Berichtigung
        216. Sitzung, Seite 26687 B, erster Absatz, der zehnte
        Satz ist wie folgt zu lesen: „Ab März wird die Luft-
        frachtkontrolle verändert sein.“
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26967
        (A) (C)
        (D)(B)
        Anlagen zum Stenografischen Bericht
        Anlage 1
        Liste der entschuldigten Abgeordneten
        Anlage 2
        Erklärung
        des Abgeordneten Thomas Oppermann (SPD)
        zur Beschlussempfehlung des Vermittlungsaus-
        schusses zum Gesetz zu dem Abkommen vom
        21. September 2011 zwischen der Bundesrepu-
        blik und der Schweizerischen Eidgenossen-
        schaft über Zusammenarbeit in den Bereichen
        Steuern und Finanzmarkt in der Fassung vom
        5. April 2012 (Zusatztagesordnungspunkt 4 a)
        Als Berichterstatter des Bundestages zu den abschlie-
        ßenden Verhandlungen des Vermittlungsausschusses am
        12. Dezember 2012 mache ich darauf aufmerksam, dass
        der Vermittlungsausschuss eine Begleiterklärung abge-
        geben hat. Diese gebe ich nachfolgend zur Kenntnis:
        Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bun-
        desrat fordert die Bundesregierung auf, die Verhandlun-
        gen mit der Schweizer Regierung wieder aufzunehmen,
        um ein gerechtes Steuerabkommen mit der Schweiz ab-
        zuschließen.
        Ein Steuerabkommen mit der Schweiz darf die Steu-
        erbetrüger der vergangenen Jahrzehnte nicht belohnen,
        daher lehnt der Vermittlungsausschuss von Bundestag
        und Bundesrat das von dem Bundesminister der Finan-
        zen im Auftrag der Bundesregierung ausgehandelte vor-
        liegende Steuerabkommen ab. Bund und Länder sind
        sich einig, dass in Deutschland ehrlich und gerecht Steu-
        ern gezahlt werden müssen.
        Durch das Abkommen dürfen Steuerhinterzieher
        nicht bessergestellt werden als ehrliche Steuerzahler.
        Aus Gründen der Steuergerechtigkeit muss daher eine
        Abgeordnete(r)
        entschuldigt bis
        einschließlich
        Aigner, Ilse CDU/CSU 17.01.2013
        Beck (Reutlingen),
        Ernst-Reinhard
        CDU/CSU 17.01.2013
        Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 17.01.2013
        Brehmer, Heike CDU/CSU 17.01.2013
        Dağdelen, Sevim DIE LINKE 17.01.2013
        Dr. Dehm, Diether DIE LINKE 17.01.2013
        Dobrindt, Alexander CDU/CSU 17.01.2013
        Ernst, Klaus DIE LINKE 17.01.2013
        Evers-Meyer, Karin SPD 17.01.2013
        Dr. Friedrich, Hans-Peter CDU/CSU 17.01.2013
        Gabriel, Sigmar SPD 17.01.2013
        Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 17.01.2013
        Groth, Annette DIE LINKE 17.01.2013
        Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 17.01.2013
        Humme, Christel SPD 17.01.2013
        Laurischk, Sibylle FDP 17.01.2013
        Maurer, Ulrich DIE LINKE 17.01.2013
        Dr. Middelberg, Mathias CDU/CSU 17.01.2013
        Möhring, Cornelia DIE LINKE 17.01.2013
        Möller, Kornelia DIE LINKE 17.01.2013
        Müller (Köln), Kerstin BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        17.01.2013
        Ortel, Holger SPD 17.01.2013
        Ploetz, Yvonne DIE LINKE 17.01.2013
        Pronold, Florian SPD 17.01.2013
        Dr. Ratjen-Damerau,
        Christiane
        FDP 17.01.2013
        Roth (Augsburg),
        Claudia
        BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        17.01.2013
        Schmidt (Eisleben),
        Silvia
        SPD 17.01.2013
        Schreiner, Ottmar SPD 17.01.2013
        Dr. Schwanholz, Martin SPD 17.01.2013
        Steinbach, Erika CDU/CSU 17.01.2013
        Stier, Dieter CDU/CSU 17.01.2013
        Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        17.01.2013
        Vogler, Kathrin DIE LINKE 17.01.2013
        Abgeordnete(r)
        entschuldigt bis
        einschließlich
        Anlagen
        26968 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013
        (A) (C)
        (D)(B)
        höhere Belastung derjenigen erfolgen, die sich in der
        Vergangenheit besonders hartnäckig ihren steuerlichen
        Verpflichtungen entzogen haben.
        Eine anonyme Amnestie ist abzulehnen. Die Besteue-
        rung in der Zukunft muss in Einklang stehen mit den eu-
        ropäischen und transatlantischen Bemühungen um einen
        automatischen Informationsaustausch.
        Anlage 3
        Erklärung
        des Abgeordneten Stefan Müller (Erlangen)
        (CDU/CSU) zur Beschlussempfehlung des
        Vermittlungsausschusses zum Gesetz zur steu-
        erlichen Förderung von energetischen Sanie-
        rungsmaßnahmen an Wohngebäuden (Zusatz-
        tagesordnungspunkt 4d)
        Als Berichterstatter des Bundestages zu den abschlie-
        ßenden Verhandlungen des Vermittlungsausschusses am
        12. Dezember 2012 mache ich darauf aufmerksam, dass
        der Vermittlungsausschuss eine Begleiterklärung und die
        Bundesregierung eine Protokollerklärung abgegeben ha-
        ben. Diese gebe ich nachfolgend zur Kenntnis:
        Begleiterklärung des Vermittlungsausschusses
        Der Vermittlungsausschuss fordert die Bundesregie-
        rung auf, zur Förderung von energetischen Sanierungs-
        maßnahmen an Wohngebäuden
        1. sicherzustellen, dass für die Jahre 2013 bis 2017 die
        KfW Bankengruppe mindestens jeweils 1,5 Milliar-
        den Euro für Zinsverbilligungen und Zuschüsse für
        die Förderung von energetischen Sanierungen zur
        Verfügung stellt,
        – Fortführung bestehender Programme –
        2. sicherzustellen, dass darüber hinaus die KfW Ban-
        kengruppe für die Jahre 2013 bis 2017 Mittel für die
        energetische Sanierung von selbstgenutztem und ver-
        mietetem Wohnraum mindestens in einer Gesamt-
        höhe von 1 Milliarde Euro jährlich zur Verfügung
        stellt. Selbstgenutzter Wohnraum soll durch Zu-
        schüsse gefördert werden; der Zuschussbetrag soll
        bis zu 30 Prozent der gedeckelten Aufwendungen be-
        tragen; er soll vor Beginn der Maßnahmen ausge-
        zahlt werden. Es sollen sowohl Einzel- als auch Ge-
        samtmaßnahmen berücksichtigt werden, mit denen
        nach dem 31. Dezember 2012 begonnen wird. För-
        derfähig sollen nur Maßnahmen sein, durch die min-
        destens der Standard KfW-Effizienzhaus 70 erreicht
        wird, die Förderhöhe soll nach zu erreichendem
        Standard gestaffelt werden. Durch die Förderung von
        vermietetem Wohnraum durch Zuschüsse oder Zins-
        verbilligungen sollen die von den Mieterinnen und
        Mietern zu tragenden umlagefähigen Kosten sinken
        und bzw. oder Contracting-Modelle wirtschaftlich er-
        möglicht werden, bei denen den Mieterinnen und
        Mietern keine zusätzlichen Kosten für die Wärmelie-
        ferung entstehen.
        – Aufstockung bestehender sowie zusätzliche Pro-
        gramme –
        Protokollerklärung der Bundesregierung
        zum Gesetz zur Änderung des Energiewirtschafts-
        gesetzes (ehemals Gesetz zur steuerlichen Förderung
        von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohnge-
        bäuden)
        Staatsminister von Klaeden erklärt, dass die Bundes-
        regierung zur Förderung von energetischen Sanierungs-
        maßnahmen an Wohngebäuden ein neues KfW-Programm
        auflegt.
        Die KfW soll für die Jahre 2013 bis 2020 Mittel für
        die energetische Sanierung von selbstgenutztem und ge-
        gebenenfalls vermietetem Wohnraum 300 Millionen
        Euro jährlich zur Verfügung stellen. Selbstgenutzter
        Wohnraum soll durch Zuschüsse gefördert werden. Es
        sollen sowohl Einzel- als auch Gesamtmaßnahmen be-
        rücksichtigt werden, mit denen nach dem 31. Dezember
        2012 begonnen wird. Förderfähig sollen nur Maßnah-
        men sein, durch die mindestens der Standard KfW-Effi-
        zienzhaus 55 erreicht wird; die Förderhöhe soll nach zu
        erreichendem Standard gestaffelt werden.
        Anlage 4
        Erklärung
        des Abgeordneten Thomas Oppermann (SPD)
        zur Beschlussempfehlung des Vermittlungs-
        ausschusses zu dem Jahressteuergesetz 2013
        (Zusatztagesordnungspunkt 4 e)
        Als Berichterstatter des Bundestages zu den abschlie-
        ßenden Verhandlungen des Vermittlungsausschusses am
        12. Dezember 2012 mache ich darauf aufmerksam, dass
        der Vermittlungsausschuss zwei Begleiterklärungen ab-
        gegeben hat. Diese gebe ich nachfolgend zur Kenntnis:
        Begleiterklärung des Vermittlungsausschusses:
        Jahressteuergesetz 2013 – „Steuerliche
        Behandlung von Streubesitzerträgen“:
        Mit seinem Urteil vom 20. Oktober in der Rechts-
        sache C-284/09 hat der Europäische Gerichtshof, EuGH,
        entschieden, dass die Abgeltungswirkung des Steuerab-
        zugs nach § 32 KStG für Dividendenzahlungen an be-
        stimmte ausländische Körperschaften gegen die Kapital-
        verkehrsfreiheit des Vertrags über die Arbeitsweise der
        Europäischen Union, AEUV, und des Abkommens über
        den Europäischen Wirtschaftsraum, EWR-Abkommen,
        verstößt.
        Aufgrund dieses Urteils besteht dringender Hand-
        lungsbedarf, die nationalen Rechtsvorschriften an das
        europäische Recht anzupassen.
        Dabei hat der Gesetzgeber die Wahl zwischen zwei
        grundlegenden Richtungsentscheidungen:
        1. Deutschland gewährt die Steuerbefreiung für Divi-
        denden entsprechend § 8 b Abs. 1 KStG auch für
        ausländische Gesellschaften.
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26969
        (A) (C)
        (D)(B)
        2. Die inländische Steuerbefreiung für Streubesitzer-
        träge – § 8 b Abs. 1 und Abs. 2 KStG – wird aufge-
        hoben.
        Für die Vergangenheit kommt Deutschland nicht um-
        hin, die Erstattung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer
        an die ausländischen Anteilseigner zu gewähren. Dies
        hat erhebliche Steuermindereinnahmen zur Folge. Dem
        trägt der Koalitionsantrag für die Vergangenheit dadurch
        Rechnung, dass durch das österreichische Modell die Er-
        stattungen ins Ausland reduziert werden. Dennoch ist
        eine Besteuerung des Streubesitzes unter dem Gesichts-
        punkt der Haushaltskonsolidierung nicht zu vermeiden.
        Bei der Erarbeitung einer Regelung sollen insbeson-
        dere auch die folgenden Gesichtspunkte berücksichtigt
        und nach Lösungen für besondere Belastungseffekte
        gesucht und der Begriff des Streubesitzes noch genauer
        definiert werden:
        – Kaskadeneffekte bei Ausschüttungen über mehrere
        Beteiligungsebenen,
        – Verbundstrukturen, in denen zentrale Unternehmen
        bestimmte Funktionen für einen Unternehmens-
        verbund übernehmen, und
        – Business Angels und Start-ups, wenn sich der Inves-
        tor von seinem Engagement trennt.
        Eine solche Regelung soll zusammen mit den
        Ländern Hessen und Rheinland-Pfalz erarbeitet und im
        Gesetz zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom 20. Okto-
        ber 2011 in der Rechtssache C-284/09 umgesetzt wer-
        den. Dieses Gesetzgebungsverfahren sollte nach Mög-
        lichkeit bis spätestens März 2013 abgeschlossen sein.
        Begleiterklärung des Vermittlungsausschusses:
        Jahressteuergesetz 2013 – „Investmentsteuerreform“:
        Die Finanzministerkonferenz hat am 1. Juni 2012 den
        Bericht einer von ihr am 3. März 2011 eingesetzten
        Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Neukonzeption der In-
        vestmentbesteuerung als Grundlage für ein einfaches
        und aufkommenssicheres Investmentbesteuerungssys-
        tem angesehen. Es sollte jedoch zunächst unter anderem
        noch geprüft werden, ob die drohende Europarechtswid-
        rigkeit auf andere Weise beseitigt werden kann. Die Prü-
        fung durch das Bundesministerium der Finanzen und die
        Länder hat gezeigt, dass eine grundlegende Neukonzep-
        tion der Investmentbesteuerung der richtige Weg ist, um
        die drohenden finanziellen Ausfälle in Milliardenhöhe
        zu vermeiden.
        Vor diesem Hintergrund soll eine Gesetzgebung zur
        Neukonzeption des Investmentsteuerrechts erfolgen.
        Dieser Gesetzentwurf setzt die Vorschläge der Bund-/
        Länderarbeitsgruppe zur Neukonzeption der Investment-
        besteuerung unter Berücksichtigung des vom Bundes-
        ministerium der Finanzen in Auftrag zu gebenden Gut-
        achtens zur Auswirkung der Reformvorschläge auf die
        Kapitalmärkte und die Altersversorgungssysteme um.
        Die Vorschläge sehen unter anderem vor, zwei voneinan-
        der unabhängige Besteuerungssysteme für Publikums-
        fonds und für Spezialfonds zu schaffen. Im anonymen
        Massengeschäft der Publikumsfonds sind dabei stärkere
        Vereinfachungen erforderlich als bei den Spezialfonds,
        die in der Mehrzahl nur einen Anleger oder maximal
        100 Anleger haben. In beiden Systemen ist es eines der
        wichtigsten Ziele der Reform, das deutsche Besteue-
        rungsrecht auf inländische Dividenden und Immobilien-
        erträge zu sichern und europarechtliche Zweifel am
        gegenwärtigen System zu beseitigen.
        Die Bundesregierung wird gebeten, zu Beginn der
        neuen Legislaturperiode einen Gesetzentwurf zur Invest-
        mentsteuerreform vorzulegen. Die Änderungen des
        Investmentsteuerrechts sollen schnellstmöglich in Kraft
        treten.
        Bis dahin ist es wichtig, weitere Steuerausfälle durch
        Gestaltungen zu vermeiden. Die vom Bundesrat am
        6. Juli 2012 geforderten Änderungen zur Ausschüttungs-
        reihenfolge und zum Werbungskostenabzug haben kei-
        nen direkten Bezug zur Neukonzeption und sind noch in
        dieser Legislaturperiode umzusetzen.
        Anlage 5
        Erklärungen nach § 31 GO
        zur namentlichen Abstimmung über die Be-
        schlussempfehlung des Vermittlungsausschusses
        zu dem Jahressteuergesetz 2013 (Zusatztages-
        ordnungspunkt 4e)
        Michael Kauch (FDP): Die rot-grüne Mehrheit im
        Vermittlungsausschuss hat das für mich wichtige gesell-
        schaftspolitische Ziel der Gleichstellung eingetragener
        Lebenspartnerschaften mit Steuererhöhungen für den
        Mittelstand und damit die Belastung von Arbeitsplätzen
        verbunden. Dies empfinde ich in höchstem Maße als un-
        glücklich.
        Der Gesamtvorschlag des Vermittlungsausschusses
        zum Jahressteuergesetz hat unabhängig von der Frage,
        wie eingetragene Lebenspartnerschaften besteuert wer-
        den, erhebliche Schwächen. Die von der FDP seit lan-
        gem geforderte Verkürzung der Aufbewahrungsfristen
        ist gestrichen. Die Verkürzung hätte einen wesentlichen
        Beitrag zum Bürokratieabbau leisten können. Bei der
        Grunderwerbsteuer soll es künftig eine Benachteiligung
        der Privatwirtschaft gegenüber öffentlichen Körper-
        schaften geben. Bei der Erbschaftsteuer sollen die Er-
        leichterungen bei der Unternehmensnachfolge zum
        Nachteil von Familienunternehmen geändert werden.
        Insgesamt belastet das Vermittlungsergebnis die Bürge-
        rinnen und Bürger sowie den Mittelstand mit rund einer
        halben Milliarde Euro zusätzlich.
        Dennoch habe ich mich in einer Abwägungsentschei-
        dung entschieden, trotz dieser Verschlechterungen dem
        Vermittlungsergebnis zum Jahressteuergesetz zuzustim-
        men. Denn die steuerrechtliche Gleichstellung von ein-
        getragenen Lebenspartnerschaften ist für mich ein über-
        ragendes Ziel, das im Koalitionsvertrag enthalten ist und
        dessen Umsetzung vom Koalitionspartner bisher verhin-
        dert wird.
        Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU): Zur Frage der
        steuerlichen Gleichstellung von eingetragenen Lebens-
        26970 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013
        (A) (C)
        (D)(B)
        partnerschaften insbesondere beim Ehegattensplitting
        habe ich mich in der Öffentlichkeit und auch beim Bun-
        desparteitag der CDU in meinem Redebeitrag klar posi-
        tioniert: Ich trete ausdrücklich und mit allem Nachdruck
        für eine steuerliche Gleichstellung ein.
        Denn Menschen in eingetragenen Lebenspartner-
        schaften übernehmen dauerhaft und in gegenseitigem
        Vertrauen und Zuneigung Verantwortung füreinander. In
        diesen Beziehungen werden insofern Werte gelebt, die
        tragend für unser Gemeinwesen sind und die daher unsere
        Unterstützung verdienen. Das Institut der Lebenspart-
        nerschaft verbindet diese Paare in gleicher Weise wie
        Eheleute in wechselseitigen Fürsorge- und Einstands-
        pflichten. Ich bin der Auffassung, dass aus gleichen
        Pflichten auch gleiche Rechte folgen müssen. Ich bin si-
        cher, dass auch das Bundesverfassungsgericht dies so
        sehen und den derzeitigen Ausschluss eingetragener
        Lebenspartnerschaften vom Splittingverfahren als ver-
        fassungswidrig verwerfen wird. Ich glaube, dass der
        Deutsche Bundestag als Gesetzgeber seinen Auftrag zu
        politischer Gestaltung ernst- und wahrnehmen und daher
        nicht die zu erwartende Entscheidung des Gerichts ab-
        warten sollte.
        An dieser Auffassung halte ich – auch nach der Dis-
        kussion und dem Abstimmungsergebnis auf dem Bun-
        desparteitag der CDU – ausdrücklich fest und werbe
        weiter mit vielen Kollegen in meiner Fraktion für dieses
        Ziel.
        Dessen ungeachtet werde ich beim Jahressteuergesetz
        2013 heute mit meiner Fraktion stimmen. Darin liegt in
        keiner Weise eine Abkehr von meiner Überzeugung. Ich
        möchte mich allerdings nicht zum Spielball von tak-
        tischen und parteipolitisch motivierten Manövern der
        Opposition machen lassen. Die heute beantragte na-
        mentliche Abstimmung hat aber genau das zum Ziel: Die
        zum Thema steuerliche Gleichstellung in den letzten
        Monaten im Bundestag erfolgten Abstimmungen haben
        gezeigt, dass es derzeit keine politische Mehrheit hierfür
        gibt. Auch wenn ich dies persönlich bedaure, ist es daher
        sinnlos, das Thema dennoch immer wieder auf die Tage-
        sordnung zu setzen. Daran wird deutlich, dass ganz of-
        fensichtlich Druck auf diejenigen in meiner Fraktion
        ausgeübt werden soll, die sich öffentlich für eine
        steuerliche Gleichstellung ausgesprochen haben. Es wird
        wie auch an vielen anderen Stellen der Versuch unter-
        nommen, die christlich-liberale Koalition als nicht ge-
        schlossen, gar als nicht handlungsfähig darzustellen. Das
        ist das eigentliche Ziel der namentlichen Abstimmung,
        nicht die Sache selbst.
        Für dieses parteipolitisch motivierte Manöver lasse
        ich mich als Mitglied der CDU/CSU-Fraktion nicht instru-
        mentalisieren.
        Patrick Meinhardt (FDP): Es ist wirklich nicht
        mehr erträglich, wie Rot-Grün mit der so wichtigen steu-
        erlichen Gleichstellung eingetragener Lebenspartner-
        schaften als „strategischer Masse“ umgeht. Selbstver-
        ständlich würde ich sofort der Gleichstellung von
        eingetragenen Lebenspartnerschaften im Steuerrecht zu-
        stimmen, wie ich das im Deutschen Bundestag auch
        schon bei der letzten Abstimmung im vergangenen Ok-
        tober getan habe.
        Die FDP hatte schon im Koalitionsvertrag durchge-
        setzt, dass gleichheitswidrige Benachteiligungen einge-
        tragener Lebenspartnerschaften im Steuerrecht abzu-
        bauen sind. Dabei sind wir Liberale als Motor in der
        Koalition mit der Union ein gutes Stück vorangekom-
        men. Im steuerlichen Bereich haben wir die volle
        Gleichstellung bei der Erbschaftsteuer und Grunder-
        werbsteuer erreicht.
        Dem vorliegenden Gesamtvorschlag des Vermitt-
        lungsausschusses zum Jahressteuergesetz kann ich aber
        unter keinen Umständen zustimmen.
        Die von der FDP seit langem geforderte Verkürzung
        der Aufbewahrungsfristen ist gestrichen. Die Verkür-
        zung hätte einen wesentlichen Beitrag zum Bürokratie-
        abbau leisten können.
        Bei der Grunderwerbsteuer sollen Regelungen sicher-
        stellen, dass zukünftig auch bei Konzernumstrukturie-
        rung immer Grunderwerbsteuer fällig wird. Gleichzeitig
        sollen aber Umstrukturierungen öffentlicher Gebietskör-
        perschaften grunderwerbsteuerfrei möglich sein. Dies ist
        eine eklatante Benachteiligung der Privatwirtschaft ge-
        genüber öffentlichen Körperschaften.
        Bei der Erbschaftsteuer sollen die Erleichterungen bei
        der Unternehmensnachfolge zum Nachteil von Familien-
        unternehmen geändert werden. Ich setzte mich für eine
        Erbschaftsteuer ein, die die Unternehmensnachfolge im
        Interesse des Erhalts von Arbeitsplätzen nicht gefährdet.
        Insgesamt belastet das durch Rot-Grün erzwungene
        Vermittlungsergebnis die Bürgerinnen und Bürger sowie
        den Mittelstand mit rund 500 Millionen Euro zusätzlich.
        Ich werde mich auch weiterhin konsequent für eine
        steuerrechtliche Gleichstellung von eingetragenen Le-
        benspartnerschaften einsetzen. Ich bin aber nicht bereit,
        dafür den von SPD und Grünen geforderten Steuererhö-
        hungen zuzustimmen.
        Die Verknüpfung des für mich wichtigen gesell-
        schaftspolitischen Ziels der Gleichstellung eingetragener
        Lebenspartnerschaften mit Steuererhöhungen für den
        Mittelstand und damit die Belastung von Arbeitsplätzen
        empfinde ich in höchstem Maße als unseriös!
        Burkhardt Müller-Sönksen (FDP): Der im Ergebnis
        des Vermittlungsausschusses zum Jahressteuergesetz 2013
        enthaltenen Gleichstellung eingetragener Lebenspartner-
        schaften im Steuerrecht stimme ich ausdrücklich zu.
        Die FDP hatte schon im Koalitionsvertrag durchge-
        setzt, dass gleichheitswidrige Benachteiligungen einge-
        tragener Lebenspartnerschaften im Steuerrecht abzu-
        bauen sind. Dabei sind wir in der Koalition mit der
        Union ein gutes Stück vorangekommen. Im steuerlichen
        Bereich haben wir die volle Gleichstellung bei der Erb-
        schaftsteuer und Grunderwerbsteuer erreicht. Dem Ge-
        samtvorschlag des Vermittlungsausschusses zum Jahres-
        steuergesetz kann ich aber nicht zustimmen: Die von der
        FDP seit langem geforderte Verkürzung der Aufbewah-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26971
        (A) (C)
        (D)(B)
        rungsfristen ist gestrichen. Die Verkürzung hätte einen
        wesentlichen Beitrag zum Bürokratieabbau leisten können.
        Bei der Grunderwerbsteuer sollen Regelungen sicher-
        stellen, dass zukünftig auch bei Konzernumstrukturie-
        rung immer Grunderwerbsteuer fällig wird. Gleichzeitig
        sollen aber Umstrukturierungen öffentlicher Gebietskör-
        perschaften grunderwerbsteuerfrei möglich sein. Dies ist
        eine eklatante Benachteiligung der Privatwirtschaft ge-
        genüber öffentlichen Körperschaften. Bei der Erbschaft-
        steuer sollen die Erleichterungen bei der Unternehmens-
        nachfolge zum Nachteil von Familienunternehmen
        geändert werden. Ich setzte mich für eine Erbschaft-
        steuer ein, die die Unternehmensnachfolge im Interesse
        des Erhalts von Arbeitsplätzen nicht gefährdet. Insge-
        samt belastet das Vermittlungsergebnis die Bürgerinnen
        und Bürger sowie den Mittelstand mit rund einer halben
        Milliarde Euro zusätzlich.
        Ich werde mich auch weiterhin für eine steuerrecht-
        liche Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartner-
        schaften einsetzen und habe dieses in den letzten Jahren
        aktiv getan. Ich bin aber nicht bereit, dafür meine markt-
        wirtschaftlichen Grundüberzeugungen aufzugeben und
        den von SPD und Grünen geforderten Steuererhöhungen
        zuzustimmen.
        Die Verknüpfung des für mich wichtigen gesell-
        schaftspolitischen Ziels der Gleichstellung eingetragener
        Lebenspartnerschaften mit Steuererhöhungen für den
        Mittelstand und einer weiteren Benachteiligung des pri-
        vaten Sektors empfinde ich in höchstem Maße als unse-
        riös.
        Marina Schuster (FDP): Der im Ergebnis des Ver-
        mittlungsausschusses zum Jahressteuergesetz 2013 ent-
        haltenen Gleichstellung eingetragener Lebenspartner-
        schaften im Steuerrecht stimme ich zu. Die FDP hatte
        schon im Koalitionsvertrag durchgesetzt, dass gleich-
        heitswidrige Benachteiligungen eingetragener Le-
        benspartnerschaften im Steuerrecht abzubauen sind. Da-
        bei sind wir in der Koalition mit der Union ein gutes
        Stück vorangekommen. Im steuerlichen Bereich haben
        wir die volle Gleichstellung bei der Erbschaftsteuer und
        der Grunderwerbsteuer erreicht.
        Dem Gesamtvorschlag des Vermittlungsausschusses
        zum Jahressteuergesetz kann ich aber nicht zustimmen:
        Die von der FDP seit langem geforderte Verkürzung der
        Aufbewahrungsfristen ist gestrichen. Die Verkürzung
        hätte einen wesentlichen Beitrag zum Bürokratieabbau
        leisten können. Bei der Grunderwerbsteuer sollen Rege-
        lungen sicherstellen, dass zukünftig auch bei Kon-
        zernumstrukturierung immer Grunderwerbsteuer fällig
        wird. Gleichzeitig sollen aber Umstrukturierungen öf-
        fentlicher Gebietskörperschaften grunderwerbsteuerfrei
        möglich sein. Dies ist eine eklatante Benachteiligung der
        Privatwirtschaft gegenüber öffentlichen Körperschaften,
        Bei der Erbschaftsteuer sollen die Erleichterungen bei
        der Unternehmensnachfolge zum Nachteil von Familien-
        unternehmen geändert werden. Ich setzte mich für eine
        Erbschaftsteuer ein, die die Unternehmensnachfolge im
        Interesse des Erhalts von Arbeitsplätzen nicht gefährdet.
        Insgesamt belastet das Vermittlungsergebnis die Bürge-
        rinnen und Bürger sowie den Mittelstand mit rund einer
        halben Milliarde Euro zusätzlich.
        Ich werde mich auch weiterhin für eine steuerrechtli-
        che Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartner-
        schaften einsetzen. Ich bin aber nicht bereit, den von
        SPD und Grünen geforderten Steuererhöhungen zuzu-
        stimmen. Die Verknüpfung des für mich wichtigen ge-
        sellschaftspolitischen Ziels der Gleichstellung eingetra-
        gener Lebenspartnerschaften mit Steuererhöhungen für
        den Mittelstand und damit die Belastung von Arbeits-
        plätzen empfinde ich in höchstem Maße als unseriös.
        Manfred Todtenhausen (FDP): Der im Ergebnis
        des Vermittlungsausschusses zum Jahressteuergesetz
        2013 enthaltenen Gleichstellung eingetragener Le-
        benspartnerschaften im Steuerrecht stimme ich zu. Die
        FDP hatte schon im Koalitionsvertrag durchgesetzt, dass
        gleichheitswidrige Benachteiligungen eingetragener Le-
        benspartnerschaften im Steuerrecht abzubauen sind. Da-
        bei sind wir in der Koalition mit der Union ein gutes
        Stück vorangekommen. Im steuerlichen Bereich haben
        wir die volle Gleichstellung bei der Erbschaftsteuer und
        Grunderwerbsteuer erreicht.
        Dem Gesamtvorschlag des Vermittlungsausschusses
        zum Jahressteuergesetz kann ich aber nicht zustimmen:
        Die von der FDP seit langem geforderte Verkürzung der
        Aufbewahrungsfristen ist gestrichen. Die Verkürzung
        hätte einen wesentlichen Beitrag zum Bürokratieabbau
        leisten können. Bei der Grunderwerbsteuer sollen Rege-
        lungen sicherstellen, dass zukünftig auch bei Kon-
        zernumstrukturierung immer Grunderwerbsteuer fällig
        wird. Gleichzeitig sollen aber Umstrukturierungen öf-
        fentlicher Gebietskörperschaften grunderwerbsteuerfrei
        möglich sein. Dies ist eine eklatante Benachteiligung der
        Privatwirtschaft gegenüber öffentlichen Körperschaften.
        Bei der Erbschaftsteuer sollen die Erleichterungen bei
        der Unternehmensnachfolge zum Nachteil von Familien-
        unternehmen geändert werden. Ich setzte mich für eine
        Erbschaftsteuer ein, die die Unternehmensnachfolge im
        Interesse des Erhalts von Arbeitsplätzen nicht gefährdet.
        Insgesamt belastet das Vermittlungsergebnis die Bürge-
        rinnen und Bürger sowie den Mittelstand mit rund einer
        halben Milliarde Euro zusätzlich.
        Ich werde mich auch weiterhin für eine steuerrecht-
        liche Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartner-
        schaften einsetzen. Ich bin aber nicht bereit, dafür den
        von SPD und Grünen geforderten Steuererhöhungen zu-
        zustimmen. Die Verknüpfung des für mich wichtigen ge-
        sellschaftspolitischen Ziels der Gleichstellung eingetra-
        gener Lebenspartnerschaften mit Steuererhöhungen für
        den Mittelstand und der damit verbundenen Gefährdung
        von Arbeitsplätzen empfinde ich in höchstem Maße als
        unseriös.
        Markus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU): Zur
        Frage der steuerlichen Gleichstellung eingetragener Le-
        benspartnerschaften habe ich mich mehrfach in der Öf-
        fentlichkeit eindeutig positioniert.
