kultur gerade das, was sich nicht rechnet, zu schützen und zu fördern. Damit stellen wir uns nicht gegen die Kultur- und Kreativwirtschaft, ganz im Gegenteil. In unserem Kon- zept des Kreativpaktes, mit dem die SPD die Potenziale der Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland för- dern will, beschreiben wir, wie Rahmenbedingungen für die Kultur- und Kreativwirtschaft verbessert werden können. Wir mahnen an, dass die öffentliche Kulturför- derung nicht dem Primat des Ökonomischen unterwor- fen werden kann und darf. Sie gibt Kunst und Kultur den geschützten Raum, der notwendig ist, um unsere Gesell- schaft mit künstlerischen und kreativen Impulsen zu reflektieren, zu hinterfragen und zu bereichern. Das muss auch im europäischen Kontext sichergestellt blei- ben, um die kulturelle Vielfalt erlebbar zu machen. Ganz sicher müssen Rahmenbedingungen für die Kultur- und Kreativwirtschaft auch in Europa verbessert werden, um die vorhandenen Potenziale zu stärken. Die Mitteilung der EU-Kommission „Die Kultur- und Kreativwirtschaft als Motor für Wachstum und Beschäftigung in der EU unterstützen“ vom Herbst 2012 macht dies sehr deutlich, deutlicher im Übrigen als dies aktuell in den Bemühun- gen der Bundesregierung zur Unterstützung der Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland erkennbar ist. Gleichwohl brauchen wir eine europäische Kulturför- derung, die dem Anspruch eines gemeinsamen europäi- schen Kulturraumes verpflichtet bleibt. Mit dieser Bewertung stimmen wir mit vielen anderen Akteuren in Deutschland überein, wie das Expertengespräch im 26982 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 (A) (C) (D)(B) Ausschuss für Kultur und Medien gezeigt hat. Auch der Bundesrat hat sich in seiner Stellungnahme an die EU- Kommission in dem von mir vorgetragenen Sinne ge- äußert. Neben den bereits zuvor genannten Kritikpunkten hat der Bundesrat auch die Ausgestaltung des Programms in Form einer Verordnung kritisiert. Hierin wird die Gefahr gesehen, dass die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung des Programms unzureichend beteiligt werden könnten, eine Einschätzung, die wir und der zuständige Ausschuss im Europäischen Parlament teilen. Die Koalition war nicht bereit, diese Kritik anzuerkennen. Das ist bedauerlich, zumal wir uns, wie gesagt, in vielen Punkten einig waren und damit als Deutscher Bundestag über alle Fraktionen hinweg eine ähnlich kritische Haltung wie der Bundes- rat, das Europäische Parlament und viele andere Kultur- akteure hätten einnehmen können. Im Ergebnis ergeht eine Stellungnahme an die Europäische Kommission, die zwar generelle Bedenken gegen den Programmvor- schlag beinhaltet, wichtige Kritikpunkte jedoch vernach- lässigt. Voraussichtlich wird die irische Präsidentschaft die Verhandlungen über diesen Programmvorschlag abschließen. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass alle – auch die von der Opposi- tion, dem Bundesrat und vielen Kulturakteuren einge- brachten Kritikpunkte – in diese abschließenden Bera- tungen einfließen. Allen, vor allem den Kultur- und Kreativschaffenden, ist damit geholfen, wenn ein mög- lichst breiter Konsens über die zukünftigen Förderinstru- mente der EU besteht. Dass es diese Förderung für einen gemeinsamen Kulturraum Europa braucht, darüber sind sich alle einig. Europa ist zuallererst eine kulturelle Wer- tegemeinschaft. Europa darf sich nicht auf Fragen der Wirtschafts-, Währungs- und Finanzpolitik reduzieren. Das vom gegenseitigen Verständnis getragene Zusam- menwachsen Europas kann nur gelingen, wenn wir es schaffen, uns die reichhaltige und vielfältige Kulturland- schaft Europa gemeinsam zu erschließen. Reiner Deutschmann (FDP): Europa, gemeint ist damit die Europäische Union, ist in diesen Tagen kein unbelastetes Wort mehr. Die Finanz- und Schuldenkrise dominiert die Berichterstattungen, und es wird dadurch kaum wahrgenommen, wenn andere europäische Themen diskutiert werden. Dabei steht Europa heute für die Vielfalt unserer Kulturen, für die Verständigung der Menschen in Europa und für das friedliche Zusammen- leben von Nationen. Die europäische Einigung ist ein Geschenk, das gerade wir Deutschen nicht hoch genug schätzen können. Fakt ist: Europa ist für viele Bürgerinnen und Bürger leider sehr weit weg, die Berührungspunkte sind ver- meintlich überschaubar. Dies ist aber ein Irrtum. Viele europäische Programme und Initiativen beeinflussen im Positiven wie im Negativen unser tägliches Leben, von EU-Verordnungen über Richtlinien bis zu zahlreichen EU-Förderprogrammen. Straßen und weitere Infrastruk- turprojekte werden mit EU-Hilfe realisiert. Ein gemein- samer Rechtsrahmen wird abgesteckt und damit gleiche Bedingungen für alle Bürgerinnen und Bürger in der ganzen EU geschaffen. Aber hier liegt auch eines der großen Probleme; die Überregulierung aus Brüssel. Aus diesem Grund ist es auch für die nationale deutsche Politik wichtig, sich rechtzeitig und vor allem substan- ziell zu beteiligen und einzubringen. Was in Brüssel und Straßburg beschlossen wird, hat Auswirkungen auf unser aller Leben. Dass Europa mehr ist als die Summe seiner Schulden und seiner Ratings bei den großen Ratingagenturen, zei- gen die derzeitigen EU-Haushaltsverhandlungen ganz eindrücklich. Hier sieht man die Vielfalt an Themen, die durch die Europäische Union und ihre Institutionen be- gleitet und gestaltet werden. Gegenüber dem Haushalt 2007 bis 2013 wird der Haushalt 2014 bis 2020 um 5 Prozent aufwachsen auf dann 1,025 Billionen Euro. Das ist viel Geld. Daher ist es das gute Recht und die Pflicht der Politik, über diesen Haushalt ausführlich und sorgfältig zu beraten. Für den Zeitraum 2014 bis 2020 werden auch die Kultur- und Medienprogramme der Europäischen Union neu aufgelegt. Wir Liberale begrüßen dabei ausdrücklich die Zusammenführung der Programme „Kultur“, „Me- dia“ und „Media Mundus“ in einem einheitlichen Pro- gramm „Kreatives Europa“, führt dies doch zu einer Ver- schlankung des Verwaltungsapparates, zum Abbau von Bürokratie und zu besserer Übersichtlichkeit. Aber die- ser Umbau darf nicht zur Schwächung der europäischen Kultur- und Medienförderung führen. Deshalb haben die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP das heute debattierte Programm „Kreatives Europa 2014–2020“ nicht nur zur Kenntnis genommen. Wir haben uns aktiv in die Debatte eingebracht und unsere Anmerkungen so- wie Wünsche verbindlich als Handlungsauftrag an die Bundesregierung für die Verhandlungen auf EU-Ebene weitergegeben. Wir Liberale bedauern sehr, dass es im Kulturaus- schuss trotz sehr großer inhaltlicher Nähe zu keinem fraktionsübergreifenden Entschließungsantrag gekom- men ist. Dennoch denke ich, dass die Opposition große Teile unseres Antrages ebenso mittragen kann, wenn auch einzelne Stellschrauben nicht ganz so gesetzt worden sind, wie es sich die Oppositionsfraktionen ge- wünscht hätten. Einig sind wir uns, so denke ich, dass der Stellenwert der Kultur innerhalb des Programms „Kreatives Europa“ nicht hinter die Wirkungen und das Gewicht der alten Kultur- und Medienprogramme zu- rückfallen darf. Inzwischen haben wir aus Brüssel posi- tive Signale erhalten, dass man sehr darauf achte, dass die Kultur ihren Stellenwert neben dem Medienteil des Programms erhalten kann. Wünschenswert wäre auch aus unserer Sicht, wenn finanzielle Mindestanteile für die jeweiligen Sparten in dem Programm festgeschrie- ben werden könnten. Dies dient dem Schutz der einzel- nen Programmteile und verhindert die Mittelverschie- bung in den einen oder anderen Teil, was Schieflagen zur Folge hätte. Ganz konkret sollten bewährte Werk- zeuge europäischer Kulturförderung wie die Europäi- sche Kulturhauptstadt oder die Cultural Contact Points nicht nur erhalten bleiben, sondern ständig weiterentwi- ckelt werden. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26983 (A) (C) (D)(B) Wichtig ist uns Liberalen, noch einmal festzustellen, dass die Kultur der Subsidiarität unterliegt. Ein Europa, das von der Vielfalt seiner Kulturen profitieren will, kann nicht zentralistischen Vorgaben unterworfen wer- den. Dies würde die gerade gewollten Unterschiede der einzelnen Kulturen und damit ihre Identität gefährden. Dies kann niemand in Europa wollen. Deswegen fordern wir die Bundesregierung auf, die Subsidiarität der Kultur auf EU-Ebene gebührend zu beachten und zu verteidigen und sich weiter für die Wahrung der Freiheit und der Staatsferne der Kultur einzusetzen. Ganz wichtig ist uns auch, festzuhalten, dass der Kultur in Europa eine identitätsstiftende Rolle innerhalb der europäischen Integration zukommt. In Zeiten der Krise wird deutlich, wie wichtig die Herausbildung einer eigenen europäischen Identität ist, die durch den inter- kulturellen Dialog, den leichteren Zugang zu Kultur und die Angebote der kulturellen Bildung unterstützt wird. Wir begrüßen ausdrücklich, dass diese Aspekte in dem Programm „Kreatives Europa“ enthalten sind. Der Kultur kommt eine doppelte Rolle als Wirt- schafts- und Kulturgut zu. Mit unserem Antrag wenden wir uns aber gegen eine hauptsächlich ökonomische Betrachtung der europäischen Kulturförderung. Wir for- dern deshalb, dass nur nicht gewinnorientierte Projekte durch die europäische Kulturförderung unterstützt wer- den sollen. Sorge macht uns die geplante Streichung der Be- triebskostenzuschüsse für europäische Netzwerke. Wir finden, dass die Kultur nicht durch die Neuausrichtung bzw. Verschlankung der europäischen Kulturförderung geschädigt werden darf. Die Netzwerke unterstützen maßgeblich das Zusammenwachsen Europas. Da die Finanzdecke dieser Netzwerke oftmals sehr dünn ist, würde der Wegfall der Zuschüsse ein erfolgreiches Instrument europäischer Integrationspolitik ernsthaft bedrohen. Hierauf sollte bei der Programmumstellung ein besonderes Augenmerk gelegt werden. Einen Hinweis möchte ich als ehemaliger Kommu- nalpolitiker zum Schluss noch loswerden. Kulturförde- rung findet natürlich nicht nur in Kulturprogrammen statt. Gerade die EU-Strukturförderung zum Beispiel durch EFRE-Mittel leistet einen großen Beitrag zum Er- halt und zum Ausbau der kulturellen Infrastruktur. Daher sollten die Programme für Strukturförderung mit den Kultur- und Kreativprogrammen enger abgestimmt wer- den, um den positiven Effekt der einzelnen Förderungen nochmals zu verstärken. Mit dem Programm „Kreatives Europa“ sind wir für die Jahre 2014 bis 2020 gut aufgestellt. Mit dem skiz- zierten Fine-Tuning kann es ein erfolgreiches Programm werden, zum Nutzen der Kultur und der Bürger in der Europäischen Union. Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE): Das vorlie- gende Programm „Kreatives Europa“ spricht nicht die Sprache der Kultur. Es vollzieht einen klaren Paradig- menwechsel in der Förderpolitik der EU. Denn die bis- herige Zielsetzung hat sich dramatisch von der Kultur- förderung hin zu einer Wirtschaftsförderung verschoben. Standen bisher im Bereich Kultur das künstlerische Schaffen, der Erhalt und Schutz des kulturellen Erbes und der nichtkommerzielle Kulturaustausch im Vorder- grund, spricht die EU-Kommissarin für Bildung, Kultur, Mehrsprachigkeit und Jugend, Androulla Vassiliou, nun vom Beschäftigungspotenzial der Kultur- und Kreativ- branche, die EU-Fördermittel sollen helfen, neue Publi- kumsschichten zu erreichen und neue Märkte zu erobern. „Kreatives Europa“ – das heißt jetzt: Wettbewerbsfähig- keit stärken, durch Investition den Beitrag der Kultur- und Kreativbranche zum Wirtschaftswachstum erhöhen. Innovation, Beschäftigung und gar der soziale Zusammen- halt sollen so vorangetrieben werden. Das Programm „Kreatives Europa“ vermischt auf diese Weise Unglei- ches, nämlich ein Wirtschaftsförderungsprogramm für die Kultur- und Kreativindustrie einerseits und ein In- strument zur Förderung der kulturellen Zusammenarbeit in Europa andererseits. Das kann nicht funktionieren. Der Kultursektor funktioniert nach grundsätzlich ande- ren Regeln als der Wirtschaftssektor und wird auch nach anderen Kriterien beurteilt. Trotz der massiven Einwände gegen den Entwurf hat der Rat der Europäischen Union in den bisher vorge- nommenen zwei „allgemeinen Ausrichtungen“ des Pro- gramms nur einigen Kritikpunkten Rechnung getragen. So zum Beispiel gibt es eine stärkere Betonung des ide- ellen Werts und der Doppelnatur von Kulturgütern, auch werden die Einflussnahmemöglichkeiten der Mitglied- staaten bei der Durchführung des Programms gestärkt. Aber das bleiben leere Worte, wenn nicht erstens Kultur- förderung auf Non-Profit-Projekte beschränkt wird, zweitens qualitativ evaluiert und drittens die finanziellen Mindestanteile der Säulen „Kultur“ und „Media“ festge- schrieben werden. Die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesregierung und alle Fraktionen dieses Hauses, will diese drei Punkte im Programm durchgesetzt sehen. Das steht zu Recht auch in der vorliegenden Beschlussemp- fehlung. Die Linke hat aber auch wesentliche Bedenken ge- genüber dieser Empfehlung. Wir halten es für vollkom- men inakzeptabel, dass die zur Verfügung stehenden Mittel im mehrjährigen Finanzrahmen auf 1 Prozent des EU-Bruttonationaleinkommens beschränkt werden sollen, wie es in der vorliegenden Beschlussfassung steht. Diese Grenze muss aus unserer Sicht aufgehoben werden. Zum anderen lehnen wir den in der Vorlage gemachten Bezug zu der Europa-Strategie 2020 ab, denn diese misst allein mit ökonomischen Maßstäben. Darum lehnt die Linke diese Beschlussempfehlung ab. Die vielgepriesene vorgesehene Mittelausstattung von 1,8 Milliarden Euro kann aus unserer Sicht nur ein Mini- mum sein. Zudem ist sie bisher allein vorgesehen und mitnichten von einem Beschluss bestätigt. Die EU- Haushaltsverhandlungen zum mehrjährigen Finanzrah- men 2014 bis 2020 dauern noch an, der endgültige Be- schluss des Verordnungsentwurfes ist erst im Februar 2013 möglich. Insofern stellt sich hier die Frage, wie re- levant unsere Vorschläge und Vorstellungen für das Pro- 26984 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 (A) (C) (D)(B) gramm „Kreatives Europa“ überhaupt sein können. Wir sollten nicht vergessen: Es ist gerade die deutsche Bun- desregierung, die im EU-Haushalt massive Kürzungen durchsetzen will und auf die Schuldenbremse pocht. Diese von Deutschland forcierten Einschnitte würden aber neben der EU-Regionalförderung auch die euro- päischen Kultur- und Bildungsprogramme treffen. Denn obwohl auf höchster Ebene immer die gemeinsamen kul- turellen Werte Europas beschworen werden, wird dann doch zuerst bei Kultur- und Bildungsförderung gespart. Wir fordern eine stärkere Beachtung der Kultur im Haushalt insgesamt. Was sind 1,8 Milliarden Euro, wenn es um mehr als 450 Millionen Menschen und 37 Länder geht? Darüber hinaus wird sich der Kreis der Teilneh- merländer in den nächsten Jahren um weitere Nachbar- staaten zum Beispiel aus der Balkanregion erweitern. Das heißt, das Geld wird für mehr als die bisherigen 37 Länder reichen müssen. Man kann hier auch so rech- nen: Beträgt der finanzielle Anteil des Bereichs Kultur im Programm „Kreatives Europa“ laut Mitteilung der EU-Kommission für die siebenjährige Laufzeit bis 2020 etwa 497 Millionen Euro, dann bedeutet das herunterge- rechnet auf ein Jahr und ein Land eine Summe von 2,6 Millionen Euro. Damit liegt man bei einem Bruchteil des Budgets eines großen Theaters. Und hier sind nur die 27 Kernländer der EU berechnet worden. Nimmt man die reale Teilnehmerzahl von 37 Ländern, dann ergibt diese Rechnung 1,91 Millionen Euro pro Jahr und Land. Das ist geradezu lächerlich. Das Programm „Kreatives Europa“ muss, um seinem Namen gerecht zu werden, sich klar gegen eine ökono- mische Sichtweise von Kultur und Kulturförderung aus- sprechen und mehr Mittel für Kultur garantieren. Es kann nur funktionieren, wenn es nicht als für sich ste- hend betrachtet wird – im Blick müssen gleichzeitig die EU-Strukturfonds bleiben; denn diese bisher finanziell wesentlich besser ausgestattete EU-Strukturförderung ergänzt die Kulturförderung. Und eines sollte in dieser Debatte nicht in Vergessenheit geraten: Kulturpolitik darf nicht auf Kulturförderprogramme reduziert werden. Notwendig ist es in einem Europa, das gegenwärtig durch nationale Strömungen und eine immer stärker werdende soziale Schieflage geprägt ist, auf die integra- tive Kraft der Kultur zu setzen. Auch wenn es kein Problem der Bundesrepublik Deutschland direkt ist, ist doch zu fragen: Was bietet das EU-Programm „Kreatives Europa“ den Katalanen und den Schotten, die in dieser Zeit auf ganz andere, neue Weise auf ihre Kultur als Identitätsstiftung innerhalb Europas setzen? Die Frage stellt sich, ob die Zeit über dieses EU-Programm nicht längst hinweggegangen ist. Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Kultur hat einen Wert an sich und muss keinen wirt- schaftlichen Zweck erfüllen. Es ist jedoch unbestritten, dass Kultur auch ein starker Wirtschaftsfaktor ist – in Deutschland liegt die Bruttowertschöpfung der Kultur- und Kreativwirtschaft in einer vergleichbaren Größen- ordnung mit den großen Industriesektoren Automobil und Maschinenbau. Nicht mit ökonomischen Parametern messbar ist, was Kultur für das Leben des Einzelnen, für den grenzüber- schreitenden Zusammenhalt und die Völkerverständi- gung bedeutet: Kunst und Kultur können elementare Identifikationspotenziale entfalten, die Europa noch mehr zusammenwachsen lassen. Kultur ist ein emotio- nales und ideelles Fundament für ein starkes Europa. Wir begrüßen daher, dass sich die Koalition im Forde- rungsteil ihres Entschließungsantrags gegen eine haupt- sächlich ökonomische Betrachtung der europäischen Kulturförderung ausspricht. In einigen zentralen Punkten hat sich die Koalition den Vorstellungen der Opposition angenähert: Dass Sie jetzt auch bei der Kulturförderung Non-Profit-Projekte mit aufgenommen haben, findet ebenso unsere Zustim- mung wie die Forderung, dass nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Indikatoren bei der Evaluation berücksichtigt werden sollen. Jetzt komme ich allerdings zu den entscheidenden Punkten, die unsere Ablehnung Ihres Entschließungs- antrags begründen: 1,8 Milliarden Euro über einen Zeitraum von sieben Jahren soll die europäische Kultur- und Kreativbranche erhalten. Das entspricht einer Erhöhung von 37 Prozent im Vergleich zu den derzeitigen Ausgaben. Das ist ein verheißungsvolles Versprechen für die europäische Kul- turförderung. Aber kann es auch eingehalten werden? Der Streit um den Mehrjährigen Finanzrahmen der EU zeigt, dass momentan eher Budgetkürzungen angesagt sind. Um 10 Prozent soll der europäische Haushalt bis 2020 gekürzt werden. Gesunde Skepsis ist also dahin gehend angebracht, ob die Erhöhungen für den Kultur- bereich tatsächlich umgesetzt werden können. Anlass zum Zweifel gibt auch der Entschließungsan- trag der Koalition: Darin unterstützen Sie das Anliegen der Bundesregierung, die Mittel für das Programm „Kreatives Europa“ auf 1 Prozent des EU-Bruttonatio- naleinkommens zu begrenzen. Das heißt, wenn das Bruttonationaleinkommen sinkt, würde auch der Finanz- rahmen kleiner. Direkt davon betroffen wäre jedoch nicht das Finanzierungsinstrument, also die mit der Ver- waltung beauftragten Banken, sondern die Förderpro- gramme „Media“ und „Kultur“. Wir fordern von der Bundesregierung ein klares Bekenntnis, dass an den Förderlinien „Kultur“ und „Media“ nicht gespart wird. Wenn der Finanzrahmen nicht eingehalten werden kann, dann muss das neue Finanzierungsinstrument Kürzun- gen in Kauf nehmen, nicht die Förderlinien! Im Unterschied zum Entschließungsantrag der Oppo- sitionsfraktionen drückt sich Schwarz-Gelb vor einer Antwort, wie die im Programm geplante Streichung der Betriebskostenzuschüsse für europäische Netzwerke kompensiert werden kann. Wir dagegen setzen uns für adäquate Fördermaßnahmen ein; denn ohne kontinuier- liche Förderung der europäischen Netzwerke fehlt dem Programm ein wichtiges Verknüpfungs- und Kommuni- kationsinstrument. Gleichermaßen kritisch sehe ich, dass im Antrag der Koalition die Forderung fehlt, dass sich die Mitglied- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26985 (A) (C) (D)(B) staaten bei der Gestaltung des Programms weiterhin ein- bringen können; ich halte das Mitsprache- und Mitge- staltungsrecht der EU-Länder für eine notwendige Voraussetzung, damit Akzeptanz für und Identifikation mit dem Programm erhalten bleiben. Zusammengefasst lässt sich festhalten: Wir sind uns einig, dass das Programm „Kreatives Europa“ viel Potenzial verspricht zur Stärkung der europäischen Kul- turförderung, zur Bewahrung unserer kulturellen und sprachlichen Vielfalt. Die Zielsetzung des Programms finden wir richtig; es geht um die Förderung der Kultur- und Kreativbranche und um eine Intensivierung der Potenziale des digitalen Zeitalters. Im Detail jedoch muss möglichen Fehlentwicklungen vorgebeugt werden: Die neuen Finanzierungsinstru- mente müssen auch die Bedürfnisse von Kleinstunter- nehmen im Kulturbereich berücksichtigen. Außerdem darf sich die Zusammenführung der Programme „Kul- tur“ und „Media“ nicht nachteilig auf einen der beiden Bereiche auswirken. Und die Gefahr, dass sich das neue Programm zu einseitig auf Wirtschaftsförderung kon- zentriert, ist noch nicht gebannt. Auch weiterhin ist eine intensive Begleitung des Programms durch die Länder- parlamente notwendig. Umso wichtiger wäre gewesen, dass sich die Koali- tion in ihrem Entschließungsantrag eindeutig positioniert für flankierende Maßnahmen zur Stabilisierung des Finanzvolumens, für eine Kompensation der Betriebs- kostenzuschüsse für europäische Netzwerke und für ein weiteres Mitgestaltungsrecht der Mitgliedstaaten. Diese Chance haben Sie verpasst, wir werden Ihren Antrag daher ablehnen. Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Fünfzehnten Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes (Tagesordnungspunkt 21) Robert Hochbaum (CDU/CSU): Vertrauen, Hoch- achtung, Stolz und Dankbarkeit – diese vier Attribute verbinden unsere Bürgerinnen und Bürger hauptsächlich mit der Bundeswehr. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Bevölkerungsumfrage des Sozialwissenschaftlichen In- stituts (der Bundeswehr). Demnach definieren drei von vier Bürgern ihre Haltung gegenüber den Streitkräften als „sehr positiv“ oder „eher positiv“. Eine weitere Umfrage durch Emnid stellte heraus, dass 86 Prozent der Bürgerinnen und Bürger der Ansicht sind, dass die Bundeswehr relevant für Deutschland ist. Diese Werte stimmen zuversichtlich. Sie zeigen, dass die Bundeswehr weiterhin in der Mitte der Gesellschaft verankert ist. Das ist besonders vor dem Hintergrund relevant, dass mit der Aussetzung der Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 ein wichtiger gesetzlicher Anker weggefal- len ist. Durch den jährlichen Einzug von zuletzt ungefähr 50 000 jungen Männern war ein steter Austausch zwi- schen Bundeswehr und der sie tragenden Gesellschaft gewährleistet. Auch die Führungsphilosophie „Innere Führung“ in Verbindung mit dem Leitbild des „Staats- bürgers in Uniform“, also die Verknüpfung zwischen Gesellschaft und Militär, waren eng mit der Wehrpflicht verbunden. Auch deshalb war ich bis zum Schluss ein Verfechter der allgemeinen Wehrpflicht. Allerdings offenbart die zuvor genannte Zahl auch eine der größten Schwächen der zuletzt geltenden Einbe- rufungspraxis. So standen pro Jahr knapp doppelt so viele junge Männer zur Verfügung, wie letztendlich ein- berufen werden konnten. Durch Kriegsdienstverweige- rung und Ausmusterung wurde die Zahl derjenigen, die letztendlich für den Dienst in den Streitkräften infrage kamen, weiter reduziert. Das Argument der Wehrunge- rechtigkeit kann damit als stichhaltig gelten. Auch die zuletzt gültige Dauer von nur noch sechs Monaten wirft die Frage auf, inwiefern in dieser Zeit positive Effekte für den Wehrpflichtigen selbst sowie die Streitkräfte als Ganzes erzielt werden konnten. Somit war die Aussetzung der Wehrpflicht eine folge- richtige Entscheidung, die den Entwicklungen Rechnung trug und auch von mir – wenn auch schweren Herzens – mitbeschlossen wurde. Oberstes Ziel muss auch in Zukunft sein, dass die Bundeswehr ein integraler Bestandteil unserer Gesell- schaft bleibt. Natürlich sind auch die Berufssoldaten, Soldaten auf Zeit und die Freiwilligen Wehrdienstleis- tenden sowie ihre Angehörigen integrale Bestandteile der Gesellschaft. Während sie jedoch bewusst eine Ent- scheidung für die Bundeswehr treffen, waren damals die potenziellen Wehrpflichtigen dazu „gezwungen“, sich zumindest einmal intensiv mit dem Thema zu befassen, unabhängig davon, ob sie ausgemustert wurden oder den Dienst verweigerten. Damit die Umfragewerte, wie oben beschrieben, auch in Zukunft so positiv bleiben, ist es wichtig, dass sowohl wir als Parlament als auch die Bundeswehr selbst ihren Beitrag leisten, um in der Mitte der Gesellschaft vertre- ten zu bleiben. Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf gehen wir folgerichtig einen letzten bzw. wesentlichen Schritt im Sinne des Freiwilligen Wehrdienstes. Wir regeln bzw. übernehmen diesen als besonderes staatsbürgerliches Engagement im bzw. in das Soldatengesetz. Damit schaffen wir eine einheitliche Grundlage für den Dienst aller Soldaten in den Streitkräften. Auch wenn der Frei- willige Wehrdienst weiterhin vom Dienst der Berufssol- daten und Soldaten auf Zeit abgegrenzt wird, so existiert in Zukunft nur noch ein Dienstrecht, nämlich das Solda- tengesetz. Dies trägt im Übrigen auch zur Entbürokrati- sierung bei. Der uns vom BMVg im Oktober vergangenen Jahres vorgelegte Erfahrungsbericht über ein Jahr Freiwilligen Wehrdienst zeigt uns, dass wir 2011 die richtige Ent- scheidung getroffen haben und uns seitdem auf einem guten Weg befinden. 26986 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 (A) (C) (D)(B) Die FWDLer sind hochmotiviert, weisen ein gutes Bildungsniveau auf und zeigen eine große Einsatzbereit- schaft. Das vorhandene Bewusstsein, etwas für sein Land zu tun, ist dabei besonders wertvoll. Es bildet das Fundament für die Verankerung in der Gesellschaft. Wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion stimmen mit dem im Bericht getroffenen Fazit, dass der „Freiwillige Wehrdienst in seiner jetzigen Form erhalten bleiben soll“, vollends überein. Aus diesem Grund sehen wir auch die Vereinheitlichung des Dienstrechtes als konse- quent an und befürworten dies. Wir würden uns freuen, wenn der Großteil des Hauses dem folgen könnte. Lars Klingbeil (SPD): Heute geht es eigentlich nur um eine Formalität. Wir übertragen die im Wehrrechts- änderungsgesetz 2011 beschlossenen Änderungen in das Soldatengesetz. Wir verankern den Freiwilligen Wehr- dienst im Soldatengesetz. Jedoch: Auch wenn es so einfach ist, möchte ich doch noch einmal auf die aktuelle Situation eingehen. Vor über zwei Jahren wurde beschlossen, die Bundeswehr erneut zu reformieren. Die Schuldenbremse war laut dem damaligen Minister der entscheidende Parameter der Reform. Die Reform, die eigentlich gemeinsam mit den Betroffenen gemacht werden sollte, wurde zu einer Reform nach Kassenlage. Es wurden kaum Interessen der Soldatinnen, Soldaten und Zivilbeschäftigten be- rücksichtigt. Es wurde außer Acht gelassen, dass diese Reform nur gelingen kann, wenn alle mitmachen. Statt jedoch die Betroffenen mitzunehmen, wurden sie im Un- klaren gelassen. Auch heute gibt es noch viele Fragezei- chen, darüber, ob sie in der Bundeswehr bleiben und, wenn ja, an welchem Standort. Auch die Abschaffung der Wehrpflicht kam viel zu undurchdacht. Bevor Attraktivitätsmaßnahmen oder ein Nachwuchsgewinnungskonzept geschrieben waren, fehlten schon die nächsten Rekruten. Genau diese wichtigen Bestandteile der Reform kann ich auch heute noch nicht richtig erkennen. Sie haben die Werbung für die Bundeswehr vernachlässigt. Dass dies fehlt, zeigen auch die hohen Abbrecherquoten bei den Freiwillig Wehrdienstleistenden. Diese liegen derzeit bei 30,4 Prozent, Tendenz steigend. Im Vergleich zu den Abbrechern bei sozialen Diensten ist dies eine erschre- ckende Bilanz. Die Frage, die wir uns bei einer solch hohen Zahl stel- len müssen, ist doch: Welche Vorstellungen haben die jungen Leute vom Dienst bei der Bundeswehr, welche Erwartungen haben sie, und wie werden sie im Vorfeld informiert? Bei dieser hohen Quote müssen wir davon ausgehen, dass sie auf die Anforderungen nicht genü- gend vorbereitet werden. Und dies wiederum kann nur damit zusammenhängen, dass es kein ausreichendes Konzept zur Nachwuchsgewinnung gibt. Nach über zwei Jahren Reform und anderthalb Jahren Freiwilligen Wehrdienst ist dies nicht mehr zu rechtfertigen. Sie müs- sen hier dringend evaluieren und nachbessern. Und bei der Gewinnung von neuen Köpfen für die Bundeswehr geht es auch nicht nur – und das sage ich auch immer wieder – darum, den Dienst für neue Solda- tinnen und Soldaten attraktiv zu machen, sondern darum, denjenigen, die schon so lange unserem Land dienen, zu zeigen, dass die Bundeswehr attraktiv ist. Denn sie sind es, die ihren Kindern, Verwandten und Bekannten sagen, dass es sich lohnt, in die Bundeswehr zu gehen. Wenn man sich allerdings die jüngste Studie des BundeswehrVerbandes ansieht, stellt man fest, dass so- gar zwei Drittel, also 63,6 Prozent der Aktiven bei der Bundeswehr, ihren Kindern, Verwandten und Bekannten davon abraten, sich für den Dienst bei der Bundeswehr zu entscheiden. Das ist ein erschreckendes Ergebnis. Wir müssen die Attraktivität erhöhen. Fehlende Beförderungsmöglichkeiten machen die Bundeswehr als Arbeitgeber unattraktiv. Genau darum muss es aber ge- hen: Wir müssen die Attraktivität erhöhen. Deswegen haben wir als SPD auch gefordert, dass sich die Anhe- bung der Planstellenanteile für Unteroffiziere in der Besoldungsgruppe A 9 an den Vorgaben für den mittle- ren Polizeidienst orientiert. Das wäre ein klares Signal der Attraktivität, da so die Unteroffiziere leistungsge- recht befördert werden können. Das Gleiche gilt für die Zeitsoldaten. SaZ 8 und SaZ 12+ werden durch die Veränderungen der Berufs- förderung und der Dienstzeitversorgung benachteiligt. Die wegfallenden Freistellungsphasen müssen durch eine Erhöhung der Übergangsbeihilfen kompensiert werden. Wir müssen dafür sorgen, dass die Bundeswehr die wird, die wir auch wirklich haben wollen, und nicht ein Konstrukt, das unter finanziellem Druck irgendwie zu- sammengeschustert wurde. Was heute in der Reform zerstört wird, können wir später nur mühsam wieder aufbauen. Die Reform wurde mal als tiefgreifendste der Geschichte betitelt. Mittlerweile scheint es aber, dass möglichst wenig verändert werden soll und dabei maxi- mal gespart werden soll. Das kann nicht das Ziel sein. Wir brauchen eine Bundeswehr, die die Herausforderun- gen der Zukunft angehen kann. Dafür brauchen wir die besten Köpfe und Hände, und dafür muss die Bundes- wehr ein attraktiver Arbeitgeber werden. Und es gibt wirklich viele Punkte, an denen Sie die Attraktivität, in der Truppe Dienst zu machen, steigern könnten. Ein großes Thema ist die Vereinbarkeit von Familie und Dienst. Dafür haben Sie bisher viel zu wenig getan. Oft sind die Ehepartner auch berufstätig. Das sollen sie auch sein, das ist gut für unsere Gesellschaft. Aber an- statt diese Paare dabei zu unterstützen, die alltäglichen Herausforderungen zu bewältigen, ignorieren Sie – so habe ich manchmal das Gefühl – die Rufe nach moder- nen Möglichkeiten, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Teilzeitbeschäftigung darf auch in den Streit- kräften kein Fremdwort mehr sein. Wir müssen uns an die Lebensverhältnisse der Menschen, die zur Bundes- wehr kommen, anpassen. Des Weiteren müssen Sie die Telearbeit ermöglichen und endlich dafür sorgen, dass eine flächendeckende Kinderbetreuung eingeführt wird. Auf die Kinderbetreuung weisen wir seit Jahren hin, und nur wenn sich vor Ort die Bediensteten auf eigene Faust einsetzen, ändert sich etwas. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26987 (A) (C) (D)(B) Ein Arbeitgeber ist nur dann attraktiv, wenn er seinen Mitarbeitern die Chance gibt, sich zu entwickeln und aufzusteigen. Es ist daher zwingend notwendig, dass Sie das Personalmodell nachsteuern, sodass der Abbau des Förderungs- und Verwendungsstaus beseitigt wird und ein transparentes und nachvollziehbares Personal- management ermöglicht werden kann. Die Planungen, die Sie jetzt auf den Weg gebracht haben, haben doch keinen Bestand über 2014 hinaus. Dann müssen Sie sich endlich um die vielen Pendler in der Bundeswehr kümmern. Richten Sie Pendler- wohnungen ein, und behalten Sie die Wahlmöglichkeit zwischen Trennungsgeld und Umzugskostenvergütung bei. Dass wir in den letzten Jahren eine Zahl von 11 150 Freiwilligen erreicht haben, liegt vor allem daran, dass wir im letzten Jahr doppelte Abijahrgänge hatten. Man kann also davon ausgehen, dass die Bundeswehr erst mal noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen ist. Langfristig wird das jedoch nicht gut gehen. Spätes- tens ab 2016 werden wir große Probleme haben. Auf die Dauer werden diese Versäumnisse an die Substanz der Bundeswehr gehen. Der demografische Wandel ist da und wird sich in den nächsten Jahren verstetigen. Es ist jetzt an uns, auf diese Veränderungen zu reagieren und die Bundeswehr für die Zukunft aufzustellen. Die SPD hat hierzu mehrfach Vorschläge gemacht. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass die Bundeswehr auch in Zukunft ein attraktiver und interessanter Arbeitgeber bleibt. Christoph Schnurr (FDP): Mit der Aussetzung der Wehrpflicht wurde der Pflichtdienst junger Männer in Deutschland 2011 beendet. Die Wehrpflicht war sicher- heitspolitisch nicht mehr begründbar, und auch unter Ge- rechtigkeitsaspekten war es immer schwieriger geworden, die immer geringer werdenden Zahlen an eingezogenen jungen Männern zu begründen. Mit der Unterschreitung der Zwölf-Monats-Grenze (im Jahre 1996) für den Wehrdienst war der Grundwehr- dienst auch hinsichtlich seiner militärischen Sinnhaftig- keit schon zu hinterfragen gewesen. Seit 2004 wurden Grundwehrdienstleistende nicht mehr zu anschließenden Reserveübungen eingezogen. Und somit war die schnelle Aufwuchsfähigkeit der Bundeswehr realistisch höchstens nur noch sehr eingeschränkt gegeben. Der Abschied von der Wehrpflicht fiel schwer. Unter den Abgeordneten des Hohen Hauses gab es eine große Anzahl von ehemaligen Wehrdienstleistenden, für die eine Aussetzung schlicht unvorstellbar war. Ebenso gab es viele Stimmen, die ein Funktionieren der Umstellung auf ein freiwilliges Engagement unser Bürgerinnen und Bürger, gerade im mit der Wehrpflicht verbundenen Bereich des Zivildienstes, bezweifelten. Horrorszenarien wurden entworfen – und traten alle nicht ein. Die Umstellung ist nicht ohne Probleme und Heraus- forderungen verlaufen und auch noch nicht abgeschlos- sen, aber das große freiwillige Engagement der Bürge- rinnen und Bürger hat all denen widersprochen, die nicht geglaubt haben, dass sich junge Männer und Frauen ohne staatliche Verpflichtung für die Gemeinschaft en- gagieren würden. – Trauen Sie den Bürgern doch bitte etwas mehr zu. Wir, die Liberalen, haben aber schon immer auf das Prinzip der Freiwilligkeit und der positiven Motivation über Anreize gesetzt. Auch das Vertrauen in die Be- reitschaft unserer Bürgerinnen und Bürger, sich für die Gemeinschaft ohne staatlichen Zwang zu engagieren, ge- hört zu den Grundüberzeugungen eines liberalen Denk- ansatzes. Und dieses Vertrauen wurde nicht enttäuscht, sondern hat sich als mehr als gerechtfertigt erwiesen. Deshalb ist es jetzt für den Dienst in den Streitkräften mehr als konsequent, den Freiwilligen Wehrdienst für Männer und Frauen in die Rechtsgrundlage zu überfüh- ren, die seit jeher die Grundlage für den Freiwilligen Dienst von Männern und Frauen in den Streitkräften war: das Soldatengesetz. Das Wehrpflichtgesetz ruht da- mit und wird zukünftig nur noch im Falle der Wiederein- führung der allgemeinen Wehrpflicht Verwendung fin- den. Hoffen wir, dass ein solcher Fall nie eintreten wird. Umgeben von Freunden im Herzen Europas, bin ich da sehr zuversichtlich. Die inhaltsgleiche Übertragung und unveränderte Ab- grenzung zum Status der Zeit- und Berufssoldaten be- gründen sich aus den Besonderheiten des Freiwilligen Wehrdienstes im Rahmen der Freiwilligendienste und des Engagements unserer Bürger, welches wir damit un- verändert besonders honorieren und anerkennen wollen. Des Weiteren bringt die Überführung auf eine andere Rechtsgrundlage keine zusätzlichen Belastungen für die Truppe oder die Soldaten mit sich. Die Herausforderung für die Bundeswehr, sich aktiv um Freiwillige zu bemühen und so attraktiv und über- zeugend zu sein, damit diese auch bleiben, ist ebenfalls unverändert. Daher müssen die Abbrecherquote und die Gründe dafür sorgsam überwacht und hinterfragt wer- den, um die angestrebte Zahl an FWDLern in den Rei- hen der Bundeswehr auch zukünftig zu erreichen. Aller- dings ist dies beim Übergang von einer Wehrpflicht- zu einer Freiwilligenarmee nicht ungewöhnlich und braucht einfach auch etwas Zeit. Hier rate ich daher allen Kriti- kern zu ein wenig mehr Geduld. Insgesamt sehe ich die Bundeswehr dort auf dem richtigen Weg, und dieser Gesetzentwurf ist ein weiterer logischer Baustein und Schritt im Übergang der alten Wehrpflicht- in die moderne Freiwilligenarmee. Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Eigentlich müsste man zum vorliegenden Gesetzentwurf kein wei- teres Wort verlieren. Damit wird nur das umgesetzt, was im Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 angekündigt wor- den ist. Der 2011 eingerichtete Freiwillige Wehrdienst wird jetzt auch im Soldatengesetz verankert. Das dient der Schaffung einer einheitlichen Rechtsgrundlage für 26988 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 (A) (C) (D)(B) den Dienst in den Streitkräften. – So weit, so nachvoll- ziehbar. Aber der Gesetzentwurf bestätigt unsere grundlegen- den Einwände. Es bleibt dabei: Die Einführung des Frei- willigen Wehrdienstes als dritte Dienstform ist miss- glückt und wird von uns abgelehnt. Die Bundesregierung muss mühsam mit Begrifflich- keiten jonglieren, um den Freiwilligen Wehrdienst vom Wehrdienst der Berufs- und Zeitsoldaten abzugrenzen. Diese leisten – so ist die Lesart – „Freiwilligen Wehr- dienst aufgrund einer Berufswahlentscheidung“, die FWDler leisten „Freiwilligen Wehrdienst als besonderes staatsbürgerliches Engagement“. Und in der Praxis sind die Unterschiede zwischen Soldaten und Soldatinnen auf Zeit und den Freiwillig Wehrdienstleistenden ohnehin nur mit der Lupe zu ent- decken; das geht auch aus den Antworten der Bundes- regierung auf meine Kleine Anfrage hervor. Beide erhal- ten fast die gleiche Ausbildung, bei den Kostenansätzen des Ministeriums liegen die SaZler lediglich mit etwas mehr als 100 Euro höher pro Jahr. Der einzige nennens- werte Unterschied ist die flexible Festlegung der Dienst- dauer, wobei auch die SaZler in den ersten sechs Mona- ten den Dienst quittieren dürfen. Man sollte wirklich nicht so tun, als ob der Freiwillige Wehrdienst in irgendeiner Form mit den sonstigen For- men des staatsbürgerlichen Engagements und der Ge- meinnützigkeit zu tun habe. Er ist kein Ehrenamt, son- dern ein teurer Schnupperkurs beim Militär. Das macht schon die im Vergleich zu den wirklichen Freiwilligen- diensten atypisch hohe Bezahlung deutlich. Diese Un- gleichbehandlung ist eigentlich nicht zu rechtfertigen. Allerdings liegt der Grund dafür auch auf der Hand: Wer die Streitkräfte weit jenseits des Verteidigungsauftrags einsetzt und für globale Militärinterventionen benutzt, der hat es in der Tat nicht so leicht, junge Menschen zu gewinnen. Der kann sie nicht mit einem Taschengeld ab- speisen, sondern muss eben berufsgruppenübliche Tarife zahlen. Das Ministerium sollte hier lieber Klartext reden: Es geht nicht um die Förderung „staatsbürgerlichen Engage- ments“, sondern um Nachwuchswerbung und die Recht- fertigung eines privilegierten Zugangs zu den Jugendli- chen unseres Landes. So wird mit dem neuen § 58 c Soldatengesetz der Bundeswehr zum Beispiel weiterhin das Privileg eingeräumt, von den Meldebehörden auto- matisch personenbezogene Daten von Minderjährigen übermittelt zu bekommen, um diese dann für ihre Wer- bung zu nutzen. Das ist nicht im Sinne der Jugendlichen. Zieht man nach anderthalb Jahren Bilanz, müsste der Freiwillige Wehrdienst eigentlich als Fehlgriff bewertet und ad acta gelegt werden: Als Instrument der Nach- wuchswerbung ist er untauglich. Bislang bricht ein Drit- tel der FWDler ab. Auch die Bereitschaft zur Weiterver- pflichtung als Soldat oder Soldatin auf Zeit bleibt marginal: Von den insgesamt 8 000 im Juli und Oktober 2011 zum Wehrdienst Herangezogenen haben sich nur 2,5 Prozent als SaZ verpflichtet. Demgegenüber sind die Bewerberzahlen für den Soldatenberuf im üblichen Ver- fahren weiter gleichbleibend hoch. Selbst aus Perspek- tive der Bundeswehr liefert der Freiwillige Wehrdienst hier also keinen Mehrwert. Er bleibt ein erheblicher Personalkostenfaktor. Für nur noch maximal 12 500 FWDler werden weiterhin üppige 250 Millionen Euro pro Jahr eingeplant. Und welcher mi- litärische Mehrwert dadurch entsteht, dass man nicht weiß, ob im nächsten Jahr 5 000 oder 12 500 FWDler ih- ren Dienst antreten oder wie lange diese Dienstleisten- den überhaupt dabeibleiben, bleibt zumindest mir ein Rätsel. Eine Rechtsvereinfachung, die ja Ziel des Gesetzent- wurfs sein soll, lässt sich im Übrigen auch anders herstel- len. Der Verzicht auf den sogenannten Freiwilligen Wehr- dienst würde die Notwendigkeit, ein eigenes Dienstrecht zu konstruieren, beseitigen. Der damit verbundene Büro- kratieaufwand entfiele ebenso wie die erheblichen Kos- ten. Und noch wichtiger: Durch einen Verzicht auf den Freiwilligen Wehrdienst wäre auch der selbstgeschaffene Zwang, für diesen Dienst junge Menschen zu rekrutieren und vor allem Minderjährige mit skandalösen Botschaf- ten von Abenteuer, Spaß und Spielen zum Dienst im Mi- litär zu verführen, aufgehoben. Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird der Abschied von der Wehrpflicht weiter vollzogen, und das ist richtig, und es wird höchste Zeit dafür. Im März 2011 haben wir im Parlament die Aussetzung der Wehrpflicht beschlossen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, Sie haben weit mehr als ein Jahr gebraucht, um diesen Ent- wurf nun vorzulegen und den Freiwilligen Wehrdienst damit im richtigen Gesetz, im Soldatengesetz, zu veran- kern. Vielleicht lag das ja auch daran, dass Ihnen der Ab- schied von der Wehrpflicht so lange so sehr schwer ge- fallen ist. Über die gesetzlichen Regelungen hinaus müssen wir darüber diskutieren, ob der Freiwillige Wehrdienst heute tatsächlich richtig aufgestellt ist. Die jüngsten Zahlen zeigen: Es entscheiden sich zunächst genug junge Men- schen für den Freiwilligen Wehrdienst, aber rund 30 Pro- zent von ihnen brechen dann innerhalb der ersten sechs Monate ab. Die Bundesregierung versucht grundsätzlich, die Bedeutung dieser Zahlen zu relativieren. Eine Ab- brecherquote von 30 Prozent lässt sich aber weder igno- rieren noch mit externen Ursachen wie der Zusage für Studienplätze erklären. Letztendlich ist es auch egal, ob 30, 25 oder 27 Prozent aus Gründen, die im Dienst selbst liegen, abbrechen. Fest steht: Es ist eine nicht unerhebli- che Zahl junger Menschen, die bei der Bundeswehr Be- dingungen vorfindet, die sie zum Abbrechen bewegen. Die Zahl dieser Menschen ist im Verlauf der letzten Mo- nate angestiegen. Die jungen Männer und Frauen haben bestimmte Erwartungen an die Bundeswehr als Arbeit- geberin, und ganz offensichtlich werden zu viele dieser Erwartungen enttäuscht. Davor kann man doch nicht die Augen verschließen, sondern man muss nach den Grün- den fragen. Wir Grüne haben bereits bei der Beratung des Wehr- rechtsänderungsgesetzes 2011 gesagt: Für den Freiwilli- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26989 (A) (C) (D)(B) gen Wehrdienst brauchen wir auch eine Kultur der Frei- willigkeit bei der Bundeswehr und attraktive Rahmenbedingungen. Es ist Aufgabe der Bundesregie- rung, sich mit diesen Fragen ehrlich und intensiv ausein- anderzusetzen, und zwar nicht erst, wenn die Probleme so gravierend sind, dass die Abbrecherquote hoch- schnellt. Unverändert übernimmt der vorliegende Gesetzent- wurf leider die Regelungen zur Weitergabe von perso- nenbezogenen Daten Minderjähriger durch die Meldebe- hörden an das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr. Bei den Beratungen zum Wehrrechts- änderungsgesetz 2011 haben wir dies bereits deutlich kritisiert. Diese Datenübermittlung stellt einen nicht un- erheblichen Eingriff in die Grundrechte aller Jugendli- chen dar. Jeder Eingriff in Grundrechte muss gegenüber seinem Zweck angemessen sein. Der Zweck dieser Da- tenübermittlung ist die Nachwuchswerbung für die Frei- willigenarmee. Wir halten die Nachwuchswerbung nicht für einen ausreichenden Grund, um diesen Grundrechts- eingriff zu rechtfertigen. Diese Datenübermittlung ist nicht legitim. Der Umbau der Bundeswehr zur Freiwilligenarmee mit der Einführung des Freiwilligen Wehrdienstes ist ein richtiger Schritt, der längst überfällig war. Wir dürfen aber nicht den Fehler begehen, den Umbauprozess heute für abgeschlossen zu erklären. Nicht nur die Zahlen mahnen uns, dass eine weitere Auseinandersetzung mit der Ausgestaltung des Freiwilligen Wehrdienstes und den Rahmenbedingungen des Dienstes bei der Bundes- wehr weiter geboten ist. Schließlich muss es uns nicht nur interessieren, wie viele Menschen zur Parlamentsar- mee gehen, sondern auch, wer sich aus welchen Gründen für einen Dienst bei der Bundeswehr entscheidet. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bun- desminister der Verteidigung: Das Aufgabenspektrum der Bundeswehr hat sich in den letzten Jahren stark ver- ändert. Deutsche Streitkräfte nehmen an friedenschaf- fenden Auslandseinsätzen teil. Weltweite Einsätze stel- len komplexe Anforderungen an die Soldatinnen und Soldaten. Vor diesem Hintergrund hatte die Bundes- regierung am 15. Dezember 2010 beschlossen, die ver- pflichtende Einberufung zum Grundwehrdienst auszu- setzen. Das Wehrpflichtgesetz wurde daher durch das Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 dahin gehend geän- dert, dass die gesetzliche Verpflichtung zur Ableistung des Grundwehrdienstes ausgesetzt wurde. An die Stelle des Grundwehrdienstes trat ein neuer Freiwilliger Wehr- dienst von bis zu 23 Monaten für junge Frauen und Männer. Dieser neue Freiwillige Wehrdienst stärkt den Austausch zwischen Gesellschaft und den Streitkräften und ermöglicht jungen Männern und Frauen, einen Dienst für die Gemeinschaft zu leisten. Neben Zeit- und Berufssoldaten sind Freiwillige ein wichtiger Grund- pfeiler der Bundeswehr, da auch länger dienender Nach- wuchs rekrutiert wird. Mit dem Entwurf des Wehrrechtsänderungsgesetzes 2011 hat die Bundesregierung angekündigt, eine einheit- liche Rechtsgrundlage für den Dienst in den Streitkräften im Frieden zu schaffen. Mit dem vorliegenden, heute in erster Lesung zu behandelnden Gesetzentwurf eines 15. Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes soll diese Ankündigung umgesetzt werden. Parallel zu dem am 12. Dezember 2012 durch das Bundeskabinett behandelten Regierungsentwurf hat eine Fraktionsinitiative der Regierungskoalition die Einbrin- gung des Gesetzentwurfs in wortgleicher Übernahme beschlossen, um ein früheres Inkrafttreten des Gesetzes, voraussichtlich bereits im April dieses Jahres, zu er- möglichen. Hierfür danke ich der CDU/CSU- und FDP- Fraktion. Der Gesetzentwurf sieht vor, die bisher im Wehr- pflichtgesetz enthaltenen Regelungen zum Freiwilligen Wehrdienst als besonderes staatsbürgerliches Engage- ment in das Soldatengesetz zu integrieren. Der Freiwil- lige Wehrdienst wird abgegrenzt von dem Dienst der Be- rufssoldatinnen und Berufssoldaten sowie von den längerfristigen Wehrdienstverhältnissen der Soldatinnen und Soldaten auf Zeit. Er bleibt damit auch erhalten als ein ganz wesentliches Element der Verknüpfung der Bundeswehr mit der Gesellschaft. Wir legen darauf Wert, dass die Bundeswehr als eine Armee in der Gesell- schaft auch ohne aktive Wehrpflicht als „legitimes Kind der Demokratie“ im Geiste von Theodor Heuss verstan- den wird. Die Schaffung einer einheitlichen Rechts- grundlage für das Dienstrecht der Soldatinnen und Soldaten im Frieden durch den vorliegenden Gesetz- entwurf führt zu einer Rechtsvereinfachung, weil dienst- rechtliche Vorschriften über den Freiwilligen Wehrdienst mit lnkrafttreten dieses Gesetzes nur noch in einem Gesetz enthalten sind. Neben den rechtlichen Grundlagen ist vor allem wichtig, dass die Bundeswehr auch künftig eine ausrei- chende Anzahl von jungen Frauen und Männern für den Freiwilligen Wehrdienst interessieren und auch gewin- nen kann. Im letzten Jahr haben über 10 000 junge Frauen und Männer dieses Angebot angenommen und ihren Dienst angetreten. Dies ist doppelt so viel, wie ur- sprünglich für 2012 als Mindestgrenze festgelegt wurde. Für viele Soldatinnen und Soldaten und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundeswehr begann und beginnt ihr berufliches Wirken mit dem Kontakt zur Personalgewin- nungsorganisation, die in den letzten Monaten grund- legend neu ausgestaltet wurde. Bei der Neuausrichtung der Personalgewinnungsorganisation der Bundeswehr wurde der Auftritt als Arbeitgeber für zivile wie auch militärische Laufbahnen ganz besonders priorisiert. Die- ser Ansatz erforderte ein Zusammenführen der beiden bislang unabhängig voneinander agierenden Bereiche der zivilen und militärischen Personalgewinnung bei zeitgleicher Auflösung seither bekannter Strukturen. So wurden zum 30. November letzten Jahres unter anderem bereits alle 52 Kreiswehrersatzämter von ihren Aufga- ben entbunden. Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Wehrersatz- wesen zu danken für ihre Bereitschaft und Fähigkeit, kreativ den Übergang und die neuen Herausforderungen zu gestalten. Um die Bundeswehr wettbewerbsfähig auf dem Arbeitsmarkt zu positionieren und das vorhandene Be- 26990 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 (A) (C) (D)(B) werberpotenzial umfassend ausschöpfen zu können, ist die neue Personalgewinnungsorganisation heute in der Fläche präsent. Eine Beratung über den Arbeitgeber Bundeswehr wird durch einen Verbund von 110 Karrie- reberatungsbüros der Bundeswehr sichergestellt. Sie bie- ten wohnortnahe, umfassende Beratung für alle zivilen und militärischen Berufsbilder der Bundeswehr sowie die Begleitung und Betreuung während des gesamten Verfahrens. Neben diesen Karriereberatungsbüros wur- den zum 1. Dezember 2012 16 Karrierecenter der Bun- deswehr geschaffen. Diese bilden eine zentrale An- sprechstelle unter anderem auch für Politik, Behörden, Wirtschaft, Bundesagentur für Arbeit und Dienststellen der Bundeswehr mit einem umfassenden Beratungs- und Informationsangebot zum Arbeitgeber Bundeswehr. Da- mit gehen wir mit neuem Namen, aber auch mit neuen Ideen und frischen Farben in die Nachwuchsgewinnung. Wegen der gestiegenen Konkurrenz auf dem Arbeits- markt um qualifizierte Kräfte kommt es darauf an, die Bundeswehr im Bewusstsein der Zielgruppe zu halten und Interesse an Tätigkeiten in den Streitkräften oder in der Wehrverwaltung zu wecken. Durch Maßnahmen der Informations- und Öffentlichkeitsarbeit konnten ein po- sitives Image und ein generelles Interesse an der Bun- deswehr erreicht werden, um so attraktive und damit wettbewerbsfähige Karriereperspektiven bewerben zu können. Wie bereits erwähnt, konnten im letzten Jahr rund 10 000 freiwillig Wehrdienstleistende gewonnen werden. Ein ebenso positives Bild zeigt sich auch bei den rund 15 600 Einstellungs- und Erstverpflichtungs- möglichkeiten als Soldatin oder Soldat auf Zelt. Erste Ergebnisse zeigen zudem, dass auch in den kommenden Monaten ein vergleichbar gutes Ergebnis durch die Arbeit der Personalgewinnungsorganisation erreicht werden kann. Die Bundeswehr ist einer der größten Arbeitgeber in Deutschland. Hierbei bietet sie mit ihren unterschiedli- chen Laufbahnen und Werdegängen für jede Zielgruppe und für jedes Bildungsniveau Karrierepotenziale. So etwas ist in dieser Form einmalig in Deutschlands. Die positive wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland, zweifelsfrei höchst erfreulich in der Gesamtbetrachtung, stellt die Bundeswehr jedoch vor weitere Herausforde- rungen. Dies erfordert neben der Notwendigkeit attrakti- ver Angebote von der Personalgewinnung ein Höchst- maß an Innovationsgeschick wie auch Mobilität, um die jungen Menschen in ihrem unmittelbaren Lebensraum zu erreichen und um sie möglichst authentisch und modern über die beruflichen Möglichkeiten beim Arbeit- geber Bundeswehr zu informieren und somit – unter der Vielzahl alternativer Angebote – wahrnehmbar zu bleiben. Die neue Personalgewinnungsorganisation wird hierbei ihren Beitrag zur verbesserten Potenzialaus- schöpfung leisten. Wir haben eine Organisation gestaltet, die den „einen Arbeitgeber Bundeswehr“ in all seinen Facetten – zivil als auch militärisch – an einem Ort prä- sentiert. Gerade dies ermöglicht, jeder geeigneten Be- werberin und jedem geeignetem Bewerber ein für beide Seiten bestmögliches Angebot zu unterbreiten. Ein breiterer fachlicher Ansatz – unter anderem durch eine stärkere Einbindung des Berufsförderungsdienstes – wird den Binnenarbeitsmarkt und den Kreislauf der Ta- lente besser berücksichtigen können. In der neu geschaf- fenen Organisation gelingt es zum ersten Mal, den gesamten Prozess der Personalgewinnung zusammenzu- führen. Das ist wichtig. Damit liegt alles in einer Hand – von Werbung und Beratung über die Einstellung in die Bundeswehr bis hin zum Dienstzeitende – inklusive des Berufsförderungsdienstes, und zwar – das möchte ich besonders herausstellen – militärisch und zivil gemein- sam. Dies bedeutet unter anderem, dass die Bundeswehr nunmehr einheitlich, als ein Arbeitgeber auftritt und fle- xibel alle Angebote kommunizieren kann. Zum anderen ermöglicht diese Organisation eine Optimierung der Zusammenarbeit mit einer Vielzahl an Multiplikatoren in Politik, Wirtschaft und Medien, wie sie bisher noch nicht stattfinden konnte, sowie – und vielleicht im stattfindenden Kampf um Talente entschei- dend – eine erhebliche Verbesserung an Service und Er- reichbarkeit für Menschen in der Phase einer beruflichen (Neu-)Orientierung. Aber auch der Binnenarbeitsmarkt war für die Bundeswehr schon immer von großer Bedeu- tung und wird auch in Zukunft unter den genannten Rah- menbedingungen – und hier vor allem dem anhaltenden Fachkräftemangel – eine wichtige Rolle einnehmen. Um auch künftig genügend Bewerberinnen und Bewerber für einen zeitlich befristeten Dienst in den Streitkräften gewinnen zu können, muss die Bundeswehr neben anderen attraktiven Wettbewerbsfaktoren auch zu- kunftsorientierte zivilberufliche Aus- und Weiter- bildungsangebote sowie verlässliche Anschlussperspek- tiven in die Waagschale werfen können. Und diese Möglichkeiten der Berufsförderung sind ein gutes Pfund, mit dem man wuchern kann. Die neue Personalgewinnungsorganisation ist darauf ausgerichtet, die Regeneration der Stärke von bis zu 185 000 Soldatinnen und Soldaten und 55 000 zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu gewährleisten. Das ist bei zukünftigen Jahrgangsstärken von etwa 650 000 jungen Menschen ein ambitioniertes Ziel, das wir in schärfer werdender Konkurrenz zur übrigen Wirt- schaft erreichen wollen. Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Eigenständige Jugendpolitik – Selbstbe- stimmt durch Freiheit, Gerechtigkeit, Demo- kratie und Emanzipation – Mit einer eigenständigen Jugendpolitik Frei- räume schaffen, Chancen eröffnen, Rück- halt geben (Tagesordnungspunkt 22 und Zusatztagesord- nungspunkt 6) Dr. Peter Tauber (CDU/CSU): Vor uns liegt ein An- trag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der eine ei- genständige Jugendpolitik fordert. Ergänzt wird er durch Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26991 (A) (C) (D)(B) einen Antrag der SPD, der uns in dieser Woche zugegan- gen ist. Wir freuen uns, dass SPD und Grüne, mehrere Monate nachdem die Koalitionsfraktionen einen sehr ausführlichen Antrag eingebracht haben, nun nachzie- hen. Es freut uns, dass sich auch die Grünen zumindest in der Überschrift für eine eigenständige Jugendpolitik interessieren. Ich formuliere dies so, weil man – wenn man den Antrag weiter als zur Überschrift liest – nach Elementen der Jugendpolitik richtiggehend suchen muss. Ich hatte in Vorbereitung unseres Antrags gemein- sam mit dem Kollegen Florian Bernschneider von der FDP die Gelegenheit, eine ganze Reihe von Gesprächen über die Bedürfnisse von jungen Menschen in ihrer indi- viduellen Situation zu führen. Als ehemaliger Vorsitzen- der eines politischen Jugendverbands kenne ich die Dis- kussionen um Jugendpolitik ganz gut. Im Kern geht es darum, wie es Politik schaffen kann, Jugendliche zu un- terstützen, ihren Lebensentwurf entfalten zu können. Ein ganz zentraler Punkt ist dabei aus meiner Sicht die Beteiligung der jungen Menschen an der Gestaltung des für sie relevanten Umfelds. Eine empathische Ju- gendpolitik stellt sich die Frage: Was wollen Jugendliche in ihrem Alltag, und wie können wir sie dabei unterstüt- zen? Unter diesem Aspekt geht der Antrag der Grünen nicht gerade als „Feuerwerk der Empathie“ in die parla- mentarische Geschichte ein. Liest man die Forderungen der Grünen, so fragt man sich, ob die Partei, die sich gerne jugendlich gibt, tatsächlich noch auf der Höhe der Zeit ist. Da steht als oberste Forderung die Senkung des Wahl- alters auf 16 – quasi als bahnbrechende politische Forde- rung. Richtig ist – und das hatte ich ja bereits in der zu- rückliegenden Debatte zur Jugendpolitik geäußert –, dass die Beteiligung junger Menschen an der Gestaltung des für sie relevanten Umfelds ein wichtiger Faktor ist. Die Beteiligung der Jugendlichen an Entscheidungen, die sie unmittelbar betreffen, sollte hier größer geschrie- ben werden als bislang. Dies bezieht sich also insbeson- dere auf die Partizipation vor Ort. Ihr Vorschlag zum Wahlalter der Jugendlichen mag zwar gut ins parteipoli- tische Kalkül der Grünen passen. Ob dies aber tatsäch- lich ein Thema ist, das den Jugendlichen unter den Nägeln brennt, wie der Antrag dies suggeriert – ich wage es zu bezweifeln. Auch die Vorschläge zum Staatsbürgerschaftsrecht hätte ich nicht in einem Antrag zu einer eigenständigen Jugendpolitik erwartet. Generell fehlt dem Antrag eine erkennbare Struktur, die eine ei- genständige Jugendpolitik beschreibt. Vielmehr liest sich der Text wie eine Sammlung klassischer Forderun- gen der Grünen. Deutlich empathischer liest sich da der Antrag der SPD. Aber auch hier finden sich viele Forderungen, die ich nicht zwingend dem Gedanken einer eigenständigen Jugendpolitik zuordnen würde. Ich finde es gut, dass die Kollegen in ihrem Antrag das oft verbreitete negative Bild von Jugendlichen kriti- sieren, das zur Grundlage von Politik herangezogen wird. Dies wird dem hohen Verantwortungsbewusstsein der Jugend nicht gerecht. Dies sehen wir genauso, und ich hatte ja bereits an einigen Stellen die Gelegenheit, diese Position so zu formulieren. Auch ihre Aussagen von einer zu stark defizitorien- tierten Jugendpolitik teilen wir. Aus diesem Grund ha- ben die Koalitionsfraktionen ja bereits einen Antrag gestellt, der sich genau mit dieser Frage beschäftigt. Es muss uns gelingen, sich von diesen Mustern zu lösen und viel stärker als bislang die Lebensrealität der großen Mehrheit der Jugendlichen in den Blick zu nehmen. Lange hat die Politik diese große Gruppe der jungen Menschen, die verantwortungsbewusst und zumeist frei von größeren Konflikten ihren Weg gehen, ein wenig au- ßer Acht gelassen. Sich dieser jungen Menschen anzu- nehmen und über Unterstützung zu reden, ist richtig. Nach unserem Verständnis ist es speziell Aufgabe der Politik, diesen jungen Menschen zu helfen, selbstbe- stimmt ihren Weg zu gehen und Verantwortung zu über- nehmen, etwas über sich und die Welt zu lernen. Darum haben wir beispielsweise die Jugendfreiwilligendienste als Lerndienste massiv ausgebaut. Es freut mich, dass die Kollegen der SPD dies offenbar ebenfalls so sehen. Auch der von Ihnen beschriebene Querschnittsge- danke findet sich ja bereits in unserem Antrag wieder. Gleiches gilt für die Frage, wie wir die Chancen des In- ternets für die Jugendlichen erkennen und entsprechend reagieren. Auch hier erkenne ich nichts Neues in Ihrem Antrag, freue mich aber, dass Sie sich dieser Forderung anschließen. Ein besonders wichtiges Anliegen ist mir in diesem Zusammenhang die Medienkompetenz der Jugendli- chen. Ein Vorschlag, der mir in diesem Zusammenhang besonders wichtig ist, ist die Forderung, zukünftig jeder Schülerin und jedem Schüler einen Laptop bereitzustel- len, damit junge Menschen gleichberechtigt Erfahrungen mit der multimedialen Welt sammeln und Medienkom- petenz in der Schule erlangen können. Mit den Jugendfreiwilligendiensten habe ich bereits einen Aspekt genannt, in dem die Bundesregierung ei- nen wichtigen Beitrag zu einer modernen Jugendpolitik geleistet hat. Es ist eine ganze Reihe von Aspekten zu nennen, die deutlich machen, dass diese Bundesregie- rung die Interessen der Jugendlichen deutlich in den Blick nimmt. Ich bin froh, dass es der christlich-liberalen Koalition gelungen ist, trotz des Spardrucks durch die Schuldenbremse den Kinder- und Jugendplan als zentra- les Förderinstrument der Jugendpolitik weiter auf hohem Niveau aufrechtzuerhalten. Wir haben mit dem Führer- schein mit 17 Jahren die Mobilität von Jugendlichen ver- bessert. Wir haben dafür gesorgt, dass Kinderlärm kein Grund mehr für eine Klage sein kann. Wir haben mit dem Bildungs- und Teilhabepaket für mehr Chancen- gleichheit unter den Jugendlichen gesorgt, und wir ha- ben mit dem Deutschlandstipendium die Bedingungen für Studenten verbessert, ganz gleich, welchen finanziel- len Hintergrund sie haben. Dies sind nur einige Aspekte. Besonders wichtig ist es in diesem Zusammenhang, die niedrige Jugendarbeitslosigkeit zu erwähnen. So ge- lingt es, jungen Menschen in diesem Land Chancen zu bieten. Junge Heranwachsende haben bei uns eine Viel- 26992 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 (A) (C) (D)(B) zahl von Chancen und Möglichkeiten. Dies ist sehr wichtig, und darauf können wir alle stolz sein. Abschließend möchte ich noch auf einen Aspekt hin- weisen, der in der Jugendpolitik sehr wichtig ist. Wir müssen weg von dem Denken kommen, der Staat könne Jugendpolitik von oben umfassend regeln. Richtig ist: Erfolgreiche Jugendpolitik muss individuell gestaltet sein. Wer dem Glauben unterliegt, man könne mit stan- dardisierten Strategien und Angeboten die Lebenswirk- lichkeit von jungen Menschen treffen, wird scheitern. Unterscheiden müssen wir zwischen dem Alter, aber auch zwischen den völlig heterogenen Interessenlagen junger Menschen. Ihre Anträge bilden diesen zentralen Aspekt nur sehr unzureichend ab. Im Vordergrund steht für uns der Aufbau einer eigenständigen Jugendpolitik, die jungen Menschen die Möglichkeiten an die Hand gibt, um ihren Lebensentwurf individuell zu verwirkli- chen. Insbesondere der Antrag der Grünen bleibt hinter diesem Anspruch zurück. Insofern können beide An- träge unsere Zustimmung nicht finden. Norbert Geis (CDU/CSU): Die Vereinten Nationen definieren Jugendliche als Menschen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren. Innerhalb dieser Kategorie wird noch- mals zwischen Teenagern zwischen 13 und 19 Jahren und jungen Erwachsenen zwischen 20 und 24 Jahren un- terschieden. Das sind natürlich nur grobe Unterschei- dungen. Die Übergänge sind immer fließend und indivi- duell bzw. vom jeweiligen Menschen abhängig. Ab 18 Jahren ist der Jugendliche erwachsen. Ab diesem Zeitpunkt kann er im Geschäftsleben selbstständig han- deln. Bis dahin sind Rechtsgeschäfte, die er tätigt, un- wirksam, wenn er nicht von seinem gesetzlichen Vertre- ter dazu ausdrücklich bevollmächtigt worden ist. Eine Ausnahme ist die Befugnis gemäß des Taschengeldpara- grafen, § 110 BGB. Im Strafrecht allerdings wird bis zum 21. Lebensjahr Jugendstrafrecht angewandt, wenn im Einzelfall festgestellt wird, dass der Betroffene in sei- ner Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichzustel- len ist. Sowohl das Bürgerliche Gesetzbuch als auch das Strafrecht betrachten den Jugendlichen noch nicht als vollverantwortlich. Das Jugendstrafrecht wird vor allem vom Erziehungsgedanken bestimmt, im Gegensatz zum Erwachsenenstrafrecht, in dem der Sühnegedanke domi- niert. Die Jugendpolitik, über die wir heute reden, richtet sich wohl vor allem an die sogenannten Teenager im Al- ter zwischen 13 und 19 Jahren. Die Jugend, in der sich der Mensch vom Kind zum Erwachsenen wandelt, ist ein besonders vielfältiger Le- bensabschnitt. Diese Phase der Adoleszenz ist von tief- greifenden persönlichen Veränderungen geprägt. Der Ju- gendliche ist noch kein Erwachsener, während der Adoleszenz wächst aber sein späteres Profil heran. Es entstehen in ihm die Sichtweisen und Urteile, die ihn als Erwachsener prägen. Dabei ist es wichtig, zu erkennen, dass Jugendliche weder Kinder noch Erwachsene sind. Wie die Kindheit und das Erwachsensein ist auch die Ju- gend eine eigenständige Lebensphase. Diese Eigenstän- digkeit der Jugend hat die Politik zu beachten. Sie darf den Jugendlichen nicht mehr als Kind behandeln. Sie muss aber auch beachten, dass der Jugendliche noch nicht die Reife und Urteilskraft eines Erwachsenen hat, aber auch nicht mehr die Einfalt eines Kindes besitzt. Daher stimme ich dem Grundanliegen der Grünen, eine eigenständige Jugendpolitik zu betreiben, ausdrücklich zu. Es ist richtig, dass dieser besonders vielschichtigen Lebensphase eines Menschen auch in der Politik ein be- sonderer Stellenwert eingeräumt wird. Auf die heranwachsenden Generationen kommen an- gesichts des demografischen Wandels große Herausfor- derungen zu. Zählen wir heute noch 16 Millionen Jugendliche, wird es 2050 voraussichtlich nur noch 11,5 Millionen Jugendliche in Deutschland geben. Die Anforderungen an die kommenden Generationen werden aufgrund des globalen Wettbewerbs kontinuierlich stei- gen. Eine eigenständige Jugendpolitik ist daher ein wichtiger Baustein für die Zukunft unseres Landes. Die Grünen springen allerdings mit ihrem Antrag lediglich auf einen Zug auf, den die Bundesregierung bereits im letzten Jahr in Gang gesetzt hat. Denn die Koalition hat schon im September 2012 einen Antrag für eine eigen- ständige Jugendpolitik verabschiedet. Dieser Antrag geht in vielerlei Hinsicht über die Forderungen der Grü- nen und auch der SPD hinaus. Die Bundesregierung führt längst Fachgespräche mit den Jugendverbänden, um einerseits gemeinsam mit den Experten aus den Ver- bänden und Einrichtungen eine eigenständige Jugendpo- litik zu entwickeln und andererseits Anknüpfungspunkte an die Jugendstrategie der EU – 2010 bis 2018 – zu fin- den. Die Forderungen der Grünen und der SPD wirken vor diesem Hintergrund eher opportunistisch und sind teilweise auch schlecht begründet. So fordern die Grünen in ihrem Antrag beispielsweise die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Ich halte diese Absenkung für realitätsfern und falsch. Die Gesell- schaft traut Jugendlichen im Alter von 16 Jahren aus gu- tem Grund noch nicht zu, ihr Leben eigenverantwortlich zu regeln. Wie oben bereits erwähnt, ist man mit 16 noch nicht in vollem Umfang geschäftsfähig, darf nicht selbst- ständig ein Auto steuern oder Schnaps trinken. Trotz die- ser berechtigten Vorbehalte sollen Jugendliche laut den Grünen das aktive und wohl auch das passive Wahlrecht auf Bundesebene erhalten. Das ist ein kaum nachvoll- ziehbarer Wiederspruch. Mit der Absenkung würde man die Volljährigkeit vom Wahlrecht entkoppeln. Andere Altersgrenzen, wie zum Beispiel das Erreichen der Straf- mündigkeit nach § 19 StGB im Alter von 14 Jahren oder das Verbot von hartem Alkohol bis zum Alter von 18 Jahren bzw. das Erreichen der Geschäftsfähigkeit, würden durch eine Absenkung des Wahlalters als völlig willkürlich erscheinen. Auch gibt es keine empirischen Beweise dafür, dass Jugendliche unter 18 Jahren ein besonderes politisches Interesse haben. Eine Studie der Universität Hohenheim von 2008 bestätigt vielmehr das Gegenteil. Die minder- jährigen Studienteilnehmer wiesen ein deutlich geringe- res politisches Interesse und Wissen auf als die volljähri- gen Studienteilnehmer. Die Minderjährigen waren sich ihrer Wissenslücken auch nicht bewusst und hatten zu- dem größere Schwierigkeiten, die Aussagen von Politi- kern zu verstehen und sie inhaltlich voneinander zu un- terscheiden. Minderjährige sind besonders empfänglich Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26993 (A) (C) (D)(B) für populistische oder extremistische Parolen. Das belegt auch die U-18-Jugendwahl in Baden-Württemberg. Im März 2011 erhielt die NPD bei dieser Probewahl von den ausschließlich minderjährigen Wahlteilnehmern viermal so viele Stimmen, als sie später in der echten Landtagswahl erzielen konnte. Anstatt die Teenager also frühzeitig mit politischer Verantwortung zu überfordern, sollte der Schwerpunkt zunächst auf einer guten politischen Bildung im Schul- unterricht liegen. Hier sind die Länder gefordert. Mit- hilfe neuer Instrumente wie den erwähnten U-18-Ju- gendwahlen können Minderjährige ihr Interesse für Politik entdecken und sich zwanglos mit ihrem Wahl- recht auseinandersetzen. Ich danke daher der Bundesfa- milienministerin, dass sie die Finanzierung des Projektes U-18-Wahl gemäß dem Antrag der Koalition für 2013 fest eingeplant hat und die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellt. Diese Bundesregierung fördert schon heute die Mit- sprache von Kindern und Jugendlichen auf kommunaler Ebene. Denn vor Ort wirkt Politik viel realer als im fer- nen Berlin. Im Nationalen Aktionsplan für ein kinderge- rechtes Deutschland, NAP, wurden daher Qualitätsstan- dards für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen entwickelt, die auf kommunaler Ebene Stück für Stück umgesetzt werden müssen. Unter dem Titel „Lokale Al- lianzen für Jugend – Mitdenken, Mitlenken“ werden lo- kale Akteure, die mit Jugendlichen vor Ort arbeiten, zu- sammengebracht, um Synergieeffekte zu erzielen. Mit den Förderprogrammen „Jugend Stärken: Aktiv in der Region“ und „Schulverweigerung – 2. Chance“, die dank dieser Bundesregierung und mithilfe des Europäi- schen Sozialfonds, ESF, fortgesetzt werden können, hel- fen wir gezielt Jugendlichen, die Schwierigkeiten haben, die Phase des Heranwachsens zu bewältigen. Zweifellos gibt es hier viel zu tun. Diese relativ kleinen Problem- gruppen dürfen aber nicht die gesamte Jugendpolitik be- stimmen. Die Koalition hat daher in ihrem Antrag gefordert, dass die Jugendpolitik alle Jugendlichen im Blick haben muss und sich nicht nur auf bestimmte Problemgruppen beschränkt. Unsere Forderung ist, für die Jugendlichen gleiche Chancen zu schaffen, ohne dabei bestimmte Le- bensentwürfe zu verordnen. Wir wollen unterstützen und befähigen, nicht aber bevormunden. Die Jugendpolitik muss deutlich machen, auf welchen Voraussetzungen un- ser Staatswesen ruht. Diese Voraussetzungen kommen in den Grundrechten zum Ausdruck. Es ist elementar, dass die Jugend für die Erhaltung dieser Werte, dieser Grund- lagen unseres Staatswesens gewonnen wird. Daher un- terstütze ich ausdrücklich die Forderung aus unserem Antrag nach einer Stärkung der kulturellen Jugendbil- dung. Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass diese Bundesregierung so viel Vertrauen in die deutsche Jugend bewiesen hat wie keine Regierung zuvor. Viele haben uns vor der Einführung des Bundesfreiwilligen- dienstes gewarnt und teilweise Horrorszenarien vom Pflegenotstand an die Wand gemalt. Das Gegenteil ist eingetreten. Unsere Jugend hat ein ausgeprägtes soziales Verantwortungsbewusstsein, dem diese Bundesregierung zu Recht vertraut hat. Der Bundesfreiwilligendienst ist eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte und Beleg für den richtigen jugendpolitischen Ansatz der christlich- liberalen Koalition gemäß den beiden Grundsätzen För- dern und Fordern. Sönke Rix (SPD): Jugendpolitik als eigenständiges Politikfeld ist das Thema der heutigen Debatte. Anträge dazu liegen von meiner Fraktion und von Bündnis 90/ Die Grünen vor. Den, wie ich finde, absolut unzurei- chenden Antrag der Koalitionsfraktionen zu diesem Thema haben wir schon im April des letzten Jahres de- battiert. Eine eigenständige Jugendpolitik darf nicht allein drei, vier Bereiche, die Jugendliche irgendwie betreffen könnten, herausgreifen, sondern muss umfassend und konsistent sein. Diesem Anspruch wurden wir mit unse- rem Antrag, der auf einen noch umfangreicheren Be- schluss der SPD zurückgeht, gerecht. Denn Jugendpoli- tik ist eben nicht nur Medienkompetenz, internationale Jugendarbeit, kulturelle Bildung und Bundesfreiwilli- gendienst. Jugendpolitische Belange gibt es in allen Politikfeldern: Gesundheitspolitik ist Jugendpolitik, Ver- teidigungspolitik ist Jugendpolitik, Haushaltspolitik ist Jugendpolitik, Bildungspolitik ist Jugendpolitik, Ver- braucherschutz ist Jugendpolitik, Innenpolitik ist Ju- gendpolitik usw., usf. Was ich damit deutlich machen will: Jugendpolitik ist eine Querschnittsaufgabe und fiel und fällt gerade des- halb so häufig unter den Tisch. Das ist bei der jetzigen Bundesregierung nicht anders. Außer einer publikums- wirksamen Veranstaltung hat das originär zuständige Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend nichts zustande gebracht. Wir müssen die Phase der Jugend mehr in den Vorder- grund rücken – nicht allein, weil diese immer länger wird, sondern weil die Jugendlichen selbst auf ihrem Weg ins Erwachsenenleben viel mehr Entscheidungen treffen müssen als früher. Das ist zwar gut so, birgt aber wiederum auch mehr Risiken. Deshalb müssen wir den jungen Menschen gute Rahmenbedingungen bieten, die ihnen womöglich auch zwei oder mehr Chancen einräu- men. Nicht dass Sie mich falsch verstehen: Der Großteil der Jugendlichen braucht keine dritte oder vierte Chance – auch dagegen möchte ich angehen. Das öffentliche Bild von Jugendlichen ist noch zu sehr problembehaftet und defizitorientiert. Dabei haben wir es mit einer engagier- ten, verantwortungsbewussten und pragmatischen Gene- ration zu tun. Doch natürlich gibt es auch Jugendliche, die eine längere Orientierungszeit benötigen, bevor sie in ein Erwachsenenleben starten, wie sie es sich vorge- stellt haben. Wie erwähnt, zeichnet unser Antrag ein umfassendes Bild von Jugendpolitik. Im Rahmen dieser Plenumsde- batte kann ich nicht auf alle Bereiche eingehen. Erlauben Sie mir deshalb, dass ich im Folgenden auf das bürger- 26994 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 (A) (C) (D)(B) schaftliche Engagement von Jugendlichen und ihre Teil- habechancen eingehen werde. Das bürgerschaftliche Engagement ist sehr stark bil- dungs- und schichtabhängig. Jugendlichen aus benach- teiligten Familien stehen oft formelle und informelle Hürden im Weg. Das wollen wir ändern. Kein Jugendli- cher darf vom Engagement ausgeschlossen werden. Das Engagement von Jugendlichen soll durch einen freien Nachmittag auch an Ganztagsschulen ermöglicht werden. Deshalb wollen wir einen praktikablen Weg fin- den, der Jugendlichen sowohl Freiraum als auch eine gute Betreuung gewährt. Freiwilligendienste sind eine besondere Form des bürgerschaftlichen Engagements. Die wollen wir stär- ken. Bei dem neu eingeführten Bundesfreiwilligendienst sehen wir erheblichen Nachbesserungsbedarf. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat die Chance vertan, den Wegfall des Zivildienstes für eine Stärkung der Zi- vilgesellschaft zu nutzen. Im Gegenteil: Die Übertra- gung von Pflichtdienststrukturen auf einen altersoffenen und durch den Bund verwalteten Freiwilligendienst be- deutet Doppelstruktur und Konkurrenz zu den etablier- ten Jugendfreiwilligendiensten FSJ und FÖJ. Gute Jugendpolitik sieht anders aus. Wir setzen auf den konsequenten Ausbau der Jugendfreiwilligen- dienste. Sie haben sich aus der Zivilgesellschaft heraus entwickelt und bewährt und bieten jungen Menschen eine Lern- und Orientierungsphase. Wir wollen diese Dienste weiterentwickeln und ausbauen, sodass jedem Jugendlichen, der einen Freiwilligendienst leisten will, ein Platz angeboten werden kann. Klar ist: Freiwilligendienste dürfen grundsätzlich nicht zum Ersatz für soziale Arbeit, für arbeitsmarktpoli- tische oder Wiedereingliederungsmaßnahmen werden. Das Prinzip der Freiwilligkeit, Gemeinwohlorientierung und Unentgeltlichkeit muss gewahrt sein. Um für Freiwillige, ihre Eltern, Einsatzstellen und Träger Rechtssicherheit und gute Rahmenbedingungen zu schaffen und um Mindeststandards und Transparenz zu stärken, wollen wir ein neues Freiwilligendienstesta- tusgesetz vorlegen. Darüber hinaus wollen wir die Anerkennung weiter stärken und für eine höhere Bekanntheit von Freiwilli- gendiensten in der Gesellschaft sorgen. Eine Ombuds- stelle, an die sich Freiwilligendienstleistende wenden können, wenn es Probleme mit der Einsatzstelle, dem Träger oder den rechtlichen Rahmenbedingungen gibt, soll geschaffen werden. Unser Anliegen ist, die Gesellschaft weiter zu demo- kratisieren. Dabei gilt: Menschen müssen dort beteiligt werden, wo sie von Entscheidungen betroffen sind. Das gilt natürlich auch für Kinder und Jugendliche. Positive Erfahrungen mit der Demokratie zu machen, ist auch die beste Prävention gegen Rechtsextremismus. Deshalb wollen wir die demokratische Mitbestimmung in Kitas, Schulen, Hochschulen und Ausbildungsbetrieben stärken. Für uns ist klar: Auszubildende müssen im Rah- men der Mitbestimmung selbst die Rahmenbedingungen von Bildung und Ausbildung mitbestimmen können. Darüber hinaus wollen wir das Wahlalter bei Kommu- nal-, Landtags- und Bundestagswahlen auf 16 Jahre ab- senken. Um Jugendliche für Politik zu sensibilisieren, damit sie mündig entscheiden können, muss auch die Demokratieerziehung und Gesellschaftskunde wieder zum selbstverständlichen Bestandteil des Schulunter- richts nicht nur an Gymnasien, sondern an allen Schulen werden. Auch die außerschulische Demokratieerziehung und politische Bildung wollen wir stärken. Jugendverbands- arbeit leistet einen wichtigen Beitrag nicht nur für den einzelnen Jugendlichen, sondern auch für ein gesundes und demokratisches gesellschaftliches Klima. Jugendli- che erfahren hier, wie wichtig es ist, sich mit Positionen und Meinungen anderer auseinanderzusetzen. Sie lernen Demokratie und Akzeptanz und erfahren, dass Toleranz nicht Gleichgültigkeit bedeutet. Jugendpolitik ist allumfassend und gerade deswegen nicht einfach. Um zu gewährleisten, dass Jugendpolitik bei jeder gesetzlichen Initiative in den Blick genommen wird, wollen wir einen Staatssekretär bzw. eine Staats- sekretärin explizit für die Vertretung, Vernetzung und Koordinierung aller jugendspezifischen Belange einset- zen. Wir versprechen uns von diesem Vorhaben eine chanceneröffnende, partizipative und in sich schlüssige Jugendpolitik, die ab der nächsten Legislaturperiode auf die Agenda einer hoffentlich neuen Bundesregierung ge- setzt wird. Stefan Schwartze (SPD): Der erste Parteikonvent der SPD im Juni 2012 hat ein wichtiges Zeichen gesetzt. Er hat einstimmig den Beschluss „Mit einer eigenständi- gen Jugendpolitik Freiräume schaffen, Chancen eröff- nen, Rückhalt geben“ gefasst. Der hier vorgelegte Antrag stellt die parlamentarische Umsetzung des SPD-Be- schlusses dar. Die SPD-Bundestagsfraktion will die Ju- gendpolitik wieder sichtbar machen. Jugendpolitik darf nicht länger als Problem- und Krisenbewältigungspolitik verstanden werden. Unsere Gesellschaft muss Jugendli- che respektieren und anerkennen, ihnen für eine gelin- gende Persönlichkeitsentwicklung die notwendigen Res- sourcen zur Verfügung stellen. Mensch sein bedeutet mehr, als zu funktionieren – Demokratie, Solidarität und Selbstentwicklung sind für uns alle notwendige Werte, die erlernt werden müssen. Das geht jedoch nur mit einer schlüssigen und stimmigen Jugendpolitik, die auf die Bedürfnisse der jungen Menschen abgestimmte Ange- bote für verschiedene Lebenslagen macht. Notwendig ist, Jugendpolitik als zentrales Politikfeld, als Zukunfts- politik zu begreifen und zu gestalten. Jugendpolitik ist thematisch breit aufgestellt. Ent- scheidend ist, dass Jugendpolitik sich als Interessenver- tretungspolitik für junge Menschen versteht. Deutsch- land muss eine Gesamtstrategie für ein gutes Auf- wachsen junger Menschen unter Einbeziehung aller rele- vanten Politikfelder und föderalen Ebenen entwickeln. Der Schlüssel für ein selbstbestimmtes Leben ohne Ar- mut ist für uns die Bildung. Von der Kita bis zur Uni Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26995 (A) (C) (D)(B) muss Bildung kostenlos sein. Bildung darf nicht abhän- gig vom Geldbeutel der Eltern sein. Wir brauchen länge- res gemeinsames Lernen. Dafür wollen wir bis zum Jahr 2020 einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsschul- platz für alle Schulformen verwirklichen. Für uns Sozialdemokraten ist das Hauptziel einer gu- ten Jugendpolitik, keinen jungen Menschen zurückzulas- sen. Irren ist menschlich, deshalb muss jeder eine zweite, dritte oder auch vierte Chance erhalten. Wir for- dern ein Recht auf Nachholen eines Schulabschlusses und ein Recht auf eine qualifizierte Ausbildung. Nach der Ausbildung oder dem Studium gelingt vielen jungen Menschen der direkte Einstieg in ein Normalarbeitsver- hältnis nicht. Oft arbeiten sie in prekärer Beschäftigung. Wichtig ist daher die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro. Die Leiharbeit muss regu- liert werden, und die sachgrundlose Befristung muss ab- geschafft werden. Viele junge Menschen bekommen nach Ausbildung und Studium oft nur ein Praktikum angeboten. Die „Ge- neration Praktikum“ braucht dringend unsere Unterstüt- zung. Der Missbrauch von Praktika muss wirkungsvoll bekämpft werden. Wir brauchen Mindeststandards für Praktika. Dazu gehören der Anspruch auf einen Vertrag, eine zeitliche Begrenzung auf maximal drei Monate, eine Mindestvergütung und der Anspruch auf ein Zeug- nis. Die Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt muss ein Ende haben. Oft finden hochqualifizierte junge Men- schen keinen Arbeitsplatz, weil sie einen anders klingen- den Namen haben. Die Auswertung des Pilotprojektes des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat gezeigt, Migranten und Frauen haben bessere Chancen mit dem anonymen Bewerbungsverfah- ren. Deshalb wollen wir das Verfahren für dem öffentli- chen Dienst und für die Privatwirtschaft einführen. Das sind nur einige von zahlreichen konkreten Maß- nahmen, die wir hier mit unserem Antrag fordern. Gleichzeitig mit dem Antrag der SPD beraten wir heute ebenfalls einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zur eigenständigen Jugendpolitik. Die neun Maßnahmen, die die Grünen hier vorschlagen, begrüßen wir ebenfalls. Die Bundesregierung dagegen hat in den vergangenen drei Jahren viel geredet, aber wenig Konkretes getan. Ich fordere Sie auf. Lassen Sie uns endlich die zahlreichen drängenden Maßnahmen angehen. Die Gutachten und Expertisen liegen vor. Die Umsetzung ist jetzt gefragt. Florian Bernschneider (FDP): Es ist immer gut und schön, wenn wir hier im Hohen Haus über die Ju- gendpolitik diskutieren können. Nach meinem Dafürhal- ten tun wir dies viel zu selten angesichts der Bedeutung, die dieses Thema für die Zukunft unseres Landes eigent- lich hat. Wenn ich mir dann aber den Antrag der Grünen anschaue, dann – so muss ich sagen – bin ich schon überrascht. Glauben Sie mir, ich würde gerne sagen: positiv überrascht. Aber leider nutzen Sie einen Antrag wieder einmal nicht für ernsthafte Sacharbeit, sondern für Klamauk. Denn wenn Sie in einem Antrag Unwahrheiten verbrei- ten, ist das der Debatte über eine eigenständige Jugend- politik wenig zuträglich. Sie reden in Ihrem Antrag von der Kürzung bei Jugendverbänden. Welche Kürzung meinen Sie konkret? Wo hat diese Regierung den Mit- telansatz für die Jugendverbände abgesenkt? Ich kann mich nicht entsinnen, dass dies der Fall gewesen wäre. Sie kommen mit diesem Antrag, aufgrund Ihres Trie- bes nach unzulässiger Skandalisierung und Wahlkampf- getöse, über gute Ansätze leider nicht hinaus. Das ist schade. So fordern Sie völlig zu Recht, dass es eines gu- ten Zusammenspiels von formaler und nonformaler Bil- dung bedürfe, um junge Menschen dazu zu befähigen, an politischen Entscheidungsprozessen, zum Beispiel in der Jugendarbeit oder in Jugendverbänden, teilzunehmen. Zugleich kritisieren Sie diese Regierung landauf, landab bei jeder sich bietenden Gelegenheit dafür, dass sie die Engagementmöglichkeiten junger Menschen wie keine andere Regierung in der Geschichte dieser Repu- blik ausgebaut hat und sich im Rahmen der „Allianz für Jugend“ gerade um ein besseres Zusammenspiel von for- maler und nonformaler Bildung in der Jugendarbeit in- tensiv bemüht. Frau Deligöz selbst hat sich in ihrer Rede vom 27. April 2012 zum Antrag der Koalition zur eigen- ständigen Jugendpolitik über diese Allianz lustig ge- macht. Ich zitiere wörtlich: „Irgendwann soll wohl eine ‚Allianz für Jugend‘ initiiert werden. ‚Wenn’s nützt‘, möchte man sagen.“ Ja, den jungen Menschen nützt’s! Nur zu Ihrer Information: Die Fachkongresse für diese Allianz laufen seit über einem Jahr. Die drei zen- tralen Zielfelder der Allianz sind (I) Schule, außerschuli- sches Lernen und Bildungsorte, (II) die Übergangs- gestaltung von Schule in den Arbeitsmarkt und (III) Beteiligungschancen und -anlässe im politischen und öf- fentlichen Raum – Themen, die uns in der Jugendpolitik seit jeher beschäftigen. Und ich würde es wirklich sehr begrüßen, wenn Sie, liebe Grüne, sich wenigstens mal mit den Fakten auseinandersetzen und sich ein bisschen, nur ein bisschen, informieren würden, bevor Sie solche Anträge einbringen. Das trifft übrigens auch gleich auf den ersten Absatz Ihres Antrages zu. Wenn Sie behaupten, dass es immer mehr Jugendliche in Deutschland mit geringen Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe gäbe, dass sich immer mehr Jugendliche vernachlässigt und von der Gesell- schaft zurückgelassen fühlen, dann entspricht das schlicht nicht den Tatsachen. Weder untermauern die einschlägigen großen Jugendstudien wie die Shell-Stu- die entsprechende Aussagen, noch lässt sich diese Be- hauptung anhand von anderen gesamtwirtschaftlichen Zahlen ableiten. Der Name Ihrer Partei trügt: Sie betrei- ben Schwarzmalerei. Ihr gesamter Antrag, liebe Kollegen von den Grünen, besteht aus einem einzigen Sammelsurium ohne Über- bau – und dabei bieten Sie ziemlich wenig an. Sie wollen wie die SPD das Wahlalter absenken und vor allem, dass der Bund in etlichen Bereichen – sei es beim ÖPNV, der Einrichtung eines Jugend-TV-Kanals oder in der Kinder- und Jugendhilfe – auf die Länder einwirkt. Kurzum: Ih- nen ist längst bewusst, dass vieles, was Sie in der Öffent- 26996 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 (A) (C) (D)(B) lichkeit in Sachen Jugendpolitik vollmundig ankündi- gen, gar nicht vom Bund geregelt werden kann. Und noch vor wenigen Monaten haben Sie uns genau dafür kritisiert. Die gleiche Kritik muss ich leider auch beim Antrag der SPD anbringen. Zum einen fordern Sie wie die Grü- nen viele wünschenswerte Dinge, zum Beispiel im Bil- dungsbereich, wohl wissend, dass hier vor allem die Länder am Zug sind. Zum anderen stellen Sie wohlklin- gende Forderungen auf, ohne mit einem Wort zu erwäh- nen, wie diese konkret umgesetzt oder finanziert werden sollen. Wie genau soll denn der von Ihnen geforderte Ju- gendpolitik-TÜV aussehen? Welche Indikatoren für eine „gute Jugendpolitik“ wollen Sie denn heranziehen? Aus Ihrem Antrag ergeben sich vor allem viele Fragen, aber keine Antworten. Sie, meine Damen und Herren von der SPD, haben sich, wenn es um die Jugendpolitik geht, vor allem da- rauf beschränkt, die Absenkung des Wahlalters zu for- dern und ansonsten alte Anträge Ihrer Fraktion, vorran- gig aus dem Bildungsbereich, abzuschreiben. Was Sie hier heute auftragen, ist nichts anderes als alter Wein in neuen Schläuchen. Und der Wein schmeckt nicht mal gut. Beide Anträge von SPD und Grünen ergehen sich nach meinem Geschmack viel zu sehr in platter Kritik an dieser Bundesregierung und bieten dabei selbst viel zu wenig eigene Lösungsvorschläge an. Sie kritisieren beide, dass die Jugendarbeitslosigkeit weiterhin zu hoch sei; die SPD fordert, die Schulabbre- cherquote von 8 auf 4 Prozent zu halbieren. Alles be- rechtigte Forderungen! Nur erwähnen Sie mit keinem Wort, dass wir auf diesen Feldern schon eine Menge er- reicht haben. Wie sahen denn die Zahlen 2005 unter Rot- Grün aus? Die Jugendarbeitslosigkeit lag bei rekordver- dächtigen 15 Prozent. Heute ist sie halb so hoch – und die niedrigste in ganz Europa. Die Schulabbrecherquote war unter Rot-Grün ebenfalls auf einem Allzeithoch, im Jahr 2000 bei knapp 9 Prozent. Wir haben sie auf gut 6,5 Prozent gesenkt – von den allgemeinen Arbeitslosen- zahlen mal ganz zu schweigen. Wenn ich diese Zahlen so betrachte, dann stelle ich fest: Junge Menschen in Deutschland hatten zu Ihrer Re- gierungszeit tatsächlich weniger Chancen auf eine gute Ausbildung und einen sicheren Arbeitsplatz und gerin- gere Aussicht auf gesellschaftliche Teilhabe, Familienle- ben und eine gesicherte Existenz. Das ist heute – Schwarz- Gelb sei Dank – anders. Aber auf diesen Erfolgen ruhen wir uns nicht aus. Na- türlich wollen und können wir noch besser werden. Je- des Kind und jeder Jugendliche im Hartz-IV-Bezug ist für uns eines bzw. einer zu viel. Und jeder Jugendliche ohne eine Ausbildung, obwohl wir Tausende, ja Zehn- tausende unbesetzte Lehrstellen im letzten Jahr hatten, ist ebenfalls einer zu viel. Gerade wir Liberalen sind mit dem Erreichten nicht zufrieden. Wir wollen weiterkom- men, wir wollen nicht nur verwalten. Da unterscheiden wir uns ganz klar von der linken Seite dieses Hauses. Vor diesem Hintergrund kann ich nur konstatieren: Ihre Anträge haben wenig Substanz; zentrale Bereiche wie die neuen Medien oder der Kinder- und Jugendplan des Bundes fehlen beispielsweise beim Antrag der Grü- nen völlig. Ihre Anträge bieten wenig bis gar nichts Kon- kretes, Ihre Anträge stellen Behauptungen auf, die bei genauerer Betrachtung nicht haltbar sind, und Ihre An- träge kommen reichlich spät – über drei Jahre nach Be- ginn der Legislatur eigentlich zu spät. Diana Golze (DIE LINKE): Kaum eine Bevölke- rungsgruppe steht mit ihren Bedürfnissen so wenig im Fokus der politischen Debatten wie Jugendliche. Werden sie wahrgenommen, sind die Schlagzeilen meist negativ: desillusioniert, gewalttätig, politikmüde, uninteressiert an der Gestaltung unserer Gesellschaft. Ein solches Bild von einer ganzen Bevölkerungsgruppe lässt nicht ver- wundern, dass Rufe nach der Verschärfung von Jugend- strafen, nach einer Einführung von Warnschussarresten schnell hochkommen und nicht selten auch begrüßt wer- den. Die Kehrseite, die vielleicht Ursachen für viele der Negativbilder in sich birgt, findet aber in der Öffentlich- keit kaum Gehör, etwa wenn ein Programm zur Beglei- tung von Schulverweigerern beendet werden soll, ohne dass ein neues Angebot für diese Jugendlichen geschaf- fen wird, oder wenn es immer zuerst Angebote für Jugendliche sind, die dem Rotstift zum Opfer fallen, wenn sich die Kassen der Kommunen leeren. Es gibt kaum eine andere Bevölkerungsgruppe, über die es so wenige Erhebungen zu ihrer sozialen Situation gibt, kaum eine, deren Bedürfnisse und Anforderungen an die Gesellschaft von der Politik so wenig wahrgenommen werden. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an die schwarz-gelbe Bundesregierung, als sie im Koali- tionsvertrag die Entwicklung einer eigenständigen Jugendpolitik versprach. Zweifel kamen auf durch das lange Warten auf eine Initiative, die dieses Versprechen einlöst. Enttäuscht wurden sie durch eine Ansammlung von Prüfaufträgen im zweiten Halbjahr des vergangenen Jahres, die wie ein Handlungsauftrag an die folgende Regierung wirkte, nicht aber wie das, was Jugendliche brauchen: Politik- konzepte, die Antworten auf ihre Fragen und Lösungen für ihre Probleme liefern. Nun sind es wieder Oppositionsfraktionen, die versu- chen, der Untätigkeit der Regierung etwas Fundiertes entgegenzusetzen. Es wird die Kolleginnen und Kolle- gen der SPD- und Grünen-Fraktion nicht verwundern, dass mir einige wichtige Bestandteile fehlen. Die Forde- rung, endlich von der repressiven Sanktionspolitik ins- besondere gegenüber jugendlichen Erwerbslosen abzu- kommen, begrüße ich sehr. Doch warum bleiben Sie bei der diskriminierenden Schlechterstellung der unter 25-Jährigen bei der Höhe des ALG-II-Regelsatzes? Auch die Praxis, dass diesen Erwerbslosen noch immer die Möglichkeit auf eine eigene Wohnung verwehrt wird, kann nicht im Sinne einer eigenständigen Jugend- politik sein, die Jugendlichen hilft, selbstständig zu wer- den. Im Grünen-Antrag fehlen Armutsbekämpfung und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Entwick- lung von Jugendlichen leider ganz in den aufgestellten Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26997 (A) (C) (D)(B) Forderungen. Wir wissen doch aus den wenigen Studien, die es gibt, in welchem Umfang sich Armut auf Bil- dungskarrieren und die Entwicklung eigener Zukunfts- perspektiven auswirkt. Mir fehlt ein klares und deutliches Bekenntnis dazu, dass es nicht der soziale Status der Eltern sein darf, der über Bildungschancen entscheidet. Rechtsansprüche auf Ganztagsschulplätze sind ein guter und richtiger Be- standteil von Bildungsgerechtigkeit. Wie aber will man Bildungsgerechtigkeit schaffen, wenn alle ausgrenzen- den Momente der teilhabeverhindernden ALG-II-Regel- sätze nicht benannt oder gar aufgehoben werden? Wenn es um ein Konzept für eine eigenständige Jugendpolitik geht, ist es wichtig, die Arbeit von Jugend- verbänden hervorzuheben. Denn das sind die Orte, wo Partizipation beginnt. Beiden Anträgen aber fehlen An- sätze, die Jugendliche bei der Gestaltung einer eigen- ständigen Jugendpolitik auch auf der Bundesebene ein- binden und die sie nicht nur über ihre Rechte besser informieren. Es muss aus meiner Sicht doch darum ge- hen, dass sie ihre Rechte nicht nur kennen, sondern auch wahrnehmen können. Dies alles sind Fragen und Punkte, die es zu diskutieren gilt. Dennoch bin ich dankbar da- für, dass es eine Grundlage für eine fachliche Diskussion gibt, und ich freue mich auf diese Debatten. Ulrich Schneider (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jugendliche sind unsere Zukunft. Das sagen wir alle, und das sagen wir oft. Aber wenn wir diese Bundesregierung an diesem wichtigen Satz messen, dann wird deutlich, dass er viel zu oft für Sonntagsreden herhalten muss und dass er viel zu wenig ernst genommen wird. Wir Grüne wollen die jungen Menschen in unserer Gesellschaft ernst nehmen. Und wir wollen ihnen zu ihren Rechten verhelfen. Und deshalb bringen wir heute diesen Antrag für eine echte eigenständige Jugendpolitik ein. Denn auch wenn es um die eigenständige Jugendpolitik geht, wird gebetsmühlenartig wiederholt, dass die Jugend un- sere Zukunft ist, dass die Jugend wichtig ist und dass die Jugend ernst genommen werden muss. Aber was hat das Familienministerium konkret getan? Nichts. Wir müssen endlich beginnen, Jugendliche ernst zu nehmen. Wir müssen ihnen Freiräume geben. Wir müssen sie an Ent- scheidungen beteiligen. Und dafür müssen wir endlich das Wahlalter auch bei Bundestags- und Europawahlen auf 16 Jahre absenken. Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie rüh- men sich ja gerne damit, dass sie den Führerschein mit 17 eingeführt haben. Das war Ihre größte jugendpoliti- sche Tat in den letzten Jahren. Aber da frage ich Sie, wa- rum Jugendliche mit 17 Jahren in der Lage sind, Auto zu fahren, aber nicht in der Lage sein sollen, an einer politi- schen Wahl teilzunehmen? Wenn Sie die Absenkung des Wahlalters als Feigenblattpolitik abtun, dann würde ich mir wünschen, dass Sie sich wenigstens mit diesem Fei- genblatt schmückten. Im Gegensatz zu Ihnen beschrän- ken wir uns in unserem Antrag nicht auf blumige Worte. Wir haben konkrete Forderungen formuliert, die unsere Idee einer eigenständigen Jugendpolitik wiederspiegeln: Demokratie, Freiheit, Emanzipation und Gerechtigkeit. Wir fordern mehr Demokratie für junge Menschen durch die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Wir fordern mehr Emanzipation durch eine Steigerung der Mittel für politische Bildung und durch eine bessere Förderung der Jugendverbandsarbeit. Weiter fordern wir mehr Gerechtigkeit auch durch die Abschaffung des Optionszwangs für migrantische Ju- gendliche. Und schließlich fordern wir mehr Freiheit, indem der öffentliche Nahverkehr flächendeckend jugendgerecht ausgebaut wird. Denn ein Führerschein mit 17 – so sinnvoll er sein mag – entspricht einfach nicht der Lebensrealität vieler junger Menschen, die sich keinen Führerschein leisten können, geschweige denn ein Auto. Wir fordern die Regierung auf, die Partizipation von Jugendlichen und damit endlich eine eigenständige Ju- gendpolitik zu ermöglichen. Lassen Sie die jungen Men- schen nicht bis zum Herbst warten. Anlage 14 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 904. Sitzung am 14. De- zember 2012 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Ab- satz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Gesetz über die Feststellung des Bundeshaus- haltsplans für das Haushaltsjahr 2013 (Haus- haltsgesetz 2013) Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschlie- ßung gefasst: Zur Festlegung der Höhe der vom Bund zu leisten- den Kompensation für die im Rahmen der Föderalis- musreform vorgenommene deutliche Reduzierung von Mischfinanzierungen für die Zeit ab 2014 ist eine rasche Lösung unerlässlich. Die Länder und die mit betroffenen Kommunen benötigen dringend Pla- nungssicherheit. Die Kompensationsleistungen sind im Lichte weiterhin bestehender und teilweise gestie- gener Anforderungen sowie der Kostenentwicklung anzupassen. Der Bundesrat fordert den Bund auf, den berechtigten Interessen der Länder nachzukommen und schnellstmöglich eine Einigung mit ihnen zu su- chen. – Haushaltsbegleitgesetz 2013 (HBeglG 2013) – Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozial- gesetzbuch – Gesetz zur Einführung eines Betreuungsgeldes (Betreuungsgeldgesetz) – Gesetz über die Feststellung eines Zweiten Nach- trags zum Bundeshaushaltsplan für das Haus- 26998 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 (A) (C) (D)(B) haltsjahr 2012 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 2012) – Drittes Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmen- pakets zur Stabilisierung des Finanzmarkts (Drit- tes Finanzmarktstabilisierungsgesetz – 3. FMStG) Der Bundesrat hat ferner folgende Entschließung ge- fasst. a) Der Bundesrat begrüßt die Zielsetzung des Geset- zes, den Bankensektor und damit die Funktions- fähigkeit des Finanzsystems weiterhin zu stabili- sieren. b) Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die nun- mehr geplante Finanzierung möglicher Verluste des Stabilisierungsfonds durch die Kreditwirt- schaft. Der Bundesrat weist allerdings darauf hin, dass die hierfür vorgesehene Bankenabgabe so- wie die Möglichkeit zur Erhebung einer Sonder- abgabe eine erneute Haftung auch der Länder für weitere Bankenstützungsmaßnahmen nicht gänz- lich ausschließen können. Zudem ist die Haftung der Banken nicht vorgesehen für Fälle, in denen der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung eine Rekapitalisierungsmaßnahme oder Risikoüber- nahme gewährt, also Anteile am Kreditinstitut oder Wertpapiere erwirbt. Eine weitere Belastung durch neue Garantien und Rekapitalisierungen ist den Ländern angesichts der Spar- und Konsoli- dierungszwänge in den öffentlichen Haushalten, die sich insbesondere aus der Befolgung der Schuldenbremsen ergeben, nicht zuzumuten. c) Der Bundesrat weist erneut darauf hin, dass der Bund durch die Bundesanstalt für Finanzmarktsta- bilisierung die alleinige Verwaltungs- und Entschei- dungskompetenz über Stabilisierungsmaßnahmen hat. Den Ländern steht – abgesehen von dem von ihnen benannten Mitglied des Lenkungsausschus- ses – kein signifikanter Einfluss zu. Auch aus die- sem Grund muss sichergestellt sein, dass für die Risiken aus möglichen neuen Rettungsmaßnah- men ausschließlich der Bund einstehen wird. – Gesetz zur Ergänzung des Geldwäschegesetzes (GwGErgG) Der Bundesrat hat ferner die nachstehenden Ent- schließungen gefasst: 1. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, im Rahmen der nächsten Änderung des Geldwäsche- gesetzes (GwG) die Zuständigkeit der Länder für die Aufsichtsbehörden im Nichtfinanzsektor für Verpflichtete nach § 2 Absatz 1 Nummer 3, 5, 9, 10 und 13 GwG aus Gründen eines bundesein- heitlichen Vollzugs und einer effektiven Auf- sichtswahrnehmung in eine zentrale Aufgaben- wahrnehmung durch den Bund zu überführen. Begründung: Der Prüfbitte des Bundesrates in seiner Stellungnahme zum Ge- setzentwurf (BR-Drucksache 459/12 (Beschluss)) ist die Bundes- regierung in ihrer Gegenäußerung vom 26. September 2012 umge- hend nachgekommen. Der Bundesrat bedauert die Ablehnung, ist aber auch der Auffassung, dass die Begründung der Bundesregie- rung hinsichtlich der Aspekte Effizienz und Zweckmäßigkeit nicht zielführend ist. In Anerkennung der Bedeutung des vorliegenden Gesetzentwurfes für Verbesserungen der Geldwäscheprävention im Glücksspielmarkt beabsichtigt der Bundesrat zur Vermeidung von Verzögerungen keine Anrufung des Vermittlungsausschusses. Unverändert hält der Bundesrat im Bereich der Geldwäscheauf- sicht jedoch eine zentrale Aufgabenwahrnehmung durch den Bund sowohl aus Gründen der Effizienz als auch aus fachlichen Grün- den für angezeigt. Der Vollzug des Geldwäschegesetzes erfordert angesichts europäi- scher und internationaler Vorgaben eine möglichst einheitliche und effektive Vorgehensweise. Da die Länder die zuständigen Aufsichtsbehörden zu bestimmen hatten, wurden die Zuständig- keiten unterschiedlich geregelt und teils auf ministerieller Ebene, teils bei Mittelinstanzen und teils bei örtlichen Ordnungsbehörden verortet. Nicht nur die Aufsicht über heutzutage oft länderübergreifend agierende Verpflichtete macht einen erheblichen Abstimmungs- und Koordinierungsaufwand erforderlich. Die vom Bund deshalb folgerichtig nachdrücklich eingeforderten regelmäßigen bundes- weiten Abstimmungen aller Länder, die einen einheitlichen Voll- zug gewährleisten sollen, bedeuten bürokratischen Mehraufwand, der wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen ist. Auch führt die föde- rale Zuständigkeitsverteilung zu einer unnötigen Vervielfachung des geldwäschespezifisch zu etablierenden Fachwissens und der vorzuhaltenden Personalressourcen in allen Ländern. Dagegen verfügt der Bund mit Zoll und BaFin über bereits etablierte und länderübergreifend tätige Aufsichtsinfrastruktur. Die Bundesrepublik Deutschland muss umfassende Rechtssicher- heit als elementaren Standortvorteil im globalen Wettbewerb ge- währen. Aus fachlicher Sicht bietet die derzeitige Rechtslage keine klare branchenbezogene Zuständigkeitsverteilung. Vielmehr bestehen Zuständigkeitsüberschneidungen, Abgrenzungsprobleme und fak- tische Doppelbeaufsichtigungen. Als Beispiele für die derzeit kaum nachvollziehbare Zuständig- keitsverteilung sind die Finanzunternehmen und Versicherungs- vermittler anzuführen: Während der größte Teil der Finanzbranche zentral von der Bun- desanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beaufsichtigt wird, sind „Finanzunternehmen“ nach § 1 Absatz 3 des Kreditwe- sengesetzes von den Ländern zu beaufsichtigen. Die Unterschei- dung zwischen Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen mag für die Zwecke des Kreditwesenge- setzes sinnvoll sein. Im Hinblick auf die Geldwäscheaufsicht führt sie dagegen zu Abgrenzungsproblemen und teils kaum vermittel- baren Ergebnissen. So überwacht die BaFin zentral die Einhaltung der Geldwäschevorschriften in Leasingunternehmen. Für die zu den einzelnen Leasingunternehmen gehörenden Leasingobjektge- sellschaften sind jedoch wiederum die Länder zuständig. Versicherungsunternehmen unterstehen auch der Geldwäscheauf- sicht der BaFin, ungebundene Versicherungsvermittler wiederum der Geldwäscheaufsicht der Länder. Diese Aufteilung berücksich- tigt nicht, dass alle Versicherungsvermittler – auch diejenigen, die als freie Versicherungsmakler tätig sind – eng an die Versiche- rungsunternehmen gebunden sind. Sie erhalten konkrete Vorgaben im Hinblick auf die Umsetzung des Geldwäschegesetzes. Versicherungsvermittler werden faktisch „doppelt“ beaufsichtigt, nämlich zum einen mittelbar durch die BaFin über die Versiche- rungsunternehmen und zum anderen unmittelbar durch die Länder. Für die betroffenen Wirtschaftsakteure sind die vom GwG vorge- nommenen Unterscheidungen kaum nachvollziehbar und deshalb auch nicht geeignet, die Akzeptanz der Geldwäscheprävention im Nichtfinanzsektor zu fördern. Um die erforderliche Einheitlichkeit, Effektivität und Effizienz der Geldwäscheaufsicht über die Verpflichteten nach § 2 Absatz 1 Nummer 3, 5, 9, 10 und 13 GwG sicherzustellen und Vollzugsdefi- zite gar nicht erst entstehen zu lassen, drängt sich deshalb in letzter Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26999 (A) (C) (D)(B) Konsequenz geradezu auf, dass der Bund auch die Geldwä- scheaufsicht im Nichtfinanzsektor für diese Gruppen wieder über- nimmt. 2. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die vorgesehene Zuständigkeit der Länder für die geldwäscherechtliche Aufsichtstätigkeit im Be- reich des Online-Glücksspiels aus Gründen eines bundeseinheitlichen Vollzugs und einer effekti- ven Aufsichtswahrnehmung in eine zentrale Auf- gabenwahrnehmung durch den Bund zu überführen. Begründung: Eine zentrale Aufgabenwahrnehmung der geldwäscherechtlichen Aufsichtstätigkeit im Bereich des Online-Glücksspiels ist die ein- zig wirklich sinnvolle Möglichkeit einer einheitlichen, konsequen- ten, kontinuierlichen und effektiven Aufsicht. Anders als im Bereich des Nichtfinanzsektors handelt es sich beim Online – Glücksspiel um Anbieter, die global agieren und deren Sitz sich nicht zwangsläufig in Deutschland befindet. Dies macht eine Wahrnehmung der Aufsichtstätigkeit vor Ort nicht mehr zwingend notwendig, sondern erfordert vielmehr eine einheitliche, kontinuierliche und konsequente Wahrnehmung die- ser Aufgabe durch eine bundeseinheitliche Stelle, die insbesondere auch mit den Verpflichteten im Finanzsektor korrespondierend zu- sammen arbeiten. Anbieter als auch Nutzer von Online- Glücksspielen bringen völ- lig neue Voraussetzungen mit. Ein globales Angebot, das zu jeder Tages- und Nachtzeit zur Ver- fügung steht, wird durch eine Geschäftsbeziehung begründet, die eine physische Anwesenheit der Vertragspartner nicht vorsieht. Sowohl das Geschäft selber als auch die Zahlungsabwicklung er- folgen ausschließlich über das Medium Internet. Auch wenn die vorgesehenen Vorschriften zur Identifizierung und Authentifizierung geeignet sind, die Anonymität des Nutzers von On- line-Glücksspielen einzuschränken, sieht die Richtlinie 2005/60/EG jeden Fall, in dem der Kunde zur Feststellung der Identität nicht physisch präsent ist, als Fallkonstellation mit hohem Geldwäsche- risiko an. Dies ist im Internetbereich der Fall. Schätzungen der OECD nach werden in Deutschland bis zu 57 Milliarden Euro kriminelle Gelder gewaschen. Durch die Be- gründung anonymisierter Geschäftsbeziehung im Internet kommt es insoweit zu Erleichterungen. Nachlässigkeit in Belangen der Geldwäscheprävention und Be- kämpfung der Terrorismusfinanzierung bedeuten unter anderem eine Verletzung von international eingegangenen Verpflichtungen und sind daher kaum zu rechtfertigen. Um die erforderliche Einheitlichkeit und Effektivität der Geldwä- scheaufsicht im Bereich des Online-Glücksspiels sicherzustellen, ist eine Aufgabenübertragung auf den Bund vorzunehmen. Dies würde zudem den Stellenwert, den Deutschland dieser Auf- gabe einräumt, positiv dokumentieren. – Gesetz zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs in stationären Vorsorge- und Rehabilitationsein- richtungen – Gesetz zur Änderung des Mikrozensusgesetzes 2005 – Gesetz zur Änderung des AZR-Gesetzes – Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des Inter- nationalen Privatrechts an die Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 und zur Änderung anderer Vor- schriften des Internationalen Privatrechts – … Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgeset- zes Der Bundesrat hat ferner die folgende Entschließung gefasst: Der Bundesrat nimmt mit Bedauern zur Kenntnis, dass der Deutsche Bundestag mit dem vorliegenden Gesetzesbeschluss der Forderung der Länder nach ei- ner vollständigen Entfristung von § 52a des Urheber- rechtsgesetzes (UrhG) nicht gefolgt ist. Der Bundesrat hat am 12. Oktober 2012 mit den Stimmen aller Länder in seiner Stellungnahme zum Entwurf eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes gefordert, § 137k UrhG auf- zuheben – vergleiche Ziffer 4 der BR-Drucksache 514/12 (Beschluss) – und damit dem § 52a UrhG dauerhaft Geltung zu verschaffen. Der Deutsche Bundestag hat stattdessen die bis zum 