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    Plenarprotokoll 17/204 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 204. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 I n h a l t : Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Hans-Joachim Otto . . . . . . . . . . . . . . . Wahl der Abgeordneten Kathrin Vogler als Schriftführerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 41, 46 a, 46 b und 47 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 3: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Entbürokratisie- rung des Gemeinnützigkeitsrechts (Ge- meinnützigkeitsentbürokratisierungs- gesetz – GemEntBG) (Drucksache 17/11316) . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung ehrenamtlicher Tätigkeit im Verein (Drucksache 17/5713) . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Freiherr von Stetten (CDU/CSU) . . Petra Hinz (Essen) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Birgit Reinemund (FDP) . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frank Steffel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frank Steffel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD) . . . . Marco Buschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . Ute Kumpf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Ute Kumpf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Detlef Seif (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: a) Beratung der Antwort der Bundesregie- rung auf die Große Anfrage der Abgeord- neten Jan Korte, Sevim Dağdelen, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Umgang mit der NS-Vergangenheit (Drucksachen 17/4126, 17/8134) . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Jan Korte, Dr. Dietmar Bartsch, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: NS-Ver- gangenheit in Bundesministerien auf- klären (Drucksachen 17/3748, 17/9448) . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Günter Krings, Michael Kretschmer, Dr. Hans-Peter Uhl, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU, der Abgeordneten Dr. h. c. Wolfgang Thierse, Siegmund Ehrmann, Angelika Krüger-Leißner, 24675 B 24675 B 24675 C 24678 B 24678 B 24678 B 24678 C 24680 A 24681 D 24683 A 24684 C 24686 D 24688 C 24689 A 24689 B 24689 C 24690 D 24692 A 24693 C 24695 A 24697 A 24698 A 24699 A 24700 C 24700 C Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Stefan Ruppert, Patrick Kurth (Kyffhäuser), Gisela Piltz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Wissenschafts- und Forschungs- freiheit stärken, Rahmenbedingun- gen verbessern – Die Aufarbeitung der Geschichte der wichtigsten staat- lichen Institutionen in Bezug auf die NS-Vergangenheit durch besseren Aktenzugang unterstützen und Be- standsaufnahmen zur Aufarbeitung der frühen Geschichte der Bundes- ministerien und -behörden sowie der vergleichbaren DDR-Institutionen beauftragen – zu dem Antrag der Abgeordneten Claudia Roth (Augsburg), Tom Koenigs, Hans-Christian Ströbele, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: NS- Vergangenheit von Bundesministe- rien und Behörden systematisch auf- arbeiten – Bestandsaufnahme zur Forschung erstellen – Erinnerungs- arbeit koordinieren – zu dem Antrag der Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Wolfgang Wieland, Jerzy Montag, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Verantwort- lichkeit der Bundesregierung für den Umgang des Bundesnachrich- tendienstes mit den Fällen Klaus Barbie und Adolf Eichmann (Drucksachen 17/11001, 17/10068, 17/4586, 17/11260) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Jan Korte, Dr. Rosemarie Hein, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Demokratie durch Transparenz stärken – Deklassifizierung von Verschlusssachen gesetzlich regeln (Drucksachen 17/6128, 17/11261) . . . . . . e) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Jan Korte, Ulla Jelpke, Wolfgang Nešković, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Widerstand von Kommunistinnen und Kommunisten gegen das NS-Regime anerkennen (Drucksachen 17/2201, 17/11262) . . . . . . f) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Jan Korte, Ulla Jelpke, Petra Pau, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion DIE LINKE: Akteneinsichtsrechte Dritter in Verfahrensakten des Bundes- verfassungsgerichtes stärken (Drucksachen 17/4037, 17/11383) . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Wolfgang Thierse (SPD) . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Stefan Ruppert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Wolfgang Thierse (SPD) . . . . . . . . . Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Detlef Seif (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 49: a) Antrag der Abgeordneten Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann, Lisa Paus, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Steuerli- che Transparenz von multinationalen Unternehmen herstellen – Country-by- Country und Project-by-Project Re- porting einführen (Drucksache 17/11075) . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Heinz Paula, Willi Brase, Dr. Wilhelm Priesmeier, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Bedingungen bei Tiertransporten und in Schlachtbetrieben verbessern (Drucksache 17/11148) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Paul Schäfer (Köln), Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE sowie der Abgeordneten Omid Nouripour, Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Überprüfung der Namen von Bundeswehrkasernen (Drucksache 17/11208) . . . . . . . . . . . . . . 24700 C 24701 A 24701 B 24701 B 24701 C 24703 D 24705 A 24706 C 24707 A 24707 B 24708 A 24709 C 24711 A 24713 A 24713 B 24713 B 24714 D 24715 C 24716 D 24717 B 24718 A 24719 C 24720 D 24723 C 24723 C 24723 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 III d) Antrag der Abgeordneten Oliver Krischer, Nicole Maisch, Dorothea Steiner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Moratorium für die Fracking-Technologie in Deutschland (Drucksache 17/11213) . . . . . . . . . . . . . . . e) Antrag der Abgeordneten Johanna Voß, Ulla Lötzer, Dr. Barbara Höll, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Verbot des Fracking in Deutschland (Drucksache 17/11328) . . . . . . . . . . . . . . . f) Antrag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Bärbel Höhn, Undine Kurth (Quedlinburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Bedingungen in Schlachthöfen verbessern (Drucksache 17/11355) . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 2: a) Antrag der Abgeordneten Sylvia Kotting- Uhl, Bärbel Höhn, Markus Tressel, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bilaterale Verhandlungen aufnehmen zur unver- züglichen Stilllegung besonders gefähr- licher grenznaher Atomkraftwerke in Frankreich (Drucksache 17/11206) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Dr. Ernst Dieter Rossmann, Swen Schulz (Spandau), Willi Brase, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Für einen breiten Qualitätspakt in der Reform der Leh- rerbildung (Drucksache 17/11322) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Dr. Carsten Sieling, Ingrid Arndt-Brauer, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der SPD: Finanz- transaktionsteuer im Rahmen einer verstärkten Zusammenarbeit einführen (Drucksache 17/11321) . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Stephan Kühn, Markus Tressel, Dr. Anton Hofreiter, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nationa- len Radverkehrsplan 2020 zum ambi- tionierten Aktionsplan der Radver- kehrsförderung weiterentwickeln (Drucksache 17/11357) . . . . . . . . . . . . . . . e) Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Memet Kilic, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Residenzpflicht abschaffen (Drucksache 17/11356) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 50: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Übereinkommens vom 8. April 1959 zur Errichtung der Interamerikani- schen Entwicklungsbank (Drucksachen 17/9697, 17/10920) . . . . . b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Übereinkommens vom 18. Oktober 1969 zur Errichtung der Karibischen Entwicklungsbank (Drucksachen 17/9698, 17/10921) . . . . . c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Übereinkommens vom 19. November 1984 zur Errichtung der Interameri- kanischen Investitionsgesellschaft (Drucksachen 17/9699, 17/10922) . . . . . d) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Rahmenabkommen vom 10. Mai 2010 zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten ei- nerseits und der Republik Korea an- dererseits (Drucksachen 17/10757, 17/11056) . . . . e) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu dem Luftver- kehrsabkommen vom 17. Dezember 2009 zwischen Kanada und der Euro- päischen Gemeinschaft und ihren Mit- gliedstaaten (Vertragsgesetz EU- Kanada-Luftverkehrsabkommen – EU-KAN-LuftverkAbkG) (Drucksachen 17/10917, 17/11252) . . . . f)–l) Beratung der Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelüber- sichten 487, 488, 489, 490, 491, 492 und 493 zu Petitionen (Drucksachen 17/11154, 17/11155, 17/11156, 17/11157, 17/11158, 17/11159, 17/11160) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Europäi- sche Nachhaltigkeitsstrategie weiterentwi- ckeln und stärker institutionell in der EU verankern (Drucksache 17/11329) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24723 D 24724 A 24724 A 24724 A 24724 B 24724 B 24724 C 24724 C 24725 A 24725 B 24725 C 24725 D 24726 A 24726 C 24727 A IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Jahrestag des Bekanntwerdens der NSU-Terrorzelle – Zwischenbilanz der Ermittlungspannen- aufklärung und Stand des Kampfes gegen den Rechtsextremismus . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Sönke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Serkan Tören (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Aydan Özoğuz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Drucksachen 17/10748, 17/11055, 17/11382) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/11397) . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Katrin Kunert, Sabine Zimmermann, Dr. Kirsten Tackmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bundesmittel zur Finanzierung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung 1 : 1 an Kommunen weiterreichen (Drucksachen 17/8606, 17/11382) . . . . . . Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sebastian Blumenthal (FDP) . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . Peter Götz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- wärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Hans-Ulrich Klose, Dr. h. c. Gernot Erler, Petra Ernstberger, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der SPD: Für eine Neubelebung und Stärkung der trans- atlantischen Beziehungen (Drucksachen 17/9728, 17/10169) . . . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Hans-Ulrich Klose (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Ruprecht Polenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Peter Beyer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der AU/UN-Hybrid- Operation in Darfur (UNAMID) auf Grundlage der Resolution 1769 (2007) des Sicherheitsrates der Vereinten Na- tionen vom 31. Juli 2007 und folgender Resolutionen, zuletzt 2063 (2012) vom 31. Juli 2012 (Drucksachen 17/11036, 17/11389) . . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/11398) . . . . . . . . . . . . . . Joachim Spatz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Selle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24727 B 24727 B 24728 C 24730 B 24731 C 24732 C 24733 C 24734 D 24735 D 24736 C 24737 C 24738 C 24739 D 24740 D 24741 D 24742 A 24742 A 24742 B 24743 B 24744 A 24745 A 24746 A 24746 D 24747 C 24748 C 24749 D 24751 A 24751 B 24753 A 24754 B 24756 D 24758 B 24759 C 24761 A 24762 A 24763 A 24763 A 24763 B 24764 B 24765 B 24766 B 24767 A 24768 A 24769 A 24771 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 V Zusatztagesordnungspunkt 5: a) Antrag der Abgeordneten Thomas Oppermann, Christian Lange (Backnang), Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abge- ordneten Volker Beck (Köln), Ingrid Hönlinger, Memet Kilic, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Transparenz bei Neben- einkünften herstellen durch Veröffentli- chungspflicht auf Euro und Cent (Drucksache 17/11331) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Thomas Oppermann, Christian Lange (Backnang), Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abge- ordneten Volker Beck (Köln), Britta Haßelmann, Ingrid Hönlinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Nebentätigkeiten transparent machen – Branchen kenn- zeichnen (Drucksache 17/11332) . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 46: c) Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Britta Haßelmann, Ingrid Hönlinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Karenzzeit für ausgeschiedene Regie- rungsmitglieder (Drucksache 17/11204) . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann, Jan Korte, Agnes Alpers, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Transparenz und Unab- hängigkeit im Bundestag und in der Bundesregierung (Drucksache 17/11333) . . . . . . . . . . . . . . . e) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Halina Wawzyniak, Ulrich Maurer, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Parteien-Spon- soring im Parteiengesetz regeln – zu dem Antrag der Abgeordneten Halina Wawzyniak, Jan Korte, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Parteispenden von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden verbieten – zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Kai Gehring, Ingrid Hönlinger, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Partei-Sponsoring transparenter gestalten – zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Ingrid Hönlinger, Memet Kilic, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Parteispenden begrenzen (Drucksachen 17/892, 17/651, 17/1169, 17/547, 17/6566) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Fraktion der SPD: „Karenzzeit“ für ehemalige Bundesminister und Parla- mentarische Staatssekretäre in Anlehnung an EU-Recht einführen (Drucksache 17/11318) . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . Raju Sharma (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Helmut Brandt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der von den Vereinten Nationen geführten Friedensmission in Südsudan (UNMISS) auf Grundlage der Resolutionen 1996 (2011) des Si- cherheitsrates der Vereinten Nationen vom 8. Juli 2011 und 2057 (2012) vom 5. Juli 2012 (Drucksachen 17/11037, 17/11390) . . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/11399) . . . . . . . . . . . . . . 24769 B 24769 B 24769 C 24769 C 24769 C 24769 D 24770 A 24773 B 24775 A 24776 C 24777 C 24778 B 24778 C 24779 D 24780 C 24781 C 24783 D 24782 B 24782 B VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 Marina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Susanne Kastner (SPD) . . . . . . . . . . Robert Hochbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: a) Antrag der Abgeordneten Martin Gerster, Dagmar Freitag, Sabine Bätzing- Lichtenthäler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Neue Struktur der Nationalen Anti Doping Agentur schaffen (Drucksache 17/11320) . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Sportausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Martin Gerster, Dagmar Freitag, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der SPD: Doping an Olympiastützpunkten, Bun- desleistungszentren und Bundesstütz- punkten konsequent bekämpfen (Drucksachen 17/8896, 17/10083) . . . . . . Dagmar Freitag (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Lutz Knopek (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Riegert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 9: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung (Drucksachen 17/9874, 17/11388) . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses – zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Neuregelung des Rechts der Siche- rungsverwahrung – zu dem Antrag der Abgeordneten Halina Wawzyniak, Jan Korte, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Einsetzung ei- ner Expertenkommission zur Siche- rungsverwahrung (Drucksachen 17/8760, 17/7843, 17/11388) Christian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Kutschaty, Minister (Nordrhein-Westfalen) . . . . . . . . . . . . . . . . Andrea Astrid Voßhoff (CDU/CSU) . . . . . . . Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ansgar Heveling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe zu dem Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Men- schenrechte in Zentralasien stärken (Drucksachen 17/9924, 17/11287) . . . . . . . . . Marina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ullrich Meßmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Katrin Werner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einrichtung einer Markt- transparenzstelle für den Großhandel mit Strom und Gas (Drucksachen 17/10060, 17/10253, 17/11386) Tagesordnungspunkt 14: Beschlussempfehlung und Bericht des Haus- haltsausschusses zu dem Antrag der Abgeord- neten Roland Claus, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Beendigungs- gesetz zum Berlin-Bonn-Gesetz (Drucksachen 17/2419, 17/8622) . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ausführungs- gesetzes zur Verordnung (EU) Nr. 648/2012 24782 C 24786 A 24787 A 24788 B 24789 C 24790 C 24791 C 24794 D 24791 C 24791 D 24792 A 24793 C 24797 A 24798 A 24799 D 24800 D 24802 B 24802 B 24802 C 24803 D 24805 C 24806 D 24807 D 24808 D 24810 C 24810 D 24812 A 24813 A 24815 B 24816 B 24817 C 24818 A 24818 B 24819 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 VII über OTC-Derivate, zentrale Gegenpar- teien und Transaktionsregister (EMIR- Ausführungsgesetz) (Drucksache 17/11289) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Björn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: Beschlussempfehlung und Bericht des Innen- ausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Agnes Alpers, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Für einen wirksamen Schutz und die Aufnahme syrischer Flücht- linge in der Europäischen Union und in Deutschland – zu dem Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Dr. Frithjof Schmidt, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Flüchtlinge aus Syrien aufneh- men (Drucksachen 17/10786, 17/10638, 17/11131) Tagesordnungspunkt 17: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Geldwäsche- gesetzes (GwGErgG) (Drucksachen 17/10745, 17/10798, 17/11335, 17/11416) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 18: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteu- ergesetzes (Drucksachen 17/10744, 17/10797, 17/11387) – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/11400) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 19: a) Antrag der Abgeordneten Uta Zapf, Fritz Rudolf Körper, Rainer Arnold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Keine Modernisierung der US-Nuklear- waffen in Europa und Deutschland – Abrüstungschancen nicht ungenutzt verstreichen lassen (Drucksache 17/11323) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Inge Höger, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Abzug statt Modernisierung der US-Atomwaffen in Deutschland (Drucksache 17/11225) . . . . . . . . . . . . . . Uta Zapf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Schnurr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 20: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu dem Fakultativpro- tokoll vom 19. Dezember 2011 zum Über- einkommen über die Rechte des Kindes betreffend ein Mitteilungsverfahren (Drucksachen 17/10916, 17/11392) . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: a) Antrag der Abgeordneten Uwe Beckmeyer, Dr. Hans-Peter Bartels, Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Konsequenzen aus der Havarie der MSC Flaminia ziehen – EU-Notfallpläne und Gefahrgutkon- trollen im Seeverkehr überprüfen (Drucksache 17/10819) . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Herbert Behrens, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Euro- päisches Notfall- und Havariemana- gement wirksam und verbindlich weiterentwickeln (Drucksache 17/11324) . . . . . . . . . . . . . . Matthias Lietz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Hans-Werner Kammer (CDU/CSU) . . . . . . . . Uwe Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Torsten Staffeldt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Begleitung der Verordnung (EU) Nr. 260/2012 zur Festlegung der tech- nischen Vorschriften und der Geschäfts- anforderungen für Überweisungen und 24820 C 24820 D 24822 C 24823 D 24825 A 24825 B 24825 D 24825 D 24826 B 24826 B 24826 C 24827 D 24828 C 24829 C 24830 D 24831 B 24831 B 24831 C 24832 C 24833 C 24834 D 24835 B 24836 C VIII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 Lastschriften in Euro und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 924/2009 (SEPA- Begleitgesetz) (Drucksachen 17/10038, 17/10251, 17/11395) Tagesordnungspunkt 23: Beschlussempfehlung und Bericht des Innen- ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Katrin Kunert, Dr. Axel Troost, Harald Koch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Verbindliches Mitwirkungsrecht für Kommunen bei der Erarbeitung von Gesetzentwürfen und Verordnungen sowie im Gesetzgebungsverfahren (Drucksachen 17/1142, 17/4726) . . . . . . . . . . Peter Götz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Birgit Reinemund (FDP) . . . . . . . . . . . . . Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mikrozensus- gesetzes 2005 (Drucksachen 17/10041, 17/11363) . . . . . . . . Michael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Manuel Höferlin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Tom Koenigs, Ute Koczy, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Soziale und ökologische Offenlegungspflichten für Unternehmen regeln (Drucksachen 17/9567, 17/11229) . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Gabriele Hiller- Ohm, Karin Roth (Esslingen), Elvira Drobinski-Weiß, weiterer Abgeordneter und Fraktion der SPD: Transparenz für soziale und ökologische Unternehmensverantwor- tung herstellen – Unternehmerische Pflich- ten zur Offenlegung von Arbeits- und Um- weltbedingungen auf europäischer Ebene einführen (Drucksache 17/11319) . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Ullrich Meßmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Serkan Tören (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Um- welt-Rechtsbehelfsgesetzes und ande- rer umweltrechtlicher Vorschriften (Drucksachen 17/10957, 17/11393) . . . . . b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dorothea Steiner, Jerzy Montag, Ingrid Hönlinger, weiteren Abge- ordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen nach der EG-Richt- linie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbe- helfsgesetz) (Drucksachen 17/7888, 17/8876) . . . . . . . Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . . Judith Skudelny (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Stüber (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 27: Beschlussempfehlung und Bericht des Vertei- digungsausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Harald Koch, Katrin Kunert, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion DIE LINKE: Ausbau des Truppen- übungsplatzes Altmark sofort stoppen – Colbitz-Letzlinger Heide zivil nutzen (Drucksachen 17/10684, 17/11334) . . . . . . . . Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . . Jürgen Hardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Hellmich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24837 C 24838 A 24838 B 24839 B 24840 B 24841 A 24842 A 24842 D 24842 D 24843 D 24844 C 24844 D 24845 D 24847 A 24847 A 24847 B 24848 B 24849 A 24850 A 24850 D 24852 B 24854 B 24854 B 24854 C 24855 D 24856 D 24858 A 24858 D 24860 A 24860 B 24861 B 24862 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 IX Joachim Spatz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Harald Koch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 28: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über Industrieemissionen (Drucksachen 17/10486, 17/11394) . . . . . . . . Dr. Michael Paul (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Ute Vogt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerd Bollmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lutz Knopek (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 29: Antrag der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Sven-Christian Kindler, Bettina Herlitzius, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Anbindung deutscher Seehäfen verbessern – Alternati- ven zur Y-Trasse vorantreiben (Drucksache 17/11352) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Jarzombek (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Michael Groß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) . . . . . . . . . Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 30: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Flaggenrechtsgesetzes und der Schiffsregisterordnung (Drucksachen 17/10772, 17/11307) . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung zu dem Antrag der Abgeord- neten Uwe Beckmeyer, Johannes Kahrs, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der SPD: Mariti- mes Bündnis fortentwickeln – Schiff- fahrtsstandort Deutschland sichern (Drucksachen 17/10097, 17/11307) . . . . . Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uwe Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Torsten Staffeldt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 31: Antrag der Abgeordneten Katrin Kunert, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Kommunen von den Kosten für bauliche Maßnahmen an Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen befreien (Drucksache 17/10820) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Volkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU) . . . Martin Burkert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 32: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 und zur Änderung anderer Vorschriften des Inter- nationalen Privatrechts (Drucksachen 17/11049, 17/11384) . . . . . . . . Ute Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Thomae (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 33: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Rechtsbe- helfsbelehrung im Zivilprozess (Drucksachen 17/10490, 17/11385) . . . . . . . . Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) . . . . . . . . Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) 24862 D 24863 C 24864 A 24865 A 24865 B 24867 B 24868 A 24868 D 24869 B 24870 B 24871 A 24871 B 24871 D 24873 B 24874 A 24874 D 24875 C 24876 D 24876 D 24877 A 24878 A 24879 B 24879 D 24880 C 24881 B 24882 D 24883 D 24884 A 24884 D 24885 C 24886 C 24886 D 24887 D 24888 B 24888 C 24889 D 24890 C 24891 C 24892 A 24893 A 24893 A 24894 A X Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 34: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2012/6/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 zur Änderung der Richt- linie 78/660/EWG des Rates über den Jah- resabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen hinsichtlich Kleinstbetrieben (Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechts- änderungsgesetz – MicroBilG) (Drucksachen 17/11292, 17/11353) . . . . . . . . . Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Ingo Egloff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 35: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Urhe- berrechtsgesetzes (Drucksache 17/11317) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 36: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Schlichtung im Luftverkehr (Drucksache 17/11210) . . . . . . . . . . . . . . . . . Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Mechthild Heil (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD) . . . . Ulrike Gottschalck (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Markus Tressel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 37: Antrag der Abgeordneten Dr. Günter Krings, Dr. Hans-Peter Uhl, Stephan Mayer (Altöt- ting), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Gisela Piltz, Dr. Stefan Ruppert, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz na- türlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutz-Grundverord- nung) – KOM(2012) 11 endg.; Ratsdok. 5853/12 – hier: Stellungnahme des Deut- schen Bundestages gemäß Artikel 23 Ab- satz 3 Satz 1 des Grundgesetzes (Drucksache 17/11325) . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Gerold Reichenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 38: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Sech- zehnten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (Drucksache 17/11293) . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz zu dem An- trag der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Einsatz von Anti- biotika in der Tierhaltung reduzieren (Drucksachen 17/8348, 17/9972) . . . . . . . Tagesordnungspunkt 39: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung des Außenwirtschafts- rechts (Drucksache 17/11127) . . . . . . . . . . . . . . . . . Erich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Rolf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP) . . . . . . . . Ulla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24895 A 24895 C 24896 C 24897 B 24898 A 24898 B 24899 A 24899 D 24900 C 24901 B 24902 A 24902 A 24902 B 24903 A 24904 A 24904 D 24905 D 24906 D 24907 C 24908 C 24908 D 24910 D 24912 D 24914 D 24916 A 24917 D 24917 D 24918 B 24918 B 24920 A 24921 B 24921 C 24922 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 XI Tagesordnungspunkt 40: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung agrarmarktrechtlicher Bestim- mungen (Drucksachen 17/11294, 17/11354) . . . . . . . . Josef Rief (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . Alexander Süßmair (DIE LINKE) . . . . . . . . . Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 8: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des AZR-Gesetzes (Drucksachen 17/11051, 17/11364) . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einrichtung einer Markttransparenzstelle für den Groß- handel mit Strom und Gas (Tagesordnungs- punkt 7) Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) . . . . . . . . . . . Dr. Erik Schweickert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Ulla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Beendigungsgesetz zum Berlin- Bonn-Gesetz (Tagesordnungspunkt 14) Stefanie Vogelsang (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Peter Danckert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes zur Verordnung (EU) Nr. 648/2012 über OTC- Derivate, zentrale Gegenparteien und Trans- aktionsregister (EMIR-Ausführungsgesetz) (Tagesordnungspunkt 15) Dr. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Für einen wirksamen Schutz und die Aufnahme syrischer Flüchtlinge in der Euro- päischen Union und in Deutschland; Be- schlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen (Tagesordnungspunkt 16) Helmut Brandt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Ute Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Geldwäschegesetzes (GwGErgG) (Tages- ordnungspunkt 17) Peter Aumer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Björn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Än- derung des Energiesteuer- und des Stromsteu- ergesetzes (Tagesordnungspunkt 18) Norbert Schindler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) . . . . . . . Dr. Birgit Reinemund (FDP) . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24923 C 24923 C 24924 B 24926 A 24926 D 24927 C 24928 A 24928 C 24928 B 24929 A 24929 C 24930 C 24932 C 24933 C 24934 B 24934 D 24935 D 24936 A 24937 B 24938 A 24938 D 24939 C 24940 D 24941 D 24942 D 24943 C 24944 B 24945 B 24946 D 24948 A 24949 C 24950 C 24951 C 24953 C 24954 C 24955 D 24956 D XII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: Keine Modernisierung der US- Nuklearwaffen in Europa und Deutschland – Abrüstungschancen nicht ungenutzt verstrei- chen lassen; Abzug statt Modernisierung der US-Atomwaffen in Deutschland (Tagesord- nungspunkte 19 a und 19 b) Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Fakulta- tivprotokoll vom 19. Dezember 2011 zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend ein Mitteilungsverfahren (Tages- ordnungspunkt 20) Dr. Peter Tauber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) . . . . Miriam Gruß (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Begleitung der Verordnung (EU) Nr. 260/2012 zur Festle- gung der technischen Vorschriften und der Geschäftsanforderungen für Überweisungen und Lastschriften in Euro und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 924/2009 (SEPA- Begleitgesetz) (Tagesordnungspunkt 22) Peter Aumer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Harald Koch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes (Tagesordnungs- punkt 35) Ansgar Heveling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tankred Schipanski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD) . . . . Stephan Thomae (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Entwurf eines Sechzehnten Gesetzes zur Än- derung des Arzneimittelgesetzes; Beschluss- empfehlung und Bericht zu dem Antrag: Ein- satz von Antibiotika in der Tierhaltung reduzieren (Tagesordnungspunkt 38) Dieter Stier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Bleser, Parl. Staatssekretär BMVEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des AZR-Gesetzes (Zusatztagesordnungs- punkt 8) Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24958 B 24959 B 24960 A 24960 D 24961 C 24962 B 24962 C 24963 B 24963 D 24965 A 24966 C 24967 D 24969 C 24970 D 24971 B 24972 B 24973 C 24974 B 24975 A 24976 A 24978 A 24979 C 24981 A 24982 A 24982 C 24983 D 24984 C 24985 C 24986 D 24987 B 24987 C 24988 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24675 (A) (C) (D)(B) 204. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 Beginn: 9.00 Uhr
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    1) Anlage 13 Berichtigung 203. Sitzung, Seite 24633 C, erster Absatz, erster Satz ist wie folgt zu lesen: „Ich habe Ihnen den Vorgang ein- gangs bestätigt und mache das noch einmal.“ Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24929 (A) (C) (D)(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einrichtung einer Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom und Gas (Tagesord- nungspunkt 7) Thomas Bareiß (CDU/CSU): Das Markttranspa- renzstellengesetz ist ein weiterer wichtiger Schritt hin zu mehr Transparenz auf den Energiemärkten. Die von uns eingeführte Marktbeobachtung auf den Kraftstoffmärk- ten und beim Handel mit Strom und Gas verhindert nicht nur Marktmissbrauch, sondern kommt vor allem dem Verbraucher zugute. Denn mehr Wettbewerb ist zwar kein Garant für sinkende Preise, aber der beste Garant dafür, dass Verbraucher nicht abgezockt werden. Des- halb war es auch richtig, sich etwas mehr Zeit zu lassen als vorgesehen. In den knapp zwei Jahren wurde die Aufgabe der Markttransparenzstelle nicht nur um den Kraftstoffmarkt erweitert, sie wurde auch in einen euro- päischen Kontext gesetzt, sodass Ineffizienzen und Dop- pelstrukturen vermieden werden konnten. Jeder Autofahrer kennt den Ärger: Immer ist dieje- nige Tankstelle günstiger, wo man selber gerade nicht getankt hat. Preisinformationen lassen sich nur schwer- lich besorgen und sind oft nicht aktuell und somit unzu- verlässig. Diese Preisunterschiede sind in einem freien Markt natürlich. Sie wird es auch weiterhin geben. Denn wir setzen auf Wettbewerb und nicht auf Preisfestlegungen und Preisregulierung, wie in Frankreich oder Westaustra- lien. Wir sind der Überzeugung, dass mehr Transparenz der Schlüssel zu mehr Wettbewerb auf dem Kraftstoff- markt ist. Deshalb soll zukünftig jeder Autofahrer wissen, wo in seiner Umgebung die günstigste Tankstelle ist. Alle rund 15 000 Tankstellen in Deutschland werden verpflichtet, ihre Kraftstoffpreise an die Markttranspa- renzstelle zu liefern. Diese Daten werden dann in einer Internetdatenbank gesammelt und dem Verbraucher über Dritte zur Verfügung gestellt. Damit wird nicht nur der Wettbewerb im Kraftstoffmarkt erhöht, sondern auch ein Innovationswettbewerb zwischen denjenigen ausgelöst, die die Daten aus der Datenbank verarbeiten. Ich bin da- von überzeugt, dass es bald Navigationssysteme mit ak- tuellen Spritpreisen oder Apps etc. gibt. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Becker, Dirk SPD 08.11.2012 Bellmann, Veronika CDU/CSU 08.11.2012 Bülow, Marco SPD 08.11.2012 Burgbacher, Ernst FDP 08.11.2012 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 08.11.2012 Dittrich, Heidrun DIE LINKE 08.11.2012 Dörflinger, Thomas CDU/CSU 08.11.2012 Funk, Alexander CDU/CSU 08.11.2012 Granold, Ute CDU/CSU 08.11.2012 Griese, Kerstin SPD 08.11.2012 Dr. Gysi, Gregor DIE LINKE 08.11.2012 Dr. Jochimsen, Lukrezia DIE LINKE 08.11.2012 Kampeter, Steffen CDU/CSU 08.11.2012 Koschyk, Hartmut CDU/CSU 08.11.2012 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.11.2012 Laurischk, Sibylle FDP 08.11.2012 Dr. Lauterbach, Karl SPD 08.11.2012 Leidig, Sabine DIE LINKE 08.11.2012 Nietan, Dietmar SPD 08.11.2012 Nink, Manfred SPD 08.11.2012 Pawelski, Rita CDU/CSU 08.11.2012 Rachel, Thomas CDU/CSU 08.11.2012 Dr. Ratjen-Damerau, Christiane FDP 08.11.2012 Sager, Krista BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.11.2012 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 08.11.2012 Schulz, Jimmy FDP 08.11.2012 Strothmann, Lena CDU/CSU 08.11.2012 Dr. Westerwelle, Guido FDP 08.11.2012 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 24930 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) Der Preisdschungel Tankstelle wird künftig durch- schaubar. Jeder Autofahrer wird die Benzinpreise in seiner Umgebung kennen und automatisch die billigste Tankstelle anfahren, was wiederum die Konkurrenz dazu animiert, ihre Preise auch anzupassen. Ich bin überzeugt, dass wir damit den richtigen Weg einschlagen. Auch im Gas- und Stromsektor sind mehr Transpa- renz und damit mehr Markt und Wettbewerb unser Ziel. Es darf keine unberechtigte Zurückhaltung von Kraft- werkskapazität geben, um Preise nach oben zu treiben. Mit einer zentralen und kontinuierlichen Marktbeobach- tung wollen wir dieses Problem effektiv beseitigen und das Vertrauen in Markt und Wettbewerb zum Wohle der Verbraucher stärken. Deshalb haben wir die Überprü- fung der Preisbildung auf den Großhandelsmärkten für Strom und Gas durch die Markttransparenzstelle schon 2010 als eine Sofortmaßnahme aus dem Energiekonzept auf den Weg gebracht. Verzögert wurde die Umsetzung dann durch die Ende 2011 in Kraft getretene europäische Verordnung über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandels- markts – REMIT –, die ähnliche, aber nicht identische Verbote wie das Kartellrecht enthält. So werden unter an- derem Insiderhandel und Marktmanipulation verboten. Mitgliedstaaten werden dazu verpflichtet, die Sanktio- nen für Verstöße gegen die Verordnung festzulegen. Sie müssen ihre nationale Regulierungsbehörde mit den nach REMIT passenden Befugnissen ausstatten. Es wird dabei ausdrücklich zur Unterstützung der europäischen Regulierungsbehörde ACER eine regionale Marktüber- wachung in den Mitgliedstaaten vorgesehen. Eine weitere wichtige Funktion hat die Markttranspa- renzstelle im Zusammenhang mit dem Monitoring zur Energiewende. Sie wird Daten erheben, um insbeson- dere Versorgungssicherheit zu garantieren. Dieses Vor- haben kann im Rahmen einer Verordnung bei Bedarf zu- sätzlich erhoben werden. Ich möchte gerne auf die drei Hauptkritikpunkte im Rahmen der Gesetzesnovelle eingehen. Zum einen wurde bemängelt, dass das Gesetz zu Dop- pelmeldungen und somit zu kostenintensivem und büro- kratischem Mehraufwand der Unternehmen führt. Wir haben uns dieses Anliegens angenommen und Doppel- meldepflichten gegenüber der Markttransparenzstelle und dem europäischen Regulierer ACER verhindert. Im Hinblick auf die noch zu konkretisierenden Meldepflich- ten nach der REMIT-Verordnung sieht der Gesetzent- wurf ausdrücklich vor, dass Marktteilnehmer, die ihren Meldepflichten nach der REMIT-Verordnung nachge- kommen sind, keine Meldepflichten nach dem Markt- transparenzstellengesetz haben. Die Markttransparenz- stelle wird also diese Daten von ACER erhalten und nicht zusätzlich erheben. Der zweite häufig genannte Kritikpunkt ist, dass zu viele Daten erhoben werden. Im Markttransparenzstel- lengesetz haben wir in der Tat die Möglichkeit zu einer weiteren Erhebung von Daten vorgesehen, die nach REMIT möglicherweise nicht abgefragt werden und zum Gelingen der Energiewende gebraucht werden. Doch diese Abfragen werden noch durch eine Rechts- verordnung konkretisiert. Soweit national zusätzliche Daten abgefragt werden müssen, sollen insbesondere die Formatwege für die Daten einheitlich gehalten werden. Auch eine zeitliche Konsistenz der Vorschriften ist ge- setzlich vorgesehen. Die Höhe der Abfrageschwelle von 10 Megawatt ist der dritte Kritikpunkt. Hier hätte ich mir persönlich auch durchaus eine Schwelle von 50 oder 100 Megawatt vor- stellen können. Ich finde es deshalb richtig, dass wir die Sinnhaftigkeit dieser von der Bundesnetzagentur ge- wünschten Schwelle prüfen werden und deshalb aus- drücklich eine Evaluierung nach drei Jahren im Gesetz vorgesehen haben. Auch die Markttransparenzstelle zeigt deutlich: Für uns ist Markt und Wettbewerb auch in Zukunft ein we- sentlicher Bestandteil der Energiewende. Trotzdem be- darf es auch in einer Marktwirtschaft einer gewissen Kontrolle marktmächtiger Marktteilnehmer. Dazu wird die Martktransparenzstelle einen entscheidenden Beitrag leisten. Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Wenn wir heute ein neues Gesetz zur Einrichtung einer Markttransparenz- stelle für den Großhandel mit Strom und Gas – ergänzen müssen wir eigentlich „und Mineralöl“ – debattieren und beschließen, sollten wir meines Achtens erst einmal darüber reden, für welchen Markt wir eigentlich Trans- parenz schaffen wollen. Betrachten wir zunächst mal den Strommarkt. 