        Daran halte auch ich uneingeschränkt fest; in keiner
        Weise kann das heutige Abstimmungsverhalten als eine
        26972 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013
        (A) (C)
        (D)(B)
        Abkehr von meiner Überzeugung gewertet werden. Viel-
        mehr ist dieses einzig und allein darauf zurückzuführen,
        dass ich das taktische Spiel der Opposition ablehne und
        mich davon nicht unter Druck setzen lasse. Mehrere Ab-
        stimmungen in den letzten Monaten haben gezeigt, dass
        es derzeit keine politische Mehrheit für die steuerliche
        Gleichstellung gibt, und es ist albern, das Thema immer
        wieder neu auf die Tagesordnung zu setzen.
        Ungeachtet dessen werde ich meine Meinung weiter-
        hin eindeutig innerhalb der Fraktion, der Partei und der
        Gesellschaft vertreten.
        Anlage 6
        Erklärung nach § 31 GO
        der Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, Inge
        Höger und Ulla Jelpke (alle DIE LINKE) zur
        Abstimmung über die Beschlussempfehlung des
        Vermittlungsausschusses zu dem Jahressteuer-
        gesetz 2013 (Zusatztagesordnungspunkt 4e)
        Wir haben uns bei der Abstimmung über die steuerli-
        che Behandlung von Lebensgemeinschaften der Stimme
        enthalten. Wir sind grundsätzlich für die Abschaffung
        des Ehegattensplittings; deswegen wollen wir uns zu den
        vorliegenden Anträgen nicht auf dieses oder jenes festle-
        gen. Ein Antrag zur grundsätzlichen Abschaffung des
        Ehegattensplittings steht heute nicht zur Abstimmung.
        Wir wollen mit unserem Stimmverhalten und dieser Er-
        klärung noch einmal unsere Position deutlich machen.
        Da wir in unserem Abstimmungsverhalten zwei An-
        liegen in Deckungsgleichheit bringen wollen, nämlich
        die vollständige Gleichbehandlung aller geschlechtlich
        begründeten Lebensgemeinschaften und die Abschaf-
        fung des Ehegattensplittings, lag es für uns nahe, dies
        mit einer Stimmenthaltung in der heutigen Abstimmung
        zu unterstreichen.
        Anlage 7
        Erklärung nach § 31 GO
        der Abgeordneten Ingrid Fischbach, Frank
        Heinrich, Dr. Stefan Kaufmann, Jürgen
        Klimke, Dr. Rolf Koschorrek, Dr. Jan-Marco
        Luczak, Jens Spahn, Sabine Weiss (Wesel I),
        Elisabeth Winkelmeier-Becker, Dagmar G.
        Wöhrl und Dr. Matthias Zimmer (alle CDU/
        CSU) zur Abstimmung über die Beschlussemp-
        fehlung des Vermittlungsausschusses zu dem
        Jahressteuergesetz 2013 (Zusatztagesordnungs-
        punkt 4e)
        Zur Frage der steuerlichen Gleichstellung eingetrage-
        ner Lebenspartnerschaften haben wir uns mehrfach in
        der Öffentlichkeit, insbesondere durch Redebeiträge auf
        dem vergangenen Bundesparteitag der CDU, eindeutig
        positioniert.
        Daran halten wir uneingeschränkt fest; in keiner
        Weise kann das heutige Abstimmungsverhalten als eine
        Abkehr von unserer Überzeugung gewertet werden.
        Vielmehr ist dieses einzig und allein darauf zurückzu-
        führen, dass wir das taktische Spiel der Opposition ab-
        lehnen und uns davon nicht unter Druck setzen, lassen.
        Mehrere Abstimmungen in den letzten Monaten haben
        gezeigt, dass es derzeit keine politische Mehrheit für die
        steuerliche Gleichstellung gibt, und es ist albern, das
        Thema immer wieder neu auf die Tagesordnung zu set-
        zen.
        Ungeachtet dessen werden wir unsere Meinung wei-
        terhin eindeutig innerhalb der Fraktion, der Partei und
        der Gesellschaft vertreten.
        Anlage 8
        Erklärung nach § 31 GO
        der Abgeordneten Christine Aschenberg-
        Dugnus, Florian Bernschneider, Sebastian
        Blumenthal, Claudia Bögel, Nicole Bracht-Bendt,
        Klaus Breil, Angelika Brunkhorst, Marco
        Buschmann, Reiner Deutschmann, Rainer
        Erdel, Jörg van Essen, Otto Fricke, Hans-
        Michael Goldmann, Miriam Gruß, Manuel
        Höferlin, Heiner Kamp, Pascal Kober,
        Sebastian Körber, Harald Leibrecht, Dr. Erwin
        Lotter, Oliver Luksic, Horst Meierhofer,
        Gabriele Molitor, Petra Müller (Aachen),
        Dr. Martin Neumann (Lausitz), Gisela Piltz,
        Jörg von Polheim, Dr. Christiane Ratjen-
        Damerau, Dr. Birgit Reinemund, Christoph
        Schnurr, Jimmy Schulz, Judith Skudelny,
        Joachim Spatz, Stephan Thomae, Serkan
        Tören, Johannes Vogel (Lüdenscheid) und
        Dr. Daniel Volk (alle FDP) zur Abstimmung
        über die Beschlussempfehlung des Vermitt-
        lungsausschusses zu dem Jahressteuergesetz
        2013 (Zusatztagesordnungspunkt 4e)
        Der im Ergebnis des Vermittlungsausschusses zum
        Jahressteuergesetz 2013 enthaltenen Gleichstellung ein-
        getragener Lebenspartnerschaften im Steuerrecht stim-
        men wir zu. Die FDP hatte schon im Koalitionsvertrag
        durchgesetzt, dass gleichheitswidrige Benachteiligungen
        eingetragener Lebenspartnerschaften im Steuerrecht ab-
        zubauen sind. Dabei sind wir in der Koalition mit der
        Union ein gutes Stück vorangekommen. Im steuerlichen
        Bereich haben wir die volle Gleichstellung bei der Erb-
        schaftsteuer und Grunderwerbsteuer erreicht.
        Dem Gesamtvorschlag des Vermittlungsausschusses
        zum Jahressteuergesetz können wir aber nicht zustim-
        men:
        Die von der FDP seit langem geforderte Verkürzung
        der Aufbewahrungsfristen ist gestrichen. Die Verkür-
        zung hätte einen wesentlichen Beitrag zum Bürokratie-
        abbau leisten können.
        Bei der Grunderwerbsteuer sollen Regelungen sicher-
        stellen, dass zukünftig auch bei Konzernumstrukturie-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26973
        (A) (C)
        (D)(B)
        rungen immer Grunderwerbsteuer fällig wird. Gleichzeitig
        sollen aber Umstrukturierungen öffentlicher Gebietskör-
        perschaften grunderwerbsteuerfrei möglich sein. Dies ist
        eine eklatante Benachteiligung der Privatwirtschaft ge-
        genüber öffentlichen Körperschaften.
        Bei der Erbschaftsteuer sollen die Erleichterungen bei
        der Unternehmensnachfolge zum Nachteil von Familien-
        unternehmen geändert werden. Wir setzen uns für eine
        Erbschaftsteuer ein, die die Unternehmensnachfolge im
        Interesse des Erhalts von Arbeitsplätzen nicht gefährdet.
        Insgesamt belastet das Vermittlungsergebnis die Bür-
        gerinnen und Bürger sowie den Mittelstand mit rund ei-
        ner halben Milliarde Euro zusätzlich.
        Wir werden uns auch weiterhin für eine steuerrechtli-
        che Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartner-
        schaften einsetzen. Wir sind aber nicht bereit, dafür den
        von SPD und Grünen geforderten Steuererhöhungen zu-
        zustimmen. Die Verknüpfung des für uns wichtigen ge-
        sellschaftspolitischen Ziels der Gleichstellung eingetra-
        gener Lebenspartnerschaften mit Steuererhöhungen für
        den Mittelstand und damit die Belastung von Arbeits-
        plätzen empfinden wir in höchstem Maße als unseriös.
        Anlage 9
        Zu Protokoll gegebene Rede
        zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur
        innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalvertrags
        (Tagesordnungspunkt 17)
        Roland Claus (DIE LINKE): Bei diesem Gesetzent-
        wurf handelt es sich um den zweiten Versuch, mit den
        Bundesländern zu einer Übereinkunft bei der Umsetzung
        des sogenannten Fiskalvertrages zu kommen. Der
        Fiskalvertrag ist ein europäisches Vertragswerk, das in
        Korrespondenz zum Europäischen Stabilitätsmechanis-
        mus die beteiligten Staaten zu einer restriktiven Aus-
        gabenpolitik verpflichtet.
        Da die Linke den ESM und den international verein-
        barten Fiskalpakt aus guten Gründen abgelehnt hat, ist es
        nur folgerichtig, auch dieses innerstaatliche, also den
        Bund, die deutschen Bundesländer und die Kommunen,
        betreffende Gesetz abzulehnen. Wir tun dies vor allem
        deshalb, weil eine so streng verordnete Sparpolitik in al-
        ler Regel der Binnenwirtschaft des Landes schadet und
        Konjunktureffekte von Investitionen damit ausbleiben.
        Mit dem Fiskalpakt hat die Bundesrepublik Deutsch-
        land faktisch den Euro-Ländern die in Deutschland ge-
        scheiterte Politik der Agenda 2010 übergestülpt. Welche
        verheerenden Folgen das hat, sieht man derzeit in
        Griechenland, wo nicht nur eine sozialpolitische Kata-
        strophe angerichtet wurde, sondern auch ein wirtschaftli-
        ches Desaster die Folge ist. Eine der Wirkungen ist der
        Rückgang deutscher Exporte in die Länder Südeuropas.
        Während den sozial Benachteiligten die Folgen der
        Bankenkrise aufgebürdet werden, werden die Verursa-
        cher der Krise an den Finanzmärkten, in den Groß-
        banken und in den unregulierten Investmentfonds nicht
        zur Verantwortung gezogen.
        Das hier vorliegende Gesetz beschreibt nun die
        Zwangsvorgaben in der Haushaltspolitik von Bund, Län-
        dern und Kommunen. Ausgangspunkt der gesetzlichen
        Regelung sei die Bewältigung der Staatsschuldenkrise.
        Schon das ist die falsche Diagnose, weil die enorm ange-
        wachsenen Staatsverschuldungen erst eine Folge der
        Krise von Banken und Finanzmärkten sind. Und wo die
        Diagnose falsch ist, kann die darauf eingehende
        Therapie nicht richtig sein. Das haben auch die Vertrete-
        rinnen und Vertreter einer ganzen Reihe von Bundeslän-
        dern erkannt und kritisiert.
        Schließlich werden mit diesen Gesetzespaketen nicht
        nur fiskal- und wirtschaftspolitische Fehler begangen,
        sondern auch sozialstaatliche Grundsätze beschädigt und
        letztlich demokratische Grundstrukturen der Gesell-
        schaft untergraben. Dem europäischen Integrations-
        prozess ist all dies abträglich.
        Wäre eine andere Politik zur Euro-Stabilisierung
        möglich? Aber sicher doch, so wie es in der Politik im-
        mer Alternativen gibt. Die Linke hat sich stets für eine
        andere Politik im Sinne europäischer Gemeinsamkeit
        eingesetzt. Dazu gehören unter anderem folgende Vor-
        schläge: wirksame Aufsicht und Kontrolle der interna-
        tionalen Finanzmärkte; Schattenbanken gehören nicht
        reguliert, sondern abgeschafft; eine Finanztransaktion-
        steuer ist überfällig; Heranziehen der Verursacher der
        Krise mittels einer europaweiten Abgabe auf höchste
        Vermögen (also nicht von Mittelständlern); Überwin-
        dung der Dominanz der Finanzmärkte gegenüber der
        Realwirtschaft; Entkopplung der Staatsfinanzierung von
        den privaten Kapitalmärkten; schrittweise Überwindung
        von Leistungsbilanzungleichgewichten, um eine Harmo-
        nisierung der Wirtschafts- und Sozialpolitik zu errei-
        chen; staatliche Förderung von Konjunkturprogrammen
        zur Belebung der Binnenkonjunktur; Überwindung der
        überbordenden Leih- und Zeitarbeit, bei der Menschen
        trotz Arbeit in der Armutsfalle bleiben.
        All diese Überlegungen wurden weder bei den zahl-
        reichen europäischen Gipfeltreffen noch im Agieren der
        Bundesregierung überhaupt auch nur ansatzweise
        erwogen.
        Die Linke sagt: Eine Stabilisierung der Euro-Zone ist
        nötig und wichtig. Aber mit diesem Gesetz kommt sie
        nicht.
        Anlage 10
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung der Anträge:
        – Starke Forschung für die Energiewende
        Energieforschung konsequent am Atomaus-
        stiegsbeschluss des Deutschen Bundestages
        ausrichten
        (Tagesordnungspunkte 18 a und 18 b)
        Thomas Bareiß (CDU/CSU): Auch diese Debatte
        zeigt wieder einmal deutlich, dass die Grünen noch im-
        mer nicht von ihrem Lieblingsthema Kernenergie lassen
        können. Krampfhaft wird versucht, uns zu unterstellen,
        26974 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013
        (A) (C)
        (D)(B)
        dass wir es nicht ernst meinen mit dem Ausstieg. Dabei
        spricht nicht nur das von uns auf den Weg gebrachte
        6. Energieforschungsprogramm eine deutliche Sprache,
        sondern auch unsere anderen energiepolitischen Maß-
        nahmen: So beschließen wir fast im Monatstakt neue
        Gesetze und Programme für mehr Energieeffizienz, effi-
        zienteren Offshorewindenergieausbau, schnelleren
        Netzausbau oder auch eine starke Energieforschung zum
        Gelingen der Energiewende. Dies alles zeigt: Wir mei-
        nen es ernst mit dem Ausstieg. Und im Gegensatz zu
        Ihnen packen wir auch den Einstieg ins Zeitalter der
        Energieeffizienz und der Erneuerbaren engagiert an und
        haben dabei immer Bezahlbarkeit und Versorgungs-
        sicherheit im Blick.
        Die Energieforschung ist ein zentraler Baustein unse-
        rer Technologiestrategie und damit ein Garant für
        Wachstum und Wohlstand. Und eines muss allen klar
        sein: Die Energiewende kann nur mit neuen Ideen und
        Innovation gelingen. Dazu braucht es eine starke
        Forschung. Nur wenn wir weltweit führend bei der Ener-
        gieforschung sind, werden wir mit dem Umstieg Erfolg
        haben.
        Deshalb haben wir im Sommer 2011 das 6. Energie-
        forschungsprogramm verabschiedet und die Mittel für
        die Energieforschung auf 3,5 Milliarden Euro auf-
        gestockt. Die Schwerpunkte liegen auf den Schlüssel-
        themen der Energiewende: erneuerbare Energien, Ener-
        gieeffizienz, Speicher und Netze und keineswegs auf der
        Kernenergie, wie es die Grünen versuchen glaubhaft zu
        machen.
        Nach gut anderthalb Jahren zeigt die Resonanz deut-
        lich, dass unser Energieforschungsprogramm ein
        Erfolgsprogramm ist. So wurden in den Bereichen der
        erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz allein
        innerhalb des ersten Jahres mehr als 900 neue
        Forschungsprojekte mit einem Gesamtfördervolumen
        von rund 550 Millionen Euro auf den Weg gebracht.
        Hinzu kamen rund 215 Millionen Euro, die die Wirt-
        schaft als Eigenmittel beigesteuert hat.
        Und auch die Zusammenarbeit zwischen den Ressorts
        funktioniert, entgegen dem Antrag der SPD, sehr gut. So
        wurden mit dem 6. Energieforschungsprogramm erst-
        mals ressortübergreifende Projekte vereinbart. Bundes-
        umweltministerium, Bundeswirtschaftsministerium so-
        wie das Bundesbildungsministerium haben erfolgreich
        Projekte, wie die Förderinitiativen „Speicher“ oder „Zu-
        kunftsfähige Stromnetze“, auf den Weg gebracht.
        Ein entscheidender Baustein zum Gelingen der Ener-
        giewende wird sein, ob es uns gelingt, Speichertechno-
        logien zur besseren Integration der erneuerbaren Ener-
        gien zu entwickeln und in den Energiemarkt zu
        integrieren. Dafür müssen sowohl bestehende Speicher-
        technologien gefördert als auch deren Entwicklung
        durch Forschung in Deutschland beschleunigt werden.
        Deshalb haben wir sowohl eine Reihe von Maßnah-
        men zur Förderung betriebsbereiter Energiespeicher-
        technologien, wie die Befreiung von Netzentgelten und
        der EEG-Umlage für neue Speichertechnologien, als
        auch die Förderinitiative „Speicher“ auf den Weg ge-
        bracht
        200 Millionen Euro werden von Bundesumweltminis-
        terium, Bundeswirtschaftsministerium und Bundes-
        bildungsministerium für diese Initiative in der Summe
        zur Verfügung gestellt, um die Entwicklung neuer Spei-
        chertechnologien und Speicherkonzepte sowie die
        Verbesserung bestehender Techniken zu fördern. Mit ei-
        ner fünffachen Überzeichnung ist dieses Programm ein
        voller Erfolg und zeigt, dass wir die richtigen Prioritäten
        gesetzt haben.
        Zur besseren Integration der erneuerbaren Energien
        sind nicht nur Speicher, sondern auch leistungsfähige
        Stromnetze entscheidend. Der Ausbau der erneuerbaren
        Energien und der Stromnetze muss deshalb im Gleich-
        klang erfolgen. Hinzu kommen neue Anforderungen wie
        zeitliche und geografische Schwankungen bei der Ein-
        speisung aus erneuerbaren Energien oder ein immer grö-
        ßerer Abstand zwischen den Orten der Stromerzeugung
        und den Verbrauchsschwerpunkten. Dies erfordert neue
        Netztechnologien und Konzepte.
        Aus diesem Grund haben wir am 11. Januar 2013 die
        Förderinitiative „Zukunftsfähige Stromnetze“ auf den
        Weg gebracht, die beispielsweise neue Konzepte zur
        Netzplanung, intelligente Stromnetze sowie innovatives
        Lastmanagement fördert. Mit rund 150 Millionen Euro
        soll der Einstieg in das zukünftige Netz gefördert wer-
        den.
        Die Förderinitiativen „Speicher“ und „Netze“ sind
        nur ein Teil des umfassenden Energieforschungspro-
        gramms. Aber sie zeigen deutlich: Zukunftstechnologien
        sind für uns ein wesentlicher Bestandteil der Energie-
        wende. Gerade der Run auf diese Projekte macht
        deutlich, dass es Rot-Grün versäumt hat, in diese Tech-
        nologien zu investieren und Forschung dort anzureizen.
        Wir machen es richtig. Denn für uns gehört zum Gelin-
        gen der Energiewende nicht nur der Ausstieg, sondern
        auch der Einstieg, und der beginnt mit einer starken
        Energieforschung.
        Dr. Philipp Murmann (CDU/CSU): Erstens. Wir ha-
        ben viele wichtige Projekte für unser Land in dieser Le-
        gislaturperiode auf den Weg gebracht: die Stabilisierung
        Europas, die Konsolidierung unseres Haushaltes, die
        Ausrichtung unseres Landes auf Bildung und Forschung
        als eine der wichtigsten Prioritäten und die Stärkung un-
        serer Wettbewerbsfähigkeit und unseres Wirtschafts-
        standortes. Aber neben all diesen wichtigen Projekten ist
        eine der größten Herausforderungen in diesem Jahrhun-
        dert die Sicherstellung einer sicheren, bezahlbaren und
        umweltverträglichen Energieversorgung. Und dies gilt
        nicht nur für Deutschland, nein, dies gilt ebenso für Eu-
        ropa und sogar weltweit.
        Unsere Energiewende – und das auch im Gegensatz
        zu den bisherigen Träumereien einer Energiewende un-
        ter Rot-Grün – bedeutet einen unumkehrbaren und einen
        nachhaltigen Weg in das Zeitalter der erneuerbaren
        Energien. Denn nicht nur ökologische und soziale Krite-
        rien bedeuten Nachhaltigkeit. Nein, ein ebenso gewichti-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26975
        (A) (C)
        (D)(B)
        ges Kriterium ist die Wirtschaftlichkeit der Energie-
        wende. Eine Energiewende, die nicht wirtschaftlich ist,
        wird auch nicht nachhaltig sein. Denn wir müssen den
        Wirtschaftsstandort Deutschland nicht nur erhalten,
        nein, mit und durch die Energiewende müssen wir
        Deutschland noch wettbewerbsfähiger und innovativer
        machen und zwar nicht durch Subventionen – denn das
        wird ebenfalls nicht nachhaltig sein – , sondern durch In-
        vestitionen, durch marktwirtschaftliche Anreize und vor
        allem durch Innovationen und durch Forschung und Ent-
        wicklung.
        Zweitens. Unser langfristiges Ziel liegt im Jahr 2050.
        Innerhalb von nur vier Jahrzehnten bauen wir unsere
        Energieversorgung komplett um. Dazu gehören nicht nur
        erneuerbare Energien. Wir brauchen auch neue und ver-
        besserte Stromnetze. Wir brauchen mehr Energieeffi-
        zienz, und wir brauchen auch Energiespeicher. Ja, auch
        manche schnelle und kurzfristige Lösung ist wichtig.
        Aber die Energiewende insgesamt ist eine Generationen-
        aufgabe. Und hier brauchen wir langfristige Lösungs-
        strategien. Gerade deswegen setzen wir auf Grundlagen-
        forschung. Grundlagenforschung – und das wissen auch
        Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition – ist
        eben kein 100-Meter-Lauf, sondern Grundlagenfor-
        schung ist ein Marathon.
        Drittens. Wichtig ist: Bei der Energieforschung brau-
        chen wir einen ganzheitlichen Ansatz. Wir fördern For-
        schung in den Bereichen erneuerbare Energien. Wir för-
        dern Forschung für Energieeffizienz, Forschung für
        intelligente Netze und Speicher. Aber zu einem ganz-
        heitlichen Ansatz gehören eben nicht nur technologische
        und naturwissenschaftliche Forschungsansätze, sondern
        ebenso sozialwissenschaftliche und volkswirtschaftliche
        Aspekte. Und um diese verschiedenen Bereiche zusam-
        menzubinden, hat die Bundesregierung einen neuen Dia-
        log angeregt, der inzwischen alle wissenschaftliche Be-
        reiche erfasst hat und der jetzt in einem übergreifenden
        Projekt zusammengefasst wird, das unter Mitwirkung al-
        ler wissenschaftlichen Akademien erfolgt. Der Titel die-
        ses Projektes lautet: „Energiesystem der Zukunft“. Was
        Sie, liebe Kollegen von der Opposition, noch in langen
        schriftlichen Ekstasen fordern, wird hier bereits begon-
        nen und umgesetzt. Ihre Anträge sind veraltet und über-
        holt. Die christlich-liberale Koalition ist Ihnen weit vo-
        raus. Wir reden nicht nur, wir handeln.
        Viertens. Lassen Sie mich auf einen weiteren Bereich
        kommen, der aus unserer Sicht ebenso zu einem ganz-
        heitlichen Forschungsansatz gehört und der national,
        aber auch international von größter Bedeutung ist: die
        nukleare Sicherheitsforschung. Nach den Ereignissen in
        Fukushima haben wir die Restrisiken der Kernenergie
        neu bewertet. Auf Basis der Empfehlungen der Ethik-
        kommission haben wir gemeinsam entschieden, zügiger
        als noch im September 2010 geplant aus der Kernenergie
        auszusteigen. Ende 2022 soll das letzte Kernkraftwerk
        vom Netz gehen. Aber die Sicherheit der Kernkraft-
        werke in Deutschland hat für uns weiterhin höchste Prio-
        rität. Bis zum Abschalten des letzten Kernkraftwerks in
        knapp zehn Jahren werden wir die Sicherheit der Kern-
        reaktoren auf dem allerneuesten Stand von Wissenschaft
        und Technik halten. Diesen Schutzauftrag nimmt die
        Koalition ernst. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von
        den Grünen, wollen den Ausstieg aus dieser Sicherheits-
        forschung. Das ist unverantwortlich. Und das ist mit uns
        nicht zu machen.
        Ich empfehle Ihnen stattdessen einen Blick zurück in
        die Vergangenheit. Unter der rot-grünen Bundesregie-
        rung hat eine Evaluierungskommission doch ganz klare
        Aussagen getroffen: „Die intensive Förderung der Reak-
        torsicherheitsforschung durch die Bundesregierung in
        den letzten Jahrzehnten hat entscheidend dazu beigetra-
        gen, dass deutsche Reaktoren zu den sichersten der Welt
        gehören.“ Ich sage es noch einmal: Die Sicherheit der
        Kernkraftwerke steht für uns an oberster Stelle. Da gibt
        es für uns keine Diskussionen. Deswegen stehen wir zur
        Sicherheitsforschung. Das ist kein Widerspruch zur
        Energiewende; das ist unsere staatspolitische Aufgabe
        gegenüber den Menschen in unserem Land. Ja, wir wol-
        len den Atomausstieg. Ja, wir wollen auch andere Staa-
        ten von der Energiewende Made in Germany überzeu-
        gen. Aber ich möchte auch, dass andere Länder, die noch
        nicht aus der Atomkraft aussteigen können – ich möchte,
        dass deren Reaktoren zumindest sicher sind. Und deut-
        sches Wissen aus der nuklearen Sicherheitsforschung
        kann dazu auch in den kommenden Jahren einen wichti-
        gen Beitrag leisten.
        Fünftens. Und dann sind Sie, liebe Grüne, sich auch
        nicht zu schade, ein weiteres Lieblingsgespenst zu be-
        schwören: die Fusionsforschung. Ihr grüner Versuch, die
        Fusionsforschung als Teil der Atomforschung zu denun-
        zieren, ist ebenso falsch wie irreführend. Sie betreiben
        hier reine Ideologie, und – umso schlimmer – das wissen
        Sie auch. Wir, die CDU/CSU-Fraktion, und die Mehrheit
        der Wissenschaftler sehen in der Fusionstechnologie
        eine wichtige Chance, eine Chance, dass wir sie eines
        Tages als sichere, saubere und bezahlbare Energiequelle
        nutzen können. Und wie hat es ein hochrangiger Wissen-
        schaftler kürzlich formuliert: Wir sind es der nächsten Ge-
        neration schuldig, zu prüfen, ob die Fusion eine mach-
        bare Option ist. Und wir dürfen diese Zukunftschance
        nicht leichtfertig zugunsten kurzfristiger Verlockungen
        verspielen. Allein schon die Beherrschung derart hoher
        Temperaturen kann uns ganz neue Möglichkeiten eröff-
        nen, zum Beispiel bei der Spaltung von Wasser zu Was-
        serstoff. Übrigens, meine lieben Kolleginnen und Kolle-
        gen von SPD und Bündnis90/Die Grünen, fanden nicht
        während Ihrer Koalition die ersten Verhandlungen zu
        dem Fusionsprojekt ITER statt? Unter Rot-Grün ist 2005
        der Startschuss für den Bau von ITER gefallen. Und nun
        wollen Sie sich heimlich aus der Verantwortung stehlen?
        Sechstens. Aber es geht ja noch weiter. Sie wollen
        nicht nur einen internationalen Vertrag kündigen. Sie
        wollen auch aus Euratom austreten. Aber diese Verträge
        haben eine tiefe Vertrauensbasis aller Partner. Partner-
        schaften bedeuten auch Verantwortung. Gerade vor dem
        Hintergrund unserer Energiewende in Deutschland bietet
        Euratom die einzigartige Möglichkeit, mit unseren inter-
        nationalen Partnern über die Energieversorgung der Zu-
        kunft zu diskutieren. Und übrigens: Euratom bedeutet
        längst nicht nur Atomkraft. Das vorgesehene Budget für
        die Jahre 2012 und 2013 umfasst 2,5 Milliarden Euro.
        Etwas mehr als 2,2 Milliarden Euro davon fließen in die
        26976 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013
        (A) (C)
        (D)(B)
        Kernfusionsforschung. Das sind 86 Prozent des Budgets.
        Zur Realität gehört auch, dass fünf der sechs Gründungs-
        mitglieder von Euratom ihren Austritt aus der Atomener-
        gie bereits erklärt haben. Trotzdem bleiben sie Mitglied.
        Siebtens. Lassen sie mich zum Schluss aber noch ein-
        mal zur Energieforschung zurückkommen. Wir haben
        kürzlich das 6. Energieforschungsprogramm auf den
        Weg gebracht. Für den Zeitraum von 2011 bis 2014 in-
        vestieren wir 3,5 Milliarden Euro in Forschung und Ent-
        wicklung. Dafür ist die Förderung des Bundesministe-
        riums für Bildung und Forschung konsequent auf die
        Ausgestaltung der Energiewende als gesamtgesellschaft-
        liche Aufgabe ausgerichtet. Wir fördern Forschungsan-
        sätze aus den Gesellschafts- und Geisteswissenschaften
        mit über 28 Millionen Euro, die Initiative „Energiespei-
        cher“ mit rund 200 Millionen Euro Fördermitteln, die
        Photovoltaik mit circa 100 Millionen Euro. Und erst An-
        fang dieser Woche hat das Bundesministerium für Bil-
        dung und Forschung zusammen mit dem Wirtschafts-
        und dem Umweltministerium die Förderinitiative „Zu-
        kunftsfähige Stromnetze“ gestartet. Die Förderung
        dieser Initiative umfasst die Themenfelder Übertra-
        gungs- und Verteilungstechniken, Offshoreanbindungen,
        Netzplanung und -betriebsführung sowie Querschnitts-
        themen in diesem Bereich. Zusammen werden wir
        150 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung zu-
        kunftsfähiger Stromnetze investieren.
        Achtens. Und die Arbeiten an der „Landkarte der
        Energieforschung“ stehen in der finalen Phase. Wie be-
        reits im 6. Energieforschungsprogramm angekündigt,
        hat unser Bundesministerium für Bildung und Forschung
        diese Landkarte erarbeitet, wofür ich Ihnen recht herz-
        lich danken möchte. Die Forschungslandkarte wird
        Transparenz über unsere Energieforschungslandschaft
        herstellen. Sie wird aufweisen, wer wo mit welchen Mit-
        teln an welchen Energiethemen in Deutschland arbeitet.
        Dieses Wissen wird uns helfen die Forschung in
        Deutschland noch effizienter zu gestalten und sie ex-
        plizit auf die Anforderungen der Energiewende auszu-
        richten. Sie wird unsere Kräfte bündeln. Sie wird Unter-
        nehmen und Forschung zusammenführen. Sie wird uns
        bei unserem Marathonlauf helfen.
        Mit der Hightech-Strategie haben wir bereits die Wei-
        chen für die Erforschung einer sicheren und wirtschaftli-
        chen Energieversorgung der Zukunft gestellt. Nun
        kommt es darauf an, die gesteckten Ziele mit vereinten
        Kräften zu erreichen. Wir haben uns auf den Weg ge-
        macht. Kommen Sie mit. Gehen wir diesen Marathon
        gemeinsam an; für die Zukunft unserer Kinder und un-
        seres Landes.
        Michael Gerdes (SPD): Wir erleben in Deutschland
        derzeit eine energiepolitische Zäsur. Vor dem Hinter-
        grund der risikoträchtigen Atomkraft, des Klimaschutzes
        und knapper Ressourcen strebt unsere Gesellschaft ein
        ambitioniertes Ziel an: eine auf erneuerbaren Energien
        fußende Energieversorgung. Wir alle wollen, dass die
        Energiewende Wirklichkeit wird. Dabei könnte die
        Herausforderung kaum größer sein: Deutschland ist
        Europas stärkstes Industrieland und gleichzeitig der
        größte Energieverbraucher in der EU. Kurzum: Wir ha-
        ben uns den Umbau der kompletten Energieinfrastruktur
        vorgenommen. Dieses Ziel erfordert einerseits ein
        schlüssiges, gut koordiniertes Konzept. Andererseits
        brauchen wir eine starke, leistungsfähige und breit
        aufgestellte Forschungslandschaft. Wir brauchen alle
        klugen Köpfe, um neue Technologien, neue Materialien
        und neue Energiedienstleistungen zu entwickeln.