31. Dezember 2012 befristete Geltungsdauer des § 52a UrhG um weitere zwei Jahre verlängert. Der Bundesrat weist erneut darauf hin, dass die Ent- fristung des § 52a UrhG für den Bildungs- und Wissenschaftsbereich grundsätzlich von großer Bedeutung ist. Schulen und Hochschulen brauchen dauerhafte Sicherheit im digitalen Umgang mit urhe- berrechtlich geschützten Materialien. Die erneute Verlängerung der Befristung um zwei Jahre ist der weniger geeignete Weg, diese Sicherheit herzustel- len, zumal keine Perspektive erkennbar ist, durch welche Norm § 52a UrhG nach Auslaufen ersetzt werden soll. Die nun vierte Befristung von § 52a UrhG ist einer Rechtssicherheit im Umgang mit ur- heberrechtlich geschützten Materialen im gesamten Bildungsbereich nicht zuträglich. Der Bundesrat bedauert, dass dieses Gesetz in Kennt- nis der terminlichen Situation im Deutschen Bundes- tag so spät eingebracht wurde, dass eine rechtzeitige verfassungsgemäße Beteiligung des Bundesrates nur noch mit seiner Zustimmung zur Fristverkürzung möglich war und faktisch auf den Beschluss, einen Antrag nach Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen, reduziert wurde. Eine Bundesratsbe- teiligung, die auch ein anderes Ergebnis ermöglicht hätte, war wegen der zwingenden ununterbrochenen Weitergeltung des § 52a UrhG in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit ausgeschlossen. Der Bundesrat betont mit Nachdruck die Notwendig- keit, im Interesse der Schulen und Hochschulen nun endlich – am 31. Dezember 2014 sind mehr als elf Jahre nach Einführung des § 52a UrhG vergangen – Rechtssicherheit im digitalen Umgang mit urheber- rechtlich geschützten Materialien zu schaffen. Der Bundesrat geht davon aus, dass die Bundesregierung unverzüglich und in enger Abstimmung mit den Län- dern die Arbeiten an einer breiter und allgemeiner gefassten Bildungs- und Wissenschaftsschranke auf- nimmt, wie sie einvernehmlich von der Kultusminis- terkonferenz und der Wissenschaftsallianz gefordert wird. – Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2012/6/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 zur Änderung der Richtlinie 78/660/EWG des Rates über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen hin- 27000 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 (A) (C) (D)(B) sichtlich Kleinstbetrieben (Kleinstkapitalgsellschaf- ten-Bilanzrechtsänderungsgesetz – MicroBilG) – Gesetz über den Umfang der Personensorge bei einer Beschneidung des männlichen Kindes – Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfs- gesetzes und anderer umweltrechtlicher Vor- schriften – Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Indus- trieemissionen Der Bundesrat hat ferner beschlossen, die folgende Entschließung zu fassen: Zu Artikel 2 Nummer 3 Buchstabe c (§ 57 Absatz 2, 4 und 5 WHG): Die in § 57 Absatz 4 und 5 des Wasserhaushaltsge- setzes geregelte Fiktionswirkung der in der Rechts- verordnung festgelegten Emissionsgrenzwerte soll auf die Fälle beschränkt werden, in denen die unmit- telbare Geltung dieser Werte durch die Rechtsverord- nung gemäß § 57 Absatz 2 i.V.m. § 23 Absatz 1 Nummer 3 des Wasserhaushaltsgesetzes vorgesehen wurde. Weiterhin wird die Bundesregierung gebeten, einen Vorschlag zur Ergänzung der Verordnungsermächti- gung des § 57 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes und der Regelung der Fiktionswirkung von Emis- sionsgrenzwerten in § 57 Absatz 4 und 5 des Wasser- haushaltsgesetzes zu erarbeiten und in das Gesetzge- bungsverfahren einzubringen. – Gesetz zur Änderung des Flaggenrechtsgesetzes und der Schiffsregisterordnung – Drittes Gesetz zur Neuregelung energiewirt- schaftsrechtlicher Vorschriften Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschlie- ßung gefasst: 1. Der Bundesrat bekennt sich zu seiner Verantwor- tung für das Gelingen der Energiewende. Der zü- gige Ausbau von Offshorekapazitäten ist im gesamtstaatlichen Interesse. Ebenso wie die Be- reitstellung von Kraftwerksreserven, soweit diese notwendig sind, um fehlende Erzeugungskapazi- täten und Netzschwankungen auszugleichen und so die Sicherheit der Energieversorgung zu ge- währleisten. 2. Die Schwierigkeiten beim Netzanschluss und der mit der Novelle des EnWG vorgesehene erforder- liche Systemwechsel können zu zeitlichen Verzö- gerungen bei der Errichtung der unter den heuti- gen Prämissen projektierten Windparks führen mit der Folge, dass das so genannte Stauchungs- modell im EEG nicht in vollem Umfang zur An- wendung gelangt. Der Bundesrat fordert die Bun- desregierung daher auf, das Stauchungsmodell in der angekündigten Novelle des EEG in der Weise zu optimieren, dass die bislang projektierten Windparks trotz der entstandenen zeitlichen Ver- zögerungen noch von dieser Förderung profitie- ren können. 3. Der Bundesrat sieht die im Gesetzgebungsverfah- ren erwirkten Entlastungen für Betreiber von Speicheranlagen als Schritt in die richtige Rich- tung. Durch die Absenkung der Kriterien können mehr Speicherbetreiber, insbesondere Pumpspei- cherwerke, von Netzentgelten entlastet werden. Damit haben sich die Rahmenbedingungen für Energiespeicher gegenüber der alten Regelung verbessert. Der Bundesrat hält die „praxisnähere Ausgestaltung für eine Netzentgeltbefreiung“, insbesondere für die derzeit 30 Pumpspeicherwerke, jedoch für nicht weitgehend genug. Es besteht die Gefahr, dass sich die Wirtschaftlichkeit bestehender Anlagen nur un- zureichend verändert. Anreize zur Modernisierung sowie zum Bau neuer Anlagen sieht der Bundesrat nicht im erforderlichen Maße. Der Bundesrat hält es daher für fraglich, ob Speicherbetreiber auf dieser Grundlage ihren Beitrag zur erfolgreichen Umset- zung der Energiewende leisten können. Dessen ungeachtet bittet der Bundesrat die Bundes- regierung zu prüfen, ob die Netzentgeltpflicht von Speicherbetreibern nicht grundsätzlich anders bewer- tet werden müsste. Aus Sicht des Bundesrates sind Anlagen zur Speicherung von Strom energiewirt- schaftlich und physikalisch betrachtet keine „Letzt- verbraucher“. Sie verbrauchen den Strom nicht end- gültig, sondern entnehmen Strom aus dem Netz, um ihn später wieder einzuspeisen. Entscheidend ist die stabilisierende Wirkung vor allem von Pumpspei- cherwerken für das Stromsystem insgesamt, die im gegenwärtigen gesetzlichen Rahmen nicht hinrei- chend berücksichtigt ist. Letztverbraucher sind die Speicheranlagen allenfalls für die Differenz aus ent- nommenem und wieder eingespeistem Strom, für den sich dann eine Netzentgeltpflicht ergeben würde. Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf, eine weitere Überarbeitung der Netzentgeltpflicht für Pumpspeicheranlagen bis zum Frühjahr 2013 vorzule- gen. Die Erhebung individueller Netzentgelte für Pumpspeicheranlagen sollte dabei auf die Differenz- menge zwischen bezogenem und geliefertem Strom begrenzt werden. 4. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei der nächsten Änderung des EnWG für die Erstellung des Offshore-Netzplans das Einvernehmen mit den Küstenländern zu regeln. Des Weiteren wird die Bundesregierung gebeten, bei der nächsten Änderung des NABEG die bisherige Zuständig- keit der Länder für die Anbindungsleitungen im Küstenmeer wieder herzustellen. Begründung zu Ziffer 4: Die verbindlichen Festlegungen im Bundesfachplan Offshore be- rühren ganz maßgeblich die Belange und Regelungskompetenzen der jeweiligen Küstenländer. Die Festlegung der Orte, an denen die Anbindungsleitungen die Grenze zwischen der ausschließli- chen Wirtschaftszone und der 12-Seemeilen-Zone überschreiten, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 27001 (A) (C) (D)(B) trifft eine Vorentscheidung für die Weiterführung über diese Orte hinaus durch die 12-Seemeilen-Zone. Die verbindliche Vorgabe von Übergangspunkten im Bundes- fachplan Offshore darf nur erfolgen, wenn festgestellt ist, dass die Weiterführung der Anbindungsleitungen aus der ausschließli- chen Wirtschaftszone über die festgelegten Punkte hinaus in der 12-Seemeilen-Zone zulässig und möglich ist. Die 12-Seemeilen-Zone gehört zum Hoheitsgebiet der Küstenlän- der. Sie ist gemeindefrei und unterliegt allein der Planungshoheit der jeweiligen Küstenländer. Die Feststellung der Übereinstim- mung mit den Erfordernissen der Raumordnung in der 12-See- meilen-Zone und sonstigen Belangen, insbesondere denen des Nationalparks Wattenmeer, liegt in der Planungskompetenz der betroffenen Küstenländer, nicht des Bundesamtes für Seeschiff- fahrt und Hydrographie. Insofern reicht die Abstimmung mit den Küstenländern bei der Er- stellung des Bundesfachplanes Offshore nicht aus. Vielmehr ist eine Einvernehmensregelung erforderlich. Die Notwendigkeit des Einbezugs der Anbindungsleitungen von Offshore-Windpark-Umspannwerken zu den Netzverknüpfungs- punkten an Land in das System des NABEG ist nicht hinreichend begründet und auch nicht begründbar. In dem von hoher Konflikt- dichte gekennzeichneten Bereich der 12-Seemeilen-Zone mit den einzigartigen Anforderungen des Wattenmeeres verfügen die be- troffenen Küstenländer über einen Erfahrungsschatz aus Planungs- prozessen für Trassenkorridore, der über Jahrzehnte entstanden und gewachsen ist. Es ist nicht erkennbar, dass eine in der Zuständigkeit des Bundes durchzuführende Raumordnungsplanung für diesen von hoher Konfliktdichte gekennzeichneten Bereich, für den die Länder be- reits vorausschauende Planungsergebnisse für die Nutzung der Windenergie und die Ableitung des auf See erzeugten Stroms er- zielt haben, zu schnelleren oder besseren Planungsergebnissen kommt. – Gesetz zu dem Rahmenabkommen vom 10. Mai 2010 zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Korea andererseits – Gesetz zu dem Fakultativprotokoll vom 19. De- zember 2011 zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend ein Mitteilungsver- fahren – Gesetz zu dem Luftverkehrsabkommen vom 17. Dezember 2009 zwischen Kanada und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitglied- staaten (Vertragsgesetz EU-Kanada-Luftverkehrs- abkommen – EU-KANN-LuftverkAbkG) – Gesetz zu dem Internationalen Übereinkommen von 2004 zur Kontrolle und Behandlung von Bal- lastwasser und Sedimenten von Schiffen (Ballast- wasser-Gesetz) – Gesetz zur Änderung des Übereinkommens vom 8. April 1959 zur Errichtung der Interamerikani- schen Entwicklungsbank – Gesetz zur Änderung des Übereinkommens vom 18. Oktober 1969 zur Errichtung der Karibischen Entwicklungsbank – Gesetz zur Änderung des Übereinkommens vom 19. November 1984 zur Errichtung der Interame- rikanischen Investitionsgesellschaft – Zweites Gesetz zur Änderung des Einführungsge- setzes zum Strafgesetzbuch Weiterhin hat der Bundesrat hat in seiner 904. Sit- zung am 14. Dezember 2012 den nachfolgenden Be- schluss gefasst: A. Der Bundesrat beschließt, beim Bundesverfas- sungsgericht gemäß Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes i. V. m. § 13 Nummer 2, §§ 43 ff. BVerfGG folgende Entscheidung zu beantragen: 1. Die „Nationaldemokratische Partei Deutsch- lands“ ist verfassungswidrig. 2. Die „Nationaldemokratische Partei Deutsch- lands“ wird aufgelöst. 3. Es ist verboten, Ersatzorganisationen für die „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ zu schaffen oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortzusetzen. 4. Das Vermögen der „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“ wird zugunsten der Bundesrepublik Deutschland für gemeinnüt- zige Zwecke eingezogen. B. Der Präsident des Bundesrates beauftragt einen Verfahrensbevollmächtigten mit der Antragstel- lung, Begründung und Prozessführung. Dem Ver- fahrensbevollmächtigten ist die „Materialsamm- lung für ein mögliches Verbotsverfahren -VS-NfD- (Stand: 25.10.12)“ einschließlich ihrer von der Innenministerkonferenz am 5. Dezember 2012 beschlossenen kontinuierlichen Fortschreibun- gen zur Verfügung zu stellen. Der Verfahrensbe- vollmächtigte erarbeitet Antrag und Begründung in enger Abstimmung mit einer länderoffenen Ar- beitsgruppe der Innenministerkonferenz. C. Die Begründung des Antrags soll sich an folgen- den Tatsachen und Wertungen orientieren: Auf der Grundlage der im Auftrag der Innen- minister und -senatoren von Bund und Ländern erstellten über 1000 Seiten umfassenden „Mate- rialsammlung für ein mögliches Verbotsverfahren -VS-NfD-“ sowie des „Berichts zur Prüfung der Erfolgsaussichten eines neuen NPD-Verbotsver- fahrens -VS-NfD- (Stand: 9. November 2012)“ der Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat der Bundes- rat die Überzeugung gewonnen, dass es sich bei der NPD um eine verfassungswidrige Partei han- delt. Die Voraussetzungen für die Feststellung der Ver- fassungswidrigkeit der NPD nach Artikel 21 Ab- satz 2 Satz 1 des Grundgesetzes liegen vor. Die NPD geht gemäß Artikel 21 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes nach ihren Zielen und dem Ver- halten ihrer Anhänger darauf aus, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen und sogar zu beseitigen. Der politische Kurs der NPD ist bestimmt durch ihre aktivkämpferische, aggressive Grundhaltung, die grundsätzlich und dauernd tendenziell auf die Bekämpfung der frei- heitlichen demokratischen Grundordnung gerich- tet ist. Sie ist eine Partei, die eine antisemitische, rassistische und ausländerfeindliche Einstellung 27002 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 (A) (C) (D)(B) hat und mit dem Nationalsozialismus wesensver- wandt ist. Ihre dauerhafte und zielgerichtete Absicht, die obersten Werte unserer Verfassungs- ordnung insgesamt – namentlich die Menschen- würde, die Freiheits- und Gleichheitsrechte sowie das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip – zu be- einträchtigen, lässt sich anhand der Material- sammlung belegen. Der Bundesrat sieht in dem vorgelegten quellenfreien Material eine geeignete Grundlage, das NPD-Verbotsverfahren erfolg- reich abschließen zu können. Er hält daher ein Verbot der NPD für geboten. Der Bundesrat stellt fest, dass mit dem Verbot der NPD der Verlust des Parteienprivilegs einher geht und somit die NPD auch von der staatlichen Par- teienfinanzierung ausgeschlossen ist. Ein Verbot der NPD, das auch ein Verbot von Nachfolgeorganisationen beinhaltet, stellt einen wichtigen Beitrag gegen den parteigebundenen Rechtsextremismus dar. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mitgeteilt, dass sie den Antrag Namen von Bun- deswehrkasernen überprüfen auf Drucksache 17/6495 zurückzieht. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht zu den Prüfbitten bezüglich bestimmter Wahl- vorschriften bzw. Verfahrensweisen – Drucksachen 17/11088, 17/11428 Nr. 6 – Finanzausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über die Auswirkungen der Einführung des Luftverkehrsteuergesetzes auf den Luftverkehrssektor und die Entwicklung der Steuereinnahmen aus der Luftverkehrsteuer – Fortschreibung, Aktualisierung und Ergänzung – – Drucksachen 17/10985, 17/11428 Nr. 5 – Ausschuss für Wirtschaft und Technologie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter im Jahr 2010 (Rüstungsexportbericht 2010) – Drucksache 17/8122 – Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Raumordnungsbericht 2011 – Drucksache 17/8360 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über die Maßnahmen auf dem Gebiet der Un- fallverhütung im Straßenverkehr 2010 und 2011 (Unfallverhütungsbericht Straßenverkehr 2010/2011) – Drucksachen 17/10600, 17/11428 Nr. 1 – Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – Unterrichtung durch die Bundesregierung Umweltgutachten 2012 des Sachverständigenrates für Umweltfragen Verantwortung in einer begrenzten Welt – Drucksachen 17/10285, 17/11097 Nr. 1.2 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Haushaltsausschuss Drucksache 17/10710 Nr. A.33 EuB-BReg 43/2012 Drucksache 17/10710 Nr. A.34 EUFIN 65/2012 EN Drucksache 17/10710 Nr. A.35 EUFIN 66/2012 Drucksache 17/10710 Nr. A.36 Ratsdokument 11112/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.37 Ratsdokument 12201/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.38 Ratsdokument 13064/12 Drucksache 17/11108 Nr. A.12 Ratsdokument 13960/12 Drucksache 17/11108 Nr. A.13 Ratsdokument 13963/12 Drucksache 17/11617 Nr. A.3 Ratsdokument 15272/12 Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Drucksache 17/11439 Nr. A.7 Ratsdokument 14536/12 Drucksache 17/11617 Nr. A.5 EP P7_TA-PROV(2012)0388 Drucksache 17/11617 Nr. A.6 EP P7_TA-PROV(2012)0398 Drucksache 17/11617 Nr. A.7 Ratsdokument 15168/12 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 17/11919 Nr. A.14 Ratsdokument 16291/12 Drucksache 17/11919 Nr. A.15 Ratsdokument 16518/12 Verteidigungsausschuss Drucksache 17/11617 Nr. A.10 Ratsdokument 15476/12 Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Drucksache 17/10710 Nr. A.54 Ratsdokument 12803/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.55 Ratsdokument 12809/12 Drucksache 17/11439 Nr. A.12 Ratsdokument 14656/12 217. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 9 Regierungserklärung zum Jahreswirtschaftsbericht TOP 10, ZP 3 Europäische Bankenunion TOP 34 Überweisungen im vereinfachten Verfahren ZP 4 Beschlussempfehlungen des Vermittlungsausschusses ZP 5 Vereinbarte Debatte zu steuerpolitischen Beschlüssen ZP 1 Aktuelle Stunde zu den Steuerbeschlüssen der SPD TOP 11 Berufsausbildung TOP 12 Verpflegung in Schulen und Kindergärten TOP 13 Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen TOP 14 EU – Lateinamerika TOP 15 Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung TOP 16 Privatkundengeschäft der Finanzagentur Deutschland TOP 17 Innerstaatliche Umsetzung des Fiskalvertrages TOP 18 Forschung für die Energiewende TOP 19 EU-Programm Kreatives Europa TOP 20 Drogenpolitik TOP 21 Soldatengesetz TOP 22, ZP 6 Jugendpolitik TOP 23 Vorbeugung vor und Bekämpfung von Tierseuchen TOP 26 Ausbau der Rheintalbahn TOP 25 Umweltbelastung durch Humanarzneimittel TOP 28, ZP 7 Sicherheit bei Medizinprodukten TOP 27 Kindergeldabzweigung durch Sozialhilfeträger TOP 30 Änderung personenstandsrechtlicher Vorschriften TOP 29 Kohleverstromung TOP 31 Mehrwertsteuersystem auf europäischer Ebene TOP 32 Institutionelle Unabhängigkeit der Justiz TOP 33 Prüfkriterien für Auslandseinsätze der Bundeswehr Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Karin Maag


