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    Plenarprotokoll 17/205 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 205. Sitzung Berlin, Freitag, den 9. November 2012 I n h a l t : Zusatztagesordnungspunkt 9: a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung eines Betreuungsgel- des (Betreuungsgeldgesetz) (Drucksachen 17/9917, 17/11404) . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/11405) . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – zu dem Antrag der Abgeordneten Caren Marks, Petra Crone, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Kita-Aus- bau statt Betreuungsgeld – zu dem Antrag der Abgeordneten Diana Golze, Agnes Alpers, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Betreu- ungsgeld nicht einführen – Öffentli- che Kinderbetreuung ausbauen – zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Dörner, Sven-Christian Kindler, Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kein Betreuungsgeld ein- führen – Kinder und Familien durch den Ausbau der Kindertagesbetreu- ung fördern (Drucksachen 17/9572, 17/9582, 17/9165, 17/11404) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Betreuungsgeldgesetzes (Betreuungs- geldergänzungsgesetz) (Drucksache 17/11315) . . . . . . . . . . . . . . Dorothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Peer Steinbrück (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Erika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Markus Grübel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Caren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Tauber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Uwe Schummer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 42: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Silvia 24989 B 24989 C 24989 D 24990 A 24990 B 24992 D 24996 C 24998 A 24998 C 24999 A 25001 B 25001 D 25002 C 25003 B 25005 B 25007 A 25008 B 25009 A 25011 A 25012 C 25014 D Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 205. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. November 2012 Schmidt (Eisleben), Anette Kramme, Elke Ferner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: UN-Konvention jetzt umsetzen – Chancen für eine inklusive Gesellschaft nutzen (Drucksachen 17/7942, 17/10010) . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung – zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Riegert, Sibylle Pfeiffer, Dr. Christian Ruck, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Helga Daub, Dr. Christiane Ratjen-Damerau, Joachim Günther (Plauen) und der Fraktion der FDP: Selbstbestimmtes Leben von Menschen mit Behinderung – Grundsatz der deutschen Entwick- lungspolitik – zu dem Antrag der Abgeordneten Karin Roth (Esslingen), Dr. Sascha Raabe, Lothar Binding (Heidelberg), weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der SPD: Behinderung und Ent- wicklungszusammenarbeit – Behin- dertenrechtskonvention umsetzen und Entwicklungszusammenarbeit inklusiv gestalten (Drucksachen 17/9730, 17/8926, 17/10330) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Oliver Kaczmarek, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der SPD: Das Menschenrecht auf inklu- sive Bildung in Deutschland endlich ver- wirklichen (Drucksache 17/10117) . . . . . . . . . . . . . . . . . Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Ulla Schmidt (Aachen) (SPD) . . . . . . . . . . . . Gabriele Molitor (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hubert Hüppe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Oliver Kaczmarek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Helga Daub (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Karin Roth (Esslingen) (SPD) . . . . . . . . . . . . Klaus Riegert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Johannes Selle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 11: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Assis- tenzpflegebedarfs in stationären Vor- sorge- oder Rehabilitationseinrichtungen (Drucksachen 17/10747, 17/10799, 17/11396) b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Diana Golze, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Assis- tenzpflege bedarfsgerecht sichern – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Karl Lauterbach, Elke Ferner, Bärbel Bas, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Praxisgebühr abschaffen – Hausärztinnen und Hausärzte stärken – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Karl Lauterbach, Elke Ferner, Bärbel Bas, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Praxisgebühr sofort abschaffen – zu dem Antrag der Abgeordneten Harald Weinberg, Dr. Martina Bunge, Diana Golze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Praxis- gebühr abschaffen – zu dem Antrag der Abgeordneten Harald Weinberg, Dr. Martina Bunge, Diana Golze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Praxis- gebühr jetzt abschaffen – zu dem Antrag der Abgeordneten Birgitt Bender, Maria Klein-Schmeink, Elisabeth Scharfenberg, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Zusatzbei- träge aufheben, Überschüsse für Abschaffung der Praxisgebühr nut- zen – zu dem Antrag der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Praxisge- bühr und Zusatzbeiträge jetzt ab- schaffen (Drucksachen 17/10784, 17/9189, 17/11192, 17/9031, 17/11141, 17/9408, 17/11179, 17/11396) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25013 A 25013 A 25013 B 25013 C 25017 A 25019 A 25019 D 25022 B 25023 C 25025 A 25026 A 25027 A 25027 D 25029 B 25030 D 25032 A 25033 C 25033 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 205. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. November 2012 III Daniel Bahr, Bundesminister BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hilde Mattheis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heinz Lanfermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Edgar Franke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 44: Antrag der Abgeordneten Diana Golze, Jörn Wunderlich, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Altersgrenze beim Unterhaltsvorschuss an- heben (Drucksache 17/11326) . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Caren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Judith Skudelny (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 43: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2012 (Drucksache 17/10803) . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bund-Länder-Bericht zum Programm Stadtumbau Ost (Drucksache 17/10942) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Iris Gleicke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Manfred Grund (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU) . . . Hans-Joachim Hacker (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas Feist (CDU/CSU) . . . . . . . . . Arnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Brigitte Pothmer, Markus Kurth, Katrin Göring-Eckardt, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einrichtung eines Sozialen Arbeitsmarktes (Drucksache 17/11076) . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Katja Mast, Anette Kramme, Petra Ernstberger, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Sozialen Arbeitsmarkt dauerhaft über Passiv-Aktiv-Transfer ermögli- chen – Teilhabe für alle durch sozialver- sicherungspflichtige Beschäftigung im allgemeinen Arbeitsmarkt (Drucksache 17/11199) . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Katja Mast (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Johannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP) . . . . . . Tagesordnungspunkt 45: a) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Durch Zusammenarbeit Zivilge- sellschaft und Rechtsstaatlichkeit in Russland stärken (Drucksache 17/11327) . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses – zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Gemeinsam die Modernisierung Russlands voranbringen – Rück- schläge überwinden – Neue Impulse für die Partnerschaft setzen – zu dem Antrag der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Agnes Brugger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Keine Modernisierung Russlands ohne Rechtsstaatlichkeit (Drucksachen 17/11005, 17/11002, 17/11391) 25034 A 25035 D 25036 D 25038 B 25039 D 25040 D 25041 C 25042 C 25044 A 25044 C 25047 A 25047 B 25048 A 25049 C 25050 D 25051 D 25052 D 25053 D 25054 A 25054 B 25055 D 25057 B 25059 A 25059 D 25060 D 25061 D 25062 C 25063 C 25064 C 25065 D 25066 A 25066 B 25067 A 25068 C 25069 C 25071 C 25072 B 25073 C 25073 D IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 205. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. November 2012 Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . Dr. h. c. Gernot Erler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Gauweiler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 48: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung des EuGH- Urteils vom 20. Oktober 2011 in der Rechtssache C-284/09 (Drucksache 17/11314) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU) . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ingrid Fischbach und Peter Weiß (Emmendin- gen) (beide CDU/CSU) zur namentlichen Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Betreuungsgeldes (Betreu- ungsgeldgesetz) (Zusatztagesordnungspunkt 9) Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sebastian Blumenthal, Claudia Bögel, Klaus Breil, Marco Buschmann, Helga Daub, Bijan Djir-Sarai, Otto Fricke, Heinz Golombeck, Heinz-Peter Haustein, Manuel Höferlin, Heiner Kamp, Dr. h. c. Jürgen Koppelin, Gabriele Molitor, Björn Sänger, Jimmy Schulz, Dr. Erik Schweickert, Judith Skudelny, Stephan Thomae, Manfred Todten- hausen, Serkan Tören, Hartfrid Wolff (Rems- Murr) und Johannes Vogel (Lüdenscheid) (alle FDP) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Einfüh- rung eines Betreuungsgeldes (Betreuungs- geldgesetz) (Zusatztagesordnungspunkt 9) . . Anlage 4 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Betreuungsgeldes (Betreu- ungsgeldgesetz) (Zusatztagesordnungspunkt 9) Florian Bernschneider (FDP) . . . . . . . . . . . . Heike Brehmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Sylvia Canel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Miriam Gruß (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rudolf Henke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Sebastian Körber (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) . . . . . . . . Beatrix Philipp (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Cornelia Pieper (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE): zur Abstim- mung über den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs in sta- tionären Vorsorge- oder Rehabilitationsein- richtungen (Zusatztagesordnungspunkt 11) . . Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Einrichtung eines Sozialen Arbeitsmarktes; Antrag: Sozialen Arbeitsmarkt dauerhaft über Passiv-Aktiv- Transfer ermöglichen – Teilhabe für alle durch sozialversicherungspflichtige Beschäf- tigung im allgemeinen Arbeitsmarkt (Tages- ordnungspunkte 8 a und 8 b) Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom 20. Oktober 2011 in der Rechtssache C-284/09 (Tagesordnungspunkt 48) Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Anlage 8 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25074 A 25075 A 25076 C 25077 C 25078 D 25079 D 25081 C 25081 C 25083 B 25085 A 25086 C 25087 D 25089 A 25089 D 25090 B 25090 D 25091 B 25091 D 25092 B 25092 C 25093 B 25094 A 25094 B 25094 D 25095 A 25095 C 25096 A 25096 C 25097 A 25097 B 25098 A 25098 C 25099 C 25100 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 205. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. November 2012 24989 (A) (C) (D)(B) 205. Sitzung Berlin, Freitag, den 9. November 2012 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 205. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. November 2012 25089 (A) (C) (D)(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ingrid Fischbach und Peter Weiß (Emmendingen) (beide CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Betreu- ungsgeldes (Betreuungsgeldgesetz) (Tagesord- nungspunkt 9) Mit dem Betreuungsgeldergänzungsgesetz – Drucksa- che 17/11315 – und dem Änderungsantrag – Drucksache 17/11404 – haben wir als christlich-liberale Koalition er- hebliche Verbesserungen des Betreuungsgeldgesetzent- wurfs erreicht. So sieht das Betreuungsgeldergänzungsgesetz drei Wahlmöglichkeiten vor: Barauszahlung des Betreuungs- geldes, Einzahlung einschließlich eines Bonus von 15 Euro monatlich entweder in eine zusätzliche private Altersvorsorge – Altersvorsorgevertrag oder Basisrenten- versicherung – oder auf ein Bildungskonto für das Kind. Auch der Änderungsantrag, der die Härtefallregelung bei schwerer Krankheit, Schwerbehinderung oder Tod Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Altmaier, Peter CDU/CSU 09.11.2012 Beck (Reutlingen), Ernst-Reinhard CDU/CSU 09.11.2012** Becker, Dirk SPD 09.11.2012 Beckmeyer, Uwe SPD 09.11.2012** Bockhahn, Steffen DIE LINKE 09.11.2012 Bülow, Marco SPD 09.11.2012 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 09.11.2012 Dittrich, Heidrun DIE LINKE 09.11.2012 Dörflinger, Thomas CDU/CSU 09.11.2012 Fischer (Karlsruhe- Land), Axel E. CDU/CSU 09.11.2012* Funk, Alexander CDU/CSU 09.11.2012 Granold, Ute CDU/CSU 09.11.2012 Dr. Gysi, Gregor DIE LINKE 09.11.2012 Dr. Harbarth, Stephan CDU/CSU 09.11.2012 Hardt, Jürgen CDU/CSU 09.11.2012** Hochbaum, Robert CDU/CSU 09.11.2012** Dr. Jochimsen, Lukrezia DIE LINKE 09.11.2012 Jung (Konstanz), Andreas CDU/CSU 09.11.2012 Kampeter, Steffen CDU/CSU 09.11.2012 Koschyk, Hartmut CDU/CSU 09.11.2012 Dr. Lamers (Heidelberg), Karl CDU/CSU 09.11.2012** Laurischk, Sibylle FDP 09.11.2012 Leidig, Sabine DIE LINKE 09.11.2012 Nietan, Dietmar SPD 09.11.2012 Nink, Manfred SPD 09.11.2012 Nouripour, Omid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.11.2012** Pawelski, Rita CDU/CSU 09.11.2012 Pflug, Johannes SPD 09.11.2012** Dr. Ratjen-Damerau, Christiane FDP 09.11.2012 Schäfer (Saalstadt), Anita CDU/CSU 09.11.2012** Schäfer (Köln), Paul DIE LINKE 09.11.2012** Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 09.11.2012 Schulz, Jimmy FDP 09.11.2012 Dr. Stinner, Rainer FDP 09.11.2012** Strothmann, Lena CDU/CSU 09.11.2012 Zimmermann, Sabine DIE LINKE 09.11.2012 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 25090 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 205. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. November 2012 (A) (C) (D)(B) der Eltern von bisher zehn auf 20 Wochenstunden Kita- besuch im Durchschnitt des Monats ausdehnt, ist eine wesentliche Verbesserung. Dennoch habe ich weiterhin Bedenken in Bezug auf den vorliegenden Entwurf des Betreuungsgeldgesetzes. Die Einführung eines Anspruchs auf Betreuungsgeld bei Nichtinanspruchnahme einer öffentlich geförderten Einrichtung ist für uns mit bisher gültigen Prinzipien nicht vereinbar. Eine solche „Ausgleichszahlung“ ist un- serem Recht bisher fremd und auch nicht vorgesehen bei der Nichtinanspruchnahme zum Beispiel öffentlich ge- förderter Studienplätze oder Schwimmbäder. Zudem haben alle Eltern die gleiche Möglichkeit, das staatlich geförderte Angebot an Kitaplätzen zu nutzen. Es in Anspruch zu nehmen oder aber bewusst darauf zu verzichten, ist Ausdruck des grundrechtlich geschützten negativen Freiheitsrechtes. Wer staatlich geförderte Be- treuungsangebote nicht nutzt, macht von diesem negati- ven Freiheitsgrundrecht Gebrauch und verzichtet damit bewusst auf ein ihm vom Staat gemachtes Angebot. Er erleidet aber keinen Nachteil, den der Staat mit der Zah- lung von 100 bzw. 150 Euro monatlich zu kompensieren hat. Wir befürchten daher eher, dass das Betreuungsgeld Fehlanreize setzen könnte, die zulasten der Kinder ge- hen: Um den Anspruch auf das Betreuungsgeld nicht zu verlieren, könnten beide Elternteile, denen es nach die- sem Gesetz gestattet ist, Vollzeit berufstätig zu sein, die Betreuung in nicht qualifizierte Hände geben und damit der Schwarzarbeit Vorschub leisten. Gerade im Bereich der Kindertagespflege haben unsere politischen Ent- scheidungen in den letzten Jahren dazu beigetragen, die Arbeit der Tagesmütter/-väter anzuerkennen und aus dem Bereich der Schwarzarbeit herauszuholen. Ein weiteres wichtiges Argument ist für uns, dass wir die Erziehungsleistungen aller Eltern honorieren. Die im Betreuungsgeldgesetzentwurf enthaltene Be- richtspflicht der Bundesregierung über die Auswirkun- gen des Betreuungsgeldes ist uns ein besonderes Anlie- gen. Wir werden mit großer Aufmerksamkeit diesen Bericht zur Kenntnis nehmen, der bis zum 31. Dezember 2015 vorzulegen ist, und erwarten, dass daraus sich erge- bende Konsequenzen auch gezogen werden. Trotz aller Bedenken sind wir uns aber unserer Verant- wortung als Mitglieder der CDU/CSU-Bundestagsfrak- tion bewusst und stimmen daher dem Gesetz zur Einfüh- rung eines Betreuungsgeldes – Drucksache 17/9917 – zu. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sebastian Blumenthal, Claudia Bögel, Klaus Breil, Marco Buschmann, Helga Daub, Bijan Djir-Sarai, Otto Fricke, Heinz Golombeck, Heinz-Peter Haustein, Manuel Höferlin, Heiner Kamp, Dr. h. c. Jürgen Koppelin, Gabriele Molitor, Björn Sänger, Jimmy Schulz, Dr. Erik Schweickert, Judith Skudelny, Stephan Thomae, Manfred Todtenhausen, Serkan Tören, Johannes Vogel (Lüdenscheid) und Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (alle FDP) zur namentlichen Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Betreuungsgeldes (Betreuungs- geldgesetz) (Tagesordnungspunkt 9) Ich habe heute dem Gesetz zur Einführung eines Be- treuungsgeldes zugestimmt. Meine Zustimmung erfolgte vor dem Hintergrund, dass dieses Gesetz Teil eines poli- tischen Gesamtkompromisses ist, den ich im Ergebnis für gut halte und ihn daher auch unterstütze. Zu diesem Gesamtkompromiss gehört insbesondere das Bekenntnis der Koalitionsfraktionen zur verstärkten Haushaltskonsolidierung. Denn das Gesetz steht im poli- tischen Zusammenhang zum Beschluss des Koalitions- ausschusses vom 4. November 2012 unter dem Titel „Stetiges Wachstum und sichere Arbeitsplätze für ein starkes Deutschland“. Darin ist vereinbart, einen struktu- rell ausgeglichenen Haushalt 2014 zu beschließen. Einige mögen einen Widerspruch darin erkennen, dass man in diesem Zusammenhang ein Leistungsgesetz einführt, das jährlich Kosten in Höhe von circa 1,2 Mil- liarden Euro verursacht. Auch für mich wäre es völlig falsch, neue Sozialleistungen durch zusätzliche Ver- schuldung einzuführen. Die Vereinbarung eines struktu- rell ausgeglichenen Haushaltes führt jedoch zu einem Einsparvolumen von etwa 7 Milliarden Euro gegenüber den aktuellen Planungen für den Haushalt 2014. Wenn aber nun als Gegenleistung für eine Ausgabe an einer Stelle ein Vielfaches an Einsparung an anderer Stelle steht, dann ist das mit Blick auf finanzielle Solidität und Generationengerechtigkeit ein ordentlicher Kompro- miss. Denn er führt nicht zu höherer Verschuldung, son- dern im Gegenteil: Er führt zu einem Vielfachen an we- niger Schulden. Wenn dieser Kompromiss, der unter dem Strich zu solideren Finanzen und damit mehr Gene- rationengerechtigkeit führt, nur in dieser Weise zu erzie- len war, dann trage ich ihn mit. Anlage 4 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Ent- wurf eines Gesetzes zur Einführung eines Be- treuungsgeldes (Betreuungsgeldgesetz) (Tages- ordnungspunkt 9) Florian Bernschneider (FDP): Ich habe heute dem Gesetz zur Einführung eines Betreuungsgeldes zuge- stimmt. Meine Zustimmung erfolgte vor dem Hinter- grund, dass dieses Gesetz Teil eines politischen Gesamt- kompromisses ist, den ich im Ergebnis für gut halte und ihn daher auch unterstütze. Zu diesem Gesamtkompromiss gehört insbesondere das Bekenntnis der Koalitionsfraktionen zur verstärkten Haushaltskonsolidierung. Denn das Gesetz steht im poli- tischen Zusammenhang zum Beschluss des Koalitions- ausschusses vom 4. November 2012 unter dem Titel „Stetiges Wachstum und sichere Arbeitsplätze für ein Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 205. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. November 2012 25091 (A) (C) (D)(B) starkes Deutschland“. Darin ist vereinbart, einen struktu- rell ausgeglichenen Haushalt 2014 zu beschließen. Einige mögen einen Widerspruch darin erkennen, dass man in diesem Zusammenhang ein Leistungsgesetz einführt, das jährlich Kosten in Höhe von circa 1,2 Mil- liarden Euro verursacht. Auch für mich wäre es völlig falsch, neue Sozialleistungen durch zusätzliche Ver- schuldung einzuführen. Die Vereinbarung eines struktu- rell ausgeglichenen Haushaltes führt jedoch zu einem Einsparvolumen von etwa 7 Milliarden Euro gegenüber dem aktuellen Regierungsentwurf für den Haushalt 2014. Wenn aber nun als Gegenleistung für eine Aus- gabe an einer Stelle ein Vielfaches an Einsparung an an- derer Stelle steht, dann ist das mit Blick auf finanzielle Solidität und Generationengerechtigkeit ein ordentlicher Kompromiss. Denn er führt nicht zu höherer Verschul- dung, sondern, im Gegenteil, er führt zu einem Vielfa- chen an weniger Schulden. Wenn dieser Kompromiss, der unter dem Strich zu solideren Finanzen und damit mehr Generationengerechtigkeit führt, nur in dieser Weise zu erzielen war, dann trage ich ihn mit. Die außerdem von den Koalitionsfraktionen verein- barte Bildungskomponente im Betreuungsgeld beseitigt zwar nicht meine inhaltliche Kritik am Betreuungsgeld, setzt aber einen wichtigen Akzent zur Förderung von Bildung und Ausbildung innerhalb dieses Gesetzes. Diese merkliche Verbesserung des Gesetzentwurfes – verbunden mit dem für mich übergeordneten Ziel eines strukturell ausgeglichenen Haushalts 2014 – ermöglicht mir heute die Zustimmung zum Betreuungsgeld als Teil eines politischen Gesamtkompromisses. Heike Brehmer (CDU/CSU): Mit dem Betreuungs- geldergänzungsgesetz – Drucksache 17/11315 – und dem Änderungsantrag – Drucksache 17/11404 – haben wir als christlich-liberale Koalition erhebliche Verbesse- rungen des Betreuungsgeldgesetzentwurfs erreicht. So sieht das Betreuungsgeldergänzungsgesetz drei Wahlmöglichkeiten vor: Barauszahlung des Betreuungsgel- des, Einzahlung einschließlich eines Bonus von 15 Euro monatlich entweder in eine zusätzliche private Alters- vorsorge – Altersvorsorgevertrag oder Basisrentenversi- cherung – oder auf ein Bildungskonto für das Kind. Auch der Änderungsantrag, der die Härtefallregelung bei schwerer Krankheit, Schwerbehinderung oder Tod der Eltern von bisher zehn auf 20 Wochenstunden Kita- besuch im Durchschnitt des Monats ausdehnt, ist eine wesentliche Verbesserung. Dennoch habe ich weiterhin Bedenken in Bezug auf den vorliegenden Entwurf des Betreuungsgeldgesetzes. Die Einführung eines Anspruchs auf Betreuungsgeld bei Nichtinanspruchnahme einer öffentlich geförderten Einrichtung ist für mich mit bisher gültigen Prinzipien nicht vereinbar. Eine solche Ausgleichszahlung ist unse- rem Recht bisher fremd und auch nicht vorgesehen bei der Nichtinanspruchnahme zum Beispiel öffentlich ge- förderter Studienplätze oder Schwimmbäder. Zudem haben alle Eltern die gleiche Möglichkeit, das staatlich geförderte Angebot an Kitaplätzen zu nutzen. Es in Anspruch zu nehmen oder aber bewusst darauf zu verzichten, ist Ausdruck des grundrechtlich geschützten negativen Freiheitsrechtes. Wer staatlich geförderte Be- treuungsangebote nicht nutzt, macht von diesem negati- ven Freiheitsgrundrecht Gebrauch und verzichtet damit bewusst auf ein ihm vom Staat gemachtes Angebot. Er erleidet aber keinen Nachteil, den der Staat mit der Zah- lung von 100 bzw. 150 Euro monatlich zu kompensieren hat. Ich befürchte daher eher, dass das Betreuungsgeld Fehlanreize setzen könnte, die zulasten der Kinder ge- hen: Um den Anspruch auf das Betreuungsgeld nicht zu verlieren, könnten beide Elternteile, denen es nach die- sem Gesetz gestattet ist, Vollzeit berufstätig zu sein, die Betreuung in nicht qualifizierte Hände geben und damit der Schwarzarbeit Vorschub leisten. Gerade im Bereich der Kindertagespflege haben unsere politischen Ent- scheidungen in den letzten Jahren dazu beigetragen, die Arbeit der Tagesmütter/-väter anzuerkennen und aus dem Bereich der Schwarzarbeit herauszuholen. Ein weiteres wichtiges Argument ist für mich, dass wir die Erziehungsleistungen aller Eltern honorieren. Die im Betreuungsgeldgesetzentwurf enthaltene Be- richtspflicht der Bundesregierung über die Auswirkun- gen des Betreuungsgeldes ist mir ein besonderes Anlie- gen. Ich werde mit großer Aufmerksamkeit diesen Bericht zur Kenntnis nehmen, der bis zum 31. Dezember 2015 vorzulegen ist, und erwarte, dass daraus sich erge- bende Konsequenzen auch gezogen werden. Trotz der Bedenken haben wir zu dem ursprünglichen Gesetzentwurf zur Einführung eines Betreuungsgeldes erhebliche Verbesserungen erreicht. Aus diesem Grund stimme ich dem Gesetz zur Einführung eines Betreu- ungsgeldes – Drucksache 17/9917 zu. Sylvia Canel (FDP): Das Betreuungsgeld soll Fami- lien zugutekommen, die ihr Kleinkind nicht in eine Kin- dertagesstätte bringen, sondern bis zum dritten Lebens- jahr zu Hause betreuen möchten. Junge Familien sollen demnach monatlich 100 Euro für das zweite Lebensjahr des Kindes bekommen, später monatlich dann 150 Euro für das zweite und dritte Lebensjahr. Das Betreuungs- geld soll unabhängig von Erwerbstätigkeit und Einkom- men garantiert werden. Als Berichterstatterin für frühkindliche Bildung der FDP Bundestagsfraktion, Mutter zweier Kinder und Lehrerin kann ich dem vorliegenden Antrag nicht zu- stimmen. Das Betreuungsgeld ist frauen- und familienpolitisch der falsche Weg, denn es schmälert die Erwerbs- und Bildungschancen der sozial Schwachen. Ein Betreu- ungsgeld würde vor allem für Mütter mit niedriger Bil- dung einen Anreiz darstellen, dem Arbeitsmarkt länger fernzubleiben. Bei ihren relativ niedrigen Gehältern fie- len die vorgesehenen 150 Euro für private Kinderbetreu- ung stärker ins Gewicht. Je länger aber der Ausstieg aus dem Arbeitsmarkt dauert, desto schwieriger ist es für die 25092 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 205. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. November 2012 (A) (C) (D)(B) Frauen – und die Nutzer des Betreuungsgeldes werden überwiegend Frauen sein –, wieder in den ersten Ar- beitsmarkt zu kommen. Aufstieg, Karriere und nicht zu- letzt eine eigenständige, vom Einkommen des Partners unabhängige Altersversorgung werden damit gefährdet. Bei gut verdienenden Familien führt das Betreuungsgeld zu Mitnahmeeffekten, die ebenso nicht zielführend sein können. Das Betreuungsgeld hält gerade die Kinder von früh- kindlicher Bildung ab, die sie am meisten brauchen, nämlich Kinder aus bildungsfernen Familien und sol- chen mit Migrationshintergrund. Das Diakonische Werk der EKD und die OECD haben darauf hingewiesen, dass das Betreuungsgeld Familien mit geringen Einkommen und Familien mit Migrationshintergrund vor die Wahl stelle, zwischen Geldleistungen und einem Angebot frühkindlicher Bildung zu entscheiden. Das sei unzu- mutbar und auch verfassungsrechtlich bedenklich. Er- heblich sinnvoller wäre es, das Geld in den weiteren Ausbau der frühkindlichen Betreuung zu investieren, in öffentliche und private Kitas und in die Unterstützung von Tagesmüttern. Zudem haben die Familienpolitiker vereinbart, dass alle Familienleistungen auf den Prüfstand kommen und auf ihre Wirksamkeit hin untersucht werden. Eine wei- tere Familienleistung ist zu Zeiten der Schuldenkrise nicht darstellbar. Die Diskussion um das Betreuungsgeld ist auch eine Diskussion um unser gesellschaftliches Leitbild. Studien zeigen, dass über 80 Prozent der Frauen Erwerbsarbeit und Familie kombinieren wollen, dass sie im Job aufstei- gen und Führungspositionen erobern wollen. Sie wollen eine eigenständige Altersversorgung, die nicht vom Ein- kommen des (Ehe-)Mannes abhängig ist. Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU): Art. 6 des Grundgesetzes berechtigt und verpflichtet vorrangig die Eltern, für ihre Kinder zu sorgen und sie zu erziehen. El- tern tragen vor allen anderen die Erziehungsverantwor- tung für ihre Kinder. Sie zu stärken, ist unser Ziel. Dem Staat wird dabei die Pflicht auferlegt, Ehe und Familie zu schützen und über die Ausübung von Elternrecht und -pflicht zu wachen. Als Bundestagsabgeordnete anerkenne ich ausdrück- lich das Ziel der Bundesregierung, durch das Betreu- ungsgeld die Erziehungsleistung von Eltern besonders zu würdigen. Alle, die Kinder erziehen, erbringen eine Leistung für die ganze Gesellschaft und verdienen daher deren besondere Anerkennung. Der Einführung des Be- treuungsgeldes als Form dieser Wertschätzung stehe ich dabei dennoch kritisch gegenüber. In bildungspolitischer Hinsicht besteht die Gefahr, dass vom Betreuungsgeld Fehlanreize ausgehen. Kinder, die von öffentlicher Betreuung besonders profitieren könnten, sollten nicht aus finanziellen Gründen der Krippe fernbleiben. Durch gute staatliche Rahmenbedin- gungen sollen Eltern vielmehr die Wahlfreiheit haben, Familienleben und Erwerbstätigkeit nach ihren Wün- schen vereinbaren und gestalten zu können. Auf eine gute Kinderbetreuung sind dabei insbesondere alleiner- ziehende Eltern angewiesen, die allein den Lebensunter- halt ihrer Familie verdienen müssen. Jedes fünfte Kind in Deutschland wächst bei nur einem Elternteil auf, und nahezu jede dritte Ehe mit Kindern wird geschieden. Deshalb sind im Hinblick auf den rechtlichen Anspruch auf einen Betreuungsplatz ab August 2013 weitere An- strengungen erforderlich, um die Kinderbetreuung nach- haltig auszubauen und qualitativ zu verbessern und dabei für eine langfristig bessere Situation im Betreuungsange- bot zu sorgen. Die vorgesehene Aufstockung für den Ausbau der Kinderbetreuung um 580 Millionen Euro, die zusätzli- che Beteiligung des Bundes an den Betriebskosten mit 75 Millionen Euro sowie die geplante Alternative zur privaten Altersvorsorge oder zum Bildungssparen für Familien, die die Leistung nicht ausgezahlt erhalten wol- len, sind für mich die ausschlaggebenden Kriterien, um der Einführung des Betreuungsgeldes zustimmen zu können, da sie deutliche Verbesserungen zum ursprüng- lichen Gesetzentwurf darstellen. Reinhard Grindel (CDU/CSU): Ich stimme dem Be- treuungsgeldgesetz nur mit Bedenken zu. Grundsätzlich unterstütze ich den Gedanken, dass neben der umfassen- den Betreuung von Kindern in öffentlichen Einrichtungen oder durch Tagesmütter, die vom Bund in erheblichen Umfang gefördert wird, auch die Erziehungsleistung von Eltern im eigenen Haushalt anzuerkennen ist. Politik be- ginnt aber mit der Betrachtung der Wirklichkeit. Zur Wirklichkeit in unserem Land gehört, dass es problem- beladene Elternhäuser gibt, in denen die Kinder nicht die optimale Förderung erhalten. Diesen Kindern würde es guttun, eine Krippe oder einen Kindergarten zu besu- chen, weil dort Erziehungskompetenz vorhanden ist, die leider so nicht in jeder Familie anzutreffen ist. Es würde darüber hinaus auch Kindern mit Migrationshintergrund guttun, wenn sie in einer Kindertagesstätte frühzeitig die deutsche Sprache erlernen, damit sie später den Lehrer an der Tafel genauso gut verstehen können wie ihre deut- schen Freunde, wenn sie in die Schule kommen. Ein Be- treuungsgeld als reine Bargeldleistung ist grundsätzlich dazu geeignet, Fehlanreize zu schaffen, die dazu führen, dass Kinder die für sie notwendige optimale Förderung nicht erhalten. Das ist deshalb besonders verhängnisvoll, weil, wie wir aus der Hirnforschung wissen, die Weichen für die Entwicklung eines Kindes, für Begabungen, Ta- lente, Fähigkeiten in den ersten fünf Jahren gestellt wer- den. Immer wieder versuchen uns vermeintliche Bildungsexperten einzureden, unser Schulwesen sei ver- krustet und deshalb schuld daran, dass aus vielen Hartz- IV-Kindern wieder Hartz-IV-Empfänger werden. Ich glaube nicht, dass man in der 7. oder 8. Klasse falsche Weichenstellungen korrigieren kann. Ich bin deshalb zu- tiefst davon überzeugt, dass wir in der Förderung der Kinder noch besser werden müssen, bevor sie überhaupt in die Schule kommen. Selbstverständlich findet diese Förderung auch in vielen Haushalten von Harz-IV-Emp- fängern sehr oft in hervorragender Weise statt. Es ist beeindruckend, wie viel Geduld und Kraft pro- blembeladene Eltern und auch deren Großeltern bei der Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 205. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. November 2012 25093 (A) (C) (D)(B) Erziehung ihrer Kinder aufbringen. Allerdings ist das eben leider nicht in jedem Elternhaus der Fall. Deshalb muss hier die Schutzpflicht des Staates greifen. Meinen Sorgen wird durch die gegenseitige Aufrechnung von Betreuungsgeld und Hartz-IV-Leistungen in einer Weise Rechnung getragen, die mir die Zustimmung zu diesem Gesetz ermöglicht. Diese gegenseitige Aufrechnung ist deshalb gerechtfertigt, weil der Staat durch die Hartz-IV- Leistungen den betroffenen Familien eine staatliche För- derung zukommen lässt, die den zukünftigen Nutzern des Betreuungsgeldes in dieser Weise bisher so nicht ge- währt wird. Ich will deutlich hervorheben, dass ich mir auch eine Verknüpfung der Gewährung des Betreuungs- geldes mit der verbindlichen Inanspruchnahme von Vor- sorgeuntersuchungen für Kinder gewünscht hätte. Ich akzeptiere die Argumentation, dass angesichts der politi- schen Lage im Bundesrat diese verpflichtenden Vorsor- geuntersuchungen nicht in das Gesetzgebungswerk mit aufgenommen werden konnten, weil dieses die Zustim- mungspflicht in der Länderkammer ausgelöst hätte. Ich begrüße, dass Familien, die die Leistung nach dem Be- treuungsgeldgesetz nicht ausgezahlt erhalten wollen, alternativ auch eine private Altersvorsorge aufbauen können. Ich halte auch die weitere Alternative des Bil- dungssparens für eine sinnvolle Maßnahme. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, warum man nicht von vornherein das Betreuungsgeld auf diese Art von sachorientierten Leistungen konzentriert und auf eine Bargeldzahlung verzichtet hat. Ich hätte diese Form der Anerkennung der Erziehungsleistung im Privathaus- halt für vorzugswürdig gehalten. Ich unterstütze aus- drücklich die Forderung nach mehr Gerechtigkeit für Mütter, die ihre Kinder vor 1992 geboren haben. Hier sollte es noch in dieser Legislaturperiode zu einer Lö- sung kommen, die eine Anrechnung von drei Erzie- hungsjahren in der Rente zur Folge hat. Eine Ungleich- behandlung der Mütter, deren Kinder vor und nach 1992 geboren wurden, ist sachlich nicht vertretbar. Miriam Gruß (FDP): Der Koalitionsausschuss der schwarz-gelben Regierung hat am 4. November 2012 wichtige Projekte beschlossen. Nichtsdestotrotz spre- chen aus meiner Sicht weiterhin wesentliche Gründe ge- gen die Einführung eines Betreuungsgeldes. Aus bildungspolitischer Sicht ist es sehr begrüßens- wert, dass sich die FDP mit der Forderung eines Bildungs- sparens durchsetzen konnte. Bereits im Koalitionsvertrag heißt es, dass das Betreuungsgeld „gegebenenfalls als Gutschein“ kommen solle. Dem entspricht die jetzt ge- fundene Lösung: Das Betreuungsgeld kann auf ein Bil- dungskonto für das Kind oder in einen Riester- oder Rürup-Vertrag für die Altersvorsorge eines Elternteils in- vestiert werden. Das löst aber nicht das Problem, dass nur Anspruch auf Betreuungsgeld hat, wer auf einen öffentlich geför- derten Kitaplatz verzichtet. Der Staat sollte meines Er- achtens keine solchen Anreize setzen. Kinder profitieren nachweislich von frühkindlicher Bildung in guten Bil- dungs- und Betreuungseinrichtungen. Auch unter gleichstellungspolitischen Gesichtspunk- ten ist das Betreuungsgeld kritisch zu sehen. Es könnte ein tradiertes Rollenbild verfestigen, indem es einen An- reiz dafür bietet, den beruflichen Wiedereinstieg von Frauen nach der Geburt eines Kindes hinauszuzögern. Auch vor dem Hintergrund des wachsenden Fachkräfte- mangels und der wachsenden Altersarmut von Frauen wäre das ein Fehlanreiz, den ich als Familienpolitikerin nicht unterstützen kann. Zudem gibt es deutliche Bedenken aus verfassungs- rechtlicher Sicht, die bei der Anhörung zum Betreuungs- geldgesetz am 14. September 2012 zum Ausdruck kamen. Diese betrafen beispielsweise die Frage der Bundeszu- ständigkeit, aber auch die inhaltliche Ausarbeitung des Gesetzes. Einer der inhaltlichen Kritikpunkte konnte durch den Änderungsantrag von CDU/CSU und FDP aus der Welt geschafft werden: Die Verfassungsrechtler kriti- sieren, dass ein Doppelbezug von Eltern- und Betreu- ungsgeld verfassungswidrig sein könnte. Dank der Inter- vention der FDP ist dies mittlerweile geändert; der Doppelbezug wurde ausgeschlossen. Aber es gibt nach wie vor einen Widerspruch in der Zielsetzung des Gesetzes. Das Gesetz soll der „Anerken- nung der elterlichen Erziehungsleistung“ dienen. Gleich- zeitig wird das Betreuungsgeld aber unabhängig davon bezahlt, ob die Eltern tatsächlich zu Hause Erziehungs- arbeit leisten. Stattdessen wird mit dem Anspruch auf Betreuungsgeld eine bislang nie dagewesene Anspruchs- grundlage geschaffen. Einziger Grund für den Bezug des Betreuungsgeldes ist die „Nichtinanspruchnahme der öf- fentlich geförderten Kinderbetreuung“. Auch haushaltspolitisch ist das Betreuungsgeld kri- tisch zu bewerten. Allerdings konnte dadurch, dass man sich auf ein späteres Inkrafttreten geeinigt hat, eine Ent- lastung für die Jahre 2013 und 2014 erwirkt werden. Dank der FDP wird angestrebt, dass der Staat bereits 2014, also zwei Jahre früher als von der Verfassung ge- fordert, das Ziel eines strukturell ausgeglichenen Haus- halts erreicht und die Schuldenbremse einhält. Die FDP hat betont, dass das Betreuungsgeld nicht schuldenfinan- ziert werden darf. Nichtsdestotrotz belastet es den Staats- haushalt. Obendrein hat das BMFSFJ für 2013 das Ergebnis der Gesamtevaluation aller familienpolitischen Leistungen versprochen. Deutschland gibt gegenwärtig rund 195 Mil- liarden Euro jährlich für insgesamt 152 verschiedene ehe- und familienpolitische Leistungen aus, die sich in ihren Zielsetzungen teilweise widersprechen. Daher ist es drin- gend notwendig, ein familienpolitisches Gesamtkonzept zu entwickeln. Im Vorhinein eine neue milliardenschwere Leistung einzuführen, halte ich für fragwürdig. Dank des Verhandlungserfolgs der Liberalen konnte das Betreuungsgeldgesetz in einigen Punkten noch ver- bessert werden. Ich werde mich aber aus all den genann- ten Gründen bei der Abstimmung zum Betreuungsgeld- gesetz enthalten. Meine Enthaltung erfolgte vor dem Hintergrund, dass dieses Gesetz Teil eines politischen Gesamtkompromisses ist, den ich im Ergebnis für gut halte. 25094 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 205. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. November 2012 (A) (C) (D)(B) Rudolf Henke (CDU/CSU): Dem Gesetzentwurf zur Einführung eines Betreuungsgeldes stimme ich trotz be- trächtlicher Bedenken zu. Während meiner Mitgliedschaft im Deutschen Bun- destag seit 2009 und zuvor im Landtag Nordrhein-West- falen habe ich mich dafür eingesetzt, vor der Einführung eines Betreuungsgeldes zunächst die Bewertung der Bei- tragszeiten der Eltern, die Kinder erzogen haben, zu ver- bessern. Das gilt insbesondere auch für Mütter mit Kin- dern, die vor 1992 geboren sind. Außerdem habe ich für eine qualitative Aufwertung der Kindertagesstätten ge- worben. In meinen Augen vermindert es die Chancen für eine verbesserte Anerkennung der Kindererziehung in der Rente, wenn das Betreuungsgeld als zusätzliche Sozial- leistung unter Aufnahme neuer Schulden finanziert wird. Aus diesem Grund betrachte ich den dem Deutschen Bundestag vorliegenden Kompromiss zur Einführung ei- nes Betreuungsgeldes mit Skepsis, wenn auch anzuer- kennen ist, dass er die Möglichkeit der Umwandlung des Betreuungsgeldbetrages in einen Rentenanspruch ebenso bietet wie die Möglichkeit zur Berücksichtigung in ei- nem Bildungssparplan. Nachdem deutlich geworden ist, dass eine überwältigende Mehrheit meiner Fraktion dem gefundenen Kompromiss zustimmen wird, schließe ich mich in der namentlichen Abstimmung am heutigen Tag trotz meiner erheblichen inhaltlichen Bedenken dieser Mehrheitsauffassung der Fraktion an und stimme mit Ja. Den Oppositionsfraktionen im Deutschen Bundestag werfe ich vor, dass sie mit zum Teil ehrverletzenden und abwertenden Begriffen wie „Herdprämie“ oder „Kita- fernhalteprämie“ alles getan haben, um die sachlich zu führende Diskussion ideologisch aufzuheizen und die Sachdebatte in eine Machtfrage umzuformen. Stattdes- sen hätten sich die Oppositionsparteien in ihrem Zustän- digkeitsbereich in den Ländern viel stärker für die Schaf- fung der auch von ihnen für notwendig erklärten zusätzlichen Krippenplätze einsetzen sollen. Mit meiner Zustimmung zu dem verabredeten Kom- promiss will ich auch der notwendigen Verlässlichkeit zwischen CDU und CSU nach der Einführung eines Rechtsanspruches auf die Krippenbetreuung unter Drei- jähriger gerecht werden. Sebastian Körber (FDP): Mit großer Anerkennung nehme ich die Vereinbarungen des Koalitionsgipfels vom Sonntag, dem 4. November 2012, zur Kenntnis. Es ist eine deutliche liberale Handschrift erkennbar, mit der ich mich als Mitglied der FDP-Bundestagsfraktion iden- tifizieren kann. Dennoch kann ich dem Beschluss zur Einführung des sogenannten Betreuungsgelds nicht fol- gen, da ich ein solches Betreuungsgeld nicht mit meiner Überzeugung nach § 13 (1) der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages in Einklang bringen kann. Mir geht es dabei um meine persönliche Glaubwürdigkeit in erster Linie vor mir selbst. Wie ich bereits seit Monaten in den Ausgaben der Nürnberger Nachrichten vom 16. Juni 2012, vom 1. Ok- tober 2012 sowie vom 26. Oktober 2012 öffentlich ange- kündigt habe, werde ich dem Betreuungsgeld nicht meine Zustimmung erteilen. Zur Sache möchte ich insbesondere folgende Aspekte herausstellen: Erstens. Das Betreuungsgeld widerstrebt zutiefst mei- ner Überzeugung von einer chancengerechten Gesell- schaft. Die Zukunft eines jungen Menschen entscheidet sich im Vor- und Grundschulalter. Es ist deshalb fatal für die Aufstiegschancen von Millionen junger Menschen in Deutschland, eine Sozialleistung wie das Betreuungsgeld einzuführen. Denn das Betreuungsgeld setzt aktive staat- liche Anreize für Eltern, ihre Kinder nicht in Bildungs- und Fördereinrichtungen wie Kindertagesstätten zu ge- ben. Insbesondere förderbedürftigen Kindern würde so die Chance genommen, durch gleiche Bildungschancen auch die gleichen Startbedingungen für ihr Leben zu er- halten. Zweitens. Die Einführung des Betreuungsgelds ent- spricht nicht meiner Überzeugung von einer generatio- nengerechten Gesellschaft. In Deutschland wird heute ein Kind mit über 25 000 Euro Schulden geboren, legt man die Staatsverschuldung Deutschlands auf alle Ein- wohner um. Über 25 000 Euro Schulden, die wir verer- ben, weil wir über Jahrzehnte durch unnötige Subventio- nen, Vergünstigungen und Sozialleistungen über unsere Verhältnisse gelebt haben. Nun soll mit dem Betreuungs- geld eine weitere unnötige staatliche Leistung eingeführt werden, die unsere Staatsausgaben erhöht. Seit meinem politischen Engagement bei den Jungen Liberalen und der FDP kämpfe ich für einen Staat, der jungen Menschen Aufstiegschancen und Selbstverwirk- lichung ermöglicht und nicht auf Kosten nächster Gene- rationen lebt. Aus innerer persönlicher Überzeugung kann ich dem Gesetzentwurf zur Einführung eines Be- treuungsgelds deshalb nicht zustimmen und bitte, meine Entscheidung zu respektieren. Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): Hiermit gebe ich fol- gende persönliche Erklärung gemäß § 31 der Geschäfts- ordnung zu Protokoll: Ich werde dem Gesetz zur Einführung eines Betreu- ungsgeldes zustimmen, auch wenn das Betreuungsgeld weder mein Wunschprojekt noch das der FDP ist. Das Betreuungsgeld wurde im Koalitionsvertrag ver- einbart, und wir Liberale sind vertragstreu. Vertragstreue bedeutet, dass man manchmal auch Dinge tun muss, die man nicht für uneingeschränkt richtig hält. Wir gestalten jetzt damit das aus, was SPD und CDU/ CSU 2008 mit dem Kinderförderungsgesetz bereits ins Gesetzblatt geschrieben haben. Für uns Liberale war in den Verhandlungen wichtig, dass das Betreuungsgeld aus dem laufenden Haushalt gegenfinanziert wird, also keine neuen Schulden verursacht. Das ist gelungen. Positiv herauszuheben ist auch, dass auf Drängen der FDP es Eltern künftig möglich sein wird, das Betreu- ungsgeld – plus eine monatliche Prämie von 15 Euro – zur Ausbildung der Kinder oder für die private Alters- vorsorge anzusparen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 205. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. November 2012 25095 (A) (C) (D)(B) Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Meine Entschei- dung, dem Gesetz zur Einführung eines Betreuungsgel- des zuzustimmen, habe ich unter Berücksichtigung meh- rerer Aspekte und Bedenken sorgsam abgewogen. Ich halte das Betreuungsgeld für verzichtbar. Die Ein- führung einer solchen Sozialleistung hat keinen fami- lienpolitischen Positiveffekt und belastet den Haushalt. In Thüringen gibt es diese staatliche Leistung. Das Be- treuungsgeld hat sich meiner Auffassung nach im Frei- staat als familienpolitische Maßnahme ohne konkreten gesellschaftspolitischen Gewinn erwiesen. Auf der anderen Seite gibt es einen Nebeneffekt, der sich für mein Heimatland Thüringen positiv auswirkt. Es ist davon auszugehen, dass das Thüringer Betreuungs- geld nach Einführung der Leistung auf Bundesebene ab- geschafft wird und Thüringen so über 30 Millionen Euro pro Jahr sparen kann. Wenn man so möchte, leiste ich mit der Zustimmung zu der Bundesleistung dazu einen Beitrag. Ein bezeichnendes Beispiel politischer Maskerade und Rückgratlosigkeit geben die Oppositionsparteien in der Debatte ums Betreuungsgeld ab – insbesondere die SPD. In Thüringen sitzt die SPD seit drei Jahren in der Landesregierung und setzt das Betreuungsgeld bereitwil- lig mit um. Auf Bundesebene schuf die SPD in der letz- ten großen Koalition die gesetzliche Grundlage für das Betreuungsgeld mit. In seiner Funktion als Finanzminis- ter verteidigte der heutige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück das Betreuungsgeld noch als „vernünftigen Kompromiss“. Die überhebliche Dauerkritik aus dem Oppositionslager ist daher in höchstem Maße unlauter. In Steinbrücks „Beraterteam“ ist sogar Matthias Machnig aufgenommen worden, der in Thüringen als Wirtschafts- minister ein tragender Teil der Landesregierung ist, die seit Jahren das Betreuungsgeld ausschüttet. Maßgeblich ausschlaggebend für meine Zustimmung zur Einführung des Betreuungsgeldes ist der gute politi- sche Gesamtkompromiss, in dessen Kontext die Einzel- maßnahme zu sehen ist. Das Gesetz steht im politischen Zusammenhang zum Beschluss des Koalitionsausschus- ses vom 4. November 2012. Dieser umfasst einerseits spürbare Entlastungen für die Bürger durch die Abschaf- fung der Praxisgebühr sowie Investitionen in Höhe von 750 Million Euro in die Verkehrsinfrastruktur. Davon wird auch Thüringen profitieren. Besonders wichtig ist mir aber das Bekenntnis der Koalitionsfraktionen zur verstärkten Haushaltskonsolidierung. Unser Ziel ist es, spätestens 2014 einen strukturell ausgeglichenen Haus- halt vorzulegen. Wir wollen die politische Generation sein, die den Weg zum schuldenfreien Staat begonnen hat. Gerade auch angesichts der EU-Schuldenkrise muss Deutschland mit gutem Beispiel vorangehen. Wer von anderen Ländern Sparanstrengungen fordert, sollte diese staatliche Enthaltsamkeit selbst vorleben. Außerdem ist es ein wichtiges Signal für mehr Generationengerechtig- keit, sich nicht weiter auf Kosten der künftigen Genera- tionen verschulden zu wollen. Wenn die Einführung des Betreuungsgeldes das nö- tige politische Zugeständnis für unsere übergeordneten Ziele ist – solidere Finanzen und mehr Generationenge- rechtigkeit –, dann trage ich diesen Kompromiss mit. Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU): Der Einfüh- rung eines Betreuungsgeldes habe ich von Anfang an kritisch gegenübergestanden und dies auch öffentlich kundgetan. Manche Kritik der Opposition halte ich indes für zum Teil falsch und überzogen. Ich glaube, dass die Erzie- hung eines Kindes im familiären Umfeld in den ersten drei Lebensjahren auch ohne professionelle Betreuung in aller Regel eine gute Entwicklung des Kindes gewähr- leistet. Wir dürfen den übergroßen Anteil der Eltern, die sich mit Liebe und Aufopferung um ihre Kinder küm- mern, nicht aus den Augen verlieren. Als Abgeordneter der CDU trete ich zudem für eine Wahlfreiheit ein – je- der soll nach seinen individuellen Vorstellungen und Rahmenbedingungen selbst entscheiden können, wel- ches Familienmodell er wählt. Dafür soll sich niemand rechtfertigen müssen. Ich bin der Auffassung, dass Familien für die Kinder- betreuung Anerkennung und Unterstützung verdienen. Angesichts der enormen Verschuldung Deutschlands müssen Steuergelder aber zielgenau eingesetzt werden und wirklich denen zugutekommen, denen sie zugute- kommen sollen: den Kindern. Die undifferenzierte Bar- auszahlung von 2 Milliarden Euro Betreuungsgeld ver- fehlte dieses Ziel aber und würde falsche Anreize setzen: Kinder aus bildungsfernen Familien würden die leider oftmals notwendige soziale und sprachliche Förderung nicht erhalten und gleichzeitig würden Frauen tenden- ziell vom Arbeitsmarkt ferngehalten. Ich habe mich da- her für eine Lösung eingesetzt, die der Lebenswirklich- keit einer Stadt wie Berlin ebenso gerecht wird wie den ländlichen Regionen Bayerns. Diese Kritik, die ich mit vielen Kollegen der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion geäußert habe, hat in den Bera- tungen des Gesetzes nunmehr zu spürbaren Verbesserun- gen geführt: Das Betreuungsgeld wird auf Leistungen der Grund- sicherung angerechnet. So werden Fehlanreize vermie- den, die bei bildungsfernen Familien hätten entstehen können. Das Betreuungsgeld wird nicht immer als Barleistung ausgezahlt. Familien, die die Leistung nicht ausgezahlt erhalten wollen, können das Betreuungsgeld alternativ auch zur privaten Altersvorsorge oder zum Bildungsspa- ren einsetzen. Sie erhalten einen zusätzlichen Bonus von 15 Euro im Monat. Gleichzeitig beteiligt sich der Bund mit weiteren 580 Millionen Euro am Kitaausbau, um die Vereinbar- keit von Familie und Beruf besser zu gewährleisten. Bei aller Kritik, die ich nach wie vor am Betreuungs- geld habe, anerkenne ich, dass unserer Kritik Rechnung getragen wurde. Ich bin mir zudem auch meiner Verant- wortung als Abgeordneter der christlich-liberalen Koali- tion bewusst. Ich will, dass wir eine starke und hand- lungsfähige Regierung haben, die sich auf eine stabile 25096 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 205. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. November 2012 (A) (C) (D)(B) Parlamentsmehrheit verlassen kann. Demokratie heißt auch, den Mehrheitswillen zu akzeptieren. Dieses Prin- zip erachte ich als wichtig. Ich werde daher mit meiner Fraktion für das Betreuungsgeld stimmen. Beatrix Philipp (CDU/CSU): Mit dem Betreuungs- geldergänzungsgesetz – Drucksache 17/11315 – und dem Änderungsantrag zum Betreuungsgeldgesetz – Druck- sache 17/11404 – haben wir als christlich-liberale Koali- tion erhebliche Verbesserungen gegenüber dem ur- sprünglichen Betreuungsgeldgesetzentwurf erreicht. So sieht das Betreuungsgeldergänzungsgesetz in der jetzigen Fassung drei Wahlmöglichkeiten vor: Baraus- zahlung des Betreuungsgeldes, Einzahlung einschließ- lich eines zusätzlichen Bonus von 15 Euro monatlich entweder in eine zusätzliche private Altersvorsorge – Al- tersvorsorgevertrag oder Basisrentenversicherung – oder Einzahlung auf ein Bildungskonto für das Kind. Auch der Änderungsantrag, der die Härtefallregelung bei schwerer Krankheit, Schwerbehinderung oder Tod der Eltern von bisher zehn auf 20 Wochenstunden Kita- besuch im Durchschnitt des Monats ausdehnt, ist eine wesentliche Verbesserung. Ungeachtet dieser Verbesserungen habe ich erhebli- che Bedenken in Bezug auf das Betreuungsgeldgesetz in der vorliegenden Form. Die Einführung eines Anspruchs auf Betreuungsgeld bei Nichtinanspruchnahme einer öffentlich geförderten Einrichtung bedeutet für mich eine Abkehr von bisher gültigen Prinzipien. Eine solche „Ausgleichszahlung“ ist in unserem Rechtssystem bisher nicht vorgesehen, auch nicht bei der Nichtinanspruchnahme anderer öffentlich geförderter Einrichtungen wie Opern, Studienplätzen, Schwimmbädern und dem ÖPNV. Zudem haben alle Eltern die gleiche Möglichkeit, das staatlich geförderte Angebot an Kitaplätzen zu nutzen. Es in Anspruch zu nehmen oder aber bewusst darauf zu verzichten, ist Ausdruck des grundrechtlich geschützten Freiheitsrechtes. Wer staatlich geförderte Betreuungsan- gebote nicht nutzt, macht von seinem quasi negativen Freiheitsgrundrecht Gebrauch und verzichtet damit be- wusst auf ein ihm vom Staat gemachtes Angebot der Freiheitsbetätigung. Er erleidet aber keinen Nachteil, den der Staat mit der Zahlung von 100 bzw. 150 Euro monatlich zu kompensieren hat. Ich befürchte dagegen eher, dass das Betreuungsgeld Fehlanreize bieten könnte, die zulasten der Kinder ge- hen: Um den Anspruch auf das Betreuungsgeld nicht zu verlieren, könnten beide Elternteile, denen es nach die- sem Gesetz gestattet ist, Vollzeit berufstätig zu sein, die Betreuung in nicht qualifizierte Hände geben und damit der Schwarzarbeit wieder Vorschub leisten. Eltern könn- ten die Betreuung durch geringfügig Beschäftigte und nicht qualifizierte Betreuungspersonen zum Beispiel ei- ner Betreuung durch öffentlich geförderte qualifizierte Tagesmütter und -väter vorziehen, um den Anspruch auf das Betreuungsgeld nicht zu verlieren. Mir ist es darüber hinaus wichtig und immer wichtig gewesen, dass wir die Erziehungsleistungen aller Eltern honorieren. Die im Betreuungsgeldgesetzentwurf enthal- tene Berichtspflicht der Bundesregierung über die Aus- wirkungen des Betreuungsgeldes ist mir ein besonderes Anliegen. Gerade im Bereich der Kindertagespflege ha- ben unsere politischen Entscheidungen in den letzten Jahren dazu beigetragen, die Arbeit der Tagesmütter und -väter anzuerkennen und aus dem Bereich der Schwarz- abreit herauszuholen. Ich werde mit großer Aufmerk- samkeit