2011 hatten wir in Deutschland eine Bruttostromerzeugung von 615 Terawattstunden Strom; das sind 615 Milliarden Kilowattstunden. Man kann davon ausgehen, dass die vier großen Stromanbieter EnBW, Eon, RWE und Vat- tenfall davon einen Anteil von zusammen rund 80 Pro- zent auf dem Erstabsatzmarkt hatten. So geht es aus der Sektoruntersuchung „Stromerzeugung Stromgroßhan- del“ hervor, die das Bundeskartellamt im Januar 2011 vorgelegt hatte. Nach dieser Untersuchung hatte im Jahre 2009 EnBW eine Gesamteinspeisung von 14 Pro- zent, Eon von 21 Prozent, RWE von 31 Prozent und Vat- tenfall von 16 Prozent. Macht zusammen 82 Prozent. Auch wenn für das vergangene Jahr keine vergleichba- ren Zahlen vorliegen, kann man von etwa 80 Prozent ausgehen, wenn man berücksichtigt, dass – durch die als Folge der Energiewende eintretende Diversifizierung – kleinere Anbieter, aber vermehrt auch Stadtwerke 2011 einen etwas höheren Anteil einnahmen als noch 2009. Ich sage das hier auch mit Blick auf die Energiewende und den viel zitierten Markt. Auf dem Mineralölmarkt sieht es ähnlich aus: Die vom Bundeskartellamt in seiner Sektoruntersuchung vom Mai 2011 als Oligopol festgestellten fünf großen Mineralölkonzerne Aral, Shell, Jet, Total und Esso stel- len von den insgesamt 14 336 Tankstellen in Deutsch- land zusammen 7 286 Tankstellen – Stand: 1. Juli 2012 –, also etwa die Hälfte. Zusammen kommen die großen Fünf auf einen Kraftstoffabsatzmarktanteil von 69 Pro- zent am deutschen Markt, davon 22,5 Prozent Aral, 21 Prozent Shell, 10,5 Prozent Jet, 7,5 Prozent Esso und Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24931 (A) (C) (D)(B) ebenfalls 7,5 Prozent Total. Die im Bundesverband Freier Tankstellen organisierten Unternehmen kommen mit ihren 2 206 freien Tankstellen in Deutschland auf ei- nen Absatzmarktanteil von 13 Prozent, die übrigen mit- telständisch geprägten Mineralölunternehmen haben mit Stand 1. Juli 2012 18 Prozent Absatzmarktanteil. Ob diese Struktur im Sinne von Wettbewerb und ver- tretbarer Preise zufriedenstellend ist, kann man zumin- dest diskutieren. Strom, Gas und Benzin sind nun einmal unverzichtbare Güter, auf die jeder von uns angewiesen ist, weswegen jeder auch den Preis zahlt, der nun einmal verlangt wird – auch unter Murren. In der Wirtschafts- theorie spricht man da von einer niedrigen Preiselastizi- tät der Nachfrage. Die Strom-, Gas- und Mineralölunter- nehmen haben gegenüber den Konsumenten eine erhebliche Angebotsmacht, die sie theoretisch auch aus- nutzen könnten. Spätestens kurz vor Weihnachten bzw. dann zu Ostern wird die Debatte um die Spritpreise wie- der einmal heißlaufen. Welche Möglichkeiten aber hat der Gesetzgeber, um Missbrauch bei der Preisentwicklung auf diesen Märkten entgegenzuwirken? Da schreien die Populisten von links gerne einmal sofort nach direkter oder indirekter Preisre- gulierung. Als überzeugte Vertreter der sozialen Markt- wirtschaft, die unserem Land erst dieses Wohlstandsni- veau gebracht hat, das wir heute gar nicht mehr anders kennen, lehnen wir solche sozialistischen Spielchen klar ab. Also müssen wir versuchen, mit den uns im Rahmen der Marktwirtschaft zur Verfügung stehenden kartell- rechtlichen Instrumenten Transparenz herzustellen, eventuellen Missbrauch aufzudecken und Vergehen ent- sprechend zu sanktionieren. Natürlich muss auch die Marktwirtschaft ihre Regeln und ihren Ordnungsrahmen haben; sonst kann das auch schnell einmal aus dem Ruder laufen, wie der Finanzsektor in den letzten Jahren gezeigt hat. Da haben wir im Bereich Mineralöl in der jüngst be- schlossenen GWB-Novelle schon ein nicht unerhebli- ches Schlupfloch geschlossen, indem wir das Verbot der sogenannten Preis-Kosten-Schere um weitere fünf Jahre verlängert haben. Damit verhindern wir, dass große Mineralölkonzerne mit eigenen Raffinerien ihren klei- nen und mittelständischen Wettbewerbern Kraftstoffe zu einem höheren Preis liefern als zu dem Preis, den sie von ihren eigenen Tankstellen verlangen. Die Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom und Gas ist als Maßnahme im Zehn-Punkte- Sofortprogramm des Energiekonzepts der Bundesregie- rung und schon in unserem Koalitionsvertrag vorgese- hen. Sie wird laufend und zeitnah die Strom- und Gasmärkte auf Auffälligkeiten untersuchen. Die Markt- transparenzstelle für Strom und Gas werden wir – statt wie ursprünglich vorgesehen beim Bundeskartellamt – nun bei der fachlich dafür geeigneteren Bundesnetzagen- tur ansiedeln. Damit wird ermöglicht, verbotene Ein- flussnahme auf die Großhandelspreise für Strom und Gas aufzudecken und zu sanktionieren. Denn wettbe- werbskonforme Großhandelspreise setzen die richtigen Investitionssignale und sorgen für das nötige Vertrauen der Strom- und Gaskunden. Sie kommen letztlich allen Verbrauchern zugute. Die organisatorische Neuzuordnung der Markttrans- parenzstelle im Energiebereich an die Bundesnetzagen- tur ist meines Erachtens – anders als SPD und Grüne es sehen – sachgerecht und entspricht auch dem Wunsch beider Behörden. Dadurch ist vor allem besser gewähr- leistet, dass die erforderlichen Daten nur einmal erhoben werden. Von Rot-Grün befürchtete Doppelstrukturen, also die künftige verpflichtende Meldung von Daten an die EU-Energietransparenzbehörde ACER gemäß der europäischen REMIT-Verordnung einmal und an die na- tionale Markttransparenzstelle außerdem, werden so ver- mieden, da die Bundesnetzagentur als Energieregulie- rungsbehörde bei ACER mitarbeitet und weiß, welche Daten schon an ACER gemeldet wurden. Wir haben also durchaus daran gedacht, Doppelmeldungen und unnöti- gen Mehraufwand für die Wirtschaft zu vermeiden. Die im Gesetz vorgesehenen Schwellenwerte für Mit- teilungspflichten im Strombereich bei Erzeugungskapa- zitäten von 10 Megawatt in § 47 g Abs. 2 GWB haben wir zunächst auf drei Jahre befristet. Zweieinhalb Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes soll die Bundesregierung einen Vorschlag machen, welche Schwelle bei den Er- zeugungskapazitäten ab 2016 gelten sollte. Das haben CDU/CSU und FDP bewusst in die Beschlussempfeh- lung des Wirtschaftsausschusses geschrieben. Die SPD-Forderung, dass „nur solche Strukturen be- obachtet werden sollten, die reale Einflussmöglichkeiten auf die Preisbildung auf den Großmärkten haben“, und zwar „Stromerzeugungsanlagen ab einer Größe von 50 MW“ geht an der Sache vorbei. In der Summe haben die kleineren Anlagen eine nicht zu unterschätzende Be- deutung am Energiemarkt. Es soll ja auch um einen Ge- samtüberblick über die Entwicklung der Energiewende in Deutschland gehen. Dazu braucht man auch die Daten der kleineren Anlagen, die bei der weiteren Entwicklung unseres Jahrhundertprojekts Energiewende eine immer größere Gewichtung bekommen werden und kein Pap- penstiel sind, wie die Sozialdemokraten das sehen. Die beim Bundeskartellamt angesiedelte Markttrans- parenzstelle für die Entwicklung der Mineralölpreise ist ein echter, sichtbarer Fortschritt für die 54 Millionen Autofahrer in Deutschland. Den Gesetzentwurf der Bun- desregierung haben wir deutlich verbessert, indem die Verbraucher nun unmittelbar Transparenz über die ak- tuellen Spritpreise bekommen. Die Markttransparenzstelle für Kraftstoffe wird zum einen laufend und zeitnah die Tankstellenpreise auf Auf- fälligkeiten untersuchen. Dadurch können die Kartell- behörden unzulässige Verdrängungsstrategien, zum Bei- spiel Preis-Kosten-Scheren, oder missbräuchlich erhöhte Preise der großen Mineralölkonzerne leichter aufdecken und verfolgen. Uns geht es dabei immer darum, den Wettbewerb auf den Kraftstoffmärkten zu stärken und die Position der mittelständischen und freien Tankstellen zu schützen. Um die Unternehmen aber nicht übermäßig zu belas- ten, haben wir im Rahmen der parlamentarischen Bera- 24932 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) tungen die Meldepflichten gegenüber dem Regierungs- entwurf deutlich verschlankt. Zum einen verzichten wir auf Meldungen der Tankstellenbetreiber zu den abgege- benen Mengen. Zum anderen verzichten wir auf sämtli- che Meldepflichten der Raffinerie- und Großhandels- ebene, also zu Preisen und Absatzmengen. Hier sind wir den betroffenen Unternehmen ein ganzes Stück weit ent- gegengekommen. Nachvollziehbarerweise gab es in Reaktion auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung massive Kritik der Branche und des Normenkontrollra- tes wegen des Erfüllungsaufwands für die Wirtschaft. Der Aufwand für diese Meldungen wäre in Relation zum Nutzen unverhältnismäßig hoch. Viel sinnvoller ist es, echte Transparenz auch für die Autofahrer zu schaffen. Deshalb sorgen wir dafür, dass die aktuellen Tankstellenpreise künftig lückenlos in Echtzeit veröffentlicht werden. Damit haben es die Au- tofahrer künftig leichter, die günstigste Tankstelle anzu- steuern. Gleichzeitig erhöhen wir dadurch den Preis- druck auf die großen Mineralölkonzerne. Dafür müssen die Tankstellen jetzt ihre Preise bzw. Preisänderungen in Echtzeit an die Markttransparenzstelle melden und nicht nur einmal wöchentlich en bloc, wie noch im ursprüngli- chen Gesetzentwurf geplant. Die Markttransparenzstelle stellt diese Daten dann sofort privaten Onlineportalen zur Verfügung. So können die Autofahrer alle Benzin- preise an allen Tankstellen bundesweit online und in Echtzeit abrufen, sei es am PC, über eine Smartphone- App oder über das Navigationssystem im Auto. Das schafft echte Vergleichsmöglichkeiten und erhöht den Preisdruck auf die Anbieter. Das ist echter Wettbewerb. Bewusst möchten wir keine staatliche Informations- stelle einrichten und in Konkurrenz zu bestehenden Ver- braucherinformationsportalen treten lassen. Damit wür- den wir Geschäftsmodelle auf privater Basis gefährden oder gar zerstören, die sich bereits mit Erfolg am Markt etabliert haben. Ich bin mir sicher, dass sich auf dem Markt ein vielfältiges Informationsangebot entwickeln wird. Die Details der Datenmeldung an die Markttranspa- renzstelle sowie zur Form der Datenweitergabe werden in einer Rechtsverordnung des Bundeswirtschaftsminis- teriums festgelegt. Für diese Rechtsverordnung haben wir uns für das Parlament ein Zustimmungsrecht er- wirkt. Ich möchte an die Bundesregierung appellieren, dass sowohl die Verordnung als auch die technische Um- setzung rasch erfolgen, um der leidlichen Spritpreis- debatte noch vor Ostern zuvorzukommen. Weil wir die kleinen und freien Tankstellen schützen wollen, die kein automatisiertes System für eine Daten- meldung in Echtzeit haben, die ihre aktuellen Preistafeln immer noch mit der Leiter und händisch abändern müs- sen und die für eine neue elektronische Anlage etwa 20 000 Euro investieren müssten, haben wir in § 47 k Abs. 6 Satz 2 GWB eine Bagatellregelung eingebaut, nach der die Markttransparenzstelle solche Tankstellen von der Meldepflicht ausnehmen kann. Um die Auswirkungen des Gesetzes auf das Markt- geschehen, auf die Unternehmen und die Verbraucher bewerten zu können, haben wir schließlich festgelegt, dass die Bundesregierung gegenüber dem Bundestag und dem Bundesrat einen Bericht vorlegt – bei Strom und Gas fünf Jahre nach Inkrafttreten der Berichtspflich- ten, im Kraftstoffbereich drei Jahre nach Inkrafttreten. Hier „soll insbesondere auf die Preisentwicklung und die Situation der mittelständischen Mineralölwirtschaft“ eingegangen werden, wie wir das festgelegt haben. Eine Evaluierung der Markttransparenzstelle dauerhaft alle drei Jahre, wie von der SPD gefordert, halte ich für über- flüssig. Ich denke, dass wir mit diesem Gesetz in der Lage sind, das Geschehen auf diesen sensiblen Märkten nicht nur mit dem Fernglas, sondern mit der Lupe zu beobach- ten und da einzuschreiten, wo die Regeln für den Markt, die es zweifelsohne geben muss, bewusst nicht eingehal- ten werden. Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD): Markttranspa- renz – das klingt gut. Landauf, landab ist Transparenz in aller Munde. Die Bundesregierung versucht den Koali- tionsvertrag umzusetzen und hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, um den Markt für den Handel mit Strom und Gas transparenter zu gestalten. – So weit so gut. Vertrauen im Markt ist notwendig. Wir begrüßen des- halb den Gesetzesvorschlag insoweit, dass Markttrans- parenzstellen eingerichtet werden. Ja, es ist jetzt nicht mehr eine beim Bundeskartellamt, sondern es sind jetzt gleich zwei: die für den Kraftstoffmarkt beim Bundes- kartellamt und die für Strom und Gas bei der Bundes- netzagentur. Wir hätten es für sinnvoller und effizienter gehalten, die MTS in das Bundeskartellamt zu integrieren und nicht „beim“ Kartellamt bzw. jetzt auch noch bei der Bundesnetzagentur anzusiedeln. Das hätte das Personal- problem gelöst und gleichzeitig dafür gesorgt, dass das Kartellamt direkt hätte tätig werden können. Das heißt, bei Verdacht auf Preismanipulation hätte unverzüglich ein Untersuchungsverfahren eingeleitet werden können. Kommen wir nun von der Organisation zur Funktion der Markttransparenzstellen: Es braucht Transparenz über Preisfindungsprozesse, damit Manipulationen und Marktmissbrauch verhindert werden. Denn 80 Prozent des Strommarktes werden von vier Unternehmen be- herrscht. Der Verdacht von Manipulationen im Markt konnte bislang nie vollständig ausgeräumt werden. Auf dem Kraftstoffmarkt sieht es auch nicht viel anders aus, dort gibt es ebenso nur wenige Anbieter. Wir haben dort auch eine oligopolistische Struktur. Aber was soll denn hier für wen transparent gemacht werden? Wird der Verbraucher von der Markttranspa- renzstelle profitieren? Oder zahlt er am Ende wieder die Zeche? Künftig werden Spritpreis-Vergleichsportale im Inter- net, Apps für Smartphones oder auch Navigationsgeräte in Autos auf die Daten zugreifen können. Die Preisdaten kommen damit nicht direkt vom Bundeskartellamt zu den Verbrauchern, sondern indirekt über private Ver- braucherinformationsdienste, die diese Preisvergleichs- seiten oder Apps betreiben. Jeder Tankkunde kann sich Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24933 (A) (C) (D)(B) also informieren, welche Zapfsäule in seiner Nähe die günstigste ist. – Okay. Ob damit Preismanipulationen verhindert werden können bezweifle ich. Schlussendlich konnten sich die Ölkonzerne bei der Bundesregierung durchsetzen, und so müssen nun aus- schließlich Tankstellenpreise und nicht ebenfalls Groß- handelspreise an Raffinerien oder Tankanlagen gemeldet werden. Glaubt denn diese Bundesregierung wirklich, dass die großen Ölkonzerne auf einmal ein Herz für Ver- braucher gefunden haben. Der Unterschied zu früher ist nur, dass der Verbraucher in Zukunft auf einen Blick sieht, dass alle Tankstellen vor Ostern, den Sommerfe- rien usw. die Preise anziehen und er wieder den teuren Kraftstoff bezahlen muss. Ganz anders ist das bei Strom und Gas. Hier soll nur auf der Stufe des Großhandels die Preisbildung über- wacht werden. Richtig. Aber warum vollzieht die Bun- desregierung nicht die Einrichtung einer Markttranspa- renzstelle im Einklang mit der Europäischen Verordnung über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhan- delsmarkts, REMIT? Wird mit dem Gesetz der Bundesregierung ein Schwarzes Loch entstehen, in dem Daten verschwinden und nie wiedergesehen werden, außer von Behördenmit- arbeitern? In diesem Zusammenhang muss auch die Frage gestellt werden, ob die Behörden genügend Perso- nal haben, um der zukünftigen Aufgabe nachzukommen. Ich befürchte einen erheblichen Bürokratieaufwuchs. Das sieht übrigens der viel geschätzte Normenkontrollrat ebenso. Er hat sich ebenfalls dafür ausgesprochen, die EU-Durchführungsakte abzuwarten. Ich frage mich, was die Eile jetzt soll. Wenn man das Gesetz gut macht, könnte Doppelaufwand vermieden werden. Die angestrebte Einrichtung einer Markttrans- parenzstelle in Deutschland muss im Einklang mit der Umsetzung der REMIT-Verordnung vollzogen werden. Das heißt, dass die jeweiligen Meldepflichten und -wege sowie die zu nutzenden Datenformate der Unternehmen aufeinander abzustimmen sind. Nur so lässt sich der Aufbau aufwändiger und kostenintensiver Doppelstruk- turen verhindern. Ein Erfüllungsaufwand, Personal, In- formationstechnologie, der über den durch REMIT ver- ursachten hinausgeht, hätte unbedingt vermieden werden sollen. Dann setzt die Bundesregierung noch eins drauf und bezieht kleine Erzeugungseinheiten ab 10 Megawatt ein. Zum Vergleich: REMIT bezieht erst ab 100 Megawatt ein. Wir fordern pragmatisch, Erzeugereinheiten erst ab 50 Megawatt mit einzubeziehen. Aber die Bundesregie- rung setzt auf noch mehr Bürokratie für kleine und mitt- lere Unternehmen und somit auch auf höhere Kosten. Was glaubt die Bundesregierung, wer am Ende die zusätzlichen Kosten für diesen Bürokratieaufwand trägt. – Klar, natürlich wird das umgelegt und schlägt sich in den Preisen nieder, und somit zahlt am Ende des Tages wieder der Verbraucher die Zeche. Gut gedacht – ist noch lange nicht gut gemacht. Dr. Erik Schweickert (FDP): Heue stärken wir den Wettbewerb im Energiebereich. Mit der Einrichtung der Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom und Gas werden Bundeskartellamt und Bundesnetzagen- tur zukünftig die Preisentwicklung im Energiegroß- handel rund um die Uhr genau beobachten. Sollte es zu verbotenen Beeinflussungen kommen, können diese zu- künftig noch effektiver sanktioniert werden. Mit dem neuen Gesetz geben wir den Wettbewerbs- behörden Instrumente in die Hand, um gegen kartellwid- riges und manipulatives Verhalten konsequenter vorge- hen zu können. Wir haben auch dafür gesorgt, dass die Unternehmen nicht durch zu viel Bürokratie belastet werden. Eine doppelte Datenerhebung wird es nicht ge- ben, da nach § 47 e Abs. 4 des Markttransparenzstellen- gesetzes die jeweiligen Mitteilungspflichten als erfüllt gelten, wenn den Meldepflichten nach REMIT nachge- kommen wurde. Gerade durch die organisatorische Ansiedlung der Markttransparenzstelle bei der Bundesnetzagentur wird sichergestellt, dass durch die Beteiligung der Bundes- netzagentur an dem REMIT-Umsetzungsprozess und die Mitarbeit in der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden, ACER, auf europäischer Ebene eine enge Abstimmung der Datenerhebungen der Markttransparenzstelle mit ACER gewährleistet werden kann. So können Doppelmeldungen von Daten auf natio- naler und europäischer Ebene vermieden werden. Mit der Markttransparenzstelle schaffen wir nicht nur mehr Transparenz bei Strom und Gas. Die Markttransparenz- stelle wird auch den Benzinmarkt revolutionieren. Um dem Entschließungsantrag der SPD gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen: Wir entlassen das Bun- deskartellamt ausdrücklich nicht aus seiner Verantwor- tung, gegen kartellrechtliche Verstöße vorzugehen. Selbstverständlich wird der Missbrauch einer marktbe- herrschenden Stellung Konsequenzen nach sich ziehen. Gerade deshalb haben wir mit der Novellierung des Ge- setzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen dafür gesorgt, das Verbot der Preis-Kosten-Schere dauerhaft im Gesetz zu verankern. Wir tun aber noch mehr. Zum ersten Mal werden die Verbraucher ohne großen Aufwand erfahren können, welche Tankstelle ihrer Region aktuell am billigsten ist. Dafür verankern wir eine Meldepflicht für Tankstellen, welche ihre Echtzeitpreise an die Markttransparenzstelle weitergeben müssen. Diese wiederum wird ihre Daten- bank dann für interessierte Anbieter zur Verfügung stel- len. Das bedeutet: Die aktuellen Tankstellenpreise wer- den künftig nicht nur im Internet, sondern auch per Handy-App oder Navi abrufbar sein. Wenn ich also künftig von Stuttgart nach Berlin über die Autobahn fahre, dann kann ich mir auf dem Navi die günstigste Tankstelle auf dem Weg anzeigen lassen und dort tan- ken. Wir versetzen die Verbraucher damit in die Lage, ihre Marktmacht an der Zapfsäule auszuüben. Bisher waren die Preise nur auf der Anbieterseite weitgehend transpa- rent. Wie das Bundeskartellamt in seiner Sektoranalyse zum Tankstellenmarkt herausgearbeitet hat, verfügte ins- 24934 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) besondere das herrschende Oligopol aus den großen fünf Tankstellenketten über ein ausgeklügeltes System der Marktüberwachung. Damit waren sie in der Lage, den Tankstellenmarkt über den Preis zu dominieren. Das funktionierte aber nur, weil die Preise für die Ver- braucher nicht in gleichem Maße transparent waren wie für die Tankstellenbetreiber. Nur wenn zwei Tankstellen direkt beieinanderliegen, war ein valider Preisvergleich für die Verbraucher möglich. Deshalb vergleichen 25 Prozent der Autofahrer bislang überhaupt keine Preise. 40 Prozent tanken sogar immer an derselben Tankstelle. So kann Wettbewerb nicht funktionieren. Nun werden Verbraucher Preise für ganze Regionen ver- gleichen können. Sie können damit auch die günstigste Tankstelle aufsuchen und den Preiswettbewerb entfa- chen. Ich appelliere deshalb an die Verbraucher, diese Marktmacht auch zu nutzen. Durch die Preistransparenz stärken wir auch die kleinen Tankstellen am Markt, die ihren Sprit meistens günstiger anbieten als die fünf gro- ßen Oligopolisten. Letztlich bauen wir durch den stei- genden Preiswettbewerb auch mehr Druck auf das herr- schende Oligopol auf, ihr Benzin ebenfalls billiger anzubieten. Mehr Wettbewerb ist viel effizienter als irgendwelche staatlich verordneten Preisregulierungsmodelle, nach denen insbesondere die Oppositionsparteien immer wie- der rufen. Schauen wir uns doch einmal die Situation in Österreich an. Allen, die das österreichische Modell mit einer zugelassenen Preiserhöhung am Tag als so ver- braucherfreundlich preisen, sage ich: Nein, dieses Modell ist alles andere als verbraucherfreundlich. Denn die Benzinpreise sind seit der Einführung des Preisregu- lierungsmodells nicht gesunken, sondern auf neue Rekordhöhen geklettert. Das ist auch nicht überra- schend. Denn wenn man nur einmal am Tag den Preis er- höhen darf, erhöhen die Tankstellenbetreiber dafür eben immer umso deutlicher. In Österreich ist man über das eigene Modell deshalb so unzufrieden, dass man es schon wieder abschaffen möchte. Österreich ist also kein Vorbild für Deutschland. Wir haben eine bessere Alternative für die deutschen Autofahrer entwickelt. Indem wir in Deutschland Preistransparenz für die Verbraucher herbeiführen, schaffen wir die Grundlage dafür, dass sich die Benzin- preise wieder nach Angebot und Nachfrage richten und nicht mehr nach Feiertagen und Ferienzeiten. Ulla Lötzer (DIE LINKE): Die Preise für Strom, Gas und Kraftstoffe steigen rasant. Der Buhmann ist schnell ausgemacht: Die Bundesregierung verweist wie die Energiekonzerne auf die Energiewende, die Mineralöl- konzerne auf die gestiegenen Rohölpreise. Doch die Wahrheit liegt etwas anders. Die erneuerbaren Energien führen zu Preissenkungen an der Energiebörse, die nicht an die Endkunden weitergegeben werden. Die Mineral- ölkonzerne treiben die Benzinpreise künstlich in die Höhe – so das Bundeskartellamt –, ohne zu formalen Preisabsprachen zu greifen. Das Problem ist in beiden Fällen dasselbe: die Marktmacht der beiden Oligopole. Diese Marktmacht muss beschnitten werden. Nur dann können die Extraprofite der Konzerne auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger endlich beendet werden. Doch anstatt die Marktmacht endlich wirkungsvoll aufzubre- chen, wollen Sie mit einer Markttransparenzstelle Han- deln demonstrieren, ohne den Konzernen wehzutun. Die Monopolkommission hat mehrfach festgestellt, dass bei den Kraftstoffpreisen vor allem die Raffinerie- preise beachtet werden müssen, wenn es um die Unter- suchung der Folgen von Vermachtung geht. Im Entwurf Ihres Gesetzes sollten die Großhandelspreise an Raffine- rien oder Tanklagern noch gemeldet werden. Jetzt sind Sie den Konzernen noch entgegengekommen und be- schränken die Meldung auf die Tankstellenpreise. Ver- stehen Sie uns nicht falsch: Wir sind keineswegs gegen Transparenz – wer ist das schon? –, aber Sie betreiben mit der Einrichtung einer Markttransparenzstelle einen riesigen Aufwand für wenig Ergebnis. Im Gegenteil, Professor Helmedag hat in der Anhö- rung darauf hingewiesen, dass im Kraftstoffsektor die Preise dadurch sogar steigen könnten: zum einen, weil die Mineralölkonzerne dadurch noch einfacher an die Daten ihrer Konkurrenten herankommen können, zum anderen, weil die Konzerne die Kosten für diesen neuen bürokratischen Aufwand auf die Endverbraucherpreise umlegen werden. Die Autofahrer dürfen sich auf Apps freuen, die ihnen bald den Weg zur günstigsten Tank- stelle weisen sollen. Doch das nützt nicht viel, wenn die Preise insgesamt weiter in dieser Rasanz steigen. Ver- braucherverhalten ist wichtig, kann aber staatliche Regu- lierung nicht ersetzen. Ganz abgesehen davon müssen endlich der öffentliche Personenverkehr ausgebaut und der Umstieg auf alternative Mobilitätsformen gefördert werden. Sonst können sich bald nur noch die Reichen Mobilität leisten. Strom und Gas müssen bezahlbar bleiben. Sie gehö- ren zu den Gütern des täglichen Bedarfs für die ganze Bevölkerung. Es muss damit Schluss sein, dass jährlich 800 000 Haushalten der Strom abgestellt wird, weil die Menschen ihn nicht mehr bezahlen können. Führen Sie eine staatliche Preisaufsicht ein! Verhindern Sie die Ex- traprofite der Energie- und Mineralölkonzerne! Ergreifen Sie endlich wirksame Maßnahmen gegen die Oligopole in beiden Branchen, und zwar durch Entflechtung! Die Markttransparenzstelle ist teure Augenwischerei. Daher lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In der Vergangenheit hat es eine Vielzahl von Hinweisen gegeben, dass Marktmissbrauch und -manipulation am Strom- und Gasmarkt stattfinden könnten. Man muss sich dazu den entsprechenden Bericht des Bundeskartell- amtes und der Monopolkommission ansehen. Das ver- wundert auch nicht bei Märkten, die von Oligopolen und großer Marktmacht einzelner Unternehmen geprägt sind. Dass in der Vergangenheit Missbrauch und Manipulation nicht nachgewiesen werden konnten, liegt auch daran, dass den Behörden wie dem Bundeskartellamt die not- wendigen Daten nicht vorlagen. Deshalb hat die schwarz-gelbe Koalition 2009 völlig richtig in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, eine „Markt- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24935 (A) (C) (D)(B) transparenzstelle für Strom und Gas“ einzurichten. Doch dann beschäftigte sich Schwarz-Gelb vor allem mit sich selbst statt mit dem Strom- und Gasmarkt. Erst heute – sage und schreibe drei Jahre später – beschließen wir im Bundestag die Einrichtung einer solchen Stelle. Das ist nicht nur langsam, das ist ein Bummelstreik einer Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen. Wegen dieser dreijährigen Verzögerung blieben die Märkte nicht nur weiter unbeobachtet, nein – inzwischen hat die EU gehandelt und mit REMIT eine europäische Rechtsgrundlage für Marktransparenz geschaffen. Das ist gut; aber zu Recht gibt es nun seitens der Unterneh- men im Strom- und Gasmarkt, insbesondere der kleinen, denen die Markttransparenzstelle ja eigentlich helfen soll, Befürchtungen hinsichtlich Doppelerfassungen und un- nötiger Bürokratie. Statt Vorreiter in Europa zu sein, läuft Deutschland wieder einmal der Entwicklung hinter- her. Das ist ein weiteres europäisches Armutszeugnis für diese Regierung. Ohne Zweifel, die Markttransparenzstelle wird Daten sammeln, auswerten und auf Missbrauch überprüfen. Das ist gut so. Aber was ist mit der Transparenz für die Verbraucherinnen und Verbraucher? Da soll es alle paar Jahre einen Bericht geben, mehr nicht. Das reicht nicht. Das ist eine Transparenzstelle ohne Transparenz. Da be- steht die Gefahr, dass am Ende bei Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur Datenfriedhöfe geschaffen werden. So geht das nicht. Wir müssen die Daten zum Strom- und Gasmarkt zugänglich machen, soweit das mit den schützenswerten Interessen der Unternehmen vereinbar ist, damit auch alle interessierten und engagierten Men- schen sich ein eigenes Bild machen können. Das ist Transparenz und liefert am Ende vielleicht noch einmal ganz neue Erkenntnisse. Überhaupt scheinen Verbraucherinnen und Verbrau- cher bei den Überlegungen der Bundesregierung zu die- sem Thema keine Rolle gespielt zu haben. Dass Men- schen sich mit konkreten Hinweisen und Verdachts- momenten an die Transparenzstelle wenden können, ist erst gar nicht vorgesehen. Hier vergibt man jedoch eine Riesenchance, dass die 80 Millionen Strom- und Gas- kunden und Zehntausende Unternehmen mehr mitbe- kommen, als dass es gut zwei Dutzend mehr Mitarbeiter in einer Bundesbehörde gibt. Deshalb erwarten wir, dass Sie die Tansparenzstelle für die Verbraucherinnen und Verbraucher öffnen. Die Menschen im Land machen die Erfahrung, dass Strom- und Gaspreiserhöhungen von den Versorgern nicht seriös begründet werden. Aktuelle Fälle zeigen, dass Er- höhungen weitaus größer ausfallen, als steigende EEG- Umlage und Netzentgelte das rechtfertigen, und dass gleichzeitig auch noch die Börsenpreise sinken. Das sind Dinge, die die Transparenzstelle eigentlich im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher wird aufklären müs- sen. Doch ich fürchte, dass genau das nicht geschieht. Über die Anbindung der Stelle bei der Bundesnetz- agentur oder dem Bundeskartellamt kann man streiten. Was aber nicht sein kann, ist, dass die Markttransparenz- stelle durch die Hintertür eine andere Aufgabe bekommt, nämlich so eine Art Monitoringstelle für die Energie- wende. Das brauchen wir natürlich, und das tut gerade bei dieser Bundesregierung not; aber dann muss man es auch im Gesetz klar verankern mit klaren Aufgabenzu- weisungen. Aber das gibt Ihre per Änderungsantrag kurzfristig geänderte Anbindung an die Bundesnetz- agentur einschließlich der Stellenzuweisungen nicht her. Zum Schluss noch ein Wort zum Thema Kraftstoffe: Es ist schön, wenn es aufgrund des Gesetzes und der Verordnung demnächst eine App für Smartphones mit den aktuellen Spritpreisen der Tankstellen der Umge- bung geben wird. Das werden alle Autofahrer gut finden. Aber seien wir ehrlich: Das löst nicht das Problem stei- gender Spritpreise und steigender Marktkonzentration auf der Anbieterseite. Schon gar nicht ist es eine Ant- wort auf unsere fatale Ölabhängigkeit. Deshalb ist der regelmäßige Populismus von Ramsauer und Rösler zu Ostern und vor den Sommerferien nicht angebracht. Zusammenfassend kann ich sagen: Sie haben etwas Richtiges gemacht, was aber viel zu spät und viel zu dürftig umgesetzt wird. In einem Entschließungsantrag in den Ausschüssen haben wir konkrete Vorschläge ge- macht, die sie jedoch abgelehnt haben. Deshalb werden wir uns bei der Abstimmung über das Gesetz enthalten. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Beendigungsgesetz zum Berlin-Bonn-Gesetz (Tagesordnungspunkt 14) Stefanie Vogelsang (CDU/CSU): Wir debattieren heute, wie in jedem Jahr, den Antrag der Linken zur Aufkündigung des Berlin-Bonn-Gesetzes. Zweck dieses Gesetzes ist es, den Beschluss des Deutschen Bundesta- ges zur Vollendung der Einheit Deutschlands vom 20. Juni 1991 umzusetzen. Kern ist ein auf Dauer ange- legter fairer Ausgleich für die Bundesstadt Bonn. Das Gesetz ist mit diesem Zweck ebenso singulär, wie es die Bundestagsdebatte 1991 war. Am 20. Juni 1991 war ich Bürgerin der Stadt Bonn, heute bin ich Bürgerin der Stadt Berlin. Damals habe ich als studentische Mitarbeiterin eines Berliner Bundes- tagsabgeordneten hautnah miterlebt, wie intensiv der Wettbewerb zwischen Bonn und Berlin im Vorfeld der Entscheidung gelaufen ist. Ich habe die sehr emotionale Debatte vor der Entscheidung im Wasserwerk in Bonn live miterlebt und weiß durch eigenes Erleben, dass ein ganz wesentlicher Aspekt für viele zweifelnde Abgeord- nete auch die zugesicherte Bedeutung Bonns als Bundes- stadt mit dem Sitz von Teilen der Exekutive gewesen ist. Die Gegner des Umzugs führten damals als ein Hauptargument an, in wenigen Jahren würde sich so oder so niemand mehr an die Zusage an Bonn erinnern, und man könne diesem föderalen Kompromiss nicht trauen. Viel Kraft wurde in die Beruhigung der Skeptiker gerade in diesem Punkt gesteckt. 24936 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) Politische Glaubwürdigkeit ist für mich immer eine ganz wichtige Basis für meine Überzeugungen gewesen. Deshalb habe ich dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP zur Bildung dieser Regierung auch an dieser Stelle ohne Hadern zugestimmt. Sicherlich: Als Berliner Bundestagsabgeordnete würde ich mich natür- lich freuen, wenn die Regierung voll und ganz in die Bundeshauptstadt ziehen würde. Bonn ist eine sehr lebenswerte Stadt. In der Metropole Berlin spiegelt sich allerdings die neue Bedeutung des wiedervereinigten Deutschlands kraftvoll wider. Die Zeit wird kommen, zu der wir eine neue große Debatte führen. Jetzt haben wir allerdings drängendere Fragen zur Zukunft Deutschlands in Europa zu beantworten. Dr. Peter Danckert (SPD): Nach fast zwölfstündiger Debatte des Deutschen Bundestages fiel am 20. Juni 1991 die Hauptstadtentscheidung zugunsten Berlins. Im provisorischen Plenarsaal, einem ehemaligen Wasser- werk, gab Präsidentin Rita Süssmuth um 21.49 Uhr be- kannt, dass 337 Stimmen für den Umzug von Parlament und Regierung nach Berlin abgegeben worden waren. Dabei hatten sich 320 Mitglieder des Bundestages er- folglos dafür eingesetzt, zwar den Bundesrat und den Sitz des Bundespräsidenten nach Berlin zu verlegen, Parlament und Regierung aber in Bonn zu belassen. Die Grundlage der Hauptstadtentscheidung bildet Art. 2 Abs. 1 des Einigungsvertrages, wo es heißt: „Hauptstadt Deutschlands ist Berlin. Die Frage des Sitzes von Parla- ment und Regierung wird nach der Herstellung der Ein- heit Deutschlands entschieden.“ Ausweislich einer Pro- tokollnotiz zum Einigungsvertrag sollten die weiteren Entscheidungen zur Hauptstadt Sache der gesetzgeben- den Körperschaften des Bundes sein. So wurde das Gesetz zur Umsetzung des Beschlusses des Deutschen Bundestages vom 20. Juni 1991 zur Voll- endung der Einheit Deutschlands, kurz: Berlin-Bonn- Gesetz, am 26. April 1994 verabschiedet. Es regelt wie der Beschluss des Deutschen Bundestags zum Umzug des Parlaments- und Regierungssitzes von Bonn nach Berlin in die Praxis umgesetzt werden sollte. Die zentrale Regelung, § 4 Abs. 4 Berlin-Bonn-Ge- setz, legt fest, dass der größte Teil der Arbeitsplätze in Bonn erhalten werden soll. Auch zentrale Politikberei- che, wie zum Beispiel Verteidigung, Bildung, Umwelt, sollten in Bonn angesiedelt bleiben. Zudem bestimmte das Gesetz, dass Bonn einen Ausgleich für den Verlust von Parlament und Regierung erhielt, etwa durch neue Funktionen und die Ansiedlung neuer Institutionen. Durch die „Vereinbarung über die Ausgleichsmaßnah- men für die Region Bonn vom 29. Juni 1994“ wurden 1,437 Milliarden Euro für 90 Ausgleichsprojekte und weitere rund 210 Einzelmaßnahmen an Bonn gezahlt. Der Vollständigkeit halber muss hier erwähnt werden, dass auch Berlin Ausgleichszahlungen erhielt. Laut Antrag der Fraktion Die Linke wirkt das Gesetz seit 1994 und hat seinen Sinn erfüllt. Trotz der Vertei- lung der Arbeitsstellen zugunsten Berlins sei die Tren- nung der Regierungstätigkeit 20 Jahre nach Herstellung der deutschen Einheit überholt und unter dem Gesichts- punkt der Wahrnehmung der Hauptstadtrolle Berlins, der Koordinierung der Regierungsarbeit sowie der Bezie- hungen zwischen Parlament und Bundesregierung in höchstem Maße ineffizient. Zugleich behindere die Tei- lung der Bundesregierung auf zwei Standorte die not- wendige Nachwuchsarbeit in den Bundesministerien, da es junge Spitzenkräfte eher nach Berlin als nach Bonn ziehe. Durch die permanente Teilung seien operative Fä- higkeiten der Bundesregierung, zum Beispiel bei der Lö- sung der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise, stark eingeschränkt. Meiner Meinung nach gilt grundsätzlich das Prinzip, dass Verträge eingehalten werden müssen. Andererseits stellt sich nach über 20 Jahren gesamtdeutschen Zu- sammenlebens die Frage, inwieweit dieses Gesetz noch sinnvoll ist. Als Jurist und Haushälter möchte ich dies einerseits in rechtlicher- und andererseits in haushalts- politischer Hinsicht bewerten. Ganz aktuell kommt das am 29.Oktober 2012 vorge- stellte Gutachten des Juristen Professor Dr. Markus Heintzen von der FU Berlin zu dem Ergebnis, dass seit vier Jahren gegen die Regelungen des Berlin-Bonn-Ge- setzes verstoßen wird. So arbeiten zurzeit weniger als 45 Prozent der Ministerialbediensteten in Bonn. Da das Berlin-Bonn-Gesetz keinen Verfassungsrang besitzt, hat dieser Rechtsbruch aber keine konkreten Folgen für die Bundesregierung. Gestattet sei mir hier die Anmerkung, dass derartige Rechtsbrüche durch die Bundesregierung seit der über- raschenden Aufkündigung der geplanten Ansiedlung der Abteilung 7 des Bundesinstituts für Risikobewertung in Neuruppin im Haushaltsausschuss zunehmend legitim erscheinen. Die Ansiedlung der Abteilung 7 des Bundes- instituts für Risikobewertung stand in einem unmittelba- ren Zusammenhang mit dem Beschluss der Unabhängi- gen Föderalismuskommission aus dem Jahr 1992, nach dem neue Bundeseinrichtungen und Bundesinstitutionen grundsätzlich in den neuen Ländern anzusiedeln sind. Darüber hinaus sollte diese Ansiedlung für Brandenburg auch ein Ausgleich sein, weil ein Forschungsstandort des Friedrich-Löffler-Instituts in Wusterhausen geschlossen werden soll. Argumente gegen die Abschaffung des Ber- lin-Bonn-Gesetzes, welche sich auf bestehende Verträge und darin getroffene Vereinbarungen berufen, verlieren vor diesem Hintergrund ihre Glaubwürdigkeit. Neben der besagten Studie möchte ich mich auf eine Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deut- schen Bundestages aus dem Jahr 2007 zur möglichen Änderung des Berlin/Bonn-Gesetzes und damit verbun- dener Maßnahmen für einen Komplettumzug nach Ber- lin beziehen. Diese kommt zu dem Schluss, dass für einen Komplettumzug nach Berlin das Berlin-Bonn-Ge- setz geändert werden müsse. Da die Gesetzgebungskom- petenz beim Bund liegt, ist der Gesetzgeber grundsätz- lich nicht gehindert, über ein Gesetz zu verfügen und dieses zu ändern. Diese Tatsache ergibt sich aus dem De- mokratieprinzip und gilt auch für das Berlin-Bonn-Ge- setz. Zudem trifft der § 1 Abs. 2 Nr. 3 Berlin-Bonn-Ge- setz keine Aussage, in welcher Form die genannten Politikbereiche in Bonn angesiedelt sein sollen, etwa als Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24937 (A) (C) (D)(B) Ministerien oder nachgeordnete Behörden. Auch die Sollvorschrift, dass laut § 4 Abs. 4 Berlin-Bonn-Gesetz der größte Teil der Arbeitsplätze in Bonn erhalten wer- den soll, schließt eine Reform der Ministerialverwaltung und damit einhergehende weitere Verlagerungen von Ministerien nach Berlin nicht aus. Soweit man davon ausgeht, dass die Region Bonn aufgrund bisheriger Ver- einbarungen Vertrauensschutz genießt, spricht dies nicht generell gegen einen Umzug. Denkbar ist nur, laut Aus- sage des Wissenschaftlichen Dienstes, dass hieraus die Pflicht zu weiteren Ausgleichsmaßnahmen resultiert. Hier ließe sich einwenden, dass derartige Pflichten, wie im Falle der Neuruppin-Entscheidung im Haushaltsaus- schuss, aber nicht unbedingt Bindungswirkung entfalten. Um die Kosten der durch das Berlin-Bonn-Gesetz ge- teilten Dienstsitze besser kontrollieren zu können, be- schloss der Haushaltsausschuss am 20. November 2008 die Vorlage jährlicher Teilungskostenberichte. Laut Tei- lungskostenbericht des Jahres 2012 belaufen sich die ge- schätzten Gesamtkosten der geteilten Dienstsitze für das Jahr 2013 auf 9,047 Millionen Euro. Im Vergleich zu 2012 erhöhen sich dabei die Ausgaben um 176 000 Euro. Den umfangreichsten Ausgabeposten stellen die Dienst- reisen mit 4,895 Millionen Euro in 2013 dar. Im Ver- gleich zum Vorjahr entspricht das einer Kostensteige- rung um rund 2,3 Prozent. Vor diesen fiskal- und rechtspolitischen Aspekten müsste die Frage, ob das Berlin-Bonn-Gesetz noch Sinn macht, abschlägig beantwortet werden. Andererseits ha- ben wir eine große Verantwortung für die Arbeitnehmerin- nen und Arbeitnehmer in der Region Bonn, die bei ei- nem Komplettumzug nicht einfach ihrem Schicksal überlassen werden dürfen. Hier stellt sich die Frage der Zumutbarkeit einer kompletten Verlagerung der Dienst- sitze nach Berlin für die dort lebenden Menschen und der Wirtschaftsregion Bonn als Ganzes. Vielleicht ließe sich hier eine Regelung finden, die über einen großzügig angelegten Übergangszeitraum einen sukzessiven Um- zug unter sozialverträglichen Aspekten umsetzen kann. Möglicherweise wird das Parlament in der nächsten- oder übernächsten Legislaturperiode beschließen, das Berlin-Bonn-Gesetz abzuschaffen. Heute ist der Zeit- punkt noch nicht gekommen. Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Deutsche Bundestag hat vor etwas mehr als 21 Jahren, im Juni 1991, beschlossen, das Parlament und Teile der Regierung von Bonn nach Berlin zu verlegen, aber eine dauerhafte – ich betone: „dauerhafte“ – Arbeitsteilung zwischen den beiden Städten vorzusehen. Dieser Be- schluss war denkbar knapp, er kam nach langer kontro- verser Debatte mit 38 zu 320 Stimmen, also einer Mehr- heit von gerade einmal 18 Stimmen, zustande. Und klar ist: Diese Mehrheit hätte es ohne die Zusage einer dauer- haften und fairen Arbeitsteilung zwischen der Bundes- hauptstadt und der Bundesstadt Bonn gar nicht gegeben. Die Linksfraktion belegt mit ihren permanenten Atta- cken gegen das Bonn-Berlin-Gesetz nur ihre Ostfixiert- heit und dass sie keinerlei Feeling und keinerlei Anerken- nung für die Leistungen der westdeutschen Demokratie während der Zeit der deutschen Teilung hat. Kollege Claus hätte sich mal besser mit der Landtagsfraktion der Linken im nordrhein-westfälischen Landtag unterhalten, als es eine solche noch gab; die hätte ihm nämlich erzählt, wie groß die Bedeutung des Bonn-Berlin-Gesetzes für die Stadt und die Region ist. Aber wir erleben ja auch im Haushaltsausschuss immer wieder, dass Anfang der 90er für den Osten getroffene Vereinbarungen von der Linken für sakrosankt erklärt und mit Zähnen und Klauen vertei- digt werden, während es bei Vereinbarungen, die den Westen und insbesondere Bonn angehen, mit einem Ach- selzucken abgetan werden. Der Stadt Bonn, der gesamten Region, den Menschen, die in den Ministerien und Behörden arbeiten, aber auch der gesamten Bevölkerung in Bonn und der Region wurde eine klare Zusage gemacht, und zwar die einer dauerhaften fairen Arbeitsteilung. Deshalb ist die Kern- aussage im Antrag der Linken, das Bonn-Berlin-Gesetz habe seinen Sinn erfüllt, einfach Humbug. Den Men- schen in Bonn und der Region wurde eine dauerhafte Absicherung zugesagt. Sie haben ein Recht darauf, dass diese Zusage eingehalten wird. Veränderungen kann es also nur im Dialog mit der Region geben. Das ist eine Frage von Verlässlichkeit und von Vertrauen, das Men- schen in die Politik haben können. Direkt und indirekt sind in Bonn und der Region rund 60 000 Arbeitsplätze von der im Bonn-Berlin-Gesetz verbürgten Arbeitsteilung abhängig. Zehntausende Men- schen und ihre Familien haben ihre Lebensplanung auf die Einhaltung von Zusagen aufgebaut, die die Politik ih- nen gemacht hat. Das ist der angeblich auch so arbeitneh- merfreundlichen Linken aber offensichtlich schnuppe. Was mich besonders wundert, ist, dass die Forderung nach einem Komplettumzug gerade von den Haushalts- politikern der Linken so forciert wird. Dabei sprechen die Zahlen eine glasklare Sprache – und gerade an den Zahlen sollten sich Haushälterinnen und Haushälter doch orientieren –: Der Bundesrechnungshof hat darge- legt, dass die Arbeitsteilung zwischen Bonn und Berlin sehr gut funktioniert und dauerhaft – ich betone wieder: „dauerhaft“ – preisgünstiger ist als ein Komplettumzug. Die Teilungskosten sind in den vergangenen Jahren kon- tinuierlich gesunken. Der Komplettumzug würde rund 5 Milliarden Euro kosten – 5 Milliarden, die der Bund nicht hat und deshalb auf Pump finanzieren müsste. Al- leine die Zinsen wären höher als die Teilungskosten, von Tilgung ganz zu schweigen. Die nackten Zahlen zeigen: Die Forderung nach ei- nem Komplettumzug lässt sich mit den Teilungskosten nicht begründen. Einen weiteren Aspekt will ich anspre- chen: Die Anzahl der Dienstreisen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den Ministerien nach Brüssel ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Auch deshalb wäre ein Umzug des BMZ, des BMELV, des BMU und auch der anderen Organisationen, für die die Nähe zu Brüssel wichtig ist, finanziell und auch ökolo- gisch kontraproduktiv. Von Berlin nach Brüssel wird ge- flogen. Von Bonn fährt man mit dem Zug. Von Berlin nach Brüssel kostet die eintägige Dienstreise 654 Euro, von Bonn 179 Euro. 24938 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) Bonn und die Region sind auf die Vereinbarungen aus dem Bonn-Berlin-Gesetz angewiesen. Es kann keine einseitige Aufkündigung fester Zusagen geben. Deshalb sollten wir die nervige, fruchtlose Debatte um eine ein- seitige Aufkündigung des Bonn-Berlin-Gesetzes endlich beenden. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Ausführungs- gesetzes zur Verordnung (EU) Nr. 648/2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (EMIR-Ausführungs- gesetz) (Tagesordnungspunkt 15) Dr. Axel Troost (DIE LINKE): Wie stark sich Fi- nanz- und Realwirtschaft voneinander entkoppelt ha- ben, lässt sich leicht mit einigen Zahlen veranschauli- chen. Nach den letzten verfügbaren Daten ist der globale außerbörsliche Derivatehandel auf ein Volumen von 650 Billionen US-Dollar angewachsen – das Zehn- fache der jährlichen Weltwirtschaftsleistung. Dahinter stehen keine Absicherungsgeschäfte von Unternehmen, sondern in erster Linie Spekulationen. Vor dieser Ent- wicklung haben wir lange gewarnt. Welche Risiken sie birgt, mussten wir infolge der Finanzkrise schmerzhaft erfahren. Doch trotz Finanzkrise geht der Handel mit Derivaten schwungvoll weiter. Derivate versprechen als Hebelinstrumente hohe Ren- diten bei hohem Verlustrisiko. Fehlspekulationen mit Derivaten können leicht im Ruin enden. Noch gefährli- cher wird der Derivatehandel dadurch, dass bis zu 90 Prozent des Derivatehandels außerhalb regulierter Märkte stattfinden. Dort müssen keine Details wie Volu- men oder Preis offengelegt werden. Niemand weiß, wer welche Derivate hat und wie stark mit wem über Deri- vate verflochten ist. Dadurch konnte sich die US-Immo- bilienblase zu einer weltweiten Finanzkrise ausweiten. Viele komplexe Derivate dienen nicht dazu, Risiken auf viele Schultern zu verteilen und damit tragbar zu ma- chen. Risiken werden stattdessen verschleiert. Ein erster konsequenter Schritt wäre gewesen, den Dschungel der Derivatemärkte zu lichten und nur diejenigen Derivate zuzulassen, die offensichtlich einen gesamtwirtschaftli- chen Nutzen haben, verständlich sind und deren Risiken sich robust quantifizieren lassen. Dieser Schritt lässt weiter auf sich warten. Darüber hinaus muss der Deriva- tehandel sicherer und transparenter gemacht werden. Hier hat sich tatsächlich etwas getan. Mit EMIR hat die EU strengere Regeln für die Ab- wicklung des außerbörslichen Derivatehandels erlassen. Die Verordnung tritt 2013 in Kraft. Das hier debattierte Gesetz klärt nur noch kleinere Details. Zwischen Käufer und Verkäufer muss künftig eine Clearingstelle geschal- tet werden. Diese springt dann ein, wenn eine der Ver- tragsparteien ausfällt. Dies soll Ansteckungsrisiken min- dern. Es hat jedoch zur Folge, dass die Clearinghäuser eine systemische Funktion gewinnen. Die Pleite eines Clearinghauses wäre ein Schock ver- gleichbar mit einem Erdbeben. Sie sind systemisch rele- vant, weswegen der Staat sie notgedrungen auffangen müsste. Solange der Derivatedschungel weiterbesteht, müssen die Clearinghäuser unnötig viele Risiken schul- tern. Das ist für uns nicht akzeptabel. Ein weiteres Problem: Die Clearingpflicht ist unnötig löchrig, denn sie betrifft nur „standardisierte“ Derivate. Diese müssen lediglich an ein Transaktionsregister ge- meldet werden. Als „standardisiert“ soll ein Derivat dann gelten, wenn ein Clearinghaus eine zentrale Ab- wicklung dafür anbietet – der Markt setzt sich damit wieder einmal selbst die Standards. Eine Nebenbemerkung: Das erwähnte Transaktions- register hat neben Transparenz noch eine zweite Funk- tion: Es wird sehr einfach, die geplante Finanztransak- tionsteuer zu erheben. Fehlende Informationen oder Erhebungskosten werden kein Hindernis für die Finanz- transaktionsteuer sein. Ich betone das deshalb, weil die Finanzpolitiker der Koalition – FDP und Union – immer noch wenig Begeisterung und Einsatz für die Pläne von Finanzminister Schäuble für eine europäische Finanz- transaktionsteuer zeigen. Doch bisher haben sich Argu- mente gegen die Steuer immer als haltlos erwiesen. Zusammenfassend: Wir fordern, die Finanzmärkte auch in Bezug auf die Derivatemärkte drastisch zu schrumpfen und ihre Komplexität zu reduzieren. Nur diejenigen Finanzprodukte, die gesamtwirtschaftlich nützlich, verständlich und von den Risiken beherrschbar sind, sollten von einem „Finanz-TÜV“ zugelassen wer- den. Die dann übrig gebliebenen Derivate wären stan- dardisiert und könnten über regulierte Handelsplätze ge- handelt werden. Der außerbörsliche Derivatehandel wäre dann erst recht überflüssig. Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zweifellos: Die Umsetzung der European Market Infra- structure Regulation, EMIR, gehört zu den wichtigen Reformbaustellen der Finanzmarktregulierung. Denn bisher ist der etwa 700 Billionen Dollar schwere Deriva- temarkt nahezu unreguliert, intransparent und daher stark missbrauchsanfällig. Daten sind Mangelware – bei Aufsicht wie bei den Regulierten selbst. Man erinnere sich nur an das Jahr 2010, als die deutsche Aufsicht auf Auskünfte eines privaten Anbieters in den USA ange- wiesen war, um die Position von auf Griechenland abge- schlossenen Kreditausfallversicherungen zu erfahren. Diese Intransparenz ist ein hohes systemisches Ri- siko. Auch deshalb konnte die Pleite der Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 zu einer derartigen Eskalation der Krise führen. Denn niemand wusste, wer welche Derivatekontrakte eingegangen war und deshalb von welchen etwaigen Dominoeffekten betroffen sein könnte. Das wäre jedoch nötig gewesen, um die Folge- wirkungen eines unkontrollierten Zusammenbruchs ab- schätzen zu können. Stattdessen herrschte gefährliche, krisenbeschleunigende Marktpanik. Die Grundziele von EMIR sind daher richtig: Es ist richtig, dass künftig sämtliche Derivate an sogenannte Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24939 (A) (C) (D)(B) Transaktionsregister gemeldet werden müssen, sodass die Aufsicht einen Überblick über Vernetzungen und Ri- siken, etwa zu hohe offene Position einzelner Akteure, im Derivatemarkt erhält. Und es ist richtig, dass standar- disierbare Derivate künftig über sogenannte Clearing- häuser abgewickelt werden müssen. Doch der Teufel steckt auch hier im Detail. Etliche Fragen der Umsetzung, aber auch der sich aus der Regu- lierung ergebenden künftigen Marktstruktur, sind noch offen. So stellt sich mir die Frage, welche Art von Deri- vaten wann überhaupt clearingpflichtig werden. Reden wir hier von 10, 30, 50, oder sogar mehr als 70 Prozent des Derivatemarktes? In der EMIR-Verordnung der Kommission habe ich jedenfalls Ausnahmen von der Clearingpflicht für große Teile der Realwirtschaft, für Pfandbriefbanken, Pensionsfonds, Lebensversicherun- gen und auch Landesbanken gefunden. Aus dem Markt höre ich, die Clearingpflicht werde sich zunächst auf be- stimmte Arten von Kreditausfallversicherungen sowie Zins-Swaps, also nur einen Teil des Marktes, konzentrie- ren. Die Frage des Umfangs der Clearingpflicht ist aber grundlegend und letztlich hochpolitisch. Denn vom An- teil künftig geclearter Derivate hängt ab, zu welchem Grad es gelingen wird, diesen billionenschweren Markt einem transparenten Preisfindungsmechanismus zuzu- führen. In den „dark pools“, in denen bisher relevante Teile des Handels stattfinden, bleibt transparente Preis- findung nämlich auf der Strecke. Einen Nutzen haben davon letztlich nur die wenigen Insider, weil sie aus den resultierenden Informationsvorteilen Profit schlagen können. Anderen Marktteilnehmern fehlen hingegen die sonst verfügbaren Preis- und Handelsinformationen. In der Folge wird der Marktprozess als Ganzes behindert – zulasten der Endkundinnen und Endkunden. Ferner frage ich mich: Wer erhält künftig überhaupt Einblick in die Transaktionsregister? Wie viele derartiger Register wird es geben? Wie wird technisch deren korrekte inter- nationale Konsolidierung sichergestellt? Es dürfte unstrittig sein, dass mit den Clearinghäusern neue „Risikoknoten“ systemischer Relevanz geschaffen werden. Bei der weiteren parlamentarischen Beratung dürfte vor diesem Hintergrund noch zu diskutieren sein, ob in der deutschen Umsetzung diesem neuen systemi- schen Risiko adäquat begegnet wird, und wie eigentlich die Behörden im Fall der Schieflage eines Clearinghau- ses vorgehen möchten. Mit der gerade erfolgten Ein- grenzung des Soffin auf die Kreditwirtschaft kommt das Finanzmarktstabilisierungsgesetz jedenfalls nicht mehr infrage. Werden daher die Clearinghäuser im Notfall Zu- gang zu Zentralbankliquidität erhalten? Auch werden wir noch kritisch hinterfragen, ob die Entscheidung der deutschen Bundesregierung eigentlich richtig war, die Aufsicht über die Clearinghäuser letzt- lich national zu organisieren. Ich habe da meine Zweifel. Das europäische Parlament forderte hier eine starke Rolle der ESMA. Denn Clearinghäuser werden grenz- überschreitendes Geschäft betreiben. Deshalb wäre hier eine grenzüberschreitende Aufsicht auch folgerichtig ge- wesen. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Beschlussempfehlung und Be- richt zu dem Antrag: Für einen wirksamen Schutz und die Aufnahme syrischer Flüchtlinge in der Europäischen Union und in Deutschland; Beschlussempfehlung und Bericht zu dem An- trag: Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen (Tages- ordnungspunkt 16) Helmut Brandt (CDU/CSU): Aus Anlass der anhal- tenden bewaffneten Auseinandersetzungen in Syrien soll nach den Anträgen der Fraktion Die Linke und der Frak- tion Bündnis 90/Die Grünen der Deutsche Bundestag die Bundesregierung auffordern, die Situation insbesondere syrischer Flüchtlinge durch diverse Maßnahmen zu ver- bessern. Es dürfte keine Überraschung sein, wenn ich Ih- nen sage, dass wir Ihre Anträge ablehnen. Ich wehre mich gegen den Eindruck, den Sie hier zu vermitteln versuchen, dass wir nicht genug Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen oder nicht genug Unterstützung leisten. In Deutschland sind die Asylbewerberzahlen aus Syrien deutlich angestiegen. 2011 gab es insgesamt 3 436 Anträge, von Januar bis September 2012 waren es 5 156 Anträge. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gewährt syrischen Staatsangehörigen im Rahmen der Asylverfahren zumindest einen sofortigen Schutz in Form eines einjährigen Aufenthaltstitels, der verlängert werden kann. Zudem werden bundesweit be- reits seit Ende April 2011 keine Personen mehr nach Sy- rien abgeschoben. Am Rande bemerkt: Diese Situation stellt unsere Kommunen schon jetzt vor große logisti- sche Probleme. Die ersten Bundesländer sind bereits an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen, auch wegen der im Übrigen stark ansteigenden Asylbewerberzahlen. Nun zu einigen Ihrer Forderungen im Einzelnen. Die von Ihnen geforderte Unterstützung der Anrainer- staaten wird von uns bereits geleistet. Die Bundes- regierung hat bislang humanitäre Soforthilfe für die Flüchtlinge in der Region in Höhe von insgesamt 23,3 Millionen Euro zur Verfügung gestellt und ist damit eines der größten Geberländer. Auch Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks leisten Hilfe in der Region. Weiterhin fordern Sie, dass wir in Absprache mit den anderen europäischen Staaten ein bedeutendes Kontin- gent syrischer Flüchtlinge aufnehmen. Wie ich eingangs sagte, werden derzeit keine Abschiebungen nach Syrien vorgenommen. Vor der aktiven Aufnahme von Flüchtlin- gen hat für die Bundesregierung und die CDU/CSU- Fraktion die Hilfe vor Ort Priorität. Denn die Flüchtlinge wollen dort gar nicht weg, weil sie die Hoffnung haben, dass die Kämpfe in absehbarer Zeit zu Ende gehen. Zudem beabsichtigen auch die anderen EU-Mitglied- staaten zurzeit keine Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien. Ein nationaler Alleingang ist nicht sinnvoll. Auch wenn eine Aufnahme rechtlich allein auf nationa- ler Ebene grundsätzlich möglich wäre, so wäre die Durchführung eines Aufnahmeverfahrens – Auswahl- 24940 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) missionen, Interviews mit Flüchtlingen, Transport – ohne Unterstützung des UNHCR logistisch sehr schwie- rig. Nun zu Ihrer Forderung, Visaanträge syrischer Staats- angehöriger, insbesondere von Familienangehörigen in Deutschland lebender Personen, schnell und wohlwol- lend zu bearbeiten. Die Auslandsvertretungen prüfen nach hiesiger Kenntnis jeden Einzelfall sorgfältig, müs- sen sich dabei aber an die geltende Rechtslage halten. Die Erteilung eines Kurzzeit-(Schengen-)Visums zu Besuchszwecken setzt unter anderem voraus, dass die Rückkehrabsicht des Antragstellers feststeht, er also nicht die Absicht hat, mithilfe eines Schengen-Visums nach Deutschland einzuwandern und sich hier niederzu- lassen. Angesichts der augenblicklichen Lage in Syrien wird die Rückkehrabsicht derzeit nur selten nachweisbar sein. Die Erteilung eines Langzeitvisums an Familienange- hörige außerhalb der Kernfamilie, also an Ehepartner und minderjährige Kinder, ist gemäß § 36 Abs. 2 Auf- enthaltsgesetz nur möglich, wenn dies zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist. Ungüns- tige Verhältnisse im Heimatstaat und ausschließlich hu- manitäre Gründe, die auf der Situation im Heimatstaat beruhen, sowie politische Verfolgungsgründe können nach der allgemeinen Anwendungspraxis nicht herange- zogen werden, um eine Härte im Sinne des § 36 Abs. 2 zu begründen. Hiervon sollten wir auch nicht abweichen. Wir wollen kein Asyl durch die Hintertür. Nun zu Ihrer Forderung, sich für Regelungen einzu- setzen, mit denen der Studienaufenthalt hier lebender sy- rischer Studenten gesichert werden soll. Derzeit halten sich circa 2100 syrische Staatsangehörige mit Aufent- haltserlaubnissen nach § 16 und § 17 Aufenthaltsgesetz zum Studium, zur Promotion, zur Facharztausbildung etc. in Deutschland auf, die ihren Aufenthalt mit Stipen- dien oder privaten Mitteln aus Syrien finanzieren. Auf- grund der Situation in Syrien sind bei bislang 18 Perso- nen die Zahlungen ausgeblieben. Vorerst kann mit Mitteln des Auswärtigen Amtes über den Deutschen Akademischen Auslandsdienst in Einzelfällen geholfen werden. Dies kann aber keine dauerhafte Lösung sein, da der Zahlungsausfall bei weitaus mehr Personen zu er- warten ist. Vorrangiges Ziel ist, die syrischen Staatsangehörigen in dem bestehenden Aufenthaltsstatus zu belassen und ihnen Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit neben dem Studium anzubieten. In den Fällen, in denen eine eigen- ständige Lebensunterhaltssicherung dennoch nicht erfol- gen kann, wird das Bundesinnenministerium den Län- dern vorschlagen, über eine Länderanordnung nach § 23 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz einen Aufenthaltstitel zu ertei- len, der dann zum Bezug von BAföG berechtigt. Abschließend möchte ich noch ein paar Worte zu Ih- rer Forderung, das mit der Syrischen Arabischen Repu- blik geschlossene Rücknahmeabkommen aufzukündi- gen, sagen. Das bilaterale Rückübernahmeabkommen mit Syrien beschränkt sich, wie andere Rückübernahme- abkommen auch, auf rein prozedurale Regelungen und konkretisiert verfahrensmäßig die ohnehin bestehende völkergewohnheitsrechtliche Verpflichtung zur Rück- übernahme eigener Staatsangehöriger. Es verpflichtet je- doch weder die für Abschiebungen zuständigen Bundes- länder zur Durchführung von Abschiebungen, noch hindert es sie daran, Abschiebungen in Gefährdungssitua- tionen auszusetzen. Die im deutschen Ausländerrecht vorgesehenen Möglichkeiten zur Aussetzung einer Ab- schiebung unter humanitären und menschenrechtlichen Aspekten werden von dem Abkommen in keiner Weise berührt oder gar eingeschränkt. Die Innenministerkonferenz hat im März 2012 be- schlossen, Abschiebungen nach Syrien für die Dauer von sechs Monaten auszusetzen, und die Länder aufge- fordert, umgehend einen Abschiebungsstopp anzuord- nen. Der Bundesminister des Innern hat mittlerweile auf entsprechende Bitte des Vorsitzenden der Innenminister- konferenz sein Einvernehmen mit einer Verlängerung der Aussetzung der Abschiebung nach Syrien um wei- tere sechs Monate erklärt. Daher sehe ich für eine Kün- digung des Abkommens keine Veranlassung. Überdies hege ich immer noch die Hoffnung, dass dieser Bürger- krieg in absehbarer Zeit endet. Dann aber werden wir das Abkommen brauchen. Ich bin überzeugt, dass die Bundesregierung die ak- tuelle Situation aufmerksam verfolgt. Sollte es künftig einer Aufnahme von syrischen Flüchtlingen bedürfen, werden wir in Absprache mit dem UNHCR und unseren europäischen Partnern unsere Verantwortung wahrneh- men. Ich weise jedoch schon jetzt darauf hin, dass, falls Deutschland sich zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Aufnahmeprogramm entschließt, angesichts der Dimen- sion des syrischen Flüchtlingsproblems kein Resett- lement im technischen Sinn, also keine dauerhafte Auf- nahme in Deutschland, in Betracht kommen wird. Möglich wäre vielmehr eine vorübergehende humanitäre Aufnahme für die Dauer des Konfliktes in Syrien. Ute Granold (CDU/CSU): Wir debattieren heute über zwei Anträge der Fraktionen Die Linke und Bünd- nis 90/Die Grünen zur Situation der syrischen Flücht- linge. Sie sprechen damit ein Thema an, das mich gerade als Menschenrechtspolitikerin sehr beschäftigt. So hatte ich die Gelegenheit, im Rahmen einer Delegationsreise Flüchtlingslager in Jordanien und im Libanon zu besu- chen und dort mit syrischen Flüchtlingen zu sprechen. Lassen Sie mich zu Beginn noch einmal die Dimen- sion des Leides der syrischen Bevölkerung in Erinne- rung rufen: Mehr als 3 Millionen Menschen sind in Sy- rien von den Kämpfen betroffen. Über 360 000 Syrer sind bereits in die Nachbarländer Libanon und Jordanien sowie in den Irak und in die Türkei geflohen. Der Sy- rien-Koordinator des UN-Flüchtlingshilfswerks, Panos Moumtzis, hat davor gewarnt, dass die Zahl der Flücht- linge bis zum Jahresende auf 700 000 ansteigen könnte. Der herannahende Winter wird die humanitäre Lage in der Region weiter verschärfen. Doch was ist nun zu tun, um diesen Menschen in Not am besten zu helfen? Lassen Sie mich Ihnen erläutern, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24941 (A) (C) (D)(B) warum die von der Opposition in den beiden Anträgen geforderte umfangreiche Aufnahme von syrischen Flücht- lingen in Deutschland und in der EU zum jetzigen Zeit- punkt nach meiner Auffassung nicht der richtige Weg ist. In meinen Gesprächen mit syrischen Flüchtlingen vor Ort und mit Vertretern von Hilfsorganisationen und Kir- chen hier in Deutschland habe ich den Eindruck gewon- nen, dass die große Mehrheit der Betroffenen in der Re- gion bleiben und möglichst bald wieder in ihre Heimat zurückkehren will. Wir sollten daher diesen Wunsch der Flüchtlinge, nahe der Heimat zu bleiben, respektieren und zunächst Unterstützung vor Ort leisten. Darüber hinaus muss klar sein, dass die von der Op- position geforderten umfangreichen Resettlementpro- gramme Fakten schaffen würden, die ungewollt dem Assad-Regime in die Hände spielen könnten. Auch der UNHCR hat bislang nicht zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge außerhalb der Region aufgerufen und konzentriert seine Anstrengungen auf eine Verbesse- rung der Situation der Flüchtlinge in den Nachbarstaaten Syriens. Deshalb steht für uns zurzeit die humanitäre Hilfe vor Ort im Zentrum des deutschen Engagements. Die Bun- desrepublik hat ihre Hilfen für die Opfer des Syrien- Konflikts um 12 Millionen Euro auf insgesamt 67,3 Mil- lionen Euro aufgestockt. Wir sind damit eines der größ- ten Geberländer. Von den 67,3 Millionen Euro werden 30,3 Millionen Euro durch das Auswärtige Amt für hu- manitäre Hilfe in Syrien und für die Versorgung der Flüchtlinge in den Nachbarländern finanziert. Auch Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks sind im Ein- satz und leisten Hilfe. So unterstützt das THW das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen bei der Wasserversorgung sowie beim Aufbau der Sanitärver- sorgung von Flüchtlingslagern in Jordanien. Dieser Bei- trag des THW zur Versorgung der Flüchtlinge wird vom Auswärtigen Amt finanziert. Außenminister Westerwelle hat unseren Partnern in der Region, allen voran der Türkei, signalisiert, dass Deutschland den sy- rischen Nachbarländern auch weiterhin bei der Bewäl- tigung des Flüchtlingsstromes helfen wird. Die syrisch-orthodoxe Kirche in Deutschland und der Jesuitenflüchtlingsdienst in der Region Mittlerer Osten und Nordafrika haben mir davon berichtet, dass vor al- lem die syrischen Christen der verschiedenen Konfessio- nen oftmals zwischen die Fronten der Konfliktparteien geraten und so von Hilfsmaßnahmen abgeschnitten wer- den. Deshalb müssen wir besonders darauf achten, dass die von Deutschland in Syrien geleistete humanitäre Hilfe auch für alle Hilfsbedürftige uneingeschränkt zu- gänglich ist. Durch die Aufnahme einer wachsenden Zahl von Asylbewerbern leistet Deutschland darüber hinaus be- reits einen zusätzlichen Hilfsbeitrag. So sind die Asylbe- werberzahlen aus Syrien deutlich angestiegen: Während 2011 insgesamt 3 436 Anträge verzeichnet wurden, sind von Januar bis September 2012 bereits 5 267 Anträge gestellt worden, davon 3 721 Erstanträge und 1 546 Fol- geanträge. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ge- währt syrischen Staatsangehörigen im Rahmen der Asyl- verfahren subsidiären Schutz. Zudem werden bundesweit seit Ende April 2011 auf Beschluss der Innenminister- konferenz hin keine Personen mehr nach Syrien abge- schoben. Die Bundesregierung geht davon aus und erwartet, dass die Mitgliedstaaten der EU bei der Durchführung von Asylverfahren die Rechtsakte zum EU-Flüchtlings- recht und die Gewährleistungen des internationalen und europäischen Rechts einhalten. Dazu gehören insbeson- dere die Einhaltung der Europäischen Menschenrechts- konvention und der Genfer Flüchtlingskonvention. Da- her besteht mit Ausnahme von Griechenland, an das derzeit ohnehin keine Dublin-Überstellungen erfolgen, und Malta, wohin keine besonders schutzbedürftigen Personen überstellt werden, keine Veranlassung, Über- stellungen syrischer Asylbewerber in andere Dublin- Staaten auszusetzen. Zunächst ist es also richtig, dass Deutschland und seine internationalen Partner versuchen, die Probleme vor Ort zu lösen, weil die ganz überwiegende Zahl der geflohenen Syrer in der Nähe ihrer Heimat bleiben und so schnell wie möglich zurückkehren möchte. Allerdings müssen wir die Lage weiterhin intensiv beobachten. Auch wenn im Augenblick eine Flüchtlingsaufnahme noch nicht ansteht, kann sich dies – wie von mir erläutert – bei gemeinsamen, abgestimmten Initiativen von UNHCR und EU ändern. Wie Sie sehen, arbeiten die Koalitionsfraktionen und die Bundesregierung intensiv daran, die syrischen Flüchtlinge zu unterstützen. Diesen Weg werden wir auch in Zukunft konsequent bestreiten. Vor diesem Hin- tergrund lehnen wir beide Anträge der Opposition ab. Rüdiger Veit (SPD): Heute befinden sich nach An- gaben des Auswärtigen Amtes 340 000 Menschen aus Syrien auf der Flucht. Doch wie viele es genau sind, können wir nicht wissen. Stündlich werden es mehr. Viele der Flüchtlinge sind vor den Gewalttaten und Kampfhandlungen in ihrer Heimat in Nachbarländer ge- flohen. Die Türkei hat bislang rund 100 000 Flüchtlinge aufgenommen; zuvor hatte sie immer angekündigt, bei Erreichen dieser Marke die Grenzen zu schließen. Auch der Libanon hat nach Angaben des Auswärtigen Amtes bis zu 100 000 Syrer aufgenommen. Andere Syrer sind nach Jordanien und in den Nordirak geflohen. Die Tür- kei hat mit der Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge bislang Großes geleistet. Im Libanon wird den Flüchtlingen keine Infrastruktur zur Verfügung ge- stellt. In Jordanien werden sie in Camps untergebracht. Im Nordirak wird es nach Angaben der EKD bald mehr Flüchtlinge als Nordiraker geben. Ein Ende der Kampfhandlungen ist nicht abzusehen. Angesichts des Flüchtlingselends und des Ausmaßes der Katastrophe muss gehandelt werden, und zwar sofort. Natürlich wäre ein innerhalb der EU abgestimmtes ge- meinsames Vorgehen am besten. Aber wenn das nicht so schnell zu haben ist, dann muss Deutschland mit gutem 24942 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) Beispiel und im Sinne der dringend gebotenen Linde- rung von konkreter Not vorangehen. Wie die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen sind auch wir dafür, neben der notwendigen Un- terstützung der Anrainerstaaten bei der Versorgung vor Ort syrische Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen. Wir halten es dabei für notwendig, drei Gruppen zu un- terscheiden: Erstens gibt es die Gruppe der Flüchtlinge, die aus an- deren Ländern wie zum Beispiel dem Irak oder Somalia ursprünglich nach Syrien als Flüchtlinge gekommen sind und jetzt aufgrund der Entwicklung in Syrien selbst wei- terfliehen müssen. Für diese Flüchtlingsgruppe brauchen wir dringend ein Resettlementprogramm. An dieser Stelle möchte ich sagen, dass wir schon lange für den Aufbau von langfristigen Resettlementpro- grammen mit einem bestimmten Kontingent sind. Be- grüßenswert ist daher dem Grunde nach der Beschluss der Innenministerkonferenz vom 8. und 9. Dezember 2011 über den Einstieg Deutschlands in ein institutiona- lisiertes Resettlementprogramm. In diesem Rahmen ist in den Jahren 2012 bis 2014 die Aufnahme von 300 Per- sonen pro Jahr vorgesehen. 300 Menschen, das sind mei- ner Ansicht nach zu wenige. Angesichts unseres Wohl- stands und unserer wirtschaftlichen Lage als führende Nation in Europa ist es unsere Pflicht, das Elend und die Not von entwurzelten Flüchtlingen konkret zu lindern. Ich könnte mir daher europaweit sehr gut die Aufnahme von rund 100 000 Flüchtlingen pro Jahr vorstellen. Zweitens gibt es eine Gruppe von Flüchtlingen, die in Deutschland lebende Verwandte hat. Hier sollten die Einreisebestimmungen erheblich erleichtert werden, um eine großzügige Familienzusammenführung in Deutsch- land zügig möglich zu machen. Drittens gibt es die Gruppe der aus politischen Moti- ven aus Syrien geflohenen Menschen. Für diese ist ein längerer Aufenthalt in Europa eher nicht das Ziel, da sie zum Teil ein Interesse daran haben, bei einer sich in Sy- rien ändernden Lage schnell in das Land zurückkehren zu können. Schon 2010 haben wir in unserem Antrag „Syrien – Abschiebungen beenden, politischen Dialog fortführen“ auf Drucksache 17/525 die Bundesregierung aufgrund der massiven Verletzung von Menschenrechten in Syrien dazu aufgefordert, einen Abschiebestopp nach Syrien zu erlassen und das bilaterale Rückübernahmeabkommen mit Syrien zu kündigen. Das ist heute, zwei Jahre später, erst recht und weiterhin unsere Forderung, weil sich die Zustände dramatisch verschlechtert haben. Schließlich wollen und müssen wir uns im Rat der Europäischen Union dafür einsetzen, dass in allen Mit- gliedstaaten Abschiebungen nach Syrien ausgesetzt wer- den und eine europäische Lösung für die Flüchtlinge ge- funden wird. Der Umgang mit den Flüchtlingen aus Syrien war auch Thema des Rates der Justiz- und Innenminister am 25. und 26. Oktober dieses Jahres in Luxemburg. Die Kommission erklärte, dass mehr als die Hälfte der bishe- rigen Hilfen für die Region von der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten bereitgestellt worden sei. Auch wenn Deutschland und Schweden bisher rund 90 Prozent der syrischen Flüchtlinge innerhalb der Union aufge- nommen haben, sind wir genauso wie die Justiz- und Innenminister der EU der Ansicht, dass ein Massenzu- strom nach Europa nicht ausgeschlossen werden kann und man daher über die Gewährung von vorübergehen- dem Schutz nachdenken muss. In den von mir dargelegten Forderungen stimmen wir mit der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und zum Teil mit den Forderungen der Fraktion Die Linke überein. Die Kollegen und Kolleginnen der Fraktion Die Linke wollen über das hinaus jedoch ein dauerhaftes Bleibe- recht unabhängig von der Sicherung des Lebensunter- halts. Das ist zu weitgehend. Immerhin das Bemühen um die Sicherung des eigenen Lebensunterhalts sollte nach- gewiesen werden. Auch der Forderung nach einer unein- geschränkten Öffnung der Grenzen in der Europäischen Union können wir so nicht zustimmen. Wenn die Linke mir ihrer Forderung nach Öffnung der Grenzen allerdings auf das Problem des fehlenden legalen Zugangs in die Europäische Union für Schutzsu- chende zielt, so ist das in der Tat ein wichtiges Problem. Dies betrifft jedoch nicht nur syrische Flüchtlinge, son- dern Flüchtlinge allgemein. Hier brauchen wir eine Lö- sung für alle. Wenn wir auch nicht alle Positionen der Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Die Linke teilen, so teilen wir doch ihr Grundanliegen. Wir werden uns ihrem Antrag gegenüber daher der Stimme enthalten. Dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen werden wir zustim- men. Auch die Kolleginnen und Kollegen von FDP und CDU/CSU sollten dies tun. Angesichts der dramatischen Lage in Syrien hat es ja immerhin Gespräche zwischen Ihrem Fraktionschef Volker Kauder und dem Herrn In- nenminister gegeben, was doch ein Zeichen dafür ist, dass auch Sie sich um eine Lösung des Flüchtlingselends bemühen wollen. Auf dem Rat der Justiz- und Innenminister am 25. und 26. Oktober 2012 in Luxemburg hat der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Schröder zwar den Vorrang der Unter- stützung und des Verbleibs der Flüchtlinge vor Ort betont, jedoch unter bestimmten Umständen eine weitere Auf- nahme von Flüchtlingen nicht ausgeschlossen. Anfang letzter Woche sagte der Kollege Ruprecht Polenz bei Phoenix – vor Ort, er begrüße Überlegungen, syrische Bürgerkriegsflüchtlinge bei Angehörigen in Deutschland aufzunehmen: „Es wäre eine Möglichkeit, wirklich zu prüfen, ob man diese Art der vorübergehenden Familien- zusammenführung nicht ermöglichen könnte. Das würde wahrscheinlich auch ein paar tausend Syrern helfen, und sie wären hier bei ihren Familienangehörigen in Deutsch- land untergebracht.“ Dann lassen Sie uns das machen. Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Die Menschen- rechtslage in Syrien hat sich in den vergangenen Mona- ten dramatisch verschärft. Die syrische Regierung be- kämpft ihr eigenes Volk. Der Bürgerkrieg bedroht alle Menschen in dem Land. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24943 (A) (C) (D)(B) Schon zuvor gab es erhebliche Probleme: Meinungs- und Versammlungsfreiheit waren nicht gegeben, die In- landsopposition starken Repressionen ausgesetzt. Dies hat die Bundesregierung ebenso wie ihre Vorgängerin deut- lich benannt. Deshalb hat der Bundesinnenminister schon seit län- gerem den zuständigen Ländern empfohlen, derzeit nicht nach Syrien abzuschieben. Die FDP unterstützt die konsequente Haltung des Bundesinnenministers. Mehr kann auch eine Aufkündi- gung des Rückübernahmeabkommens nicht bewirken. Das Abkommen war bereits in Zeiten der Verhand- lung heftiger Kritik ausgesetzt. Flüchtlingshilfeorganisa- tionen haben Abschiebungen nach Syrien schon früher generell abgelehnt. Es war die Vorgängerregierung mit Vizekanzler Steinmeier, die sich dennoch für ein Ab- kommen mit Syrien entschieden hat. Wir alle hoffen, dass der Bürgerkrieg in Syrien mög- lichst bald beendet wird. Die Kündigung des Abkommens könnte auch so ver- standen werden, dass wir nicht mehr an einen baldigen Frieden in Syrien glauben. Wir sollten, meine ich, alles vermeiden, was als Zeichen der Hoffnungslosigkeit ge- deutet werden könnte. An der Sachlage, dass wir nicht nach Syrien abschie- ben, ändert sich durch die geforderte Kündigung ohne- hin nichts. Der Bundesaußenminister hat klargemacht, dass aktuell Hilfe vor Ort Priorität für die Bundesregie- rung hat. Gleichzeitig hat er klargestellt, dass die Auf- nahme syrischer Flüchtlinge in Deutschland nicht vom Tisch ist. Diese Haltung unterstützen wir nachdrücklich. Auch die Bundesjustizministerin hat durch ihren Be- such in einem Flüchtlingslager in der Türkei in der letz- ten Woche gezeigt, dass die Bundesregierung keines- wegs – wie in den Oppositionsanträgen suggeriert – wegschaut. Ganz im Gegenteil hat sie genau hingesehen und ebenfalls eine Aufnahme von Flüchtlingen in der EU nicht ausgeschlossen. Auch UNHCR hat mittlerweile einen Aufruf gestartet und um Hilfe gebeten: Es gibt auch Flüchtlinge aus Sy- rien, die bereits in Syrien Flüchtlinge waren – Personen aus Somalia oder dem Irak, die nun ein doppeltes Verfol- gungsschicksal haben. Bei dieser Personengruppe sollte der Bundesinnenminister zusammen mit seinen Länder- kollegen in der Tat genauer hinsehen. Vielleicht bietet es sich an, das Resettlement-Kontingent entsprechend zu nutzen? Wir würden sie unterstützen. Der Ansatz der Bundesregierung ist richtig, den Men- schen nach Möglichkeit vor Ort zu helfen. Denn entge- gen dem, was auch von den Kolleginnen und Kollegen suggeriert wird, wünschen sich die meisten Flüchtlinge nicht eine Aufnahme in Deutschland, sondern eine Rückkehr in ein friedliches Syrien. Die Bundesregierung hilft mit 25 Millionen Euro zur Linderung der Not. Selbstverständlich greift bei persön- licher Verfolgung auch das geltende deutsche Recht. Für die FDP steht auch weiterhin die persönliche Schutzbedürftigkeit eines Flüchtlings im Vordergrund, nicht kollektive Gruppenmerkmale wie etwa die Reli- gionszugehörigkeit. Religiöse Verfolgung kann ein Grund für Schutzbedürftigkeit sein, ist aber sicher nicht der ein- zige. Selbstverständlich wird die Bundesregierung bei ei- ner Verschärfung der Lage gemeinsam mit den europäi- schen Partnern handlungsbereit sein. Die Dimensionen des Konflikts machen ohnehin eine enge internationale Abstimmung in EU und VN erforderlich. Wir Liberalen setzen uns dafür ein, die Entwicklung sensibel zu begleiten und im Zweifelsfall nicht primär einer Umsiedlungsideologie zu folgen, sondern dem praktisch und akut humanitär Gebotenen. Ulla Jelpke (DIE LINKE): Derzeit befinden sich schätzungsweise 400 000 Menschen aus Syrien auf der Flucht. Die meisten haben in den umliegenden Staaten Zuflucht gefunden, nur etwa 20 000 sind nach Europa gekommen. Davon befinden sich 5 500 in Deutschland. Viele warten allerdings noch auf ihre Entscheidung im Asylverfahren. Im Schnitt müssen sie derzeit fünf Mo- nate warten. Das ist aus Sicht der Fraktion Die Linke viel zu lang. Sie alle werden Flüchtlingsschutz erhalten, die Anerkennungsquote liegt derzeit bei 97 Prozent. Deshalb sollten die Verfahren deutlich beschleunigt wer- den. Es ist im Übrigen unglaublich demagogisch, wenn derzeit von den Innenministern der Union darauf verwie- sen wird, dass durch die vorgezogene Behandlung von aussichtslosen Asylanträgen aus Serbien und Mazedo- nien die syrischen Asylsuchenden noch länger warten müssen. Die Zunahme von Asylsuchenden aus Syrien war seit Monaten absehbar, ebenso die Zunahme aus dem Westbalkan. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hätte rechtzeitig seine Ressourcen entspre- chend planen können. Stattdessen machen Sie die Schutzsuchenden zu Opfern des Behördenchaos in der Bundesrepublik. In den vergangenen Wochen wurde von der EU- Grenzschutzagentur Frontex und Griechenland mit Stolz verkündet, dass die griechisch-türkische Landgrenze am Fluss Evros erfolgreich dichtgemacht ist. Dafür begeben sich die Flüchtlinge nun auf deutlich gefährlichere Rou- ten über das Meer. Mit dieser Grenzsicherung auf Kos- ten der Flüchtlinge muss Schluss sein. Die europäischen Grenzen müssen offengehalten werden. Das ist eine klare Verpflichtung aus der Genfer Flüchtlingskonven- tion. Dafür muss sich die Bundesregierung einsetzen, statt noch mehr eigenes Personal zur Grenzsicherung nach Griechenland zu schicken. Seit Monaten fordern Pro Asyl und andere Flücht- lingsorganisationen, ein Programm zur Aufnahme be- sonders schutzbedürftiger Flüchtlinge aus den Anrainer- staaten Syriens zu starten, ein sogenanntes Resettlement. Der Bundesinnenminister wies diese Forderung zurück. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen habe noch kein Resettlement-Programm beschlossen, so der Minister. Das dürfte sich bald ändern, die Vorbereitun- gen des UNHCR laufen schon. Wenn der UNHCR zur 24944 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) Aufnahme von Flüchtlingen aufruft, müssen die EU- Staaten dazu umgehend in der Lage sein. Das ist ein wichtiges Signal der Solidarität an die Flüchtlinge und an die syrischen Anrainerstaaten, die bislang die ganze Last der Flüchtlingsaufnahme tragen. Doch dazu haben die Innenminister der EU bei ihrem Treffen Ende Okto- ber in Brüssel kein Wort verloren. Der gemeinsamen Asylpolitik der EU-Staaten haben sie einen weiteren Schandfleck hinzugefügt. Es ist selbstverständlich begrüßenswert, wenn die Bundesregierung die Nachbarstaaten Syriens bei der Flüchtlingsaufnahme finanziell unterstützt. Pünktlich zu dieser Debatte wurde die Hilfe auf 67 Millionen Euro aufgestockt, was die Redner der Koalition hier sicherlich ausführlich würdigen werden. Das darf aber keine Aus- rede dafür sein, keine Menschen aufzunehmen, die zu- nächst in diese Staaten geflohen sind. Bei den Resettle- ment-Programmen des UNHCR geht es um die Menschen, für die überfüllte Flüchtlingslager vollkom- men ungeeignet sind, die Erholung und psychologische oder medizinische Betreuung brauchen. Es geht um Traumatisierte, um alleinstehende Frauen und Kinder, um Verletzte und Kranke. Ihnen ist mit ein paar klimati- sierten Zelten oder Decken nicht geholfen. Sie brauchen eine Perspektive außerhalb dieser Lager, in denen die Lebensbedingungen sich durch den nahenden Winter noch einmal rapide verschlimmern werden. Diese Per- spektive wollen wir ihnen bieten. Ich bitte Sie daher alle, unserem Antrag zuzustimmen. Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Im März 2011 hat die syrische Freiheitsbewegung ihren An- fang genommen. Seit nunmehr 19 Monaten schlägt das syrische Regime jeden Protest für Menschenrechte und Demokratie mit brutaler Gewalt nieder. Die systemati- sche Gewalt gegen Zivilisten ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und ein Kriegsverbrechen. Der syri- sche Präsident Bashar al-Assad befehligt die Bombardie- rung von Wohngebieten, die Tötung von unschuldigen Zivilisten und Demonstranten, verhindert den Zugang zu humanitärer Hilfe und billigt offenbar Folter, sexuelle Gewalt und Misshandlungen, auch an Kindern. Syrerinnen und Syrer zahlen einen hohen Preis für ih- ren Wunsch nach Freiheit, Menschenrechten und Demo- kratie. Bisher sind nach Angaben der Vereinten Nationen mehr als 30 000 Menschen während des gewaltsamen Konflikts in Syrien ums Leben gekommen. 1,2 Millio- nen Menschen sind in Syrien auf der Flucht. Über 360 000 Menschen mussten das Land verlassen. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR geht davon aus, dass bis zum Ende diesen Jahres die Zahl von syrischen Flüchtlingen auf 710 000 anwachsen wird. Ein Lösung des Bürgerkrieges in Syrien ist in abseh- barer Zeit leider nicht in Sicht. Ein militärisches Eingrei- fen würde die Situation der Menschen in Syrien vermut- lich nur verschlimmern. Im Rahmen der humanitären Hilfe ist jedoch noch vieles möglich. Die Vereinten Na- tionen – insbesondere UN OCHA und der UNHCR – und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz benö- tigen die Unterstützung der internationalen Gemein- schaft. Wir müssen dauerhafte Lösungen für die Flücht- linge aus Syrien finden. Die Türkei, Jordanien, der Libanon und Irak stoßen mit der Aufnahme und Versorgung der syrischen Flücht- linge an ihre Grenzen. Diese vier Staaten allein haben bisher 355 162 Flüchtlinge aufgenommen. Bei solchen Zahlen frage ich mich, wo wir in Deutschland mit unse- ren Maßstäben bleiben, wenn Bundesinnenminister Friedrich zum Beispiel bei 1 500 Asylanträgen aus Ser- bien und Mazedonien im September 2012 aufschreit und auf dem Rücken dort und hier diskriminierter Roma und Sinti eine hysterische Asyldebatte lostritt. In unserem Antrag fordern wir die Bundesregierung auf, die Anrainerstaaten Syriens bei der Aufnahme und Versorgung syrischer Flüchtlinge zu unterstützen. Wir begrüßen es, dass Bundesaußenminister Westerwelle gestern in New York den Vereinten Nationen weitere 12 Millionen Euro für die Syrien-Hilfe zugesagt hat. An- gesichts des bevorstehenden Winters ist diese Hilfe bit- ter nötig. Bisher sind nur 29 Prozent des Hilfeplans der Vereinten Nationen für syrische Flüchtlinge finanziert. Die Bundesregierung ist auch aufgefordert, Flücht- linge aus Syrien in Deutschland aufzunehmen. Die türki- sche „Politik der offenen Türen“ ist richtig. Daran soll- ten sich alle EU-Staaten ein Beispiel nehmen – auch Deutschland. Mehr als 360 000 syrische Flüchtlinge können nicht alle auf Dauer in Lagern in der Türkei, Jor- danien, dem Libanon oder Irak leben. Besonders für Kinder ist die Situation dort schwierig. Die Bundesregie- rung sollte sich mit den aufnehmenden Anrainerstaaten und mit den Flüchtlingen solidarisch zeigen und Syrerin- nen und Syrern in Deutschland Schutz gewähren. Es gibt auch Syrerinnen und Syrer, die von ihren An- gehörigen nach Deutschland eingeladen werden. Für sie muss die Visumsvergabe deutlich erleichtert werden, da- mit sie wenigstens für eine Zeit lang Schutz in Deutsch- land finden. Dies hat jüngst auch Integrationsbeauftragte Maria Böhmer gefordert. Das deutsch-syrische Rücknahmeabkommen sollte sofort aufgekündigt werden. Jedes völkerrechtliche Ab- kommen mit Syrien gibt Bashar al-Assad eine Legitima- tion, die er nicht verdient. Für die in Deutschland lebenden syrischen Flücht- linge, die bereits vor dem Krieg nach Deutschland geflo- hen sind, besteht zur Zeit zwar ein Abschiebestopp, der bis März 2013 verlängert wurde, sie leben hier aber nur unter Duldung. Das ist inakzeptabel. Sie müssen einen rechtmäßigen Aufenthaltstitel bekommen. Ich möchte hier auch die Gelegenheit ergreifen, das Resettlement-Programm der Bundesregierung zu erwäh- nen. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass auf der Innen- ministerkonferenz vor ungefähr einem Jahr beschlossen wurde, in den nächsten drei Jahren jeweils 300 Flücht- linge dauerhaft in Deutschland aufzunehmen. Wir mei- nen aber, dass Deutschland mehr kann und diese Zahl angesichts der vom UNHCR gesuchten 172 000 Resettle- ment-Plätze für das Jahr 2012 beschämend gering ist. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24945 (A) (C) (D)(B) Unter Resettlement versteht man die dauerhafte Neu- ansiedlung besonders verletzlicher Flüchtlinge in einem zur Aufnahme bereiten Drittstaat. Bisher gibt es inner- halb der EU nur 4 100 Resettlement-Plätze. Die USA nimmt jedes Jahr 55 000 solcher Flüchtlinge aus Erstzu- fluchtsländern auf. Die bisher in Deutschland aufgenom- menen Resettlement-Flüchtlinge erhalten noch nicht ein- mal einen Flüchtlingsstatus im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Hier gibt es noch einigen Ver- besserungsbedarf. Es ist beschämend, dass Flüchtlinge kaum noch die Möglichkeit haben, Europa auf sicherem Weg zu errei- chen. Flüchtlinge gehen stattdessen lebensgefährliche Risiken ein, um vor Krieg und Verfolgung zu fliehen und Schutz in Europa zu finden. Letztes Jahr sind mehr als 1 500 Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken oder verdurs- tet. 2011 war bisher das tödlichste Jahr in dieser Region seit Beginn der Aufzeichnungen des UN-Hochkommis- sars für Flüchtlinge im Jahr 2006. Dennoch gibt es kei- nerlei Anstrengungen der deutschen Bundesregierung, diese Situation zu beenden. Seit die Landgrenze zwischen der Türkei und Grie- chenland durch europäische Grenzsicherungsmaßnah- men kaum noch passierbar ist, wählen syrische Flücht- linge immer öfter die lebensgefährliche Route über das Mittelmeer, um Zuflucht in Europa zu finden. Anfang September ertranken 61 Menschen, die meisten von ih- nen Kinder, als ein Boot mit Ziel Lesbos auf Grund ging. Die Opfer waren fast alle Syrer. Keine Regierung, die Menschenrechte ernst nimmt, kann das mit ansehen. Eine Lösung zu finden, ist eine deutsche und europäi- sche Herausforderung. Aber europäische Maßnahmen dürfen nicht mit dem Schutz der Grenzen und dem Verbarrikadieren der „Fes- tung Europa“ beginnen. Es geht zuallererst um den Schutz von Leib und Leben der Flüchtlinge an der Grenze. Die Europäische Union mit ihrem Wertekanon und Deutschland mit seinem Grundgesetz können es sich nicht leisten, sehenden Auges die Menschen im Mittel- meer ertrinken zu lassen. Europa muss sich entschieden, der Tragödie zuzusehen oder zu helfen. Wenn wir nicht handeln, werden uns nachfolgende Generationen zu Recht vorwerfen, dass Deutschland zwar die Menschen- rechte weltweit gepredigt, beim Drama im Mittelmeer aber tatenlos zugesehen hat. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Geldwäschegesetzes (GwGErgG) (Tagesordnungspunkt 17) Peter Aumer (CDU/CSU): Die Geldwäschepräven- tion in Deutschland ist und bleibt ein wichtiges Thema für die Sicherheit, Stabilität und Ordnung unseres gesell- schaftlichen Zusammenlebens. Wie die Berichterstat- tung in den Medien und der Ende Oktober von der BaFin und dem BKA vorgestellten Jahresbericht 2011 der Financial Intelligence Unit, FIU, zeigen, haben die Geld- wäscheverdachtsmeldungen im Jahr 2011 um 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zugenommen. Diese Zahl macht deutlich, dass die Adressaten des Geldwäschege- setzes zunehmend sensibilisiert werden oder dies bereits sind. Unsere Aufsichtsbehörden nehmen hier eine wich- tige Rolle bei der Umsetzung und Einhaltung unserer Gesetze war. In den vergangenen Jahren haben wir eine Reihe neuer Regelungen zur Prävention und Bekämpfung von Geld- wäsche und Terrorismusfinanzierung auf den Weg ge- bracht. Immer wieder sind wir dabei auf neue Trends und technische Entwicklungen eingegangen, die Möglichkei- ten zur Geldwäsche eröffnet haben. Von zentraler Bedeu- tung ist dabei unser Gesetz zur Optimierung der Geldwä- scheprävention, das wir vor circa einem Jahr hier in diesem Hohen Hause verabschiedet haben. In diesem ha- ben wir vor allem die Geldwäschegefahren bei elek- tronischem Geld aufgegriffen. Die E-Geld-Industrie stellt eine stark wachsende Branche in Deutschland dar. Durch den immer weiter wachsenden e-Commerce sowie Online-Games und weitere zahlungspflichtige Angebote im Internet entwickelten sich diese Formen in den letzten Jahren immer weiter. Den positiven Effekten für den Kunden standen allerdings auch geldwäscherechtlich re- levante Risiken entgegen, denen wir mit diesem Gesetz begegneten. Durch höhere Identifizierungspflichten, ei- nem Verbot, mehrere Karten zu einer einzelnen Karte zu- sammenzuführen, und einer Beschränkung der Auszah- lung von E-Geld Karten begegneten wir umfangreichen Möglichkeiten zur Geldwäsche, hielten aber durch das Einziehen von Schwellenwerten die Benutzung für den „Normalkunden“ für praktikabel. Mit dem Gesetz zur Ergänzung des Geldwäschegeset- zes reagieren wir heute abermals auf einen in den letzten Jahren stark wachsenden Markt im Internet: dem Online- glücksspiel und den Onlinesportwetten. Nach Schätzun- gen der Europäischen Kommission lagen allein die Ein- nahmen der Onlineglücksspielanbieter innerhalb der Eu- ropäischen Union im Jahr 2008 bei über 6 Milliarden Euro. Die Kommission rechnet weiterhin, ausgehend von 2008, mit einer Verdopplung dieser Zahl bis zum kommenden Jahr. Das Onlineglücksspiel zählt somit zu einem der stark wachsenden Segmente im Onlinemarkt. In Deutschland war bis vor kurzem das Glücksspiel im Internet ausnahmslos verboten. Mit Auslaufen des Glücksspielstaatsvertrages aus dem Jahr 2007 und den in die Zuständigkeit der Länder fallenden Neuregelungen hat sich in diesem Bereich eine grundlegende Änderung ergeben. Als erstes Bundesland erlaubte das Land Schleswig-Holstein die Möglichkeit für Glücksspiel im Internet. Auch der Erste Glücksspieländerungsstaatsver- trag vom Dezember letzten Jahres eröffnet den unter- zeichnenden Ländern die Möglichkeit zur Erlaubnis der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im In- ternet. Ferner machte auch das öffentliche Fachgespräch, das wir vor kurzem im Finanzausschuss des Deutschen Bun- destages durchführten, deutlich, dass die Aufnahme des Onlineglücksspiels in das Geldwäschegesetz eine not- 24946 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) wendige Maßnahme ist. Selbst die Vertreter der bisher in Deutschland lizensierten Anbieter begrüßten im Allge- meinen die Aufnahme ins Geldwäschegesetz. Mehrere Sachverständige bestätigten uns, dass Glücksspiel auf- grund seiner Struktur von beiden am Spiel teilnehmen- den Parteien dazu missbraucht werden kann, illegale Gelder reinzuwaschen. Auch die Vielzahl von Transak- tionen und die Möglichkeit, hohe Beträge in viele unauf- fälligere kleinere Einzelbeträge zu stückeln, macht das Online-Glücksspiel für Geldwäscher interessant. Durch das heute zu beschließende Gesetz zur Ergän- zung des Geldwäschegesetzes soll deshalb der Verpflich- tetenkreis zukünftig auf die Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen im Internet erweitert werden. Diese Erweiterung wird durch Sorgfalts- und Organisations- pflichten ergänzt. Ferner werden für die die Glücks- spielaufsicht zuständigen Länderbehörden die notwendi- gen Aufsichtsbefugnisse geschaffen. Schließlich sieht der Gesetzentwurf entsprechende Bußgeldvorschriften zur Sanktionierung von Verstößen der Pflichtigen vor. Das Onlineglücksspiel darf somit kein rechtsfreier Raum sein. Auch hier ist sicherzustellen, dass Geldwä- sche wirksam bekämpft wird. Entsprechend den europäi- schen Vorgaben haben wir daher den Anwendungsbe- reich des Geldwäschegesetzes entsprechend erweitert. Für Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen im In- ternet gelten also künftig spezielle Sorgfaltspflichten. Identifizierung und Verifizierung eines Spielers er- folgt durch eine elektronisch versandte Kopie eines Aus- weisdokumentes. Die Identifizierung kann somit in Echtzeit vor Begründung der Geschäftsbeziehung abge- schlossen und ein Spielerkonto sofort eröffnet werden. Verstärkte Sorgfaltspflichten können durch zusätzliche Sicherungsmaßnahmen nach Begründung der Geschäfts- beziehungen wie etwa Post-Ident oder auf der Grundlage von zusätzlichen Dokumenten, Daten oder Informatio- nen, die von einer glaubwürdigen und unabhängigen Quelle stammen und für die Überprüfung geeignet sind, erfolgen. Mit dieser Regelung wird erstmals eine me- dienbruchfreie und zugleich sehr sichere Identifizierung eines Kunden möglich. Eine weitere Hürde für Geldwäsche stellt in diesem Zusammenhang die Verwendung der Zahlungsmethode dar. So sind alle unbaren Zahlungsmethoden wie etwa eine Lastschrift oder Kartenzahlung für die Einzahlung auf ein Spielerkonto erlaubt, sofern es sich um ein ord- nungsgemäß identifiziertes Zahlungskonto des Spielers handelt. Davon kann bei der Führung eines Zahlungs- kontos durch einen lizensierten Zahlungsdienstleister mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgegangen werden. Die Verwendung anonymer Pro- dukte wie etwa Prepaid-Karten, auf denen E-Geld ge- speichert ist, ist somit ausgeschlossen. So stellt der Dreiklang aus Übersendung eines gülti- gen Ausweisdokumentes, der zusätzlichen Sicherungs- maßnahme nach Begründung der Geschäftsbeziehung und des vollidentifizierten Kontos, das auf den Namen des Spielers lauten muss, einen hohen Schutz vor Miss- brauch und damit zur Verhinderung von Geldwäsche dar. Gleichzeitig halten wir aber den bürokratischen Auf- wand gering und verhindern damit die Abwanderung ins illegale Geschäft. Abschließend möchte ich noch auf den in den Medien sowie im öffentlichen Fachgespräch angesprochenen Sachverhalt der Nichtaufnahme von Spielhallen in das Geldwäschegesetz ansprechen. Die CDU/CSU- und die FDP-Fraktion haben sich hier zu einer Klarstellung im Bericht der Berichterstatter entschieden: Der Vorschlag der Aufnahme in das GwG wurde im Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht weiterverfolgt, weil verfassungs- rechtliche Zweifel bestehen, ob eine ausreichende Bun- deskompetenz für diese spielhallenrechtlich konzipierte Regelung vorhanden ist. Um das Geldwäscherisiko wei- ter zu reduzieren, hat sich die Bundesregierung stattdes- sen auf die Änderung der Spielverordnung geeinigt. Wir fordern die Länder jedoch auf, eine flächendeckende ge- werberechtliche Beaufsichtigung im Bereich der Spiel- hallen sicherzustellen, bei der auch die Ausübung eines Gewerbes von der zuständigen Behörde untersagt wer- den kann, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzu- verlässigkeit des Spielhallenbetreibers oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun. Darüber hinaus wer- den die Länder aufgefordert, die Umsetzung des Geld- wäschegesetzes weiterhin zu verbessern, um eine effek- tive Beaufsichtigung und Verhinderung von Geldwäsche im Nichtfinanzbereich zu gewährleisten. Damit bewegen wir uns in unseren rechtlichen Möglichkeiten. Nun ist es an den Ländern, eine kompetente Vollziehung des Geset- zes sowie eine funktionierende Aufsicht sicherzustellen. Die Erfolge der Umsetzung des Geldwäschegesetzes wollen wir weiterhin durch eine Evaluierung des Geset- zes vornehmen. Wir fordern daher die Bundesregierung und die Bundesländer auf, die Evaluation in dem festge- legten Rahmen durchzuführen; denn nur so können wir die Wirksamkeit unseres Gesetzes überprüfen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf greifen wir er- neut das Thema der Geldwäscheprävention in Deutsch- land auf und betonen abermals dessen Wichtigkeit. Die Koalition schließt damit eine noch bestehende Lücke in der Geldwäscheprävention. Die Geldwäschebekämp- fung wird dadurch konsequent ausgebaut, auch im Sinne der internationalen Standards. Wir machen damit deut- lich, dass für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Deutschland kein Platz ist. Ich bitte Sie daher, dem Gesetz zuzustimmen. Martin Gerster (SPD): „Wenn ich Mafiosi wäre, würde ich in Deutschland investieren.