        Die Bundesregierung hat im August 2011 das 6. Ener-
        gieforschungsprogramm vorgelegt. Das ist im Grundsatz
        zu begrüßen. Der Tragweite und Bedeutung der Energie-
        wende wird das Programm allerdings nicht gerecht. Ins-
        besondere die hohen Ausgaben für die Atomforschung
        entsprechen nicht dem beschlossenen Ausstieg aus der
        Atomkraft.
        Das Programm teilt die Energieforschung auf mehrere
        Ressorts auf. Das führt dazu, dass für die Wissenschaft
        nur schwer zu erkennen ist, welches Ministerium den
        Hut auf hat und wer wann Forschungsgelder verteilt.
        Auch ist zu befürchten, dass die Ressortaufteilung
        Synergien verhindert und der ganzheitliche Blick auf die
        Umgestaltung der Energieversorgung fehlt.
        Insbesondere vermissen wir ein klares Bekenntnis zur
        Verbraucherforschung. Die Erforschung der sozialen
        Dimension der Energiewende muss intensiviert werden,
        zumal die Umsetzung der Energiewende maßgeblich
        von privaten Investitionsentscheidungen abhängt. Ak-
        zeptanz, Identifikation und thematische Sensibilisierung
        zur Änderung des Nutzerverhaltens, aber auch Aufklä-
        rung und Nachvollziehbarkeit technischer Neuerungen
        sind wesentliche Bedingungen für den dauerhaften Er-
        folg der Energiewende. Die steigenden Energiepreise
        sind für viele Familien zur Belastung geworden. Es ist
        Teil unserer sozialen Verantwortung, danach zu fragen,
        wie Energie bezahlbar bleibt.
        Die SPD-Fraktion fordert eine grundsätzliche
        Ausweitung der Energieforschungsaktivitäten. Dabei
        muss die gesamte Bandbreite der erneuerbaren Energien,
        der Effizienztechnologien und der Speichertechnologien
        bedacht werden.
        Das größte Problem des 6. Energieforschungspro-
        gramms ist seine finanzielle Ausstattung. Diesbezüglich
        vertraut Schwarz-Gelb auf das Sondervermögen „Ener-
        gie- und Klimafonds“. Diese Einnahmen sind aber nicht
        kalkulierbar. Im Januar 2012 war der Preis für die CO2-
        Zertifikate deutlich geringer als erwartet. Mindereinnah-
        men sind also nicht ausgeschlossen. Für die Forschung
        gibt es somit keine Planungssicherheit. Und auch im
        Haushalt 2013 hält die Bundesregierung am Energie-
        und Klimafonds fest. Das ist unverantwortlich und kurz-
        sichtig.
        Wir müssen uns fragen, welche Erkenntnisse die Bun-
        desregierung seit Inkrafttreten des Energieforschungs-
        programms gewonnen hat. Viel zu erfahren ist nicht.
        Wann wird dem Bundestag ein Zwischenbericht zur
        Energieforschung vorgelegt? Wie weit sind die Arbeiten
        an der im Programm versprochenen „Landkarte der
        Energieforschung“? Wann kommt das „Energietechnolo-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26977
        (A) (C)
        (D)(B)
        gie-Radar“, welches über zukünftige Forschungsbedarfe
        Auskunft geben soll?
        Wenn die Energiewende mit all ihren Facetten gelin-
        gen soll, muss die Bundesregierung dringend nachlegen:
        Die Energieforschung braucht mehr Koordinierung und
        eine solide Finanzierung.
        Klaus Breil (FDP): In den vorliegenden Anträgen
        geht es um zwei gut bekannte Forderungen der Opposi-
        tion. Es geht zum einen um den Vorwurf, die Energiefor-
        schung in Deutschland wäre falsch ausgerichtet. Und es
        geht zum Zweiten um die Kündigung der deutschen Mit-
        gliedschaft bei der europäischen Atomgemeinschaft,
        kurz Euratom.
        Zum ersten Punkt. Mit dem 6. Energieforschungspro-
        gramm hat die Bundesregierung im Juli 2011, also nicht
        einmal ein Jahr nach Anpassung des Energiekonzeptes
        an die Lehren der Katastrophe von Fukushima, die
        Schwerpunkte für die Forschungsförderung der kom-
        menden Jahre festgelegt. Darin sind alle in den Anträgen
        angesprochenen Teilbereiche aufgelistet. Ich zitiere die
        Förderschwerpunkte des Programms: Energieeffizienz
        im Gebäudebereich und energieoptimiertes Bauen, Energie-
        effiziente Stadt und dezentrale Energiesysteme, Energie-
        effizienz in der Industrie, im Gewerbe, im Handel und
        bei Dienstleistungen, Energiespeicher für stationäre und
        mobile Anwendungen, Netze für die Stromversorgung
        der Zukunft, Kraftwerkstechnik und CCS-Technologien,
        Brennstoffzellen und Wasserstoff, Systemanalyse und
        Informationsverbreitung.
        In diesem Rahmen werden Maßnahmen auf den Weg
        gebracht, die entweder durch einzelne Ministerien oder
        mehrere Ministerien in Kooperation durchgeführt wer-
        den.
        Für die erste gemeinsame Forschungsinitiative Energie-
        speicher haben die Ressorts BMWi, BMU und BMBF
        im Sommer 2011 200 Millionen Euro bereitgestellt. Ein
        Teil der Summe geht an ein Projekt, das am 10. Januar
        dieses Jahres auf den Weg gebracht wurde. Mit dem Ver-
        bundprojekt ADELE-ING schafft das BMWi die Voraus-
        setzungen zur Errichtung einer Demonstrationsanlage
        eines adiabaten Druckluftspeichers. Beteiligt daran sind
        neben privaten Unternehmen auch die Forschungsein-
        richtungen DLR, Otto-von-Guericke-Universität Magde-
        burg und das Fraunhofer-Anwendungszentrum für Sys-
        temtechnik Ilmenau, IOSB.
        Die Forschungsaktivitäten der Bundesregierung wer-
        den stetig erweitert, zuletzt noch in dieser Woche durch
        die Förderinitiative „Zukunftsfähige Stromnetze“. Die
        Initiative hat ein Volumen von 150 Millionen Euro. Das
        ist nach der Forschungsinitiative Energiespeicher schon
        die zweite ressortübergreifende Maßnahme im Rahmen
        des Energieforschungsprogramms, und das innerhalb
        von nicht einmal zwei Jahren. Hier wird Tempo ge-
        macht.
        Den einzig positiven Punkt, den ich zwischen all den
        irrgeleiteten Forderungen im Antrag der Grünen finden
        konnte, war die Forderung nach einem Forschungsvor-
        haben zu Energiemärkten. In diesem Bereich nämlich
        haben Sie wirklich noch Nachholbedarf.
        Kommen wir zum zweiten Punkt, zudem Euratom-
        Vertrag. Der stammt aus dem Jahr 1957 und ist einer der
        Gründungsverträge der Europäischen Union. Er behan-
        delt unter anderem einheitliche Sicherheitsanforderun-
        gen beim Strahlenschutz und Kontrollmaßnahmen. Da-
        mit dient er in weiten Teilen der Sicherheitsvorsorge der
        Bevölkerung und dem Schutz ihrer Gesundheit.
        Dass der Euratom-Vertrag in Teilen der Öffentlichkeit
        als einseitiges Instrument zur Förderung der Kernenergie
        in der Europäischen Union angesehen wird, verdanken
        wir dem endlosen Wiederholen durch Anti-Atom-Akti-
        visten. Dabei regelt der Kernbereich des Vertrags die
        Überwachung von Kernmaterial in der Europäischen
        Union durch die Kommission. Er regelt eine gleich-
        berechtigte Versorgung mit Kernmaterial unter anderem
        für Medizin und Forschung und dient der Vereinheit-
        lichung des Strahlenschutzes im Interesse der Bevöl-
        kerung. In der Tat aber geht auch ein Teil aus der Ge-
        meinschaft in die Forschung der Kernfusion. Diese
        hocheffiziente und umweltfreundliche Technologie wäre
        aber kein Rückschritt in das von der Opposition verteu-
        felte Atomzeitalter – vielmehr könnte diese Form der
        Energiegewinnung eines Tages auch ein Teil zur Lösung
        unseres Entsorgungsproblems werden.
        Daher sind beide Anträge der Opposition abzulehnen.
        Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Immer neue Schreck-
        gespenster wurden an die Wand gemalt, um die Energie-
        wende zu diskreditieren: massenhafte Stromausfälle bei
        der Abschaltung der Kernmeiler etwa. In jüngster Zeit
        wird vor allem mit vermeintlich steigenden Stromprei-
        sen gegen den Umstieg auf erneuerbare Energien Stim-
        mung gemacht. Forschung und Wissen sind ein probates
        Mittel gegen Unkenntnis und Vorurteile – und zugleich
        entscheidende Hebel für eine sozialverträgliche Umset-
        zung der Energiewende. Der Forschungsverbund Erneu-
        erbare Energien rechnete jüngst vor, dass die Umstellung
        auf Erneuerbare bis 2050 rund 570 Milliarden Euro Ener-
        giekosten einsparen würden, allerdings unter der Voraus-
        setzung, dass die Forschungsanstrengungen nicht auf
        atomare und fossile Energien, sondern auf nachhaltige
        Technologien und Energieeinsparung fokussiert werden.
        Die Energiewende muss also schneller und konsequenter
        vorangetrieben werden, dann vermindert sie gesellschaft-
        liche Kosten. In diese Richtung sollte die Wissenschafts-
        förderung zielen. Das Energieforschungsprogramm der
        Bundesregierung bleibt jedoch weit hinter dem Erforder-
        lichen zurück. Dies sprechen die Kolleginnen und Kolle-
        gen der SPD in ihrem Antrag auch an. Sie kritisieren den
        Flickenteppich der Zuständigkeiten und eine fehlende
        Fachkräftestrategie.
        Sie greifen, das freut uns, das Thema der sozialen
        Innovationen und der Dienstleistungen auf. Allerdings
        bleibt der Antrag hier unkonkret. Insbesondere zur Ver-
        teilung der Kosten der Energiewende bzw. zur Bevorzu-
        gung der Industrie gegenüber den privaten Verbrauchern
        und zu notwendigen Fragen des Eigentums an Netzen
        und zur Dezentralisierung bzw. Rekommunalisierung
        26978 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013
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        wäre mehr Forschung angebracht. Dies versäumt die
        SPD jedoch in aller Deutlichkeit zu benennen.
        Vollends windelweich werden Sie, liebe Kolleginnen
        und Kollegen von der SPD, jedoch an entscheidenden
        Knackpunkten. So konnten Sie sich offenbar nicht auf
        eine konkrete Position zur Atomforschung einigen. Es
        fehlen präzise Vorschläge zum Umgang mit ITER und
        den angeschlossenen deutschen Projekten sowie mit
        Euratom. Dabei macht die Fusionsforschung mit circa
        130 Millionen Euro etwa ein Fünftel des gesamten Ener-
        gieforschungsprogrammes aus.
        Die Grünen sind hier deutlich präziser und wollen wie
        unsere Fraktion einen Ausstieg aus dem Bau des Kern-
        fusionsreaktors ITER und damit das Ende von Euratom
        in seiner derzeitigen Form. 90 Prozent der Euratom-För-
        derung fließen in den Bau des Kernfusionsreaktors
        ITER. Deutschland soll insgesamt mehr als 3 Milliarden
        Euro in das Projekt investieren. Wir sagen: Mit diesem
        Geld muss die Energiewende im Hier und Heute entwi-
        ckelt und erforscht werden, nicht ein Wolkenkuckucks-
        heim, das vielleicht in 40 oder 50 Jahren Strom liefert –
        vielleicht aber auch nicht. Beim Thema Kernfusion hat
        die SPD-Fraktion Entscheidungsbedarf, wie ich finde.
        In dem Antrag fehlt zudem eine Position zur Erfor-
        schung und Entwicklung von fossilen Kraftwerkstechno-
        logien und der CO2-Speicherung, CCS. Dabei wäre dazu
        angesichts der Kakofonie aus der Bundesregierung zu
        dem Thema eine Position wichtig. Allein die Projektför-
        derung in dem Bereich machte im vergangenen Jahr über
        30 Millionen Euro aus. Forschungsministerin Schavan
        erklärte zwar im Sommer, CCS vorerst nicht weiter för-
        dern zu wollen. Allerdings gelte dies nur bis zur Schaf-
        fung entsprechender gesetzlicher Regelungen.
        Ohne neues Wissen über die soziale und die techni-
        sche Umsetzung der Energiewende werden wir diese
        komplexe Herausforderung nicht meistern. Wir brau-
        chen daher auch eine Energieforschungswende.
        Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
        Die Reaktorkatastrophe von Fukushima jährt sich in
        Kürze zum zweiten Mal. Dieser GAU hatte in Deutsch-
        land zur Folge, dass am 30. Juni 2011, also nur drei
        Monate später, fraktionsübergreifend im Deutschen
        Bundestag ein nun hoffentlich endgültiger Schlussstrich
        unter die Risikotechnologie Atomkraft gezogen wurde.
        Damit machte auch die derzeitige Bundesregierung end-
        lich den Weg frei für eine Energiewende hin zu erneuer-
        baren Energien, Energieeinsparungen und mehr Energie-
        effizienz. Deutschland steht nun vor der historischen
        Chance und epochalen Herausforderung, als erste der
        großen Industrienationen die Transformation in eine
        postnukleare und CO2-neutrale Energiewirtschaft zu
        meistern. Dazu braucht es allerdings einen klar geäußer-
        ten und erkennbaren Willen der Bundesregierung,
        eindeutige Entscheidungen, die das Ziel nicht konter-
        karieren, und kein Hin-und-Herschwanken, keine Zöger-
        lichkeiten und Rückwärtsschritte. Gerade das erleben
        wir aber: Hin-und-Herschwanken beim EEG, Zögerlich-
        keit bei Effizienzmaßnahmen und Kapazitätsmechanis-
        men, Rückwärtsschritte bei der Organisation des Netz-
        ausbaus. So werden Bürger und Investoren verunsichert
        und die Energiewende gefährdet.
        Die inkonsistente Haltung der Bundesregierung zeigt
        sich überdeutlich bereits bei der Energieforschung, deren
        Ausrichtung Gelingen oder Scheitern der Energiewende
        entscheidend beeinflusst. Steuergelder für die Energie-
        forschung müssen dahin fließen, wo die offenen Fragen
        der Energiewende sind: in Speicher- und Effizienztech-
        nologien, Lastmanagement und Nachfragesteuerung als
        wichtigste technologische Baustellen, aber auch in Fra-
        gen von Bürgerbeteiligung, Akzeptanz und gesellschaft-
        licher Energiekompetenz. Forschungspolitik ist in erster
        Linie Haushaltspolitik. Deshalb gibt der Weg des Geldes
        Auskunft über die Prioritätensetzung der Bundesregie-
        rung. Und siehe da: Auch nach dem parteiübergreifend
        beschlossenen Atomausstieg investiert die Bundesregie-
        rung unverändert rund ein Drittel ihres 2,7 Milliarden
        schweren Energieforschungsprogramms in atomare For-
        schung. Von diesen 900 Millionen geht nur ein Drittel in
        die weiterhin notwendige Sicherheits- und Endlagerfor-
        schung. Mindestens 600 Millionen fließen in atomare
        Forschung, deren Anwendung im Erfolgsfall den Wie-
        dereinstieg in atomare Großtechnologie bedeuten würde.
        Weitere deutsche Steuergelder werden über das EU-
        Forschungsrahmenprogramm bzw. Euratom für die
        europäische Atomforschung verwendet. Das unersätt-
        lichste Projekt ist der gemeinschaftliche Kernfusions-
        Versuchsreaktor ITER, der im französischen Cadarache
        gebaut werden soll und sich mittlerweile als Milliarden-
        grab entpuppt. Des Weiteren finanzieren wir über die EU
        die Erforschung von Transmutation und Reaktoren der
        vierten Generation, alles Technologien, die uns zurück
        ins atomare Zeitalter führen, sollten sie eines Tages zum
        Einsatz kommen.
        Bis 2050 müssen es die Industrienationen geschafft
        haben, mit einem wesentlich geringeren Energiebedarf
        auszukommen, und ihre Energieproduktion möglichst
        vollständig auf erneuerbare Energien umgestellt haben.
        Nur so können die Klimaschutzziele erreicht werden.
        Statt neuer nuklearer Großtechnologien bedarf es dazu
        effizienter, kostengünstiger und umweltverträglicher er-
        neuerbarer Energien in einem System der effizienten
        Energiebereitstellung und -nutzung.
        Die zahlreichen Forschungseinrichtungen in Deutsch-
        land haben die Möglichkeit einer Energiewende erst
        ermöglicht und sind für eine Neuausrichtung der deut-
        schen Energielandschaft gut gerüstet. Jetzt müssen aber
        auch die politischen Rahmenbedingungen konsequent
        am deutschen Atomausstiegsbeschluss ausgerichtet wer-
        den, sodass die in vielen Bereichen noch fehlende
        Grundlagen- und Anwendungsforschung für die Ener-
        giewende vorankommt. Die Bundesregierung muss die
        Energieforschungspolitik in Deutschland endlich neu
        justieren. Deshalb fordern wir in unserem Antrag, dass
        die noch nicht verausgabten öffentlichen Forschungsgel-
        der aus dem 6. Energieforschungsprogramm, die derzeit
        noch in die Erforschung von Kernfusion, Transmutation
        und Reaktoren der vierten Generation fließen, umgewid-
        met werden in die Bereiche erneuerbare Energien, Ener-
        gieeffizienz, Infrastruktur und gesellschaftliche Begleit-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26979
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        forschung. Künftige Energieforschungsprogramme
        müssen so ausgerichtet werden, dass öffentliche Mittel
        nicht mehr für Atomforschung vorgesehen werden, die
        bei Anwendung einen Wiedereinstieg in Atomtechnik
        bedeutet, sondern sollen stattdessen zum Gelingen der
        Energiewende eingesetzt werden.
        Auf EU-Ebene muss Deutschland seine finanzielle
        Beteiligung am ITER-Projekt aufkündigen. Der Kern-
        fusionsreaktor verschlingt Milliarden, und es steht in den
        Sternen, ob er jemals die versprochenen unendlichen
        Mengen an Energie produzieren wird. Und falls das
        doch eines Tages der Fall sein sollte, werden die erneu-
        erbaren Energien bis dahin unschlagbar billig sein und
        wird kein Bedarf an teurer Fusionsenergie mehr be-
        stehen.
        Die europäische Atomgemeinschaft Euratom muss
        dergestalt reformiert werden, dass die darin festgeschrie-
        bene Sonderrolle Kernenergie – Kernspaltung und
        Kernfusion – abgeschafft wird; insbesondere sollen alle
        Passagen des Euratom-Vertrages gestrichen werden, die
        Investitionen, Forschungsförderung und Genehmigungs-
        privilegien der Atomkraft begünstigen. Die frei werden-
        den Mittel sollen stattdessen außerhalb von Euratom für
        die Forschung und Entwicklung sowie für Kredit-
        vergünstigungen, unter anderem finanzielle Unterstüt-
        zung von erneuerbaren Energien, eingesetzt werden.
        Wenn diese Revision nicht möglich ist, muss Deutsch-
        land den Euratom-Vertrag einseitig aufkündigen.
        Die Bundesregierung muss die Grundlagen- und an-
        wendungsorientierte Forschung in den für die Energie-
        wende wichtigen Bereichen Energieeffizienz und Ein-
        sparung, erneuerbare Energien, ressourcen- und
        energiesparende Mobilität, Nachhaltigkeit und Dezentra-
        lisierung der Energieerzeugung, Speichersysteme für
        Wärme und Strom und Energiekompetenz der Bürgerin-
        nen und Bürger durch entsprechende Schwerpunkt-
        setzung ausbauen. Insgesamt muss nichttechnologischen
        Forschungsvorhaben eine stärkere Rolle als bisher zu-
        kommen.
        Wer es ernst meint mit der Energiewende und ihr
        Scheitern nicht billigend in Kauf nehmen will, muss sich
        für den Atomausstieg in der Energieforschung einsetzen.
        Deshalb stimmen Sie unserem Antrag zu.
        Anlage 11
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung der Beschlussempfehlung und des
        Berichts: zu dem Vorschlag für eine Verord-
        nung des Europäischen Parlaments und des Ra-
        tes zur Einrichtung des Programms Kreatives
        Europa (Tagesordnungspunkt 19)
        Christoph Poland (CDU/CSU): Das Programm
        zum Kreativen Europa hat schon einen längeren Weg
        hinter sich: das Fachgespräch im Ausschuss mit der An-
        hörung von Experten, den Antrag der EU-Kommission,
        die zahlreichen Verhandlungen von Staatsminister
        Neumann in Brüssel und kurz vor Weihnachten letzten
        Jahres die Abstimmung im EU-Kulturausschuss. Nun
        kommt es mit unserem Antrag und der Entschließung
        des Ausschusses zur Verhandlung im Deutschen Bun-
        destag.
        Uns war immer wichtig, dass bei den Verhandlungen
        zum Kreativen Europa berücksichtigt wird: Es soll keine
        einseitige Orientierung an den Wachstums- und Beschäfti-
        gungszielen der 2020-Strategie der EU geben und keine
        hauptsächlich ökonomische Betrachtung in der Programm-
        ausgestaltung.
        Die Betonung des Doppelcharakters von Kulturgütern
        als Wirtschaftsgut und Kulturgut liegt uns am Herzen.
        Gemeinsam mit vielen Akteuren, nicht zuletzt dem
        Deutschen Kulturrat und dem Bundesrat, haben wir hier
        einen Paradigmenwechsel ausgemacht, den wir sehr kri-
        tisch beurteilen. Mir ist wichtig, dass die drei Säulen
        „Kultur“, „Media“ und „Media Mundus“ ihr eigenes
        Profil behalten.
        Der finanzielle Rahmen soll bei 1,801 Milliarden
        Euro liegen. Und wir können alle gemeinsam nur hoffen,
        dass das bei den kommenden Beratungen von Rat, Kom-
        mission und Parlament so bleibt. Wir alle wissen um die
        Notwendigkeit, sparen zu müssen. Eine Stärkung der
        Kultur mit diesem Ansatz wäre ein wichtiges Signal.
        Die Kommission hat mit ihrem Schreiben an den
        Bundesrat vom November vergangenen Jahres festge-
        halten, dass der Aktionsbereich Kultur mit 30 Prozent
        der Mittel ausgestattet werden soll. Das begrüßen wir
        ausdrücklich. Umso negativer fallen Kürzungen unter
        Rot-Grün in NRW ins Gewicht, die wir gerade sehen.
        Das war unter der CDU-Regierung von Jürgen Rüttgers
        anders.
        Die Kommission hat ebenfalls festgehalten und be-
        tont, dass „der Kern des Vorschlages … der duale Cha-
        rakter sämtlicher Kulturgüter“ ist, „das heißt der Eigen-
        wert der Kultur einerseits und die wirtschaftliche
        Nutzung andererseits, die im Gleichgewicht stehen müs-
        sen“.
        Für mich ist es wichtig, dass ein Kulturprogramm
        nicht in erster Linie ein Konjunkturprogramm ist. Es ist
        ein großartiger Erfolg, dass die Kultur- und Kreativbran-
        che zu einem relevanten Wirtschaftsfaktor geworden ist.
        Profiterwartungen dürfen aber nicht alleiniger Maßstab
        für eine Antragstellung sein.
        In der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine
        Anfrage der SPD zum Kreativen Europa wurden die
        Ziele für den Aktionsbereich Kultur definiert, und ich
        möchte sie hier betonen und hervorheben: Es geht um
        die „Förderung der Fähigkeit der europäischen Kultur-
        und Kreativsektoren, transnational zu arbeiten“, die
        „Stärkung der Finanzkraft der Kultur- und Kreativsekto-
        ren“, die „Unterstützung für transnationale politische
        Zusammenarbeit (insbesondere zur Erschließung neuer
        Publikumsschichten bzw. neuer Geschäftsmodelle)“ und
        die „Förderung der transnationalen Mobilität kultureller
        und kreativer Werke und Akteure“.
        Ich möchte mich ausdrücklich bei Kulturstaatsminis-
        ter Bernd Neumann bedanken, der auf der Ebene der Re-
        26980 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013
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        gierungsvertreter immer wieder – mit Rückendeckung
        durch den Ausschuss – unsere deutschen Interessen in
        Brüssel vorgebracht hat und an vielen Stellen in unserem
        Sinne Einfluss nehmen konnte. Bei meinen Gesprächen
        in Brüssel habe ich viel Lob für ihn gehört.
        Ich muss an dieser Stelle aber auch einmal die enga-
        gierte Rolle der Kulturausschussvorsitzenden im Euro-
        paparlament, Doris Pack, hervorheben, die sich wortge-
        wandt und deutlich an die Kommission gewandt hat, als
        es um die Durchsetzung auch unserer gemeinsamen
        deutschen Interessen bei der Änderung des Programm-
        entwurfes ging.
        Der Bericht der Europaabgeordneten Silvia Costa, die
        zum Kreativen Europa Berichterstatterin ist, liegt mitt-
        lerweile in seiner abgestimmten Version vor, und man
        kann sagen, dass die Kulturschaffenden in Europa auf ei-
        nen erfolgreichen Abschluss des Programms hoffen kön-
        nen.
        Lassen Sie mich also zusammenfassen: Das Kreative
        Europa fördert Künstler, die Grenzen überschreiten. Die
        Künstler gehen über Grenzen zwischen Staaten, Kultu-
        ren und Sprachen. Das ist für mich der Sinn des Pro-
        gramms „Kreatives Europa“.
        Marco Wanderwitz (CDU/CSU): „Wenn ich das
        Projekt der europäischen Einigung noch einmal anzuge-
        hen hätte, würde ich nicht bei der Wirtschaft anfangen,
        sondern bei der Kultur.“ Dieser Jean Monnet, einem der
        Gründerväter der Europäischen Gemeinschaften, oft als
        Vater Europas bezeichnet, zugeschriebene Satz ist häufig
        zitiert.
        Das heutige Ergebnis des jahrzehntelangen Prozesses
        der europäischen Einigung ist aber nun mehr als nur die
        Herausbildung eines europäischen Wirtschaftsraumes.
        Die Einführung des Euro als gemeinsame Währung war
        auch ein Symbol von großer Aussagekraft. Das eigentli-
        che Fundament der Einigung Europas besteht jedoch in
        seiner in mehr als 2 000 Jahren gewachsenen gemeinsa-
        men Kultur. Auf diesem gründet sich unser gemeinsa-
        mes Wertesystem.
        Mit der Förderung der kulturellen Vielfalt und des
        grenzüberschreitenden Dialogs setzen sich Deutschland
        und die Europäische Union aktiv dafür ein, dass der Kul-
        turraum Europa auch weiterhin mit Leben erfüllt wird.
        Am 23. November 2011 hat die Europäische Kom-
        mission ihren Vorschlag zur künftigen Gestaltung der
        Kultur- und Filmförderung vorgelegt. Das Dachpro-
        gramm „Kreatives Europa“ soll künftig aus drei Säulen
        bestehen. Neben den bisherigen Bereichen „Kultur“ und
        „Media“ wird es ein neues zusätzliches Element eines
        Bürgschaftsfonds geben, der Kredite an die Kultur- und
        Kreativwirtschaft befördern soll. Passgenaue Maßnah-
        men sollen der Branche helfen, in Zeiten von Globalisie-
        rung und Digitalisierung ihr Potenzial für Wirtschafts-
        wachstum, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die
        soziale Inklusion zu optimieren.
        Sicher ist die Kulturförderung nicht Europas Haupt-
        aufgabe. Die europäische Kultur- und vor allem Filmför-
        derung aber ist eine wichtige Ergänzung unserer nationa-
        len Finanzierung. Mit dem Förderprogramm „Kreatives
        Europa“ werden auch in Deutschland zusätzliche Mittel
        für den Kunst-, Kultur- und Medienbereich zur Verfü-
        gung stehen.
        Davon profitiert neben den Kultur- und Medienschaf-
        fenden nicht zuletzt auch die Kultur- und Kreativwirt-
        schaft in Europa. Deren volkswirtschaftliche Relevanz
        beweisen zahlenmäßig die 131 Milliarden Euro Umsatz
        und 1 Million Beschäftigte. Sie liegt damit zwischen der
        chemischen Industrie und der Automobilwirtschaft.
        An dieser Stelle gebührt unserem Staatsminister
        Bernd Neumann für sein Wirken in den Verhandlungen
        in Straßburg großer Dank. Da für uns insbesondere im
        Bereich der Kulturförderung das Prinzip der Subsidiari-
        tät gilt, ist es ein großer Erfolg, dass uns auf nationaler
        Ebene mehr Mitsprache- und Entscheidungskompeten-
        zen verbleiben als im ursprünglichen Entwurf vorgese-
        hen. So werden die Mitwirkungsrechte für die Mitglied-
        staaten im Programmausschuss verbessert sowie eine
        Flexibilität bei der Organisation der Beratungsstellen zu-
        gestanden.
        Unsere nationale Maxime der identitäts- und gemein-
        schaftstiftenden Kraft der Kultur gilt ebenso auf europäi-
        scher Ebene, in Zeiten der Euro-Krise mehr denn je. Ins-
        besondere die kulturelle Bildung, die sich an die junge
        Generation wendet, ist ein, wenn nicht das wichtigste,
        Bindemittel im weiteren europäischen Einigungspro-
        zess. Die Potenziale der Kultur und Medien richtig zu
        nutzen, ist folglich eine Investition in die Zukunft eines
        geeinten Europas.
        Daher hat der Staatsminister in seiner Stellungnahme
        zu dem Programm „Kreatives Europa“ die offensichtli-
        chen Mängel an dem bisherigen Programmentwurf,
        nämlich die zu starke ökonomische Betrachtung der Kul-
        turförderung durch die EU, angemahnt. Im Mittelpunkt
        muss eine stärkere Verankerung der Doppelnatur kultu-
        reller Werke als Wirtschafts- und Kulturgut stehen. Ich
        erinnere an die Worte des Staatsministers: Kultur ist
        mehr als Kulturwirtschaft und Kultur ist mehr als
        sprachliche Vielfalt.
        Entsprechend haben wir in unserem Entschließungs-
        antrag die Förderung ausschließlich nichtgewinnorien-
        tierter, kleinerer Kulturprojekte betont und die Festle-
        gung von finanziellen Mindestanteilen für die einzelnen
        Säulen des Programms ebenso gefordert wie die Berück-
        sichtigung von quantitativen wie qualitativen Kriterien
        bei der Evaluierung des Programms. Eine starke Kon-
        zentration auf Großevents bzw. ein schleichender Pro-
        zess hin zu einer Kommerzialisierung der Kulturförde-
        rung darf nicht hingenommen werden.
        Der Ausschuss für Kultur und Medien hat seine Ent-
        schließung folglich auch bewusst vor den Beratungen
        des Europäischen Parlaments verabschiedet, um diese
        beeinflussen zu können. Mit Erfolg: Der Kulturaus-
        schuss des Europäischen Parlaments ist unserer Position
        in vielen Punkten gefolgt.
        Mit unserer Entschließung wissen wir denn auch die
        deutsche Kultur(verbände)landschaft hinter uns. Viele
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26981
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        aus der Branche geäußerte Befürchtungen über das Pro-
        gramm „Kreatives Europa“ haben wir in der Entschlie-
        ßung aufgegriffen.
        Ein positives Signal an die Kreativwirtschaft ist sicher
        der im Programm vorgesehene Aufwuchs des Budgets auf
        insgesamt 1,801 Milliarden Euro, eine Steigerung um
        37 Prozent gegenüber dem derzeitigen Ausgabenniveau.
        Damit soll insbesondere der neue EU-Bürgschaftsfonds
        finanziert werden und den kleinen und mittleren Unter-
        nehmen der Kreativwirtschaft, für die die Kapitalbe-
        schaffung auf dem privaten Markt oftmals schwierig ist,
        der Zugang zu Krediten erleichtert werden.