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Wir reden nachher noch einmal darüber.

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
    Liebe Kolleginnen und Kollegen insbesondere von den
    Linken, ich empfinde es als starkes Stück, dass kein ein-
    ziger Gesundheitspolitiker bei diesem gesundheitspoliti-
    schen Thema anwesend ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jens Spahn [CDU/CSU]: Wo sind denn die Gesundheitspolitiker der Linken? – Gegenruf von der FDP: Champagner schlürfen! Austern schlürfen!)


    Das halte ich mit dem Verständnis von Politik in diesem
    Hause für schwer vereinbar.

    Cannabisklubs und Drugchecking haben nur bedingt
    etwas miteinander zu tun.


    (Jens Spahn [CDU/CSU]: Typisch Linke! Klamauk, Klamauk, Klamauk!)


    Die Klammer sind wahrscheinlich die illegalen Drogen,
    aber nun gut.

    Ich beginne mit Cannabis, und zwar vor allem mit den
    Erkenntnissen aus der Anhörung. Dazu hat die Kollegin
    Graf schon das Richtige gesagt. Die Anhörung scheint
    von Ihnen nur sehr selektiv wahrgenommen worden zu
    sein.

    Strafrechtlich ist die Situation eindeutig: Es gibt kein
    Recht auf Rausch – Ausrufezeichen! Unser Betäubungs-
    mittelstrafrecht schützt eben nicht nur die Gesundheit
    des Einzelnen, sondern auch die der Allgemeinheit, ins-
    besondere der Jugendlichen. Es geht um den Schutz vor
    organisierter Kriminalität, und es geht um die Gewähr-
    leistung der internationalen Zusammenarbeit bei der
    Suchtstoffkontrolle. Genau deswegen – weil es dieses
    Recht auf Rausch nicht gibt – hat das Bundesverfas-
    sungsgericht 2005 bestätigt, dass es richtig ist, die von
    Cannabis ausgehenden Gefahren mit den Mitteln des
    Strafrechts zu begrenzen. Es ist auch kein Verstoß gegen
    den Gleichheitsgrundsatz, dass Alkohol und Nikotin er-
    laubt sind, Cannabis aber verboten ist. Genau das hat das
    Bundesverfassungsgericht auch so gesehen.

    Der bloße Konsum ist straffrei. Genau deshalb lässt
    auch unser Strafrecht bei der Strafverfolgung mit vielen
    Ermessensvorschriften, ob ein Verfahren überhaupt ein-
    geleitet werden soll, eine auf jeden Einzelfall abge-
    stimmte Entscheidung und Beurteilung zu. Es funktio-
    niert in der Praxis; auch das hat die Anhörung ergeben.
    Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt hat ausdrück-
    lich darauf hingewiesen, dass die weit überwiegende
    Zahl der Fälle des bloßen Konsums von Cannabispro-
    dukten eingestellt wird. Allein in Hessen waren es über
    70 Prozent.

    Herr Tempel, auch Sie wissen, dass Deutschland die
    Suchtstoffkonvention der Vereinten Nationen unter-
    zeichnet hat. Wir haben uns damit verpflichtet, die Ver-
    wendung von Cannabis und von anderen Suchtstoffen
    auf ausschließlich medizinische und wissenschaftliche
    Zwecke zu beschränken. Logischerweise ist in Deutsch-
    land wie übrigens auch in allen anderen europäischen
    Staaten, die Vertragsstaaten dieser Suchtstoffkonvention
    sind, der Verkehr mit Cannabis grundsätzlich strafbar.
    Strafbar sind also Herstellung, Handel, Einfuhr, Abgabe,
    Veräußerung, Erwerb, Besitz von entsprechenden Pflan-
    zen und Pflanzenteilen.

    Stichwort „Anhörung“, Herr Tempel: Die Produkte
    sind in den letzten Jahren deutlich gefährlicher gewor-
    den. Zum einen wurde kontinuierlich der THC-Gehalt
    – das ist der Wirkstoffgehalt im Cannabis – hochgezüch-
    tet und intensiviert. Zum anderen hat das Kriminalwis-
    senschaftliche Institut des LKA Niedersachsen in einer
    anderen Anhörung darauf hingewiesen, dass es allein in
    den letzten Monaten drei gefährliche Beimischungen
    nachgewiesen hat, die allesamt zu Gewichtserhöhung
    eingesetzt wurden. Diese Beimischungen sind Bleistaub,
    Glas und Haarspray. Da können Sie nur schwer behaup-
    ten, dass das alles so ungefährlich ist, wie Sie es in Ih-
    rem Antrag darstellen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Die Kollegin Aschenberg-Dugnus hat schon darauf
    hingewiesen: Die Gesundheitsgefahren beim Cannabis-
    missbrauch sind erwiesen. Der Einzelsachverständige
    Professor Thomasius, immerhin der Leiter des Deut-
    schen Zentrums für Suchtfragen des Kinder- und Ju-
    gendalters am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf, hat
    dargelegt, dass vor allem der regelmäßige und intensive
    Gebrauch zu körperlichen und psychischen Erkrankun-
    gen führen kann. Cannabiskonsum steigert auch, wie wir
    gehört haben, das Risiko für Schulversagen und Ent-
    wicklungsstörungen. Außerdem erhöht der frühe Canna-
    biskonsum die Wahrscheinlichkeit eines späteren Dro-
    genmissbrauchs. Das hat nicht nur der Herr Professor
    Thomasius festgestellt; auch die Begleitforschung zu
    den niederländischen Coffeeshops, die Sie sicher ken-
    nen, zeigt, dass niederländische Jugendliche im europäi-
    schen Vergleich überdurchschnittlich viel Cannabis kon-
    sumieren und früher einsteigen als der europäische
    Durchschnitt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, aus un-
    serer Sicht ist eins klar: Mit uns ist keine Freigabe denk-
    bar und kein Cannabisklub zu realisieren.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: So ein schönes Schlusswort!)






    Karin Maag


    (A) (C)



    (D)(B)


    Der Antrag auf Ermöglichung des Drugcheckings war
    deutlich differenzierter. Nichtsdestotrotz werden wir
    auch diesen Antrag ablehnen. Nur für die Kollegen, die
    in diesen Themen nicht drin sind: Beim Drugchecking
    geht es, kurz gesagt, um die Analyse illegaler Drogen
    auf Verunreinigungen, entweder mobil in Discos oder
    bei Veranstaltungen oder immobil in Drogenberatungs-
    stellen. Auch davor hat der Internationale Suchtstoffkon-
    trollrat der Vereinten Nationen gewarnt, vor allem mit
    dem Argument, dass ein Testergebnis „Probe enthält
    keine Verunreinigung“ von Jugendlichen als Aufmunte-
    rung zum weiteren Konsum verstanden werden könnte.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Aber auch dieser Hinweis des Suchtstoffkontrollrats
    wurde in der Anhörung eindrucksvoll bestätigt. Man
    sollte nicht glauben, wenn man zuhört, was man aus An-
    hörungen lernen kann.

    Mit dem Drugchecking wird suggeriert, es gebe die
    gesundheitlich unbedenkliche Droge. Genau das ist der
    falsche Zungenschlag. Drogen sind generell gefährlich.
    Beim Drogenkonsum geht es dem Konsumenten doch
    gerade um deren toxische Wirkung. Dabei wird eine Si-
    cherheit vorgespiegelt, die es nicht gibt. Drogen werden
    nicht in standardisierten Verfahren hergestellt. Die ver-
    meintliche Unbedenklichkeit hinsichtlich einer Tablette
    sagt nichts über andere, nicht getestete Einheiten aus.
    Selbst identisch aussehende Drogen, die aus dem glei-
    chen Labor stammen, haben oftmals einen unterschiedli-
    chen Wirkstoffgehalt und unterschiedliche Beimengun-
    gen. Es müsste also jede einzelne Partie, jede einzelne
    Tablette getestet werden.

    Heute werden auch die unterschiedlichsten Drogenar-
    ten gleichzeitig konsumiert, auch kombiniert mit Alko-
    hol oder mit freiverkäuflichen Medikamenten. Das heißt,
    die Wirkungen potenzieren sich und sind kaum oder gar
    nicht vorauszusehen.

    Der heutige Drogenmarkt ist dynamisch. Um den
    Nachweis zu erschweren, wird täglich etwas Neues er-
    funden, es werden Moleküle ausgetauscht, die Bestand-
    teile in Nuancen verändert. Ich habe bereits bei Cannabis
    darauf hingewiesen, dass auch die Beimischungen lau-
    fend variiert werden und ständig neue Produkte auftau-
    chen.

    Schließlich wird durch Drugchecking der Eindruck
    vermittelt, der Drogenbesitz sei legalisiert. Das ist eine
    völlig falsche Zielrichtung. Das wird bei uns so nicht
    funktionieren.

    Ein Schmankerl am Rande. Bei einer Droge, die un-
    tersucht und bei entsprechendem Befund anschließend
    wieder an den Verbraucher herausgegeben werden
    müsste, würde sich derjenige, der die Droge herausgibt,
    jetzt strafbar machen.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit all dem Wissen
    lehnen wir beide Anträge ab. Ich bedanke mich insbe-
    sondere bei meiner Fraktion für das zahlreiche Erschei-
    nen bei diesem Thema.

    Danke schön.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Bravo!)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Das Wort hat nun Frank Tempel für die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Frank Tempel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

    und Herren! Damit es wenigstens eine Gemeinsamkeit
    gibt, möchte auch ich mich für das Erscheinen bedan-
    ken; denn das Wichtigste, das diese Debatte braucht, ist
    eine gesellschaftliche und breite Debatte.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Insofern finde ich es ausgezeichnet, dass Sie zu so später
    Stunde heute noch einmal hergekommen sind. Es wäre
    doch schade gewesen, wenn wir die Reden zu genau die-
    sem Thema zu Protokoll gegeben hätten.


    (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Besser wäre Versenkung!)


    Ich bin übrigens stellvertretendes Mitglied des Gesund-
    heitsausschusses, der sich genau mit dieser Thematik be-
    schäftigt.


    (Jens Spahn [CDU/CSU]: Und die ordentlichen?)


    Deshalb bin ich auch ganz bewusst mit dieser Thematik
    beauftragt worden.


    (Jens Spahn [CDU/CSU]: Wie oft waren Sie denn da?)


    – Ich komme jedes Mal, wenn es um dieses Thema geht,
    weil es mein Thema ist.


    (Jens Spahn [CDU/CSU]: Ja, aber wo sind die anderen?)


    Ich möchte Ihnen auch gerne sagen, warum dies so ist.
    Ich komme als Kriminaloberkommissar aus der Rausch-
    giftbekämpfung. Meine Fraktion hat vor drei Jahren ein-
    fach den Neustart bei dieser Thematik gemacht.


    (Zurufe von der CDU/CSU)


    – Sie können ruhig mal zuhören. – Man kann auch mal,
    ohne gleich in Ohnmacht zu fallen, das Thema Rausch-
    giftkriminalität, Rauschgiftkonsum und Drogenpolitik
    diskutieren, indem man sich die Argumente anguckt und
    wenn man sich vielleicht auch mal anguckt, was dazu
    aufgeschrieben worden ist.

    Ich habe von meiner Fraktion den Auftrag bekom-
    men, einfach einmal zu ermitteln, wie ich es in 16 Jahren
    Polizeidienst gelernt habe, was für ein Verbot spricht
    und was gegen ein Verbot spricht.

    Ich habe zum Konsum selbst keinerlei Affinität und
    bin das Thema völlig offen angegangen. Hier geht es
    eben nicht darum, infrage zu stellen, ob Cannabis mehr
    oder weniger gefährlich ist. Das spielt in unserer ganzen
    Debatte überhaupt keine Rolle. Es ist schön, dass Sie





    Frank Tempel


    (A) (C)



    (D)(B)


    dieses Thema ausführlich behandelt haben, es spielt aber
    bei uns keine Rolle.

    Ich habe das Thema deswegen zu vertreten, weil es
    um die Frage geht: Ist ein Verbot erfolgreich, funktio-
    niert ein Verbot? Wenn der Staat mit einem Verbot und
    entsprechender Strafverfolgung in die Grundrechte sei-
    ner Bürger eingreift, dann ist das ein sehr empfindlicher
    Eingriff in die Rechte eines Bürgers, und dann muss man
    gucken, wie das funktioniert. Gucken wir uns doch an,
    ob es funktioniert.

    Die Niederlande sind angesprochen worden. Ich habe
    hierzu Zahlen aus den Niederlanden mitgebracht, auch
    für Sie, Frau Maag, zur Lebensprävalenz bei Cannabis.
    Dies sind bei den 15- bis 64-Jährigen in Deutschland
    25,6 Prozent, in den Niederlanden 22,6 Prozent, also we-
    niger. Sie sprachen von den jungen Leuten, von denen es
    angeblich mehr in den Niederlanden gibt. Es sind in
    Deutschland bei den 15- bis 24-Jährigen 34,6 Prozent, in
    Holland 28,3 Prozent.

    Wo ist denn da die Logik? In Holland geht man in sei-
    nen Coffeeshop um die Ecke, kauft sich unbehelligt sei-
    nen Eigenbedarf und wird nicht strafverfolgt. Trotzdem
    funktioniert offensichtlich selbst der Jugendschutz unter
    diesem Modell besser.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Damit Sie auch wissen, woher ich die Zahlen habe:
    Die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und
    Drogensucht hat diese Zahlen 2011 bekannt gegeben.
    Die können Sie nachlesen. Das kann man googeln. Auch
    über Drogenpolitik kann man sich kundig machen.


    (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Wo sind jetzt die Gesundheitspolitiker?)


    – Ich spreche über den Sinn oder Unsinn. Es gibt auch
    Hörhilfen, wenn man da Schwierigkeiten hat.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Ich spreche über den Erfolg oder Nichterfolg der
    Strafverfolgung. Wir haben mit keinem Wort – mit kei-
    nem Wort! – die Gesundheitsgefährdung durch Cannabis
    in Abrede gestellt. Da sind wir d’accord. Da ist über-
    haupt kein Problem. Es geht vielmehr darum: Funktio-
    niert ein Verbot?

    Schauen wir auf weitere Länder in Europa: Die
    Schweiz verzichtet bei geringen Mengen auf Strafverfol-
    gung; das ist eine Ordnungswidrigkeit, wesentlich nie-
    derschwelliger. Was sich nicht verändert hat, ist die Zahl
    der Konsumenten. Überall da, wo man auf eine Strafver-
    folgung, auf ein Verbot verzichtet, steigt die Anzahl der
    Konsumenten nicht. Das ist enorm wichtig. Ein Verbot
    ist nur wirklich wirksam, wenn es dann auch eine Verän-
    derung in den Zahlen gibt. Also muss man sagen: Wenn
    Sie hier mit dem Mittel der Strafverfolgung arbeiten,
    dann arbeiten Sie mit einem ungeeigneten Mittel.


    (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Sie sagen, dass mit dem Ziel „Verringerung von
    Nachfrage und Angebot“ gearbeitet werden muss. Die
    Frage ist bloß, wie. Deswegen sagt die Linke: Aufklä-
    rung statt Verfolgung, Hilfe statt Ausgrenzung. Dann
    bekommt man übrigens auch Fragen wie die des THC-
    Gehalts in den Pflanzen geregelt. Streckmittel gibt es
    dann nicht mehr.

    Ganz zum Schluss für Sie, Frau Graf, noch zu der
    Frage, warum der Handel nicht legalisiert werden soll,
    aber der Eigenanbau: Handel bedeutet immer Gewinner-
    zielung. Einem illegalen Markt, der eine gewaltige Kri-
    minalität erzeugt – die Kriminalität, die wir hier haben,
    ist ein Nebenprodukt der Strafverfolgung –, entziehen
    wir 3 bis 4 Millionen Kunden, Kunden, die auch nicht
    auf einen legalen Markt kommen. Ein Verkäufer braucht
    Absatz, neue Kunden, mehr Kunden, Kunden, die immer
    mehr nehmen. Das fällt beim Eigenanbau weg und ist
    auch im legalen Handel nicht zu finden. Deswegen
    haben wir extra ein Modell gewählt – das ist eine Aus-
    nahmeregelung für Cannabis –, bei dem Handel nicht le-
    galisiert wird, sondern Kunden sich selbst versorgen und
    dann nicht mehr auf Leute angewiesen sind, die wollen,
    dass immer mehr Menschen Cannabis konsumieren.
    Lediglich die 2 bis 4 Millionen, die jetzt schon Konsu-
    menten sind, bekommen die Gelegenheit, ihren Bedarf
    durch Eigenanbau zu decken.

    Sie müssen Anträge auch dann lesen, wenn Sie sie
    ablehnen wollen.


    (Beifall bei der LINKEN)