diesen Bericht zur Kenntnis nehmen, der bis zum 31. Dezember 2015 vorzulegen ist, und erwarte, dass sich daraus ergebende Konsequenzen auch gezogen werden. Trotz aller Bedenken bin ich mir aber meiner Verant- wortung als Mitglied der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bewusst und stimme daher dem Gesetz zur Einführung eines Betreuungsgeldes – Drucksache 17/9917 –, dem Gesetz zur Ergänzung des Betreuungsgeldgesetzes – Druck- sache 17/11315 – und dem Änderungsantrag der CDU/CSU- und FDP-Bundestagsfraktion – Ducksache 17/11404 – zu. Cornelia Pieper (FDP): Meine Entscheidung, beim Betreuungsgeldgesetz mit Nein zu stimmen, treffe ich als Bundestagsabgeordnete, die zuallererst ihrem Gewis- sen verpflichtet ist. Es geht heute um den wichtigsten Schatz, den unser Land besitzt, unsere Kinder und um ihre Zukunft. Sie frühzeitig zu fördern, bedeutet, ihnen die besten Chan- cen für ihren Lebensweg zu eröffnen und Kinder mit Mi- grationshintergrund besser in unser Land zu integrieren. Die Gehirnforschung und die Bildungswissenschaft haben der Politik längst ins Stammbuch geschrieben, dass der Mensch nie wieder so schnell und intensiv lernt wie im frühkindlichen Alter. Deshalb ist es Aufgabe der Politik, für Eltern, die es wünschen, und das ist die große Mehrheit unserer Bevölkerung, ein ausreichendes Ange- bot an Kinderbetreuungsplätzen zu schaffen. Nur so ge- lingt es, Wahlfreiheit zu ermöglichen und ihnen die Ent- scheidung zu erleichtern, ob sie ihre Kinder zu Hause erziehen möchten oder den Kitaplatz nutzen. In Deutsch- land fehlen 220 000 Krippenplätze, und solange diese Lücke nicht geschlossen ist, kann man nicht von Wahl- freiheit sprechen. Am wichtigsten ist mir jedoch, zu betonen, dass das Geld, welches der Staat investiert, bei den Kindern selbst oder, besser gesagt, in deren Köpfen ankommt. Diese Regierungskoalition ist angetreten, die Bil- dungsrepublik Deutschland zu schaffen. Dazu haben sich Union und FDP neben der Konsolidierung des Haushalts vorgenommen, innerhalb von vier Jahren rund 12 Milliarden Euro in Bildung und Forschung zu inves- tieren. Noch nie gab es eine Bundesregierung, die so viel in Bildung und Forschung investiert hat. Es ist falsch, mit dem Betreuungsgeld davon abzuweichen. Seitdem ich Politik mache, beginnend 1990 als sozial- und familienpolitische Sprecherin der FDP-Landtags- fraktion in Sachsen-Anhalt, habe ich mich für einen Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 205. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. November 2012 25097 (A) (C) (D)(B) Rechtsanspruch auf Krippen-, Kindergarten- und Schul- hort-, also Ganztagsplätze, eingesetzt. Heute hat Sach- sen-Anhalt einen Rechtsanspruch für Kinder von 0 bis 14 Jahren, eine flächendeckende Kinderbetreuung und ist damit Vorbild für ganz Deutschland. Genau das gilt es, im Interesse der Kinder und ihrer bestmöglichen Ent- wicklung im ganzen Land zu erreichen. Für mich zieht sich das Credo für bessere, gleiche Bil- dungschancen wie ein roter Faden durch mein politi- sches Leben. Deshalb werde ich heute dem Betreuungs- geldgesetz nicht zustimmen. Es ist für mich eine Frage der Glaubwürdigkeit und der Zukunft unseres Landes. Gisala Piltz (FDP): Ich habe heute dem Gesetz zur Einführung eines Betreuungsgeldes zugestimmt. Meine Zustimmung erfolgte vor dem Hintergrund, dass dieses Gesetz Teil eines politischen Gesamtkompromisses ist, den ich im Ergebnis für gut halte und ihn daher auch un- terstütze. Zu diesem Gesamtkompromiss gehört insbesondere das Bekenntnis der Koalitionsfraktionen zur verstärkten Haushaltskonsolidierung. Denn das Gesetz steht im poli- tischen Zusammenhang zum Beschluss des Koalitions- ausschusses vom 4. November 2012 unter dem Titel „Stetiges Wachstum und sichere Arbeitsplätze für ein starkes Deutschland“. Darin ist vereinbart, einen struktu- rell ausgeglichenen Haushalt 2014 zu beschließen. Einige mögen einen Widerspruch darin erkennen, dass man in diesem Zusammenhang ein Leistungsgesetz ein- führt, das jährlich Kosten in Höhe von circa 1,2 Milliar- den Euro verursachen kann. Auch für mich wäre es völlig falsch, neue Sozialleistungen durch zusätzliche Verschul- dung einzuführen. Die Vereinbarung eines strukturell ausgeglichenen Haushaltes führt jedoch zu einem Ein- sparvolumen von etwa 7 Milliarden Euro gegenüber dem aktuellen Regierungsentwurf für den Haushalt 2014. Wenn aber nun als Gegenleistung für eine Ausgabe an ei- ner Stelle ein Vielfaches an Einsparung an anderer Stelle steht, dann ist das mit Blick auf finanzielle Solidität und Generationengerechtigkeit ein tragbarer Kompromiss. Insgesamt führt der Kompromiss zu weniger Schulden und einer strukturellen schwarzen Null. Nur aus diesem Grund stimme ich dem Betreuungsgeld zu. Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU): Der Einführung eines Betreuungsgeldes kann ich nicht zu- stimmen. Dabei halte ich die Kritik der Opposition zum Teil allerdings für falsch und unberechtigt. Ich gehe da- von aus, dass die Erziehung eines Kindes im familiären Umfeld in den ersten drei Lebensjahren auch ohne profes- sionelle Betreuung in aller Regel eine gute Entwicklung des Kindes gewährleistet und dieses Familienmodell im Rahmen der Wahlfreiheit auch keiner Rechtfertigung be- darf. Ich habe außerdem selbst als Mutter von drei Kin- dern erlebt, dass die frühere rot-grüne Regierung Nord- rhein-Westfalens über Jahrzehnte nichts dafür getan hat, die damalige Betreuungssituation zu verbessern: Nur für unter 4 Prozent der Kinder unter drei Jahren standen nach 40 Jahren Regierung von SPD bzw. SPD und Grünen 2005 Krippenplätze zur Verfügung. Dabei galten damals die gleichen Bildungs- und Gleichstellungsaspekte wie heute; diese waren der damaligen Landesregierung aber offenbar gleichgültig. Wer das zu verantworten hat, hat heute kein Recht, von einer bildungspolitischen Katastro- phe oder Herdprämie zu sprechen. Der Ansatz, dass der Verzicht auf einen öffentlich ge- förderten Betreuungsplatz einen Ausgleich erfordert, überzeugt aber nicht. Ein Ausgleich für die Nichtinan- spruchnahme einer öffentlich geförderten Infrastruktur- einrichtung ist unserem Recht bislang fremd; wer nicht studiert, wer nicht in die Oper geht, erhält keinen Aus- gleich dafür, dass andere ein kostenträchtiges öffentli- ches Angebot nutzen. Das gilt erst recht, wenn der Ver- zicht auf eine kommunale Sachleistung durch eine Barleistung des Bundes kompensiert werden soll. Es ist besonders ärgerlich, dass dieser Gedanke erstmals zum Tragen kommt bei einer Leistung, die in der Praxis vor allem berufsorientierten jungen Müttern zugutekommt. Ein Familienmodell, in dem ein Elternteil zugunsten von Kindererziehung auf eigenes Erwerbseinkommen verzichtet, wird bereits durch die beitragsfreie Mitversi- cherung in der Sozialversicherung und Ehegattensplitting unterstützt. Wer Betreuung in Anspruch nimmt, um be- rufstätig zu sein, erbringt erhebliche zusätzliche Steuer- und Beitragszahlungen und wird durch seine berufliche Selbstständigkeit auch im späteren Lebensverlauf weni- ger auf Transferleistungen angewiesen sein. Die Kosten des Betreuungsplatzes werden so meist an anderer Stelle gegenfinanziert. Ohnehin sieht die Rechnung aus der Perspektive der Eltern anders aus: Hohen Betreuungskosten auf der einen Seite stehen zusätzliche 150 Euro auf der anderen Seite gegenüber. Muss vom Verdienst neben zusätzlichen Steu- ern – oft in Steuerklasse V –, Beiträgen, Werbungskosten, Betreuungsgebühren auch noch der Verzicht auf das Be- treuungsgeld abgezogen werden, lohnt sich Berufstätig- keit von Müttern in den ersten drei Lebensjahren eines Kindes noch weniger; langfristige Folgen eines längeren Berufsausstiegs – gerade auch bei mehreren Kindern – werden dabei schnell übersehen, schmälern aber letztlich dauerhaft die beruflichen Optionen des betreuenden El- ternteils, zumeist der Mutter. Dazu sollten wir keinen weiteren Anreiz setzen. Aus meiner früheren Erfahrung als Familienrichterin kenne ich Familien, in denen Kinder nicht angemessen gefördert werden. Für diese bietet der neue Anspruch auf Krippenbetreuung ein Stück Chancengerechtigkeit; gra- vierendere familienrechtliche Maßnahmen und gesell- schaftliche Folgekosten können so vermieden werden. Es ist inkonsequent und in diesen Fällen sogar schädlich, wenn ein Anreiz zum Verzicht auf dieses neu geschaf- fene Angebot gesetzt wird. Ich begrüße immerhin, dass mit der Option Altersvor- sorge bzw. Bildungssparen Leistungsformen gefunden worden sind, die auch Empfängern von Grundsicherung einen Vorteil sichern. Angesichts der hohen gesellschaftlichen Bedeutung und leitbildprägenden Wirkung kann ich die Entschei- 25098 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 205. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. November 2012 (A) (C) (D)(B) dung meiner Fraktion nicht mittragen und enthalte mich deshalb bei der Abstimmung. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE): zur Abstimmung über den Entwurf eines Geset- zes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs in stationären Vorsorge- oder Rehabilitationsein- richtungen (Zusatztagesordnungspunkt 11) Ich stimme dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs in stationären Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen zu, weil damit sechs Jahre (!) nach dem offiziellen Auftakt von ForseA zur Kampagne „Ich muss ins Krankenhaus ... und nun?“ einer – wenn auch nur kleinen – Gruppe von Menschen mit Behinderungen eine bessere Versorgung während ihres Aufenthaltes in einer Vorsorge- oder Re- habilitationseinrichtung ermöglicht wird. Ich stimme dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs in stationären Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen zu, weil diese Koalition nun endlich das tut, was die Linke seit drei Jahren im Bundestag fordert. Ich stimme dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs in stationären Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen zu, obwohl dieses Gesetzchen weiterhin mit einem gravierenden Mangel behaftet ist. Für eine große Gruppe der Betroffe- nen gilt das Gesetz weiterhin nicht, weil sie ihre Assis- tenz nicht über das „Arbeitgebermodell“ organisieren. Ich stimme dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs in stationären Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen zu, obwohl den Antrag der Linken „Assistenzpflege bedarfsgerecht sichern“ die Fraktionen der CDU/CSU und FDP heute ablehnen und sich die SPD der Stimme enthält. Ich stimme – im Unterschied zu CDU/CSU und FDP sowie der SPD – auch für den Antrag der Linken „Assis- tenzpflege bedarfsgerecht sichern“, weil mit diesem An- trag der Assistenzpflegebedarf auch dann sichergestellt wäre, wenn pflegebedürftige Menschen und/oder Men- schen mit Behinderungen während eines stationären Aufenthalts im Krankenhaus und in Vorsorge- oder Re- habilitationseinrichtungen die für sie in der Regel tätigen Pflegekräfte nicht nach dem sogenannten Arbeitgeber- modell beschäftigen. Ich stimme – im Unterschied zu CDU/CSU und FDP sowie der SPD – auch für den Antrag der Linken „Assis- tenzpflege bedarfsgerecht sichern“, weil es im Sinne der betroffenen Menschen und ihrer Angehörigen ist, weil die Begründungen von CDU/CSU, FDP und SPD für diese Ablehnung – nachlesbar in der Beschlussempfeh- lung 17/11396 – abstrus sind und weil ich die Hoffnung habe, dass es keine weiteren drei Jahre braucht, bis auch aus dieser Forderung eine gesetzliche Regelung wird. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Ein- richtung eines Sozialen Arbeitsmarktes; An- trag: Sozialen Arbeitsmarkt dauerhaft über Passiv-Aktiv-Transfer ermöglichen – Teilhabe für alle durch sozialversicherungspflichtige Be- schäftigung im allgemeinen Arbeitsmarkt (Ta- gesordnungspunkt 8 a und b) Ulrich Lange (CDU/CSU): Die Grünen fordern die Schaffung eines Sozialen Arbeitsmarktes auf der Grund- lage des § 16 e SGB II – Förderung von Arbeitsverhält- nissen. Gesprochen wird von circa 200 000 Personen, die mindestens 24 Monate arbeitslos sind und multiple Vermittlungshemmnisse aufweisen. Höchstgrenze des Beschäftigungszuschusses soll auf bis zu 100 Prozent – derzeit 75 Prozent – ausgeweitet, die Förderdauer um jeweils bis zu 24 Monate verlängert werden. Zur Finan- zierung der Beschäftigungszuschüsse des § 16 e SGB II sollen passive Leistungen in Arbeitsentgelt umgewan- delt werden können. Der Antrag klingt ja recht schön, bei genauerem Hin- sehen wird jedoch deutlich, dass der Gesetzentwurf rechtlichen Bedenken begegnet und fachlich keinen Mehrwert bringt. Es gibt derzeit schon eine Vielzahl an Arbeitsmarktinstrumenten: Erstens. Mit der am 1. April 2012 in Kraft getretenen Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente wurden gerade Fördermöglichkeiten für Personen mit schwer- wiegenden Vermittlungshemmnissen deutlich erweitert. Insbesondere die Maßnahmen zur Aktivierung und be- ruflichen Eingliederung nach § 45 SGB III bieten viel- fältige Möglichkeiten wie Maßnahmen zur Orientierung und Aktivierung – O+A –, wo über einen Zeitraum von mehreren Monaten Zusatzhilfe geleistet wird, zum Bei- spiel durch Bewerbungscoaching. Zweitens. Langzeitarbeitslose können vom Jobcenter einen Vermittlungsgutschein – heute: Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein – in der Höhe von bis zu 2 500 Euro für eine private Vermittlung in ein versiche- rungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis – § 45 SGB – erhalten. Drittens. Begleitet wird diese Unterstützung durch die Förderung der beruflichen Weiterbildung, FBW. Qualifi- zierung ist die Grundvoraussetzung für den Erhalt einer Arbeitsstelle, insbesondere bei dem derzeitigen Fach- kräftemangel bietet dies super Chancen. Viertens. Ein weiteres Instrument ist aber auch die Förderung von Selbstständigkeit. So können ein Ein- stiegsgeld – § 16 b SGB Il – zur Unterstützung und För- derung der Selbstständigkeit und/oder Leistungen zur Eingliederung von Selbstständigen zur Beschaffung von Sachgütern – § 6 c SGB II – bewilligt werden. Fünftens. Zudem wurde der Handlungsrahmen zu- sätzlich dadurch erweitert, dass in der Freien Förderung – § 16 f SGB II – das Aufstockungs- und Umgehungs- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 205. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. November 2012 25099 (A) (C) (D)(B) verbot für den Personenkreis der Langzeitarbeitslosen aufgehoben wurde. Sechstens. Häufig eingesetzt wird im Jobcenter der Eingliederungszuschuss – EGZ –, der 30 bis 50 Prozent der Lohnkosten beträgt, der aber den Arbeitgeber ver- pflichtet, den Arbeitnehmer nach der Förderung mindes- tens den Förderzeitraum weiter zu beschäftigen. Siebtens. Bei der Förderung von Arbeitsverhältnissen – FAV – nach § 16 e gibt es derzeit schon Lohnzu- schüsse von bis zu 75 Prozent. Für langzeitarbeitslose Menschen auch mit besonde- ren Vermittlungshemmnissen gibt es demnach zusätzlich zur öffentlich geförderten Beschäftigung eine breite Pa- lette an Fördermöglichkeiten. Kommen wir aber noch einmal auf den Antrag der Grünen zurück. Anstatt der bisherigen Förderung von 75 Prozent Beschäftigungszuschuss fordern die Grünen jetzt 100 Prozent. Der Beschäftigungszuschuss des § 16 e SGB II gleicht stets eine Minderleistung aus. Die Höhe des Beschäftigungszuschusses richtet sich nach der Leistungsfähigkeit des Leistungsberechtigten. Wäre der Leistungsberechtigte zu 100 Prozent nicht in der Lage, die Erwerbstätigkeit auszuüben, könnte er schwer- lich als erwerbsfähig im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB II gelten, sodass die Leistungsberechtigung denklogisch verloren ginge. Denn um erwerbsfähig zu sein, müsste ein Leistungsberechtigter mindestens in der Lage sein, drei Stunden täglich eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Zudem darf aus EU-beihilferechtlichen Gründen beim wettbewerblich ausgerichteten Arbeitgeber kein „Plus“ entstehen. Der Beschäftigungszuschuss darf nur das umfassen, was der Arbeitgeber aufgrund der vermin- derten Produktivität des Leistungsberechtigten verliert. Würden hier trotz vorhandener Produktivität des Arbeit- nehmers Lohnkosten bis zu 100 Prozent übernommen, wäre die Folge eine Überkompensation des Arbeitge- bers. Dies wäre eine Wettbewerbsverzerrung. Ja, meine lieben Grünen, allein diese Begründung müsste für Sie Grund genug sein, Ihren Antrag zurück- zuziehen. Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass es der christlich-liberalen Koalition gelungen ist, die Ar- beitslosigkeit massiv zu senken. Bundesweit ist die Zahl der Arbeitslosen auf 2,753 Millionen gesunken, ein Rückgang um 35 000 gegenüber September 2012. Die so- zialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse sind auf über 29,13 Millionen gestiegen, 472 000 mehr als noch vor einem Jahr. Die Schaffung von sozialversi- cherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen ist die Grundvoraussetzung für die Integrierung der Langzeitar- beitslosen in unseren Arbeitsmarkt. Ich fasse zusammen: Durch unsere Politik haben wir die Grundvoraussetzungen für einen günstigen Arbeits- markt geschaffen, und wir haben die geeigneten Instru- mente zur Integrierung auch der Langzeitarbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt. Die vorgelegten Anträge sind – sagen wir – missglückt und sind deshalb abzulehnen. Die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit, vor al- lem der verfestigten Sockelarbeitslosigkeit, ist ein wich- tiges Anliegen der Koalition. Wir wollen jedoch zu- nächst die Reform der Instrumente wirken lassen und dann Bilanz ziehen. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom 20. Oktober 2011 in der Rechtssache C-284/09 (Tagesord- nungspunkt 48) Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): Der vorliegende Ge- setzentwurf zur Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofes – EuGH – vom 20. Oktober 2011 in der Rechtssache C-284/09 behandelt eine schwer verständli- che steuerrechtliche Thematik. Es geht um die steuerli- che Behandlung von Gewinnausschüttungen zwischen verbundenen Kapitalgesellschaften, bei denen die Mut- ter im Ausland und die Tochter im Inland liegt. Das Pro- blem schwelt bereits seit einigen Jahren, die EU-Kom- mission leitete ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein, dieses endete letztlich in dem erwähn- ten EuGH-Urteil. Der EuGH kritisiert die unterschiedli- che steuerliche Behandlung von inländischen und aus- ländischen Kapitalgesellschaften. Diese verstoße gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, und deshalb verlangt der EuGH auch die rückwirkende Erstattung für alle noch nicht bestandskräftig veranlagten Fälle. Demnach muss jetzt dringend eine gesetzliche Rege- lung gefunden werden. Das Ganze ist sehr kompliziert, schwer erklärbar und trotzdem keine hinreichende Be- gründung für Ihren mit heißer Nadel gestrickten Lö- sungsvorschlag. Konkret geht es um die steuerliche Behandlung aus- geschütteter Dividenden. Generell gilt, dass Dividenden, die von einer Kapitalgesellschaft an eine andere ausge- schüttet werden, auf der Ebene des empfangenen Unter- nehmens zu 95 Prozent von der Körperschaftsteuer be- freit sind – § 8 b Abs. 1 und 5 KStG. Damit soll letztlich eine Mehrfachbesteuerung durch die Körperschaftsteuer vermieden werden. Jedoch unterliegen diese Dividen- denausschüttungen zwischen Kapitalgesellschaften nach § 43 Abs. 1 Satz 3 EStG der Kapitalertragsteuer, all- gemein nur bekannt als Abgeltungsteuer. Dies stellt für inländische Kapitalgesellschaften keine endgültige Be- lastung dar, auch nicht für ausländische Kapitalgesell- schaften, die im Inland über eine Betriebsstätte verfügen. Steuerbelastend wirkt es nur für im Ausland ansässige Kapitalgesellschaften, die über keine inländische Be- triebsstätte verfügen, beispielsweise wenn die empfan- gende Kapitalgesellschaft außerhalb des EU-/EWR- Raums ansässig ist oder wenn sie innerhalb der EU oder EWR ansässig ist und ihre Beteiligung an der die Divi- denden auszahlenden inländischen Tochter unter 10 Pro- zent liegt. 25100 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 205. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. November 2012 (A) (C) (D)(B) Nun gibt es verschiedene Möglichkeiten, das beste- hende Problem zu lösen: Die erste Möglichkeit ist die der Bundesregierung. In dem Falle wird für alle EU-/EWR-Kapitalgesellschaften die Anrechnung und Erstattung der Abgeltungsteuer auf inländische Dividenden gewährt. Das ist mit veran- schlagten mindestens 500 Millionen Euro pro Jahr die teuerste Variante und würde einen relativ kleinen Kreis von Unternehmen zusätzlich begünstigen. Das ist für uns die schlechteste aller Lösungen. Denn mit dieser Rege- lung wird ein bereits bestehendes Steuerprivileg ausge- baut. Die heute bereits bestehende körperschaftsteuerli- che Befreiung für Kapitalgesellschaften ist jetzt schon ein Einfallstor für Steuergestaltungen und gehört allge- mein auf den Prüfstand, statt hier kritiklos ausgebaut zu werden. Der zweite Vorschlag ist der des Bundesrates. Dieser will die Steuerbefreiung für Kapitalerträge aus Streube- sitz bis zu einer Beteiligungshöhe von 10 Prozent gene- rell aufheben. Dies entspräche der Regelung nahezu aller europäischen Staaten, wonach die Steuerfreiheit für Di- videnden und Veräußerungsgewinne nur bei Überschrei- ten einer Mindestbeteiligungsquote zu gewähren ist. Diese Lösung würde bei verschachtelten Beteiligungen zu einer Mehrfachbesteuerung führen. Das widerspricht der Steuergerechtigkeit. Die dritte Möglichkeit, die wir bevorzugen, ist die Rückkehr zum Vollanrechnungsverfahren, das heißt jede beteiligte Kapitalgesellschaft muss Steuern abführen. Eine Mehrfachbesteuerung wird durch Anrechnung der bereits gezahlten Steuern verhindert. Sie sehen, es gibt auch mehr als zwei Lösungen, und ich hoffe, dass wir in der Anhörung sowie in den Bera- tungen im Finanzausschuss die verschiedenen Möglich- keiten debattieren werden. Einige Bundesländer kündig- ten im Übrigen bereits ihren Widerstand gegen den Vorschlag der Bundesregierung an. Anlage 8 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 902. Sitzung am 2. No- vember 2012 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Ab- satz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Gesetz zum Vorschlag für einen Beschluss des Ra- tes zur Festlegung eines Mehrjahresrahmens (2013-2017) für die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte – Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps (EU-Leerverkaufs-Ausführungsgesetz) – Gesetz zur Neuordnung der Postbeamtenversor- gungskasse (PVKNeuG) – Gesetz zur Änderung personenbeförderungsrecht- licher Vorschriften – Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Statis- tik im Produzierenden Gewerbe – Gesetz zu dem Abkommen vom 29. Juni 2012 zwi- schen der Bundesrepublik Deutschland und dem Globalen Treuhandfonds für Nutzpflanzenvielfalt über den Sitz des Globalen Treuhandfonds für Nutzpflanzenvielfalt – Gesetz zu dem Abkommen vom 3. Juli 2009 zwi- schen der Regierung der Bundesrepublik Deutsch- land und der Regierung von Bermuda über den Auskunftsaustausch in Steuersachen – Gesetz zu dem Abkommen vom 28. Oktober 2011 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Montserrat über die Unterstützung in Steuer- und Steuerstraf- sachen durch Informationsaustausch Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit- geteilt, dass sie die nachstehenden Anträge zurückzieht: – Bürokratieabbau vorantreiben: Kleine Unternehmen von der Bilanzierungspflicht befreien auf Drucksache 17/3221, – Berichte zur NS-Vergangenheit des Bundesministe- riums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau- cherschutz veröffentlichen auf Drucksache 17/4696 – Personelle und institutionelle Kontinuitäten und Brü- che in deutschen Ministerien und Behörden der frü- hen Nachkriegszeit hinsichtlich NS-Vorgängerinstitu- tionen systematisch untersuchen auf Drucksache 17/6318 und – Pakistan – Für eine aktive Einbindungsdiplomatie, Stärkung der demokratischen Kräfte und eine verläss- liche Entwicklungszusammenarbeit auf Drucksache 17/8492 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Innenausschuss – Bericht gem. § 56a GO-BT des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Technikfolgenabschätzung (TA) TA-Projekt: Gefährdung und Verletzbarkeit moderner Gesellschaften – am Beispiel eines großräumigen Aus- falls der Stromversorgung – Drucksache 17/5672 – Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsfüh- rung 2012 Mitteilung gemäß § 37 Absatz 4 der Bundeshaushalts- ordnung über die Einwilligung in eine überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 11 13 Titel 636 85 – Zuschüsse zu Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 205. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. November 2012 25101 (A) (C) (D)(B) den Beiträgen zur Rentenversicherung der in Werkstät- ten und Integrationsprojekten beschäftigten behinder- ten Menschen – bis zur Höhe von 24 Mio. Euro – Drucksachen 17/10725, 17/10879 Nr. 1.5 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht nach § 99 der Bundeshaushaltsordnung über den Vollzugsaufwand bei der Gewährung von Unter- haltsvorschuss und Wohngeld an Kinder mit Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsu- chende – Drucksache 17/10322 – Ausschuss für Wirtschaft und Technologie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Sondergutachten der Monopolkommission gemäß § 44 Absatz 1 Satz 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbs- beschränkungen Die 8. GWB-Novelle aus wettbewerbsrechtlicher Sicht – Drucksache 17/8541 – Ausschuss für Gesundheit – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen zur Evaluierung der Ausnahmeregelungen von der Zu- zahlungspflicht – Drucksache 17/8722 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Drucksache 17/8515 Nr. A.35 Ratsdokument 18899/11 Drucksache 17/10208 Nr. A.12 Ratsdokument 10873/12 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 17/11108 Nr. A.14 Ratsdokument 13716/12 Drucksache 17/11108 Nr. A.15 Ratsdokument 13745/12 Drucksache 17/11108 Nr. A.16 Ratsdokument 13957/12 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 17/10710 Nr. A.59 Ratsdokument 12733/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.60 Ratsdokument 12747/12 Drucksache 17/11108 Nr. A.22 Ratsdokument 14400/12 Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Drucksache 17/8515 Nr. A.46 Ratsdokument 18621/11 Drucksache 17/11108 Nr. A.24 Ratsdokument 14150/12 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 17/10710 Nr. A.68 Ratsdokument 12847/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.70 Ratsdokument 13183/12 Drucksache 17/11108 Nr. A.26 Ratsdokument 12846/12 205. Sitzung Inhaltsverzeichnis ZP 9 Betreuungsgeld TOP 42, ZP 10 Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ZP 11 Assistenzpflegebedarf und Praxisgebühr TOP 44 Altersgrenze beim Unterhaltsvorschuss TOP 43 Bericht zum Stand der deutschen Einheit 2012 TOP 8 Sozialer Arbeitsmarkt TOP 45 Zusammenarbeit mit Russland TOP 48 Umsetzung EuGH-Urteil – freier Kapitalverkehr – Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Gabriele Molitor