        Allerdings bleiben die grundsätzlichen Haushaltsver-
        handlungen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel
        abzuwarten, die Auswirkungen auf die Ausstattung des
        Programms „Kreatives Europa“ haben.
        Wir haben uns dem 1-Prozent-Ziel verpflichtet, wo-
        nach die Mitgliedstaaten nicht mehr als 1 Prozent ihres
        Haushalts an Brüssel abgeben. Das ist eine richtige Ent-
        scheidung.
        Die Verabschiedung der Inhalte des Programms ist
        nach den Plänen der EU-Kommission für die erste Jah-
        reshälfte 2013 vorgesehen. Wir bleiben optimistisch,
        dass die Kultur- und Medienförderung innerhalb des
        großen EU-Haushalts so ausgestattet wird, dass sie ihren
        Aufgaben jedenfalls in angemessener Art und Weise ge-
        recht werden kann.
        Siegmund Ehrmann (SPD): Zu Beginn will ich da-
        rauf hinweisen, dass die jetzt zu beratende Vorlage eine
        Stellungnahme von CDU/CSU und FDP zum Vorschlag
        der EU-Kommission für das Programm „Kreatives
        Europa“ ist. Daneben gibt es aber eine gemeinsame Stel-
        lungnahme von SPD, Grünen und Linken, die im Aus-
        schuss keine Mehrheit fand. Zwar sind wir uns in Be-
        wertung des Programms „Kreatives Europa“ einig. Die
        Koalition war bei wichtigen Punkten allerdings nicht be-
        reit, auf unsere Forderungen einzugehen, sodass wir uns
        nicht auf eine gemeinsame Stellungnahme einigen konn-
        ten. Ich bedauere das, zumal wir uns mit dem EU-Pro-
        grammentwurf „Kreatives Europa“ im Ausschuss für
        Kultur und Medien intensiv befasst haben. Wir haben
        uns in einem öffentlichen Expertengespräch intensiv mit
        den Positionen der EU-Kommission, des Deutschen
        Städtetages, der Länder, der Beratungsstellen Cultural
        Contact Point, CCP, und Media Desk sowie des Hauses
        der Kulturen der Welt in Berlin befasst. Das Haus der
        Kulturen der Welt war uns deshalb ein wichtiger Ge-
        sprächspartner, weil es über enorme Erfahrungen mit eu-
        ropäischen Kulturprogrammen verfügt.
        Um was geht es bei dem Programm „Kreatives
        Europa“? Die EU-Kommission unterbreitet damit einen
        Vorschlag, wie die Förderung von Kultur, Medien sowie
        Kultur- und Kreativwirtschaft durch die EU in der kom-
        menden Finanzperiode 2014 bis 2020 strukturell ausse-
        hen und finanziell ausgestattet sein soll. Sie schlägt unter
        anderem vor, die bisher existierenden Programme „Kul-
        tur“, „Media“ und „Media Mundus“ unter einem Dach
        zusammenzufassen und mit einem neuen Aktionsbereich
        zur Förderung der Kultur- und Kreativwirtschaft zu er-
        gänzen. Unter anderem soll eine Finanzfazilität geschaf-
        fen werden, die kleinen und mittleren Unternehmen der
        Kultur- und Kreativwirtschaft den Zugang zu Finanzie-
        rung erleichtert. Verbunden sein soll dies mit einem Auf-
        wuchs der Mittel. Auch wir begrüßen, dass die
        Programme „Kultur“ und „Media“ fortgeführt und die
        Mittel aufgestockt werden. Zugleich befürchten wir
        aber, dass das Profil dieser mittlerweile etablierten und
        zu einem Begriff gewordenen Programme darunter lei-
        den wird.
        Zudem fordern wir, dass die Mittel für die einzelnen
        Aktionsbereiche des Programms „Kreatives Europa“
        festgeschrieben werden, damit nicht einseitig die Kultur-
        und Kreativwirtschaft gefördert, die Kulturförderung
        jedoch ins Leere läuft. Wir fordern zudem, dass die bis-
        herigen Betriebskostenzuschüsse für europäische Netz-
        werke von Kulturverbänden und -institutionen erhalten
        bleiben. Sie sind es, die mit ihrer Arbeit für ein europäi-
        sches Verständnis von Kultur werben und Europa als
        vielfältigen Kulturraum erlebbar machen. Wir wollen,
        dass im Aktionsbereich „Kultur“ eben nicht vorrangig
        gewinnorientierte Projekte gefördert werden. Wir for-
        dern darüber hinaus, dass die bestehenden Beratungs-
        strukturen für die Programme „Kultur“, „Media“ und
        „Media Mundus“, die bereits erwähnten CCP und „Me-
        dia Desk“ mit ihrem Know-how erhalten bleiben. Wir
        erwarten auch – und das ist uns der wichtigste Kritik-
        punkt –, dass die europäische Kulturförderung nicht pri-
        mär ökonomischen Zielen untergeordnet werden darf. So
        wichtig es ist, die Kultur- und Kreativwirtschaft zu för-
        dern, so wichtig war und bleibt es, in der Kultur gerade
        das, was sich nicht rechnet, zu schützen und zu fördern.
        Damit stellen wir uns nicht gegen die Kultur- und
        Kreativwirtschaft, ganz im Gegenteil. In unserem Kon-
        zept des Kreativpaktes, mit dem die SPD die Potenziale
        der Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland för-
        dern will, beschreiben wir, wie Rahmenbedingungen für
        die Kultur- und Kreativwirtschaft verbessert werden
        können. Wir mahnen an, dass die öffentliche Kulturför-
        derung nicht dem Primat des Ökonomischen unterwor-
        fen werden kann und darf. Sie gibt Kunst und Kultur den
        geschützten Raum, der notwendig ist, um unsere Gesell-
        schaft mit künstlerischen und kreativen Impulsen zu
        reflektieren, zu hinterfragen und zu bereichern. Das
        muss auch im europäischen Kontext sichergestellt blei-
        ben, um die kulturelle Vielfalt erlebbar zu machen. Ganz
        sicher müssen Rahmenbedingungen für die Kultur- und
        Kreativwirtschaft auch in Europa verbessert werden, um
        die vorhandenen Potenziale zu stärken. Die Mitteilung
        der EU-Kommission „Die Kultur- und Kreativwirtschaft
        als Motor für Wachstum und Beschäftigung in der EU
        unterstützen“ vom Herbst 2012 macht dies sehr deutlich,
        deutlicher im Übrigen als dies aktuell in den Bemühun-
        gen der Bundesregierung zur Unterstützung der Kultur-
        und Kreativwirtschaft in Deutschland erkennbar ist.
        Gleichwohl brauchen wir eine europäische Kulturför-
        derung, die dem Anspruch eines gemeinsamen europäi-
        schen Kulturraumes verpflichtet bleibt. Mit dieser
        Bewertung stimmen wir mit vielen anderen Akteuren in
        Deutschland überein, wie das Expertengespräch im
        26982 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013
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        Ausschuss für Kultur und Medien gezeigt hat. Auch der
        Bundesrat hat sich in seiner Stellungnahme an die EU-
        Kommission in dem von mir vorgetragenen Sinne ge-
        äußert.
        Neben den bereits zuvor genannten Kritikpunkten hat
        der Bundesrat auch die Ausgestaltung des Programms in
        Form einer Verordnung kritisiert. Hierin wird die Gefahr
        gesehen, dass die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung des
        Programms unzureichend beteiligt werden könnten, eine
        Einschätzung, die wir und der zuständige Ausschuss im
        Europäischen Parlament teilen. Die Koalition war nicht
        bereit, diese Kritik anzuerkennen. Das ist bedauerlich,
        zumal wir uns, wie gesagt, in vielen Punkten einig waren
        und damit als Deutscher Bundestag über alle Fraktionen
        hinweg eine ähnlich kritische Haltung wie der Bundes-
        rat, das Europäische Parlament und viele andere Kultur-
        akteure hätten einnehmen können. Im Ergebnis ergeht
        eine Stellungnahme an die Europäische Kommission,
        die zwar generelle Bedenken gegen den Programmvor-
        schlag beinhaltet, wichtige Kritikpunkte jedoch vernach-
        lässigt.
        Voraussichtlich wird die irische Präsidentschaft die
        Verhandlungen über diesen Programmvorschlag
        abschließen. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich
        dafür einzusetzen, dass alle – auch die von der Opposi-
        tion, dem Bundesrat und vielen Kulturakteuren einge-
        brachten Kritikpunkte – in diese abschließenden Bera-
        tungen einfließen. Allen, vor allem den Kultur- und
        Kreativschaffenden, ist damit geholfen, wenn ein mög-
        lichst breiter Konsens über die zukünftigen Förderinstru-
        mente der EU besteht. Dass es diese Förderung für einen
        gemeinsamen Kulturraum Europa braucht, darüber sind
        sich alle einig. Europa ist zuallererst eine kulturelle Wer-
        tegemeinschaft. Europa darf sich nicht auf Fragen der
        Wirtschafts-, Währungs- und Finanzpolitik reduzieren.
        Das vom gegenseitigen Verständnis getragene Zusam-
        menwachsen Europas kann nur gelingen, wenn wir es
        schaffen, uns die reichhaltige und vielfältige Kulturland-
        schaft Europa gemeinsam zu erschließen.
        Reiner Deutschmann (FDP): Europa, gemeint ist
        damit die Europäische Union, ist in diesen Tagen kein
        unbelastetes Wort mehr. Die Finanz- und Schuldenkrise
        dominiert die Berichterstattungen, und es wird dadurch
        kaum wahrgenommen, wenn andere europäische
        Themen diskutiert werden. Dabei steht Europa heute für
        die Vielfalt unserer Kulturen, für die Verständigung der
        Menschen in Europa und für das friedliche Zusammen-
        leben von Nationen. Die europäische Einigung ist ein
        Geschenk, das gerade wir Deutschen nicht hoch genug
        schätzen können.
        Fakt ist: Europa ist für viele Bürgerinnen und Bürger
        leider sehr weit weg, die Berührungspunkte sind ver-
        meintlich überschaubar. Dies ist aber ein Irrtum. Viele
        europäische Programme und Initiativen beeinflussen im
        Positiven wie im Negativen unser tägliches Leben, von
        EU-Verordnungen über Richtlinien bis zu zahlreichen
        EU-Förderprogrammen. Straßen und weitere Infrastruk-
        turprojekte werden mit EU-Hilfe realisiert. Ein gemein-
        samer Rechtsrahmen wird abgesteckt und damit gleiche
        Bedingungen für alle Bürgerinnen und Bürger in der
        ganzen EU geschaffen. Aber hier liegt auch eines der
        großen Probleme; die Überregulierung aus Brüssel. Aus
        diesem Grund ist es auch für die nationale deutsche
        Politik wichtig, sich rechtzeitig und vor allem substan-
        ziell zu beteiligen und einzubringen. Was in Brüssel und
        Straßburg beschlossen wird, hat Auswirkungen auf unser
        aller Leben.
        Dass Europa mehr ist als die Summe seiner Schulden
        und seiner Ratings bei den großen Ratingagenturen, zei-
        gen die derzeitigen EU-Haushaltsverhandlungen ganz
        eindrücklich. Hier sieht man die Vielfalt an Themen, die
        durch die Europäische Union und ihre Institutionen be-
        gleitet und gestaltet werden. Gegenüber dem Haushalt
        2007 bis 2013 wird der Haushalt 2014 bis 2020 um
        5 Prozent aufwachsen auf dann 1,025 Billionen Euro.
        Das ist viel Geld. Daher ist es das gute Recht und die
        Pflicht der Politik, über diesen Haushalt ausführlich und
        sorgfältig zu beraten.
        Für den Zeitraum 2014 bis 2020 werden auch die
        Kultur- und Medienprogramme der Europäischen Union
        neu aufgelegt. Wir Liberale begrüßen dabei ausdrücklich
        die Zusammenführung der Programme „Kultur“, „Me-
        dia“ und „Media Mundus“ in einem einheitlichen Pro-
        gramm „Kreatives Europa“, führt dies doch zu einer Ver-
        schlankung des Verwaltungsapparates, zum Abbau von
        Bürokratie und zu besserer Übersichtlichkeit. Aber die-
        ser Umbau darf nicht zur Schwächung der europäischen
        Kultur- und Medienförderung führen. Deshalb haben die
        Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP das heute
        debattierte Programm „Kreatives Europa 2014–2020“
        nicht nur zur Kenntnis genommen. Wir haben uns aktiv
        in die Debatte eingebracht und unsere Anmerkungen so-
        wie Wünsche verbindlich als Handlungsauftrag an die
        Bundesregierung für die Verhandlungen auf EU-Ebene
        weitergegeben.
        Wir Liberale bedauern sehr, dass es im Kulturaus-
        schuss trotz sehr großer inhaltlicher Nähe zu keinem
        fraktionsübergreifenden Entschließungsantrag gekom-
        men ist. Dennoch denke ich, dass die Opposition große
        Teile unseres Antrages ebenso mittragen kann, wenn
        auch einzelne Stellschrauben nicht ganz so gesetzt
        worden sind, wie es sich die Oppositionsfraktionen ge-
        wünscht hätten. Einig sind wir uns, so denke ich, dass
        der Stellenwert der Kultur innerhalb des Programms
        „Kreatives Europa“ nicht hinter die Wirkungen und das
        Gewicht der alten Kultur- und Medienprogramme zu-
        rückfallen darf. Inzwischen haben wir aus Brüssel posi-
        tive Signale erhalten, dass man sehr darauf achte, dass
        die Kultur ihren Stellenwert neben dem Medienteil des
        Programms erhalten kann. Wünschenswert wäre auch
        aus unserer Sicht, wenn finanzielle Mindestanteile für
        die jeweiligen Sparten in dem Programm festgeschrie-
        ben werden könnten. Dies dient dem Schutz der einzel-
        nen Programmteile und verhindert die Mittelverschie-
        bung in den einen oder anderen Teil, was Schieflagen
        zur Folge hätte. Ganz konkret sollten bewährte Werk-
        zeuge europäischer Kulturförderung wie die Europäi-
        sche Kulturhauptstadt oder die Cultural Contact Points
        nicht nur erhalten bleiben, sondern ständig weiterentwi-
        ckelt werden.
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26983
        (A) (C)
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        Wichtig ist uns Liberalen, noch einmal festzustellen,
        dass die Kultur der Subsidiarität unterliegt. Ein Europa,
        das von der Vielfalt seiner Kulturen profitieren will,
        kann nicht zentralistischen Vorgaben unterworfen wer-
        den. Dies würde die gerade gewollten Unterschiede der
        einzelnen Kulturen und damit ihre Identität gefährden.
        Dies kann niemand in Europa wollen. Deswegen fordern
        wir die Bundesregierung auf, die Subsidiarität der Kultur
        auf EU-Ebene gebührend zu beachten und zu verteidigen
        und sich weiter für die Wahrung der Freiheit und der
        Staatsferne der Kultur einzusetzen.
        Ganz wichtig ist uns auch, festzuhalten, dass der
        Kultur in Europa eine identitätsstiftende Rolle innerhalb
        der europäischen Integration zukommt. In Zeiten der
        Krise wird deutlich, wie wichtig die Herausbildung einer
        eigenen europäischen Identität ist, die durch den inter-
        kulturellen Dialog, den leichteren Zugang zu Kultur und
        die Angebote der kulturellen Bildung unterstützt wird.
        Wir begrüßen ausdrücklich, dass diese Aspekte in dem
        Programm „Kreatives Europa“ enthalten sind.
        Der Kultur kommt eine doppelte Rolle als Wirt-
        schafts- und Kulturgut zu. Mit unserem Antrag wenden
        wir uns aber gegen eine hauptsächlich ökonomische
        Betrachtung der europäischen Kulturförderung. Wir for-
        dern deshalb, dass nur nicht gewinnorientierte Projekte
        durch die europäische Kulturförderung unterstützt wer-
        den sollen.
        Sorge macht uns die geplante Streichung der Be-
        triebskostenzuschüsse für europäische Netzwerke. Wir
        finden, dass die Kultur nicht durch die Neuausrichtung
        bzw. Verschlankung der europäischen Kulturförderung
        geschädigt werden darf. Die Netzwerke unterstützen
        maßgeblich das Zusammenwachsen Europas. Da die
        Finanzdecke dieser Netzwerke oftmals sehr dünn ist,
        würde der Wegfall der Zuschüsse ein erfolgreiches
        Instrument europäischer Integrationspolitik ernsthaft
        bedrohen. Hierauf sollte bei der Programmumstellung
        ein besonderes Augenmerk gelegt werden.
        Einen Hinweis möchte ich als ehemaliger Kommu-
        nalpolitiker zum Schluss noch loswerden. Kulturförde-
        rung findet natürlich nicht nur in Kulturprogrammen
        statt. Gerade die EU-Strukturförderung zum Beispiel
        durch EFRE-Mittel leistet einen großen Beitrag zum Er-
        halt und zum Ausbau der kulturellen Infrastruktur. Daher
        sollten die Programme für Strukturförderung mit den
        Kultur- und Kreativprogrammen enger abgestimmt wer-
        den, um den positiven Effekt der einzelnen Förderungen
        nochmals zu verstärken.
        Mit dem Programm „Kreatives Europa“ sind wir für
        die Jahre 2014 bis 2020 gut aufgestellt. Mit dem skiz-
        zierten Fine-Tuning kann es ein erfolgreiches Programm
        werden, zum Nutzen der Kultur und der Bürger in der
        Europäischen Union.
        Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE): Das vorlie-
        gende Programm „Kreatives Europa“ spricht nicht die
        Sprache der Kultur. Es vollzieht einen klaren Paradig-
        menwechsel in der Förderpolitik der EU. Denn die bis-
        herige Zielsetzung hat sich dramatisch von der Kultur-
        förderung hin zu einer Wirtschaftsförderung verschoben.
        Standen bisher im Bereich Kultur das künstlerische
        Schaffen, der Erhalt und Schutz des kulturellen Erbes
        und der nichtkommerzielle Kulturaustausch im Vorder-
        grund, spricht die EU-Kommissarin für Bildung, Kultur,
        Mehrsprachigkeit und Jugend, Androulla Vassiliou, nun
        vom Beschäftigungspotenzial der Kultur- und Kreativ-
        branche, die EU-Fördermittel sollen helfen, neue Publi-
        kumsschichten zu erreichen und neue Märkte zu erobern.
        „Kreatives Europa“ – das heißt jetzt: Wettbewerbsfähig-
        keit stärken, durch Investition den Beitrag der Kultur-
        und Kreativbranche zum Wirtschaftswachstum erhöhen.
        Innovation, Beschäftigung und gar der soziale Zusammen-
        halt sollen so vorangetrieben werden. Das Programm
        „Kreatives Europa“ vermischt auf diese Weise Unglei-
        ches, nämlich ein Wirtschaftsförderungsprogramm für
        die Kultur- und Kreativindustrie einerseits und ein In-
        strument zur Förderung der kulturellen Zusammenarbeit
        in Europa andererseits. Das kann nicht funktionieren.
        Der Kultursektor funktioniert nach grundsätzlich ande-
        ren Regeln als der Wirtschaftssektor und wird auch nach
        anderen Kriterien beurteilt.
        Trotz der massiven Einwände gegen den Entwurf hat
        der Rat der Europäischen Union in den bisher vorge-
        nommenen zwei „allgemeinen Ausrichtungen“ des Pro-
        gramms nur einigen Kritikpunkten Rechnung getragen.
        So zum Beispiel gibt es eine stärkere Betonung des ide-
        ellen Werts und der Doppelnatur von Kulturgütern, auch
        werden die Einflussnahmemöglichkeiten der Mitglied-
        staaten bei der Durchführung des Programms gestärkt.
        Aber das bleiben leere Worte, wenn nicht erstens Kultur-
        förderung auf Non-Profit-Projekte beschränkt wird,
        zweitens qualitativ evaluiert und drittens die finanziellen
        Mindestanteile der Säulen „Kultur“ und „Media“ festge-
        schrieben werden.
        Die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die
        Bundesregierung und alle Fraktionen dieses Hauses, will
        diese drei Punkte im Programm durchgesetzt sehen. Das
        steht zu Recht auch in der vorliegenden Beschlussemp-
        fehlung.
        Die Linke hat aber auch wesentliche Bedenken ge-
        genüber dieser Empfehlung. Wir halten es für vollkom-
        men inakzeptabel, dass die zur Verfügung stehenden
        Mittel im mehrjährigen Finanzrahmen auf 1 Prozent des
        EU-Bruttonationaleinkommens beschränkt werden sollen,
        wie es in der vorliegenden Beschlussfassung steht. Diese
        Grenze muss aus unserer Sicht aufgehoben werden. Zum
        anderen lehnen wir den in der Vorlage gemachten Bezug
        zu der Europa-Strategie 2020 ab, denn diese misst allein
        mit ökonomischen Maßstäben. Darum lehnt die Linke
        diese Beschlussempfehlung ab.
        Die vielgepriesene vorgesehene Mittelausstattung von
        1,8 Milliarden Euro kann aus unserer Sicht nur ein Mini-
        mum sein. Zudem ist sie bisher allein vorgesehen und
        mitnichten von einem Beschluss bestätigt. Die EU-
        Haushaltsverhandlungen zum mehrjährigen Finanzrah-
        men 2014 bis 2020 dauern noch an, der endgültige Be-
        schluss des Verordnungsentwurfes ist erst im Februar
        2013 möglich. Insofern stellt sich hier die Frage, wie re-
        levant unsere Vorschläge und Vorstellungen für das Pro-
        26984 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013
        (A) (C)
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        gramm „Kreatives Europa“ überhaupt sein können. Wir
        sollten nicht vergessen: Es ist gerade die deutsche Bun-
        desregierung, die im EU-Haushalt massive Kürzungen
        durchsetzen will und auf die Schuldenbremse pocht.
        Diese von Deutschland forcierten Einschnitte würden
        aber neben der EU-Regionalförderung auch die euro-
        päischen Kultur- und Bildungsprogramme treffen. Denn
        obwohl auf höchster Ebene immer die gemeinsamen kul-
        turellen Werte Europas beschworen werden, wird dann
        doch zuerst bei Kultur- und Bildungsförderung gespart.
        Wir fordern eine stärkere Beachtung der Kultur im
        Haushalt insgesamt. Was sind 1,8 Milliarden Euro, wenn
        es um mehr als 450 Millionen Menschen und 37 Länder
        geht? Darüber hinaus wird sich der Kreis der Teilneh-
        merländer in den nächsten Jahren um weitere Nachbar-
        staaten zum Beispiel aus der Balkanregion erweitern.
        Das heißt, das Geld wird für mehr als die bisherigen
        37 Länder reichen müssen. Man kann hier auch so rech-
        nen: Beträgt der finanzielle Anteil des Bereichs Kultur
        im Programm „Kreatives Europa“ laut Mitteilung der
        EU-Kommission für die siebenjährige Laufzeit bis 2020
        etwa 497 Millionen Euro, dann bedeutet das herunterge-
        rechnet auf ein Jahr und ein Land eine Summe von
        2,6 Millionen Euro. Damit liegt man bei einem Bruchteil
        des Budgets eines großen Theaters. Und hier sind nur die
        27 Kernländer der EU berechnet worden. Nimmt man
        die reale Teilnehmerzahl von 37 Ländern, dann ergibt
        diese Rechnung 1,91 Millionen Euro pro Jahr und Land.
        Das ist geradezu lächerlich.
        Das Programm „Kreatives Europa“ muss, um seinem
        Namen gerecht zu werden, sich klar gegen eine ökono-
        mische Sichtweise von Kultur und Kulturförderung aus-
        sprechen und mehr Mittel für Kultur garantieren. Es
        kann nur funktionieren, wenn es nicht als für sich ste-
        hend betrachtet wird – im Blick müssen gleichzeitig die
        EU-Strukturfonds bleiben; denn diese bisher finanziell
        wesentlich besser ausgestattete EU-Strukturförderung
        ergänzt die Kulturförderung. Und eines sollte in dieser
        Debatte nicht in Vergessenheit geraten: Kulturpolitik
        darf nicht auf Kulturförderprogramme reduziert werden.
        Notwendig ist es in einem Europa, das gegenwärtig
        durch nationale Strömungen und eine immer stärker
        werdende soziale Schieflage geprägt ist, auf die integra-
        tive Kraft der Kultur zu setzen.
        Auch wenn es kein Problem der Bundesrepublik
        Deutschland direkt ist, ist doch zu fragen: Was bietet das
        EU-Programm „Kreatives Europa“ den Katalanen und
        den Schotten, die in dieser Zeit auf ganz andere, neue
        Weise auf ihre Kultur als Identitätsstiftung innerhalb
        Europas setzen? Die Frage stellt sich, ob die Zeit über
        dieses EU-Programm nicht längst hinweggegangen ist.
        Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
        Kultur hat einen Wert an sich und muss keinen wirt-
        schaftlichen Zweck erfüllen. Es ist jedoch unbestritten,
        dass Kultur auch ein starker Wirtschaftsfaktor ist – in
        Deutschland liegt die Bruttowertschöpfung der Kultur-
        und Kreativwirtschaft in einer vergleichbaren Größen-
        ordnung mit den großen Industriesektoren Automobil
        und Maschinenbau.
        Nicht mit ökonomischen Parametern messbar ist, was
        Kultur für das Leben des Einzelnen, für den grenzüber-
        schreitenden Zusammenhalt und die Völkerverständi-
        gung bedeutet: Kunst und Kultur können elementare
        Identifikationspotenziale entfalten, die Europa noch
        mehr zusammenwachsen lassen. Kultur ist ein emotio-
        nales und ideelles Fundament für ein starkes Europa.
        Wir begrüßen daher, dass sich die Koalition im Forde-
        rungsteil ihres Entschließungsantrags gegen eine haupt-
        sächlich ökonomische Betrachtung der europäischen
        Kulturförderung ausspricht.
        In einigen zentralen Punkten hat sich die Koalition
        den Vorstellungen der Opposition angenähert: Dass Sie
        jetzt auch bei der Kulturförderung Non-Profit-Projekte
        mit aufgenommen haben, findet ebenso unsere Zustim-
        mung wie die Forderung, dass nicht nur quantitative,
        sondern auch qualitative Indikatoren bei der Evaluation
        berücksichtigt werden sollen.
        Jetzt komme ich allerdings zu den entscheidenden
        Punkten, die unsere Ablehnung Ihres Entschließungs-
        antrags begründen:
        1,8 Milliarden Euro über einen Zeitraum von sieben
        Jahren soll die europäische Kultur- und Kreativbranche
        erhalten. Das entspricht einer Erhöhung von 37 Prozent
        im Vergleich zu den derzeitigen Ausgaben. Das ist ein
        verheißungsvolles Versprechen für die europäische Kul-
        turförderung. Aber kann es auch eingehalten werden?
        Der Streit um den Mehrjährigen Finanzrahmen der EU
        zeigt, dass momentan eher Budgetkürzungen angesagt
        sind. Um 10 Prozent soll der europäische Haushalt bis
        2020 gekürzt werden. Gesunde Skepsis ist also dahin
        gehend angebracht, ob die Erhöhungen für den Kultur-
        bereich tatsächlich umgesetzt werden können.
        Anlass zum Zweifel gibt auch der Entschließungsan-
        trag der Koalition: Darin unterstützen Sie das Anliegen
        der Bundesregierung, die Mittel für das Programm
        „Kreatives Europa“ auf 1 Prozent des EU-Bruttonatio-
        naleinkommens zu begrenzen. Das heißt, wenn das
        Bruttonationaleinkommen sinkt, würde auch der Finanz-
        rahmen kleiner. Direkt davon betroffen wäre jedoch
        nicht das Finanzierungsinstrument, also die mit der Ver-
        waltung beauftragten Banken, sondern die Förderpro-
        gramme „Media“ und „Kultur“. Wir fordern von der
        Bundesregierung ein klares Bekenntnis, dass an den
        Förderlinien „Kultur“ und „Media“ nicht gespart wird.
        Wenn der Finanzrahmen nicht eingehalten werden kann,
        dann muss das neue Finanzierungsinstrument Kürzun-
        gen in Kauf nehmen, nicht die Förderlinien!
        Im Unterschied zum Entschließungsantrag der Oppo-
        sitionsfraktionen drückt sich Schwarz-Gelb vor einer
        Antwort, wie die im Programm geplante Streichung der
        Betriebskostenzuschüsse für europäische Netzwerke
        kompensiert werden kann. Wir dagegen setzen uns für
        adäquate Fördermaßnahmen ein; denn ohne kontinuier-
        liche Förderung der europäischen Netzwerke fehlt dem
        Programm ein wichtiges Verknüpfungs- und Kommuni-
        kationsinstrument.
        Gleichermaßen kritisch sehe ich, dass im Antrag der
        Koalition die Forderung fehlt, dass sich die Mitglied-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26985
        (A) (C)
        (D)(B)
        staaten bei der Gestaltung des Programms weiterhin ein-
        bringen können; ich halte das Mitsprache- und Mitge-
        staltungsrecht der EU-Länder für eine notwendige
        Voraussetzung, damit Akzeptanz für und Identifikation
        mit dem Programm erhalten bleiben.
        Zusammengefasst lässt sich festhalten: Wir sind uns
        einig, dass das Programm „Kreatives Europa“ viel
        Potenzial verspricht zur Stärkung der europäischen Kul-
        turförderung, zur Bewahrung unserer kulturellen und
        sprachlichen Vielfalt. Die Zielsetzung des Programms
        finden wir richtig; es geht um die Förderung der Kultur-
        und Kreativbranche und um eine Intensivierung der
        Potenziale des digitalen Zeitalters.
        Im Detail jedoch muss möglichen Fehlentwicklungen
        vorgebeugt werden: Die neuen Finanzierungsinstru-
        mente müssen auch die Bedürfnisse von Kleinstunter-
        nehmen im Kulturbereich berücksichtigen. Außerdem
        darf sich die Zusammenführung der Programme „Kul-
        tur“ und „Media“ nicht nachteilig auf einen der beiden
        Bereiche auswirken. Und die Gefahr, dass sich das neue
        Programm zu einseitig auf Wirtschaftsförderung kon-
        zentriert, ist noch nicht gebannt. Auch weiterhin ist eine
        intensive Begleitung des Programms durch die Länder-
        parlamente notwendig.
        Umso wichtiger wäre gewesen, dass sich die Koali-
        tion in ihrem Entschließungsantrag eindeutig positioniert
        für flankierende Maßnahmen zur Stabilisierung des
        Finanzvolumens, für eine Kompensation der Betriebs-
        kostenzuschüsse für europäische Netzwerke und für ein
        weiteres Mitgestaltungsrecht der Mitgliedstaaten. Diese
        Chance haben Sie verpasst, wir werden Ihren Antrag
        daher ablehnen.
        Anlage 12
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung des Entwurfs eines Fünfzehnten
        Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes
        (Tagesordnungspunkt 21)
        Robert Hochbaum (CDU/CSU): Vertrauen, Hoch-
        achtung, Stolz und Dankbarkeit – diese vier Attribute
        verbinden unsere Bürgerinnen und Bürger hauptsächlich
        mit der Bundeswehr. Das ist das Ergebnis einer aktuellen
        Bevölkerungsumfrage des Sozialwissenschaftlichen In-
        stituts (der Bundeswehr). Demnach definieren drei von
        vier Bürgern ihre Haltung gegenüber den Streitkräften
        als „sehr positiv“ oder „eher positiv“.
        Eine weitere Umfrage durch Emnid stellte heraus,
        dass 86 Prozent der Bürgerinnen und Bürger der Ansicht
        sind, dass die Bundeswehr relevant für Deutschland ist.
        Diese Werte stimmen zuversichtlich. Sie zeigen, dass
        die Bundeswehr weiterhin in der Mitte der Gesellschaft
        verankert ist. Das ist besonders vor dem Hintergrund
        relevant, dass mit der Aussetzung der Wehrpflicht zum
        1. Juli 2011 ein wichtiger gesetzlicher Anker weggefal-
        len ist.
        Durch den jährlichen Einzug von zuletzt ungefähr
        50 000 jungen Männern war ein steter Austausch zwi-
        schen Bundeswehr und der sie tragenden Gesellschaft
        gewährleistet. Auch die Führungsphilosophie „Innere
        Führung“ in Verbindung mit dem Leitbild des „Staats-
        bürgers in Uniform“, also die Verknüpfung zwischen
        Gesellschaft und Militär, waren eng mit der Wehrpflicht
        verbunden. Auch deshalb war ich bis zum Schluss ein
        Verfechter der allgemeinen Wehrpflicht.
        Allerdings offenbart die zuvor genannte Zahl auch
        eine der größten Schwächen der zuletzt geltenden Einbe-
        rufungspraxis. So standen pro Jahr knapp doppelt so
        viele junge Männer zur Verfügung, wie letztendlich ein-
        berufen werden konnten. Durch Kriegsdienstverweige-
        rung und Ausmusterung wurde die Zahl derjenigen, die
        letztendlich für den Dienst in den Streitkräften infrage
        kamen, weiter reduziert. Das Argument der Wehrunge-
        rechtigkeit kann damit als stichhaltig gelten. Auch die
        zuletzt gültige Dauer von nur noch sechs Monaten wirft
        die Frage auf, inwiefern in dieser Zeit positive Effekte
        für den Wehrpflichtigen selbst sowie die Streitkräfte als
        Ganzes erzielt werden konnten.
        Somit war die Aussetzung der Wehrpflicht eine folge-
        richtige Entscheidung, die den Entwicklungen Rechnung
        trug und auch von mir – wenn auch schweren Herzens –
        mitbeschlossen wurde.
        Oberstes Ziel muss auch in Zukunft sein, dass die
        Bundeswehr ein integraler Bestandteil unserer Gesell-
        schaft bleibt. Natürlich sind auch die Berufssoldaten,
        Soldaten auf Zeit und die Freiwilligen Wehrdienstleis-
        tenden sowie ihre Angehörigen integrale Bestandteile
        der Gesellschaft. Während sie jedoch bewusst eine Ent-
        scheidung für die Bundeswehr treffen, waren damals die
        potenziellen Wehrpflichtigen dazu „gezwungen“, sich
        zumindest einmal intensiv mit dem Thema zu befassen,
        unabhängig davon, ob sie ausgemustert wurden oder den
        Dienst verweigerten.
        Damit die Umfragewerte, wie oben beschrieben, auch
        in Zukunft so positiv bleiben, ist es wichtig, dass sowohl
        wir als Parlament als auch die Bundeswehr selbst ihren
        Beitrag leisten, um in der Mitte der Gesellschaft vertre-
        ten zu bleiben.
        Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf gehen wir
        folgerichtig einen letzten bzw. wesentlichen Schritt im
        Sinne des Freiwilligen Wehrdienstes. Wir regeln bzw.
        übernehmen diesen als besonderes staatsbürgerliches
        Engagement im bzw. in das Soldatengesetz. Damit
        schaffen wir eine einheitliche Grundlage für den Dienst
        aller Soldaten in den Streitkräften. Auch wenn der Frei-
        willige Wehrdienst weiterhin vom Dienst der Berufssol-
        daten und Soldaten auf Zeit abgegrenzt wird, so existiert
        in Zukunft nur noch ein Dienstrecht, nämlich das Solda-
        tengesetz. Dies trägt im Übrigen auch zur Entbürokrati-
        sierung bei.
        Der uns vom BMVg im Oktober vergangenen Jahres
        vorgelegte Erfahrungsbericht über ein Jahr Freiwilligen
        Wehrdienst zeigt uns, dass wir 2011 die richtige Ent-
        scheidung getroffen haben und uns seitdem auf einem
        guten Weg befinden.
        26986 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013
        (A) (C)
        (D)(B)
        Die FWDLer sind hochmotiviert, weisen ein gutes
        Bildungsniveau auf und zeigen eine große Einsatzbereit-
        schaft. Das vorhandene Bewusstsein, etwas für sein
        Land zu tun, ist dabei besonders wertvoll. Es bildet das
        Fundament für die Verankerung in der Gesellschaft.
        Wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion stimmen mit
        dem im Bericht getroffenen Fazit, dass der „Freiwillige
        Wehrdienst in seiner jetzigen Form erhalten bleiben
        soll“, vollends überein. Aus diesem Grund sehen wir
        auch die Vereinheitlichung des Dienstrechtes als konse-
        quent an und befürworten dies. Wir würden uns freuen,
        wenn der Großteil des Hauses dem folgen könnte.
        Lars Klingbeil (SPD): Heute geht es eigentlich nur
        um eine Formalität. Wir übertragen die im Wehrrechts-
        änderungsgesetz 2011 beschlossenen Änderungen in das
        Soldatengesetz. Wir verankern den Freiwilligen Wehr-
        dienst im Soldatengesetz.
        Jedoch: Auch wenn es so einfach ist, möchte ich doch
        noch einmal auf die aktuelle Situation eingehen. Vor
        über zwei Jahren wurde beschlossen, die Bundeswehr
        erneut zu reformieren. Die Schuldenbremse war laut
        dem damaligen Minister der entscheidende Parameter
        der Reform. Die Reform, die eigentlich gemeinsam mit
        den Betroffenen gemacht werden sollte, wurde zu einer
        Reform nach Kassenlage. Es wurden kaum Interessen
        der Soldatinnen, Soldaten und Zivilbeschäftigten be-
        rücksichtigt. Es wurde außer Acht gelassen, dass diese
        Reform nur gelingen kann, wenn alle mitmachen. Statt
        jedoch die Betroffenen mitzunehmen, wurden sie im Un-
        klaren gelassen. Auch heute gibt es noch viele Fragezei-
        chen, darüber, ob sie in der Bundeswehr bleiben und,
        wenn ja, an welchem Standort.
        Auch die Abschaffung der Wehrpflicht kam viel zu
        undurchdacht. Bevor Attraktivitätsmaßnahmen oder ein
        Nachwuchsgewinnungskonzept geschrieben waren,
        fehlten schon die nächsten Rekruten.
        Genau diese wichtigen Bestandteile der Reform kann
        ich auch heute noch nicht richtig erkennen. Sie haben die
        Werbung für die Bundeswehr vernachlässigt. Dass dies
        fehlt, zeigen auch die hohen Abbrecherquoten bei den
        Freiwillig Wehrdienstleistenden. Diese liegen derzeit bei
        30,4 Prozent, Tendenz steigend. Im Vergleich zu den
        Abbrechern bei sozialen Diensten ist dies eine erschre-
        ckende Bilanz.
        Die Frage, die wir uns bei einer solch hohen Zahl stel-
        len müssen, ist doch: Welche Vorstellungen haben die
        jungen Leute vom Dienst bei der Bundeswehr, welche
        Erwartungen haben sie, und wie werden sie im Vorfeld
        informiert? Bei dieser hohen Quote müssen wir davon
        ausgehen, dass sie auf die Anforderungen nicht genü-
        gend vorbereitet werden. Und dies wiederum kann nur
        damit zusammenhängen, dass es kein ausreichendes
        Konzept zur Nachwuchsgewinnung gibt. Nach über
        zwei Jahren Reform und anderthalb Jahren Freiwilligen
        Wehrdienst ist dies nicht mehr zu rechtfertigen. Sie müs-
        sen hier dringend evaluieren und nachbessern.
        Und bei der Gewinnung von neuen Köpfen für die
        Bundeswehr geht es auch nicht nur – und das sage ich
        auch immer wieder – darum, den Dienst für neue Solda-
        tinnen und Soldaten attraktiv zu machen, sondern darum,
        denjenigen, die schon so lange unserem Land dienen, zu
        zeigen, dass die Bundeswehr attraktiv ist. Denn sie sind
        es, die ihren Kindern, Verwandten und Bekannten sagen,
        dass es sich lohnt, in die Bundeswehr zu gehen.
        Wenn man sich allerdings die jüngste Studie des
        BundeswehrVerbandes ansieht, stellt man fest, dass so-
        gar zwei Drittel, also 63,6 Prozent der Aktiven bei der
        Bundeswehr, ihren Kindern, Verwandten und Bekannten
        davon abraten, sich für den Dienst bei der Bundeswehr
        zu entscheiden. Das ist ein erschreckendes Ergebnis.
        Wir müssen die Attraktivität erhöhen. Fehlende
        Beförderungsmöglichkeiten machen die Bundeswehr als
        Arbeitgeber unattraktiv. Genau darum muss es aber ge-
        hen: Wir müssen die Attraktivität erhöhen. Deswegen
        haben wir als SPD auch gefordert, dass sich die Anhe-
        bung der Planstellenanteile für Unteroffiziere in der
        Besoldungsgruppe A 9 an den Vorgaben für den mittle-
        ren Polizeidienst orientiert. Das wäre ein klares Signal
        der Attraktivität, da so die Unteroffiziere leistungsge-
        recht befördert werden können.
        Das Gleiche gilt für die Zeitsoldaten. SaZ 8 und
        SaZ 12+ werden durch die Veränderungen der Berufs-
        förderung und der Dienstzeitversorgung benachteiligt.
        Die wegfallenden Freistellungsphasen müssen durch
        eine Erhöhung der Übergangsbeihilfen kompensiert
        werden.
        Wir müssen dafür sorgen, dass die Bundeswehr die
        wird, die wir auch wirklich haben wollen, und nicht ein
        Konstrukt, das unter finanziellem Druck irgendwie zu-
        sammengeschustert wurde. Was heute in der Reform
        zerstört wird, können wir später nur mühsam wieder
        aufbauen. Die Reform wurde mal als tiefgreifendste der
        Geschichte betitelt. Mittlerweile scheint es aber, dass
        möglichst wenig verändert werden soll und dabei maxi-
        mal gespart werden soll. Das kann nicht das Ziel sein.
        Wir brauchen eine Bundeswehr, die die Herausforderun-
        gen der Zukunft angehen kann. Dafür brauchen wir die
        besten Köpfe und Hände, und dafür muss die Bundes-
        wehr ein attraktiver Arbeitgeber werden. Und es gibt
        wirklich viele Punkte, an denen Sie die Attraktivität, in
        der Truppe Dienst zu machen, steigern könnten.
        Ein großes Thema ist die Vereinbarkeit von Familie
        und Dienst. Dafür haben Sie bisher viel zu wenig getan.
        Oft sind die Ehepartner auch berufstätig. Das sollen sie
        auch sein, das ist gut für unsere Gesellschaft. Aber an-
        statt diese Paare dabei zu unterstützen, die alltäglichen
        Herausforderungen zu bewältigen, ignorieren Sie – so
        habe ich manchmal das Gefühl – die Rufe nach moder-
        nen Möglichkeiten, Familie und Beruf unter einen Hut
        zu bringen. Teilzeitbeschäftigung darf auch in den Streit-
        kräften kein Fremdwort mehr sein. Wir müssen uns an
        die Lebensverhältnisse der Menschen, die zur Bundes-
        wehr kommen, anpassen. Des Weiteren müssen Sie die
        Telearbeit ermöglichen und endlich dafür sorgen, dass
        eine flächendeckende Kinderbetreuung eingeführt wird.
        Auf die Kinderbetreuung weisen wir seit Jahren hin, und
        nur wenn sich vor Ort die Bediensteten auf eigene Faust
        einsetzen, ändert sich etwas.
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26987
        (A) (C)
        (D)(B)
        Ein Arbeitgeber ist nur dann attraktiv, wenn er seinen
        Mitarbeitern die Chance gibt, sich zu entwickeln und
        aufzusteigen. Es ist daher zwingend notwendig, dass Sie
        das Personalmodell nachsteuern, sodass der Abbau des
        Förderungs- und Verwendungsstaus beseitigt wird und
        ein transparentes und nachvollziehbares Personal-
        management ermöglicht werden kann. Die Planungen,
        die Sie jetzt auf den Weg gebracht haben, haben doch
        keinen Bestand über 2014 hinaus.
        Dann müssen Sie sich endlich um die vielen Pendler
        in der Bundeswehr kümmern. Richten Sie Pendler-
        wohnungen ein, und behalten Sie die Wahlmöglichkeit
        zwischen Trennungsgeld und Umzugskostenvergütung
        bei.
        Dass wir in den letzten Jahren eine Zahl von 11 150
        Freiwilligen erreicht haben, liegt vor allem daran, dass
        wir im letzten Jahr doppelte Abijahrgänge hatten. Man
        kann also davon ausgehen, dass die Bundeswehr erst mal
        noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen
        ist.
        Langfristig wird das jedoch nicht gut gehen. Spätes-
        tens ab 2016 werden wir große Probleme haben. Auf die
        Dauer werden diese Versäumnisse an die Substanz der
        Bundeswehr gehen. Der demografische Wandel ist da
        und wird sich in den nächsten Jahren verstetigen. Es ist
        jetzt an uns, auf diese Veränderungen zu reagieren und
        die Bundeswehr für die Zukunft aufzustellen. Die SPD
        hat hierzu mehrfach Vorschläge gemacht. Lassen Sie uns
        gemeinsam dafür sorgen, dass die Bundeswehr auch in
        Zukunft ein attraktiver und interessanter Arbeitgeber
        bleibt.
        Christoph Schnurr (FDP): Mit der Aussetzung der
        Wehrpflicht wurde der Pflichtdienst junger Männer in
        Deutschland 2011 beendet. Die Wehrpflicht war sicher-
        heitspolitisch nicht mehr begründbar, und auch unter Ge-
        rechtigkeitsaspekten war es immer schwieriger geworden,
        die immer geringer werdenden Zahlen an eingezogenen
        jungen Männern zu begründen.
        Mit der Unterschreitung der Zwölf-Monats-Grenze
        (im Jahre 1996) für den Wehrdienst war der Grundwehr-
        dienst auch hinsichtlich seiner militärischen Sinnhaftig-
        keit schon zu hinterfragen gewesen. Seit 2004 wurden
        Grundwehrdienstleistende nicht mehr zu anschließenden
        Reserveübungen eingezogen. Und somit war die
        schnelle Aufwuchsfähigkeit der Bundeswehr realistisch
        höchstens nur noch sehr eingeschränkt gegeben.
        Der Abschied von der Wehrpflicht fiel schwer. Unter
        den Abgeordneten des Hohen Hauses gab es eine große
        Anzahl von ehemaligen Wehrdienstleistenden, für die
        eine Aussetzung schlicht unvorstellbar war.
        Ebenso gab es viele Stimmen, die ein Funktionieren
        der Umstellung auf ein freiwilliges Engagement unser
        Bürgerinnen und Bürger, gerade im mit der Wehrpflicht
        verbundenen Bereich des Zivildienstes, bezweifelten.
        Horrorszenarien wurden entworfen – und traten alle
        nicht ein.
        Die Umstellung ist nicht ohne Probleme und Heraus-
        forderungen verlaufen und auch noch nicht abgeschlos-
        sen, aber das große freiwillige Engagement der Bürge-
        rinnen und Bürger hat all denen widersprochen, die nicht
        geglaubt haben, dass sich junge Männer und Frauen
        ohne staatliche Verpflichtung für die Gemeinschaft en-
        gagieren würden. – Trauen Sie den Bürgern doch bitte
        etwas mehr zu.
        Wir, die Liberalen, haben aber schon immer auf das
        Prinzip der Freiwilligkeit und der positiven Motivation
        über Anreize gesetzt. Auch das Vertrauen in die Be-
        reitschaft unserer Bürgerinnen und Bürger, sich für die
        Gemeinschaft ohne staatlichen Zwang zu engagieren, ge-
        hört zu den Grundüberzeugungen eines liberalen Denk-
        ansatzes. Und dieses Vertrauen wurde nicht enttäuscht,
        sondern hat sich als mehr als gerechtfertigt erwiesen.
        Deshalb ist es jetzt für den Dienst in den Streitkräften
        mehr als konsequent, den Freiwilligen Wehrdienst für
        Männer und Frauen in die Rechtsgrundlage zu überfüh-
        ren, die seit jeher die Grundlage für den Freiwilligen
        Dienst von Männern und Frauen in den Streitkräften
        war: das Soldatengesetz. Das Wehrpflichtgesetz ruht da-
        mit und wird zukünftig nur noch im Falle der Wiederein-
        führung der allgemeinen Wehrpflicht Verwendung fin-
        den. Hoffen wir, dass ein solcher Fall nie eintreten wird.
        Umgeben von Freunden im Herzen Europas, bin ich da
        sehr zuversichtlich.
        Die inhaltsgleiche Übertragung und unveränderte Ab-
        grenzung zum Status der Zeit- und Berufssoldaten be-
        gründen sich aus den Besonderheiten des Freiwilligen
        Wehrdienstes im Rahmen der Freiwilligendienste und
        des Engagements unserer Bürger, welches wir damit un-
        verändert besonders honorieren und anerkennen wollen.
        Des Weiteren bringt die Überführung auf eine andere
        Rechtsgrundlage keine zusätzlichen Belastungen für die
        Truppe oder die Soldaten mit sich.
        Die Herausforderung für die Bundeswehr, sich aktiv
        um Freiwillige zu bemühen und so attraktiv und über-
        zeugend zu sein, damit diese auch bleiben, ist ebenfalls
        unverändert. Daher müssen die Abbrecherquote und die
        Gründe dafür sorgsam überwacht und hinterfragt wer-
        den, um die angestrebte Zahl an FWDLern in den Rei-
        hen der Bundeswehr auch zukünftig zu erreichen. Aller-
        dings ist dies beim Übergang von einer Wehrpflicht- zu
        einer Freiwilligenarmee nicht ungewöhnlich und braucht
        einfach auch etwas Zeit. Hier rate ich daher allen Kriti-
        kern zu ein wenig mehr Geduld.
        Insgesamt sehe ich die Bundeswehr dort auf dem
        richtigen Weg, und dieser Gesetzentwurf ist ein weiterer
        logischer Baustein und Schritt im Übergang der alten
        Wehrpflicht- in die moderne Freiwilligenarmee.
        Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Eigentlich
        müsste man zum vorliegenden Gesetzentwurf kein wei-
        teres Wort verlieren. Damit wird nur das umgesetzt, was
        im Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 angekündigt wor-
        den ist. Der 2011 eingerichtete Freiwillige Wehrdienst
        wird jetzt auch im Soldatengesetz verankert. Das dient
        der Schaffung einer einheitlichen Rechtsgrundlage für
        26988 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013
        (A) (C)
        (D)(B)
        den Dienst in den Streitkräften. – So weit, so nachvoll-
        ziehbar.
        Aber der Gesetzentwurf bestätigt unsere grundlegen-
        den Einwände. Es bleibt dabei: Die Einführung des Frei-
        willigen Wehrdienstes als dritte Dienstform ist miss-
        glückt und wird von uns abgelehnt.
        Die Bundesregierung muss mühsam mit Begrifflich-
        keiten jonglieren, um den Freiwilligen Wehrdienst vom
        Wehrdienst der Berufs- und Zeitsoldaten abzugrenzen.
        Diese leisten – so ist die Lesart – „Freiwilligen Wehr-
        dienst aufgrund einer Berufswahlentscheidung“, die
        FWDler leisten „Freiwilligen Wehrdienst als besonderes
        staatsbürgerliches Engagement“.
        Und in der Praxis sind die Unterschiede zwischen
        Soldaten und Soldatinnen auf Zeit und den Freiwillig
        Wehrdienstleistenden ohnehin nur mit der Lupe zu ent-
        decken; das geht auch aus den Antworten der Bundes-
        regierung auf meine Kleine Anfrage hervor. Beide erhal-
        ten fast die gleiche Ausbildung, bei den Kostenansätzen
        des Ministeriums liegen die SaZler lediglich mit etwas
        mehr als 100 Euro höher pro Jahr. Der einzige nennens-
        werte Unterschied ist die flexible Festlegung der Dienst-
        dauer, wobei auch die SaZler in den ersten sechs Mona-
        ten den Dienst quittieren dürfen.
        Man sollte wirklich nicht so tun, als ob der Freiwillige
        Wehrdienst in irgendeiner Form mit den sonstigen For-
        men des staatsbürgerlichen Engagements und der Ge-
        meinnützigkeit zu tun habe. Er ist kein Ehrenamt, son-
        dern ein teurer Schnupperkurs beim Militär. Das macht
        schon die im Vergleich zu den wirklichen Freiwilligen-
        diensten atypisch hohe Bezahlung deutlich. Diese Un-
        gleichbehandlung ist eigentlich nicht zu rechtfertigen.
        Allerdings liegt der Grund dafür auch auf der Hand: Wer
        die Streitkräfte weit jenseits des Verteidigungsauftrags
        einsetzt und für globale Militärinterventionen benutzt,
        der hat es in der Tat nicht so leicht, junge Menschen zu
        gewinnen. Der kann sie nicht mit einem Taschengeld ab-
        speisen, sondern muss eben berufsgruppenübliche Tarife
        zahlen.
        Das Ministerium sollte hier lieber Klartext reden: Es
        geht nicht um die Förderung „staatsbürgerlichen Engage-
        ments“, sondern um Nachwuchswerbung und die Recht-
        fertigung eines privilegierten Zugangs zu den Jugendli-
        chen unseres Landes. So wird mit dem neuen § 58 c
        Soldatengesetz der Bundeswehr zum Beispiel weiterhin
        das Privileg eingeräumt, von den Meldebehörden auto-
        matisch personenbezogene Daten von Minderjährigen
        übermittelt zu bekommen, um diese dann für ihre Wer-
        bung zu nutzen. Das ist nicht im Sinne der Jugendlichen.
        Zieht man nach anderthalb Jahren Bilanz, müsste der
        Freiwillige Wehrdienst eigentlich als Fehlgriff bewertet
        und ad acta gelegt werden: Als Instrument der Nach-
        wuchswerbung ist er untauglich. Bislang bricht ein Drit-
        tel der FWDler ab. Auch die Bereitschaft zur Weiterver-
        pflichtung als Soldat oder Soldatin auf Zeit bleibt
        marginal: Von den insgesamt 8 000 im Juli und Oktober
        2011 zum Wehrdienst Herangezogenen haben sich nur
        2,5 Prozent als SaZ verpflichtet. Demgegenüber sind die
        Bewerberzahlen für den Soldatenberuf im üblichen Ver-
        fahren weiter gleichbleibend hoch. Selbst aus Perspek-
        tive der Bundeswehr liefert der Freiwillige Wehrdienst
        hier also keinen Mehrwert.
        Er bleibt ein erheblicher Personalkostenfaktor. Für nur
        noch maximal 12 500 FWDler werden weiterhin üppige
        250 Millionen Euro pro Jahr eingeplant. Und welcher mi-
        litärische Mehrwert dadurch entsteht, dass man nicht
        weiß, ob im nächsten Jahr 5 000 oder 12 500 FWDler ih-
        ren Dienst antreten oder wie lange diese Dienstleisten-
        den überhaupt dabeibleiben, bleibt zumindest mir ein
        Rätsel.
        Eine Rechtsvereinfachung, die ja Ziel des Gesetzent-
        wurfs sein soll, lässt sich im Übrigen auch anders herstel-
        len. Der Verzicht auf den sogenannten Freiwilligen Wehr-
        dienst würde die Notwendigkeit, ein eigenes Dienstrecht
        zu konstruieren, beseitigen. Der damit verbundene Büro-
        kratieaufwand entfiele ebenso wie die erheblichen Kos-
        ten. Und noch wichtiger: Durch einen Verzicht auf den
        Freiwilligen Wehrdienst wäre auch der selbstgeschaffene
        Zwang, für diesen Dienst junge Menschen zu rekrutieren
        und vor allem Minderjährige mit skandalösen Botschaf-
        ten von Abenteuer, Spaß und Spielen zum Dienst im Mi-
        litär zu verführen, aufgehoben.
        Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit
        dem vorliegenden Gesetzentwurf wird der Abschied von
        der Wehrpflicht weiter vollzogen, und das ist richtig, und
        es wird höchste Zeit dafür. Im März 2011 haben wir im
        Parlament die Aussetzung der Wehrpflicht beschlossen.
        Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, Sie
        haben weit mehr als ein Jahr gebraucht, um diesen Ent-
        wurf nun vorzulegen und den Freiwilligen Wehrdienst
        damit im richtigen Gesetz, im Soldatengesetz, zu veran-
        kern. Vielleicht lag das ja auch daran, dass Ihnen der Ab-
        schied von der Wehrpflicht so lange so sehr schwer ge-
        fallen ist.
        Über die gesetzlichen Regelungen hinaus müssen wir
        darüber diskutieren, ob der Freiwillige Wehrdienst heute
        tatsächlich richtig aufgestellt ist. Die jüngsten Zahlen
        zeigen: Es entscheiden sich zunächst genug junge Men-
        schen für den Freiwilligen Wehrdienst, aber rund 30 Pro-
        zent von ihnen brechen dann innerhalb der ersten sechs
        Monate ab. Die Bundesregierung versucht grundsätzlich,
        die Bedeutung dieser Zahlen zu relativieren. Eine Ab-
        brecherquote von 30 Prozent lässt sich aber weder igno-
        rieren noch mit externen Ursachen wie der Zusage für
        Studienplätze erklären. Letztendlich ist es auch egal, ob
        30, 25 oder 27 Prozent aus Gründen, die im Dienst selbst
        liegen, abbrechen. Fest steht: Es ist eine nicht unerhebli-
        che Zahl junger Menschen, die bei der Bundeswehr Be-
        dingungen vorfindet, die sie zum Abbrechen bewegen.
        Die Zahl dieser Menschen ist im Verlauf der letzten Mo-
        nate angestiegen. Die jungen Männer und Frauen haben
        bestimmte Erwartungen an die Bundeswehr als Arbeit-
        geberin, und ganz offensichtlich werden zu viele dieser
        Erwartungen enttäuscht. Davor kann man doch nicht die
        Augen verschließen, sondern man muss nach den Grün-
        den fragen.
        Wir Grüne haben bereits bei der Beratung des Wehr-
        rechtsänderungsgesetzes 2011 gesagt: Für den Freiwilli-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26989
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        gen Wehrdienst brauchen wir auch eine Kultur der Frei-
        willigkeit bei der Bundeswehr und attraktive
        Rahmenbedingungen. Es ist Aufgabe der Bundesregie-
        rung, sich mit diesen Fragen ehrlich und intensiv ausein-
        anderzusetzen, und zwar nicht erst, wenn die Probleme
        so gravierend sind, dass die Abbrecherquote hoch-
        schnellt.
        Unverändert übernimmt der vorliegende Gesetzent-
        wurf leider die Regelungen zur Weitergabe von perso-
        nenbezogenen Daten Minderjähriger durch die Meldebe-
        hörden an das Bundesamt für das Personalmanagement
        der Bundeswehr. Bei den Beratungen zum Wehrrechts-
        änderungsgesetz 2011 haben wir dies bereits deutlich
        kritisiert. Diese Datenübermittlung stellt einen nicht un-
        erheblichen Eingriff in die Grundrechte aller Jugendli-
        chen dar. Jeder Eingriff in Grundrechte muss gegenüber
        seinem Zweck angemessen sein. Der Zweck dieser Da-
        tenübermittlung ist die Nachwuchswerbung für die Frei-
        willigenarmee. Wir halten die Nachwuchswerbung nicht
        für einen ausreichenden Grund, um diesen Grundrechts-
        eingriff zu rechtfertigen. Diese Datenübermittlung ist
        nicht legitim.
        Der Umbau der Bundeswehr zur Freiwilligenarmee
        mit der Einführung des Freiwilligen Wehrdienstes ist ein
        richtiger Schritt, der längst überfällig war. Wir dürfen
        aber nicht den Fehler begehen, den Umbauprozess heute
        für abgeschlossen zu erklären. Nicht nur die Zahlen
        mahnen uns, dass eine weitere Auseinandersetzung mit
        der Ausgestaltung des Freiwilligen Wehrdienstes und
        den Rahmenbedingungen des Dienstes bei der Bundes-
        wehr weiter geboten ist. Schließlich muss es uns nicht
        nur interessieren, wie viele Menschen zur Parlamentsar-
        mee gehen, sondern auch, wer sich aus welchen Gründen
        für einen Dienst bei der Bundeswehr entscheidet.
        Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bun-
        desminister der Verteidigung: Das Aufgabenspektrum
        der Bundeswehr hat sich in den letzten Jahren stark ver-
        ändert. Deutsche Streitkräfte nehmen an friedenschaf-
        fenden Auslandseinsätzen teil. Weltweite Einsätze stel-
        len komplexe Anforderungen an die Soldatinnen und
        Soldaten. Vor diesem Hintergrund hatte die Bundes-
        regierung am 15. Dezember 2010 beschlossen, die ver-
        pflichtende Einberufung zum Grundwehrdienst auszu-
        setzen. Das Wehrpflichtgesetz wurde daher durch das
        Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 dahin gehend geän-
        dert, dass die gesetzliche Verpflichtung zur Ableistung
        des Grundwehrdienstes ausgesetzt wurde. An die Stelle
        des Grundwehrdienstes trat ein neuer Freiwilliger Wehr-
        dienst von bis zu 23 Monaten für junge Frauen und
        Männer. Dieser neue Freiwillige Wehrdienst stärkt den
        Austausch zwischen Gesellschaft und den Streitkräften
        und ermöglicht jungen Männern und Frauen, einen
        Dienst für die Gemeinschaft zu leisten. Neben Zeit- und
        Berufssoldaten sind Freiwillige ein wichtiger Grund-
        pfeiler der Bundeswehr, da auch länger dienender Nach-
        wuchs rekrutiert wird.
        Mit dem Entwurf des Wehrrechtsänderungsgesetzes
        2011 hat die Bundesregierung angekündigt, eine einheit-
        liche Rechtsgrundlage für den Dienst in den Streitkräften
        im Frieden zu schaffen. Mit dem vorliegenden, heute in
        erster Lesung zu behandelnden Gesetzentwurf eines
        15. Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes soll
        diese Ankündigung umgesetzt werden.
        Parallel zu dem am 12. Dezember 2012 durch das
        Bundeskabinett behandelten Regierungsentwurf hat eine
        Fraktionsinitiative der Regierungskoalition die Einbrin-
        gung des Gesetzentwurfs in wortgleicher Übernahme
        beschlossen, um ein früheres Inkrafttreten des Gesetzes,
        voraussichtlich bereits im April dieses Jahres, zu er-
        möglichen. Hierfür danke ich der CDU/CSU- und FDP-
        Fraktion.
        Der Gesetzentwurf sieht vor, die bisher im Wehr-
        pflichtgesetz enthaltenen Regelungen zum Freiwilligen
        Wehrdienst als besonderes staatsbürgerliches Engage-
        ment in das Soldatengesetz zu integrieren. Der Freiwil-
        lige Wehrdienst wird abgegrenzt von dem Dienst der Be-
        rufssoldatinnen und Berufssoldaten sowie von den
        längerfristigen Wehrdienstverhältnissen der Soldatinnen
        und Soldaten auf Zeit. Er bleibt damit auch erhalten als
        ein ganz wesentliches Element der Verknüpfung der
        Bundeswehr mit der Gesellschaft. Wir legen darauf
        Wert, dass die Bundeswehr als eine Armee in der Gesell-
        schaft auch ohne aktive Wehrpflicht als „legitimes Kind
        der Demokratie“ im Geiste von Theodor Heuss verstan-
        den wird. Die Schaffung einer einheitlichen Rechts-
        grundlage für das Dienstrecht der Soldatinnen und
        Soldaten im Frieden durch den vorliegenden Gesetz-
        entwurf führt zu einer Rechtsvereinfachung, weil dienst-
        rechtliche Vorschriften über den Freiwilligen Wehrdienst
        mit lnkrafttreten dieses Gesetzes nur noch in einem
        Gesetz enthalten sind.