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen

    und Kollegen! Vor zwei Wochen stand an diesem
    Rednerpult ein Mann mit Downsyndrom. Er war Teil-
    nehmer der ersten Veranstaltung „Menschen mit Behin-
    derung im Deutschen Bundestag“, wo sich knapp
    300 Menschen mit Behinderungen versammelt haben,
    um mit uns gemeinsam zu diskutieren, wie ein besseres
    Miteinander funktionieren kann. Menschen mit Behin-
    derungen wissen am besten, was passieren muss, damit
    dieses selbstverständliche Miteinander realisiert werden
    kann.

    Ich freue mich, dass wir heute mehrere behinderten-
    politische Anträge zu beraten haben, weil dadurch deut-
    lich wird, dass Behindertenpolitik eine Querschnittsauf-
    gabe ist, dass es aber auch eine Aufgabe ist, die nicht nur
    unser Land betrifft, sondern auch für die Zusammen-
    arbeit mit anderen Ländern wichtig ist. Denn wir reden
    hier von einem Menschenrecht. Wir sollten alles daran-
    setzen, die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderun-
    gen dort, wo sie noch immer besteht, zu beenden.


    (Beifall im ganzen Hause)


    Gerade an einem Tag wie heute ist es wichtig, noch
    einmal daran zu erinnern, wie in früheren Zeiten mit
    Menschen mit Behinderungen umgegangen wurde. Im
    Dritten Reich ist mit der Euthanasie schlimmstes Un-
    recht begangen worden. Daran muss man bei einer sol-
    chen Debatte auch erinnern.


    (Gitta Connemann [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


    Nach dem Krieg war man der Meinung, man müsste
    Menschen mit Behinderung in Sonderwelten unterbrin-
    gen und ihnen mit besonders intensiver Betreuung
    begegnen. Bis in die 70er-Jahre hinein hat man Behinde-
    rung und Beeinträchtigung als persönliches und funktio-
    nales Defizit verstanden. Erst die UN-Behinderten-
    rechtskonvention hat hier ein neues Denken eröffnet;
    seitdem wird Behinderung als Form menschlichen Le-
    bens verstanden.

    Der in der Konvention verwendete Begriff „Inklu-
    sion“ – ich merke immer wieder, dass man diesen Be-
    griff erklären muss; er ist nicht ohne Weiteres verständ-
    lich – kennzeichnet dieses Umdenken. Das bedeutet,
    dass die Gesellschaft Bedingungen herstellen muss, un-
    ter denen Behinderung nicht zur Benachteiligung wird.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    In diesem Zusammenhang ist zu sagen, dass der Natio-
    nale Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung
    der UN-Behindertenrechtskonvention eine vorbildliche
    Gesamtstrategie enthält.

    Auch wenn wir hier viele Gemeinsamkeiten sogar
    über die Fraktionsgrenzen hinweg feststellen, muss ich
    an dieser Stelle doch sagen, dass es mich wundert, wenn
    in dem Antrag von der SPD der richtige Weg darin gese-
    hen wird, Gleichstellung und ein vorurteilsfreies Mit-
    einander mit Gesetzesverschärfungen und Sanktionen
    auf den Weg bringen zu wollen. Inklusion lässt sich

    nicht erzwingen. Sie muss noch weit über das hinausge-
    hen, was der Gesetzgeber bewerkstelligen kann.


    (Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Man muss aber den Rahmen schaffen!)


    Ich freue mich über unseren gemeinsamen Antrag,
    der die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinde-
    rung zum Grundsatz der deutschen Entwicklungspolitik
    macht. Inklusion ist hier längst kein Fremdwort mehr.
    Wir werden die Ziele der UN-Behindertenrechtskonven-
    tion so auch nach und nach umsetzen.

    Was ist wichtig? Wir wollen Vorurteile von Anfang an
    vermeiden. Wir wissen: Es ist ein großes Plus, wenn
    Kinder in Kindertagesstätten erfahren, dass es normal
    ist, verschieden zu sein. Integrative Kindertagesstätten
    erfreuen sich großer Beliebtheit. Mit dem Eintritt in die
    Schule hört dieses Miteinander häufig auf. Ich glaube,
    hier besteht Handlungsbedarf. Gemeinsames Lernen
    muss auch hier einen wichtigen Platz haben. Ich sage
    aber auch, dass das Kindeswohl zu berücksichtigen ist.
    Es gibt durchaus eine Berechtigung für den Fortbestand
    der Förderschulen, wo sie zum Wohle der Kinder not-
    wendig sind.


    (Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Kein Applaus!)


    Warum ist gemeinsames Lernen so wichtig? Es ist
    wichtig, weil es Auswirkungen auf späteres gemeinsa-
    mes Arbeiten hat. Mir geht es sehr darum, dass Men-
    schen mit Behinderungen nicht nur in den Werkstätten
    einen Arbeitsplatz finden, sondern auch auf dem ersten
    Arbeitsmarkt. Viele stellen fest, dass mit der richtigen
    Assistenz, mit dem richtigen Coaching und mit entspre-
    chender Unterstützung wertvolle Mitarbeiter zur Verfü-
    gung stehen, die ihrer Tätigkeit mit Begeisterung nach-
    gehen. Gerade, wenn wir vom Fachkräftemangel reden,
    sollten wir auch Menschen mit Behinderung im Blick
    haben. Wir senden ein gutes Signal aus, wenn wir sagen:
    Wir brauchen euch. In diese Richtung müssen wir gehen,
    um mehr Teilhabe zu verwirklichen.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Der gesetzliche Rahmen ist das eine. Das andere ist:
    Die Gesellschaft insgesamt muss sowohl die Inklusion
    als auch die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskon-
    vention zu ihrem Anliegen machen. Denn eine inklusive
    Gesellschaft geht alle an. Gerade beim Stichwort „Barrie-
    refreiheit“ erkennt man: Alle profitieren davon, wenn
    die inklusive Gesellschaft Wirklichkeit wird.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

Jetzt hat der Kollege Dr. Ilja Seifert von der Fraktion

Die Linke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ilja Seifert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

    gen! Meine Damen und Herren draußen und hier auf den
    Tribünen! Heute vor zwei Wochen trafen sich 299 Men-





    Dr. Ilja Seifert


    (A) (C)



    (D)(B)


    schen mit den unterschiedlichsten Beeinträchtigungen
    und Bundestagsabgeordnete zum Erfahrungsaustausch.
    Wer von Ihnen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen,
    nicht dabei war, verpasste etwas. Diese Begegnung war
    inhaltlich und emotional ein großer Erfolg.


    (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Darauf können wir stolz sein. Der Bundestag zeigte, wie
    es aussieht, wenn ein Verfassungsorgan seine Verpflich-
    tungen aus der UN-Behindertenrechtskonvention ernst
    nimmt. Schade ist allerdings – so viel Selbstkritik muss
    sein –, dass die Anzahl der Gäste die der Gastgeber um
    ein Vielfaches überstieg.