        Neben den rechtlichen Grundlagen ist vor allem
        wichtig, dass die Bundeswehr auch künftig eine ausrei-
        chende Anzahl von jungen Frauen und Männern für den
        Freiwilligen Wehrdienst interessieren und auch gewin-
        nen kann. Im letzten Jahr haben über 10 000 junge
        Frauen und Männer dieses Angebot angenommen und
        ihren Dienst angetreten. Dies ist doppelt so viel, wie ur-
        sprünglich für 2012 als Mindestgrenze festgelegt wurde.
        Für viele Soldatinnen und Soldaten und Mitarbeiterinnen
        und Mitarbeiter der Bundeswehr begann und beginnt ihr
        berufliches Wirken mit dem Kontakt zur Personalgewin-
        nungsorganisation, die in den letzten Monaten grund-
        legend neu ausgestaltet wurde. Bei der Neuausrichtung
        der Personalgewinnungsorganisation der Bundeswehr
        wurde der Auftritt als Arbeitgeber für zivile wie auch
        militärische Laufbahnen ganz besonders priorisiert. Die-
        ser Ansatz erforderte ein Zusammenführen der beiden
        bislang unabhängig voneinander agierenden Bereiche
        der zivilen und militärischen Personalgewinnung bei
        zeitgleicher Auflösung seither bekannter Strukturen. So
        wurden zum 30. November letzten Jahres unter anderem
        bereits alle 52 Kreiswehrersatzämter von ihren Aufga-
        ben entbunden. Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen,
        allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Wehrersatz-
        wesen zu danken für ihre Bereitschaft und Fähigkeit,
        kreativ den Übergang und die neuen Herausforderungen
        zu gestalten.
        Um die Bundeswehr wettbewerbsfähig auf dem
        Arbeitsmarkt zu positionieren und das vorhandene Be-
        26990 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013
        (A) (C)
        (D)(B)
        werberpotenzial umfassend ausschöpfen zu können, ist
        die neue Personalgewinnungsorganisation heute in der
        Fläche präsent. Eine Beratung über den Arbeitgeber
        Bundeswehr wird durch einen Verbund von 110 Karrie-
        reberatungsbüros der Bundeswehr sichergestellt. Sie bie-
        ten wohnortnahe, umfassende Beratung für alle zivilen
        und militärischen Berufsbilder der Bundeswehr sowie
        die Begleitung und Betreuung während des gesamten
        Verfahrens. Neben diesen Karriereberatungsbüros wur-
        den zum 1. Dezember 2012 16 Karrierecenter der Bun-
        deswehr geschaffen. Diese bilden eine zentrale An-
        sprechstelle unter anderem auch für Politik, Behörden,
        Wirtschaft, Bundesagentur für Arbeit und Dienststellen
        der Bundeswehr mit einem umfassenden Beratungs- und
        Informationsangebot zum Arbeitgeber Bundeswehr. Da-
        mit gehen wir mit neuem Namen, aber auch mit neuen
        Ideen und frischen Farben in die Nachwuchsgewinnung.
        Wegen der gestiegenen Konkurrenz auf dem Arbeits-
        markt um qualifizierte Kräfte kommt es darauf an, die
        Bundeswehr im Bewusstsein der Zielgruppe zu halten
        und Interesse an Tätigkeiten in den Streitkräften oder in
        der Wehrverwaltung zu wecken. Durch Maßnahmen der
        Informations- und Öffentlichkeitsarbeit konnten ein po-
        sitives Image und ein generelles Interesse an der Bun-
        deswehr erreicht werden, um so attraktive und damit
        wettbewerbsfähige Karriereperspektiven bewerben zu
        können. Wie bereits erwähnt, konnten im letzten Jahr
        rund 10 000 freiwillig Wehrdienstleistende gewonnen
        werden. Ein ebenso positives Bild zeigt sich auch bei
        den rund 15 600 Einstellungs- und Erstverpflichtungs-
        möglichkeiten als Soldatin oder Soldat auf Zelt. Erste
        Ergebnisse zeigen zudem, dass auch in den kommenden
        Monaten ein vergleichbar gutes Ergebnis durch die
        Arbeit der Personalgewinnungsorganisation erreicht
        werden kann.
        Die Bundeswehr ist einer der größten Arbeitgeber in
        Deutschland. Hierbei bietet sie mit ihren unterschiedli-
        chen Laufbahnen und Werdegängen für jede Zielgruppe
        und für jedes Bildungsniveau Karrierepotenziale. So
        etwas ist in dieser Form einmalig in Deutschlands. Die
        positive wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland,
        zweifelsfrei höchst erfreulich in der Gesamtbetrachtung,
        stellt die Bundeswehr jedoch vor weitere Herausforde-
        rungen. Dies erfordert neben der Notwendigkeit attrakti-
        ver Angebote von der Personalgewinnung ein Höchst-
        maß an Innovationsgeschick wie auch Mobilität, um die
        jungen Menschen in ihrem unmittelbaren Lebensraum
        zu erreichen und um sie möglichst authentisch und
        modern über die beruflichen Möglichkeiten beim Arbeit-
        geber Bundeswehr zu informieren und somit – unter der
        Vielzahl alternativer Angebote – wahrnehmbar zu
        bleiben. Die neue Personalgewinnungsorganisation wird
        hierbei ihren Beitrag zur verbesserten Potenzialaus-
        schöpfung leisten. Wir haben eine Organisation gestaltet,
        die den „einen Arbeitgeber Bundeswehr“ in all seinen
        Facetten – zivil als auch militärisch – an einem Ort prä-
        sentiert. Gerade dies ermöglicht, jeder geeigneten Be-
        werberin und jedem geeignetem Bewerber ein für beide
        Seiten bestmögliches Angebot zu unterbreiten.
        Ein breiterer fachlicher Ansatz – unter anderem durch
        eine stärkere Einbindung des Berufsförderungsdienstes –
        wird den Binnenarbeitsmarkt und den Kreislauf der Ta-
        lente besser berücksichtigen können. In der neu geschaf-
        fenen Organisation gelingt es zum ersten Mal, den
        gesamten Prozess der Personalgewinnung zusammenzu-
        führen. Das ist wichtig. Damit liegt alles in einer Hand
        – von Werbung und Beratung über die Einstellung in die
        Bundeswehr bis hin zum Dienstzeitende – inklusive des
        Berufsförderungsdienstes, und zwar – das möchte ich
        besonders herausstellen – militärisch und zivil gemein-
        sam. Dies bedeutet unter anderem, dass die Bundeswehr
        nunmehr einheitlich, als ein Arbeitgeber auftritt und fle-
        xibel alle Angebote kommunizieren kann.
        Zum anderen ermöglicht diese Organisation eine
        Optimierung der Zusammenarbeit mit einer Vielzahl an
        Multiplikatoren in Politik, Wirtschaft und Medien, wie
        sie bisher noch nicht stattfinden konnte, sowie – und
        vielleicht im stattfindenden Kampf um Talente entschei-
        dend – eine erhebliche Verbesserung an Service und Er-
        reichbarkeit für Menschen in der Phase einer beruflichen
        (Neu-)Orientierung. Aber auch der Binnenarbeitsmarkt
        war für die Bundeswehr schon immer von großer Bedeu-
        tung und wird auch in Zukunft unter den genannten Rah-
        menbedingungen – und hier vor allem dem anhaltenden
        Fachkräftemangel – eine wichtige Rolle einnehmen.
        Um auch künftig genügend Bewerberinnen und
        Bewerber für einen zeitlich befristeten Dienst in den
        Streitkräften gewinnen zu können, muss die Bundeswehr
        neben anderen attraktiven Wettbewerbsfaktoren auch zu-
        kunftsorientierte zivilberufliche Aus- und Weiter-
        bildungsangebote sowie verlässliche Anschlussperspek-
        tiven in die Waagschale werfen können. Und diese
        Möglichkeiten der Berufsförderung sind ein gutes
        Pfund, mit dem man wuchern kann.
        Die neue Personalgewinnungsorganisation ist darauf
        ausgerichtet, die Regeneration der Stärke von bis zu
        185 000 Soldatinnen und Soldaten und 55 000 zivilen
        Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu gewährleisten. Das
        ist bei zukünftigen Jahrgangsstärken von etwa
        650 000 jungen Menschen ein ambitioniertes Ziel, das
        wir in schärfer werdender Konkurrenz zur übrigen Wirt-
        schaft erreichen wollen.
        Anlage 13
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung der Anträge:
        – Eigenständige Jugendpolitik – Selbstbe-
        stimmt durch Freiheit, Gerechtigkeit, Demo-
        kratie und Emanzipation
        – Mit einer eigenständigen Jugendpolitik Frei-
        räume schaffen, Chancen eröffnen, Rück-
        halt geben
        (Tagesordnungspunkt 22 und Zusatztagesord-
        nungspunkt 6)
        Dr. Peter Tauber (CDU/CSU): Vor uns liegt ein An-
        trag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der eine ei-
        genständige Jugendpolitik fordert. Ergänzt wird er durch
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26991
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        einen Antrag der SPD, der uns in dieser Woche zugegan-
        gen ist. Wir freuen uns, dass SPD und Grüne, mehrere
        Monate nachdem die Koalitionsfraktionen einen sehr
        ausführlichen Antrag eingebracht haben, nun nachzie-
        hen. Es freut uns, dass sich auch die Grünen zumindest
        in der Überschrift für eine eigenständige Jugendpolitik
        interessieren. Ich formuliere dies so, weil man – wenn
        man den Antrag weiter als zur Überschrift liest – nach
        Elementen der Jugendpolitik richtiggehend suchen
        muss. Ich hatte in Vorbereitung unseres Antrags gemein-
        sam mit dem Kollegen Florian Bernschneider von der
        FDP die Gelegenheit, eine ganze Reihe von Gesprächen
        über die Bedürfnisse von jungen Menschen in ihrer indi-
        viduellen Situation zu führen. Als ehemaliger Vorsitzen-
        der eines politischen Jugendverbands kenne ich die Dis-
        kussionen um Jugendpolitik ganz gut. Im Kern geht es
        darum, wie es Politik schaffen kann, Jugendliche zu un-
        terstützen, ihren Lebensentwurf entfalten zu können.
        Ein ganz zentraler Punkt ist dabei aus meiner Sicht
        die Beteiligung der jungen Menschen an der Gestaltung
        des für sie relevanten Umfelds. Eine empathische Ju-
        gendpolitik stellt sich die Frage: Was wollen Jugendliche
        in ihrem Alltag, und wie können wir sie dabei unterstüt-
        zen? Unter diesem Aspekt geht der Antrag der Grünen
        nicht gerade als „Feuerwerk der Empathie“ in die parla-
        mentarische Geschichte ein. Liest man die Forderungen
        der Grünen, so fragt man sich, ob die Partei, die sich
        gerne jugendlich gibt, tatsächlich noch auf der Höhe der
        Zeit ist.
        Da steht als oberste Forderung die Senkung des Wahl-
        alters auf 16 – quasi als bahnbrechende politische Forde-
        rung. Richtig ist – und das hatte ich ja bereits in der zu-
        rückliegenden Debatte zur Jugendpolitik geäußert –,
        dass die Beteiligung junger Menschen an der Gestaltung
        des für sie relevanten Umfelds ein wichtiger Faktor ist.
        Die Beteiligung der Jugendlichen an Entscheidungen,
        die sie unmittelbar betreffen, sollte hier größer geschrie-
        ben werden als bislang. Dies bezieht sich also insbeson-
        dere auf die Partizipation vor Ort. Ihr Vorschlag zum
        Wahlalter der Jugendlichen mag zwar gut ins parteipoli-
        tische Kalkül der Grünen passen. Ob dies aber tatsäch-
        lich ein Thema ist, das den Jugendlichen unter den
        Nägeln brennt, wie der Antrag dies suggeriert – ich wage
        es zu bezweifeln. Auch die Vorschläge zum
        Staatsbürgerschaftsrecht hätte ich nicht in einem Antrag
        zu einer eigenständigen Jugendpolitik erwartet. Generell
        fehlt dem Antrag eine erkennbare Struktur, die eine ei-
        genständige Jugendpolitik beschreibt. Vielmehr liest
        sich der Text wie eine Sammlung klassischer Forderun-
        gen der Grünen.
        Deutlich empathischer liest sich da der Antrag der
        SPD. Aber auch hier finden sich viele Forderungen, die
        ich nicht zwingend dem Gedanken einer eigenständigen
        Jugendpolitik zuordnen würde.
        Ich finde es gut, dass die Kollegen in ihrem Antrag
        das oft verbreitete negative Bild von Jugendlichen kriti-
        sieren, das zur Grundlage von Politik herangezogen
        wird. Dies wird dem hohen Verantwortungsbewusstsein
        der Jugend nicht gerecht. Dies sehen wir genauso, und
        ich hatte ja bereits an einigen Stellen die Gelegenheit,
        diese Position so zu formulieren.
        Auch ihre Aussagen von einer zu stark defizitorien-
        tierten Jugendpolitik teilen wir. Aus diesem Grund ha-
        ben die Koalitionsfraktionen ja bereits einen Antrag
        gestellt, der sich genau mit dieser Frage beschäftigt. Es
        muss uns gelingen, sich von diesen Mustern zu lösen
        und viel stärker als bislang die Lebensrealität der großen
        Mehrheit der Jugendlichen in den Blick zu nehmen.
        Lange hat die Politik diese große Gruppe der jungen
        Menschen, die verantwortungsbewusst und zumeist frei
        von größeren Konflikten ihren Weg gehen, ein wenig au-
        ßer Acht gelassen. Sich dieser jungen Menschen anzu-
        nehmen und über Unterstützung zu reden, ist richtig.
        Nach unserem Verständnis ist es speziell Aufgabe der
        Politik, diesen jungen Menschen zu helfen, selbstbe-
        stimmt ihren Weg zu gehen und Verantwortung zu über-
        nehmen, etwas über sich und die Welt zu lernen. Darum
        haben wir beispielsweise die Jugendfreiwilligendienste
        als Lerndienste massiv ausgebaut. Es freut mich, dass
        die Kollegen der SPD dies offenbar ebenfalls so sehen.
        Auch der von Ihnen beschriebene Querschnittsge-
        danke findet sich ja bereits in unserem Antrag wieder.
        Gleiches gilt für die Frage, wie wir die Chancen des In-
        ternets für die Jugendlichen erkennen und entsprechend
        reagieren. Auch hier erkenne ich nichts Neues in Ihrem
        Antrag, freue mich aber, dass Sie sich dieser Forderung
        anschließen.
        Ein besonders wichtiges Anliegen ist mir in diesem
        Zusammenhang die Medienkompetenz der Jugendli-
        chen. Ein Vorschlag, der mir in diesem Zusammenhang
        besonders wichtig ist, ist die Forderung, zukünftig jeder
        Schülerin und jedem Schüler einen Laptop bereitzustel-
        len, damit junge Menschen gleichberechtigt Erfahrungen
        mit der multimedialen Welt sammeln und Medienkom-
        petenz in der Schule erlangen können.
        Mit den Jugendfreiwilligendiensten habe ich bereits
        einen Aspekt genannt, in dem die Bundesregierung ei-
        nen wichtigen Beitrag zu einer modernen Jugendpolitik
        geleistet hat. Es ist eine ganze Reihe von Aspekten zu
        nennen, die deutlich machen, dass diese Bundesregie-
        rung die Interessen der Jugendlichen deutlich in den
        Blick nimmt. Ich bin froh, dass es der christlich-liberalen
        Koalition gelungen ist, trotz des Spardrucks durch die
        Schuldenbremse den Kinder- und Jugendplan als zentra-
        les Förderinstrument der Jugendpolitik weiter auf hohem
        Niveau aufrechtzuerhalten. Wir haben mit dem Führer-
        schein mit 17 Jahren die Mobilität von Jugendlichen ver-
        bessert. Wir haben dafür gesorgt, dass Kinderlärm kein
        Grund mehr für eine Klage sein kann. Wir haben mit
        dem Bildungs- und Teilhabepaket für mehr Chancen-
        gleichheit unter den Jugendlichen gesorgt, und wir ha-
        ben mit dem Deutschlandstipendium die Bedingungen
        für Studenten verbessert, ganz gleich, welchen finanziel-
        len Hintergrund sie haben. Dies sind nur einige Aspekte.
        Besonders wichtig ist es in diesem Zusammenhang,
        die niedrige Jugendarbeitslosigkeit zu erwähnen. So ge-
        lingt es, jungen Menschen in diesem Land Chancen zu
        bieten. Junge Heranwachsende haben bei uns eine Viel-
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        zahl von Chancen und Möglichkeiten. Dies ist sehr
        wichtig, und darauf können wir alle stolz sein.
        Abschließend möchte ich noch auf einen Aspekt hin-
        weisen, der in der Jugendpolitik sehr wichtig ist. Wir
        müssen weg von dem Denken kommen, der Staat könne
        Jugendpolitik von oben umfassend regeln. Richtig ist:
        Erfolgreiche Jugendpolitik muss individuell gestaltet
        sein. Wer dem Glauben unterliegt, man könne mit stan-
        dardisierten Strategien und Angeboten die Lebenswirk-
        lichkeit von jungen Menschen treffen, wird scheitern.
        Unterscheiden müssen wir zwischen dem Alter, aber
        auch zwischen den völlig heterogenen Interessenlagen
        junger Menschen. Ihre Anträge bilden diesen zentralen
        Aspekt nur sehr unzureichend ab. Im Vordergrund steht
        für uns der Aufbau einer eigenständigen Jugendpolitik,
        die jungen Menschen die Möglichkeiten an die Hand
        gibt, um ihren Lebensentwurf individuell zu verwirkli-
        chen. Insbesondere der Antrag der Grünen bleibt hinter
        diesem Anspruch zurück. Insofern können beide An-
        träge unsere Zustimmung nicht finden.
        Norbert Geis (CDU/CSU): Die Vereinten Nationen
        definieren Jugendliche als Menschen im Alter zwischen
        15 und 24 Jahren. Innerhalb dieser Kategorie wird noch-
        mals zwischen Teenagern zwischen 13 und 19 Jahren
        und jungen Erwachsenen zwischen 20 und 24 Jahren un-
        terschieden. Das sind natürlich nur grobe Unterschei-
        dungen. Die Übergänge sind immer fließend und indivi-
        duell bzw. vom jeweiligen Menschen abhängig. Ab
        18 Jahren ist der Jugendliche erwachsen. Ab diesem
        Zeitpunkt kann er im Geschäftsleben selbstständig han-
        deln. Bis dahin sind Rechtsgeschäfte, die er tätigt, un-
        wirksam, wenn er nicht von seinem gesetzlichen Vertre-
        ter dazu ausdrücklich bevollmächtigt worden ist. Eine
        Ausnahme ist die Befugnis gemäß des Taschengeldpara-
        grafen, § 110 BGB. Im Strafrecht allerdings wird bis
        zum 21. Lebensjahr Jugendstrafrecht angewandt, wenn
        im Einzelfall festgestellt wird, dass der Betroffene in sei-
        ner Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichzustel-
        len ist. Sowohl das Bürgerliche Gesetzbuch als auch das
        Strafrecht betrachten den Jugendlichen noch nicht als
        vollverantwortlich. Das Jugendstrafrecht wird vor allem
        vom Erziehungsgedanken bestimmt, im Gegensatz zum
        Erwachsenenstrafrecht, in dem der Sühnegedanke domi-
        niert. Die Jugendpolitik, über die wir heute reden, richtet
        sich wohl vor allem an die sogenannten Teenager im Al-
        ter zwischen 13 und 19 Jahren.
        Die Jugend, in der sich der Mensch vom Kind zum
        Erwachsenen wandelt, ist ein besonders vielfältiger Le-
        bensabschnitt. Diese Phase der Adoleszenz ist von tief-
        greifenden persönlichen Veränderungen geprägt. Der Ju-
        gendliche ist noch kein Erwachsener, während der
        Adoleszenz wächst aber sein späteres Profil heran. Es
        entstehen in ihm die Sichtweisen und Urteile, die ihn als
        Erwachsener prägen. Dabei ist es wichtig, zu erkennen,
        dass Jugendliche weder Kinder noch Erwachsene sind.
        Wie die Kindheit und das Erwachsensein ist auch die Ju-
        gend eine eigenständige Lebensphase. Diese Eigenstän-
        digkeit der Jugend hat die Politik zu beachten. Sie darf
        den Jugendlichen nicht mehr als Kind behandeln. Sie
        muss aber auch beachten, dass der Jugendliche noch
        nicht die Reife und Urteilskraft eines Erwachsenen hat,
        aber auch nicht mehr die Einfalt eines Kindes besitzt.
        Daher stimme ich dem Grundanliegen der Grünen, eine
        eigenständige Jugendpolitik zu betreiben, ausdrücklich
        zu. Es ist richtig, dass dieser besonders vielschichtigen
        Lebensphase eines Menschen auch in der Politik ein be-
        sonderer Stellenwert eingeräumt wird.
        Auf die heranwachsenden Generationen kommen an-
        gesichts des demografischen Wandels große Herausfor-
        derungen zu. Zählen wir heute noch 16 Millionen
        Jugendliche, wird es 2050 voraussichtlich nur noch
        11,5 Millionen Jugendliche in Deutschland geben. Die
        Anforderungen an die kommenden Generationen werden
        aufgrund des globalen Wettbewerbs kontinuierlich stei-
        gen. Eine eigenständige Jugendpolitik ist daher ein
        wichtiger Baustein für die Zukunft unseres Landes. Die
        Grünen springen allerdings mit ihrem Antrag lediglich
        auf einen Zug auf, den die Bundesregierung bereits im
        letzten Jahr in Gang gesetzt hat. Denn die Koalition hat
        schon im September 2012 einen Antrag für eine eigen-
        ständige Jugendpolitik verabschiedet. Dieser Antrag
        geht in vielerlei Hinsicht über die Forderungen der Grü-
        nen und auch der SPD hinaus. Die Bundesregierung
        führt längst Fachgespräche mit den Jugendverbänden,
        um einerseits gemeinsam mit den Experten aus den Ver-
        bänden und Einrichtungen eine eigenständige Jugendpo-
        litik zu entwickeln und andererseits Anknüpfungspunkte
        an die Jugendstrategie der EU – 2010 bis 2018 – zu fin-
        den. Die Forderungen der Grünen und der SPD wirken
        vor diesem Hintergrund eher opportunistisch und sind
        teilweise auch schlecht begründet.
        So fordern die Grünen in ihrem Antrag beispielsweise
        die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Ich halte
        diese Absenkung für realitätsfern und falsch. Die Gesell-
        schaft traut Jugendlichen im Alter von 16 Jahren aus gu-
        tem Grund noch nicht zu, ihr Leben eigenverantwortlich
        zu regeln. Wie oben bereits erwähnt, ist man mit 16 noch
        nicht in vollem Umfang geschäftsfähig, darf nicht selbst-
        ständig ein Auto steuern oder Schnaps trinken. Trotz die-
        ser berechtigten Vorbehalte sollen Jugendliche laut den
        Grünen das aktive und wohl auch das passive Wahlrecht
        auf Bundesebene erhalten. Das ist ein kaum nachvoll-
        ziehbarer Wiederspruch. Mit der Absenkung würde man
        die Volljährigkeit vom Wahlrecht entkoppeln. Andere
        Altersgrenzen, wie zum Beispiel das Erreichen der Straf-
        mündigkeit nach § 19 StGB im Alter von 14 Jahren oder
        das Verbot von hartem Alkohol bis zum Alter von
        18 Jahren bzw. das Erreichen der Geschäftsfähigkeit,
        würden durch eine Absenkung des Wahlalters als völlig
        willkürlich erscheinen.
        Auch gibt es keine empirischen Beweise dafür, dass
        Jugendliche unter 18 Jahren ein besonderes politisches
        Interesse haben. Eine Studie der Universität Hohenheim
        von 2008 bestätigt vielmehr das Gegenteil. Die minder-
        jährigen Studienteilnehmer wiesen ein deutlich geringe-
        res politisches Interesse und Wissen auf als die volljähri-
        gen Studienteilnehmer. Die Minderjährigen waren sich
        ihrer Wissenslücken auch nicht bewusst und hatten zu-
        dem größere Schwierigkeiten, die Aussagen von Politi-
        kern zu verstehen und sie inhaltlich voneinander zu un-
        terscheiden. Minderjährige sind besonders empfänglich
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26993
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        für populistische oder extremistische Parolen. Das belegt
        auch die U-18-Jugendwahl in Baden-Württemberg. Im
        März 2011 erhielt die NPD bei dieser Probewahl von
        den ausschließlich minderjährigen Wahlteilnehmern
        viermal so viele Stimmen, als sie später in der echten
        Landtagswahl erzielen konnte.
        Anstatt die Teenager also frühzeitig mit politischer
        Verantwortung zu überfordern, sollte der Schwerpunkt
        zunächst auf einer guten politischen Bildung im Schul-
        unterricht liegen. Hier sind die Länder gefordert. Mit-
        hilfe neuer Instrumente wie den erwähnten U-18-Ju-
        gendwahlen können Minderjährige ihr Interesse für
        Politik entdecken und sich zwanglos mit ihrem Wahl-
        recht auseinandersetzen. Ich danke daher der Bundesfa-
        milienministerin, dass sie die Finanzierung des Projektes
        U-18-Wahl gemäß dem Antrag der Koalition für 2013
        fest eingeplant hat und die entsprechenden Mittel zur
        Verfügung stellt.
        Diese Bundesregierung fördert schon heute die Mit-
        sprache von Kindern und Jugendlichen auf kommunaler
        Ebene. Denn vor Ort wirkt Politik viel realer als im fer-
        nen Berlin. Im Nationalen Aktionsplan für ein kinderge-
        rechtes Deutschland, NAP, wurden daher Qualitätsstan-
        dards für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen
        entwickelt, die auf kommunaler Ebene Stück für Stück
        umgesetzt werden müssen. Unter dem Titel „Lokale Al-
        lianzen für Jugend – Mitdenken, Mitlenken“ werden lo-
        kale Akteure, die mit Jugendlichen vor Ort arbeiten, zu-
        sammengebracht, um Synergieeffekte zu erzielen. Mit
        den Förderprogrammen „Jugend Stärken: Aktiv in der
        Region“ und „Schulverweigerung – 2. Chance“, die
        dank dieser Bundesregierung und mithilfe des Europäi-
        schen Sozialfonds, ESF, fortgesetzt werden können, hel-
        fen wir gezielt Jugendlichen, die Schwierigkeiten haben,
        die Phase des Heranwachsens zu bewältigen. Zweifellos
        gibt es hier viel zu tun. Diese relativ kleinen Problem-
        gruppen dürfen aber nicht die gesamte Jugendpolitik be-
        stimmen.
        Die Koalition hat daher in ihrem Antrag gefordert,
        dass die Jugendpolitik alle Jugendlichen im Blick haben
        muss und sich nicht nur auf bestimmte Problemgruppen
        beschränkt. Unsere Forderung ist, für die Jugendlichen
        gleiche Chancen zu schaffen, ohne dabei bestimmte Le-
        bensentwürfe zu verordnen. Wir wollen unterstützen und
        befähigen, nicht aber bevormunden. Die Jugendpolitik
        muss deutlich machen, auf welchen Voraussetzungen un-
        ser Staatswesen ruht. Diese Voraussetzungen kommen in
        den Grundrechten zum Ausdruck. Es ist elementar, dass
        die Jugend für die Erhaltung dieser Werte, dieser Grund-
        lagen unseres Staatswesens gewonnen wird. Daher un-
        terstütze ich ausdrücklich die Forderung aus unserem
        Antrag nach einer Stärkung der kulturellen Jugendbil-
        dung.
        Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass
        diese Bundesregierung so viel Vertrauen in die deutsche
        Jugend bewiesen hat wie keine Regierung zuvor. Viele
        haben uns vor der Einführung des Bundesfreiwilligen-
        dienstes gewarnt und teilweise Horrorszenarien vom
        Pflegenotstand an die Wand gemalt. Das Gegenteil ist
        eingetreten. Unsere Jugend hat ein ausgeprägtes soziales
        Verantwortungsbewusstsein, dem diese Bundesregierung
        zu Recht vertraut hat. Der Bundesfreiwilligendienst ist
        eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte und Beleg für
        den richtigen jugendpolitischen Ansatz der christlich-
        liberalen Koalition gemäß den beiden Grundsätzen För-
        dern und Fordern.
        Sönke Rix (SPD): Jugendpolitik als eigenständiges
        Politikfeld ist das Thema der heutigen Debatte. Anträge
        dazu liegen von meiner Fraktion und von Bündnis 90/
        Die Grünen vor. Den, wie ich finde, absolut unzurei-
        chenden Antrag der Koalitionsfraktionen zu diesem
        Thema haben wir schon im April des letzten Jahres de-
        battiert.
        Eine eigenständige Jugendpolitik darf nicht allein
        drei, vier Bereiche, die Jugendliche irgendwie betreffen
        könnten, herausgreifen, sondern muss umfassend und
        konsistent sein. Diesem Anspruch wurden wir mit unse-
        rem Antrag, der auf einen noch umfangreicheren Be-
        schluss der SPD zurückgeht, gerecht. Denn Jugendpoli-
        tik ist eben nicht nur Medienkompetenz, internationale
        Jugendarbeit, kulturelle Bildung und Bundesfreiwilli-
        gendienst. Jugendpolitische Belange gibt es in allen
        Politikfeldern: Gesundheitspolitik ist Jugendpolitik, Ver-
        teidigungspolitik ist Jugendpolitik, Haushaltspolitik ist
        Jugendpolitik, Bildungspolitik ist Jugendpolitik, Ver-
        braucherschutz ist Jugendpolitik, Innenpolitik ist Ju-
        gendpolitik usw., usf.
        Was ich damit deutlich machen will: Jugendpolitik ist
        eine Querschnittsaufgabe und fiel und fällt gerade des-
        halb so häufig unter den Tisch. Das ist bei der jetzigen
        Bundesregierung nicht anders. Außer einer publikums-
        wirksamen Veranstaltung hat das originär zuständige
        Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
        nichts zustande gebracht.
        Wir müssen die Phase der Jugend mehr in den Vorder-
        grund rücken – nicht allein, weil diese immer länger
        wird, sondern weil die Jugendlichen selbst auf ihrem
        Weg ins Erwachsenenleben viel mehr Entscheidungen
        treffen müssen als früher. Das ist zwar gut so, birgt aber
        wiederum auch mehr Risiken. Deshalb müssen wir den
        jungen Menschen gute Rahmenbedingungen bieten, die
        ihnen womöglich auch zwei oder mehr Chancen einräu-
        men.
        Nicht dass Sie mich falsch verstehen: Der Großteil
        der Jugendlichen braucht keine dritte oder vierte Chance –
        auch dagegen möchte ich angehen. Das öffentliche Bild
        von Jugendlichen ist noch zu sehr problembehaftet und
        defizitorientiert. Dabei haben wir es mit einer engagier-
        ten, verantwortungsbewussten und pragmatischen Gene-
        ration zu tun. Doch natürlich gibt es auch Jugendliche,
        die eine längere Orientierungszeit benötigen, bevor sie
        in ein Erwachsenenleben starten, wie sie es sich vorge-
        stellt haben.
        Wie erwähnt, zeichnet unser Antrag ein umfassendes
        Bild von Jugendpolitik. Im Rahmen dieser Plenumsde-
        batte kann ich nicht auf alle Bereiche eingehen. Erlauben
        Sie mir deshalb, dass ich im Folgenden auf das bürger-
        26994 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013
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        schaftliche Engagement von Jugendlichen und ihre Teil-
        habechancen eingehen werde.
        Das bürgerschaftliche Engagement ist sehr stark bil-
        dungs- und schichtabhängig. Jugendlichen aus benach-
        teiligten Familien stehen oft formelle und informelle
        Hürden im Weg. Das wollen wir ändern. Kein Jugendli-
        cher darf vom Engagement ausgeschlossen werden.
        Das Engagement von Jugendlichen soll durch einen
        freien Nachmittag auch an Ganztagsschulen ermöglicht
        werden. Deshalb wollen wir einen praktikablen Weg fin-
        den, der Jugendlichen sowohl Freiraum als auch eine
        gute Betreuung gewährt.
        Freiwilligendienste sind eine besondere Form des
        bürgerschaftlichen Engagements. Die wollen wir stär-
        ken. Bei dem neu eingeführten Bundesfreiwilligendienst
        sehen wir erheblichen Nachbesserungsbedarf. Die
        schwarz-gelbe Bundesregierung hat die Chance vertan,
        den Wegfall des Zivildienstes für eine Stärkung der Zi-
        vilgesellschaft zu nutzen. Im Gegenteil: Die Übertra-
        gung von Pflichtdienststrukturen auf einen altersoffenen
        und durch den Bund verwalteten Freiwilligendienst be-
        deutet Doppelstruktur und Konkurrenz zu den etablier-
        ten Jugendfreiwilligendiensten FSJ und FÖJ.
        Gute Jugendpolitik sieht anders aus. Wir setzen auf
        den konsequenten Ausbau der Jugendfreiwilligen-
        dienste. Sie haben sich aus der Zivilgesellschaft heraus
        entwickelt und bewährt und bieten jungen Menschen
        eine Lern- und Orientierungsphase. Wir wollen diese
        Dienste weiterentwickeln und ausbauen, sodass jedem
        Jugendlichen, der einen Freiwilligendienst leisten will,
        ein Platz angeboten werden kann.
        Klar ist: Freiwilligendienste dürfen grundsätzlich
        nicht zum Ersatz für soziale Arbeit, für arbeitsmarktpoli-
        tische oder Wiedereingliederungsmaßnahmen werden.
        Das Prinzip der Freiwilligkeit, Gemeinwohlorientierung
        und Unentgeltlichkeit muss gewahrt sein.
        Um für Freiwillige, ihre Eltern, Einsatzstellen und
        Träger Rechtssicherheit und gute Rahmenbedingungen
        zu schaffen und um Mindeststandards und Transparenz
        zu stärken, wollen wir ein neues Freiwilligendienstesta-
        tusgesetz vorlegen.
        Darüber hinaus wollen wir die Anerkennung weiter
        stärken und für eine höhere Bekanntheit von Freiwilli-
        gendiensten in der Gesellschaft sorgen. Eine Ombuds-
        stelle, an die sich Freiwilligendienstleistende wenden
        können, wenn es Probleme mit der Einsatzstelle, dem
        Träger oder den rechtlichen Rahmenbedingungen gibt,
        soll geschaffen werden.
        Unser Anliegen ist, die Gesellschaft weiter zu demo-
        kratisieren. Dabei gilt: Menschen müssen dort beteiligt
        werden, wo sie von Entscheidungen betroffen sind. Das
        gilt natürlich auch für Kinder und Jugendliche. Positive
        Erfahrungen mit der Demokratie zu machen, ist auch die
        beste Prävention gegen Rechtsextremismus.
        Deshalb wollen wir die demokratische Mitbestimmung
        in Kitas, Schulen, Hochschulen und Ausbildungsbetrieben
        stärken. Für uns ist klar: Auszubildende müssen im Rah-
        men der Mitbestimmung selbst die Rahmenbedingungen
        von Bildung und Ausbildung mitbestimmen können.
        Darüber hinaus wollen wir das Wahlalter bei Kommu-
        nal-, Landtags- und Bundestagswahlen auf 16 Jahre ab-
        senken. Um Jugendliche für Politik zu sensibilisieren,
        damit sie mündig entscheiden können, muss auch die
        Demokratieerziehung und Gesellschaftskunde wieder
        zum selbstverständlichen Bestandteil des Schulunter-
        richts nicht nur an Gymnasien, sondern an allen Schulen
        werden.
        Auch die außerschulische Demokratieerziehung und
        politische Bildung wollen wir stärken. Jugendverbands-
        arbeit leistet einen wichtigen Beitrag nicht nur für den
        einzelnen Jugendlichen, sondern auch für ein gesundes
        und demokratisches gesellschaftliches Klima. Jugendli-
        che erfahren hier, wie wichtig es ist, sich mit Positionen
        und Meinungen anderer auseinanderzusetzen. Sie lernen
        Demokratie und Akzeptanz und erfahren, dass Toleranz
        nicht Gleichgültigkeit bedeutet.
        Jugendpolitik ist allumfassend und gerade deswegen
        nicht einfach. Um zu gewährleisten, dass Jugendpolitik
        bei jeder gesetzlichen Initiative in den Blick genommen
        wird, wollen wir einen Staatssekretär bzw. eine Staats-
        sekretärin explizit für die Vertretung, Vernetzung und
        Koordinierung aller jugendspezifischen Belange einset-
        zen. Wir versprechen uns von diesem Vorhaben eine
        chanceneröffnende, partizipative und in sich schlüssige
        Jugendpolitik, die ab der nächsten Legislaturperiode auf
        die Agenda einer hoffentlich neuen Bundesregierung ge-
        setzt wird.
        Stefan Schwartze (SPD): Der erste Parteikonvent
        der SPD im Juni 2012 hat ein wichtiges Zeichen gesetzt.
        Er hat einstimmig den Beschluss „Mit einer eigenständi-
        gen Jugendpolitik Freiräume schaffen, Chancen eröff-
        nen, Rückhalt geben“ gefasst. Der hier vorgelegte Antrag
        stellt die parlamentarische Umsetzung des SPD-Be-
        schlusses dar. Die SPD-Bundestagsfraktion will die Ju-
        gendpolitik wieder sichtbar machen. Jugendpolitik darf
        nicht länger als Problem- und Krisenbewältigungspolitik
        verstanden werden. Unsere Gesellschaft muss Jugendli-
        che respektieren und anerkennen, ihnen für eine gelin-
        gende Persönlichkeitsentwicklung die notwendigen Res-
        sourcen zur Verfügung stellen. Mensch sein bedeutet
        mehr, als zu funktionieren – Demokratie, Solidarität und
        Selbstentwicklung sind für uns alle notwendige Werte,
        die erlernt werden müssen. Das geht jedoch nur mit einer
        schlüssigen und stimmigen Jugendpolitik, die auf die
        Bedürfnisse der jungen Menschen abgestimmte Ange-
        bote für verschiedene Lebenslagen macht. Notwendig
        ist, Jugendpolitik als zentrales Politikfeld, als Zukunfts-
        politik zu begreifen und zu gestalten.
        Jugendpolitik ist thematisch breit aufgestellt. Ent-
        scheidend ist, dass Jugendpolitik sich als Interessenver-
        tretungspolitik für junge Menschen versteht. Deutsch-
        land muss eine Gesamtstrategie für ein gutes Auf-
        wachsen junger Menschen unter Einbeziehung aller rele-
        vanten Politikfelder und föderalen Ebenen entwickeln.
        Der Schlüssel für ein selbstbestimmtes Leben ohne Ar-
        mut ist für uns die Bildung. Von der Kita bis zur Uni
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26995
        (A) (C)
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        muss Bildung kostenlos sein. Bildung darf nicht abhän-
        gig vom Geldbeutel der Eltern sein. Wir brauchen länge-
        res gemeinsames Lernen. Dafür wollen wir bis zum Jahr
        2020 einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsschul-
        platz für alle Schulformen verwirklichen.
        Für uns Sozialdemokraten ist das Hauptziel einer gu-
        ten Jugendpolitik, keinen jungen Menschen zurückzulas-
        sen. Irren ist menschlich, deshalb muss jeder eine
        zweite, dritte oder auch vierte Chance erhalten. Wir for-
        dern ein Recht auf Nachholen eines Schulabschlusses
        und ein Recht auf eine qualifizierte Ausbildung. Nach
        der Ausbildung oder dem Studium gelingt vielen jungen
        Menschen der direkte Einstieg in ein Normalarbeitsver-
        hältnis nicht. Oft arbeiten sie in prekärer Beschäftigung.
        Wichtig ist daher die Einführung eines gesetzlichen
        Mindestlohns von 8,50 Euro. Die Leiharbeit muss regu-
        liert werden, und die sachgrundlose Befristung muss ab-
        geschafft werden.
        Viele junge Menschen bekommen nach Ausbildung
        und Studium oft nur ein Praktikum angeboten. Die „Ge-
        neration Praktikum“ braucht dringend unsere Unterstüt-
        zung. Der Missbrauch von Praktika muss wirkungsvoll
        bekämpft werden. Wir brauchen Mindeststandards für
        Praktika. Dazu gehören der Anspruch auf einen Vertrag,
        eine zeitliche Begrenzung auf maximal drei Monate,
        eine Mindestvergütung und der Anspruch auf ein Zeug-
        nis.
        Die Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt muss ein
        Ende haben. Oft finden hochqualifizierte junge Men-
        schen keinen Arbeitsplatz, weil sie einen anders klingen-
        den Namen haben. Die Auswertung des Pilotprojektes
        des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen
        und Jugend hat gezeigt, Migranten und Frauen haben
        bessere Chancen mit dem anonymen Bewerbungsverfah-
        ren. Deshalb wollen wir das Verfahren für dem öffentli-
        chen Dienst und für die Privatwirtschaft einführen.
        Das sind nur einige von zahlreichen konkreten Maß-
        nahmen, die wir hier mit unserem Antrag fordern.
        Gleichzeitig mit dem Antrag der SPD beraten wir heute
        ebenfalls einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zur
        eigenständigen Jugendpolitik. Die neun Maßnahmen, die
        die Grünen hier vorschlagen, begrüßen wir ebenfalls.
        Die Bundesregierung dagegen hat in den vergangenen
        drei Jahren viel geredet, aber wenig Konkretes getan. Ich
        fordere Sie auf. Lassen Sie uns endlich die zahlreichen
        drängenden Maßnahmen angehen. Die Gutachten und
        Expertisen liegen vor. Die Umsetzung ist jetzt gefragt.
        Florian Bernschneider (FDP): Es ist immer gut
        und schön, wenn wir hier im Hohen Haus über die Ju-
        gendpolitik diskutieren können. Nach meinem Dafürhal-
        ten tun wir dies viel zu selten angesichts der Bedeutung,
        die dieses Thema für die Zukunft unseres Landes eigent-
        lich hat. Wenn ich mir dann aber den Antrag der Grünen
        anschaue, dann – so muss ich sagen – bin ich schon
        überrascht. Glauben Sie mir, ich würde gerne sagen:
        positiv überrascht.
        Aber leider nutzen Sie einen Antrag wieder einmal
        nicht für ernsthafte Sacharbeit, sondern für Klamauk.
        Denn wenn Sie in einem Antrag Unwahrheiten verbrei-
        ten, ist das der Debatte über eine eigenständige Jugend-
        politik wenig zuträglich. Sie reden in Ihrem Antrag von
        der Kürzung bei Jugendverbänden. Welche Kürzung
        meinen Sie konkret? Wo hat diese Regierung den Mit-
        telansatz für die Jugendverbände abgesenkt? Ich kann
        mich nicht entsinnen, dass dies der Fall gewesen wäre.
        Sie kommen mit diesem Antrag, aufgrund Ihres Trie-
        bes nach unzulässiger Skandalisierung und Wahlkampf-
        getöse, über gute Ansätze leider nicht hinaus. Das ist
        schade. So fordern Sie völlig zu Recht, dass es eines gu-
        ten Zusammenspiels von formaler und nonformaler Bil-
        dung bedürfe, um junge Menschen dazu zu befähigen, an
        politischen Entscheidungsprozessen, zum Beispiel in der
        Jugendarbeit oder in Jugendverbänden, teilzunehmen.
        Zugleich kritisieren Sie diese Regierung landauf,
        landab bei jeder sich bietenden Gelegenheit dafür, dass
        sie die Engagementmöglichkeiten junger Menschen wie
        keine andere Regierung in der Geschichte dieser Repu-
        blik ausgebaut hat und sich im Rahmen der „Allianz für
        Jugend“ gerade um ein besseres Zusammenspiel von for-
        maler und nonformaler Bildung in der Jugendarbeit in-
        tensiv bemüht. Frau Deligöz selbst hat sich in ihrer Rede
        vom 27. April 2012 zum Antrag der Koalition zur eigen-
        ständigen Jugendpolitik über diese Allianz lustig ge-
        macht. Ich zitiere wörtlich: „Irgendwann soll wohl eine
        ‚Allianz für Jugend‘ initiiert werden. ‚Wenn’s nützt‘,
        möchte man sagen.“ Ja, den jungen Menschen nützt’s!
        Nur zu Ihrer Information: Die Fachkongresse für
        diese Allianz laufen seit über einem Jahr. Die drei zen-
        tralen Zielfelder der Allianz sind (I) Schule, außerschuli-
        sches Lernen und Bildungsorte, (II) die Übergangs-
        gestaltung von Schule in den Arbeitsmarkt und (III)
        Beteiligungschancen und -anlässe im politischen und öf-
        fentlichen Raum – Themen, die uns in der Jugendpolitik
        seit jeher beschäftigen. Und ich würde es wirklich sehr
        begrüßen, wenn Sie, liebe Grüne, sich wenigstens mal
        mit den Fakten auseinandersetzen und sich ein bisschen,
        nur ein bisschen, informieren würden, bevor Sie solche
        Anträge einbringen.
        Das trifft übrigens auch gleich auf den ersten Absatz
        Ihres Antrages zu. Wenn Sie behaupten, dass es immer
        mehr Jugendliche in Deutschland mit geringen Chancen
        auf gesellschaftliche Teilhabe gäbe, dass sich immer
        mehr Jugendliche vernachlässigt und von der Gesell-
        schaft zurückgelassen fühlen, dann entspricht das
        schlicht nicht den Tatsachen. Weder untermauern die
        einschlägigen großen Jugendstudien wie die Shell-Stu-
        die entsprechende Aussagen, noch lässt sich diese Be-
        hauptung anhand von anderen gesamtwirtschaftlichen
        Zahlen ableiten. Der Name Ihrer Partei trügt: Sie betrei-
        ben Schwarzmalerei.
        Ihr gesamter Antrag, liebe Kollegen von den Grünen,
        besteht aus einem einzigen Sammelsurium ohne Über-
        bau – und dabei bieten Sie ziemlich wenig an. Sie wollen
        wie die SPD das Wahlalter absenken und vor allem, dass
        der Bund in etlichen Bereichen – sei es beim ÖPNV, der
        Einrichtung eines Jugend-TV-Kanals oder in der Kinder-
        und Jugendhilfe – auf die Länder einwirkt. Kurzum: Ih-
        nen ist längst bewusst, dass vieles, was Sie in der Öffent-
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        lichkeit in Sachen Jugendpolitik vollmundig ankündi-
        gen, gar nicht vom Bund geregelt werden kann. Und
        noch vor wenigen Monaten haben Sie uns genau dafür
        kritisiert.
        Die gleiche Kritik muss ich leider auch beim Antrag
        der SPD anbringen. Zum einen fordern Sie wie die Grü-
        nen viele wünschenswerte Dinge, zum Beispiel im Bil-
        dungsbereich, wohl wissend, dass hier vor allem die
        Länder am Zug sind. Zum anderen stellen Sie wohlklin-
        gende Forderungen auf, ohne mit einem Wort zu erwäh-
        nen, wie diese konkret umgesetzt oder finanziert werden
        sollen. Wie genau soll denn der von Ihnen geforderte Ju-
        gendpolitik-TÜV aussehen? Welche Indikatoren für eine
        „gute Jugendpolitik“ wollen Sie denn heranziehen? Aus
        Ihrem Antrag ergeben sich vor allem viele Fragen, aber
        keine Antworten.
        Sie, meine Damen und Herren von der SPD, haben
        sich, wenn es um die Jugendpolitik geht, vor allem da-
        rauf beschränkt, die Absenkung des Wahlalters zu for-
        dern und ansonsten alte Anträge Ihrer Fraktion, vorran-
        gig aus dem Bildungsbereich, abzuschreiben. Was Sie
        hier heute auftragen, ist nichts anderes als alter Wein in
        neuen Schläuchen. Und der Wein schmeckt nicht mal
        gut.
        Beide Anträge von SPD und Grünen ergehen sich
        nach meinem Geschmack viel zu sehr in platter Kritik an
        dieser Bundesregierung und bieten dabei selbst viel zu
        wenig eigene Lösungsvorschläge an.
        Sie kritisieren beide, dass die Jugendarbeitslosigkeit
        weiterhin zu hoch sei; die SPD fordert, die Schulabbre-
        cherquote von 8 auf 4 Prozent zu halbieren. Alles be-
        rechtigte Forderungen! Nur erwähnen Sie mit keinem
        Wort, dass wir auf diesen Feldern schon eine Menge er-
        reicht haben. Wie sahen denn die Zahlen 2005 unter Rot-
        Grün aus? Die Jugendarbeitslosigkeit lag bei rekordver-
        dächtigen 15 Prozent. Heute ist sie halb so hoch – und
        die niedrigste in ganz Europa. Die Schulabbrecherquote
        war unter Rot-Grün ebenfalls auf einem Allzeithoch, im
        Jahr 2000 bei knapp 9 Prozent. Wir haben sie auf gut
        6,5 Prozent gesenkt – von den allgemeinen Arbeitslosen-
        zahlen mal ganz zu schweigen.
        Wenn ich diese Zahlen so betrachte, dann stelle ich
        fest: Junge Menschen in Deutschland hatten zu Ihrer Re-
        gierungszeit tatsächlich weniger Chancen auf eine gute
        Ausbildung und einen sicheren Arbeitsplatz und gerin-
        gere Aussicht auf gesellschaftliche Teilhabe, Familienle-
        ben und eine gesicherte Existenz. Das ist heute – Schwarz-
        Gelb sei Dank – anders.
        Aber auf diesen Erfolgen ruhen wir uns nicht aus. Na-
        türlich wollen und können wir noch besser werden. Je-
        des Kind und jeder Jugendliche im Hartz-IV-Bezug ist
        für uns eines bzw. einer zu viel. Und jeder Jugendliche
        ohne eine Ausbildung, obwohl wir Tausende, ja Zehn-
        tausende unbesetzte Lehrstellen im letzten Jahr hatten,
        ist ebenfalls einer zu viel. Gerade wir Liberalen sind mit
        dem Erreichten nicht zufrieden. Wir wollen weiterkom-
        men, wir wollen nicht nur verwalten. Da unterscheiden
        wir uns ganz klar von der linken Seite dieses Hauses.
        Vor diesem Hintergrund kann ich nur konstatieren:
        Ihre Anträge haben wenig Substanz; zentrale Bereiche
        wie die neuen Medien oder der Kinder- und Jugendplan
        des Bundes fehlen beispielsweise beim Antrag der Grü-
        nen völlig. Ihre Anträge bieten wenig bis gar nichts Kon-
        kretes, Ihre Anträge stellen Behauptungen auf, die bei
        genauerer Betrachtung nicht haltbar sind, und Ihre An-
        träge kommen reichlich spät – über drei Jahre nach Be-
        ginn der Legislatur eigentlich zu spät.
        Diana Golze (DIE LINKE): Kaum eine Bevölke-
        rungsgruppe steht mit ihren Bedürfnissen so wenig im
        Fokus der politischen Debatten wie Jugendliche. Werden
        sie wahrgenommen, sind die Schlagzeilen meist negativ:
        desillusioniert, gewalttätig, politikmüde, uninteressiert
        an der Gestaltung unserer Gesellschaft. Ein solches Bild
        von einer ganzen Bevölkerungsgruppe lässt nicht ver-
        wundern, dass Rufe nach der Verschärfung von Jugend-
        strafen, nach einer Einführung von Warnschussarresten
        schnell hochkommen und nicht selten auch begrüßt wer-
        den. Die Kehrseite, die vielleicht Ursachen für viele der
        Negativbilder in sich birgt, findet aber in der Öffentlich-
        keit kaum Gehör, etwa wenn ein Programm zur Beglei-
        tung von Schulverweigerern beendet werden soll, ohne
        dass ein neues Angebot für diese Jugendlichen geschaf-
        fen wird, oder wenn es immer zuerst Angebote für
        Jugendliche sind, die dem Rotstift zum Opfer fallen,
        wenn sich die Kassen der Kommunen leeren. Es gibt
        kaum eine andere Bevölkerungsgruppe, über die es so
        wenige Erhebungen zu ihrer sozialen Situation gibt,
        kaum eine, deren Bedürfnisse und Anforderungen an die
        Gesellschaft von der Politik so wenig wahrgenommen
        werden. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an
        die schwarz-gelbe Bundesregierung, als sie im Koali-
        tionsvertrag die Entwicklung einer eigenständigen
        Jugendpolitik versprach.
        Zweifel kamen auf durch das lange Warten auf eine
        Initiative, die dieses Versprechen einlöst. Enttäuscht
        wurden sie durch eine Ansammlung von Prüfaufträgen
        im zweiten Halbjahr des vergangenen Jahres, die wie ein
        Handlungsauftrag an die folgende Regierung wirkte,
        nicht aber wie das, was Jugendliche brauchen: Politik-
        konzepte, die Antworten auf ihre Fragen und Lösungen
        für ihre Probleme liefern.
        Nun sind es wieder Oppositionsfraktionen, die versu-
        chen, der Untätigkeit der Regierung etwas Fundiertes
        entgegenzusetzen. Es wird die Kolleginnen und Kolle-
        gen der SPD- und Grünen-Fraktion nicht verwundern,
        dass mir einige wichtige Bestandteile fehlen. Die Forde-
        rung, endlich von der repressiven Sanktionspolitik ins-
        besondere gegenüber jugendlichen Erwerbslosen abzu-
        kommen, begrüße ich sehr. Doch warum bleiben Sie
        bei der diskriminierenden Schlechterstellung der unter
        25-Jährigen bei der Höhe des ALG-II-Regelsatzes?
        Auch die Praxis, dass diesen Erwerbslosen noch immer
        die Möglichkeit auf eine eigene Wohnung verwehrt
        wird, kann nicht im Sinne einer eigenständigen Jugend-
        politik sein, die Jugendlichen hilft, selbstständig zu wer-
        den. Im Grünen-Antrag fehlen Armutsbekämpfung und
        die damit verbundenen Auswirkungen auf die Entwick-
        lung von Jugendlichen leider ganz in den aufgestellten
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26997
        (A) (C)
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        Forderungen. Wir wissen doch aus den wenigen Studien,
        die es gibt, in welchem Umfang sich Armut auf Bil-
        dungskarrieren und die Entwicklung eigener Zukunfts-
        perspektiven auswirkt.
        Mir fehlt ein klares und deutliches Bekenntnis dazu,
        dass es nicht der soziale Status der Eltern sein darf, der
        über Bildungschancen entscheidet. Rechtsansprüche auf
        Ganztagsschulplätze sind ein guter und richtiger Be-
        standteil von Bildungsgerechtigkeit. Wie aber will man
        Bildungsgerechtigkeit schaffen, wenn alle ausgrenzen-
        den Momente der teilhabeverhindernden ALG-II-Regel-
        sätze nicht benannt oder gar aufgehoben werden?
        Wenn es um ein Konzept für eine eigenständige
        Jugendpolitik geht, ist es wichtig, die Arbeit von Jugend-
        verbänden hervorzuheben. Denn das sind die Orte, wo
        Partizipation beginnt. Beiden Anträgen aber fehlen An-
        sätze, die Jugendliche bei der Gestaltung einer eigen-
        ständigen Jugendpolitik auch auf der Bundesebene ein-
        binden und die sie nicht nur über ihre Rechte besser
        informieren. Es muss aus meiner Sicht doch darum ge-
        hen, dass sie ihre Rechte nicht nur kennen, sondern auch
        wahrnehmen können. Dies alles sind Fragen und Punkte,
        die es zu diskutieren gilt. Dennoch bin ich dankbar da-
        für, dass es eine Grundlage für eine fachliche Diskussion
        gibt, und ich freue mich auf diese Debatten.
        Ulrich Schneider (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
        Jugendliche sind unsere Zukunft. Das sagen wir alle, und
        das sagen wir oft. Aber wenn wir diese Bundesregierung
        an diesem wichtigen Satz messen, dann wird deutlich,
        dass er viel zu oft für Sonntagsreden herhalten muss und
        dass er viel zu wenig ernst genommen wird. Wir Grüne
        wollen die jungen Menschen in unserer Gesellschaft
        ernst nehmen. Und wir wollen ihnen zu ihren Rechten
        verhelfen. Und deshalb bringen wir heute diesen Antrag
        für eine echte eigenständige Jugendpolitik ein. Denn
        auch wenn es um die eigenständige Jugendpolitik geht,
        wird gebetsmühlenartig wiederholt, dass die Jugend un-
        sere Zukunft ist, dass die Jugend wichtig ist und dass die
        Jugend ernst genommen werden muss. Aber was hat das
        Familienministerium konkret getan? Nichts. Wir müssen
        endlich beginnen, Jugendliche ernst zu nehmen. Wir
        müssen ihnen Freiräume geben. Wir müssen sie an Ent-
        scheidungen beteiligen. Und dafür müssen wir endlich
        das Wahlalter auch bei Bundestags- und Europawahlen
        auf 16 Jahre absenken.
        Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie rüh-
        men sich ja gerne damit, dass sie den Führerschein mit
        17 eingeführt haben. Das war Ihre größte jugendpoliti-
        sche Tat in den letzten Jahren. Aber da frage ich Sie, wa-
        rum Jugendliche mit 17 Jahren in der Lage sind, Auto zu
        fahren, aber nicht in der Lage sein sollen, an einer politi-
        schen Wahl teilzunehmen? Wenn Sie die Absenkung des
        Wahlalters als Feigenblattpolitik abtun, dann würde ich
        mir wünschen, dass Sie sich wenigstens mit diesem Fei-
        genblatt schmückten. Im Gegensatz zu Ihnen beschrän-
        ken wir uns in unserem Antrag nicht auf blumige Worte.
        Wir haben konkrete Forderungen formuliert, die unsere
        Idee einer eigenständigen Jugendpolitik wiederspiegeln:
        Demokratie, Freiheit, Emanzipation und Gerechtigkeit.
        Wir fordern mehr Demokratie für junge Menschen durch
        die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Wir fordern
        mehr Emanzipation durch eine Steigerung der Mittel für
        politische Bildung und durch eine bessere Förderung der
        Jugendverbandsarbeit.
        Weiter fordern wir mehr Gerechtigkeit auch durch die
        Abschaffung des Optionszwangs für migrantische Ju-
        gendliche.
        Und schließlich fordern wir mehr Freiheit, indem der
        öffentliche Nahverkehr flächendeckend jugendgerecht
        ausgebaut wird.
        Denn ein Führerschein mit 17 – so sinnvoll er sein
        mag – entspricht einfach nicht der Lebensrealität vieler
        junger Menschen, die sich keinen Führerschein leisten
        können, geschweige denn ein Auto.
        Wir fordern die Regierung auf, die Partizipation von
        Jugendlichen und damit endlich eine eigenständige Ju-
        gendpolitik zu ermöglichen. Lassen Sie die jungen Men-
        schen nicht bis zum Herbst warten.
        Anlage 14
        Amtliche Mitteilungen
        Der Bundesrat hat in seiner 904. Sitzung am 14. De-
        zember 2012 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen
        zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Ab-
        satz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen:
        – Gesetz über die Feststellung des Bundeshaus-
        haltsplans für das Haushaltsjahr 2013 (Haus-
        haltsgesetz 2013)
        Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschlie-
        ßung gefasst:
        Zur Festlegung der Höhe der vom Bund zu leisten-
        den Kompensation für die im Rahmen der Föderalis-
        musreform vorgenommene deutliche Reduzierung
        von Mischfinanzierungen für die Zeit ab 2014 ist
        eine rasche Lösung unerlässlich. Die Länder und die
        mit betroffenen Kommunen benötigen dringend Pla-
        nungssicherheit. Die Kompensationsleistungen sind
        im Lichte weiterhin bestehender und teilweise gestie-
        gener Anforderungen sowie der Kostenentwicklung
        anzupassen. Der Bundesrat fordert den Bund auf, den
        berechtigten Interessen der Länder nachzukommen
        und schnellstmöglich eine Einigung mit ihnen zu su-
        chen.
        – Haushaltsbegleitgesetz 2013 (HBeglG 2013)
        – Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozial-
        gesetzbuch
        – Gesetz zur Einführung eines Betreuungsgeldes
        (Betreuungsgeldgesetz)
        – Gesetz über die Feststellung eines Zweiten Nach-
        trags zum Bundeshaushaltsplan für das Haus-
        26998 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013
        (A) (C)
        (D)(B)
        haltsjahr 2012 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz
        2012)
        – Drittes Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmen-
        pakets zur Stabilisierung des Finanzmarkts (Drit-
        tes Finanzmarktstabilisierungsgesetz – 3. FMStG)
        Der Bundesrat hat ferner folgende Entschließung ge-
        fasst.
        a) Der Bundesrat begrüßt die Zielsetzung des Geset-
        zes, den Bankensektor und damit die Funktions-
        fähigkeit des Finanzsystems weiterhin zu stabili-
        sieren.
        b) Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die nun-
        mehr geplante Finanzierung möglicher Verluste
        des Stabilisierungsfonds durch die Kreditwirt-
        schaft. Der Bundesrat weist allerdings darauf hin,
        dass die hierfür vorgesehene Bankenabgabe so-
        wie die Möglichkeit zur Erhebung einer Sonder-
        abgabe eine erneute Haftung auch der Länder für
        weitere Bankenstützungsmaßnahmen nicht gänz-
        lich ausschließen können. Zudem ist die Haftung
        der Banken nicht vorgesehen für Fälle, in denen
        der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung eine
        Rekapitalisierungsmaßnahme oder Risikoüber-
        nahme gewährt, also Anteile am Kreditinstitut
        oder Wertpapiere erwirbt. Eine weitere Belastung
        durch neue Garantien und Rekapitalisierungen ist
        den Ländern angesichts der Spar- und Konsoli-
        dierungszwänge in den öffentlichen Haushalten,
        die sich insbesondere aus der Befolgung der
        Schuldenbremsen ergeben, nicht zuzumuten.
        c) Der Bundesrat weist erneut darauf hin, dass der
        Bund durch die Bundesanstalt für Finanzmarktsta-
        bilisierung die alleinige Verwaltungs- und Entschei-
        dungskompetenz über Stabilisierungsmaßnahmen
        hat. Den Ländern steht – abgesehen von dem von
        ihnen benannten Mitglied des Lenkungsausschus-
        ses – kein signifikanter Einfluss zu. Auch aus die-
        sem Grund muss sichergestellt sein, dass für die
        Risiken aus möglichen neuen Rettungsmaßnah-
        men ausschließlich der Bund einstehen wird.
        – Gesetz zur Ergänzung des Geldwäschegesetzes
        (GwGErgG)
        Der Bundesrat hat ferner die nachstehenden Ent-
        schließungen gefasst:
        1. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, im
        Rahmen der nächsten Änderung des Geldwäsche-
        gesetzes (GwG) die Zuständigkeit der Länder für
        die Aufsichtsbehörden im Nichtfinanzsektor für
        Verpflichtete nach § 2 Absatz 1 Nummer 3, 5,
        9, 10 und 13 GwG aus Gründen eines bundesein-
        heitlichen Vollzugs und einer effektiven Auf-
        sichtswahrnehmung in eine zentrale Aufgaben-
        wahrnehmung durch den Bund zu überführen.