    Anhand sehr praktischer Beispiele aus dem Alltag
    schilderten die Gäste, was ihr Leben so ausmacht. Der
    wichtigste Eindruck war: große Lebensfreude, enorme
    Lebenskraft. Da wurde nicht gejammert, da wurde nicht
    gebarmt. Aber wir erfuhren von alltäglicher Mühsal:
    bauliche und kommunikative Barrieren, schikanös klein-
    mütige Verwaltungs- bzw. Verhinderungs- und Verwei-
    gerungspraktiken, haarsträubende Gesetzesauslegung,
    offene oder versteckte, in jedem Fall aber kränkende und
    herabwürdigende Missachtung, fehlende Assistenz, sei
    es bei der Pflege, sei es bei der Arbeit, sei es in der Frei-
    zeit, sei es Gebärdenkommunikation, und vieles andere
    mehr.

    Diese Praxisschilderungen waren mit klaren Ansagen
    verbunden, mit klugen Forderungen und wohldurch-
    dachten Vorschlägen. Zu den inhaltlichen Kernbotschaf-
    ten gehörten unter anderem folgende Forderungen: Ver-
    bot jedweder Diskriminierung, Schaffung umfassender
    Barrierefreiheit sowie voller und gleichberechtigter Teil-
    habe.


    (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Eine der Forderungen, die in vielen Arbeitsgruppen und
    unter unterschiedlichsten Blickwinkeln immer wieder
    erhoben wurde, war: Assistenzleistungen in allen Le-
    benslagen und in jedem Alter, und zwar als Nachteils-
    ausgleich, also unabhängig von Einkommen und Vermö-
    gen; Frau Schmidt wies ja auch schon darauf hin.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Das, meine Damen und Herren, sind wahrlich keine
    neuen Erkenntnisse; sie wurden dieses Mal nur so kom-
    pakt, so authentisch und so schnörkellos vorgetragen,
    dass man sich ihrer Überzeugungskraft weder intellek-
    tuell noch emotional entziehen konnte. Ich will Ihnen
    anhand einiger Beispiele aufzeigen, was konkret ge-
    meint ist.

    Aber eine erste Schlussfolgerung darf ich schon ein-
    mal nennen: Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein
    Umsetzungsproblem. Allerdings ist die Erkenntnis of-
    fenbar noch sehr ungleich verteilt.

    Die Begegnung im Paul-Löbe-Haus zeigte, dass die
    Menschenrechtsdimension der UN-Behindertenrechts-
    konvention bei vielen der Entscheiderinnen und Ent-
    scheider offenbar längst noch nicht angekommen ist.
    Vielmehr denkt man diesseits der Barriere offenbar noch
    in Kategorien medizinischer Defizite, bestenfalls im
    Geiste der Wohltätigkeit. Es geht aber um Rechte, die
    den Menschen mit und ohne Behinderungen zustehen.
    Es geht weder um Gnade noch um Großherzigkeit; es
    geht um Ansprüche.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Behin-
    dertenrechtskonvention wurde vor sechs Jahren von der
    UNO-Vollversammlung angenommen. An ihrer Aus-
    arbeitung – das war für die Diplomaten in New York
    sehr ungewohnt – beteiligten sich Betroffene aus aller
    Welt. Sie gaben der Losung „Nichts über uns ohne uns!“
    praktische Gestalt. Was also brachte uns dieses Doku-
    ment?

    In Deutschland brauchten wir immerhin zwei Jahre,
    um die Konvention zu innerstaatlichem Recht zu ma-
    chen. Vonseiten der Betroffenen stand von vornherein
    die teilweise fehlerhafte und irreführende Übersetzung
    in der Kritik. Aber die Regierung erwies sich als hartlei-
    big: keine Änderung.

    Dem Ratifikationsgesetzentwurf beigefügt war eine
    Denkschrift. Ihr Inhalt lässt sich in zwei kurzen Sätzen
    zusammenfassen: Alles ist gut. Nichts müssen wir än-
    dern. – Zwar kritisierten in der Bundestagsdebatte viele
    Rednerinnen und Redner diese Denkschrift, dennoch
    wird sie heute noch gelegentlich als Argument für
    Nichts-tun-Wollen aus der Mottenkiste geholt und gilt
    dann als Wille des Gesetzgebers. Das war er wirklich
    nicht.

    Nach der Bundestagswahl 2009 färbte sich die Regie-
    rung von schwarz-rosa in schwarz-gelblich um. Sie er-
    kannte immerhin, dass ein Umsetzungsplan nötig sei.
    Um diesen zu erstellen, ließ sie sich gut anderthalb Jahre
    Zeit. Derweil veranstaltete die Regierung mit großem
    Brimborium und viel Geld etliche Einbeziehungsfesti-
    vals, bei denen Menschen mit Behinderungen ihre Er-
    wartungen an diesen Plan benennen sollten. Dort, im fe-
    derführenden Ministerium, müsste die Erkenntnis also
    längst vorhanden sein. Aber es gelang dem Ministerium,
    diese standhaft zu ignorieren. Der Nationale Aktionsplan
    atmet den Geist muffiger Verzögerungstaktik.


    (Maria Michalk [CDU/CSU]: Das ist wirklich unredlich! Die Betroffenen werden immer einbezogen!)


    Es konnte immerhin nicht verhindert werden, dass
    sich das Wissen um die große Bedeutung der Konven-
    tion verbreitet. Wir kommen also mit der Bewusstseins-
    bildung ein bisschen voran, nunmehr sogar bis in den
    Bundestag. Das ist erfreulich.

    Bedauerlicherweise lässt sich Bewusstsein jedoch
    nicht völlig ohne Inhalt bilden. Also drang auch der Slo-





    Dr. Ilja Seifert


    (A) (C)



    (D)(B)


    gan „Nicht über uns ohne uns!“ etwas weiter vor. Das
    heißt, Menschen mit Behinderungen und ihre Selbsthil-
    feorganisationen sind an politischen Entscheidungen zu
    beteiligen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Noch etwas lässt sich immer schwerer verheimlichen:
    Ein Screening aller Gesetze auf Kompatibilität mit der
    Behindertenrechtskonvention muss her. Auf Grundlage
    dieser muss dann geändert und modernisiert werden. Ich
    nenne hier einmal zwei aktuelle Beispiele.

    Da ist erstens das Wahlrecht. § 13 entzieht momentan
    Menschen, die in allen Lebenslagen betreut werden, pau-
    schal das Wahlrecht – als wenn sie keine politische Mei-
    nung haben könnten! Als wenn sie ihren Wählerwillen
    nicht eindeutig ausdrücken könnten! Diese diskriminie-
    rende Regelung gehört abgeschafft. Es geht hier um ein
    menschenrechtlich gestütztes Bürgerrecht. Das darf nie-
    mandem pauschal vorenthalten werden.


    (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Da ist zweitens die zwangsweise medizinische Be-
    handlung. Sie ist menschenrechtswidrig. Niemandem
    darf man Medikamente aufzwingen. Auch eine Betreue-
    rin oder ein Betreuer hat nicht das Recht, den erkennba-
    ren Willen zu ignorieren. Allerdings muss ich befürch-
    ten, dass gegenwärtig in manchen Bundesländern eher
    daran gearbeitet wird, diese vom Bundesverfassungsge-
    richt außer Kraft gesetzten Zwangsregelungen juristisch
    zu legitimieren, anstatt sie dem modernen Menschenbild
    anzupassen. Das ist sehr bedenklich.

    Oder nehmen wir das Beispiel Bildung. Die amtliche
    Übersetzung kennt den Begriff „Inklusion“ überhaupt
    nicht, Frau Molitor, dennoch – immerhin! – spricht heute
    jeder und jede davon, allerdings durchaus mit sehr unter-
    schiedlichem Verständnis dessen, was gemeint sein
    könnte. Ich verweise diesbezüglich einmal auf Italien.
    Dort gibt es keine Sonderschulen. Keine! Also gibt es
    auch keine Sonderschülerinnen und Sonderschüler –
    vom Kindergarten bis zum Abitur und, wenn gewünscht,
    bis zum Studium. Lassen Sie uns einfach mal in Südtirol
    nachschauen. Dort spricht man auch Deutsch. Vielleicht
    verstehen wir es dann sogar einmal.

    Der Arbeitsmarkt zeigt keine wirklichen Verbesserun-
    gen. Noch immer ist die offiziell registrierte Arbeitslo-
    sigkeit unter Menschen mit Behinderungen doppelt so
    hoch wie unter Nichtbehinderten. Von Gleichheit also
    keine Spur. Dafür blühen jede Menge Aussonderungs-
    werkstätten. Dass sich dort etliche Mitarbeiterinnen und
    Mitarbeiter wohler fühlen, als wenn sie völlig untätig
    umhersäßen, ändert nichts daran, dass hier erheblicher
    Handlungsbedarf besteht.

    Oder schauen wir auf die Mobilität. In der Tat sehen
    wir vielerorts barrierefreie Busse und Bahnen. Hier wir-
    ken sich Entscheidungen aus, die vor 20 oder 30 Jahren
    von Leuten, die seinerzeit Spinner genannt wurden, von
    klugen und tapferen Visionärinnen und Visionären, er-
    kämpft wurden. Im Flugverkehr sieht es schon weniger
    erfreulich aus, jedenfalls, wenn eine Rollstuhlfahrerin

    einmal auf die Toilette muss. Auch gibt es auf unseren
    Flüssen nur wenige barrierefreie Schiffe.

    Eine besondere Ambivalenz zeigt die Zulassung von
    Linienfernbussen. Hier wird mehr als drei Jahre nach In-
    krafttreten der Behindertenrechtskonvention etwas
    Neues eingeführt. Aber Barrierefreiheit soll nach dem
    Willen der Bundesregierung weiterhin keine bindende
    Vorschrift sein. Wieso? Mit welchem Recht ignoriert die
    Bundesregierung die eigenen Gesetze? Nunmehr fand
    sich, da der Rechtfertigungsdruck zu groß wurde, ein
    halbherziger Kompromiss, der aber immer noch besagt:
    Vorläufig bleibst du draußen.

    Nehmen wir das Thema Wohnen: Es sind praktisch
    kaum barrierefreie Wohnungen zu finden. Die freie Wahl
    des Wohnorts wird so zur Farce. Es gibt weder ein nen-
    nenswertes Programm zur Förderung des Neubaus be-
    zahlbarer barrierefreier Wohnungen noch eines zum
    Umbau vorhandener Wohnungen. Der Bedarf ist groß,
    aber Aktivitäten der Regierung sind nicht erkennbar.

    Wie sieht es überhaupt mit dem Ausgleich behinde-
    rungsbedingter Nachteile aus? Die Konvention spricht
    von angemessenen Vorkehrungen, die zu treffen seien,
    um volle Teilhabe zu ermöglichen. Es besteht Anspruch
    auf Persönliches Budget, das sogar trägerübergreifend
    sein soll. Wenn aber der Sozialhilfeträger gebraucht wird
    – und das ist bei hohem Assistenzbedarf immer der Fall –,
    wird zuerst nach Bedürftigkeit gefragt. Du musst arm
    sein, wenn du etwas willst. Das ist kein Ausgleich behin-
    derungsbedingter Nachteile, das ist die Verhinderung
    von Teilhabe. Wir brauchen ein einkommens- und ver-
    mögensunabhängiges Leistungsgesetz.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Dass die Linke im Bundestag einen entsprechenden
    Antrag zur Abstimmung stellte, soll hier nicht nur am
    Rande erwähnt sein. Gleiches gilt für den Kostenvorbe-
    halt in § 13 SGB XII.

    Aber die Regierung war auch kreativ, beispielsweise
    indem sie die Regelbedarfsstufe 3 erfand. Diese sorgt
    dafür, dass erwachsene Menschen mit Behinderungen,
    die noch bei ihren Eltern wohnen müssen, 20 Prozent
    weniger Geld haben. Das ist enorm.

    Nun rang sich die Koalition zu einem Gesetzentwurf
    durch, der zukünftig die Mitnahme von Assistentinnen
    und Assistenten zu medizinischen Vor- und Nachsorge-
    maßnahmen ermöglichen wird. Toll! Allerdings hat sie
    einen gleichlautenden Gesetzentwurf der Linken, der
    fast zwei Jahre lang im Parlament schmorte, gerade erst
    abgelehnt.

    Im Pflegebereich ist es nicht besser. Seit Jahren weiß
    man, dass es nicht mehr um satt, sauber und still geht,
    sondern um Teilhabeermöglichung. Alle Aktivitäten, die
    in diese Richtung gehen, werden aber verhindert. Es gibt
    kein bisschen Fortschritt, geschweige denn eine solidari-
    sche Bürgerinnen- und Bürgerversicherung.

    Es gäbe noch viele Punkte zu nennen, bei denen sich
    nichts oder nichts zum Guten änderte. Ich nenne nur
    wahl- und wertungslos einige Stichworte: Kindergeldab-





    Dr. Ilja Seifert


    (A) (C)



    (D)(B)


    zweigung, Rundfunkgebühren, Wertmarke für Freifahrt-
    berechtigung im ÖPNV, institutionelle Förderung der
    Selbsthilfe, Medaillenprämien bei Paralympics und Op-
    fer von Contergan.

    Heute nun stimmen wir unter anderem über einen An-
    trag ab, mit dem die Koalitionsfraktionen ihrer eigenen
    Regierung sagen, dass sie auch in der Entwicklungszu-
    sammenarbeit die UN-Behindertenrechtskonvention zu
    beachten habe. Das ist peinlich, aber wir stimmen zu,
    wenn auch mit einem Schmunzeln.