        Begründung:
        Der Prüfbitte des Bundesrates in seiner Stellungnahme zum Ge-
        setzentwurf (BR-Drucksache 459/12 (Beschluss)) ist die Bundes-
        regierung in ihrer Gegenäußerung vom 26. September 2012 umge-
        hend nachgekommen. Der Bundesrat bedauert die Ablehnung, ist
        aber auch der Auffassung, dass die Begründung der Bundesregie-
        rung hinsichtlich der Aspekte Effizienz und Zweckmäßigkeit nicht
        zielführend ist. In Anerkennung der Bedeutung des vorliegenden
        Gesetzentwurfes für Verbesserungen der Geldwäscheprävention
        im Glücksspielmarkt beabsichtigt der Bundesrat zur Vermeidung
        von Verzögerungen keine Anrufung des Vermittlungsausschusses.
        Unverändert hält der Bundesrat im Bereich der Geldwäscheauf-
        sicht jedoch eine zentrale Aufgabenwahrnehmung durch den Bund
        sowohl aus Gründen der Effizienz als auch aus fachlichen Grün-
        den für angezeigt.
        Der Vollzug des Geldwäschegesetzes erfordert angesichts europäi-
        scher und internationaler Vorgaben eine möglichst einheitliche
        und effektive Vorgehensweise. Da die Länder die zuständigen
        Aufsichtsbehörden zu bestimmen hatten, wurden die Zuständig-
        keiten unterschiedlich geregelt und teils auf ministerieller Ebene,
        teils bei Mittelinstanzen und teils bei örtlichen Ordnungsbehörden
        verortet.
        Nicht nur die Aufsicht über heutzutage oft länderübergreifend
        agierende Verpflichtete macht einen erheblichen Abstimmungs-
        und Koordinierungsaufwand erforderlich. Die vom Bund deshalb
        folgerichtig nachdrücklich eingeforderten regelmäßigen bundes-
        weiten Abstimmungen aller Länder, die einen einheitlichen Voll-
        zug gewährleisten sollen, bedeuten bürokratischen Mehraufwand,
        der wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen ist. Auch führt die föde-
        rale Zuständigkeitsverteilung zu einer unnötigen Vervielfachung
        des geldwäschespezifisch zu etablierenden Fachwissens und der
        vorzuhaltenden Personalressourcen in allen Ländern.
        Dagegen verfügt der Bund mit Zoll und BaFin über bereits
        etablierte und länderübergreifend tätige Aufsichtsinfrastruktur.
        Die Bundesrepublik Deutschland muss umfassende Rechtssicher-
        heit als elementaren Standortvorteil im globalen Wettbewerb ge-
        währen.
        Aus fachlicher Sicht bietet die derzeitige Rechtslage keine klare
        branchenbezogene Zuständigkeitsverteilung. Vielmehr bestehen
        Zuständigkeitsüberschneidungen, Abgrenzungsprobleme und fak-
        tische Doppelbeaufsichtigungen.
        Als Beispiele für die derzeit kaum nachvollziehbare Zuständig-
        keitsverteilung sind die Finanzunternehmen und Versicherungs-
        vermittler anzuführen:
        Während der größte Teil der Finanzbranche zentral von der Bun-
        desanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beaufsichtigt
        wird, sind „Finanzunternehmen“ nach § 1 Absatz 3 des Kreditwe-
        sengesetzes von den Ländern zu beaufsichtigen. Die Unterschei-
        dung zwischen Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten
        und Finanzunternehmen mag für die Zwecke des Kreditwesenge-
        setzes sinnvoll sein. Im Hinblick auf die Geldwäscheaufsicht führt
        sie dagegen zu Abgrenzungsproblemen und teils kaum vermittel-
        baren Ergebnissen. So überwacht die BaFin zentral die Einhaltung
        der Geldwäschevorschriften in Leasingunternehmen. Für die zu
        den einzelnen Leasingunternehmen gehörenden Leasingobjektge-
        sellschaften sind jedoch wiederum die Länder zuständig.
        Versicherungsunternehmen unterstehen auch der Geldwäscheauf-
        sicht der BaFin, ungebundene Versicherungsvermittler wiederum
        der Geldwäscheaufsicht der Länder. Diese Aufteilung berücksich-
        tigt nicht, dass alle Versicherungsvermittler – auch diejenigen, die
        als freie Versicherungsmakler tätig sind – eng an die Versiche-
        rungsunternehmen gebunden sind. Sie erhalten konkrete Vorgaben
        im Hinblick auf die Umsetzung des Geldwäschegesetzes.
        Versicherungsvermittler werden faktisch „doppelt“ beaufsichtigt,
        nämlich zum einen mittelbar durch die BaFin über die Versiche-
        rungsunternehmen und zum anderen unmittelbar durch die Länder.
        Für die betroffenen Wirtschaftsakteure sind die vom GwG vorge-
        nommenen Unterscheidungen kaum nachvollziehbar und deshalb
        auch nicht geeignet, die Akzeptanz der Geldwäscheprävention im
        Nichtfinanzsektor zu fördern.
        Um die erforderliche Einheitlichkeit, Effektivität und Effizienz der
        Geldwäscheaufsicht über die Verpflichteten nach § 2 Absatz 1
        Nummer 3, 5, 9, 10 und 13 GwG sicherzustellen und Vollzugsdefi-
        zite gar nicht erst entstehen zu lassen, drängt sich deshalb in letzter
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 26999
        (A) (C)
        (D)(B)
        Konsequenz geradezu auf, dass der Bund auch die Geldwä-
        scheaufsicht im Nichtfinanzsektor für diese Gruppen wieder über-
        nimmt.
        2. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die
        vorgesehene Zuständigkeit der Länder für die
        geldwäscherechtliche Aufsichtstätigkeit im Be-
        reich des Online-Glücksspiels aus Gründen eines
        bundeseinheitlichen Vollzugs und einer effekti-
        ven Aufsichtswahrnehmung in eine zentrale Auf-
        gabenwahrnehmung durch den Bund zu überführen.
        Begründung:
        Eine zentrale Aufgabenwahrnehmung der geldwäscherechtlichen
        Aufsichtstätigkeit im Bereich des Online-Glücksspiels ist die ein-
        zig wirklich sinnvolle Möglichkeit einer einheitlichen, konsequen-
        ten, kontinuierlichen und effektiven Aufsicht.
        Anders als im Bereich des Nichtfinanzsektors handelt es sich beim
        Online – Glücksspiel um Anbieter, die global agieren und deren
        Sitz sich nicht zwangsläufig in Deutschland befindet.
        Dies macht eine Wahrnehmung der Aufsichtstätigkeit vor Ort
        nicht mehr zwingend notwendig, sondern erfordert vielmehr eine
        einheitliche, kontinuierliche und konsequente Wahrnehmung die-
        ser Aufgabe durch eine bundeseinheitliche Stelle, die insbesondere
        auch mit den Verpflichteten im Finanzsektor korrespondierend zu-
        sammen arbeiten.
        Anbieter als auch Nutzer von Online- Glücksspielen bringen völ-
        lig neue Voraussetzungen mit.
        Ein globales Angebot, das zu jeder Tages- und Nachtzeit zur Ver-
        fügung steht, wird durch eine Geschäftsbeziehung begründet, die
        eine physische Anwesenheit der Vertragspartner nicht vorsieht.
        Sowohl das Geschäft selber als auch die Zahlungsabwicklung er-
        folgen ausschließlich über das Medium Internet.
        Auch wenn die vorgesehenen Vorschriften zur Identifizierung und
        Authentifizierung geeignet sind, die Anonymität des Nutzers von On-
        line-Glücksspielen einzuschränken, sieht die Richtlinie 2005/60/EG
        jeden Fall, in dem der Kunde zur Feststellung der Identität nicht
        physisch präsent ist, als Fallkonstellation mit hohem Geldwäsche-
        risiko an. Dies ist im Internetbereich der Fall.
        Schätzungen der OECD nach werden in Deutschland bis zu
        57 Milliarden Euro kriminelle Gelder gewaschen. Durch die Be-
        gründung anonymisierter Geschäftsbeziehung im Internet kommt
        es insoweit zu Erleichterungen.
        Nachlässigkeit in Belangen der Geldwäscheprävention und Be-
        kämpfung der Terrorismusfinanzierung bedeuten unter anderem
        eine Verletzung von international eingegangenen Verpflichtungen
        und sind daher kaum zu rechtfertigen.
        Um die erforderliche Einheitlichkeit und Effektivität der Geldwä-
        scheaufsicht im Bereich des Online-Glücksspiels sicherzustellen,
        ist eine Aufgabenübertragung auf den Bund vorzunehmen.
        Dies würde zudem den Stellenwert, den Deutschland dieser Auf-
        gabe einräumt, positiv dokumentieren.
        – Gesetz zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs
        in stationären Vorsorge- und Rehabilitationsein-
        richtungen
        – Gesetz zur Änderung des Mikrozensusgesetzes 2005
        – Gesetz zur Änderung des AZR-Gesetzes
        – Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des Inter-
        nationalen Privatrechts an die Verordnung (EU)
        Nr. 1259/2010 und zur Änderung anderer Vor-
        schriften des Internationalen Privatrechts
        – … Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgeset-
        zes
        Der Bundesrat hat ferner die folgende Entschließung
        gefasst:
        Der Bundesrat nimmt mit Bedauern zur Kenntnis,
        dass der Deutsche Bundestag mit dem vorliegenden
        Gesetzesbeschluss der Forderung der Länder nach ei-
        ner vollständigen Entfristung von § 52a des Urheber-
        rechtsgesetzes (UrhG) nicht gefolgt ist.
        Der Bundesrat hat am 12. Oktober 2012 mit den
        Stimmen aller Länder in seiner Stellungnahme zum
        Entwurf eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des
        Urheberrechtsgesetzes gefordert, § 137k UrhG auf-
        zuheben – vergleiche Ziffer 4 der BR-Drucksache
        514/12 (Beschluss) – und damit dem § 52a UrhG
        dauerhaft Geltung zu verschaffen.
        Der Deutsche Bundestag hat stattdessen die bis zum
        31. Dezember 2012 befristete Geltungsdauer des
        § 52a UrhG um weitere zwei Jahre verlängert.
        Der Bundesrat weist erneut darauf hin, dass die Ent-
        fristung des § 52a UrhG für den Bildungs- und
        Wissenschaftsbereich grundsätzlich von großer
        Bedeutung ist. Schulen und Hochschulen brauchen
        dauerhafte Sicherheit im digitalen Umgang mit urhe-
        berrechtlich geschützten Materialien. Die erneute
        Verlängerung der Befristung um zwei Jahre ist der
        weniger geeignete Weg, diese Sicherheit herzustel-
        len, zumal keine Perspektive erkennbar ist, durch
        welche Norm § 52a UrhG nach Auslaufen ersetzt
        werden soll. Die nun vierte Befristung von § 52a
        UrhG ist einer Rechtssicherheit im Umgang mit ur-
        heberrechtlich geschützten Materialen im gesamten
        Bildungsbereich nicht zuträglich.
        Der Bundesrat bedauert, dass dieses Gesetz in Kennt-
        nis der terminlichen Situation im Deutschen Bundes-
        tag so spät eingebracht wurde, dass eine rechtzeitige
        verfassungsgemäße Beteiligung des Bundesrates nur
        noch mit seiner Zustimmung zur Fristverkürzung
        möglich war und faktisch auf den Beschluss, einen
        Antrag nach Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes
        nicht zu stellen, reduziert wurde. Eine Bundesratsbe-
        teiligung, die auch ein anderes Ergebnis ermöglicht
        hätte, war wegen der zwingenden ununterbrochenen
        Weitergeltung des § 52a UrhG in Anbetracht der
        fortgeschrittenen Zeit ausgeschlossen.
        Der Bundesrat betont mit Nachdruck die Notwendig-
        keit, im Interesse der Schulen und Hochschulen nun
        endlich – am 31. Dezember 2014 sind mehr als elf
        Jahre nach Einführung des § 52a UrhG vergangen –
        Rechtssicherheit im digitalen Umgang mit urheber-
        rechtlich geschützten Materialien zu schaffen. Der
        Bundesrat geht davon aus, dass die Bundesregierung
        unverzüglich und in enger Abstimmung mit den Län-
        dern die Arbeiten an einer breiter und allgemeiner
        gefassten Bildungs- und Wissenschaftsschranke auf-
        nimmt, wie sie einvernehmlich von der Kultusminis-
        terkonferenz und der Wissenschaftsallianz gefordert
        wird.
        – Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2012/6/EU
        des Europäischen Parlaments und des Rates
        vom 14. März 2012 zur Änderung der Richtlinie
        78/660/EWG des Rates über den Jahresabschluss
        von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen hin-
        27000 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013
        (A) (C)
        (D)(B)
        sichtlich Kleinstbetrieben (Kleinstkapitalgsellschaf-
        ten-Bilanzrechtsänderungsgesetz – MicroBilG)
        – Gesetz über den Umfang der Personensorge bei
        einer Beschneidung des männlichen Kindes
        – Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfs-
        gesetzes und anderer umweltrechtlicher Vor-
        schriften
        – Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Indus-
        trieemissionen
        Der Bundesrat hat ferner beschlossen, die folgende
        Entschließung zu fassen:
        Zu Artikel 2 Nummer 3 Buchstabe c (§ 57 Absatz 2,
        4 und 5 WHG):
        Die in § 57 Absatz 4 und 5 des Wasserhaushaltsge-
        setzes geregelte Fiktionswirkung der in der Rechts-
        verordnung festgelegten Emissionsgrenzwerte soll
        auf die Fälle beschränkt werden, in denen die unmit-
        telbare Geltung dieser Werte durch die Rechtsverord-
        nung gemäß § 57 Absatz 2 i.V.m. § 23 Absatz 1
        Nummer 3 des Wasserhaushaltsgesetzes vorgesehen
        wurde.
        Weiterhin wird die Bundesregierung gebeten, einen
        Vorschlag zur Ergänzung der Verordnungsermächti-
        gung des § 57 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes
        und der Regelung der Fiktionswirkung von Emis-
        sionsgrenzwerten in § 57 Absatz 4 und 5 des Wasser-
        haushaltsgesetzes zu erarbeiten und in das Gesetzge-
        bungsverfahren einzubringen.
        – Gesetz zur Änderung des Flaggenrechtsgesetzes
        und der Schiffsregisterordnung
        – Drittes Gesetz zur Neuregelung energiewirt-
        schaftsrechtlicher Vorschriften
        Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschlie-
        ßung gefasst:
        1. Der Bundesrat bekennt sich zu seiner Verantwor-
        tung für das Gelingen der Energiewende. Der zü-
        gige Ausbau von Offshorekapazitäten ist im
        gesamtstaatlichen Interesse. Ebenso wie die Be-
        reitstellung von Kraftwerksreserven, soweit diese
        notwendig sind, um fehlende Erzeugungskapazi-
        täten und Netzschwankungen auszugleichen und
        so die Sicherheit der Energieversorgung zu ge-
        währleisten.
        2. Die Schwierigkeiten beim Netzanschluss und der
        mit der Novelle des EnWG vorgesehene erforder-
        liche Systemwechsel können zu zeitlichen Verzö-
        gerungen bei der Errichtung der unter den heuti-
        gen Prämissen projektierten Windparks führen
        mit der Folge, dass das so genannte Stauchungs-
        modell im EEG nicht in vollem Umfang zur An-
        wendung gelangt. Der Bundesrat fordert die Bun-
        desregierung daher auf, das Stauchungsmodell in
        der angekündigten Novelle des EEG in der Weise
        zu optimieren, dass die bislang projektierten
        Windparks trotz der entstandenen zeitlichen Ver-
        zögerungen noch von dieser Förderung profitie-
        ren können.
        3. Der Bundesrat sieht die im Gesetzgebungsverfah-
        ren erwirkten Entlastungen für Betreiber von
        Speicheranlagen als Schritt in die richtige Rich-
        tung. Durch die Absenkung der Kriterien können
        mehr Speicherbetreiber, insbesondere Pumpspei-
        cherwerke, von Netzentgelten entlastet werden.
        Damit haben sich die Rahmenbedingungen für
        Energiespeicher gegenüber der alten Regelung
        verbessert.
        Der Bundesrat hält die „praxisnähere Ausgestaltung
        für eine Netzentgeltbefreiung“, insbesondere für die
        derzeit 30 Pumpspeicherwerke, jedoch für nicht
        weitgehend genug. Es besteht die Gefahr, dass sich
        die Wirtschaftlichkeit bestehender Anlagen nur un-
        zureichend verändert. Anreize zur Modernisierung
        sowie zum Bau neuer Anlagen sieht der Bundesrat
        nicht im erforderlichen Maße. Der Bundesrat hält es
        daher für fraglich, ob Speicherbetreiber auf dieser
        Grundlage ihren Beitrag zur erfolgreichen Umset-
        zung der Energiewende leisten können.
        Dessen ungeachtet bittet der Bundesrat die Bundes-
        regierung zu prüfen, ob die Netzentgeltpflicht von
        Speicherbetreibern nicht grundsätzlich anders bewer-
        tet werden müsste. Aus Sicht des Bundesrates sind
        Anlagen zur Speicherung von Strom energiewirt-
        schaftlich und physikalisch betrachtet keine „Letzt-
        verbraucher“. Sie verbrauchen den Strom nicht end-
        gültig, sondern entnehmen Strom aus dem Netz, um
        ihn später wieder einzuspeisen. Entscheidend ist die
        stabilisierende Wirkung vor allem von Pumpspei-
        cherwerken für das Stromsystem insgesamt, die im
        gegenwärtigen gesetzlichen Rahmen nicht hinrei-
        chend berücksichtigt ist. Letztverbraucher sind die
        Speicheranlagen allenfalls für die Differenz aus ent-
        nommenem und wieder eingespeistem Strom, für den
        sich dann eine Netzentgeltpflicht ergeben würde.
        Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf,
        eine weitere Überarbeitung der Netzentgeltpflicht für
        Pumpspeicheranlagen bis zum Frühjahr 2013 vorzule-
        gen. Die Erhebung individueller Netzentgelte für
        Pumpspeicheranlagen sollte dabei auf die Differenz-
        menge zwischen bezogenem und geliefertem Strom
        begrenzt werden.
        4. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei der
        nächsten Änderung des EnWG für die Erstellung
        des Offshore-Netzplans das Einvernehmen mit
        den Küstenländern zu regeln. Des Weiteren wird
        die Bundesregierung gebeten, bei der nächsten
        Änderung des NABEG die bisherige Zuständig-
        keit der Länder für die Anbindungsleitungen im
        Küstenmeer wieder herzustellen.
        Begründung zu Ziffer 4:
        Die verbindlichen Festlegungen im Bundesfachplan Offshore be-
        rühren ganz maßgeblich die Belange und Regelungskompetenzen
        der jeweiligen Küstenländer. Die Festlegung der Orte, an denen
        die Anbindungsleitungen die Grenze zwischen der ausschließli-
        chen Wirtschaftszone und der 12-Seemeilen-Zone überschreiten,
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013 27001
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        trifft eine Vorentscheidung für die Weiterführung über diese Orte
        hinaus durch die 12-Seemeilen-Zone.
        Die verbindliche Vorgabe von Übergangspunkten im Bundes-
        fachplan Offshore darf nur erfolgen, wenn festgestellt ist, dass
        die Weiterführung der Anbindungsleitungen aus der ausschließli-
        chen Wirtschaftszone über die festgelegten Punkte hinaus in der
        12-Seemeilen-Zone zulässig und möglich ist.
        Die 12-Seemeilen-Zone gehört zum Hoheitsgebiet der Küstenlän-
        der. Sie ist gemeindefrei und unterliegt allein der Planungshoheit
        der jeweiligen Küstenländer. Die Feststellung der Übereinstim-
        mung mit den Erfordernissen der Raumordnung in der 12-See-
        meilen-Zone und sonstigen Belangen, insbesondere denen des
        Nationalparks Wattenmeer, liegt in der Planungskompetenz der
        betroffenen Küstenländer, nicht des Bundesamtes für Seeschiff-
        fahrt und Hydrographie.
        Insofern reicht die Abstimmung mit den Küstenländern bei der Er-
        stellung des Bundesfachplanes Offshore nicht aus. Vielmehr ist
        eine Einvernehmensregelung erforderlich.
        Die Notwendigkeit des Einbezugs der Anbindungsleitungen von
        Offshore-Windpark-Umspannwerken zu den Netzverknüpfungs-
        punkten an Land in das System des NABEG ist nicht hinreichend
        begründet und auch nicht begründbar. In dem von hoher Konflikt-
        dichte gekennzeichneten Bereich der 12-Seemeilen-Zone mit den
        einzigartigen Anforderungen des Wattenmeeres verfügen die be-
        troffenen Küstenländer über einen Erfahrungsschatz aus Planungs-
        prozessen für Trassenkorridore, der über Jahrzehnte entstanden
        und gewachsen ist.
        Es ist nicht erkennbar, dass eine in der Zuständigkeit des Bundes
        durchzuführende Raumordnungsplanung für diesen von hoher
        Konfliktdichte gekennzeichneten Bereich, für den die Länder be-
        reits vorausschauende Planungsergebnisse für die Nutzung der
        Windenergie und die Ableitung des auf See erzeugten Stroms er-
        zielt haben, zu schnelleren oder besseren Planungsergebnissen
        kommt.
        – Gesetz zu dem Rahmenabkommen vom 10. Mai
        2010 zwischen der Europäischen Union und ihren
        Mitgliedstaaten einerseits und der Republik
        Korea andererseits
        – Gesetz zu dem Fakultativprotokoll vom 19. De-
        zember 2011 zum Übereinkommen über die
        Rechte des Kindes betreffend ein Mitteilungsver-
        fahren
        – Gesetz zu dem Luftverkehrsabkommen vom
        17. Dezember 2009 zwischen Kanada und der
        Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitglied-
        staaten (Vertragsgesetz EU-Kanada-Luftverkehrs-
        abkommen – EU-KANN-LuftverkAbkG)
        – Gesetz zu dem Internationalen Übereinkommen
        von 2004 zur Kontrolle und Behandlung von Bal-
        lastwasser und Sedimenten von Schiffen (Ballast-
        wasser-Gesetz)
        – Gesetz zur Änderung des Übereinkommens vom
        8. April 1959 zur Errichtung der Interamerikani-
        schen Entwicklungsbank
        – Gesetz zur Änderung des Übereinkommens vom
        18. Oktober 1969 zur Errichtung der Karibischen
        Entwicklungsbank
        – Gesetz zur Änderung des Übereinkommens vom
        19. November 1984 zur Errichtung der Interame-
        rikanischen Investitionsgesellschaft
        – Zweites Gesetz zur Änderung des Einführungsge-
        setzes zum Strafgesetzbuch
        Weiterhin hat der Bundesrat hat in seiner 904. Sit-
        zung am 14. Dezember 2012 den nachfolgenden Be-
        schluss gefasst:
        A. Der Bundesrat beschließt, beim Bundesverfas-
        sungsgericht gemäß Artikel 21 Absatz 2 des
        Grundgesetzes i. V. m. § 13 Nummer 2, §§ 43 ff.
        BVerfGG folgende Entscheidung zu beantragen:
        1. Die „Nationaldemokratische Partei Deutsch-
        lands“ ist verfassungswidrig.
        2. Die „Nationaldemokratische Partei Deutsch-
        lands“ wird aufgelöst.
        3. Es ist verboten, Ersatzorganisationen für die
        „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“
        zu schaffen oder bestehende Organisationen
        als Ersatzorganisationen fortzusetzen.
        4. Das Vermögen der „Nationaldemokratischen
        Partei Deutschlands“ wird zugunsten der
        Bundesrepublik Deutschland für gemeinnüt-
        zige Zwecke eingezogen.
        B. Der Präsident des Bundesrates beauftragt einen
        Verfahrensbevollmächtigten mit der Antragstel-
        lung, Begründung und Prozessführung. Dem Ver-
        fahrensbevollmächtigten ist die „Materialsamm-
        lung für ein mögliches Verbotsverfahren -VS-NfD-
        (Stand: 25.10.12)“ einschließlich ihrer von der
        Innenministerkonferenz am 5. Dezember 2012
        beschlossenen kontinuierlichen Fortschreibun-
        gen zur Verfügung zu stellen. Der Verfahrensbe-
        vollmächtigte erarbeitet Antrag und Begründung
        in enger Abstimmung mit einer länderoffenen Ar-
        beitsgruppe der Innenministerkonferenz.
        C. Die Begründung des Antrags soll sich an folgen-
        den Tatsachen und Wertungen orientieren:
        Auf der Grundlage der im Auftrag der Innen-
        minister und -senatoren von Bund und Ländern
        erstellten über 1000 Seiten umfassenden „Mate-
        rialsammlung für ein mögliches Verbotsverfahren
        -VS-NfD-“ sowie des „Berichts zur Prüfung der
        Erfolgsaussichten eines neuen NPD-Verbotsver-
        fahrens -VS-NfD- (Stand: 9. November 2012)“
        der Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat der Bundes-
        rat die Überzeugung gewonnen, dass es sich bei
        der NPD um eine verfassungswidrige Partei han-
        delt.
        Die Voraussetzungen für die Feststellung der Ver-
        fassungswidrigkeit der NPD nach Artikel 21 Ab-
        satz 2 Satz 1 des Grundgesetzes liegen vor. Die
        NPD geht gemäß Artikel 21 Absatz 2 Satz 1 des
        Grundgesetzes nach ihren Zielen und dem Ver-
        halten ihrer Anhänger darauf aus, die freiheitliche
        demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen
        und sogar zu beseitigen. Der politische Kurs der
        NPD ist bestimmt durch ihre aktivkämpferische,
        aggressive Grundhaltung, die grundsätzlich und
        dauernd tendenziell auf die Bekämpfung der frei-
        heitlichen demokratischen Grundordnung gerich-
        tet ist. Sie ist eine Partei, die eine antisemitische,
        rassistische und ausländerfeindliche Einstellung
        27002 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Januar 2013
        (A) (C)
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        hat und mit dem Nationalsozialismus wesensver-
        wandt ist. Ihre dauerhafte und zielgerichtete
        Absicht, die obersten Werte unserer Verfassungs-
        ordnung insgesamt – namentlich die Menschen-
        würde, die Freiheits- und Gleichheitsrechte sowie
        das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip – zu be-
        einträchtigen, lässt sich anhand der Material-
        sammlung belegen. Der Bundesrat sieht in dem
        vorgelegten quellenfreien Material eine geeignete
        Grundlage, das NPD-Verbotsverfahren erfolg-
        reich abschließen zu können. Er hält daher ein
        Verbot der NPD für geboten.
        Der Bundesrat stellt fest, dass mit dem Verbot der
        NPD der Verlust des Parteienprivilegs einher geht
        und somit die NPD auch von der staatlichen Par-
        teienfinanzierung ausgeschlossen ist.
        Ein Verbot der NPD, das auch ein Verbot von
        Nachfolgeorganisationen beinhaltet, stellt einen
        wichtigen Beitrag gegen den parteigebundenen
        Rechtsextremismus dar.
        Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat
        mitgeteilt, dass sie den Antrag Namen von Bun-
        deswehrkasernen überprüfen auf Drucksache
        17/6495 zurückzieht.
        Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit-
        geteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2
        der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den
        nachstehenden Vorlagen absieht:
        Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
        Geschäftsordnung
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Bericht zu den Prüfbitten bezüglich bestimmter Wahl-
        vorschriften bzw. Verfahrensweisen
        – Drucksachen 17/11088, 17/11428 Nr. 6 –
        Finanzausschuss
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Bericht über die Auswirkungen der Einführung des
        Luftverkehrsteuergesetzes auf den Luftverkehrssektor
        und die Entwicklung der Steuereinnahmen aus der
        Luftverkehrsteuer
        – Fortschreibung, Aktualisierung und Ergänzung –
        – Drucksachen 17/10985, 17/11428 Nr. 5 –
        Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik
        für konventionelle Rüstungsgüter im Jahr 2010
        (Rüstungsexportbericht 2010)
        – Drucksache 17/8122 –
        Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Raumordnungsbericht 2011
        – Drucksache 17/8360 –
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Bericht über die Maßnahmen auf dem Gebiet der Un-
        fallverhütung im Straßenverkehr 2010 und 2011
        (Unfallverhütungsbericht Straßenverkehr 2010/2011)
        – Drucksachen 17/10600, 17/11428 Nr. 1 –
        Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
        Reaktorsicherheit
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Umweltgutachten 2012 des Sachverständigenrates für
        Umweltfragen
        Verantwortung in einer begrenzten Welt
        – Drucksachen 17/10285, 17/11097 Nr. 1.2 –
        Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
        mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden
        Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei-
        ner Beratung abgesehen hat.
        Haushaltsausschuss
        Drucksache 17/10710 Nr. A.33
        EuB-BReg 43/2012
        Drucksache 17/10710 Nr. A.34
        EUFIN 65/2012 EN
        Drucksache 17/10710 Nr. A.35
        EUFIN 66/2012
        Drucksache 17/10710 Nr. A.36
        Ratsdokument 11112/12
        Drucksache 17/10710 Nr. A.37
        Ratsdokument 12201/12
        Drucksache 17/10710 Nr. A.38
        Ratsdokument 13064/12
        Drucksache 17/11108 Nr. A.12
        Ratsdokument 13960/12
        Drucksache 17/11108 Nr. A.13
        Ratsdokument 13963/12
        Drucksache 17/11617 Nr. A.3
        Ratsdokument 15272/12
        Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
        Drucksache 17/11439 Nr. A.7
        Ratsdokument 14536/12
        Drucksache 17/11617 Nr. A.5
        EP P7_TA-PROV(2012)0388
        Drucksache 17/11617 Nr. A.6
        EP P7_TA-PROV(2012)0398
        Drucksache 17/11617 Nr. A.7
        Ratsdokument 15168/12
        Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
        Verbraucherschutz
        Drucksache 17/11919 Nr. A.14
        Ratsdokument 16291/12
        Drucksache 17/11919 Nr. A.15
        Ratsdokument 16518/12
        Verteidigungsausschuss
        Drucksache 17/11617 Nr. A.10
        Ratsdokument 15476/12
        Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
        Drucksache 17/10710 Nr. A.54
        Ratsdokument 12803/12
        Drucksache 17/10710 Nr. A.55
        Ratsdokument 12809/12
        Drucksache 17/11439 Nr. A.12
        Ratsdokument 14656/12
        217. Sitzung
        Inhaltsverzeichnis
        TOP 9 Regierungserklärung zum Jahreswirtschaftsbericht
        TOP 10, ZP 3 Europäische Bankenunion
        TOP 34 Überweisungen im vereinfachten Verfahren
        ZP 4 Beschlussempfehlungen des Vermittlungsausschusses
        ZP 5 Vereinbarte Debatte zu steuerpolitischen Beschlüssen
        ZP 1 Aktuelle Stunde zu den Steuerbeschlüssen der SPD
        TOP 11 Berufsausbildung
        TOP 12 Verpflegung in Schulen und Kindergärten
        TOP 13 Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen
        TOP 14 EU – Lateinamerika
        TOP 15 Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung
        TOP 16 Privatkundengeschäft der Finanzagentur Deutschland
        TOP 17 Innerstaatliche Umsetzung des Fiskalvertrages
        TOP 18 Forschung für die Energiewende
        TOP 19 EU-Programm Kreatives Europa
        TOP 20 Drogenpolitik
        TOP 21 Soldatengesetz
        TOP 22, ZP 6 Jugendpolitik
        TOP 23 Vorbeugung vor und Bekämpfung von Tierseuchen
        TOP 26 Ausbau der Rheintalbahn
        TOP 25 Umweltbelastung durch Humanarzneimittel
        TOP 28, ZP 7 Sicherheit bei Medizinprodukten
        TOP 27 Kindergeldabzweigung durch Sozialhilfeträger
        TOP 30 Änderung personenstandsrechtlicher Vorschriften
        TOP 29 Kohleverstromung
        TOP 31 Mehrwertsteuersystem auf europäischer Ebene
        TOP 32 Institutionelle Unabhängigkeit der Justiz
        TOP 33 Prüfkriterien für Auslandseinsätze der Bundeswehr
        Anlagen