“ Das Zitat von Roberto Scarpinato, der als Staatsanwalt intensiv mit dem Kampf gegen das international vernetzte organi- sierte Verbrechen kämpft, lässt aufhorchen. Wie zahlreiche andere Sachverständige hat auch er im Zuge der Anhörung zum vorliegenden Gesetzentwurf unterstrichen, dass unser Land gegenwärtig massiv im Visier von Kriminellen steht, die hierzulande Geld wa- schen wollen. Geld, das unter anderem aus Drogen-, Waffen-, und Menschenhandel, Betrug und illegalem Glücksspiel stammt und das in den legalen Geldkreislauf Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24947 (A) (C) (D)(B) eingespeist werden soll, um seine Herkunft zu verschlei- ern. Bis zu 57 Milliarden Euro im Jahr werden nach Schätzungen der OECD Jahr für Jahr in der Bundesrepu- blik gewaschen. Internationale Gremien, die sich dem Thema Geldwä- schebekämpfung widmen, thematisieren bereits seit län- gerem, dass mit dem Aufstieg der im Internet angebote- nen Glücks- und Kasinospiele auch ein massives Geldwäscherisiko einhergeht. Mittlerweile haben wir es hier mit einem viele Milliarden schweren Wirtschafts- zweig zu tun. Die Besonderheiten des Onlineumfelds, vor allem der fehlende persönliche Kontakt zwischen Spielern und Spielbetreibern, machen es findigen Krimi- nellen leicht, anonym Gelder zu transferieren und deren Spur zu verwischen. Bis vor kurzem war es in Deutschland nicht möglich, Onlineglücksspiele legal anzubieten, da der Glücksspiel- staatsvertrag dies ausschloss. Doch schon im vergange- nen Jahr war klar, dass sich dies mit dem Alleingang der abgewählten schwarz-gelben Landesregierung in Kiel ändern würde. Sie wollte Schleswig-Holstein auch virtu- ell zum Glücksspieleldorado machen – ohne Rücksicht auf Verluste. Vor dem Hintergrund dieser bedenklichen Entwick- lung haben wir seither konsequent auf die Notwendig- keit verwiesen, hier aktiv zu werden. Und obwohl klar abzusehen war, wie sich die Situation in Schleswig-Hol- stein entwickeln würde, spielte die Bundesregierung auf Zeit. Während in Kiel bereits im März erste Konzessionen vergeben werden sollten, verwies man von Regierungs- seite noch im Februar 2012 darauf, dass eine Überarbei- tung der europäischen Geldwäscherichtlinie anstehe und die Diskussion um die Ausführung des Glücksspiel- staatsvertrags abgeschlossen sei. Dann könne man im Forum Geldwäscheprävention diskutieren: „Das ange- sprochene Forum für Geldwäscheprävention wird sich mit Fragen des Onlineglücksspiels befassen, wenn erste Konzepte zur Ausführung dieses Staatsvertrags in den Ländern vorliegen bzw. von der Europäischen Kommis- sion gegenwärtig geprüfte Verschärfungen der geldwä- scherechtlichen Anforderungen an das Onlineglücks- spiel in einem Kommissionsvorschlag für eine vierte Geldwäscherichtlinie konturiert sind“, so die Antwort des Parlamentarischen Staatsekretärs Steffen Kampeter vom 14. Februar 2012. Mittlerweile wissen wir, dass das Thema Online- glücksspiel in der Überarbeitung der Geldwäscherichtli- nie voraussichtlich wohl nicht so klar geregelt wird, wie wir uns das wünschen. Seit Juli erlauben nun auch die restlichen Länder, Lotterien und bestimmte Formen von Onlinesportwetten über das Internet anzubieten. Insofern ist es vollumfänglich zu begrüßen, dass dieses Problem nun angegangen wird und die Anbieter von Online- glücksspielen als Verpflichtete in das GWG aufgenom- men werden. Erfolgreiche Geldwäscheprävention lebt davon, Geld- ströme nachvollziehbar zu halten und die an Transaktio- nen beteiligten Personen sowie die dahinter stehenden wirtschaftlichen Berechtigten klar identifizieren zu kön- nen. Hier geht das Gesetz in die richtige Richtung. Aber es geht nicht weit genug und in letzter Sekunde hat es Schwarz-Gelb sogar noch geschafft, die guten Ansätze zu verwässern. Wo ursprünglich eine frühzeitige und eindeutige Iden- tifikation vorgesehen war, wird nun ein zweistufiges Verfahren eingeführt, das die – ohnehin keineswegs un- problematische – Verifikation der potenziellen Spieler zeitlich hinter die Aufnahme der Geschäftsbeziehung mit dem Spieleanbieter verlagert. Dies erscheint uns nicht nur unter Aspekten der Geldwäscheprävention, sondern auch unter suchtpräventiven Aspekten nicht wünschenswert. Gerade die Debatte im Ausschuss war entlarvend, da es wieder die FDP war, die sich in ihren Beiträgen zum Sprachrohr der „Zockerlobby“ machte. Und das, obwohl die Partei im Umgang mit den Glücksspielanbietern erst in jüngster Zeit wenig For- tune hatte. So drängt sich auch hier der Verdacht auf, dass es bei der nachträglichen Änderung vor allem da- rum geht, die Hürden für eine Spielteilnahme zu senken und mehr Menschen mit den – mitunter hochgradig suchtgefährdenden – Onlinewetten in Kontakt zu brin- gen. Das zeigt ein Blick auf jene Aspekte, die der Gesetz- entwurf nicht angeht, obwohl sie auch in der Anhörung überdeutlich zur Sprache kamen. Als wir im Mai 2012 bei der Bundesregierung nachfragten, ob denn durch die geänderte Lage in Schleswig-Holstein eine Regelung notwendig sei, antwortete uns die Bundesregierung: „Die Landesverordnung über die Genehmigung des Glücksspielbetriebs (Glücksspielgenehmigungsverord- nung – GGVO) vom 11. Januar 2012 beinhaltet alle er- forderlichen Instrumente für eine wirksame Verhinde- rung der Geldwäsche in diesem Aufsichtssektor.“ Mittlerweile wissen wir: Die Bundesländer geben offen zu, dass sie sich mit der Beaufsichtigung des Nichtfinanzsektors tendenziell überfordert sehen. Die Stellungnahme des Bundesrates zum vorliegenden Ge- setzentwurf spricht da eine klare Sprache. Nun sollen sie zusätzlich die Aufsicht im Bereich On- lineglücksspiel übernehmen. Und ihre Behörden dürfen dank der Änderungsanträge der Koalition auch noch da- rüber entscheiden, ob überhaupt besondere Sorgfalts- pflichten anzuwenden sind, weil sie in bestimmten Be- reichen ein geringes Geldwäscherisiko vermuten. Es bleibt ein ungutes Gefühl, dass die seit langem be- kannten Probleme in Zukunft eher nicht abnehmen dürf- ten. Umso dringender stellt sich die Frage, wie die Pro- bleme einer mangelhaften Aufsicht im Nichtfinanzsektor endlich überwunden werden können. Wir unterstützen den gemeinsamen Appell, die Länder hier verstärkt mit ins Boot zu holen und eine transparente, strukturierte und effektive Aufsicht sicherzustellen. Leider konnte sich Schwarz-Gelb nicht entschließen, dieser Forderung durch Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag im Ausschuss mehr Nachdruck zu verleihen. 24948 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) Gerade mit Blick auf die Länder gilt es überdies anzu- merken, dass wir nach wie vor keine zufriedenstellende Lösung für den Umgang mit Spielhallen und Automa- tenkasinos haben. Die Mahnungen der Sachverständigen sollten deutlich gemacht haben, dass es noch immer dringend notwendig ist, auch im Sinne des Spieler- und Jugendschutzes eine effektive Gewerbeaufsicht der Be- treiber von Spielhallen sicherzustellen. Die angekün- digte Änderung der Spielverordnung und die Einführung einer personenungebundenen Spielerkarte sind keines- wegs der Weisheit letzter Schluss. Die Haltung der Bun- desregierung, die Aufnahme der Spielhallenbetreiber in das GWG aus verfassungssystematischen Gründen nicht weiterzuverfolgen, erscheint allerdings nachvollziehbar. Wir begrüßen ausdrücklich, dass sich auch die Koali- tionsfraktionen der Brisanz des Themas bewusst sind. Auch hier wurde jedoch die Gelegenheit vertan, durch die Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag ein deutlicheres Signal in Richtung der Länder zu geben. Ein Gesetz voller verpasster Chancen. Insofern setzen wir als Sozialdemokraten auf Enthaltung. Björn Sänger (FDP): Das vorliegende Gesetz ist erstens erforderlich, weil die Verhinderung von Geldwä- sche im Onlineglückspielsektor ein übergeordnetes Thema darstellt, das nicht nur wirtschaftlich, sondern auch verbrauchertechnisch in sicheres Fahrwasser ge- lenkt werden sollte. Die wirtschaftliche Bedeutung des Onlineglückspielsektors ist hoch und es bildet sich ein schnell wachsender Markt zugunsten der Glückspielin- dustrie. Laut einer Schätzung der EU-Kommission ha- ben die Onlineglücksspielanbieter 2008 innerhalb der Europäischen Union über 6 Milliarden Euro eingenom- men. Und das sind allein die legalen Zahlen. Erforderlich auch deshalb, da aufgrund der Neurege- lungen und des Auslaufens geltender Verträge das Glückspiel im Internet vom Gesetzgeber „neu“ zu be- werten ist. Es war also erforderlich, das Geldwäschege- setz nun auch auf die Onlinevarianten des Glücksspiels zu erstrecken und Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen im Internet in den Verpflichtetenkreis des Geldwäschegesetzes einzubeziehen. Was gibt dieses Gesetz vor? Was wird verändert? Wir müssen auf die Besonderheiten des Onlineglückspiels mit großer Vorsicht Rücksicht nehmen. Es finden tagtäg- lich, ja stündlich und minütlich Geschäftsbeziehungen zwischen Personen statt, die sich niemals persönlich ge- genüberstehen werden. Wir müssen hier den erhöhten Risiken in Bezug auf die Identifizierung des Spielers so- wie die Finanzströme gezielt Rechnung tragen. Gerade im Onlineglückspielsektor gilt es daher, dass künftig Be- treiber von Glücksspielen im Internet verstärkt ihre Sorgfaltspflichten nach dem Geldwäschegesetz erfüllen müssen. Insofern begrüßt die FDP die verstärkten Anfor- derungen, die der Gesetzentwurf aufstellt. Gleichwohl schauen wir mit Bedacht auch darauf, das legale Glücksspiel im Internet nicht derart zu regulieren und mit Vorsicht-Schildern zu versehen, dass keiner mehr die gut gepflasterten Straßen nutzt. So halten wir eine Zuordnung als Verpflichtete unter das GWG je nach Geldwäscheanfälligkeit für sachgerecht. Sofern sich ein geringes Geldwäscherisiko ergibt – wie beispielsweise bei Lotteriespielen, wo allein bei einem Maximaleinsatz von 1 000 Euro eine statistische Verlustquote von 80 Pro- zent gegeben ist –, soll eine Freistellung durch die Län- der stattfinden. Der Gesetzentwurf nennt in der Entwurfsfassung vier Wege der Spieleridentifizierung: Die Identifizierung an- hand eines Originalausweises, anhand einer beglaubig- ten Kopie des Ausweises, anhand des elektronischen Identitätsnachweises nach dem Personalausweisgesetz (Elektronischer Personalausweis) oder anhand einer quali- fizierten elektronischen Signatur. Das Problem ist für den Verbraucher: Wer bei einem Onlineglücksspielanbieter spielt, will dies in aller Regel unmittelbar tun und nicht erst deutlich später. Was ist die Folge? Nur die wenigsten Spieler werden wegen der Re- gistrierung bei einem Glücksspielanbieter gleich einen neuen (elektronischen) Personalausweis beantragen, und nur die wenigsten Spieler, die etwa auf ein Bundesliga- spiel wetten möchten, werden sich stattdessen auch mit einer Wette auf den übernächsten Spieltag zufrieden ge- ben. Vielmehr bedeutet der Gesetzentwurf derzeit noch ein Konjunkturprogramm für den unregulierten Markt, wo Spieler nach der Anmeldung sofort spielen können, aber jeglicher behördlicher Zugriff verwehrt ist und auch die internen Sicherheitsstandards der Anbieter alles an- dere als gewährleistet sind. Wir wollen keine leblose Wettbewerbssituation für die 20 konzessionierten Anbieter des regulierten Mark- tes entstehen lassen und die Angebote mehr als erheblich beschränken. Zudem müssen wir die konkurrierende An- gebote von nicht konzessionierten Anbietern im Online- bereich im Blick behalten, die weiterhin für jedermann erreichbar sind. Wir wollen kein Gesetz, welches Spieler ermutigt, den regulierten Markt zugunsten eines unregulierten Marktes zu verlassen. Leider wissen wir alle, dass die Verhinderung von unregulierten Angeboten aus dem Grau- oder Schwarz- markt sehr schwierig bis praktisch unmöglich zu verhin- dern ist. Erst recht bei Anbietern, die ihren Sitz in Über- see haben. Insofern haben wir nach praktikablen Lösungen gesucht, die den Spielern keinen Anreiz bie- ten, aus praktischen Erwägungen Anbieter aus dem un- regulierten Markt vorzuziehen – und den regulierten Markt dadurch zu schwächen. Da gerade bei Onlineglücksspielen Spieler leicht mit falschen Identitäten auftreten können, setzen wir uns für sinnvolle und sichere Vorgaben zur Spieleridentifizie- rung sowie Anforderungen an die Errichtung eines Spielerkontos ein. Wir schlagen daher eine Option vor, die erstmals die Identifizierung und Verifizierung an- hand einer elektronisch versandten Kopie des Passes oder Personalausweises nur für die sofortige Eröffnung von Spielerkonten, jedoch nicht etwa für Zahlungskon- ten und andere Geschäftsbeziehungen zulässt. Mit der vorgeschlagen Zulassung der elektronisch versandten Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24949 (A) (C) (D)(B) Kopie kann die Identifizierung und Verifizierung des Kunden/Spielers anhand dieses Dokuments in Echtzeit vor Begründung der Geschäftsbeziehung abgeschlossen und ein Spielerkonto vom Verpflichteten sofort eröffnet werden. Die vom Gesetzeszweck verlangte Erfüllung ver- stärkter Sorgfaltspflichten durch zusätzliche Sicherungs- maßnahmen bei nicht physischer Präsenz des Vertrags- partners kann auch dadurch erbracht werden, dass die Zahlung von einem Kunden des Vertragspartners erfolgt und unverzüglich nach Begründung dieser Geschäftsbe- ziehung die Überprüfung der Identität etwa durch die Nutzung des Post-Ident-Verfahrens wiederholt oder aber auf der Grundlage von zusätzlichen Dokumenten, Daten oder Informationen vorgenommen wird, die von einer glaubwürdigen und unabhängigen Quelle stammen und für die Überprüfung geeignet sind. Es handelt sich beim letzteren Verfahren um Dokumente und Daten (Internet- adresse, Telefonnummer etc.), die ohnehin im Anschluss an die Kundenidentifizierung für die durchzuführende kontinuierliche Überwachung der Geschäftsbeziehung (Monitoring) mit herangezogen werden müssen. Insofern sichern wir die von einer Freistellung nicht betroffenen Verpflichteten und Spieler von einem Geld- wäscherisiko ab, indem wir ein doppeltes Sicherheits- netz aufspannen. Zunächst verfügt der Spieler bereits über ein Zah- lungskonto, welches ihn identifiziert und verifiziert. Zahlungskonten sind, soweit sie bei Kreditinstituten in Deutschland geführt werden, einer erfahrungsgemäß zu- friedenstellenden Überwachung unterworfen. Zudem erfolgt unmittelbar nach Übersendung der Kopie des Personalausweises an den Verpflichteten ein Identifizierungs- und Verifizierungsprozess, der bereits weitläufig angewendet und erprobt ist und keinerlei Un- sicherheiten über die Identität des Spielers offenlässt. Seit Inkrafttreten des Geldwäschegesetzes sind laut der bei der im Bundeskriminalamt, BKA, angesiedelten Financial Intelligence Unit, FIU, in Deutschland im Jahr 2011 12 868 Verdachtsanzeigen eingegangen. Das ist ein neuer Höchststand seit Inkrafttreten des Gesetzes 1993. Dass sich dieser Trend auch 2012 fortsetzen könnte, lassen die im ersten Halbjahr 2012 eingegangenen 6 798 Verdachtsanzeigen erwarten, ein Anstieg von circa 5 Prozent gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeit- raum. Wir sehen also, wir sind auf einem guten Wege. Nun werden wir diesen Weg auch für den Onlineglücksspiel- sektor vorzeichnen. Wir wollen gemeinsam verhindern, dass Geld von illegaler Herkunft durch Transaktionen über mehrere Spielerkonten und Konten der Betreiber gewaschen werden kann. Die Illegalität muss bestmög- lich unterbunden werden, da gerade in der Glücksspiel- branche hohe Risiken der Geldwäsche bestehen. Wir setzen uns mit aller Kraft dafür ein, dass auch für den Onlineglücksspielsektor mit dem richtigen regula- tiven Rahmen ein Weg gezeichnet wird, der Geldwäsche in Deutschland die Stirn bieten wird. Richard Pitterle (DIE LINKE): Die Fraktion Die Linke begrüßt die Schließung einer wesentlichen Lücke für die Verhinderung von Geldwäsche durch die Einbe- ziehung von Glücksspielen im Internet. Doch sind die daraus resultierenden praktischen Auswirkungen über- schaubar, denn es existiert kaum ein lizensierter und re- gulierter deutscher Onlineglücksspielmarkt, was wir auch nicht bedauern. Das Onlineglücksspiel findet fast ausschließlich im illegalen Bereich statt. Da sich daran auch nach Meinung von Sachverständigen in der Anhö- rung vom 22. Oktober 2012 aufgrund der vorhandenen Angebots- und Nachfragestrukturen in Zukunft kaum et- was ändern wird, ist eine Reduzierung der Geldwäsche bei Onlineglücksspielen kaum zu erwarten. Allerdings bleibt ein zentraler Ort für Geldwäsche weiter außen vor: Die Spielhallen und Spielotheken. Die Ausschüsse des Bundesrates haben in ihren Empfehlun- gen vom 11. September 2012 die Einbeziehung der Spielhallen in das Geldwäscheergänzungsgesetz befür- wortet, jedoch dabei übersehen, dass bei der letzten Fö- deralismusreform die Zuständigkeit an die Länder abge- geben wurde. Als Maßnahmenkatalog verwiesen sie analog auf die Instrumente der Bundesanstalt für Finanz- dienstleistungsaufsicht (BaFin) im Rahmen der geldwä- scherechtlichen Aufsicht gemäß § 25 c Abs. 4 Kreditwe- sengesetz. Aufgrund der hohen Bargeldeinsätze sowie des großen Umsatzpotenzials der Automatenspielgeräte in den Spielhallen wäre deren Einbeziehung dringend geboten gewesen. Die Risikostruktur von Spielhallen und der Automatenspiele der Spielbanken rechtfertigen keine unterschiedliche geldwäschepräventive Beurtei- lung. Die Spielbanken sind Verpflichtete des Geldwä- schegesetzes mit erhöhten Sorgfaltspflichten, dagegen werden die Spielhallen dem Geldwäschegesetz weiter nicht unterliegen. Das offiziell von der Bundesregierung aufgeführte Gegenargument, dass in vielen Fällen die Betreiber der Spielhallen selbst die Geldwäscher seien, steht dem nicht entgegen, sondern den Betreibern der Spielhallen wären spezifische Maßnahmen zur Geldwä- scheprävention vorzugeben. Die Berücksichtigung der Spielhallen allein im Rahmen der Gewerbeordnung reicht nicht aus. An das Kernproblem der Geldwäschebekämpfung in Deutschland traut sich die Bundesregierung auch weiter- hin nicht heran: die völlig unzureichende Durchführung der Geldwäscheaufsicht und -kontrollen im Nichtfinanz- sektor – trotz umfassender Kritik von vielen Seiten, zum Beispiel des Bundes Deutscher Kriminalbeamter oder der Financial Action Task Force on Money Laundering, FATF. Im Nichtfinanzsektor liegt die Zuständigkeit für die Aufsicht bei den Bundesländern. Diese gaben sie in vie- len Ländern an die Kommunen weiter. Mit der Zustän- digkeit der Länder und Kommunen ging allerdings keine (wesentliche) finanzielle Unterstützung einher. Darüber hinaus kommt es bei länderübergreifenden Fällen zu er- heblichem Abstimmungs- und Koordinierungsaufwand. Dieser Auffassung ist auch der Bundesrat. Er hat in sei- ner Stellungnahme vom 21. September 2012 der Bun- desregierung mitgeteilt, dass die Länder nicht in der 24950 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) Lage sind, das Geldwäschegesetz umzusetzen. Das sind klare Worte. Der Bundesrat begründet seine Meinung unter ande- rem mit einer möglichst einheitlichen und effektiven Vor- gehensweise und verweist auf Positivbeispiele wie Ban- kenaufsicht (BaFin) und Zoll. Da der Gesetzgeber die Aufsichtsbehörden nicht spezifizierte, wurden in den Bundesländern die Zuständigkeiten unterschiedlich gere- gelt und verortet. Während einige Länder die Aufsicht auf ministerieller Ebene beließen, delegierten andere Länder die Zuständigkeit auf die Mittelinstanzen oder auf die ört- lichen Ordnungsbehörden. Die Erfassung von länder- übergreifenden Sachverhalten verursacht einen erhebli- chen Abstimmungs- und Koordinierungsaufwand. Die Zersplitterung bei den föderalen Zuständigkeiten führt zu einer Vervielfachung der vorzuhaltenden Ressourcen und zu Vollzugsdefiziten. Den Bundesländern wurden zudem keine hinreichenden Finanzmittel zur Verfügung gestellt. Eine Sachverständige hat aus der Praxis der Geldwäsche- prävention überzeugend dargelegt, warum die Geldwä- scheprävention im Nichtfinanzsektor bisher kaum erfolgt ist. Es fehlt an allem: Schulungen, Organisationsanwei- sungen, Fachkenntnissen, Koordination, Vorgaben zur Auslegung, Kapazitäten, Ressourcen. Die Linke schlägt eine Zentralisierung der Aufga- benwahrnehmung durch den Bund vor, zumindest der Geldwäscheprävention, zum Beispiel Auslegungs- und Anwendungshinweise, Konzernbezug, Auslandsbezug. Dass eine Aufsicht auf Bundesebene gut funktionieren kann, sieht man im Finanzsektor. Seitdem Geldwäsche- prävention und -bekämpfung der Bankenaufsicht über- tragen wurde, ist dieser Weg Geldwäschern weitestge- hend verschlossen. Eine Zentralisierung von Aufgaben lehnt die Bundesregierung jedoch ab. Darüber hinaus fehlt immer noch eine Gesamtstrate- gie, wie die weiter zunehmende Geldwäsche bekämpft werden kann. Doch die Bundesregierung bleibt ihrer be- kannten Politik der kleinen Tippelschritte treu. Es werden lediglich kleine, insgesamt als bescheiden anzusehende Anpassungen des Geldwäschegesetzes vorgenommen – allein 2011 wurden in diesem Gebiet drei Gesetze ver- abschiedet: das Gesetz zur Optimierung der Geldwäsche- prävention, das Gesetz zur Verbesserung der Bekämp- fung der Geldwäsche und Steuerhinterziehung und das Gesetz zur Umsetzung der Zweiten E-Geld-Richtlinie – und alles nur aufgrund des Drucks aus Europa. So ist es auch bei diesem Gesetz. Als Fazit ist festzustellen, dass das Geldwäschegesetz auch 20 Jahre nach Inkrafttreten nicht umgesetzt wird, Deutschland weiterhin die EU-Geldwäscherichtlinie ver- letzt und die FATF-Empfehlungen nicht umsetzt. Beim letzten Berichterstattergespräch hatte ich den Eindruck, dass sich alle Berichterstatter einig waren, dass vor allem im Nichtfinanzsektor hinsichtlich der Umsetzung des Geldwäschegesetzes weiterhin dringen- der Handlungsbedarf besteht. Wir waren uns einig, über das Bundesfinanzministerium die Länder zu bitten, uns die Daten zu liefern, um uns einen Überblick über den Vollzug der Geldwäschevorschriften in den Bundeslän- dern zu verschaffen. Wir sehen, dass auch die Regie- rungsparteien daran arbeiten wollen, dass Deutschland seinen Status als Europameister in der Geldwäsche nicht weiter erfolgreich verteidigt. Daher werden wir Ihren Gesetzentwurf auch nicht ablehnen, sondern uns enthal- ten. Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das heute vorliegende Geldwäscheergänzungsgesetz be- trifft nur einen kleinen Bereich im Gesamtkomplex Geldwäsche. Es ist aber vor allem dieser Gesamtkom- plex, der mehr Aufmerksamkeit braucht, als er derzeit bekommt. Genau deswegen hatten wir zur Anhörung zu diesem Gesetz im Finanzausschuss den italienischen Staatsanwalt Scarpinato als Sachverständigen benannt, der sehr eindrücklich den Zusammenhang zwischen Geldwäsche in Deutschland und Mafiaaktivitäten in Ita- lien darlegen konnte. Dies ist nur ein Beispiel für die problematische Auswirkung zu geringer Geldwäsche- prävention. Denn Geldwäsche macht Wirtschaftskrimi- nalität, Drogenhandel oder Menschenhandel möglich. Vor diesem Hintergrund sind wir uns ja auch einig, dass die Prävention gegen Geldwäsche gestärkt werden muss und dass das Ausmaß dessen, was in Deutschland an Geldern gewaschen wird, nicht hinnehmbar ist. Die Zahlen des Bundeskriminalamts von vergangener Woche haben dies erneut bestätigt. Vor allem aber ist es proble- matisch, dass wir feststellen müssen, wenn in diesen Ta- gen eine Untersuchung des Bundesnachrichtendienstes zu Geldwäsche in Zypern diskutiert wurde, dass Deutschland selbst bei den letzten internationalen Über- prüfungen in vielen Punkten nicht gut dastand. Die Fi- nancial Action Task Force, die international bei der OECD gegen Geldwäsche operiert, kam in ihrem Deutschlandbericht 2010 zu einem erheblich schlechte- ren Zeugnis, als es Zypern ein Jahr später erhielt. Damit lässt sich schwer Druck aufbauen. Man könnte die Be- richte und ihre Kriterien infrage stellen. Dann müsste man aber auch erklären, warum alle Novellen zur Geld- wäsche in Deutschland keinen Fingerbreit weitergehen als das, was von FATF oder EU eingefordert wird. Vor allem fehlt es in Deutschland nach wie vor an einer Ge- samtstrategie zur Geldwäsche. Das Abarbeiten interna- tionaler Kritik selbst ist noch keine Strategie. Es wird Zeit, dass wir vom Reagieren zum Agieren übergehen. Dass Deutschland sogar mehrfach von FATF und EU wegen der mangelhaften Geldwäschebekämpfung ange- mahnt wurde, hatte wiederum oft mit Missständen im Nichtfinanzbereich zu tun, der im Verantwortungsbe- reich der Länder liegt. Nicht zuletzt scheinen die perso- nellen Ressourcen, die der Geldwäscheprävention ge- widmet werden, zu gering zu sein. Ein Schwerpunkt unserer Arbeit bei den Ausschussberatungen war des- halb erneut, die Umsetzung der bestehenden Normen der Geldwäscheprävention zu thematisieren. Deutschland hat seit 1993 die EU-Normen nicht umgesetzt, und noch immer bestehen massive Defizite in der Umsetzung. Zu- letzt hat eine Studie im Auftrag des Bundeskriminalam- tes zur Geldwäschethematik im Immobiliensektor dies deutlich gemacht. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24951 (A) (C) (D)(B) Ich bin sehr dankbar, dass wir gemeinsam einen Im- puls geben, diese Defizite systematisch zu überwinden, indem wir als Berichterstatter aller Fraktionen gemein- sam deutlich gemacht haben, dass in Bezug auf die Um- setzung des Geldwäschegesetzes insbesondere im Nicht- finanzsektor weiterhin dringender Handlungsbedarf besteht. Dies hatte ja auch der Bundesrat in seiner Stel- lungnahme zum vorliegenden Gesetz hervorgehoben. Zweckmäßig ist dafür ein aussagekräftiges Benchmar- king. Wir haben uns deshalb im Finanzausschuss darauf verständigt, das Bundesministerium der Finanzen und die Regierungen der Länder zu bitten, vorhandene Ver- gleichszahlen zum Vollzug der Geldwäschenormen in den Ländern noch in diesem Jahr zu veröffentlichen. Dazu gehören etwa Personalaufwand in Vollzeitäquiva- lenten, Information von Verpflichteten, durchgeführte Kontrollen, insgesamt bearbeitete Fälle, Verdachtsanzei- gen von Verpflichteten, Beanstandungen und Ordnungs- maßnahmen gegen Verpflichtete etc. Soweit die für ein aussagekräftiges Benchmarking notwendigen Vergleichs- zahlen heute noch nicht vorliegen, wird gebeten, diese zeitnah zu erheben und zu veröffentlichen. Sinnvollerweise schließt der vorliegende Gesetzent- wurf mit dem Online-Glücksspielmarkt eine Lücke in der bisherigen Geldwäschegesetzgebung. Es wurde da- bei viel um Sorgfaltspflichten gerungen, was durch die Kombination von Non-face-to-face-Geschäften mit elek- tronischen Zahlungsmitteln eine schwierige Aufgabe bleibt, die uns weiter ständig beschäftigen wird. Das Ge- setz beinhaltet daher eine Rechtsverordnungsermäch- tigung, um auf den schnellen Wandel von Kundenan- nahmeprozessen reagieren zu können. Die Diskussion bestätigt, wie wichtig es war, dass die Berichterstatter bei der letzten Novelle fraktionsübergreifend eine Eva- luation der informationstechnischen Aspekte vereinbart haben. Es wird nicht nur die zuständigen Behörden, son- dern auch uns als Parlament weiter in Anspruch nehmen, wenn wir Geldwäscheprävention, zeitgemäße Geschäfts- abwicklung und Datenschutz in ein stabiles Gleichge- wicht bringen wollen. Beim Onlineglücksspiel kommt selbstverständlich die Suchtprävention hinzu. Als Finanz- ausschussmitglieder stehen wir vor der Herausforde- rung, diese Aspekte stets mit zu berücksichtigen. Im aktuellen Gesetzgebungsprozess wurde keine rechtlich wasserdichte Lösung für das Geldwäscherisiko der Spielhallen gefunden, die als allgemein befriedigend empfunden wird. Der im Referentenentwurf des Bundes- ministeriums der Finanzen vorgeschlagene Paragraf zur geldwäscherechtlichen Aufsicht über Spielhallen wurde laut Bundesregierung aus verfassungsrechtlichen Grün- den fallen gelassen, da ein Eingriff in Länderkompeten- zen vorliege und außerdem die Kompetenzen der Phy- sikalisch-Technischen Bundesanstalt ausgehöhlt werden würden. Die Tatsache, dass der Finanzausschuss des Bundesrats den vorgeschlagenen Paragrafen jedoch befür- wortete, sollte als Anlass genommen werden, schnellst- möglich eine wirksame Lösung zu erarbeiten. Auch hier müssen Bund und Länder koordiniert von den gesetz- lichen Grundlagen bis zu einem praktikablen Vollzug zu- sammenarbeiten. Der Verweis auf Gesetzgebungskom- petenzen der Länder ist noch lange keine Lösung des Problems. Vor allem aber reicht der Verweis auf den neuen Entwurf der Spielverordnung nicht aus. Zum ei- nen liegt uns dieser Entwurf nicht vor. Ich weiß also nicht, ob er die Problematik der Zulassung manipulier- barer Geräte und manipulierbaren Zubehörs wirklich löst. Zum anderen reicht der Fokus auf die Geräte allein nicht aus. Notwendig sind deswegen, wenn die bundes- gesetzliche Regelung nicht funktioniert, landesgesetz- liche Regelungen. Vor diesem Hintergrund werden wir uns enthalten. Wir stellen uns darauf ein, dass schon bald die nächste Gesetzgebung im Geldwäschebereich kommen wird. Insbesondere werden die Defizite im Immobilienbereich anzugehen sein. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Zweiten Ge- setzes zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes (Tagesordnungspunkt 18) Norbert Schindler (CDU/CSU): In zweiter und drit- ter Lesung wird heute der Gesetzentwurf der Bundes- regierung zur Änderung des Energiesteuer- und Strom- steuergesetzes abschließend beraten. Lassen Sie mich vorab noch einmal betonen, wie zwingend notwendig es war, eine Nachfolgeregelung für die bestehenden Steuerbegünstigungen für Unternehmen des produzierenden Gewerbes einzuführen, um einem ersatzlosen Wegfall ab dem 1. Januar 2013 zuvorzukom- men. Der bisherige Spitzenausgleich, der im Rahmen der ökologischen Steuerreform über die Parteigrenzen hin- weg eingeführt worden war, ist von der EU-Kommission beihilferechtlich nämlich nur bis 31. Dezember 2012 ge- nehmigt. Mit diesem Gesetzentwurf wird eine vernünftige und tragfähige Nachfolgeregelung eingeführt, die den in Deutschland energieintensiv produzierenden Unterneh- men ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit erhält. Ge- mäß der Vorgaben der Europäischen Kommission war eine Eins-zu-Eins-Fortführung der steuerlichen Regelun- gen nur in Verbindung mit Energieeffizienzsteigerung möglich, was ich auch einhellig begrüße. Schlussendlich konnten wir damit sowohl den Kreis der Begünstigten als auch das Gesamtentlastungsvolumen erhalten. Zwei Ziele galt es bei der Gesetzgebung im Auge zu behalten, um auch die Notifizierung bei der Kommission zu gewährleisten: Erstens das Ziel, das produzierende Gewerbe von einem Teil der Strom- und Energiesteuer- erhöhungen im Rahmen der ökologischen Steuerreform zu entlasten. Zweitens das Ziel, die Unternehmen des produzierenden Gewerbes entsprechend der Vorgaben aus dem Energiekonzept der Bundesregierung zu ver- pflichten, einen größeren Beitrag zu Energieeinsparun- gen zu leisten. In der Umsetzung haben wir nun festgelegt, dass die Gewährung des Spitzenausgleichs nur noch dann mög- lich ist, wenn die Unternehmen Energiemanagement- 24952 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) oder Umweltmanagementsysteme betreiben und mit die- sen nachweisen können, dass sie jährlich festgeschrie- bene Mindesteffizienzziele einhalten. Gleichzeitig wird der Geltungszeitraum dieser Nachfolgeregelung für den sogenannten Spitzenausgleich ab dem 1. Januar 2013 auf einen Zeitraum von zehn Jahren erweitert, was wir sehr begrüßen. Somit ergibt sich für die betroffenen Unter- nehmen Planungssicherheit in Bezug auf die Steuerent- lastung, aber auch auf die Kosten für Implementierung und Überwachung von Energie- und/oder Umweltma- nagementsystemen. Lassen Sie mich in einem kurzen Exkurs noch einmal auf die grundsätzliche Notwendigkeit der Entlastung der Unternehmen des produzierenden Gewerbes von der Energie- und Stromsteuer zurückkommen. Als die Steuer 1999, damals noch Ökosteuer (welch schönes Wort) genannt, von der rot-grünen Regierung eingeführt wurde, hatte diese schon damals ein Einsehen, dass die rund 25 000 energieintensiven Unternehmen in Deutsch- land eine Befreiung von dieser Steuer benötigen. Schon damals wurde eine Ökosteuerbefreiung bzw. -ermäßi- gung eingeführt. Wenn Rot, Grün und Links uns heute vorwerfen, die deutsche Industrie würde mit dem Spit- zenausgleich subventioniert, so entbehrt das jeder Grundlage. Es geht hier um nicht weniger als um den Er- halt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit energiein- tensiv produzierender Unternehmen in Deutschland. Anders als bei der von Rot-Grün eingeführten Vor- gängerregelung werden nun die Unternehmen, die einen Spitzenausgleich haben wollen, stark an die Kandare ge- nommen. Die zu erreichenden Zielwerte der jährlichen Reduzierung des Energieverbrauchs für die Antragsjahre 2015 bis 2017 belaufen sich auf jeweils 1,3 Prozent, da- nach auf jährlich 1,35 Prozent, was ambitioniert ist und sich von der „alten“ Regelung maßgeblich unterscheidet; denn nun sind die Unternehmen gezwungen, Systeme zur Verbesserung der Energieeffizienz einzuführen und diese entsprechend nachzuweisen. Gleichzeitig sind diese Zielwerte Grundlage für die beihilferechtliche Genehmigung durch die Europäische Kommissio bzw. für die Notifizierung bei der Europäi- schen Kommission. Abweichend vom Gesetzentwurf der Bundesregierung haben die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP mit dem Änderungsantrag zur Fort- schreibung der Zielwerte für die zu erreichende Reduzie- rung der Energieintensität für die Jahre 2019 bis 2022 diese Zielwerte über das Antragsjahr 2018 hinaus auch für die Antragsjahre 2019 bis 2022 bereits jetzt gesetz- lich fixiert. Damit kann die Prüfung für die oben angege- bene Genehmigung schon für die gesamte Laufzeit von zehn Jahren erfolgen. Es bleibt jedoch weiterhin bei der Überprüfung der Zielwerte im Jahr 2017 im Rahmen ei- ner Evaluation. Um kleinere und mittlere Unternehmen nicht über Gebühr zu belasten, sollen für diese die Möglichkeit be- stehen, alternative, kostengünstigere Systemen zur Ver- besserung der Energieeffizienz einführen zu können. Hierzu bedarf es einer praktikablen Lösung für den deut- schen Mittelstand, die jedoch hier im Energiesteuer- und Stromsteuergesetz nicht fixiert werden kann. Eine ent- sprechende, in Arbeit befindliche Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie soll demnächst in Kraft treten; für eine zeitnahe Umsetzung im Sinne des deutschen Mittelstandes mache ich mich hier noch einmal stark. Die kleinen und mittleren Unter- nehmen müssen bald den Aufwand für die Implemen- tierung und das Betreiben der oben angegebenen Über- wachungssysteme berechnen können, um über eine mögliche Inanspruchnahme des Spitzenausgleichs ent- scheiden zu können. Mit der Branchenlösung, die gerade auch auf die klei- nen und mittleren Unternehmen zugeschnitten ist, wer- den auch die Unternehmen berücksichtigt, die sich – auch aus wirtschaftlichen Gründen – schon in der Ver- gangenheit um Energieeinsparungen bemüht haben und zum heutigen Zeitpunkt so gut dastehen, dass weitere Energieeffizienzsteigerungen auf absehbare Zeit nicht mehr wirtschaftlich zu stemmen sind. Bei Einzelbetrach- tung des Unternehmens könnten sie nicht vom Spitzen- ausgleich profitieren, da sie die geforderte jährliche Ein- sparung nicht mehr erbringen; mit der Glockenlösung für ihre Branche sind sie jedoch als Vorreiter in Effi- zienzfragen mit dabei. Mit der Nachfolgeregelung für den Spitzenausgleich wurde ein sinnvoller Ausgleich zwischen Ökologie und Ökonomie geschaffen, und die Wettbewerbsfähigkeit auch der kleinen und mittleren Unternehmen kann so ge- sichert werden. Gerade in meinem Wahlkreis, im Grenz- gebiet zu Frankreich gelegen, machen die circa 2 Cent Stromsteuer pro Kilowattstunde zahlen oder nicht zahlen einen großen Unterschied. Eine Zusatzbelastung um die- sen Betrag für ein auf deutscher Seite gelegenes Unter- nehmen, das ein Großverbraucher ist – und um die geht es hier ja –, führt dazu, dass sich dieses dem grenzüber- schreitenden Wettbewerb nicht mehr stellen kann. Denn neben den nicht existierenden oder niedrigen Stromsteu- ern in den Nachbarländern sind gerade in Frankreich die Strompreise deutlich niedriger als bei uns und auch nicht mit einer EEG-Umlage belastet. Aber das ist nicht das heutige Thema, auch wenn es dazu viel zu sagen gäbe. Neben den Regelungen zum „neuen“ Spitzenaus- gleich haben wir weitere Änderungen am Energiesteuer- und Stromsteuergesetz vorgenommen. Ein wichtiger Punkt ist die Steuerentlastung für die Stromerzeugung und die gekoppelte Erzeugung von Kraft und Wärme, KWK-Anlagen. Die Auszahlung der Steuerentlastung war seit 1. April 2012 eingestellt, da sich die beihilfe- rechtlichen Vorschriften des Unionsrechts geändert hat- ten und eine Fortführung im vorherigen Maße nicht mehr möglich war. Nach der Neuregelung kann die Aus- zahlung auch rückwirkend bis April 2012 vorgenommen werden. Die Steuerentlastung kann aber nur bis zum möglichen Auslaufen der Genehmigung durch die Euro- päische Kommission, die neue Kriterien dafür festlegt, erfolgen. Darüber hinaus wird nun im Gesetzentwurf eine Re- gelung zur Steuerbefreiung von verflüssigtem Erdgas, li- quefied natural gas – LNG, für die gewerbliche Schiff- fahrt getroffen. Da der Einsatz von verflüssigtem Erdgas als Kraftstoff für die Schifffahrt aufgrund umweltpoliti- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24953 (A) (C) (D)(B) scher Aspekte weltweit an Bedeutung gewinnt – im Ver- gleich zu herkömmlichem Schweröl lassen sich mit ver- flüssigtem Erdgas die Schwefel- und Partikel- Emissionen sowie der Stickoxidausstoß signifikant ver- ringern –, wurde der Kreis der Energieerzeugnisse, die steuerfrei in Wasserfahrzeugen für die gewerbliche Schifffahrt verwendet werden dürfen, deshalb auf ver- flüssigtes Erdgas ausgedehnt. Damit sollen insbesondere Wettbewerbsnachteile gegenüber den bestehenden Ver- sorgungsmöglichkeiten mit steuerfreiem Flüssigerdgas in anderen EU-Mitgliedstaaten vermieden werden. Lassen Sie mich als letzten Punkt noch auf die Erwei- terung des Gesetzentwurfes um die Änderungen des Luftverkehrsteuergesetzes eingehen: Natürlich räume ich ein, dass durch die Erweiterung der zu regelnden Tat- bestände im Luftverkehrsteuergesetz die Verabschie- dung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Energie- steuer- und Stromsteuergesetzes verzögert worden ist. Da jedoch im Hinblick auf das Inkrafttreten des Luftver- kehrsteuergesetzes zum 1. Januar 2013 kein eigenständi- ger Gesetzentwurf mehr eingebracht werden konnte, war eine Ergänzung des vorliegenden Gesetzentwurfes not- wendig geworden. Die Entscheidung der Opposition, ein weiteres Fachgespräch zu verlangen, hat den Gesetzge- bungsprozess nun aber auch nicht gerade beschleunigt. Aber sei’s drum, das Ergebnis ist dafür aus meiner Sicht hochgradig zufriedenstellend. Mit der Anpassung des Luftverkehrsteuergesetzes werden die abgesenkten Steuersätze bei der Luftverkehr- steuer, die sich aus der Einbeziehung des Luftverkehrs in den europäischen Emissionshandel ergeben, dauerhaft fortgeführt. Die Anpassung ist deshalb notwendig, da im ersten Halbjahr 2012 keine Versteigerung von CO2-Zer- tifikaten stattgefunden hat, auf deren Grundlage die Steuersätze berechnet werden können. Damit wurde eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Erhöhung der Gesamt- belastung der Luftfahrtunternehmen vermieden und diese bei etwa 1 Milliarde Euro im Jahr 2013 gedeckelt. Sicherlich lässt sich über den grundsätzlichen Sinn und die Wirkung der Luftverkehrsteuer trefflich streiten, so wie dies auch im Fachgespräch am letzten Montag passiert ist. Dabei ist zu konstatieren, dass die Änderun- gen den Umweltverbänden nicht weit genug gehen. Ih- nen wäre eine höhere Luftverkehrsteuer deutlich lieber, um damit eine größere Steuerungswirkung zu entfalten. Dies wäre im innerdeutschen Bereich der Umstieg auf die Bahn und im internationalen ein möglicher Verzicht auf Flugreisen und damit einhergehend auch eine Redu- zierung der Flugbewegungen in Deutschland. Die Luft- verkehrsunternehmen fühlen sich durch die Luftverkehr- steuer über Gebühr belastet und plädieren auf eine Reduzierung bzw. Abschaffung. Im Lichte dieser Anhörung und der diametral gegen- sätzlichen Positionen kann ich nur feststellen: Die Ände- rungen im Luftverkehrsteuergesetz sind genauso ausge- wogen und vernünftig wie die im Energiesteuer- und Stromsteuergesetz. Auch hier stehen die Maßnahmen im Einklang mit der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundes- regierung und der Europäischen Union, indem sie Anreize zu einem weniger extensiven Umgang mit Ener- gieressourcen bieten. Und auch hier ist uns ein ausgewo- gener und gelungener Schritt zum Erhalt der internatio- nalen Wettbewerbsfähigkeit gelungen. Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD): Zum Ende einer Legislaturperiode wird im Parlament manches un- erfreulich. Die Regierung verabschiedet sich endgültig von all den großen Vorhaben, die sie mal im Koalitions- vertrag vereinbart hatte. Erinnern sich die Koalitionäre noch an den großen Wurf, mit dem sie das Chaos bei den ermäßigten Mehrwertsteuersätzen beseitigen wollten? Gegen eigene Überzeugungen, sowohl haushalteri- scher, als auch inhaltlicher Natur werden nun noch ein paar Steuergeschenke gemacht. Diesmal nicht nur an die eigene Klientel als Dankeschön, sondern an möglichst viele Menschen in der Hoffnung, dass dies die ein oder andere Wählerstimme mehr bringt. Aber auch für uns in der Opposition wird es ungemüt- lich. In der Vergangenheit haben wir uns zwar auch nur über, nicht mit dieser Regierung amüsiert, aber jetzt will sie plötzlich die Versäumnisse der letzten Jahre nachho- len und noch schnell ganz ganz viel durchdrücken. Sie wählt dabei Verfahren, die eine ordentliche parlamenta- rische Prüfung unmöglich machen. Bei dieser Regierung muss man leider inzwischen davon ausgehen, dass sie so etwas auch ausnutzt. Wohl oder übel machen wir in der Opposition das Verfahren mit. Was bleibt uns anderes übrig? Wir könn- ten beleidigt nicht mehr mitarbeiten. Oder wir können, wie es unsere Aufgabe ist, die inhaltlichen Fehler und die Fehler im System benennen und auf den mündigen Wähler zählen. Meine Damen und Herren von Schwarz-Gelb, eine mündige Wählerin, ein mündiger Wähler kann Sie doch nicht mehr ernsthaft wählen. Das Verfahren beim Jahres- steuergesetz 2013 und beim Verkehrsteueränderungsge- setz waren schlimm genug, aber hier mit dem Verfahren zum Energiesteuer- und Stromsteuergesetz setzen Sie dem ganzen doch die Krone auf. Oder wollen Sie das etwa in Zukunft noch mal steigern? An Ihrem eigentlichen Gesetzentwurf gab es bereits genug Kritik. Zum Beispiel die, dass er mit dem ersten fachlichen Referentenentwurf aus dem Bundesfinanz- ministerium nichts mehr gemeinsam hatte. Warum ist dieser erste Entwurf eigentlich verschwunden? Konnten Sie dem Druck der Wirtschaft nicht standhalten? Umso glücklicher war die Wirtschaft bestimmt, als die Bundes- regierung ihr vertraglich zugesichert hat, dass es so schlimm nicht werden würde, sondern dass sich die Wirtschaft auf moderate Einsparforderungen verlassen könne und – falls politisch mal anders regiert würde – der Vertrag ja eine gute Basis für Schadenersatzansprü- che darstellen würde. Glücklich war die Wirtschaft auch, als die Glockenlö- sung beschlossen wurde und als klar war, dass die Ein- sparungen an Energieeffizienz, die mit 1,3 Prozent jähr- lich erwartet werden, von selbst eintreten würden, ohne eigene Anstrengung der Wirtschaft. Es ist wirklich 24954 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) schade, dass man dem Gesetz als verantwortungsvolle Politikerin einfach nicht zustimmen kann. Den Spitzenausgleich für energieintensive Wirt- schaftsunternehmen wollen wir nämlich. Energiema- nagementsysteme und Energieeffizienzsteigerung als Gegenleistung für den Spitzenausgleich sind richtig. Die Umsetzung, gemessen an den Energiesparzielen, ist aber mangelhaft bis ungenügend. Aber richtig schlimm wird es dann erst bei den Ände- rungsanträgen, die uns die Regierungskoalition vorlegt. Dass die Luftverkehrssteueränderung aus Zeitgründen mit ins Gesetz gezogen wird, mag man noch verstehen. Inhaltlich ist der Entwurf jedoch Mist. Die Deckelung der Einnahmen auf 1 Milliarde Euro ist pure Klientel- politik. Oder machen wir das in anderen Bereichen jetzt auch so? Die Einnahmen aus der Mineralölsteuer könnte man doch auch deckeln, oder? Wenn man das verkürzte Verfahren bei der Luftver- kehrsteuer akzeptiert, müsste man das nicht auch bei den Änderungen zur Kraft-Wärme-Koppelung tun? Das Ge- setz ist ohne Zweifel eilbedürftig. Der Clou liegt jedoch im Detail. Dass das Gesetz eilbedürftig ist, hat nämlich die schwarz-gelbe Bundesregierung zu verantworten, die sehr spät bei der EU den Antrag auf Verlängerung der Beihilfe gestellt hat. Der EU einen Knochen hinzuhalten und ihr zu sagen: „Nun spring aber bitte jetzt“, funktio- niert eben nicht. Die EU prüft in ihrem eigenen Rhyth- mus, und die Bundesregierung muss das auch wissen. Dass die Steuerbeihilfe für Kraft-Wärme-Koppelung seit März ohne beihilferechtliche Genehmigung im Ge- setz steht, ist die Schuld der Bundesregierung. Vor die- sem Hintergrund versteht man jetzt natürlich, dass Sie von der Koalition die Neuregelung nach erteilter Beihil- fegenehmigung schnellstens auf den Weg bringen wol- len. Und man kann Ihnen auch fast verzeihen, dass Sie den Antrag erst in der Woche der Beratung vorlegt. Im Vergleich zur letzten Sitzungswoche, wo über 30 Ände- rungsanträge erst am Dienstag um 20 Uhr vorlagen und andere erst Minuten vor Beginn der Ausschusssitzung, ist das ja auch fast geruhsam. Nicht nachgesehen werden kann Ihnen aber der Än- derungsantrag zur Fortschreibung der Zielwerte. Er wurde am Tag vor der Beratung dem Ausschuss über- reicht. Das war nach den Sitzungen der Arbeitsgruppen, die darüber beraten wollen und sollen. In diesem Fall ist das Verfahren aber noch die kleinere Unverschämtheit. Denn es geht Ihnen nicht um zeitliche Eilbedürftigkeit, sondern darum, durch die Hintertür und ohne großes Aufsehen die Wirtschaft noch besser abzusichern. Ich würde, wenn ich nicht per se gegen jede Art von Glücksspiel wäre, Ihnen eine Wette anbieten. Ich würde wetten, dass die Wirtschaft nach dem Fachgespräch zum Energiesteuer- und Stromsteuergesetz noch einmal auf Sie zugekommen ist. Denn wir hatten es in der Anhö- rung gewagt, die Möglichkeit anzudeuten, dass nach ei- nem Regierungswechsel die Energieeffizienzeinsparun- gen hinsichtlich der Höhe noch einmal überprüft werden könnten. Das muss wohl so sauer aufgestoßen sein, dass die Wirtschaft die Regierung gebeten hat, sie möge dann doch – Evaluierung 2017 hin oder her – lieber die Stei- gerungswerte bis 2022 festlegen. Sicher sei sicher. Ich müsste garantiert kein Fortuna-Düsseldorf-T-Shirt anziehen. Die Wette gewänne ich nämlich. Die Evaluie- rung wird dadurch fast eine solche Farce, wie Ihr gesam- tes Gesetzgebungsverfahren es ist. Dr. Birgit Reinemund (FDP): Die EU-beihilferecht- liche Genehmigung des Spitzenausgleichs im Energie- und Stromsteuergesetz läuft am 31. Dezember 2012 aus. Um unseren energieintensiven produzierenden Unter- nehmen ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit und damit Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten, besteht dringender Handlungsbedarf, um die Fortführung zum Jahreswechsel zu gewährleisten. Gemäß EU-Kommis- sion ist die beihilferechtliche Genehmigung nur noch in Verbindung mit dem Nachweis von Energieeffizienzstei- gerung möglich. Nach langen konstruktiven Gesprächen mit allen Be- teiligten beschließen wir heute eine sowohl für unseren Wirtschaftsstandort Deutschland als auch für die Be- lange der Umwelt gute und praktikable Lösung. Die steuerlichen Regelungen der bisherige Spitzenaus- gleich, die ja erst 2010 abgesenkt wurden, werden eins zu eins fortgeführt: sowohl der Kreis der Begünstigten als auch das Gesamtentlastungsvolumen in Höhe von rund 2,3 Milliarden Euro bleiben gleich. Damit die beihilferechtlichen Voraussetzungen von der Europäischen Kommission bereits jetzt für insge- samt zehn Jahre abschließend geprüft werden können, schreiben wir die Zielwerttabelle bis 2022 fort. Damit schaffen wir Rechts- und Planungssicherheit für die Un- ternehmen. Eine eventuelle Verschärfung der Effizienz- ziele nach der Evaluation 2017 bleibt dennoch jederzeit möglich. Mit diesem Gesetzentwurf werden wir die Wettbe- werbsfähigkeit von rund 25 000 energieintensiven Un- ternehmen in Deutschland sicherstellen und gleichzeitig diesen Unternehmen Anreize geben, ihren Energiebedarf effizient zu gestalten. Solange wir die europaweit und international überdurchschnittlichen Belastungen durch die Ökosteuer haben, so lange brauchen wir die Entlas- tung durch den Spitzenausgleich. Die Industriestrom- preise in Deutschland bewegen sich im internationalen Vergleich am oberen Ende. Zusätzlich wird die Wettbe- werbsfähigkeit unserer Unternehmen durch die EEG- Umlage und den Zertifikatenhandel weiter geschwächt. Der durchschnittliche Strompreis im Jahr 2011 lag in Deutschland ohne Berücksichtigung von Abgaben und Steuern um 10 Prozent höher als im Mittel der EU. Unter Mitberücksichtigung von Abgaben und Steuern ist der Strompreis in Deutschland um 38 Prozent höher als im EU-Durchschnitt. Der Industriestrompreis liegt in Deutsch- land bei 12 Cent pro Kilowattstunde, im Vereinigten Kö- nigreich hingegen wurden weniger als 10 Cent pro Kilo- wattstunde fällig. Noch geringere Kosten haben die Unternehmen in Frankreich, wo der Strompreis bei etwa 8 Cent pro Kilowattstunde beträgt und somit rund ein Drittel unter dem deutschen Strompreis liegt. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24955 (A) (C) (D)(B) Die Fortführung des Spitzenausgleiches bei der Stromsteuer ist daher notwendig, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutsch- land mit seinen 600 000 direkten Arbeitsplätzen und ins- gesamt 2,5 Millionen Arbeitsplätzen in der Wertschöp- fungskette nicht zu gefährden. Mit der Weiterführung des Spitzenausgleichs handeln wir im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wie im Sinne der Unternehmen. Sie ist ein Gebot des so- zialen Friedens und der volkswirtschaftlichen Vernunft. Um dem EU-Beihilferecht zu genügen und weil es ökologisch richtig ist, setzen wir Anreize für Unterneh- men zu einem effizienten Energieverbrauch. Den Spit- zenausgleich gibt es nicht zum Nulltarif. Die betroffenen Unternehmen des Produzierenden Gewerbes müssen – wenn sie vom Spitzenausgleich profitieren wollen – Energie- und Umweltmanagementsysteme nach deut- lich anspruchsvollerer DIN-Norm einführen und die Ver- besserung der Energieeffizienz nachweisen. Um auch kleinen und mittleren Unternehmen die Möglichkeit zu eröffnen, vom Spitzenausgleich zu profitieren, werden von ihnen weniger kostenintensive alternative Manage- mentsysteme gefordert. Das war uns Liberalen ein gro- ßes Anliegen. Eine Überforderung wäre für viele kleine und mittlere Unternehmen existenzgefährdend. Auch die dreijährige Übergangsfrist ist eine vernünftige Zeit- spanne für solche kosten- und arbeitsintensive Einfüh- rungsphasen von Energie- oder Umweltmanagementsys- temen. Die Übergangsregelung ist auch deshalb notwendig, um die bisher nicht flächendeckend bestehende Infra- struktur für die Bereitstellung der Gutachter sowie die Zertifizierung aufzubauen. Stellen Unternehmen in den Jahren 2013 und 2014 Anträge, um den Spitzenausgleich zu erhalten, müssen sie nachweisen, dass sie mit der Einführung eines Ener- giemanagementsystems, EMS, begonnen haben. Ab dem Antragsjahr 2015 muss das EMS vollständig implementiert sein. Zusätzlich müssen die Unternehmen ambitionierte Effizienzziele von 1,3 Prozent in 2013 und von 1,35 Prozent pro Jahr ab 2016 erreichen. Wie ambitioniert die definierten Mindesteffizienz- ziele sind, war durchaus strittig unter den Experten. Ein Gutachten der Energy Environment Forecast Analysis, EEFA, vom April 2012 kommt zum Ergebnis, dass Un- ternehmen bei den jetzigen Vorgaben ihre Effizienz- anstrengungen künftig verdreifachen müssen. In der Zeit zwischen 2010 und 2020, so das Gutachten, würde die Energieeffizienz der Industrie als Ganzes im „business as usual“-Szenario lediglich mit einer durchschnittlichen Rate von 0,41 Prozent pro anno zunehmen. Den Grünen ist das dennoch nicht genug. So drohte Frau Paus offen im Finanzausschuss, den Spitzenaus- gleich bei einem eventuellen Regierungswechsel sofort abzuschaffen. Unglaublich! Damit nimmt sie billigend in Kauf, dass deutsche Unternehmen ins Ausland ab- wandern. Ein solches Risiko für die Arbeitsplätze in die- sem Land wollte seinerzeit nicht einmal Herr Trittin ein- gehen. Ein weiterer Bestandteil des Gesetzentwurfs betrifft die KWK-Anlagen. Die bislang vollständige Steuerentlastung für KWK- Anlagen wurde von der Europäischen Kommission nur bis 31. März 2012 genehmigt. Ausdrücklich begrüße ich, dass es gelungen ist, die steuerliche Förderung von KWK-Anlagen weiter sicherzustellen. Das ist wichtig vor dem Hintergrund, dass im Zuge der Energiewende die Bedeutung der KWK-Anlagen deutlich zugenommen hat. Nach der nun aufgenommenen Regelung können künftig alle KWK-Anlagen unter den bisherigen Voraus- setzungen eine Steuerentlastung bis auf die Mindeststeu- ersätze nach der Energiesteuer-Richtlinie erhalten. Eine vollständige Steuerentlastung bleibt künftig auf diejeni- gen KWK-Anlagen beschränkt, die zusätzlich das Hoch- effizienzkriterium der KWK-Richtlinie erfüllen. Dies wäre auf die Dauer der steuerlichen Absetzung für Ab- nutzung beschränkt. Mit der Anpassung des Luftverkehrssteuergesetzes schreiben wir die Steuersätze für das Jahr 2013 fort. Na- türlich gibt es über die Notwendigkeit dieser Abgabe diametral entgegengesetzte Aussagen. Über Sinn und Unsinn oder Lenkungswirkung einer solchen Abgabe lässt sich grundsätzlich diskutieren. Darum geht es heute jedoch nicht. Die vorgesehene Fortschreibung der Abgabenstaffe- lung wurde notwendig, da im ersten Halbjahr 2012 keine Einnahmen aus der Einbeziehung der Luftverkehrsteuer in den europäischen Emissionshandel vorhanden waren, auf deren Grundlage die Steuersätze hätten realistisch berechnet werden können. Daher werden die Steuersätze 2013 gedeckelt auf dem Niveau von 2012. Und das ist gut so. Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Für die Linke bleibt auch nach der Anhörung festzustellen: Die Fort- führung des Spitzenausgleichs über das Jahr 2012 hinaus ist an keine relevante Anstrengung der Industrie ge- knüpft, die Energieeffizienz zu steigern. Darum lehnen wir sie ab. Der – erst ab dem Jahr 2015 – zu erreichende Zielwert für die Minderung der Energieintensität von 1,3 Prozent pro Jahr entspricht laut Trendprognose der EU exakt der ohnehin erwartbaren Effizienzsteigerung. Das BMU geht in Hauspapieren sogar von 1,6 bis 1,8 Prozent aus! Die Regelung ist also nichts anderes als ein Geschenk an die Wirtschaft. Im Übrigen wurde in der Anhörung ja deutlich, dass bei der Berechnung des Energieeffizienzindikators auch die Energieversorgungsunternehmen einbezogen wer- den. Das DIW machte klar, dass durch den Ersatz von fossilen und Kernbrennstoffen durch Solar- oder Wind- energie statistisch große Effizienzverbesserungen vorge- gaukelt werden, ohne dass bei der Industrie tatsächlich etwas passiert. Denn die alten Brennstoffe weisen in der Umwandlung Effizienzverluste von 45 bis 70 Prozent auf, für die Erzeugung von CO2-freiem Ökostrom dage- gen wird für diesen Zweck statistisch eine Effizienz von 100 Prozent unterstellt. 24956 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) Zudem werden in der Vorgabe keine individuellen Einzelnachweise der Unternehmen über erzielte Ener- gieeinsparungen verlangt. Das wurde ja auf Druck des Bundeswirtschaftsministeriums aus dem Gesetzentwurf gestrichen. Den Nachweis muss nun nur noch der Wirt- schaftszweig insgesamt liefern. Ferner wird das Verfah- ren nicht vom Gesetzgeber geregelt, sondern über die am 1. August 2012 zwischen Bundesregierung und Industrie abgeschlossene „Effizienzvereinbarung“. Diese läuft am Parlament vorbei über zehn Jahre, in denen der Bundes- tag dreimal neu gewählt wird. Ohnehin sind die darin festgelegten Verpflichtungen zur Einführung und zum Betrieb von Energiemanage- mentsystemen bzw. zur Durchführung von Energieaudits bereits europarechtlich vorgeschrieben – die EU-Ener- gieeffizienz-Richtlinie wurde im Juni dieses Jahres ver- abschiedet! Insofern erfolgt der Spitzenausgleich auch in dieser Hinsicht ohne Gegenleistung, wie auch die Deut- sche Umwelthilfe in ihrer lesenswerten Stellungnahme feststellt. Das Ganze erfüllt also den Tatbestand einer reinen Subvention. Nicht zuletzt werden aufgrund der Architektur des Spitzenausgleichs einer bestimmten Gruppe von Unternehmen Vorteile bei der Steuerlast ein- geräumt, welche andere Unternehmen hingegen tragen müssen. Dies dürfte eine Wettbewerbsverzerrung dar- stellen. Das Vorhaben der Bundesregierung, den Spitzenaus- gleich bis 2022 ohne adäquate umweltpolitische Gegen- leistung zu verlängern, ist nur eine Facette unberechtig- ter Privilegien für die energieintensive Industrie. Weitere gibt es im EEG, bei den Netzentgelten oder beim EU- Emissionshandel, das hat Arepo Consult in seiner Stel- lungnahme noch einmal deutlich gemacht. In der Summe führen diese Begünstigungen zu enormen Umverteilun- gen von den privaten Haushalten und kleinen Firmen hin zu energieintensiven Unternehmen sowie zu zusätzlichen Haushaltsbelastungen, wie bereits der Antrag unserer Fraktion „Unberechtigte Privilegien der energieintensi- ven Industrie abschaffen – Kein Sponsoring der Kon- zerne durch Stromkunden“ auf der Drucksache 17/8608 feststellte. Wir haben darum heute einen Entschließungs- antrag in den Ausschuss eingebracht, der dies erneut the- matisiert. Die Bundestagsfraktion Die Linke will nicht leicht- fertig Arbeitsplätze auf Spiel setzen. Wir fordern jedoch, Privilegien abzubauen, die mit Standortsicherung nicht das Geringste zu tun haben. Unterstützung soll es künf- tig nur noch dann geben, wenn Unternehmen ansonsten nachweislich Wettbewerbsnachteile erleiden müssten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Produktionsverla- gerungen ins außereuropäische Ausland oder Schließun- gen führen würden. Zum Nachweis müssen zwei Krite- rien gleichzeitig erfüllt sein: Erstens. Sie produzieren trotz einer Produktion nach „Stand der Technik“ techno- logiebedingt überdurchschnittlich energie- bzw. CO2-in- tensiv. Zweitens. Sie stehen mit dem Hauptteil dieser Produkte im Wettbewerb mit außereuropäischen Unter- nehmen, welche keinen adäquaten umweltpolitischen Regelungen unterliegen. Zur Luftverkehrsteuer: Wir befürworten ihre Beibe- haltung, allerdings haben wir etliche Kritikpunkte zur derzeitigen Ausgestaltung dieser Steuer. Einige davon wurden auch in dem Fachgespräch am 5. November im Finanzausschuss durch Sachverständige bestätigt. Ange- sichts der Tatsache, dass der Luftverkehr einer der am meisten subventionierten Verkehrsträger ist – es fällt zum Beispiel keine Kerosinbesteuerung an, auch gilt für internationale Flüge eine Mehrwertsteuerbefreiung –, obwohl der Flugverkehr wesentlich zur Erderwärmung beiträgt, sollten alle Möglichkeiten in Betracht gezogen werden, dieses Missverhältnis zu reduzieren. Das Um- weltbundesamt bezifferte diese fragwürdigen Subventio- nen auf rund 11,5 Milliarden Euro im Jahr 2010. Daher ist es absolut unverständlich, dass die Einnah- men aus dem Einbezug des Luftverkehrs in den EU- Emissionshandel mit denen aus der Luftverkehrsteuer verrechnet werden und die Gesamteinnahmen insgesamt auf nur 1 Milliarde Euro gedeckelt sind. Die Begrenzung ist paradox. Das bedeutet, je mehr Menschen fliegen, desto mehr müssten die Steuersätze entsprechend ge- senkt werden. Das Fliegen würde also tendenziell billi- ger werden. Das widerspricht der ökologischen Len- kungswirkung, die mit dieser Steuer ja eigentlich erreicht werden soll. Allerdings sind laut Gutachten der TU Chemnitz diese Lenkungswirkungen ohnehin marginal. Daher be- fürworten wir, eine Erhöhung der Steuersätze vorzuneh- men und ebenso eine Steuersatzgestaltung nach Sitzklas- sen, wie es zum Beispiel auch in Frankreich und Großbritannien gehandhabt wird. Ein höherer Steuersatz insbesondere für Kurzstreckenflüge wäre angebracht, das würde auch der Deutschen Bahn zugutekommen. Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bereits seit geraumer Zeit befindet sich das fossile ökonomische System international im Umbruch. Es ist jetzt eine vor- dringliche politische Aufgabe, die Blockade einer sol- chen Transformation zu beenden und den Übergang zu beschleunigen. Dies sagt der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung „Globale Umweltveränderung“. Dass der Beirat damit recht hat, wissen oder ahnen mitt- lerweile alle. Doch die Transformation zu einer emis- sionsarmen und ressourcensparenden Wirtschaftsweise wird nur gelingen, wenn nicht gleichzeitig umweltschäd- liches Verhalten durch Steuervergünstigungen in Milliar- denhöhe gefördert wird. In Deutschland gibt es da noch einiges zu tun. Hier beläuft sich nach Erhebungen des Umweltbundesamtes die Summe der umwelt- und kli- maschädlichen Subventionen auf über 48 Milliarden Euro jährlich. Bei der Reform des 2,3 Milliarden Euro teuren Spit- zenausgleichs für 23 000 Unternehmen hat die Regie- rung die Chance vertan, zumindest einen kleinen Teil dieser Subventionen abzubauen. Unternehmen, die we- der besonders energieintensiv sind noch im internationa- len Wettbewerb stehen, brauchen keine Ausnahmen. Und die Voraussetzungen, die die Bundesregierung nun als Voraussetzung für die weitere Gewährung der Sub- ventionen stellt, sind kein echter Anreiz für einen sparsa- men Umgang mit Energie. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24957 (A) (C) (D)(B) Das von der Bundesregierung vorgegebene Effizienz- ziel von 1,3 Prozent ist deutlich zu unambitioniert und unterliegt einer völlig unzureichenden wissenschaftli- chen Überprüfung. Bereits in den vergangenen Jahren hat sich die Energieeffizienz der Industrie ohne beson- dere Anstrengungen bereits um 1,4 Prozent pro Jahr ver- bessert. In den Ausschussberatungen wurde zudem klar, dass Experten deutlich höhere Einsparziele für möglich halten und der Indikator ungeeignet ist, um zusätzliche Effizienzanstrengungen darzustellen. So werden die oh- nehin sehr niedrigen Effizienzzielwerte voraussichtlich allein durch autonome statistische Effekte aufgrund des Ausbaus der erneuerbaren Energien, der Wahl der Basis- periode – Verzerrung der Statistik durch die Wirtschafts- krise 2008/2009 – und der Auswahl der betrachteten Wirtschaftssektoren übererfüllt. Das Berechnungsver- fahren ist bislang völlig intransparent und anfällig für politisch motivierte Beeinflussung. Das einheitliche Effizienzziel für das gesamte produ- zierende Gewerbe, die sogenannte Glockenlösung, ist ein völlig ungeeignetes Verfahren. Damit wird eine Art Gruppenhaftung für Unternehmen eingeführt. Wird das Effizienzziel erreicht, profitieren besonders die Unter- nehmen, die für die Erreichung des Zieles nichts geleis- tet haben. Wird das Ziel hingegen nicht erreicht, werden dafür auch die Unternehmen bestraft, die dies überhaupt nicht zu verantworten haben und die aktiv in die Errei- chung der Ziele investiert haben. Der Vorschlag des ersten Referentenentwurfs war an diesem Punkt deutlich besser, da er branchenindividuelle Effizienzziele vorgegeben hat, die unternehmensindivi- duell nachgewiesen werden mussten. Doch dieser erste Entwurf wurde im Gezerre innerhalb der Koalition zer- rieben. Am Ende hat sich die FDP – als Anwalt von alten, überkommenen Strukturen in der Industrie – weit- gehend durchgesetzt. Das geht auf Kosten von Energie- effizienz einerseits, aber auch auf Kosten der Teile der Wirtschaft, die die Herausforderungen des Klimaschut- zes bereits verstanden haben und entsprechend handeln. Die Pflicht zur Einführung von Energiemanagement- systemen wird durch umfangreiche Ausnahmeregelun- gen für kleine und mittlere Unternehmen aufgeweicht. Das hat keinen sachlichen Grund, da Energiemanage- mentsysteme nach DIN ISO 50001 geringere und ange- messene Anforderungen an kleine und mittlere Unter- nehmen stellen als an Großunternehmen. Der Verzicht auf unternehmensindividuelle Effizienznachweise min- dert die Anreize, im Rahmen von Energiemanagement- prozessen gefundene Einsparpotenziale auch umzuset- zen. In letzter Minute haben sich die Lobbyisten der ener- gieintensiven Industrie noch einmal durchgesetzt. Per Änderungsantrag werden die wenig ambitionierten Ziel- werte bis 2022 festgeschrieben, unter denen die Bundes- regierung 2,3 Milliarden Euro an umweltschädlichen Subventionen weiter gewährt. Doch keine milliarden- schwere Subvention darf für ein Jahrzehnt im Voraus be- schlossen werden. Die Industrie sollte nicht davon aus- gehen, dass der Gesetzgeber in den nächsten zehn Jahren den Spitzenausgleich nicht mehr antastet. Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundes- tags im Auftrag meiner Fraktion kommt zu dem klaren Ergebnis, dass eine baldige Änderung des Spitzenaus- gleichs keinen Bruch des Vertrauensschutzes darstellt. Diese Möglichkeit sollte unbedingt genutzt werden, um diese Gesetzesnovelle so schnell wie möglich durch eine bessere Regelung abzulösen. Wie diese Neuregelung aussehen sollte, legen wir in einem Entschließungsantrag zu diesem Gesetz dar. Mit einer Konzentration der Energie- und Stromsteuersub- ventionen nur auf solche Unternehmen, die gleichzeitig energieintensiv sind und im internationalen Wettbewerb stehen, können dabei mindestens 2 Milliarden Euro an umweltschädlichen Subventionen abgebaut werden. Mehrere Gutachten zeigen, dass der Spitzenausgleich auch solchen Unternehmen zugute kommt, denen nicht der Verlust der Wettbewerbsfähigkeit droht und bei de- nen es noch erhebliches Effizienzpotenzial gibt. Wir sind deshalb dafür, den Spitzenausgleich abzuschaffen, um ihn durch eine Härtefallregelung zu ersetzen, die nur sol- che energieintensiven Unternehmen unterstützt, die wirklich von einer Verlagerung in Drittstaaten bedroht sind. Daneben fordern wir eine Abschaffung der allgemei- nen Strom- und Energiesteuerrabatte für das produzie- rende Gewerbe und die Land- und Forstwirtschaft. Bislang profitieren 100 000 Unternehmen von dieser Subvention. Sie haben stärker von der Reduzierung der Lohnnebenkosten durch die Absenkungen der Renten- beitragssätze profitiert, als sie durch die Anhebung der Steuersätze auf Strom und Energie belastet wurden. Kaum ein Unternehmen, das diese Rabatte in Anspruch nimmt, ist energieintensiv, da in diesen Unternehmen die Wertschöpfung in hohem Maße durch das Personal ge- schaffen werden muss. Ungefähr 3 500 energieintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes profitieren heute von der 2006 eingeführten und 1,2 Milliarden Euro teuren Rege- lung, nach der die Steuern auf Strom, Gas und andere Energieträger vollständig erlassen werden, wenn sie für bestimmte energieintensive Prozesse und Verfahren ver- wendet werden, etwa bei der Metallherstellung, in der Papierindustrie, in Zementfabriken und der Chemie- industrie. Hier wollen wir das Energie- und Stromsteuer- recht so umgestalten, dass auch eine nach Wettbe- werbsintensität differenzierte Besteuerung möglich ist. Ein kleiner Lichtblick in diesem Gesetzgebungsver- fahren ist der erste Änderungsantrag der Koalition zu diesem Gesetzentwurf. Hier begrüßt die Fraktion Bünd- nis 90/Die Grünen die Änderungen und wird deshalb dem Änderungsantrag zustimmen. Die Aufnahme von bestimmten Additiven in das elektronische EMCS-Ver- fahren macht Sinn ebenso wie die Steuerbefreiung von Flüssigerdgas für die gewerbliche Schifffahrt. Dies senkt die Hürden, Schiffe mit umweltfreundlichem Erdgas zu betanken. Auch die Neuregelung der Steuerentlastung für die gekoppelte Erzeugung von Kraft und Wärme ist vernünftig, weil dies eine dezentrale und effiziente Art der Energieerzeugung mit fossilen Brennstoffen fördert. 24958 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) Seit Monaten quengelt die Luftfahrtindustrie und for- dert von der Regierung die Abschaffung der 2011 einge- führten Luftverkehrsteuer. Dabei war die Verabschie- dung des Luftverkehrsteuergesetzes eine der wenigen klugen steuerpolitischen Entscheidungen der schwarz- gelben Koalition in dieser Legislaturperiode. Denn die Luftverkehrsteuer trägt dazu bei, wenigstens einen klei- nen Teil der Wettbewerbsverzerrung zwischen den Ver- kehrsträgern abzubauen. Während Dieselloks, Autos und Busse selbstverständlich versteuerten Kraftstoff tanken, müssen die Fluggesellschaften keine Kerosinsteuer zah- len. Bei Flügen ins Ausland verzichtet der Fiskus auf Einnahmen aus der Mehrwertsteuer. Die Steuerausfälle durch die Subventionierung des Luftverkehrs summieren sich so auf mehrere Milliarden Euro. Trotz der Einführung der Luftverkehrsteuer im letzten Jahr wuchs die Branche um 4,8 Prozent. 2012 werden voraussichtlich nochmal 2,7 Prozent mehr Tickets ver- kauft. Von einer echten Lenkungswirkung ist also nichts zu spüren; dies wurde bei der Expertenanhörung im Finanzausschuss sehr deutlich. Trotzdem hat sich die schwarz-gelbe Koalition entschieden, die Luftverkehr- steuern dauerhaft abzusenken. Das ist ein Schritt in die falsche Richtung. Die Bundesregierung wollte mit der Einführung der Luftverkehrsteuer Anreize für umwelt- gerechtes Verhalten setzen. Wenn sie dieses Ziel ernst nimmt, darf sie die Ticketsteuern nicht senken und muss den Konstruktionsfehler bei der Einnahmedeckelung korrigieren. Laut Gesetz sind die Einnahmen aus der Luftverkehrsteuer bei 1 Milliarde Euro gedeckelt. Die Bundesregierung argumentiert nun, die Steuersätze im- mer weiter absenken zu müssen, um bei steigenden Steu- ereinnahmen durch mehr Ticketverkäufe diese Vorgabe zu halten. Dieser perverse Wirkmechanismus gehört ab- geschafft, indem der Deckel aus dem Gesetz gestrichen wird. Alles in allem ist dieses Gesetz ein weiterer Beleg da- für, dass die Regierung zwar gerne über die Energie- wende spricht, aber wirklich jede Chance auslässt, kon- krete Schritte auch umzusetzen. Das ist enttäuschend; denn dieses Gesetz wäre eine sehr gute Gelegenheit ge- wesen, unsere Wirtschaft energieeffizient und damit fit für die Zukunft zu machen. Wir werden deshalb dieses Gesetz ablehnen. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Keine Modernisierung der US-Nuklearwaf- fen in Europa und Deutschland – Abrüs- tungschancen nicht ungenutzt verstreichen lassen – Abzug statt Modernisierung der US-Atom- waffen in Deutschland (Tagesordnungspunkte 19 a und 19 b) Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU): Wir reden heute über zwei Anträge der Opposition, die das außen- politische Handeln der Bundesrepublik Deutschland in- frage stellen oder irritieren würden. Beides ist mehr als unnötig. Worum geht es? Niemand in diesem Hohen Hause wird die Abrüstung ablehnen, und auch die Bun- desregierung hat Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung als einen Pfeiler der Außen- und Si- cherheitspolitik ihres Handelns beschrieben. Das Kernanliegen der Unionsfraktion ist eine Frie- denspolitik, die auf Abrüstung setzt und regionale sowie internationale Sicherheit gewährleistet. Die Bürgerinnen und Bürger der USA haben die Obama-Administration wiedergewählt. Es war auch Barack Obama, der in Prag eine Welt frei von Atomwaffen forderte – eine Forde- rung, die wir vor 20 Jahren niemals für möglich gehalten hätten. Ich möchte hier betonen, dass Barack Obama mit dieser Forderung nicht allein dasteht. Seit seiner Prag- Rede hat auch ein Umdenken im Sicherheitsrat der Ver- einten Nationen und in der Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag stattgefunden. Wir müssen aber frei von allen Ideologien in den Fraktionen zur Kenntnis nehmen, dass die Welt nach dem Ende des Kalten Krie- ges nicht sicherer geworden ist. Auch die nuklearen Ge- fahren sind nicht kleiner, sondern größer geworden. Gefährdungen des globalen Nichtverbreitungsre- gimes und der regionalen Stabilität durch Staaten wie Iran und Nordkorea sind weiterhin ernst zu nehmen. Nicht zuletzt hier ist die Vision der Bundesregierung über eine nuklearwaffenfreie Welt begründet. Die CDU/ CSU-Fraktion begrüßt die Bemühungen der Bundesre- gierung bei ihren Abrüstungsbestrebungen. Wir begrü- ßen das Inkrafttreten des New-START-Vertrages zwi- schen den Vereinigten Staaten und Russland. Darüber hinaus setzt sich die Bundesrepublik gemeinsam mit ih- ren Partnern in der Initiative für Nichtverbreitung und Abrüstung für eine rasche Aufnahme von Verhandlun- gen über ein Verbot der Produktion von Spaltmaterial für Waffenzwecke und das Inkrafttreten des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen ein. Uns allen ist klar, dass die taktischen Nuklearwaffen ein Relikt des Kalten Krieges sind und dass sie keinen militärischen Zweck per se erfüllen. Wir werden dieses Problem jedoch nur gemeinsam mit unseren Verbünde- ten lösen können. Auch die europäische Ebene dürfen wir hier nicht aus den Augen verlieren. Unsere östlichen Nachbarn hegen in dieser Debatte andere Vorstellungen, und sie haben auch andere begründete Sicherheitsinte- ressen, die wir berücksichtigen müssen. Ein Abzug der Nuklearwaffen aus der Bundesrepublik wird eine Dis- kussion in Polen oder den baltischen Staaten auslösen. Diese Diskussion wiederum wird Russland auf den Plan bringen. Ich warne eindringlich vor diesen Debatten und vor einer Destabilisierung unseres Verhältnisses zu unse- ren östlichen Nachbarn. Auch die Türkei hat weiterhin ein vitales Interesse an den US-Nuklearwaffen. Wir müssen als Teil des NATO- Bündnisses auf diese Interessen eingehen, und wir dür- fen unsere Positionen nicht unnötig schwächen oder gar preisgeben. Nicht zuletzt möchte ich hier in Erinnerung rufen, dass die Modernisierung der US-Nuklearwaffen keinesfalls eine Aufrüstung bedeutet. Nein, es ist eine Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24959 (A) (C) (D)(B) Anpassung der Bestände an die neuen technischen Vo- raussetzungen. Unsere Bundesregierung hat einen klugen Weg einge- schlagen. Man macht einen Schritt nach dem nächsten. Es war richtig, dass unsere Bundesregierung die Diskus- sion über die substrategischen Nuklearwaffen innerhalb des Bündnisses angestoßen hat. Der NATO-Gipfel in Chicago war ein Aufbruch in Richtung Abrüstung. Die NATO setzt massiv auf Abrüstung und hat diese zur ent- scheidenden Säule der Sicherheitsstrategie erklärt. Da- her ist eine Modernisierung und Lebensdauerverlänge- rung, die mit einer Abrüstung einhergeht, der einzig richtige Weg. Ungeachtet aller Abrüstungsbestrebungen ist die CDU/CSU-Bundestagsfraktion der Meinung, dass die Bundesrepublik zur Sicherheit ihrer Bürgerinnen und Bürger vorübergehend und nach wie vor auf eine Ab- schreckungskomponente angewiesen ist. Auch unsere Wahrnehmung durch unsere Verbündeten darf nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Bundesrepublik muss als NATO-Partner stark bleiben. Ich bin mir ganz sicher, dass die nukleare Teilhabe Deutschlands auch die Qualität und die Ernsthaftigkeit bestimmt, wenn es da- rum geht, wie die Bundesrepublik als internationaler Ak- teur wahrgenommen wird. Ihre Anträge schaden den sicherheits- und außenpoli- tischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland, die ein verlässlicher internationaler Partner ist und bleiben wird. Wir lehnen sie daher ab. Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU): Die SPD macht bei diesem Thema gemeinsame Sache mit der Fraktion Die Linke und wirft der Bundesregierung vor, sich von ihrer Zielsetzung, für weltweite nukleare Abrüstung ein- zutreten, verabschiedet zu haben. Das Gegenteil ist der Fall. Wie im Jahresabrüstungsbericht 2011 beschrieben, sind Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbrei- tung wichtige Pfeiler der deutschen Außen- und Sicher- heitspolitik. Während des letzten Jahres war das deut- sche Engagement vor allem auf Postkonfliktszenarien und präventive Krisenpolitik ausgerichtet. So hat Deutschland vor allen Dingen mit seinen aktiven Bemü- hungen, die Verhandlungen der internationalen Staaten- gemeinschaft mit dem Iran voranzutreiben, wesentlich dazu beigetragen, dass die Diplomatie in dem Konflikt um das iranische Atomprogramm bislang die Oberhand behalten hat. Nichtsdestoweniger besteht die Gefahr un- verändert fort, die von Staaten wie Iran oder Nordkorea ausgeht. Vor diesem Hintergrund ist die CDU/CSU-Fraktion ungeachtet aller Abrüstungsbestrebungen der Ansicht, dass wir zur Gewährleistung der Sicherheit Deutsch- lands nach wie vor auf eine nukleare Abschreckungs- komponente der NATO angewiesen sind. Zu dieser Ein- schätzung gelangten auch alle NATO-Partner anlässlich der Überprüfung des Verteidigungs- und Abschre- ckungsdispositivs der NATO. Über Monate hinweg hatten sich während dieses Überprüfungsprozesses dieses Jahr die NATO- Mitglied- staaten auf unterschiedlichen militärischen und politi- schen Ebenen intensiv mit der Frage beschäftigt, mit welchen strategischen Mitteln und Fähigkeiten die Si- cherheit der Allianz im 21. Jahrhundert am besten ge- währleistet werden kann. Als Ergebnis dieses Überprü- fungsprozesses sind alle NATO Partner, wie in der Gipfelerklärung von Chicago festgehalten, im Konsens zu dem Ergebnis gelangt, dass dem heutigen Sicherheits- umfeld am besten durch eine vorläufige Beibehaltung der nuklearen Abschreckungskomponente Rechnung ge- tragen werden könne. Wie es in der entsprechenden Er- klärung heißt, sind atomare Waffen eine zentrale Kom- ponente aller Kapazitäten und Fähigkeiten, mit denen die NATO die Sicherheit ihrer Mitglieder zu gewährleis- ten sucht. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die SPD-Frak- tion wirft der NATO in ihrem Antrag unter anderem vor, die Bedrohungen, die sie auf dem Gipfel von Chicago definiert hat, nicht mit Nuklearwaffen bekämpfen zu können. Natürlich können Atomwaffen nicht die Ant- wort auf Cybersicherheit, Terrorismus oder scheiternde Staaten sein. Aber im Falle eines Falles, der hoffentlich nie eintritt, können sie als Abschreckung gegen staatlich unterstützte Cyberkriege, Terrorangriffe oder Gewalt- akte korrupter Potentaten dienen. Unserer Meinung nach steht die Allianz gegenwärtig vor einer doppelten Herausforderung. Sie muss sowohl den neuen Sicherheitsrisiken begegnen als auch den her- kömmlichen Bedrohungen gewachsen sein. Vor diesem Hintergrund haben sich alle NATO-Partner dazu ver- pflichtet, sicherzustellen, dass alle Komponenten der nu- klearen Abschreckung der NATO sicher und effektiv bleiben, solange die NATO sich als nukleare Allianz ver- steht. Exakt in diesem Kontext ist die Modernisierung der US-Nuklearwaffen auf deutschem Boden zu sehen. Es handelt sich hierbei nicht, wie von der Fraktion Die Linke behauptet, um eine „Neustationierung“ von ato- maren Waffen, die „einen Wiedereinstieg in eine hoch riskante atomare Aufrüstungspolitik“ darstellt. Es geht hier um eine Modernisierung der atomaren Sprengköpfe und Trägersysteme, die zur Erhaltung der Einsatzfähig- keit der atomaren Waffen dient und somit in unser aller Interesse ist. Unabhängig von dieser Verpflichtung hal- ten die NATO-Mitgliedstaaten, wie in der Erklärung von Chicago vereinbart, weiterhin an ihrem Ziel fest, danach zu streben, geeignete Bedingungen und Optionen für weitere Reduzierungen nuklearer Waffen der NATO zu erwägen. Abschließend möchte ich noch einmal betonen, dass wir an unserem im Koalitionsvertrag verankerten Be- kenntnis festhalten, uns im Bündnis sowie gegenüber den amerikanischen Verbündeten dafür einzusetzen, dass die in Deutschland verbliebenen Atomwaffen abgezogen werden, sobald die Bedingungen hierfür gegeben sind. Dies ist, wie die Opposition zu Recht bemerkt, eines der übergeordneten Ziele deutscher Außen- und Sicherheits- politik, das die außenpolitische Agenda auf absehbare Zeit prägen wird. 24960 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Fakultativprotokoll vom 19. Dezember 2011 zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend ein Mitteilungsverfahren (Tagesordnungspunkt 20) Dr. Peter Tauber (CDU/CSU): Mit der zweiten und dritten Lesung des Gesetzes zum Fakultativprotokoll können wir das parlamentarische Verfahren zur Ratifika- tion heute abschließen. Ich freue mich, dass wir über alle Fraktionen dieses Hauses hinweg bei dieser Frage an ei- nem Strang ziehen und somit ein schnelles und reibungs- loses Verfahren ermöglichen. Auch die Aussprache im Ausschuss für Familie, Frauen, Senioren und Jugend in dieser Woche hat gezeigt, dass die Bundesregierung mit ihrem Engagement zur besseren Verankerung der Kin- derrechte auf internationaler Ebene die volle Rücken- deckung des Deutschen Bundestages hat. Dies ist sehr erfreulich, und dafür bedanke ich mich bei meinen Kol- leginnen und Kollegen des Fachausschusses. Ein Dank gilt gleichzeitig den Vertreterinnen und Vertretern des Bundesrats für ihre kooperative Zusammenarbeit. Mit der Ratifikation senden wir ein starkes Signal zum weltweiten Schutz der Kinder. Dieser Schritt reiht sich ein in eine ganze Reihe von Maßnahmen, die die christlich-liberale Bundesregierung auf den Weg ge- bracht hat, um die Stellung der Kinder in unserer Gesell- schaft zu verbessern. Ich nenne hier die Rücknahme der Vorbehaltserklärung gegenüber der UN-Kinderrechts- konvention genauso wie die Einführung des Kinder- schutzgesetzes, die Familienhebammen und die deutli- che Verbesserung der rechtlichen Stellung von Kindern bei Lärmstreitigkeiten. Hinzu kommen eine ganze Reihe sozialpolitischer Maßnahmen wie das Bildungs- und Teilhabepaket sowie die Erhöhung des Kindergelds. In- sofern können wir heute einen weiteren Erfolg dieser Koalition festhalten. Dies ist umso erfreulicher, da die Bundesregierung zu einer der Initiatoren dieses Vorha- bens zählt und der Deutsche Bundestag eines der schnellsten nationalen Parlamente bei der Ratifikation des Fakultativprotokolls ist. Mit der Ratifikation verbinden wir die Hoffnung, dass weltweit möglichst vielen Kindern die Chance eröffnet wird, sich an die Vereinten Nationen zu wenden, wenn der innerstaatliche Rechtsweg erschöpft ist und dabei keine adäquate Abhilfe geschaffen wurde, um die indivi- duellen Rechte der Kinder zu wahren. Wenn die Kolle- gin der Linkspartei dann das Wort „Symbolpolitik“ im Munde führt, verkennt sie die Chancen, die in einem sol- chen Verfahren stecken, um die Rechte der Kinder welt- weit zu stärken. Ich empfehle hier einen Blick über den nationalen Tellerrand. Denn ein besonders dringender Bedarf besteht ja insbesondere dort, wo die Kinder nicht schon auf nationaler Ebene ein so hohes Schutzniveau haben wie bei uns in Deutschland. Wenn es beispielsweise darum geht, zukünftig eine bessere internationale Handhabe gegen die unsägliche Praxis des Einsatzes von Kindersoldaten zu haben, oder wenn es darum geht, die systematische sexuelle Ausbeu- tung von Kindern auch auf individueller Ebene zu be- kämpfen, bietet das Fakultativprotokoll neue Chancen. Für die Betroffenen ist dies insofern alles andere als Symbolpolitik. Es gilt daher, nun auf internationaler Ebene für die Ratifikation des Protokolls in möglichst vielen Staaten zu werben. Durch eine breite internatio- nale Akzeptanz wird das Gremium gleichzeitig gestärkt und erhält ein stärkeres Gewicht. Dies ist im Sinne unse- rer Politik, dies ist im Sinne der Kinder. Aber auch für die nationale Ebene hat die Ratifikation nichts mit Begriffen wie Symbolpolitik zu tun. Denn es handelt sich um die Einrichtung zusätzlicher Schutzme- chanismen, die die nationale Gerichtsbarkeit, aber auch exekutives Handeln auf den Prüfstand stellen können und somit staatliches Handeln in Deutschland überprüf- barer machen. Es bleibt festzuhalten: Mit der Ratifikation des Fakul- tativprotokolls unterstreicht diese Koalition, dass ihr der Schutz der Kinder ein wichtiges Anliegen ist – national wie international. Und sie zeigt, dass sie ganz konkret aktiv ist und vieles angegangen hat, was gerade die rot- grüne Bundesregierung nicht hinbekommen hat. Einige zentrale Beispiele habe ich genannt. Unser Einsatz für die Kinder darf mit diesem Schritt jetzt nicht aufhören. Ich bin zuversichtlich, dass es uns auch in Zukunft gelingen wird, durch konkrete Maßnah- men die Situation von Kindern in Deutschland und in der Welt zu verbessern und zu stärken. Norbert Geis (CDU/CSU): Die Kinderrechtskon- vention will den Kindern weltweit zu ihren Rechten ver- helfen. In vielen Teilen der Welt haben die Kinder keine Rechte. Sie leben in Armut. Sie müssen ihr tägliches Brot durch schwere Arbeit verdienen. Sie gehen in keine Schule, bekommen keine Bildung, bleiben Analphabe- ten. Sie werden missbraucht und werden sogar als Kin- dersoldaten in kriegerischen Auseinandersetzungen ein- gesetzt. Oft leben sie in der Gosse, schließen sich schon als Kinder zu gewalttätigen Banden zusammen und gera- ten schon sehr früh in die Kriminalität. Die Kinder- rechtskonvention will hier ein Bollwerk aufbauen, einen Beitrag zum Schutz der Kinder leisten. Sicher ist der Einwand richtig, dass dies vor allem für die Entwicklungsländer gilt. Aber auch wir gehören nicht zu den kinderfreundlichsten Ländern. Wir sind ein kinderarmes Land. Wir haben eine der niedrigsten Ge- burtenraten der Welt. Familien mit mehr als zwei Kin- dern tun sich bei der Wohnungssuche schwer. Wenn die Mutter ihre Kleinkinder selbst versorgt, verliert sie den Anschluss im Beruf, hat Nachteile am Arbeitsplatz und erhält obendrein später eine geringere Rente als ihre Kolleginnen, die keine Kinder haben. Die Erziehungs- leistung der Eltern für ihre Kinder wird bei uns gering geachtet. Auch wir sind in der Tat kein kinderfreundli- ches Land. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24961 (A) (C) (D)(B) Allerdings sind die Kinder bei uns nicht rechtlos. Sie haben die gleichen Menschenrechte wie die Erwachse- nen auch. Durch die Kinderrechtskonvention mit den beiden Fa- kultativprotokollen sollen den Kindern überall auf der Welt die Menschenrechte zugesprochen werden. Die Konvention fasst diese Rechte in vier Grundsätzen zu- sammen: das Recht auf Leben und Gesundheit, das Recht auf Entwicklung, das Verbot der Diskriminierung und die Wahrung der Interessen der Kinder sowie das Recht auf Beteiligung und Mitbestimmung. Zu dieser Kinderrechtskonvention mit den zwei Fa- kultativprotokollen kommt nun ein drittes Fakultativpro- tokoll hinzu. Dabei geht es darum, dass diese Rechte für die Kinder nicht nur auf dem Papier stehen, sondern die Kinder bzw. ihre Vertreter die Möglichkeit haben, sich direkt an den UNO-Ausschuss zu wenden, um ihre Rechte durchzusetzen, wenn dies im eigenen Staat nicht möglich ist. Voraussetzung ist, dass der nationale Rechtsweg erfolglos war. Dies ist auch anders nicht machbar, weil dies einmal die Achtung vor der Souverä- nität des jeweiligen Staates gebietet und weil aus prakti- schen Gründen natürlich eine Vorklärung durch die ört- lich zuständigen Gerichte zu erfolgen hat. Allerdings muss in dringenden Fällen der Zugang zum Ausschuss sofort möglich sein. Der Ausschuss kann auch von sich aus, ohne dass eine Beschwerde vorliegt, tätig werden, wenn besonders schwere Verletzungen von Kinderrech- ten in einem Staat bekannt werden. Der Ausschuss hat nur die Möglichkeit, in Staaten tätig zu werden, die dem Abkommen beigetreten sind. Deutschland ist auf Betreiben unserer Familienminis- terin einer der ersten Staaten gewesen, die dieses dritte Fakultativprotokoll, das wir heute ratifizieren wollen, unterzeichnet haben. In dieser Kinderrechtskonvention kommt klar zum Ausdruck, dass das Kind nicht nur eine Vorstufe des Er- wachsenen ist, sondern auch als Kind Mensch ist, dem die Menschenrechte in vollem Umfang zustehen. Die Kindheit ist eine eigene Lebensphase des Menschen. Das Kind ist nicht ein halber Mensch, nur weil es noch nicht selbstständig und noch unwissend ist, seine Fähig- keiten noch nicht entwickelt hat, noch schwach und un- erfahren und ungeschickt ist. Das Kind ist in seiner Kindheit ebenso vollständig Mensch wie der Erwach- sene auch. Diese Erkenntnis muss sich erst noch in den Entwicklungsländern durchsetzen, aber auch in der westlichen Welt. Der Mensch tritt, wie alles Lebendige, als Keim ins Dasein und macht verschiedene Phasen der Entwicklung durch. Er beginnt als Embryo. Schon dann hat er Würde und steht unter dem Schutz von Art. 1 und 2 GG. Dies hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 25. Februar 1975 festgestellt und in seinem Urteil vom 23. Mai 1993 nochmals bestätigt. Diese Erkenntnis hat sich in den Gesellschaften des Westens noch nicht durchgesetzt. Es ist nicht erforderlich, Kinderrechte im Grundge- setz zu verankern. Für Kinder gilt das Grundgesetz ebenso wie für jeden Erwachsenen. Sie haben nach Art. 2 GG das Recht auf Freiheit, auf körperliche Unver- sehrtheit und auf Entfaltung ihrer Persönlichkeit. Sie sind durch Art. 5 GG in ihrer Meinungsfreiheit ge- schützt. Nach Art. 6 GG haben zuerst die Eltern die Pflicht, die Kinder zu pflegen und zu erziehen. Daraus ergibt sich aber auch umgekehrt das Recht der Kinder gegen ihre Eltern auf Pflege und Erziehung. Dies hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 1. April 2008 klargestellt. Im Übrigen kann die Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz keine Misshandlung von Kindern ver- hindern. Zielgenauer kann dies vielmehr durch einfach- gesetzliche Maßnahmen geschehen, so zum Beispiel durch das Strafrecht. Im Bildungsbereich haben wir jetzt schon die allgemeine Schulpflicht. Eine allgemeine Kin- dergartenpflicht für Kinder ab drei Jahren einzuführen, halte ich für übertrieben und entspricht auch nicht dem Kindeswohl. Diese Entscheidung sollten wir den Eltern überlassen. Die Betonung der Rechte der Kinder durch die Kin- derrechtskonvention hat in vielerlei Richtung Bedeutung auch für unser Land. Wir haben zu prüfen, wie wir den Anspruch der Kinder gegenüber unserer Gesellschaft auf Einhaltung und Gewährung ihrer Rechte noch besser durchsetzen können. Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD): Die Stär- kung der Kinderrechte war und ist ein besonderes Anlie- gen der SPD-Bundestagsfraktion, und sie liegt mir als Kinderbeauftragter natürlich besonders am Herzen. Starke Kinderrechte müssen durchsetzbar sein. Wir haben ein Individualbeschwerderecht für Kinder lange gefor- dert und freuen uns ausdrücklich über die nun anstehende Ratifizierung des entsprechenden Zusatzprotokolls zur UN-Kinderrechtskonvention. Dieses Instrument ist ein Rechtsmittel zur Durchsetzung der UN-Kinderrechtskon- vention. Denn Betroffene könnten sich an den UN-Aus- schuss für die Rechte des Kindes wenden, um auf die Ver- letzung ihrer Rechte aufmerksam zu machen. Bei anderen UN-Abkommen wie dem UN-Zivilpakt oder der UN-Frauenrechtskonvention gab es ein solches Beschwerderecht bereits. Endlich gibt es auch zur UN-Kinderrechtskonvention ein ergänzendes Beschwer- deverfahren. Die Einführung dieses Instrumentes in Deutschland ist weltweit ein wichtiges Signal für starke Kinderrechte. Ein Beschwerderecht hilft dabei, darauf hinzuwirken, dass die Vertragsstaaten ihr Rechtssystem konsequenter den in der Konvention anerkannten Kin- derrechten anpassen und auf deren Einhaltung achten. Recht zu haben, reicht alleine nicht aus. Rechte müs- sen auch durchsetzbar sein. In einem Beschwerdeverfah- ren kann sich das Kind selbst oder eine Person in seinem Namen an den Ausschuss für die Rechte des Kindes wenden, der die Menschenrechtsverletzung untersucht. Auch wenn die Entscheidung des Ausschusses rechtlich nicht bindend sein wird, kann er auf Abhilfe drängen und für den Kläger gegebenenfalls eine Entschädigung fordern. Wie bei allen internationalen Beschwerdeme- chanismen muss vorher der innerstaatliche Rechtsweg 24962 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) ausgeschöpft sein. Was sich bei Erwachsenen mit einem etablierten System von Beschwerdemöglichkeiten be- währt hat, muss für Kinder erst mit Leben erfüllt werden. Auf allen Ebenen brauchen Kinder altersgerechte Möglichkeiten der Partizipation und auch der Be- schwerde. So setze ich mich auf Bundesebene für einen unabhängigen Kinderbeauftragten ein. Auf kommunaler Ebene wollen wir Ombudschaftsstellen für Kinder eta- blieren, um den Kindern da, wo sie leben, beim Vertreten ihrer Interessen direkt beizustehen. Kinderrechte müssen stärker bekannt gemacht wer- den. Wer nicht um die eigenen Rechte weiß, kann sich bei einem Verstoß gegen diese Rechte auch nicht be- schweren. Hier ist noch viel zu tun. Wir hätten uns eine Fortschreibung des nationalen Aktionsplans zur Umset- zung der UN-Kinderrechtskonvention gewünscht. Ich hoffe, dass die Bundesregierung die Stärkung der Kin- derrechte auch auf einem anderen Gebiet voranbringt. Die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ist im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention ebenso sinn- voll und geboten wie das Individualbeschwerdeverfah- ren. Bisher scheiterte die Stärkung der Kinderrechte im Grundgesetz leider am Widerstand der Union. In letzter Zeit habe ich jedoch erfreuliche Signale vernommen. Ich hoffe, dass es uns gemeinsam gelingt, unsere Verfassung im Interesse unserer Kinder zu modernisieren. Kinder sind Rechtssubjekte und sollten als solche auch im Grundgesetz genannt und behandelt werden. Wer Kin- derrechte wirklich stärken will, kann sich dieser Forde- rung nicht verschließen. Miriam Gruß (FDP): Zugegeben, der Name dieses Gesetzes ist ein echter Zungenbrecher. Tatsächlich ist aber heute ein historischer Tag für die Kinderrechte in Deutschland; denn wenn dieses Hohe Haus dem Fakulta- tivprotokoll heute zugestimmt hat und der Bundesrat keine Einwände erhebt, dann gilt es als von Deutschland ratifiziert. Deutschland geht diesen Schritt als drittes Land welt- weit nach Thailand und Gabon – sobald sieben weitere Staaten folgen, tritt das Protokoll in Kraft. Dann be- kommt die UN-Kinderrechtskonvention endlich, als letz- tes von allen Menschenrechtsabkommen, ihren eigenen Beschwerdemechanismus. Das Fakultativprotokoll leis- tet einen wichtigen Beitrag zur besseren Umsetzung der Rechte der Kinder weltweit und bestätigt Kinder in ihrer Eigenschaft als Träger eigener Rechte. Deutschland wird durch seine Rolle in diesem Prozess zu einem echten Vorreiter unter den UN-Mitgliedstaaten. Am 28. Februar 2012 hat Deutschland – vertreten durch die Familienministerin Dr. Kristina Schröder – das Fakul- tativprotokoll als einer der ersten Staaten überhaupt ge- zeichnet. Ich war im Februar 2012 bei der Unterzeich- nung in Genf dabei. Dort konnte ich live erleben, wie bei den anderen Staaten noch gerungen wurde, ob man unter- schreibt oder nicht. Letztendlich haben dann 20 Staaten unterzeichnet – ein großer Erfolg auch für Deutschland und die schwarz-gelbe Regierung. Wir haben es aber nicht nur früh unterzeichnet, son- dern auch stark darauf hingewirkt, dass es überhaupt dazu gekommen ist. Ohne Deutschlands Werbung für diese Angelegenheit wäre das Protokoll kaum noch im Jahr 2011 von der UN-Generalversammlung angenom- men worden. Daher möchte ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich auch dem Außenminister Dr. Guido Westerwelle für seinen Einsatz danken. Wenn Deutschland noch in diesem Jahr ratifiziert, wäre das die schnellste Zeichnung und Ratifikation eines Menschenrechtsabkommens der UN. Ich hoffe sehr, dass diese Formalität noch in diesem Jahr zu schaffen ist. Die Details des Fakultativprotokolls haben wir bereits vor zwei Wochen diskutiert; ich will mich daher nicht wiederholen. Dennoch möchte ich noch einmal darauf hinweisen: Ohne die FDP an der Regierung wäre es nie dazu gekommen. Ich kämpfe seit langem für die bessere nationale und internationale Durchsetzung von Kinder- rechten. Deshalb haben wir Liberalen vor drei Jahren da- rauf bestanden, das Individualbeschwerdeverfahren in den Koalitionsvertrag aufzunehmen. Diesen Punkt kön- nen wir jetzt abhaken. Damit haben wir unsere Regie- rungsarbeit für Kinderrechte um einen wichtigen Erfolg erweitert. Diana Golze (DIE LINKE): Es steht außer Zweifel: Die Einführung des Rechts auf Individualbeschwerde für Kinder und Jugendliche ist ein weiterer wichtiger Schritt für die bessere Umsetzung der UN-Kinderrechtskonven- tion. Es steht auch außer Zweifel, dass das Engagement der Bundesregierung, die sich von Beginn an hinter die- ses Zusatzprotokoll gestellt hat und den Prozess der Er- arbeitung intensiv begleitet hat, von großer Bedeutung für das Gelingen des Vorhabens war. Und es ist natürlich sehr zu begrüßen, dass das Gesetz zur Ratifizierung den Bundestag so zügig und mit großem Einvernehmen pas- sieren konnte. Schaut man sich aber an, welche Gründe für die Ein- führung einer Individualbeschwerde für Kinder und Ju- gendliche auch in Deutschland sprechen, wird schell deutlich, wie viel noch zu tun ist. Kinder müssen als schutzbedürftige Mitglieder unse- rer Gesellschaft mit allem zur Verfügung Stehenden ge- fördert werden, das ist zumindest in Talkshows, in Re- den und in Interviews wieder und wieder zu hören. In der Umsetzung allerdings muss ich feststellen, dass zum Beispiel Kindern ohne deutschen Pass nach wie vor nicht die gleichen Rechte eingeräumt werden, wie sie deutschen Kindern zur Verfügung stehen. Sie können auch nach der Rücknahme des letzten Vorbehaltes gegen die UN-Kinderrechtskonvention als Minderjährige abge- schoben werden, in Sammelunterkünften untergebracht und zu entwürdigenden Untersuchungsverfahren zur Al- tersfeststellung gezwungen werden. Für mich ein klarer Fall für die Verletzung der UN-Kinderrechtskonvention und somit für eine anzustrengende Beschwerde. Noch immer ist in Deutschland der soziale Status der Eltern wie in keiner anderen europäischen Wirtschafts- nation ein entscheidender Faktor für die Schulbiografie von Kindern, für mich eine klare Verletzung der UN- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24963 (A) (C) (D)(B) Kinderrechtskonvention und einer anzustrengenden Be- schwerde würdig. Die Kinderarmut ist in einem reichen Land wie Deutschland trauriger Teil des Alltags geworden. Kinder gehen hungrig zur Schule, eine gesunde Ernährung ist vom bestehenden Regelsatz aus meiner Sicht unmöglich, Geld für Schulbücher und -materialien können von den Eltern in komplizierten Antragsverfahren nur zweimal im Jahr extra beantragt werden, obwohl Schule zum All- tag eines jeden Kindes gehört und somit auch alltägliche Kosten verursacht. Jeder weiß das – die Bundesregie- rung aber ignoriert dies genauso wie die Tatsache, dass Nachhilfe nur schwer über eine Arbeitsvermittlungs- agentur vermittelt werden kann. Für mich ist das Aus- grenzung vom Zugang zu Bildung und somit eine ein- deutige Verletzung der UN-Kinderrechtskonvention und somit Grund genug für ein anzustrebendes Beschwerde- verfahren. Ja, ich bin sehr glücklich darüber, dass der Bundestag heute seine Zustimmung zu einem Individualbeschwer- deverfahren für Kinder geben wird. Denn eine solche Möglichkeit für Kinder, ihre Rechte einzuklagen, sorgt am Ende für eine bessere Umsetzung der Kinderrechte. Dazu muss viel getan werden. Wir brauchen mehr Anlauf- stellen, um Kinder über ihre Rechte zu informieren und ihnen da Unterstützung anbieten zu können, wo diese verletzt werden. Wir brauchen eine verbesserte Rechts- stellung von Kindern in unserer Gesellschaft, damit eine Individualbeschwerde für Kinder nicht an unüberwind- baren Hürden scheitert. Darum sage ich: Kinder stärken, heißt ihre Rechte stärken. Das Individualbeschwerde- recht für Kinder war überfällig. Die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz ist es leider immer noch. Es bleibt also viel zu tun. Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir werden heute Abend voraussichtlich einen der seltenen Momente großer Einigkeit zwischen den Fraktionen er- leben, da wir alle durch die Bank weg die Einführung des Individualbeschwerdeverfahrens begrüßen und als einen wichtigen Schritt zur Stärkung der Kinderrechte in Deutschland betrachten. Umso bedauerlicher ist es, dass die Bundesregierung ihrem Gesetzentwurf in beiden Le- sungen keinen Debattenplatz hier im Bundestag einge- räumt hat, der seiner Bedeutung angemessen gewesen wäre. Das Beschwerdeverfahren zu ratifizieren, ist ein wich- tiger Schritt. Aber er muss auch Folgen haben. Die Erfah- rungen, die wir mit der ursprünglich von allen Seiten – auch von uns – hochgelobten Rücknahme der Vorbe- haltserklärung gemacht haben, lassen mich skeptisch werden. Denn die Rücknahme der Vorbehalte ist bis heute ohne Konsequenzen geblieben, die relevanten Gesetze im Bereich des Asyl- und Aufenthaltsrechts wurden nicht geändert, und deshalb hat sich an der konkreten Lebens- situation minderjähriger unbegleiteter Flüchtlinge auch nichts verbessert. Weiterhin können Sechzehnjährige im Asylverfahren wie Erwachsene behandelt werden, sie können in Sammelunterkünften – auch gemeinsam mit Erwachsenen – untergebracht werden, haben keinen An- spruch auf weitergehende Leistungen aus dem Gesund- heitssystem und der Kinder- und Jugendhilfe. Das wider- spricht eklatant der UN-Kinderrechtskonvention, die für alle Kinder, alle Minderjährige gilt, und es ist ein echtes Armutszeugnis für die schwarz-gelbe Koalition und für unser gesamtes Land. Die Einführung des Beschwerdeverfahrens muss Fol- gen haben, und diese notwendigen Folgen müssen be- inhalten, dass die Bundesregierung viel mehr dafür tut, dass Kinder ihre Rechte überhaupt kennen. Denn nur wer die eigenen Rechte kennt, kann sich auf diese bezie- hen und im Zweifelsfall auf das Individualbeschwerde- verfahren zurückgreifen. Vor diesem Hintergrund war es eine grundfalsche Entscheidung der Bundesregierung, den Aktionsplan für ein kindergerechtes Deutschland sang- und klanglos auslaufen zu lassen. Hier wäre eine Weiterentwicklung und Fortführung wichtig gewesen, insbesondere mit Blick auf die dringend notwendige Be- kanntmachung der Kinderrechte bei den Kindern selbst. Aber auch darüber hinaus darf die Bundesregierung sich jetzt keineswegs einen schlanken Fuß machen. Denn bei der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonven- tion in unserem eigenen Land sieht es längst nicht so ro- sig aus, wie Ministerin Schröder es gerne darstellt. Al- lem voran sollten wir endlich die Kinderrechte im Grundgesetz verankern und deutlich machen, dass bei allem staatlichen Handeln die Interessen der Kinder be- sonders zu beachten sind. Hier hat der UN-Ausschuss für die Rechte der Kinder der Bundesrepublik bereits mehrfach deutliche Hinweise gegeben, dass diese not- wendige Konsequenz der UN-Kinderrechtskonvention endlich angegangen werden sollte. Aber es geht auch um sehr konkrete, schnell umsetz- bare Maßnahmen: beispielsweise die Rechte von Kin- dern inhaftierter Eltern endlich in den Fokus zu nehmen und gemeinsam mit den Ländern die Verantwortung da- für zu übernehmen, dass die Haftbedingungen so gestal- tet sind, dass Kinder ihre Eltern regelmäßig besuchen können. Beispielsweise die freiwillige Rekrutierung von Minderjährigen in die Bundeswehr zu beenden und „Straight 18“ umzusetzen. Heute gehen wir gemeinsamen einen wichtigen Schritt. Wir lassen die Regierung aber nicht aus der Ver- antwortung, ihre weitergehenden Hausaufgaben zu ma- chen. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Begleitung der Verordnung (EU) Nr. 260/2012 zur Festlegung der technischen Vorschriften und der Geschäftsanforderungen für Überwei- sungen und Lastschriften in Euro und zur Än- derung der Verordnung (EG) Nr. 924/2009 (SEPA-Begleitgesetz) (Tagesordnungspunkt 22) Peter Aumer (CDU/CSU): Heute beraten wir ab- schließend über das Begleitgesetz zur Umsetzung der SEPA-Verordnung in Deutschland. Mit ihm wird das 24964 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) deutsche Recht an die europäische SEPA-Verordnung angepasst, die den bargeldlosen Zahlungsverkehr inner- halb der EU vereinheitlicht. Die Umsetzung ist eines der wichtigsten Gesetze der letzten Jahre zur Harmonisie- rung des europäischen Binnenmarkts für Zahlungs- dienstleistungen. Die SEPA-Verordnung ist ein essenzieller Bestandteil zur weiteren Integration in der Europäischen Union. Zahlungssysteme sollen damit an die Wirklichkeit grenzübergreifender Zahlungsströme angepasst werden. Einheitliche Regelungen auf europäischer Ebene sind gerade im Hinblick auf die zunehmende Bedeutung bar- geldloser Zahlungen, wie Überweisungen und Last- schriften, sinnvoll. Die Verordnung beendet damit das kostenintensive Nebeneinander von inländischen Zah- lungsverkehrsprodukten. SEPA wird zu einer Vereinfa- chung und Vergünstigung für die Verbraucher und die Industrie führen. Der christlich-liberalen Koalition ist es gelungen, bei der Gestaltung des einheitlichen europäischen Zahlungs- verkehrs die deutschen Interessen bestmöglich einzu- bringen. Der Bundesregierung ist es bei den Verhandlun- gen auf europäischer Ebene gelungen, sich mit nahezu allen Forderungen der christlich-liberalen Koalition durchzusetzen. Die Trilog-Verhandlungen haben dabei ebenfalls gezeigt, dass sich kein anderes Mitgliedsland so vehement für die die Verbraucher- und Endnutzerinte- ressen eingesetzt hat wie Deutschland. Die europäische SEPA-Verordnung ist am 31. März 2012 in Kraft getreten. Sie sieht vor, dass Überweisun- gen und Lastschriften im europäischen Zahlungsraum ab dem 1. Februar 2014 einheitliche Anforderungen erfül- len müssen. Deshalb müssen auch die in Deutschland gebräuchlichen Überweisungs- und Lastschriftverfahren ab dem 1. Februar 2014 den SEPA-Formaten genügen. Mit dem SEPA-Begleitgesetz bringen wir nun wich- tige Regelungen auf den Weg, um eine reibungslose Um- stellung der Verbraucherinnen und Verbraucher, der Wirtschaft und der Kreditinstitute von den vertrauten Zahlverfahren auf die europaweit einheitliche SEPA- Lastschrift und SEPA-Überweisung zu gewährleisten. Mit dem Begleitgesetz machen wir nun von den Übergangsbestimmungen der EU-Verordnung, die auf- grund des Einsatzes der Bundesregierung erreicht wer- den konnten, Gebrauch. Um den Verbraucherinnen und Verbrauchern ausreichend Zeit zu geben, sich auf die Neuerungen einzustellen, erhalten sie die Möglichkeit, die ihnen geläufige Kontonummer und Bankleitzahl bis zum 1. Februar 2016 weiter zu verwenden. Banken und Sparkassen dürfen für ihre Privatkunden bis zu diesem Zeitpunkt die Kontokennungen bei Inlandszahlungen kostenlos in das neue IBAN-Format umwandeln. Wir er- warten von der Kreditwirtschaft, dass sie die Bürgerin- nen und Bürger sowie Unternehmen frühzeitig über die anstehenden Änderungen informiert und sie bei der Um- stellung auf SEPA aktiv unterstützt. Auch das im Handel übliche elektronische Last- schriftverfahren kann aufgrund einer Sonderregelung bis zum 1. Februar 2016 weitergeführt werden. Handel und Kreditwirtschaft sollten diese Übergangsfrist nutzen, um ein praktikables Nachfolgeprodukt für das elektronische Lastschriftverfahren auf Basis der SEPA-Lastschrift zu entwickeln. Von der Übergangsbestimmung sind eben- falls weitere elektronische Lastschriftverfahren erfasst, die durch anderweitige Verfahren, wie etwa Sign-Pads oder Fingerabdruck, wie sie bereits in einigen Super- märkten und Warenhäusern zu finden sind, initiiert wur- den. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens tauchten noch einige Unklarheiten bezüglich der telefonisch er- teilten Lastschrift und der Internetlastschrift auf. Die CDU/CSU und FDP haben sich hierzu entscheiden, eine Klarstellung vorzunehmen: Nach der SEPA-Verordnung und nach ihrem Inkrafttreten und auch nach dem SEPA- Begleitgesetz können weiterhin wirksame Lastschrift- mandate im Internet erteilt werden. Für die Nutzung der Übergangsregelung gemäß Art. 16 Abs. 4 der SEPA-Ver- ordnung (Nischenprodukte) fehlen nach unserer Auffas- sung jedoch die rechtlichen Voraussetzungen. In diesem Zusammenhang möchte ich nochmals an die deutsche Kreditwirtschaft appellieren, moderne ver- gleichbare Zahlverfahren zu entwickeln und zur Verfü- gung zu stellen, die nach Ablauf der Übergangsfrist an- stelle des elektronischen Lastschriftverfahrens zum Einsatz kommen können. Darüber hinaus steht vorrangig die deutsche Kredit- wirtschaft in der Pflicht, Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen frühzeitig über die anstehenden Änderun- gen zu informieren und sie bei der Umstellung auf SEPA aktiv zu unterstützen. An das SEPA-Begleitgesetz hängen wir außerdem einige neue Regelungen für die deutsche Versicherungs- branche. Ursprünglich sollten diese Regelungen im Rah- men des Zehnten Gesetzes zur Änderung des Versiche- rungsaufsichtsgesetzes (VAG), mit dem vor allen Dingen die europäische Solvency-II-Richtlinie national umge- setzt werden soll, verabschiedet werden. Nun hat sich die Verabschiedung der Regelungen zu Solvency II auf europäischer Ebene weiterhin verscho- ben, sodass mit einer Umsetzung dieser Regelungen in nationales Recht nicht mehr in diesem Jahr zu rechnen ist. Wir wollen daher einige Regelungen aus dem Zehn- ten Gesetz zur Änderung des VAG herauslösen und diese aufgrund ihrer Dringlichkeit bereits jetzt im Rahmen des SEPA-Begleitgesetzes umsetzen. Die vorgezogenen Regelungen betreffen zum einen die Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtsho- fes zu Unisextarifen. Ab dem 21. Dezember 2012 dürfen die Versicherungsunternehmen bei Prämien und Leistun- gen ausnahmslos nicht mehr zwischen Männern und Frauen differenzieren. Zum anderen wollen wir dafür sorgen, dass im Be- reich der Lebensversicherung angesichts der anhalten- den Niedrigzinsphase in zwei Bereichen noch Änderun- gen erfolgen werden: Es soll sichergestellt werden, dass Bewertungsreserven auf Kapitalanlagen, die das Versi- cherungsunternehmen zur Sicherstellung der Garantien an die Versicherungsnehmer erworben hat und weiter be- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24965 (A) (C) (D)(B) nötigt, bei sinkenden Kapitalmarktzinsen im Unterneh- men verbleiben können. Des Weiteren soll die bisherige Trennung der Überschussbeteiligung von vor und nach 1994 abgeschlossenen Lebensversicherungsverträgen aufgehoben werden. Damit stärken wir die Leistungsfä- higkeit der Lebensversicherungsunternehmen. Wieder einmal hat sich gezeigt, dass sich der Einsatz der Regierungskoalitionen der CDU/CSU und FDP be- zahlt gemacht hat. Wir konnten für unsere Bürgerinnen und Bürger sowie für unsere Unternehmen einen deutli- chen Erfolg bei den Verhandlungen auf europäischer Ebene erreichen. Mit SEPA werden Zahlungen in Euro in das europäi- sche Ausland künftig genauso einfach und kostengünstig wie im Inland. Die europäische Integration geht nach der Euro-Bargeldeinführung mit der Vereinheitlichung des bargeldlosen Euro-Zahlungsverkehrs einen weiteren Schritt voran. Die vorzuziehenden Änderungen aus dem VAG ent- halten zudem wichtige und notwendige Regelungen für die Versicherungsbranche in Deutschland. Ich bitte Sie daher, dem Gesetz zuzustimmen. Martin Gerster (SPD): Eine der Erfahrungsweishei- ten des politischen Geschäfts lautet: Wo Gesetze, die ei- gentlich nichts miteinander zu tun haben, zu Paketen verschnürt werden, kommt selten das Optimum heraus. Diese Regel gilt auch im Falle des SEPA-Begleitgeset- zes. Eigentlich sollte das Werk der Umsetzung der am 31. März 2012 in Kraft getretenen SEPA-Verordnung dienen, mit der ein einheitlicher europäischer Zahlungs- raum geschaffen werden soll – eine Idee, die wir grund- sätzlich unterstützen. Indem Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der schwarz-gelben Koalition, das Vorhaben aber zum Huckepackgesetz für unausgewogene Ände- rungen im VAG gemacht haben, ist es uns leider nicht mehr möglich, dem Gesamtwerk zuzustimmen. Bevor ich auf die problematischen Zusatzpunkte ein- gehe, ein paar Worte zu SEPA. Ein harmonisierter Binnenmarkt für Zahlungsdienste stellt, wie Sie im Bericht zu den Gesetzesberatungen zu Recht unterstreichen, durchaus ein wirtschaftspolitisch sinnvolles Ziel dar. Dies setzt aber voraus, dass er ver- braucherfreundlich ausgestaltet und von allen Beteilig- ten entsprechend getragen wird. Da ist es wenig hilfreich, wenn prominente Unionspolitiker das Gesamtprojekt öf- fentlich und in höchst polemischer Art und Weise verun- glimpfen. Geben Sie mal in einer Internetsuchmaschine „CDU“ und „SEPA“ ein. Sofort stoßen Sie auf Ihren Kollegen Gunther Krichbaum, der als Vorsitzender des Europaausschusses SEPA mit den Worten kommentiert: „Das ist der größte Schwachsinn aller Zeiten“. Um diesen Eindruck aus der Welt zu schaffen, reicht es nicht, SEPA in Plenarreden und Ausschussdruck- sachen demonstrativ zu loben. Im Bericht zum vorlie- genden Gesetz betonen Sie, dass SEPA zu einer Verein- fachung und Vergünstigung für die Verbraucher und die Industrie führen dürfte. Bei allem Optimismus sollte man aber auch die Bemerkung des zuständigen Referats- leiters beim BMF berücksichtigten, der bei der zitierten Sitzung des Europaausschusses im Mai 2011 erklärte: „Es ist sicher kein Geheimnis, wenn ich verrate, dass vor allem international tätige Unternehmen, die grenzüber- schreitende Überweisungen tätigen, von SEPA profitie- ren werden.“ Sofern diese Einschätzung zutreffend ist, rückt das Ziel einer wirklich verbraucherorientierten Umsetzung der SEPA-Standards umso mehr in den Vor- dergrund. Wir alle kennen die zahlreichen Befürchtun- gen, mit denen wir uns im vergangenen Jahr angesichts der drohenden Komplikationen mit bestehenden Ein- zugsermächtigungen und der Änderung vertrauter Kon- tonummern konfrontiert sahen. Auch vor diesem Hintergrund haben wir Sozialdemo- kraten gemeinsam mit Ihnen die Entschließung vom 12. Mai 2011 mit dem Titel „Europäischen Zahlungsver- kehr bürgerfreundlich gestalten“ mitgetragen. Denn es war richtig und wichtig, als deutsches Parlament ein ge- meinsames Signal in Richtung Brüssel zu geben und vonseiten der profitierenden Wirtschaftszweige mehr öf- fentliche Unterstützung für das Projekt SEPA einzufor- dern. Insgesamt können wir mit den Ergebnissen zufrieden sein. Wir freuen uns, dass gerade mit Blick auf die Um- stellung von wiederkehrenden Lastschriftmandaten auf den SEPA-Standard eine Lösung über die AGBs gefun- den werden konnte, die alle Zweifel zerstreut haben dürfte. Sicher wäre es schön gewesen, auf dem Verhand- lungswege weitere bewährte Instrumente des deutschen Zahlungsverkehrs noch länger zu bewahren. Aber manchmal muss sich Politik auf das Mögliche und Durchsetzbare beschränken. Insofern begrüßen wir es, dass mit dem Gesetz die zeitlichen Spielräume zur Weiternutzung des elektroni- schen Lastschriftverfahren, ELV, genutzt werden. Auch die befristete Option für Zahlungsdienstleister, kosten- lose Konvertierungsdienstleistungen für Kontokennun- gen zur Verfügung zu stellen, damit Kunden ihre bis- herige Kontokennung für Inlandszahlungen weiterhin nutzen könnten, begrüßen wir ausdrücklich. Wo noch Schwierigkeiten bestehen, wenn es um SEPA-kompa- tible Nachfolgeprodukte für das ELV und die Nutzung des Internets für die Erteilung von Lastschriften geht, se- hen wir vor allem die Marktteilnehmer in der Pflicht. Vor allem die Kreditwirtschaft, die über den European Payments Council, EPC, die treibende Kraft hinter SEPA war, ist aufgefordert, zeitnah entsprechende Pro- dukte und Verfahren zu entwickeln, die auf die Bedürf- nisse des Handels, der Industrie sowie speziell der Ver- braucherinnen und Verbraucher abgestimmt sind. So viel zu dem, was im Gesetzentwurf in Sachen SEPA umgesetzt wird. Problematischer gestalten sich die mit Blick auf die Versicherungsbranche vorgenom- menen Änderungen. Wie wir wissen, verschieben sich die Verhandlungen um Solvency II, die auch die Versicherungsbranche ins- gesamt krisenfester machen soll, auf europäischer Ebene weit nach hinten. Mittlerweile ist von 2014 die Rede. Der ursprüngliche Gesetzentwurf der Bundesregierung 24966 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) zum Entwurf eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes ist daher in großen Tei- len auf Eis gelegt; jedoch sind aus dem Gesetzentwurf einige Aspekte herausgelöst worden oder gehen auf die Stellungnahme des Bundesrates zurück und sind wiede- rum mit dem SEPA-Begleitgesetz verbunden worden. Die nunmehr aus dem Gesetzentwurf der Bundesregie- rung zum Entwurf eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes herausgelösten Ele- mente sollen noch dieses Jahr in Kraft treten. Wir begrü- ßen es, dass die Änderungen in § 8 die Rechtsschutzver- sicherungen betreffend von den Koalitionsfraktionen zurückgezogen wurden. Offensichtlich gibt es völlig un- terschiedliche Interessenlagen einzelner Unternehmen. Vorrang sollte der Schutz der Verbraucherinnen und Ver- braucher haben, und wir konnten feststellen, dass sich der Status quo durchaus bewährt hat. Unstrittig ist die Umsetzung des Urteils des Europäi- schen Gerichtshofs zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen auch beim Zugang zu und bei der Versor- gung mit Gütern und Dienstleistungen, des sogenannten Unisexurteils. Zudem sollen Maßnahmen ergriffen wer- den, die die Leistungsfähigkeit der deutschen Lebens- versicherer in einer Niedrigzinsphase betreffen. Wir haben hierzu am 17. Oktober 2012 ein Fachge- spräch geführt, in dem wir viele Punkte kritisch hinter- fragt haben. Insgesamt gibt es für uns hier Licht und Schatten im Gesetzentwurf. Die Änderungen im Hinblick auf die Unisexrecht- sprechung des EuGH sind für uns in Ordnung und sach- gerecht. Die Rahmenbedingungen für eine Umsetzung des Urteils müssen gesetzlich gestaltet werden. Im Hin- blick auf die Maßnahmen zur Risikotragfähigkeit der Lebensversicherungsunternehmen blieben bei uns auch nach der Anhörung noch Fragen offen. Es ist auch aus unserer Sicht wichtig, Lösungen zu finden, damit die Versicherungsunternehmen in der aktuellen Niedrigzins- phase die dadurch entstehenden Belastungen bewältigen können. Es ist aber trotz der kürzlich überreichten wei- teren Erläuterungen des Bundesfinanzministeriums vom 26. Oktober für uns nicht nachvollziehbar, dass der Rückgriff auf die Bewertungsreserven und die Trennung bei der Überschussbeteiligung die einzigen Mittel sind, um die aktuellen Probleme der Versicherer zu lösen. Aus unserer Sicht werden in recht einseitiger Weise die Pro- bleme, die im Grunde jedes vorausschauende Versiche- rungsunternehmen bei Langfristverträgen beachten muss, weil wir stets mit Konjunkturzyklen mit unterschied- lichem Zinsniveau konfrontiert sind, einseitig auf die Versicherten abgewälzt, und eine Kompensation wurde dafür offenbar weder geprüft noch angedacht. Sicherlich ist es eine Tatsache, dass die Versiche- rungsunternehmen im derzeitigen Kapitalmarktumfeld Probleme haben, die notwendigen Erträge zur Erfüllung ihrer langfristigen Garantien zu erwirtschaften. Das trifft aber auch die Versicherungsnehmer besonders massiv; denn ihre Überschussbeteiligungen gehen spürbar zu- rück und werden auch in den kommenden Jahren voraus- sichtlich noch weiter absinken. Wenn sie nun auch noch auf die Beteiligung auf Bewertungsreserven verzichten sollen, geht die aktuelle Kapitalmarktsituation einseitig zu ihren Lasten und insbesondere zulasten langfristig agierender Vorsorgesparer, deren Verträge jetzt fällig werden. Man hätte aus unserer Sicht bedenken können, dass es neben den kapitalmarktabhängigen Gewinnen ja auch kapitalmarktunabhängige Gewinnquellen, wie zum Bei- spiel Kostengewinne und Risikogewinne, gibt, und da- ran könnten die Versicherungsnehmer zum Ausgleich für den Verzicht auf einen Teil der Bewertungsreserven zum Beispiel stärker als bislang beteiligt werden. Wenn sich die Versicherungsnehmer vor dem Hintergrund der Ka- pitalmarktkrise nunmehr mit einer geringeren Beteili- gung an den mit ihren Beiträgen geschaffenen Vermö- genswerten zugunsten der langfristigen Finanzierbarkeit der Verträge begnügen müssen, sollten auch aus unserer Sicht die Unternehmen ihrerseits einen Beitrag leisten. Das wurde im Gesetz unter anderem nicht beachtet, so- dass wir diesem Teil nicht zustimmen können und uns, wie dargelegt, insgesamt enthalten werden. Der Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke geht nach unserer Auffassung grundsätzlich in die rich- tige Richtung. Die sehr konkreten Forderungen werden jedoch nicht begründet, mögliche Konsequenzen für die Betroffenen werden nicht analysiert. Dies wäre aber dringend notwendig. Angesichts dessen lehnen wir den Antrag ab. Frank Schäffler (FDP): Wir begleiten mit dem vor- liegenden Gesetzentwurf die SEPA-Verordnung und sor- gen für ihre Einpassung in den nationalen Rechtsrah- men. Im Mittelpunkt der Verordnung steht die Schaffung eines einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums. Das ist uns gelungen, der Grundstein ist gelegt. Eigenständiger Platz zum rechtlichen Manövrieren steht uns hier nicht zur Verfügung. Die meisten Fragen sind auf europäischer Ebene von den Regierungen im europäischen Gesetz- gebungsverfahren entschieden worden. Die Bundesregie- rung hat unsere Vorgaben, die wir mit dem Ihnen be- kannten Entschließungsantrag gemacht haben, zu ihrem Verhandlungsauftrag gemacht. Und es freut mich, zu sagen: Die Bundesregierung hat erfolgreich verhandelt. Ausge- füllt wird der durch die Verordnung beschriebene euro- päische Rechtsrahmen des Weiteren durch untergesetz- liche Standards, die vom SEPA-Rat gesetzt werden. In ihm sind die Nutzer und Anbieter von Zahlungsver- kehrslösungen versammelt. Im Gesetzgebungsverfahren hat uns vor allem ein Problem beschäftigt: Das ein wenig unglückliche Zu- sammenspiel von Verordnung und untergesetzlichen Standards führt zu Problemen bei der Form der SEPA- Mandatserteilung. Wir wollen nämlich Lastschriften ohne schriftlich erteiltes Mandat erhalten. Betroffen sind die telefonisch erteilte und die Internetlastschrift. Sie spielen bedeutende Rollen im deutschen Markt und sind ein günstiges Konkurrenzprodukt zu anderen Zahlungs- verfahren. Doch die von uns vorgefundene europäische Rechtslage stellt es nicht ins Ermessen des deutschen Gesetzgebers, an welche qualitativen Voraussetzungen die gültige Erteilung eines SEPA-Mandats geknüpft ist. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24967 (A) (C) (D)(B) Diese Entscheidung wird nach unserem Verständnis im SEPA-Rat getroffen. Wir haben sichergestellt, dass ein Verstoß gegen vom SEPA-Rat gesetzte Standards keine Ordnungswidrigkeit ist. Es gibt also keine ordnungswid- rigkeitsrechtlichen Konsequenzen, wenn die Standards aus welchen Gründen auch immer nicht eingehalten wer- den. Deswegen erinnere ich an die Aufgabe des SEPA-Ra- tes. Er soll die Akzeptanz der SEPA-Produkte fördern. Wir vertrauen darauf, dass die Nutzer und die Anbieter von SEPA-Produkten dort entsprechende Lösungen fin- den, mit denen die Erteilung eines Mandats bei mög- lichst geringen Transaktionskosten auch weiterhin ge- währleistet bleibt. Die im SEPA-Rat vertretenen Nutzer haben dieses Interesse ohnehin. Die Anbieterseite for- dern wir ausdrücklich auf, ihre Fachkenntnis einzubrin- gen, um dies zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang ist weiterhin daran zu erinnern, dass kartellrechtliche Bedenken gegen von den Kartensystemen vorgegebene Interbankenentgelte geltend gemacht worden sind. Die Existenz der elektronischen Lastschrift mit ihren niedri- gen Gebühren diente als wichtiges Argument dafür, dass hier bislang kein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung vorgelegen hat. Während des Gesetzgebungsverfahrens haben wir die unproblematischen, aber zeitkritischen Elemente der VAG-Novelle angefügt. Es handelt sich einerseits um die fristgerechte Umsetzung des Unisex-Urteils des Eu- ropäischen Gerichtshofs. Das Geschlecht darf danach zukünftig kein Anknüpfungspunkt mehr für tarifliche Diskriminierung sein. Nun sind die Akteure gefordert, neue Tarife zu berechnen. Doch im Vordergrund stehen Maßnahmen zur Stär- kung der Leistungsfähigkeit der deutschen Lebensversi- cherer. Die Probleme der deutschen Lebensversicherer sind uns nicht verborgen geblieben. Sie leiden unter den aktuellen und voraussichtlich auch zukünftigen Niedrig- zinsen. Um es klar zu sagen: Wir haben es hier mit Pro- blemen zu tun, die eine unmittelbare Folge der Euro- Schuldenkrise von Banken und Staaten sind. Die Ret- tungseuropäer wollen weder Banken- noch Staatspleiten zulassen. Wenn dies die Prämisse allen Denkens und Handelns ist, dann ist eine Politik des billigen Geldes die zwangsläufige Folge. Man könnte auch sagen: Wer Staaten und Banken rettet, der schadet dem Sparer. Denn wir erleben eine Kollisionslage von Geld- und Fiskalpo- litik – die eine lässt die andere nicht unberührt. Die fis- kalischen Entscheidungen der Rettungseuropäer können für die Geldpolitik nicht folgenlos bleiben. Trotz aller Lippenbekenntnisse für höheres Wachs- tum, eine Sparpolitik und für ausgeglichene Haushalte sieht die Lage hier ganz, ganz düster aus. Gestern hat die Kommission ihre Herbstprognose vorgelegt. In diesem Jahr wird das Haushaltsdefizit der Euro-Zone 3,3 Pro- zent betragen. Die Maastricht-Latte wird kollektiv geris- sen. Das ist ein nahezu unglaublicher Vorgang, wenn ganz Europa unter einem angeblichen Spardiktat steht. Die ganze Misere macht der Schuldenstand im Verhält- nis zum BIP deutlich. 2012 beträgt die Schuldenquote des Euro-Raums 93 Prozent vom BIP. Nächstes Jahr soll sie 95 Prozent betragen. Der Punkt ohne Wiederkehr soll bei einer Staatsschuldenquote von 90 Prozent liegen. Aber dieses Mal könnte es ja anders sein. Diese ungesunde Fiskalpolitik dominiert die Geldpo- litik. Da auch die Europäische Zentralbank den schwar- zen Peter nicht haben möchte, sieht sie sich genötigt, niedrige Zinsen und eine Geldmengenausweitung zu ver- ordnen. Das nutzt den verschuldeten Staaten, schädigt aber alle Marktteilnehmer, die auf eine rentierliche Ver- zinsung ihrer Anlagen angewiesen sind. Es geht also ins- besondere um Gläubiger von Geldforderungen. Die Le- bensversicherungen als Inhaber von Staatsanleihen sind neben den Sparern am stärksten betroffen. Die Lebens- versicherer können die Renditen unter den bislang gülti- gen Rahmenbedingungen nicht halten. Zehnjährige Bun- desanleihen rentieren heute – ich habe nachgeschaut – bei 1,38 Prozent. Der Garantiezins für Neukunden liegt bei 1,75 Prozent. Altverträge versprechen gar 4 Prozent. Unter diesen Bedingungen ist das System gefährdet. Der daraus geborenen Not der Lebensversicherer begegnen wir, indem wir ihnen mehr Gestaltungsfreiheit bei der Verteilung der Bewertungsreserven einräumen. Das kommt letztendlich der Versichertengemeinschaft zu- gute. Eine echte Lösung der Problematik ist indes auch dies nicht. Wir operieren hier an Symptomen. Krankheitsaus- löser ist die staatliche Geld- und Fiskalpolitik. Inzwi- schen ist klar, dass die Unabhängigkeit der Notenbanken nur noch auf dem Papier besteht. Stattdessen sind sie vor den staatlichen Karren gespannt. In der Krise wird offen- bar, dass die rechtliche Unabhängigkeit der Notenbank nicht vor einer politischen Instrumentalisierung schützt. Wenn es überhaupt einen Schutz vor einer solchen Instrumentalisierung gibt, dann liegt er in einer entspre- chenden geldpolitischen Kultur. Es mag sein, dass die Bundesbank stärkere Widerstandskräfte gehabt hätte. Die Europäische Zentralbank hat diese Kultur innerhalb eines eng gesetzten Rechtsrahmens und innerhalb ihres Mandats, zu handeln, jedenfalls nicht. Auch daran haben die Rettungseuropäer eine Teilschuld. Sie haben Recht zur Beliebigkeit verkommen lassen. Regeln werden nach situativem Ermessen gebeugt und ausgelegt. Das begann mit dem kollektiven Rechtsbruch im Frühjahr 2010, als die Nichtbeistandsklausel verletzt wurde, um Griechen- lands Gläubigern helfen zu können. Es setzt sich bis heute fort, wenn die Konditionen für Hilfen aus den Ret- tungsschirmen an die Umstände angepasst werden. Nun zahlen die Kunden von Lebensversicherern einen ersten Preis. Spätestens jetzt kann es jeder wissen: Die Politik der Rettungseuropäer kostet uns nicht nur die Stabilität des Rechts, sondern wir bezahlen auch mit unseren Ver- mögen. Harald Koch (DIE LINKE): Ich finde es äußerst schade, dass dem SEPA-Begleitgesetz noch einige Rege- lungen der 10. Novelle des Versicherungsaufsichtsgeset- zes, VAG, beigefügt wurden. So werden jedenfalls zwei ganz unterschiedliche Themen miteinander verwurstet, wobei man am Ende aber nur ein einziges Votum abge- ben darf. Dies ist umso bedauerlicher, als die Linke zu den jeweiligen Themenkomplexen unterschiedlich ab- 24968 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) stimmen würde. Wenn das schon so gemacht wird, hätte ich wenigstens erwartet, dass wir ausreichend Raum be- kommen, um über diese für Verbraucher wichtigen Neue- rungen im Plenum debattieren zu können, und zwar zu einer Tageszeit, zu der die Menschen draußen es mitbe- kommen können, dass hier auch entscheidende Weichen, die nicht in die richtige Richtung weisen, gestellt wer- den. Es scheint eher die Absicht der Bundesregierung zu sein, die Aufmerksamkeit der Verbraucher nicht allzu sehr auf die angestrebten Neuregelungen zu richten. Dies kann ich beim SEPA-Begleitgesetz nicht ganz verstehen. Wenn dieses heute allein zur Abstimmung stünde, hätte sich die Linke aufgrund durchaus positiver Entwicklungen enthalten. Es ist nämlich erfreulich, dass einige verbraucherschutzrelevante Regelungen auf dem Weg zu einem einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrs- raum umgesetzt wurden. Die bekannte, kurze Kontonummer kann bis 2016 weiter genutzt werden. Diese lange Übergangsfrist ist gut. Nun müssen den Menschen nur noch die Bedenken gegenüber den langen IBAN-Kontokennungen genom- men werden. Man muss vermitteln, dass lediglich vier neue Stellen hinzukommen, auch wenn das besonders für ältere Menschen sicher nicht gerade eine Vereinfa- chung darstellt. Aber Furcht erscheint fehl am Platze. Gut ist auf alle Fälle auch das bedingungslose, gebüh- renfreie Rückgaberecht für Abbuchungen vom eigenen Konto durch Lastschrift. Dies muss aus unserer Sicht aber weiterhin dauerhaft gewährleistet werden. Es war ebenfalls unbedingt erforderlich, zu regeln, dass Vereine nicht sämtliche Einzugsermächtigungen neu einholen müssen. Sinnvoll ist ferner, dass im deutschen SEPA-Rat Ver- braucherschützer, Wohlfahrtsverbände sowie Genossen- schaftsbanken oder Sparkassen sitzen. Schließlich unterstützen wir die Einführung von Nega- tivlisten bei Lastschriften: Der Verbraucher soll dem kontoführenden Institut anweisen können, wer auf keinen Fall auf sein Konto zugreifen darf. Zusammenfassend sage ich: Der gesamte Umstellungs- prozess muss einfach, transparent und verbraucher- freundlich erfolgen. Dies geschieht aber leider nicht durchgängig. Kritisch sehen wir am SEPA-Begleitgesetz unter an- derem dies: Das bewährte kartenbasierte elektronische Last- schriftverfahren hätten wir gerne länger als bis 2016 ge- nutzt. Noch steht in den Sternen, ob für die Zeit danach ein vergleichbares europäisches Produkt angeboten wird und wie dieses ausgestaltet ist. Ich bezweifle stark, dass ein lediglich schwacher Appell an die deutsche Kredit- wirtschaft, eine solche Produktentwicklung voranzutreiben (siehe Begründung der Änderung im Zahlungsdienste- aufsichtsgesetz (ZAG) zu § 7c, S.17 SEPA-BegleitG), fruchtet. Es ist einfach nur tragisch, wenn Sinnvolles, Be- währtes und Verbraucherfreundliches „wegharmonisiert“ wird. Des Weiteren sollte eine Pflicht – keine Kann-Rege- lung – bestehen, dass Kreditinstitute mit Verbraucher- konten Konvertierungsleistungen anbieten müssen. Nie- mand soll wegen Problemen im anfänglichen Umgang mit SEPA säumig werden müssen, wenn er in der Über- gangszeit noch die alten statt der neuen Kontokennungen verwenden muss. Nicht ganz geklärt ist nach wie vor, ob Konvertie- rungsdienstleistungen für die Kontokennungen den Ver- brauchern wirklich ganz kostenfrei zur Verfügung ge- stellt werden. Ich sage: Weder direkte noch indirekte Gebühren dürfen dafür erhoben werden! Die Linke stimmt mit der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfa- len überein, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleis- tungsaufsicht, BaFin, bis zum Ende des Konvertierungs- zeitraumes sicherstellen muss, dass die Kunden keinerlei Entgelterhöhung ausgesetzt werden. Eine effektive Kon- trolle der Kreditwirtschaft ist hier notwendig! Ein großes Problem stellt für uns der Punkt „Benach- richtigungsgebühren“ dar: Bislang dürfen Banken von ihren Kunden keine Gebühr verlangen, wenn sie bei einer Einzugsermächtigung eine Zahlung nicht ausführen und den Kunden hierüber benachrichtigen. So entschied auch der Bundesgerichtshof am 22. Mai 2012 (Az. XI ZR 290/11). Er wies aber zugleich darauf hin, dass nach den neuen Vorschriften zur SEPA-Lastschrift eine solche Gebühr wohl in Zukunft als zulässig angesehen wird; denn es soll sich die Abwicklung von Einzugsermächtigungen ändern. Mit SEPA muss im Gegensatz zur bisherigen Regelung bei Einzugsermächtigungen vorab eine Autori- sierung durch den Kunden erfolgen. Kann neuerdings eine Zahlung nicht ausgeführt werden, weil nicht genug Geld auf dem Konto ist, dürfen die Banken dank SEPA nun eine Benachrichtigungsgebühr verlangen. Seit dem 9. Juli gibt es solche Gebühren wieder! Ein Skandal! Meine Damen und Herren von der Regierungsbank, dass Sie hingegen die Aufmerksamkeit der Verbraucher lieber nicht auf den zweiten Regelungskomplex im Rah- men des SEPA-Begleitgesetzes – sprich: Die Neurege- lungen im Versicherungsaufsichtsgesetz – lenken wol- len, kann ich hingegen voll und ganz nachvollziehen. Hier geht es ja nicht nur um die Umsetzung des Unisex- Urteils des Europäischen Gerichtshofs. Sie wollen Rege- lungen verabschieden, die Versicherte, die Verbraucher ganz klar benachteiligen! Sie erliegen dem Gejammer der Versicherungsindustrie, unterwerfen sich zum wie- derholten Male finanzstarken Lobbyinteressen und be- treiben dadurch erneut Klientelpolitik zulasten der ver- sicherten Menschen in diesem Land! Die Linke steht aber an der Seite der Versicherten! An den geplanten Regelungen finden wir vor allem Folgendes bedenklich: Versicherungsnehmer sollen künftig nur noch An- spruch auf bestimmte Teile der Bewertungsreserven aus festverzinslichen Wertpapieren haben. Für alle Verträge im Bestand eines Versicherungsunternehmens, bei denen der Rechnungs- bzw. Garantiezins – dieser beträgt seit Anfang 2012 historisch niedrig 1,75 Prozent, ältere Ver- träge haben einen höheren Rechnungszins – oberhalb der Umlaufrendite – diese beträgt am heutigen Tag circa Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24969 (A) (C) (D)(B) 1,08 Prozent – im Zeitpunkt der Berechnung der Bewer- tungsreserven liegt, soll die Beteiligung ausgeschlossen werden. Ich wiederhole: …soll eine Beteiligung an den Bewertungsreserven ausgeschlossen werden. Sie benutzen einen üblen Taschenspielertrick und ver- letzen bewusst vertragliche Ansprüche der Versicherten! Dies ist für mich als Verbraucherschützer nicht hinnehm- bar! Letztlich zielen Ihre Regelungen darauf ab, die Über- schussansprüche insbesondere ausscheidender Altkunden zu reduzieren und möglichst viel von den Bewertungsre- serven aus festverzinslichen Papieren zu bunkern, um weniger Nachreservierungen vornehmen zu müssen. Da- mit will die Branche zulasten der bereits Versicherten, aber auch derjenigen, die einen Vertrag kündigen, das lahmende Neugeschäft stärker ankurbeln. Versicherer können und wollen die Ansprüche der Verbraucher aus bestehenden Verträgen reduzieren, um dafür künftigen Kunden mehr versprechen zu können. Da kann man als Verbraucherschützer doch nicht untätig bleiben! Es werden zudem mit den Änderungen des Versiche- rungsaufsichtsgesetzes präventive Regelungen geschaf- fen, die es Versicherungsunternehmen erlauben, auf noch nicht gutgeschriebene Überschussanteile inklusive der Beteiligung an den Bewertungsreserven zurückgrei- fen zu können, um im sogenannten Notstand die Zah- lungsfähigkeit des Unternehmens zu sichern (vgl. § 56 b Abs.1 VAG neu). Neben der BaFin müssen unbedingt Verbraucherschutzverbände und andere mit einbezogen werden, um einen – vorher klar zu definierenden – „Not- stand“ feststellen zu können. Mit solch einem butterwei- chen Begriff wird doch sonst der Selbstbedienung der Versicherer Tür und Tor geöffnet. Man muss gewiss die Zahlungsfähigkeit der Versiche- rungsunternehmen im Auge haben, um massenhafte In- solvenzen zu verhindern, aber es kann nicht angehen, dass die Risikotragfähigkeit der Versicherer absolut ein- seitig nur dadurch finanziert wird, dass bestehende An- sprüche der Versicherten stetig vermindert werden. Auch hier sieht man: Die Bundesregierung hofiert nur die Versicherungswirtschaft und verringert auf diesem Weg das Eigentum der Versicherten! Die Linke hat deshalb für heute einen Entschlie- ßungsantrag zum Versichertenschutz vorgelegt. In dem fordern wir, die Beteiligung der Versicherungsnehmer am gesamten Rohüberschuss, Kapitalanlageergebnis plus Risikoergebnis plus Kosten und sonstiges Ergebnis, auf insgesamt 90 Prozent anzuheben. Die Mindestzufüh- rungsverordnung muss daneben auch so geändert wer- den, dass eine verbindliche Beteiligung der Versicherten an der freien Rückstellung für Beitragsrückerstattung, RfB, und dem Schlussüberschussanteilsfonds von min- destens 50 Prozent geschaffen wird. Wir werben daher für unsere Vorschläge zum Ver- sichertenschutz und müssen aus genannten Gründen das SEPA-Begleitgesetz – vor allem wegen der Neuregelun- gen im Versicherungsaufsichtsgesetz – insgesamt ableh- nen. Es ist an der Zeit, dass die Bundesregierung den fi- nanziellen Verbraucherschutz endlich ernst nimmt und sich bedingungslos auf die Seite der Versicherten und ih- rer Rechte stellt. Wie lange wollen Sie denn noch Spiel- ball der Versicherungslobby bleiben? Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir Grüne haben es stets befürwortet und unterstützt, den europäischen Zahlungsverkehr durch einen einheitli- chen Euro-Zahlungsverkehrsraum, Single Euro Pay- ments Area, SEPA, im Sinne der Harmonisierung des europäischen Binnenmarktes zu vereinfachen. Gleich- zeitig war uns wichtig, dass die Umstellung auf die neuen Zahlungsverfahren rechtssicher und reibungslos, kurzum: so verbraucherfreundlich wie nur möglich, ver- läuft. Deshalb war es ein Erfolg, dass grüne Kernforderun- gen zu zentralen Themen wie Verbraucherschutz, Rechtssicherheit und Effizienz in den Verordnungstext aufgenommen werden konnten. Beispielsweise hatten wir uns auf europäischer Ebene dafür eingesetzt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher die ihnen geläufige Kontonummer und Bankleitzahl statt der Zahlungskon- tonummer IBAN bis zum 1. Februar 2016 weiter ver- wenden können. Von dieser befristeten Option für Zahlungsdienstleister, kostenlose Konvertierungsdienst- leistungen für Kontokennungen anzubieten, und von an- deren Übergangsregelungen macht das SEPA-Begleitge- setz, das wir heute abschließend beraten, Gebrauch. Es ist damit im Großen und Ganzen geeignet, eine verbraucherfreundliche Umstellung der bisherigen natio- nalen Zahlungsverfahren auf die SEPA-Zahlungsverfah- ren sicherzustellen. Es kommt nun in den nächsten Mo- naten darauf an, die Verbraucherinnen und Verbraucher zu informieren und sie nicht mit den bevorstehenden Umstellungen auf SEPA alleinzulassen. Hier sehe ich die deutsche Kreditwirtschaft in der Pflicht. Ich möchte kurz auf das Thema Internetlastschriften eingehen. Im Laufe der Beratungen hatten sich Endnut- zer besorgt gezeigt, dass das Lastschriftverfahren im Internet nach der SEPA-Verordnung mit Ablauf der na- tionalen Regelungen bereits zum 1. Februar 2014 zu ent- fallen drohe. Nach Auffassung der Koalitionsfraktionen können allerdings sowohl nach der SEPA-Verordnung als auch nach dem Inkrafttreten des SEPA-Begleitgeset- zes wirksame Lastschriftmandate im Internet weiterhin erteilt werden. Die Banken in Deutschland sollten nach Auffassung der Koalitionsfraktionen das Internetlast- schriftverfahren ohne Schriftform auf Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen mit ihren Kunden oder in ähnlicher Weise gewährleisten. Verstehen kann ich hier jedoch die Unklarheit und die Unsicherheit aufseiten der Nutzer über die Zukunft der Internetlastschrift vor dem Hintergrund, dass die deut- sche Kreditwirtschaft nach Auskunft des Handelsver- bandes Deutschland e. V. gemäß ihrer Inkassobedingun- gen ausschließlich papierhafte Mandate bei der SEPA- Lastschrift akzeptiert. Es bleibt zu hoffen, dass das bei Verbraucherinnen und Verbrauchern beliebte Bezahlen mittels Internetlastschrift nicht durch andere, in der Re- 24970 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) gel teurere Zahlungsweisen (beispielsweise Kreditkarte) ersetzt werden muss. Und auch mit Blick auf das elek- tronische Lastschriftverfahren möchte ich nochmals betonen, dass es insbesondere Aufgabe der deutschen Kreditwirtschaft ist, die Entwicklung eines dem elektro- nischen Lastschriftverfahren vergleichbaren Nachfolge- produktes aktiv voranzutreiben. Darüber hinaus haben die Koalitionsfraktionen einen sachfremden Änderungsantrag eingebracht, mit dem im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum SEPA-Be- gleitgesetz Teile der geplanten Novelle des Versiche- rungsaufsichtsgesetzes vorgezogen werden. Im Wesent- lichen handelt es sich dabei zum einen um die Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 1. März 2011 in der Rechtssache C-236/09 (soge- nanntes Unisexurteil). Zum anderen handelt es sich um Maßnahmen zur Stärkung der Leistungsfähigkeit der deutschen Lebensversicherer. Diese beinhalten unter an- derem eine aufsichtsrechtliche Neuregelung der Beteili- gung der Versicherten an den Bewertungsreserven der Lebensversicherer. Künftig sollen – in Abhängigkeit von der Umlaufrendite – nur noch bestimmte Teile der Be- wertungsreserven festverzinslicher Wertpapiere in der Überschussbeteiligung nach § 153 Versicherungsver- tragsgesetz in Ansatz kommen. Diesem erheblichen Ein- griff in die Ansprüche der Versicherten können wir aus den nachfolgenden Gründen nicht zustimmen: Es ist unbestritten, dass das Niedrigzinsumfeld für die Lebensversicherungsbranche eine große Herausforde- rung darstellt. Es ist auch richtig, darauf zu reagieren. Nachdem jedoch in den letzten Jahren bereits der Garan- tiezins gesenkt wurde und Steuererleichterungen in den Jahressteuergesetzen 2010 und 2013 in Bezug auf die Rückstellungen für Beitragsrückerstattung vorgenom- men wurden, wird heute zum vierten Mal eine Maß- nahme zur Stabilisierung des Lebensversicherungssek- tors beschlossen, ohne dass konkret dargelegt bzw. quantifiziert wird, welche Maßnahmen warum wirklich notwendig sind und zu wessen Lasten diese Maßnahmen erfolgen. Die Begründung des Bundesfinanzministeriums in ei- ner angeforderten Aufzeichnung, dass aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase nicht ausgeschlossen wer- den könne, dass einzelne Unternehmen künftig in Schwierigkeiten geraten können, ist alles andere als überzeugend. Die in der Aufzeichnung zitierte Studie der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht aus dem Jahr 2011, aus der hervorgeht, dass die Kapital- erträge der Lebensversicherer nicht ausreichen, um die Garantie sowie die Zuführungen zu Zinszusatzreserven zu tragen, berücksichtigt beispielsweise nur Kapital- erträge und weder die anderen Ertragsquellen noch deren Reserven. Festzustellen ist vielmehr, dass die Lebensversiche- rungsbranche in der Summe immer noch sehr profitabel ist. Stärkere Unternehmen erzielen immer noch Eigenka- pitalrenditen von über 25 Prozent. Solange viele Versi- cherungsunternehmen aber gute Eigenkapitalrenditen, gute Ratings und hohe Ausschüttungen aufweisen und nur Teile der Versicherungsbranche vor wirtschaftlichen Problemen stehen, sollte doch lediglich dort spezifisch eingriffen werden, wo die Probleme tatsächlich liegen. Es ist schwer verständlich, weshalb die Profitabilität des gesamten Sektors zulasten der Versicherten angehoben werden soll, nur um wenige schwache Unternehmen zu schützen. Gleichzeitig ist nicht sichergestellt, dass die Maßnahmen zur Stärkung der Lebensversicherer auch wirklich deren Stabilisierung zugutekommen. Die Paral- lele zum Bankensektor zeigt doch eins: Mit Blick auf Ausschüttungen und Boni sind Auflagen und zusätzliche Regelungen notwendig. Nach alledem ist derzeit jedenfalls nicht erkennbar, dass der von der Bundesregierung gewählte regulatori- sche Ansatz der geeignetste ist. Berücksichtigt man nun noch, dass bereits das geltende Recht zur Beteiligung von Versicherten an den Bewertungsreserven bei Le- bensversicherungen nicht einmal geeignet ist, Transpa- renz herzustellen – wie es die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage meiner Fraktion offen eingesteht –, kann man diese Maßnahme nur ablehnen. Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes (Ta- gesordnungspunkt 35) Ansgar Heveling (CDU/CSU): Wir beraten heute in erster Lesung einen von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurf zur Änderung des Ur- heberrechtsgesetzes. Konkret geht es um § 52 a UrhG, der die Nutzung geschützter Werke in Wissenschaft und Forschung regelt und eine in der Praxis bedeutsame Schranke des Urheberrechts darstellt. Mit dem Gesetzentwurf erreichen wir zwei wesentli- che Dinge: Zum einen erhalten wir vorläufig die für Wissenschaft und Forschung wichtige Geltung des § 52 a UrhG, zum anderen schaffen wir die Vorausset- zung für die Einrichtung einer dauerhaften einheitlichen Wissenschaftsschranke im deutschen Urheberrecht. Die Wissenschaft leistet in unserer Gesellschaft einen maßgeblichen Beitrag zur Erweiterung unseres Wissens- horizonts. Dabei sind Wissenschaftler wie Studenten, Lehrer wie Schüler auf die Nutzung urheberrechtlich ge- schützter Werke angewiesen. Deswegen ist mit den §§ 52 a ff. UrhG eine besondere Schranke für die Berei- che Schule, Studium und Lehre, Wissenschaft und For- schung geschaffen worden. Kleine Teile eines Werkes oder Werke von geringem Umfang sowie Zeitungs- und Zeitschriftenbeiträge können für Unterrichtszwecke ver- vielfältigt und öffentlich zugänglich gemacht werden. Diese Wissenschaftsschranke wurde seinerzeit jedoch bewusst befristet, da die Anwendung in der Praxis noch nicht absehbar war. Diese Befristung wurde nun bereits zweimal verlängert, und es wurde jedes Mal vorher ein Evaluierungsbericht vorgelegt. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24971 (A) (C) (D)(B) Das Bundesjustizministerium ist leider auch in sei- nem dritten Evaluierungsbericht zu keinem Ergebnis ge- kommen und hat – außer einer weiteren Befristung der Schranke – ebenso wenig einen Lösungsvorschlag unter- breitet. Deshalb haben wir von CDU und CSU gemeinsam mit der FDP einen Gesetzentwurf eingebracht, der eine erneute Befristung von § 52 a UrhG in § 137 k UrhG bis zum 31. Dezember 2014 vorsieht. Gleichzeitig fordern wir aber die Bundesregierung auf, bis spätestens sechs Monate vor Ablauf dieser Befristung einen Gesetzent- wurf vorzulegen, durch den § 52 a UrhG in eine dauer- hafte Urheberrechtsschranke überführt wird. Das Ziel sollte es sein, eine neue einheitliche Wissen- schaftsschranke zu schaffen. Damit ließe sich endgültig Rechtssicherheit für alle Beteiligten erreichen. Zudem sind viele der Regelungen in §§ 52 a ff. UrhG heute auf- grund der fortschreitenden Digitalisierung nicht mehr angemessen und teilweise überholt. Das Bundesjustizministerium hätte jedenfalls lange Zeit gehabt – drei Jahre, um genau zu sein –, eine Lö- sung vorzulegen. Da dies immer noch nicht geschehen ist, haben wir nun aus der Mitte des Parlaments heraus einen Gesetzentwurf eingebracht. Im Bereich der Schulen funktioniert die Anwendung des § 52 a UrhG bereits gut. Probleme gibt es jedoch an den Hochschulen. Es ist fatal, dass seit der Einführung des § 52 a UrhG noch kein einziger Cent seitens der Länder an die am stärksten betroffene Verwertungsge- sellschaft, die VG Wort, geflossen ist. Mit der Einrich- tung einer dauerhaften Wissenschaftsschranke muss ge- währleistet sein, dass die Urheber für die Nutzung ihrer geschützten Werke angemessen vergütet werden. Mit der letztmaligen Erneuerung der Befristung wol- len wir die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Vergütung sowie zur Reichweite der Schranke abwarten, damit dann die Erkenntnisse der Rechtsprechung in die Formulierung einer einheitlichen Wissenschaftsschranke einfließen können und die Reichweite der Schranke auf das erforderliche Maß reduziert werden kann. Bis Ende 2014 sollten wir mit einer Entscheidung durch den Bun- desgerichtshof rechnen können. Nach diesem Urteil wird sich absehen lassen, wie die Regelung in § 52 a UrhG auf Grundlage der Entscheidung des BGH in den Hoch- schulen praktisch angewandt wird. Der vorliegende Gesetzentwurf wird nicht nur den Unterricht an Schulen und Hochschulen sowie die wert- volle Arbeit von Wissenschaft und Forschung in unse- rem Land in den kommenden beiden Jahren sichern. Er ist vor allem eine solide Grundlage für die Einrichtung einer dauerhaften, einheitlichen Wissenschaftsschranke im deutschen Urheberrecht. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag für Lehre und Forschung in Deutsch- land und schaffen gleichzeitig einen Ausgleich zwischen Urhebern, Werkmittlern und der Wissenschaft. Tankred Schipanski (CDU/CSU): Der Gesetzent- wurf, den wir heute in erster Lesung debattieren, sieht eine nochmalige Verlängerung des § 52 a UrhG um wei- tere zwei Jahre, bis zum 31. Dezember 2014, vor. Diese Regelung erlaubt es, kleine Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs und einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften zur Veranschaulichung im Unterricht an Schulen, Hochschulen und weiteren Einrichtungen ei- nem bestimmten abgegrenzten Kreis von Personen für Unterrichtszwecke oder für Forschungszwecke öffent- lich zugänglich zu machen. Nach derzeit noch gelten- dem Recht läuft diese Sonderregelung für den Bildungs- und Wissenschaftsbereich zum 31. Dezember 2012 aus. Mit dieser Gesetzesänderung schaffen wir für weitere zwei Jahre Rechtssicherheit für alle betroffenen Akteure: für Lehrer und Wissenschaftler, für Forscher und Biblio- thekare, aber auch für Autoren und Verleger. Wir sind uns jedoch auch bewusst, dass sich die angesprochenen Akteure dauerhafte Rechtssicherheit wünschen. Lassen Sie es mich klar sagen: Auch wir streben eine dauerhafte Lösung an. Jedoch fehlt es derzeit noch an den notwen- digen Voraussetzungen für eine langfristige Lösung. Warum ist das so? Zwei wichtige Entscheidungen des Bundesgerichtshofs stehen noch aus. Die eine betrifft die Höhe der von den Ländern zu entrichtenden Vergütun- gen an die Verwertungsgesellschaft VG Wort, die andere die Reichweite von § 52 a UrhG. Im ersten Verfahren hat zunächst das OLG München am 24. März 2011 einen Gesamtvertrag zwischen Kultusministerkonferenz und der VG festgesetzt, gegen den beide Parteien Revision eingelegt haben. Nun befasst sich der BGH mit diesem Verfahren. Ein Termin für die Entscheidung steht noch nicht fest. Im zweiten Verfahren, basierend auf einer Entschei- dung des OLG Stuttgart vom 4. April 2012, erwarten wir eine Entscheidung über die inhaltliche Reichweite des § 52 a UrhG. Die Nutzung außerhalb des Semesterapparats oder außerhalb der Vorlesung sei von dieser Schranke ausdrücklich nicht erfasst, so das OLG Stuttgart – eine Auffassung, die meines Erachtens zu eng ist. Auch hier steht die Entscheidung des BGH noch aus. Solange wir kein auf Dauer belastbares rechtliches Fundament haben, können wir auch keine langfristigen politischen Richtungsentscheidungen treffen. Wir müs- sen als Gesetzgeber zunächst wissen, wie § 52 a UrhG auf der Grundlage der Entscheidungen des BGH künftig anzuwenden ist. Aus diesem Grund halten wir eine letzt- malige Verlängerung der Befristung für richtig. Deshalb erhält die Bundesregierung in dem heute vorliegenden Gesetzentwurf auch den Auftrag, bis spätestens 30. Juni 2014 – sprich: bis ein halbes Jahr vor dem erneuten Aus- laufen der Befristung – einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem die befristete Sonderregelung des § 52 a UrhG in eine neu gefasste, dann dauerhafte Wissenschafts- schranke überführt wird. Mit der Verlängerung der bestehenden Sonderrege- lung haben wir für Schulen und Hochschulen, Bibliothe- ken und Verlage ein wichtiges Etappenziel erreicht. Un- sere Arbeit geht aber weiter. Ziel ist es, bis Ende 2014 die in § 52 a UrhG geregelte Ausnahme zusammen mit anderen urheberrechtlichen Regelungen in den Berei- chen Unterricht und Forschung zu einer einheitlichen Wissenschaftsschranke im Urheberrecht zusammenzu- 24972 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) führen. Ich werbe dafür, die notwendigen Diskussionen hierzu früh zu beginnen und im nächsten Koalitionsver- trag die Richtung für die nächste Legislaturperiode mög- lichst präzise festzuschreiben. Das von der CDU/CSU-Fraktion am 26. Juni 2012 veröffentlichte Diskussionspapier „Urheberrecht in der digitalen Gesellschaft“ ist hierzu ein wichtiger erster Schritt. In diesem Papier hat meine Fraktion klarer und weitgehender als alle anderen Fraktionen im Deutschen Bundestag Stellung zu vielfältigen Fragen des Urheber- rechts bezogen. Wir sind uns der maßgeblichen Rolle von Bildung und Wissenschaft zur Erweiterung unseres Wissens bewusst. Um diese Aufgabe zu erfüllen, sind Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen auf die Nut- zung urheberrechtlich geschützter Werke angewiesen. Als Bildungs- und Wissenschaftspolitiker bin ich überzeugt, dass die Bedeutung von Bildung und Wissen- schaft für die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft in Zukunft nicht geringer werden wird; ganz im Gegenteil. Deshalb sollten Bildungs- und Forschungseinrichtungen auch in Zukunft im Sinne des jetzigen § 52 a UrhG eine Sonderstellung einnehmen. Ich weiß aus zahlreichen Gesprächen um die Unsi- cherheiten, die Sorgen und die Probleme, die in vielen Bildungs- und Forschungseinrichtungen im Hinblick auf das Urheberrecht vorherrschen. So hat die mediale Mo- dernisierung dazu geführt, dass § 52 a UrhG in Wissen- schaft und Forschung zunehmend als zu eng empfunden wird und auf eine deutliche Ausweitung gedrängt wird. Stark gestiegene Preise und die Bündelung in Daten- banken haben dazu geführt, dass es für die öffentliche Hand immer schwerer wird, wissenschaftliche Werke für Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu lizenzie- ren. Die Hochschulbibliotheken beschweren sich über Marktversagen und punktuelle Monopolbildung durch wissenschaftliche Großverlage. Die Länder wiederum be- klagen enorme Preissteigerungen bei wissenschaftlicher Literatur. Diese und weitere Punkte wurden bereits in der zweiten Anhörung des BMJ zum sogenannten Drit- ten Korb des UrhG am 13. Juli 2010 sehr deutlich. In den bevorstehenden Verhandlungen zu einer ein- heitlichen Wissenschaftsschranke gilt es, auch diese Pro- bleme zu berücksichtigen. Dabei muss es uns insbesondere gelingen, der wachsenden Bedeutung der elektronischen Kommunikation für Wissenschaft, Forschung und aka- demische Lehre Rechnung zu tragen. Nur so können wir ein modernes, zeitgemäßes und nutzerfreundliches Ur- heberrecht schaffen. René Röspel (SPD): Der hier zu debattierende Ge- setzentwurf der Koalitionsfraktionen stellt ein weiteres Mal ein Armutszeugnis für Schwarz-Gelb dar: Von Ge- staltungswille kann hier keine Rede sein. Der § 52 a des Urheberechtsgesetzes soll nach dem Willen der Koalitio- näre ein weiteres Mal um zwei Jahre verlängert werden. Damit vergibt die Bundesregierung – und mit ihr die Ko- alitionsfraktionen – die Chance, endgültig Rechtssicher- heit für die Bildungs- und Wissenschaftslandschaft in Deutschland zu schaffen. Aber warum ist eine solche Regelung im Urheberrecht von solcher Bedeutung für Bildung und Lehre in Deutschland? Die Bedeutung der in § 52 a Urheberrecht kodifizier- ten Wissenschaftsschranke für den Bildungs- und Wis- senschaftsstandort Deutschland ist nicht zu unterschät- zen. Nur durch diese Regelung ist es öffentlichen Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen in Deutsch- land möglich, einen kleinen Teil eines geschützten Wer- kes zum Zwecke der Lehre einem begrenzten Personen- kreis zugänglich zu machen. Der von fast allen Hochschullehrern an deutschen Hochschulen zum Ein- satz kommende Semesterapparat – in analoger oder digi- taler Form – ist hierfür das beste Beispiel. Aber auch die vereinzelte Kopie eines Fach- oder Zeitungsartikels, die von Lehrern den Schülern als ergänzendes Unterrichts- material zur Verfügung gestellt wird, wird von dieser Regelung erfasst. Selbstverständlich erfolgt dies nicht gänzlich kostenfrei. Vielmehr sieht das Gesetz hierfür eine unbürokratische Lösung in Form der pauschalen Vergütung der Urheber mittels der Verwertungsgesell- schaften vor. Anhand dieser Beispiele wird deutlich, welche zen- trale Rolle diese Ausnahmeregelung im Urheberrechts- gesetz für Einrichtungen der Bildung und Lehre hat. Ohne den § 52 a Urheberrechtsgesetz wäre eine effektive und qualitativ hochwertige Lehre in Deutschland kaum denkbar. Umso bedauerlicher ist es, dass den von dieser Rege- lung profitierenden Einrichtungen nicht dauerhaft Rechtssicherheit durch diese Bundesregierung geboten wird. Denn diese wichtige Regelung steht auf wackeli- gen Füßen: So wurde sie bei ihrer Einführung 2003 mit einer Befristung versehen, die den Zweck hatte, nach ei- ner angemessenen Frist – von damals drei Jahren – die Regelung zu evaluieren und dann gegebenenfalls anzu- passen bzw. zu entfristen. Nach erneuten Befristungen in den Jahren 2006 und 2008, das heißt nach nunmehr fast zehn Jahren, läuft die derzeitige Befristung zum Ende des Jahres aus. Dies hat die SPD-Bundestagsfraktion zum Anlass ge- nommen, um bereits vor der Sommerpause einen Ge- setzentwurf auf den Weg zu bringen, der eine endgültige Entfristung dieser in der Praxis wohl bewährten Rege- lung vorsieht. Denn nur auf diese Weise kann für die be- troffenen Akteure dauerhaft Rechtssicherheit geschaf- fen werden. Dabei folgt die SPD-Bundestagsfraktion mit ihrer Forderung nach einer Entfristung nicht nur der Empfehlung der Allianz der Wissenschaftsorganisatio- nen oder dem Bündnis für Urheberrecht. Vielmehr hat sich das Bundesministerium der Justiz bereits bei seiner Evaluation im Jahr 2008 für eine Entfristung der Rege- lung ausgesprochen. Umso verwunderlicher ist es, dass das gleiche Haus bei seiner dritten Evaluation erstmalig zur Auffassung kommt, von einer Entfristung zugunsten einer weiteren Befristung – es wäre die vierte in Folge – abzusehen, und dass es damit zu einem anderen Ergebnis kommt. Begründet wird diese abweichende Meinung mit der Empfehlung zur weiteren Befristung um zwei Jahre mit dem Hinweis, dass derzeit noch ein Revisionsverfah- ren beim Bundesgerichtshof anhängig ist, welches die Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24973 (A) (C) (D)(B) Frage der Höhe der pauschalen Vergütung zwischen Nutzern im Hochschulbereich und den Rechteinhabern bzw. Verwertern endgültig klären soll. Diese Bewertung ist nur schwer nachvollziehbar. Würde man eine solche Begründung zu Ende denken, dann hieße dies, dass der Gesetzgeber in jeder Sach- bzw. Rechtsfrage, die derzeit vor deutschen Gerichten verhandelt wird, für die Dauer des Verfahrens seinen ge- setzgeberischen Gestaltungsanspruch aufgibt. Das zuständige Fachressort scheint demnach in dieser Frage der Rechtsprechung Vorrang vor der Rechtsetzung zu geben, mit der Folge, dass das Primat der Politik vor der Judikative zurücktritt. Zwar ist es grundsätzlich be- grüßenswert, wenn die Exekutive die verfassungsge- mäße Unabhängigkeit der Judikative anerkennt, doch sollte just jenes Haus, welches die gesamte juristische Fachkompetenz der Bundesregierung bündelt, sich da- rüber im Klaren sein, dass das Richterrecht lediglich dazu dient, Unklarheiten in der Gesetzgebung zu klären – nicht jedoch die tatsächliche Gesetzgebung der Exekutive zu ersetzen. Allerdings ist eher davon auszu- gehen, dass das zuständige Ministerium sich seiner Kompetenz und Aufgabe bewusst ist. Vielmehr scheint hier die politische Spitze des Fachressorts die Uneinig- keit zwischen Bildungs- und Rechtspolitikern der Koali- tionsfraktionen über die künftige Ausgestaltung des Ur- heberrechts mit fadenscheinigen Begründungen zu decken bzw. den durch Uneinigkeit geschwächten Koali- tionsfraktionen mehr Zeit zu verschaffen. Diese Uneinigkeit hat letztlich eine Handlungsunfä- higkeit zur Folge, die den Interessen der Bildungs- und Wissenschaftslandschaft in Deutschland nicht gerecht wird. Diese Handlungsunfähigkeit hat etwa dazu ge- führt, dass der vorliegende Gesetzentwurf nur in aller- letzter Minute seinen Weg ins Parlament gefunden hat. Abgesehen von dem Umstand, dass der vorliegende Ge- setzentwurf der Koalitionsfraktionen den Mitgliedern des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technik- folgenabschätzung erst unmittelbar vor Beginn der Aus- schusssitzung übermittelt und somit eine inhaltliche Auseinandersetzung im parlamentarischen Raum er- heblich erschwert wurde, werden die von der Regelung betroffenen Bildungseinrichtungen im Ungewissen ge- lassen, auf welcher rechtlichen Basis die Wissensver- mittlung ihrer Lehrtätigkeit ab dem 1. Januar 2013 be- ruht. Zudem birgt diese Vorgehensweise die Gefahr, dass eine mögliche unerwartete Verzögerung im parla- mentarischen Verfahrensablauf – man denke an dieser Stelle etwa an die Vorgänge rund um das Be- treuungsgeld – zu unabsehbaren Folgen für den Bil- dungs- und Wissenschaftsstandort Deutschland führt. Dies scheint diese Regierungskoalition offenbar billi- gend in Kauf zu nehmen. Es ist daher mit angemessener Bestürzung festzustel- len, mit welcher Leichtfertigkeit diese Regierung und mit ihr die Koalitionsfraktionen das Wohl und Wehe der betroffenen Einrichtungen und der auf sie angewiesenen meist jungen Menschen in Bildungsfragen riskieren. Denn die Betroffenen haben in Fragen, die so grundle- gend für ihre Arbeit sind, Anspruch auf Rechtssicher- heit, sei sie befristet oder unbefristet. Aber es wird offenbar Prinzip dieser Koalition, selbst in eindeutigen Angelegenheiten so lange zu feilschen, bis Probleme für die Betroffenen entstehen. Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD): Wie oft will uns die schwarz-gelbe Koalition noch beweisen, dass sie nicht regierungsfähig ist? Die Ergebnisse des letzten Koalitionsausschusses bildeten nur den Auftakt in dieser Woche für die Beweisführung. Der vorliegende Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Urheber- rechtsgesetzes, die erneuten Befristung des § 52 a, ist ein weiterer Beleg für die Unentschlossenheit von Schwarz- Gelb. Statt eine längst überfällige umfassende Novellierung des Urheberrechtsgesetzes vorzulegen, wird jetzt schnell mit einem Einzelvorhaben reagiert, bevor in zwei Mona- ten die bisherige Regelung nicht mehr gültig ist. Jetzt müssen wir nur hoffen, dass bis zur zweiten und dritten Lesung des aktuellen Entwurfs nicht noch ein Koali- tionsgipfel ansteht, bei dem einer der Partner Verhand- lungsmasse braucht und den eingebrachten Gesetzent- wurf wieder infrage stellt. Das haben wir ja bei anderen Vorhaben in den letzten Monaten schon erleben dürfen – ich nenne hier nur das Betreuungsgeld. Im Sinne der Rechtssicherheit für Forschung und Lehre hoffe ich, dass uns wenigstens ein solcher Schild- bürgerstreich erspart bleibt. Denn dann müssten unsere Hochschulen im laufenden Semester ihren kompletten Lehrbetrieb über den Haufen werfen. Bildungspolitisch wäre dies ein Fiasko und rechtspolitisch ein endgültiger Todesstoß für diese Koalition. Nach der letzten Bundestagswahl hat Schwarz-Gelb vollmundig angekündigt, dass ab jetzt durchregiert werde, weil endlich die richtigen Partner zusammen seien. Wenn Sie diese Ansage nur in Ansätzen ernst neh- men würden, liebe Kolleginnen und Kollegen von Schwarz-Gelb, dann müsste zumindest der vorliegende Entwurf anders aussehen. Dann würden wir wenigstens über eine dauerhafte Entfristung des § 52 a diskutieren. Dann hätten wir endlich verlässliche und dauerhafte Regelungen für Unterricht, Lehre und Forschung. Einen entsprechenden Gesetzentwurf haben wir bereits im Juni dieses Jahres – Drucksache 17/10087 – eingebracht. Wenn Sie mehr Mumm in den Knochen hätten, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU/CSU und FDP, dann hätten Sie einfach unserem Entwurf zugestimmt. Stattdessen verweigert die Koalition eine dauerhafte Lö- sung mit der Begründung, dass man noch ausstehende Gerichtsurteile abwarten wolle. Mit solider Gesetzge- bung und verlässlichem Regierungshandeln hat das we- nig zu tun. Wie dringend notwendig für Schulen und Hochschu- len eine dauerhafte verlässliche Regelung ist, zeigt schon die jüngste Evaluierung des Bundesjustizministe- riums. Im Vergleich zum Sommersemester 2007 wurden im Sommersemester 2011 doppelt so viele Werke nach Maßgabe von § 52 a Abs. 1 Nr. 1 UrhG genutzt – insge- 24974 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) samt 1 142 939 Werke. 2007 waren es noch 597 400 Werke. In der Auswertung des BMJ wurde auch klar be- nannt, was passieren würde, wenn § 52 a Abs. 1 Nr. 1 UrhG dauerhaft wegfallen würde: „Nach Mitteilung der KMK für Hochschulen in öffentlicher Trägerschaft werde der Wegfall … zu Einschränkungen bzw. zur Abschaffung des Angebots von elektronischen Internetapparaten und damit zu spürbaren Beeinträchtigungen der Lehre füh- ren“, heißt es dort. Das ist nachzulesen in der Drucksa- che des Rechtsausschusses Nr. 17(6)201. Dies belegt doch mehr als deutlich, wie dringend wir eine dauerhafte verlässliche Regelung brauchen. Mit einer Entfristung, wie wir sie von der SPD mit unserem Gesetzentwurf for- dern, wäre dies gegeben. Bereits vor vier Jahren, damals noch unter anderer Führung, hat das Bundesjustizministerium eine dauer- hafte Entfristung empfohlen. Nachzulesen ist das in der Unterrichtung an den Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages „Bericht zu den praktischen Auswirkungen des § 52 a des Urheberrechtsgesetzes und Empfehlung zum weiteren Vorgehen“ vom 2. Mai 2008. Die großen deutschen Wissenschaftsorganisationen hatten sich im September 2009 ebenfalls für eine Entfris- tung des § 52 a UrhG ausgesprochen. Darin wurde au- ßerdem darauf hingewiesen, dass sich die wiederholte Befristung der Regelung negativ auf den Ausbau netzge- stützter Lehr- und Forschungsstrukturen auswirke. Des Weiteren wurde darauf aufmerksam gemacht, dass mit einem Wegfall des § 52 a gerade ältere Literatur nur in einem sehr geringen Umfang auf elektronischen Lehr- und Forschungsplattformen zur Verfügung gestellt wer- den könnte. In den Reihen der Befürworter für eine Entfristung findet sich außerdem der Deutsche Bibliotheksverband e. V. Bereits 2008 hat er in einem Schreiben an unterschied- lichste politische Akteure dafür geworben. Warum also jetzt wieder eine zeitlich befristete Lösung? Liebe Abgeordnete der sogenannten christlich-libera- len Koalition: Aufgrund zahlreicher interner Querelen waren Sie nicht in der Lage, eine umfassende und zeitge- mäße Novellierung des Urheberrechts auf den Weg zu bringen. Leider fehlte Ihnen auch die Größe, unserem Entwurf für die dauerhafte Entfristung des § 52 a zuzu- stimmen. Ich appelliere daher an Sie: Bringen Sie jetzt wenigstens die Befristung für weitere zwei Jahre schnellstmöglich und ohne weitere Zankereien auf den Weg. Dann können die Akteure im Bereich Unterricht, Lehre und Forschung wenigstens darauf vertrauen, dass im nächsten Jahr eine von der SPD geführte Bundesre- gierung für mehr Rechtssicherheit sorgen wird. Stephan Thomae (FDP): Das Urheberrecht, dessen Änderung wir heute debattieren, wurde 1965 verabschie- det. Damals wie heute war und ist das Ziel des Urheber- rechts, den Urhebern und Inhabern verwandter Schutz- rechte eine angemessene Vergütung zu sichern. Dieses Ziel muss insbesondere in Deutschland immer wieder in Erinnerung gerufen werden: Das Urheberrecht soll in erster Linie den Urheber schützen. Wir haben in Deutschland wenige Bodenschätze. Umso mehr sind wir darauf angewiesen, dass die Menschen mit ihren Ideen, mit ihrem geistigen Eigentum ihr Auskommen verdienen können. Deswegen setzt sich die FDP für ein starkes Ur- heberrecht und einen starken Schutz geistigen Eigen- tums ein. Eine gute und umfassende (Aus-)Bildung ist für die Menschen von ebenso großer Bedeutung wie der möglichst weitreichende Schutz der Urheber. Bildung lebt davon und ist darauf angewiesen, dass die Menschen Zu- gang zu Inhalten und Informationen erhalten. An dieser Stelle treffen die beiden Belange des Schut- zes des geistigen Eigentums, durch den eine angemes- sene Vergütung der Urheber gesichert werden soll, und des Zugangs zu Informationen und Inhalten, um eine gute Bildung zu ermöglichen, aufeinander. Der deutsche Gesetzgeber hat durch das erste Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 10. September 2003 den § 52 a UrhG in das deutsche Urheberrecht eingefügt. Ziel der Novellierung war es, beide Interessen in Einklang zu bringen. Die Norm ge- stattet es, kleine Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs und einzelne Beiträge aus Zeitschriften oder Zeitungen zur Veranschaulichung im Unterricht an Schu- len, Hochschulen und weiteren Einrichtungen einem be- stimmten abgegrenzten Kreis von Personen öffentlich zugänglich zu machen. Voraussetzungen hierfür sind, dass dies zu Unterrichts- oder Forschungszwecken geschieht, die Maßnahmen zu dem jeweiligen Zweck geboten und zur Verfolgung nichtkommerzieller Zwecke gerechtfer- tigt sind. Im Zuge der Einfügung der Norm wurden Bedenken laut, die Regelung könne zu nicht hinnehmbaren Beein- trächtigungen der Verlage führen. Hier ist zu berücksich- tigen, dass Schrankenregelungen schon begrifflich eine Beschränkung der Urheberrechte darstellen. Vor diesem Hintergrund wurde § 137 k UrhG eingeführt, durch den § 52 a UrhG zunächst bis zum 31. Dezember 2006 be- fristet wurde. Die Auswirkungen der Norm auf die Pra- xis sollten anhand einer Evaluierung ermittelt werden. Da eine abschließende Beurteilung bislang nicht mög- lich war, wurde die Befristung bislang zweimal verlän- gert. Stand heute würde die Regelung des § 52 a UrhG am 31. Dezember 2012 auslaufen, wenn der Deutsche Bundestag vorher nicht anders entscheidet. Für den Bereich der Schulen sind die Nutzungsbedin- gungen für die genannten Werke im Rahmen von Ge- samtverträgen zwischen den Ländern und den betroffe- nen Verwertungsgesellschaften geregelt. Auch für die Nutzung an Hochschulen wurden mit nur einer Aus- nahme zwischen den Ländern und den Verwertungsge- sellschaften Gesamtverträge geschlossen. Einzig die VG Wort verhandelt mit der Kultusministerkonferenz noch über die Höhe und die Berechnungsweise der angemes- senen Vergütung. Hierzu ist ein Verfahren vor dem Bun- desgerichtshof anhängig. Darin wird auch über die Reichweite der sogenannten Wissenschaftsschranke ent- schieden werden. Eine Entfristung des § 52 a UrhG zum jetzigen Zeit- punkt, wie es die SPD fordert, wäre daher verfrüht. Denn eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes wird erst für 2013, also nicht vor dem bislang vorgesehenen Auslau- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24975 (A) (C) (D)(B) fen von § 52 a UrhG, erwartet. Das Urteil des Bundesge- richtshofes sollte abgewartet und anhand dessen geprüft werden, ob der rechtliche Rahmen bereits jetzt ausreicht, um die Interessen von Urhebern und Bildungsanstalten in Einklang zu bringen, oder ob hier gesetzgeberisch nachgebessert werden muss. Aus diesen Gründen ist der Antrag der SPD abzulehnen. Die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP schlagen stattdessen eine nochmalige Verlängerung der Befristung von § 52 a UrhG bis zum 31. Dezember 2014 vor. Gleichzeitig wird die Bundesregierung aufgefordert, bis spätestens sechs Monate vor Ablauf der erneuten Be- fristung einen Gesetzentwurf zu erarbeiten, mit dem die Norm in eine dauerhafte Urheberrechtsschranke über- führt werden kann. Dabei soll der Wissenschaft der digi- tale Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen durch eine Wissenschaftsschranke für den Fall gesichert wer- den, dass die Verlage keine Onlineangebote zu angemes- senen Bedingungen bereitstellen. Diese Lösung wird den berechtigten Interessen aller Beteiligten gerecht. Wir sind damit auf einem guten Weg, in absehbarer Zeit ei- nen endgültigen Schlussstrich unter die Frage nach der Zukunft von § 52 a UrhG zu ziehen und Rechtssicherheit für alle Parteien zu schaffen. Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Quasi in letzter Minute wollen die Kolleginnen und Kollegen von CDU, CSU und FDP nun doch noch die Geltungsdauer des § 52 a Urheberrecht um zwei Jahre verlängern. Sollte das nicht noch in diesem Jahr geschehen, wird es 2013 an Schu- len, Hochschulen und anderen nichtgewerblichen Bil- dungsstätten unmöglich sein, beispielsweise Texte, Bil- der oder Filmausschnitte für den Unterricht zu vervielfältigen und für Lehr- und Forschungszwecke in digitalisierter Form zur Verfügung zu stellen. Sie bewah- ren damit, vorausgesetzt der parlamentarische Gang kommt nicht doch noch ins Stolpern, die Bildungsein- richtungen mit einer erneuten Befristungsverlängerung des § 52 a haarscharf davor, nach aktuellem technischen Standard arbeitsunfähig zu werden. Vor fünf Wochen al- lerdings sah es noch so aus, als ob Sie es genau darauf ankommen lassen wollen. Während mir die Justizministerin Anfang Oktober schriftlich versicherte, sie hätte bereits im Juli eine Frist- verlängerung vorschlagen lassen, meldete sich zeitgleich der CDU-Kollege Kretschmer in der Presse mit der Auf- forderung an das Justizministerium, endlich etwas vor- zulegen. Zu verstehen ist das alles nicht mehr. Selbst ei- nen zaghaften halben Schritt verstolpern Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition. Kei- ner will Verantwortung übernehmen. Warum spreche ich von einem halben Schritt? Weil die neuerliche Befris- tungsverlängerung von § 52 a das absolute Minimum dessen ist, was unabdingbar notwendig ist, um Wissens- und Informationszugang an Bildungseinrichtungen nicht wieder in die Ära der Kopiergeräte zu beamen. Sie wis- sen das selbst ganz genau. Warum sonst fordern Sie die Bundesregierung in Ihrem vorliegenden Gesetzentwurf auf, bis Mitte 2014 eine dauerhafte Lösung für die digi- tale öffentliche Zugänglichmachung von Lehr- und Lerninhalten zu erarbeiten? Mehr noch: Sie wollen sogar prüfen lassen, ob eine umfassende Bildungs- und Wis- senschaftsschranke im Urheberrecht, also besondere Nutzungsfreiheiten für die Wissensgesellschaft, hier die Lösung sein könnte. Genau das hat beispielsweise CDU- Kollege Tankred Schipanski vor wenigen Tagen selbst noch in einer öffentlichen Stellungnahme wieder einmal gefordert. Das begrüße ich sehr; denn im Kern nimmt Kollege Schipanski unsere Forderung, die Forderung der Linken, auf, die wir übrigens in mehreren Anträgen hier bereits vorgestellt haben. Zunächst einmal klingen diese Forderungen, die Ihren Gesetzentwurf begleiten, alle recht mutig und wissens- freundlich. Bei genauerem Hinsehen aber erhärtet sich der Verdacht, dass es sich doch um Verzögerung und Au- genwischerei handelt: Wie soll eine neue Bundesregie- rung, wie von Ihnen gefordert, Mitte 2014, neun Monate nach der Wahl und ungefähr ein halbes Jahr nach Auf- nahme der Amtsgeschäfte, ein solch umfassendes Pro- jekt stemmen können, wenn es Ihnen in drei Jahren nicht gelingt? Doch wohl nur, wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU und FDP nicht mehr betei- ligt sind. Oder wie soll ich Ihre Zeitvorgaben verstehen? Eine Bildungs- und Wissenschaftsschranke lässt sich nicht von heute auf morgen ins Urheberrecht schreiben. Dazu bedarf es nicht zuletzt dank europarechtlicher Vor- gaben sehr detailreicher Arbeit. Es wäre also angebracht gewesen, den bestehenden Paragrafen mindestens zu entfristen, um Zeit zu gewinnen für die längst überfälli- gen Änderungen am Urheberrecht für Bildung und Wis- senschaft. Diese hätten ja – daran will ich Sie erinnern – ursprünglich in einem sogenannten dritten Korb in dieser Legislaturperiode kommen sollen. Die Kolleginnen und Kollegen der SPD waren so freundlich und haben einen entsprechenden Gesetzentwurf bereits im vergangenen Juni eingebracht. Dem müssten Sie, verehrte Kollegin- nen und Kollegen der Regierungsfraktionen, nur zustim- men. Eine solche Entfristung wäre zwar immer noch weitaus weniger als eine echte Bildungs- und Wissen- schaftsschranke, wie sie uns Linken und Tankred Schipanski vorschwebt, aber sie hätte immerhin Pla- nungssicherheit für die Bildungs- und Forschungspoli- tik, vor allem aber für unsere Schulen, Hochschulen und Ausbildungsstätten gebracht. Oder meinen Sie all die Lyrik zum vorliegenden Gesetzentwurf gar nicht ernst? Sie verweisen auf die laufenden Rechtsstreitigkeiten rund um § 52 a, die noch abzuwarten sind. Hier klagen Verlage gegen Universitäten auf Grundlage des beste- henden und nun einmal unzureichenden § 52 a, in der Hoffnung auf möglichst restriktive Auslegung dieses Pa- ragrafen, um ihn damit de facto vor Ende der neuen Frist für seine Geltungsdauer für gescheitert erklären zu kön- nen. Statt also, wie von Ihnen angedeutet, gegen alle selbstverschuldete Blockiererei eventuell doch noch auf umfassende und notwendige Privilegien für Bildung und Wissenschaft im Urheberrecht zu setzen, können Sie auch einfach die laufenden Klagen abwarten, um dann am Ende sogar den kleinen § 52 a zumindest für die Hochschulen doch wieder abzuschaffen. Auch diese schäbige Option lassen Sie sich mit ihrem vorliegenden Last-Minute-Gesetzchen peinlicherweise offen. 24976 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wir haben es hier heute allein deshalb mit einer Protokolldebatte zu tun, weil es Ihnen, meine Damen und Herren von der Koalition, zutiefst peinlich sein dürfte, was Sie uns vorlegen, und Sie deshalb ganz offen- sichtlich das Licht der breiteren Öffentlichkeit scheuen. Die Pein, die Sie sich aber auch uns mit dieser Vorlage antun, möchte ich in drei Punkten erläutern. Erstens. So viel Sonnenuntergang war noch nie: Die Schranke des § 52 a Urheberrechtsgesetz trat zwar vor einem knappen Jahrzehnt in Kraft. Sie ist aber eine soge- nannte Sunset Clause. Sie wurde bereits dreimal verlän- gert, ist also noch immer befristet. Höflich ausgedrückt haben wir das, wie es das Bundesministerium der Justiz in seinem Schreiben vom Juli dieses Jahres an den Rechtsausschuss formuliert, „den Befürchtungen insbe- sondere der wissenschaftlichen Verleger vor unzumutba- ren Beeinträchtigungen durch die neue Regelung“ zu verdanken und einer Bundesregierung, die mehr Wert auf Stimmen einzelner Interessensgruppen zu legen scheint, als dass sie Wert darauf legt, dass die von allen sonstigen Akteuren für höchst sinnvoll erachteten Er- leichterungen für Wissenschaft und Lehre zumindest endlich entfristet werden. So scheint es leider bis heute noch immer nicht im Bewusstsein der Bundesregierung angekommen zu sein, dass gerade Bildung und Wissenschaft ebenso faire wie praktikable Urheberrechtsregelungen dringend benöti- gen. Die Bundesregierung hat nicht erkannt, dass gerade § 52 a Urheberrechtsgesetz einen zwingenden und wich- tigen Schritt für den Bildungsstandort Deutschland dar- stellt. Denn er erleichtert die Zugänglichmachung von urheberrechtlich geschützten Inhalten im schulischen und universitären Umfeld. Die um ihre Einnahmen fürchtenden Verlagshäuser waren es, die immer wieder mit entsprechendem Lobbydruck und Drohszenarien die Befristungen plus aufwendige, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler belastende Evaluationen dieser einen Vorschrift erzwungen hatten. Sie haben sich offenbar auch diesmal erneut durchgesetzt. Wir sind mittlerweile bei der dritten Evaluation ange- langt. Sie liegt auch bereits vor. Auch diese Evaluation soll aber angeblich keine endgültige Aussage darüber er- lauben, ob eine endgültige Entfristung der bereits seit zehn Jahren rechtskräftigen Norm möglich erscheint. Die fadenscheinige Begründung: Zum einen könne man heute noch nicht entfristen, weil noch eine Entscheidung des BGH – von der niemand weiß, wann diese tatsäch- lich kommen wird – zu einem der umstrittenen materiell- rechtlichen Tatbestandsmerkmale der Norm abgewartet werden soll. Zum anderen warte man noch ab, da ver- mutlich schon 2013 der BGH das Revisionsverfahren gegen den Gesamtvertrag zur Festsetzung einer ange- messenen Vergütung entscheiden wird. Angesichts die- ser Begründung aber fragt man sich, warum überhaupt jemals Evaluationen durchgeführt wurden, wenn diese für sich ohnehin nicht für wert befunden werden, eine Grundlage für die Entscheidung über die Entfristung zu bilden. Meine Damen und Herren von der Koalition, werte Frau Justizministerin, nahezu sämtliche Tatbestands- merkmale des § 52 a Urheberrechtsgesetz sind in einem Hagelsturm aus Klageverfahren von Verwertungsseite streitig gestellt worden. Das zeigt doch: Die Verlage wollen diese Norm eben nicht, weil damit potenzielle Einnahmeverluste einhergehen. Das Vorgehen der Ver- lage ist, das sage ich hier in aller Deutlichkeit, ihr gutes Recht. Doch wenn wir mit Hinweis auf diese Klagen jetzt jede gesetzgeberische Tätigkeit einstellen, dann werden wir definitiv bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag auf die Entfristung von § 52 a Urheberrechtsgesetz war- ten müssen. Das ist inakzeptabel. Noch befremdlicher erscheint das Zuwarten bei der Schlichtung um den Gesamtvertrag. Denn auch die Ver- wertungsgesellschaften ziehen es derzeit vor, in nahezu allen aktuell auszuhandelnden Fällen der notwendigen Festsetzung einer angemessenen Vergütung den oft jah- relangen Rechtsweg einzuschlagen. Eine Justizministe- rin aber kann und darf ihre Entscheidungen nicht von der gerichtlichen Streitlust einzelner Beteiligter abhängig machen. Es ist die Aufgabe der Justizministerin, hier endlich eine Entscheidung in der Sache zu treffen und sich inhaltlich zu dieser Wissenschaftsschranke zu be- kennen – oder dies eben nicht zu tun. Als grüne Bundes- tagsfraktion haben wir diese Entscheidung bereits vor längerer Zeit getroffen und einen entsprechenden Antrag inklusive der Aufforderung zur Entfristung des § 52 a schon in der letzten Legislaturperiode gestellt; Bundes- tagsdrucksache 16/10566. Wir freuen uns, dass sich ins- besondere die SPD mittlerweile ebenso positioniert hat. Die Dauerdiskussionen um die Entfristung wirken auch deshalb geradezu grotesk, weil wir in der Sache längst eine viel weiter gehende Debatte um diese Norm führen. Mit guten und von uns geteilten Argumenten for- dert etwa die Allianz der Hochschulorganisationen eine Erstreckung des Anwendungsbereichs der Schranke auch auf das weiter an Bedeutung gewinnende E-Lear- ning, also die Verfügbarkeit der Inhalte auch für das Selbststudium oder das unterrichtsbegleitende Studium in digitaler Form. Selbst wer so weit nicht gehen will, muss doch einräumen, dass die gegenwärtige Rechtsun- sicherheit hinsichtlich der unbestimmten Rechtsbegriffe des § 52 a Urheberrechtsgesetz in der Praxis zu Behinde- rungen der Lehrkräfte beim Einsatz neuer Medien führt. Es ist also eine Rechtsunsicherheit, die Wissenschaft und Bildung behindert und nicht befördert. Daraus ist aber eben gerade nicht zu folgern, dass die Vorschrift des § 52 a Urheberrechtsgesetz abgeschafft gehört, sondern sie ist perspektivisch so zu reformieren, dass sie ihrem Zweck der verbesserten Zugänglichmachung von Inhal- ten endlich wirklich gerecht wird. Zweitens. Wenn wir den Rahmen der Betrachtung der Peinlichkeiten dieser Bundesregierung in diesem Be- reich erweitern, sollten wir uns die Grundhaltung des Justizministeriums zum Bereich Wissenschaft und Urhe- berrecht insgesamt näher anschauen. Bereits unmittelbar nach Verabschiedung des sogenannten zweiten Reform- korbes wurden in der Wissenschaft konkrete Forderun- gen nach einem dritten Korb laut. Eine alles in allem moderate Zusammenstellung dieser sorgfältig begründe- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24977 (A) (C) (D)(B) ten Reformforderungen stellen die dazu vorgelegten Pa- piere der Allianz der Hochschulorganisationen dar. Es war damit von Beginn an klar, dass es sich beim dritten Korb primär um einen „Bildungs- und Wissenschafts- korb“ handeln sollte. Das Ziel einer Urheberrechtsre- form im Bereich von Bildung und Wissenschaft muss durch eine verbesserte Zugänglichmachung von Inhalten erreicht werden. Am besten ist dies über eine allge- meine, im Urheberrecht zu verwirklichende Wissen- schaftsschranke zu erreichen, die letztlich hilft, die Ar- beitsmöglichkeiten für Lehrende und Forschende zu beflügeln. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat von Beginn dieser Legislatur an versucht, den Eindruck zu erwe- cken, sie teile dieses Anliegen. Sie hat in einem aufwen- digen Anhörungsverfahren der interessierten Kreise sug- geriert, sie werde konkret liefern. Um die sich seitdem ausbreitende Leere zu überspielen, streute die Justiz- ministerin dann auch noch eine groß angekündigte Urhe- berrechtsrede ein, die allerdings inhaltlich eher ent- täuschte und der zudem eben nichts Konkretes folgte. In ihrem Koalitionsvertrag hieß es noch, man werde zügig die Arbeit am „Dritten Korb“ aufnehmen. Tja, und heute? Es besteht Anlass, zu erwarten, dass von dieser Bundesregierung rein gar nichts mehr zum Wissen- schaftskorb kommen wird – außer der heute diskutierten erneuten Befristung des § 52 a Urheberrechtsgesetz. Das ist erbärmlich angesichts des drängenden Reformbe- darfs, und zwar bei § 52 b Urheberrechtsgesetz, dessen Beschränkung der Verfügbarmachung von Werken allein an eigens dafür eingerichteten elektronischen Leseplätzen vor Ort sowie an den vorhandenen analogen Bestand anachronistisch und wissenschaftsfeindlich wirkt, bei § 53 Urheberrechtsgesetz, der einer effektiven digitalen Langzeitarchivierung völlig unnötige Steine in den Weg legt und damit das kulturelle Gedächtnis der Archive ge- fährdet, bei § 53 a Urheberrechtsgesetz, der den digitalen Kopienversand mittlerweile eher behindert als befördert und für eine Regelung der Zugänglichmachung verwais- ter Werke und eines unabdingbaren Zweitveröffentli- chungsrechts. Weil diese Bundesregierung hier nichts zustande bringt, werden wir deshalb dazu selbst weitere konkrete Vorschläge vorlegen. Denn Bildung und Wissenschaft sind auch zukünftig tragende Säulen unserer Wissensge- sellschaften. Sie stehen in einem internationalen Wettbe- werb der Standorte, und wir drohen durch Ihre Unfähig- keit, Progressives und Zeitgemäßes in diesem wichtigen Bereich auf den Weg zu bringen, einen unserer wert- vollsten Wettbewerbsvorteile überhaupt zu verlieren. Drittens. Damit komme ich – ich kann es Ihnen leider nicht ersparen – zu guter Letzt zum Verhältnis dieser Bundesregierung zum Urheberrecht ganz allgemein. Wir alle wissen doch, dass der Kampf um das Urheberrecht mit harten Bandagen gespielt wird. Vermeidungsverhal- ten seitens der Justizministerin ist da durchaus erklärbar, wobei wir nicht so naiv sind, zu vermuten, dass der wirt- schaftsliberale Teil Ihrer Partei hier keine Rolle spielt. Doch diese hasenfüßige Haltung ist alles andere als klug. Sie schadet langfristig den Urheberinnen und Urhebern und wird am Ende auch für die Unterhaltungswirtschaft alles andere als von Vorteil sein. Denn wir wissen gleichzeitig doch auch, dass die aus der Sache selbst fol- genden Notwendigkeiten der Reform überhaupt nicht mehr zu übersehen sind. Die Akzeptanz des Urheber- rechts in seiner ganzen Kleinteiligkeit und dogmatischen Unübersichtlichkeit droht angesichts der digitalen Revo- lution verloren zu gehen. Wer meint, mit einem rein re- pressiven Vorgehen und einem weiter ausufernden Ab- mahnverfahren die Entwicklung aufhalten zu können, der irrt. Wer glaubt, dass das Recht der Immaterialgüter in erster Linie und vorrangig allein den Urhebern zu dienen habe, der verkennt nicht nur die verfassungsrechtlichen Grundlagen dieses Rechtsgebietes, sondern auch den Kern des Urheberrechts, der längst und über einen lan- gen Zeitraum zu einem komplexen Recht des Ausgleichs einer großen Anzahl unterschiedlicher und zum Teil deutlich gegenläufiger Interessen gewachsen ist. Man mag in vielen Details in der Sache streiten können, doch insgesamt sind die Forderungen nach Reform und weite- rer Anpassung an die digitalen Veränderungen unüber- hörbar und auch begründet. Die eigens dafür in dieser Legislatur vom Bundestag eingerichtete Enquete-Kom- mission „Internet und digitale Gesellschaft“ hat dies in ihrer Projektgruppe Urheberrecht und den dazu erfolgten Anhörungen von Sachverständigen eindrucksvoll bestä- tigt. Anstelle weiterer Verschärfungen des Vollzugsappa- rats des Urheberrechts, die ohnehin nur um den Preis der weitestgehenden Abschaffung der Privatheit zu haben wären, bedarf es innovativer Konzepte, die auf die nicht mehr ganz so neuen Entwicklungen in der Sache Ant- worten geben. Wenn der private Tausch und Konsum von urheberrechtlich geschützten Inhalten nicht in den Griff zu bekommen sind, dann müssen wir doch über Al- ternativmodelle nachdenken, die auf anderen Wegen eine angemessene Vergütung der betroffenen Urheberin- nen und Urheber sicherstellen. Wenn eine Remix- und Mashup-Kultur entstanden sind, die einen ganz neuen ei- genen kreativen Gehalt haben, dann müssen wir doch über Mittel und Wege nachdenken, wie wir diese kreati- ven neuen Formen ermöglichen, anstatt sie zu unterbin- den. Wenn die Einigung über angemessene Vergütungen zwischen Verwertungsgesellschaften und Wirtschaft re- spektive Staat zu scheitern drohen, dann muss doch auf allen Seiten klar sein, dass wir uns in einer Phase des Wandels und des Übergangs befinden, in der starre Ma- ximalpositionen nur zu Stillstand führen, in der also von allen Seiten mehr Beweglichkeit erwartet werden kann. Die Bundesregierung schweigt zu alledem weitge- hend. Sie zieht es vor, im Vorwahlkampf vollkommen in die falsche Richtung gehende Weihnachtsgeschenke in Gestalt eines in die Blöcke diktierten Leistungsschutz- rechts für einige wenige große Presseverlage zu vertei- len. Mit einem solchen Vorgehen beweist sie nur, wie sehr sie noch immer eine Politik verfolgt, die nicht das Gemeinwohl im Blick hat, sondern sich damit begnügt, Partikularinteressen zu bedienen. Statt sich endlich, poli- 24978 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) tisch gestaltend, den drängenden Herausforderungen un- serer Zeit zu stellen, beweist die Bundesregierung mit dem Leistungsschutzrecht nur ihre Rückwärtsgewandt- heit. Diese wird Veränderungen nicht aufhalten, nicht bremsen und noch nicht einmal abfedern. Darum brau- chen wir dringend auch in diesem Bereich einen politi- schen Neustart. Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Sechzehnten Gesetzes zur Än- derung des Arzneimittelgesetzes; – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: – Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung reduzieren (Tagesordnungspunkt 38) Dieter Stier (CDU/CSU): Mit dem heute vorliegen- den Entwurf des 16. Gesetzes zur Änderung des Arznei- mittelgesetzes sollen Maßnahmen eingeleitet werden, welche den Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhal- tung in Zukunft deutlich reduzieren. Gleichzeitig muss gewährleistet sein, dass die Entscheidung über eine An- tibiotikavergabe im Stall in hohem Maße von Sorgfalt und Verantwortungsbewusstsein der Verantwortlichen geprägt ist. Ein übermäßiger Einsatz von Antibiotika begünstigt bekanntlich die Entstehung und Verbreitung von Resis- tenzen. Da solche Resistenzen nicht nur in der Human- medizin, sondern auch in der Tierhaltung nicht ge- wünscht sein können, ist es unser aller erklärtes Ziel, einer entsprechenden Entwicklung auf diesem Sektor schnell und wirksam Einhalt zu gebieten. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf hat die Bundes- regierung ein Antibiotikaminimierungskonzept vorge- legt, welches eine deutliche Absenkung der Antibioti- kaanwendungen in der Tierhaltung verfolgt, sehr viel mehr Transparenz beim Einsatz von Antibiotika bietet und eine konsequente Ahndung von Verstößen ermög- licht. Mit dem vorliegenden Gesetz wird der Weg für eine bundesweite Datenbank freigemacht. Damit soll den Be- hörden vor Ort die staatliche Befugnis erteilt werden, auffällig gewordenen Tierhaltern Maßnahmen zur Sen- kung des Antibiotikaverbrauches aufzugeben, wie bei- spielsweise konkrete Anweisungen zur Haltung der Nutztiere. Durch die amtliche Auswertung auf Basis einer soli- den und überbetrieblichen Datengrundlage ist es erst- mals auch bundesweit möglich, Vergleichszahlen zur Therapiehäufigkeit vorzulegen. Sobald ein Betrieb signi- fikant von den bundesweiten Durchschnittswerten ab- weicht, können die Veterinärämter vor Ort einschreiten und Reduzierungsstrategien auferlegen. Offen ist noch die Frage, ob die meldepflichtigen Da- ten zur Therapiehäufigkeit in einer behördlichen zentra- len Datenbank gespeichert werden sollen oder ob dieses Antibiotikamonitoring über das QS-System – Qualität und Sicherheit GmbH – erfasst werden soll. Das QS- System führt bereits seit dem 1. April 2012 die Antibio- tikadatenbank „VetProof“, ein Monitoring- und Reduzie- rungsprogramm, welches mehr als 25 500 Schweine- mast- und über 4000 Geflügelmastanlagen aus dem In- und Ausland in seiner Datenbank führt. Mehr als 420 Tierärzte haben sich für die Teilnahme am QS-Monito- ring angemeldet. Jegliche Antibiotikagabe in diesen Mastbetrieben wird von den behandelnden Tierärzten an die QS-Datenbank gemeldet. Nach Auskunft des QS- Systems mit Stand von September 2012 werden bereits jetzt etwa 90 Prozent der Schweinemast und 95 Prozent der Geflügelmast in Deutschland erfasst. Da bisher noch keine staatliche Datenbank existiert und das QS-System das Antibiotikamonitoring offen- sichtlich recht erfolgreich durchführt, bleibt zu überle- gen, ob man im Hinblick auf die Vermeidung unnötiger Bürokratiekosten die Datenerfassung bei QS belassen sollte. Das Nebeneinander zweier Datenbanksysteme halte ich für ineffizient und schlichtweg zu kosteninten- siv. Über Zugriffsmöglichkeiten der Überwachungsbe- hörden auf die QS-Datenbank könnten wir eine zufrie- denstellende Lösung finden. Bisher überwacht die QS Qualität und Sicherheit GmbH die stufenweise Überwa- chung und Rückverfolgbarkeit landwirtschaftlicher Er- zeugnisse und der daraus produzierten Lebensmittel. QS-Vertreter haben bereits öffentlich kundgetan, dass sie im Falle einer Übertragung der Antibiotikadatenbank eng mit den Behörden kooperieren werden. Warum soll- ten wir also zusätzliche Bürokratie schaffen? Ich persön- lich favorisiere deshalb die Übertragung des Antibiotika- monitorings auf das QS-System. Die vorliegende 16. AMG-Novelle beinhaltet eben- falls eine Kontrollverpflichtung für Tierhalter von be- stimmten lebensmittelliefernden Tieren ebenso wie für die behandelnden Tierärzte. Betriebe mit auffälliger Therapiehäufigkeit müssen von sich aus initiativ werden und den Antibiotikaeinsatz entsprechend minimieren. Liegt der Verbrauch von Antibiotika höher als die bun- desweit ermittelte Kennzahl für den Betriebstyp, muss gemeinsam mit dem behandelnden Tierarzt und der Kon- trollbehörde die Therapiehäufigkeit überprüft werden. Mit dem Ziel einer Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes können die Betriebe verpflichtet werden, Maßnahmen zur Verbesserung der hygienischen Bedingungen, der Gesundheitsvorsorge oder der Haltungsbedingungen zu ergreifen. Dabei wissen wir alle: Je gesünder die Tiere sind, umso weniger Medikamenteneinsatz ist notwendig. Die Gesundheit der Tiere steht in direktem Zusammen- hang mit den Haltungsbedingungen im Stall. Gleichzeitig werden die Tierärzte per Gesetz dazu verpflichtet, auf Anweisung der Überwachungsbehörden der Bundesländer Daten zur Abgabe und Anwendung von Antibiotika zusammengefasst zu übermitteln. Die Kontrollen für die Überwachung der Betriebe werden somit vereinfacht und beschleunigt. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24979 (A) (C) (D)(B) Ich befürworte die im Gesetz festgeschriebene Erwei- terung der Befugnisse der zuständigen Kontroll- und Überwachungsbehörden der Bundesländer. Nur mit der engen Zusammenarbeit von Bund und Ländern sowie den Behörden vor Ort erreichen wir die notwendige Kontrolldichte. Durch entsprechende Verordnungser- mächtigte sollen zudem die unzulässigen Umwidmun- gen von Antibiotika eingeschränkt werden, indem zu- nächst ein „Antibiogramm“ über die Wirksamkeit des betreffenden Antibiotikums erstellt werden muss. Die in der Vergangenheit leichtfertig praktizierte Umwidmung von Medikamenten, indem diese entgegen ihrer ur- sprünglichen Anwendungsbestimmung verabreicht wur- den, birgt die große Gefahr einer Resistenzbildung. Auch angesichts der knapp werdenden Reserveantibio- tika, die nur im äußersten Notfall zur Anwendung kom- men, müssen Tierhalter und Tierärzte bei Verstößen gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften von den zu- ständigen Stellen der Tierarzneimittelüberwachung stär- ker zur Verantwortung gezogen werden. Ich halte es für richtig, die wenigen schwarzen Schafe der Branche schnell ausfindig zu machen und entsprechend zu sank- tionieren. Trotz verschärfter Restriktionen und engmaschiger Kontrollen bei der Antibiotikavergabe plädiere ich wei- terhin für eine fachgerechte Vergabe der Medikamente, allein beschränkt auf Krankheitsfälle. Es muss weiterhin möglich sein, kranke Tiere entsprechend zu behandeln. Wer als Tierhalter und Tierarzt einen verantwortungsvol- len Umgang mit seinen Tieren pflegt, darf schon aus Tierschutzgründen einem behandlungsbedürftigen Tier die ihm zustehende, medizinisch notwendige Behand- lung nicht verwehren. Vielfach wird derzeit auch eine prozentuale Reduzie- rung der Gesamtmenge der verordneten Antibiotika ge- fordert. Eine solche pauschale Mengenregulierung durch eine fiktiv vorgegebene Prozentzahl halte ich für nicht sachgerecht, weil sie nur an den Symptomen ansetzt und die Ursachen einer übermäßigen Antibiotikaanwendung außer Acht lässt. Eines möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich beto- nen: Wenn wir uns hier auch mit Antibiotikamissbrauch in der Tierhaltung beschäftigen, dann müssen wir uns immer vergegenwärtigen, dass für die Mehrheit der Nutztierhalter das Wohlergehen und die Gesundheit je- des einzelnen Tieres im Vordergrund stehen. Nur wenn Tiere gesund sind, kann Tierhaltung auch zu entspre- chendem wirtschaftlichen Erfolg der Betriebsinhaber führen. Mit der 16. AMG-Novelle wird der rechtliche Rah- men für Vorgaben beim Einsatz von Antibiotika in der Tiermedizin weiterentwickelt. Damit ist eine gute Grundlage geschaffen, um das gemeinsame Ziel, den Antibiotikaverbrauch in der Tierhaltung nachhaltig zu senken, zu erreichen. Ich lade Sie herzlich ein, den mit dem heute in erster Lesung eingebrachten Gesetzentwurf eingeschlagenen Weg gemeinsam zu diskutieren und zu einem guten Ergebnis im Verlauf der parlamentarischen Debatte zu führen. Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD): Endlich hat die Re- gierung gehandelt. Das wurde auch Zeit; denn noch mehr Zeitverzug können wir uns angesichts der Brisanz des Themas nicht leisten. Schön, dass die Bundesregierung eine Vielzahl der Punkte in den heute vorliegenden Gesetzentwurf aufge- nommen hat, die die SPD-Bundestagsfraktion bereits im Dezember 2011 in ihrem Antrag eingefordert hatte. Die SPD-Bundestagsfraktion hat Ihnen die Blaupause für ein effektives Antibiotikaminimierungskonzept auf nationa- ler Ebene vorgelegt. Die SPD fordert ein Antibiotika- minimierungskonzept mit klaren und eindeutigen Ziel- vorgaben. Und ich gehe noch weiter; denn ich fordere die Bundesregierung auf, alles zu unternehmen, um in den nächsten zwei Jahren den Antibiotikaverbrauch in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung um 30 Prozent zu senken. Wir brauchen Klarheit und vollständige Transparenz beim Einsatz von Antibiotika in der Nutz- tierhaltung. Dazu sollten alle Daten zu den verabreichten Antibiotika für jeden Betrieb und jeden Tierbestand in einer bundeseinheitlich zentralen Datenbank genau er- fasst und ausgewertet werden. Nur so lässt sich schnell ermitteln, welche Tierhalter überhöhte Antibiotikamen- gen einsetzen. Zukünftig sollten Landwirte und ihre betreuenden Tierärzte gesetzlich dazu verpflichtet werden, unmittel- bar Gegenmaßnahmen zu ergreifen, wenn der Antibioti- kaeinsatz in einer Tierhaltung signifikant erhöht ist. Die Experten, Praktiker und ich als Tierarzt wissen doch ge- nau, dass sehr oft der Hygienezustand im Stall darüber entscheidet, welche Mengen an Antibiotika eingesetzt werden. Manch ein Landwirt scheut die erforderlichen Investitionen, etwa in eine bessere Lüftungsanlage, und nimmt dafür Erkrankungen der Tiere bewusst in Kauf. Es ist daher Aufgabe von Landwirt und Tierarzt, ge- meinsam ein Konzept zur Verbesserung des Hygiene- und Gesundheitszustandes im betroffenen Tierbestand zu entwickeln. Geschieht das nicht oder bleibt dies ohne Erfolg, müssen in einer zweiten Stufe die amtlichen Kontrollbehörden einen rechtlich verbindlichen Sanie- rungsplan vorschreiben können. Bleibt auch diese Maß- nahme erfolglos, muss die Produktionseinstellung die letzte Konsequenz sein. Von einem effektiven Antibiotikaminimierungskon- zept ist diese Bundesregierung meilenweit entfernt. Ihr Gesetzentwurf reicht bei weitem nicht aus, um das Pro- blem des überhöhten Antibiotikaverbrauchs in der land- wirtschaftlichen Tierhaltung in den Griff zu bekommen. Überhaupt hat diese Bundesregierung ein grundsätzli- ches Problem; denn sie will zwar die Anwendung von Antibiotika zukünftig stärker überwachen, aber sie nicht anhand klarer Zielvorgaben senken. Aber mehr als 1 700 Tonnen eingesetzte Antibiotika sind einfach zu viel. Die Bundesregierung vermeidet es, in der Gesetzesvorlage eindeutige Zielvorgaben festzuschreiben, an denen sich die Landwirte und Tierärzte orientieren müssen. Auch an anderer Stelle muss die Bundesregierung nachbessern, damit sich in den nächsten Jahren spürbare Erfolge gegen den Antibiotikamissbrauch einstellen. So sollte sie die Datenbank des Deutschen Instituts für 24980 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) Medizinische Dokumentation und Information, DIMDI, ausbauen. Zukünftig sollten Apotheken mit einbezogen und die vollständigen Adressen der Tierärzte und die be- zogenen Mengen an Antibiotika erfasst werden. Tier- ärzte und nicht die Landwirte sollten verpflichtet wer- den, in die zentrale Datenbank die Daten zur Antibio- tikaanwendung einzustellen. So lässt sich auch über Bundesländergrenzen hinweg ermitteln, welcher Tierarzt für welche Zwecke wann welche Antibiotika verabreicht hat. Ausländische Tierärzte, die auch in Deutschland Tier- bestände betreuen, werden von der AMG-Novelle bisher nicht erfasst, was insbesondere in grenznahen Regionen zu Überwachungslücken führt. Die Meldeintervalle der Tierärzte müssen in jedem Fall verkürzt werden. Die Meldung des Antibiotikaein- satzes an die zentrale Datenbank muss zeitnah erfolgen. Technisch ist das heute überhaupt kein Problem mehr; es ist auch mit keinen zusätzlichen Kosten verbunden, da die Daten auf Grundlage der Abgabe- und Anwendungs- belege bereits erfasst und vorhanden sind. Spätestens sieben Tage nach Abschluss der Behandlung sollten die Daten in der Datenbank verfügbar sein. Es reicht natürlich auch nicht aus, sich nur um die Mastbetriebe und um Masthühner, Puten und Schweine zu kümmern. Wir müssen eine verlässliche Übersicht über alle Antibiotikaverbrauchsmengen in allen land- wirtschaftlichen Nutztierhaltungsanlagen erhalten: Milch- kühe, Sauen, Legehennen und Fischzuchten müssen in ein novelliertes Arzneimittelgesetz einbezogen werden. Auch halte ich den im Gesetz vorgesehenen Index über die Therapiehäufigkeit für wenig zielführend. Er er- möglicht keine eindeutige Zuordnung, welche Betriebe denn nun wirklich Beratung und Unterstützung benöti- gen. Zur Luftnummer wird die AMG-Novelle spätestens dann, wenn der Gesetzgeber den auffälligen Betrieben Auflagen machen will. Beispielsweise gibt es keine aus- reichende gesetzliche Grundlage, um konkrete Auflagen zur Verbesserung des Startklimas zu machen. Dafür brauchen wir eine verbindliche Rechtsgrundlage. Die bisherige Schweinehaltungshygieneverordnung ist dafür ein untaugliches Instrument. Die aufgeführten Punkte zeigen, wie unausgegoren und lückenhaft der gesamte Gesetzentwurf ist. Das hat der Bundesrat durch 47 Änderungsanträge sehr deutlich gemacht. Die Agrarministerkonferenz kritisiert die AMG-Novelle als nicht ausreichend. Die AMK fordert die lückenlose Verknüpfung der Daten vom Antibiotika- hersteller bis zum Stall. Auch die Verbraucherminister- konferenz fordert ein eindeutiges Antibiotikaminimie- rungskonzept auf Grundlage einer zentralen, bundesein- heitlichen, amtlichen Datenbank mit automatisierten Melde-, Berechnungs- und Informationsprozessen, die auf Betriebs-, Landes- und Bundesebene zeitnahe Aus- wertungen des Einsatzes von Antibiotika ermöglicht. Wir müssen entlang der gesamten Produktionskette den Einsatz von Antibiotika minimieren, und dazu brau- chen wir die Grunddaten. Die Wirtschaft und das QS- System machen uns vor, wie kostengünstig und effektiv die Datenerhebung und -auswertung erfolgen können. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liefern 4 050 Geflügelhal- ter und mehr als 25 000 Schweinehalter sowie mehr als 800 Tierärzte Daten für das Antibiotikamonitoring im QS-System. Das System liefert bereits heute relevante Daten, anhand deren die Landwirte und Tierärzte Maß- nahmen ergreifen müssen. In diesem Zusammenhang gebe ich zu bedenken: Ich halte es für problematisch, wie sich das AMG in den letzten Jahren entwickelt hat. Es ist für den Rechtsbe- troffenen kaum noch lesbar. An dieser Stelle appelliere ich an die Bundesregierung, das komplexe AMG lesba- rer und damit vollzugsfähig zu gestalten. Nur wer ver- steht, welche Rechte und Pflichten er hat, kann auch handeln. Ich möchte an dieser Stelle auch die Gelegenheit nut- zen und darauf hinweisen, dass der Antibiotikaeinsatz in der landwirtschaftlichen Tierhaltung nicht isoliert be- trachtet werden darf. Wir müssen ganzheitlicher denken: Tierhaltungssysteme müssen an die Tiere angepasst wer- den und nicht die Tiere an die Haltungsbedingungen. Die gesamte landwirtschaftliche Nutztierhaltung in Deutschland muss sich stärker an den gesellschaftlichen Anforderungen ausrichten, wenn sie ihre Akzeptanz nicht verlieren will. Die SPD spricht sich dafür aus, zu- sammen mit der Wissenschaft und der Wirtschaft die Haltungssysteme weiterzuentwickeln. Seit Jahren blo- ckiert die Koalition die Umsetzung des Tierschutz- TÜVs für serienmäßig hergestellte Stallsysteme. Wir fordern neue Forschungsansätze zu tiergerechten Hal- tungsformen und für mehr Tierschutz in der Nutztierhal- tung. Die Finanzierung muss durch die Umschichtung von Mitteln aus dem Haushalt des BMELV gewährleis- tet werden. Dazu haben wir in den diesjährigen Haus- haltsberatungen entsprechende Anträge vorgelegt. Die SPD-Bundestagsfraktion unterstützt in diesem Zusammenhang auch die Deutsche Agrarforschungsalli- anz, DAFA, die mit ihrer aktuellen Forschungsstrategie einen Weg aufzeigt, um den Dialog zwischen Gesell- schaft, Wirtschaft und Wissenschaft voranzutreiben. Die DAFA definiert Forschungsfelder, die dringend bearbei- tet werden sollten, damit auf wissenschaftlicher Grund- lage der Zustand in der Nutztierhaltung verbessert wird. Die SPD hinterfragt auch die bisherigen Züchtungs- konzepte. Beispielsweise belasten eine sehr kurze Mast- dauer und hohe tägliche Gewichtszunahmen den Orga- nismus von Mastgeflügel bis an die Grenzen. Hier müssen wir zu anderen Lösungen kommen; denn ein gu- ter Gesundheitsstatus der Tiere senkt den Einsatz von Antibiotika weiter. Bei den vielen Unzulänglichkeiten in der Gesetzesno- velle werden wir in den kommenden Wochen intensiv an Verbesserungen arbeiten müssen. Die SPD-Bundestags- fraktion wird ihre Vorschläge durch Änderungsanträge einbringen. Ich hoffe, dass am Ende etwas Anständiges herauskommen wird, damit wir nicht jene im Regen ste- hen lassen, die das Gesetz am Ende umsetzen müssen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24981 (A) (C) (D)(B) Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): Erstmalig hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittel- sicherheit die Antibiotikamenge erfasst und veröffent- licht, die in einem Jahr an Tierärzte und Großhandel abgegeben wurde. Im Jahr 2011 wurden 1 734 Tonnen Antibiotika abgegeben. Selbst angesichts der rund 28,1 Millionen Schweine, 12,5 Millionen Rinder, darun- ter 4,2 Millionen Milchkühe, und der rund 115 Millionen Hühner und 1 Million Pferde, die laut Statistischem Bundesamt in Deutschland gehalten werden, ist diese Menge hoch. Sie ist deutlich höher, als dies von Exper- ten erwartet worden war. Dass diese Informationen jetzt vorliegen, ist nach meiner Ansicht ein wichtiger Fort- schritt. Gemeinsam mit den Untersuchungsergebnissen des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums be- legen sie einen hohen Antibiotikaeinsatz in der landwirt- schaftlichen Tierhaltung. Allerdings ist auch festzustel- len, dass der Antibiotikaeinsatz in der Humanmedizin mit 816 Tonnen ebenfalls sehr hoch ist. Gut geführte Bestände von gesunden Nutztieren brau- chen in der Regel keine oder nur in geringem Umfang Antibiotika. Die Zahlen aus Niedersachsen zeigen je- doch, dass dennoch der Einsatz von Antibiotika in der Mast die Regel und nicht die Ausnahme ist. So wurden in der Kälbermast 92 Prozent der Kälber, bei Puten 84 Prozent, bei Hühnern 76 Prozent und bei Schweinen 68 Prozent der Tiere mit Antibiotika behandelt. Es ist of- fensichtlich: Die bestehenden, unverbindlichen Leitli- nien der Bundestierärztekammer allein haben auf die Anwendung von Antibiotika keinen großen Einfluss ge- habt. Um zu einer Verringerung der Anwendung von Antibiotika in der Nutztierhaltung zu kommen, brauchen wir daher weitere Kontroll- und Anreizsysteme. Resistenzen gegen Antibiotika entwickeln sich in Bakterien spontan. Dies ist unvermeidbar. Je länger und häufiger ein Antibiotikum in Gebrauch ist, desto schnel- ler verbreiten sich Bakterien, die gegen diesen Wirkstoff resistent sind. Insbesondere multiresistente Keime, die unempfindlich gegen mehrere Antibiotika sind, können nur schwer behandelbare Infektionskrankheiten verursa- chen. Die bekanntesten Beispiele hierfür sind MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) und ESBL-Keime (Extended Spectrum beta-Lactamase). Deswegen sind Antibiotikaresistenzen ein bedeutendes Problem für die öffentliche Gesundheit. Es ist ein Gebot des vorsorgenden Gesundheitsschutzes, Antibiotika sachgerecht, das heißt bei Vorliegen einer bakteriellen Infektion, anzuwenden, um sicherzustellen, dass wirk- same Antibiotika im Notfall zur Verfügung stehen. Angesichts der beschriebenen Situation ist eine Über- arbeitung des Arzneimittelgesetzes dringend erforder- lich. Die niedersächsischen Untersuchungen deuten da- rauf hin, dass in vielen Tierhaltungen Antibiotika eingesetzt werden, um Mängel in der Haltung der Tiere, im Betriebsmanagement und in der Hygiene zu überde- cken. Das kann nicht länger geduldet werden. Die FDP unterstützt im Kern die vorliegende Novelle. Es sollen Kennzahlen erhoben werden, die die im Normalfall er- forderlichen Antibiotikagaben beschreiben. Die Kenn- zahlen verbessern die Möglichkeiten der Eigenkontrolle für Landwirte und schaffen Anreize zur Eigeninitiative. Dabei müssen wir die bereits durch QS privatwirtschaft- lich erhobenen Daten einbinden, um unnötige Bürokratie und Belastungen – insbesondere für kleinere Betriebe – zu vermeiden. Werden diese Kennzahlen überschritten, ist der Tierhalter verpflichtet, einen Managementplan vorzulegen, in dem beschrieben wird, in welcher Weise das Hygiene- und Haltungsmanagement verbessert wer- den soll. Der Plan ist in Zusammenarbeit mit dem be- treuenden Tierarzt zu erarbeiten. Die Tierärzte müssen verstärkt durch Beratungsleistungen in das Bestands- und Hygienemanagement eingebunden und dafür ange- messen entlohnt werden. Damit wird automatisch der Anreiz sinken, Medikamente zu verkaufen. Gleichzeitig ist die Ressortforschung gefordert, Alternativen zum Antibiotikaeinsatz, wie beispielsweise markergestützte Impfungen, zu erforschen. Der im Gesetz vorgeschlagene Ansatz dient der prob- lemorientierten, nachhaltigen Lösungsfindung. Gut ge- führte Betriebe geben das Vorbild und nicht am grünen Tisch festgelegte Reduktionsziele. Ein Verbot des Einsatzes von Antibiotika für Tiere lehnt die FDP ab. Ein krankes Tier muss behandelt wer- den. Ein Verbot begünstigt einen grauen Markt und ver- hindert damit, dass Haltungsprobleme gelöst werden. Ebenso lehnen wir ein abstraktes Ziel der Mengenredu- zierung ab. Solche abstrakten Ziele werden der sehr un- terschiedlichen Situation der verschiedenen Tierhaltun- gen nicht gerecht. Das neue Gesetz erschwert zudem das Umwidmen von Antibiotika und schafft die Möglichkeit, den Einsatz von wichtigen Reserveantibiotika einzuschränken oder zu verbieten. Dies leistet einen wichtigen Beitrag dazu, Resistenzbildungen zu verringern. Die Bundesregierung hat bereits Maßnahmen einge- leitet, um den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung zu vermindern. Auf der Agrarministerkonferenz wurde die Schaffung einer bundeseinheitlichen amtlichen Daten- bank beschlossen, die zeitnah die Meldungen des Antibiotikaeinsatzes bei landwirtschaftlichen Nutztieren erfassen soll. Wir müssen im parlamentarischen Verfahren darauf dringen, die Erfassung der Kennzahlen transparent zu organisieren und zu verhindern, dass parallele Datenban- ken geführt werden. Gleichwohl ist schon jetzt klar, dass alle diese Maßnahmen Geld kosten. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich darauf einstellen, in Zu- kunft mehr Geld für Fleischprodukte zu bezahlen. Er- höhte Standards im Hygiene- und Haltungsmanagement von Nutztieren verursachen höhere Kosten. In der Charta für Landwirtschaft haben wir erfahren, dass in der Gesellschaft höhere Standards erwünscht sind. Wir hoffen, dass die sich daraus ergebenden Konsequenzen der Kostensteigerung ebenfalls getragen werden. Gleich- zeitig ist zu befürchten, dass die Umsetzung der Maß- nahmen größeren Betrieben leichter fallen wird als klei- neren Betrieben. Deshalb fühlen wir uns verpflichtet, mit Augenmaß die Verringerung der Antibiotikaanwendung zu verfolgen. Dann kann eine für Verbraucherinnen und Verbraucher wie auch die Tierhalter gute Novellierung des Gesetzes gelingen. 24982 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) Hans-Michael Goldmann (FDP): Bei dem Ziel, die Antibiotikaabgabemengen in der Tierhaltung zu reduzie- ren, sind wir uns doch hier im Bundestag über alle Frak- tionen hinweg einig. Das Ziel haben im Übrigen auch alle vernünftigen Tierhalter. Das ist einmal wichtig, fest- zustellen. Denn Antibiotika kosten viel Geld, und es liegt im ökonomischen Eigeninteresse der Tierhalter, Kosten zu sparen, wenn dies der Tiergesundheit nicht entgegensteht. Die Änderungsanträge des Bundesrates zeigen, dass wir an der einen oder anderen Stelle noch über Anpas- sungen diskutieren müssen. Das geht jedoch nur im Dialog mit den Praktikern vor Ort. Denn wir brauchen praktikable Lösungen. Reichen wir also den Tierhaltern die Hand und erkennen sie als konstruktive Partner an, die die Minimierungsziele bei der Antibiotikavergabe ebenso anstreben wie wir hier in Berlin. Was ich aber wirklich strengstens ablehne, ist eine pauschale Verunglimpfung der deutschen Tierhalter, wie es hier nun von mancher Seite als großes Wahlkampf- thema genutzt wird. Natürlich gibt es schwarze Schafe. Die finden wir leider überall. Das ist aber eine Minder- heit. Und genau diese Minderheit müssen wir durch eine Novellierung des Arzneimittelgesetzes erreichen und fachlich durch die praktizierenden Tierärzte und mit ei- nem praxistauglichen Minimierungskonzept begleiten. Ich betone aber, nicht als Politiker, sondern als ausge- bildeter Tierarzt, dass es eben die praktizierenden Tier- ärzte sind, die die fachliche Eignung für eine Beurtei- lung der Antibiotikaverabreichung und der Stallsysteme aufweisen. Diese müssen wir durch die Novellierung stärken und rechtzeitig in die Prozesse einbinden. Ferner müssen wir noch im parlamentarischen Pro- zess diskutieren, ob es nicht auch sinnvoll ist, den vorge- lagerten Bereich, also die Aufzucht, in das Monitoring zu integrieren, um die gesamte Wertschöpfungskette im Blick zu haben. Denn gerade bei den Muttertieren und der Aufzucht ist eine fachliche Beratung von großer Be- deutung, um keine negativen Folgeerscheinungen in die Mast zu verschleppen. Auch hier müssen wir die Tier- ärzte rechtzeitig einbinden. Aber eines muss auch noch erwähnt werden: Durch das privatwirtschaftliche QS-System erfassen wir bereits seit einiger Zeit Daten. Diese schon existenten Struktu- ren müssen wir nutzen und integrieren, um Doppelerfas- sungen und unnötige Kosten zu vermeiden. Halten wir also fest: Die Koalition stellt sich dem wichtigen Thema in der Nutztierhaltung und wird eine gute Basis für die Problemlösung bei der Vergabe von Antibiotikaabgabemengen finden. Dabei wissen wir, dass es viele Tierhalter gibt, die nach der guten fach- lichen Praxis und im Sinne der Tiergesundheit handeln und letztlich ein gutes, qualitativ hochwertiges Lebens- mittelprodukt erzeugen. Wir wissen aber auch, dass es einige Problembetriebe gibt. Das wird keiner bestreiten. Genau die wollen wir nun zu Verbesserungen anleiten, ohne dabei einen gesamten Berufsstand mit Unterstel- lungen in Verruf zu bringen. Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): „K. O. den Tierfabriken!“ heißt die aktuelle Kampagne des BUND. Man kann trefflich darüber streiten, was „Tierfabriken“ sind und welchen Beitrag solche Skandalisierungen zur Problemlösung leisten können. Für die Linke sind aber zwei Dinge viel entscheidender: Erstens ist anzuerken- nen, dass es in Teilen der Nutztierhaltung Gesundheits- probleme gibt. Und zweitens können wir die Probleme nur lösen, wenn wir ihre Ursachen und die Verbesserung des Tierwohls in den Mittelpunkt der Debatte rücken. Es muss vor allem um die Qualität der Nutztierhaltung ge- hen. Das ist weit mehr als nur ein Zählappell im Stall. Oder sind 30 000 Legehennen an einem Standort schon deshalb keine Tierfabrik, weil dort Bioeier produziert werden? Als Gesetzgeber tragen wir dabei eine doppelte Ver- antwortung. Wir müssen die Interessen der Konsumen- tinnen und Konsumenten berücksichtigen, die gesunde und bezahlbare Lebensmittel wollen. Gleichzeitig will die Gesellschaft völlig zu Recht eine Tierhaltung, die tierwohlgerecht ist und die natürlichen Lebensbedingun- gen nicht unnötig belastet. Zumindest bezüglich der Pro- duktionskosten ist das ein gewisser Interessenkonflikt, solange zum Beispiel die durch Umweltbelastungen ver- ursachten Kosten nicht in die Erzeugungskosten einge- rechnet, sondern von der Gesellschaft getragen werden. Ohne soziale und ökologische Marktregeln steigt der Druck, möglichst billig zu produzieren, also möglichst viel und möglichst schnell auf derselben Fläche. Be- schleunigt wird diese Entwicklung durch den Trend zur gewerblichen Nutztierhaltung, denn das trennt sie nicht nur von der Landbewirtschaftung, sondern entfremdet sie von landwirtschaftlichen Grundlagen. Multifunktio- nale Betriebe mit Tier- und Pflanzenproduktion werden immer seltener und weichen einer Agrarstruktur, in der die einen nur noch Marktfrüchte anbauen und die Tier- produktion als Lohnarbeit für Lebensmittelkonzerne stattfindet. Das halte ich für hochproblematisch und be- trifft nicht nur die konventionelle Landwirtschaft, son- dern zunehmend auch den Ökolandbau. Wenn die Agrarwirtschaft nicht mehr zuallererst als Versorger im Hinblick auf das öffentliche Gut Ernäh- rungssicherung verstanden wird, sondern nur noch als Rohstofflieferant für die Weiterverarbeitung, hat das schwerwiegende Folgen. Denn das entfremdet sie von den natürlichen Produktionsgrundlagen und von den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Unter diesen Rahmenbedingungen erscheint es einfa- cher, drohende oder bestehende Bestandserkrankungen systematisch mit Antibiotika zu bekämpfen, statt ihre Ursachen zu suchen und zu beseitigen. Das ist das ei- gentliche Problem, das hinter der Zahl von über 1 700 Tonnen Antibiotika steht, die 2011 in deutschen Nutz- tierbeständen angewandt wurden. Auch wenn die Zahl selbst noch nicht viel über das Ausmaß des Problems aussagt, ist unstrittig, dass sie für einen teilweise syste- matischen Missbrauch spricht. Denn Antibiotika sind so- wohl in der Human- als auch in der Tiermedizin so wert- voll, dass sie nur im unvermeidlichen Notfall eingesetzt Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24983 (A) (C) (D)(B) werden dürfen. 1 700 Tonnen Antibiotika sprechen eine andere Sprache. Es ist doch nicht hinnehmbar, wenn 2011 neun von zehn Masthühnern in NRW in ihrem sehr kurzen Leben mit Antibiotika behandelt wurden. Die Untersuchungen aus NRW und Niedersachsen erhärteten den Verdacht, dass Antibiotika zu oft und regelwidrig verabreicht wer- den, zum Beispiel zur Verhütung von Infektionen, zur ungezielten Steigerung der Tiergesundheit oder auf Ver- dacht. Das ist unverantwortlich. Stattdessen müssen die Ursachen von erhöhten Infektionsrisiken beseitigt wer- den. Dazu zählen Mängel beim Stallklima, bei der Stall- hygiene, bei der Bestandsbetreuung oder zu große Tier- dichten im Stall oder in der Region. Dazu gehört aber auch mangelndes Wissen über sogenannte Faktoren- krankheiten, die neben den klassischen Infektionskrank- heiten zunehmend zur wirtschaftlichen Bedrohung in der Tierhaltung werden. Unter anderem deshalb fordere ich schon lange ein epidemiologisches Zentrum; denn diese Fragestellungen sind eine andere wissenschaftliche Herausforderung als die Grundlagenforschung zu den klassischen Tierseuchen, die am FLI den Schwerpunkt bildet. Aber auch der Deutsche Bundestag als Gesetzgeber muss dringend handeln. Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein erster, aber viel zu zaghafter Schritt. Den Missbrauch durch eine Datenbank besser zu lokalisieren, reduziert ihn noch nicht, erst recht, wenn die Entdeckung so wenig verbindliche Konsequenzen hat. Die Stellungnahme des Bundesrates weist auf Defi- zite des Gesetzentwurfs hin und schlägt vernünftige Ver- besserungen vor, zum Beispiel die Berücksichtigung der Antibiotika-Leitlinien der Bundestierärztekammer oder die Dokumentation der verabreichten Tagesdosis statt nur der Arzneimittelmenge in der bundesweiten Daten- bank. Noch besser hätte es der Novelle getan, wenn noch mehr Vorschläge meiner Fraktion Die Linke be- rücksichtigt worden wären. Unser Antrag liegt ja bereits seit Januar 2012 auf dem Tisch (Bundestagsdrucksache 17/8348). Dazu ein paar Beispiele: Erstens. Exzessive und unsachgemäße Antibiotika- Anwendungen sind auch deshalb ein Problem, weil sie das Resistenzrisiko erhöhen. Durch Resistenzen wird die Wirksamkeit der Antibiotika reduziert. Das ist insbeson- dere bei den Wirkstoffen gefährlich, die bei Menschen und Tieren verwendet werden. Deshalb fordern wir, dass Humanantibiotika nicht in Tierställen eingesetzt werden. Zweitens. Eine integrierte veterinärmedizinische Be- standsbetreuung kann zu wesentlich gesünderen Tieren beitragen. Die Tierärzteschaft muss als Verbündete der Tierhalterinnen und Tierhalter sowie der staatlichen Behörden gestärkt werden. Tierärztinnen und Tierärzte wissen, wie Infektionskrankheiten vermieden werden können. Allerdings muss ihre epidemiologische Aus- und Fortbildung gestärkt werden, und die berufsständi- schen Vertretungen müssen konsequent gegen schwarze Schafe in der Tierärzteschaft vorgehen. Drittens. Die geplante Beschränkung der bestandsge- nauen Dokumentation der Antibiotika-Anwendungen auf den Mastbereich ist unsinnig. Viertens. Die Dokumentation allein ist noch kein Fortschritt, sondern muss zu einer umfassenden Problem- analyse und daraus abgeleiteten effektiven und verbind- lichen Kontroll- und Vollzugsmaßnahmen führen. Ziel muss eine risikoorientierte Überwachung als Frühwarn- system für Bestandserkrankungen bei Nutztieren sein. Fünftens. Die Linke fordert eine tierwohlorientierte Neubewertung aller Haltungssysteme. Maximale Besatz- dichten, bezogen auf Stallanlagen, Tierhaltungsstandorte und Regionen, sollten entsprechend der Ergebnisse einer epidemiologischen Bewertung der Infektionsrisiken ge- regelt werden. Sechstens. Die für Beratung und Überwachung zu- ständigen Behörden müssen proaktiv agieren und ihre Vollzugsmöglichkeiten deutlich verbessert werden. Siebtens. Es wird qualifiziertes Betreuungspersonal in der Tierhaltung gebraucht. Die Qualifikation muss min- destens per Sachkundenachweis belegt werden. All dies werden wir in der Anhörung am 28. Novem- ber diskutieren müssen. Leider bleibt nur wenig Zeit zur Debatte. Nachdem sich seitens der Koalition monate- lang nichts getan hat, soll nun der Gesetzentwurf durch das Parlament gepeitscht werden. Anscheinend will Schwarz-Gelb die Antibiotika-Debatte zur Grünen Wo- che 2013 vom Tisch haben. Aber das wird nicht gelin- gen, denn es ist bereits wieder eine große agrarpolitische Demo unter dem Motto „Wir haben es satt!“ in Berlin angekündigt. Und das Motto bezieht sich sicher nicht nur auf die Agrarpolitik, sondern auf Schwarz-Gelb ins- gesamt. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Fast auf den Tag genau vor einem Jahr hat NRW-Minis- ter Johannes Remmel seine Studie zum skandalösen An- tibiotikaeinsatz in der Geflügelhaltung präsentiert – eine Studie, die gezeigt hat, dass der übergroßen Mehrzahl der Tiere teilweise mehrfach Antibiotika verabreicht wurden, eine Studie, die alle Experten noch einmal in ih- rer Einschätzung bestätigt hat, dass es ein massives Anti- biotikaproblem in deutschen Tierhaltungen gibt, eine Studie, die selbst Sie, Frau Ministerin Aigner, dazu brachte, den Antibiotikaskandal in der Tierhaltung an- zuerkennen. Leider haben Sie, Frau Aigner, die damals geäußerte Betroffenheit wieder einmal nicht in ent- schlossenes Handeln umgesetzt. Stattdessen haben Sie ein geschlagenes Jahr weiter gebremst, gezögert und verschleppt. Mühsam haben Ihnen die Expertinnen und Experten, die Bundesländer und vor allem die empörte Öffentlich- keit nun einen Gesetzentwurf abgerungen. Bei den darin enthaltenen Maßnahmen geht es jedoch nur darum, den Status quo weiterhin staunend zu betrachten und zu ze- mentieren. Auf massiven Druck der Länder haben Sie nun wenigstens den Gedanken einer zentralen Daten- bank aufgenommen. Die Erfassung, die Sie vorsehen, ist jedoch hochkompliziert, intransparent und völlig un- 24984 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) praktikabel. Wir unterstützen daher die Länder, ange- führt von NRW, wenn sie sagen: Wir wollen, dass Tier- halter oder Tierärzte ihre Daten unmittelbar in eine zentrale Datenbank eingeben; die Länder sollen sofort Zugriff haben und Raster entwickeln können, um Be- triebe mit auffällig hohem Antibiotikaeinsatz herauszu- filtern. Ihre Hürden und Hemmnisse für die Landeskon- trollbehörden müssen raus aus dem Gesetz! Wenn Antibiotika prophylaktisch eingesetzt werden, ist das illegal und kriminell, und der Staat muss dement- sprechend reagieren. Es kann nicht sein, dass die Täter mit Samthandschuhen angefasst werden. Wer kriminell handelt, muss mit Konsequenzen rechnen. Die Reduk- tionsmaßnahmen, die Sie vorgeben, sind jedoch zahn- lose Tiger. Wenn in Ställen ein überdurchschnittlicher Antibiotikaeinsatz festgestellt wurde, sollen die Tier- ärzte mit den Tierhaltern Reduktionspläne erarbeiten. Ziel ist es, den Einsatz auf den ohnehin skandalös hohen Durchschnittswert zu senken. Gelingt das nicht, sind nicht einmal Sanktionen vorgesehen. Wohin wollen Sie mit diesem Gesetz? Wir müssen den massiven prophy- laktischen Antibiotikaeinsatz entschlossen bekämpfen. Mit Ihren Maßnahmen kommen wir diesem Ziel keinen Schritt näher. Wir knipsen nur einige weitere Lichter an, um den Antibiotikaskandal noch besser auszuleuchten, der schon heute offensichtlich ist. Frau Ministerin Aigner, mit Ihrem Agieren seit einem Jahr machen Sie deutlich, dass Ihnen ein Masterplan fehlt. Getrieben von der öffentlichen Debatte, schlagen Sie ein paar Maßnahmen im AMG vor, nur um einen Ar- beitsnachweis zu haben. Aber daran werden Sie nicht gemessen. Die Menschen fragen: Was tun Sie, um den massiven Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung zu be- kämpfen – laut BVL 1 734 Tonnen im Jahr 2011? Was tun Sie, um der Expansion von Tierfabriken entgegen- zuwirken, für deren Produktion Antibiotika die Schmier- mittel sind? Was tun Sie gegen die Ausbreitung von multiresistenten Keimen und die zunehmende Unwirk- samkeit von Antibiotika? Nichts, nichts und noch einmal nichts. Sie erstarren, weil Sie Angst davor haben, Verantwortung zu überneh- men, und regelmäßig vor der Interessenlobby einknicken. Dabei wissen Sie genau, dass wir nur mit Änderungen im System den Antibiotikaeinsatz wirksam senken wer- den. Wir müssen endlich die Haltungssysteme umbauen. Runter mit den Tierplatzzahlen! Mehr Platz, mehr Aus- lauf, mehr Außenklimabereiche! Wir müssen raus aus der bedingungslosen Bestandsbehandlung – gerne durch den Begriff Metaphylaxe vernebelt. Was ist Metaphy- laxe für ein Rechtsbegriff, Frau Ministerin? Glauben Sie, dass dieser Begriff justiziabel ist? Ich glaube das nicht. Wir brauchen endlich Festpreise für Antibiotika. Die Subventionierung der Autobahntierärzte muss been- det werden. Frau Ministerin Aigner, das sind die zentralen Fragen, die Sie angehen müssten. Leider akzeptieren Sie jedoch ohne Protest den engen Gestaltungsrahmen, den Ihnen die Agrarlobby setzt. Wir werden sehen, ob Sie selbst Ihre Schmalspurmaßnahmen zum AMG am Ende kom- plett einstampfen, wie Sie es gerade mit dem Tierschutz- gesetz gemacht haben, als Ihnen der Lobbydruck aus den eigenen Reihen zu groß wurde. Gut für Sie, dass Sie bald in Bayern sind und hoffentlich mehr politischen Frei- raum in der Opposition haben. Noch besser für die Bür- gerinnen und Bürger, dass sie 2013 mit ihrer Stimme Schwarz-Gelb abwählen können und Ihnen die Verant- wortung entziehen, vor der Sie sich ohnehin immer ge- drückt haben. Peter Bleser, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher- schutz: Ich spreche heute zu einem Thema, das mir auch als Landwirt sehr am Herzen liegt. Tiergesundheit ist eine entscheidende Voraussetzung für das Wohlergehen und die Leistung von Tieren. Si- chere Lebensmittel können nur von gesunden Tieren ge- wonnen werden. Den Einsatz von Antibiotika in einigen Arten der Tierhaltung betrachten wir mit Sorge. Dabei ist es eine Selbstverständlichkeit: Der Einsatz von Anti- biotika ist auf ein Minimum – nämlich auf das therapeu- tisch Notwendige – zu beschränken. Bereits heute ist der Einsatz von Antibiotika als Wachstumsförderer verboten. Und der Einsatz von Anti- biotika – prophylaktisch, also zur Vorsorge gegen eine mögliche Erkrankung – ist ebenfalls bereits verboten. Damit ist klar: Wer Antibiotika bei Tieren einsetzt, die nicht erkrankt sind, verstößt gegen geltendes Recht. Wir verschließen nicht die Augen vor den bestehen- den Problemen. Wir wollen sie lösen. Sowohl die aus den Ländern vorliegenden Erkenntnisse zum Antibiotika- einsatz vor Ort, als auch die kürzlich veröffentlichte Gesamtmenge der antimikrobiellen Wirkstoffe in der Tierarztpraxis von 1 734 Tonnen unterstreichen die Be- deutung des Antibiotikaminimierungsprogramms der Bundesregierung. Wir gehen kontinuierlich und ent- schlossen vor. Der Kampf gegen die Entwicklung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen in der Tierhal- tung wurde bereits vor mehr als zehn Jahren aufgenom- men und durch strenge Vorgaben im Umgang mit Tier- arzneimitteln im AMG festgeschrieben. 2008 hat die Bundesregierung eine Antibiotikaresistenzstrategie be- schlossen. Jetzt legen wir einen weiteren Gesetzentwurf zur Minimierung des Antibiotikaeinsatzes vor. Um den Missbrauch von Antibiotika in der Tierhal- tung einzudämmen, hat die Bundesregierung einen Ent- wurf zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vorgelegt. Wir werden den Ländern noch mehr Möglichkeiten ge- ben. Nach meiner Meinung schöpfen die Länder die be- reits heute vorhandenen Möglichkeiten nicht aus. Sie werden künftig Ihre Überwachungsaufgaben – noch ef- fektiver – erfüllen können. Wir alle verfolgen in diesem Zusammenhang dasselbe Ziel. Das wird unterstrichen durch den Beschluss des Bundesrates vom 10. Februar 2012 sowie die Beschlüsse der Agrarministerkonferenz vom Januar 2012 und vom April 2012. Wir haben diese Beschlüsse mit dem Ent- wurf eines 16. Gesetzes zur Änderung des Arzneimittel- gesetzes zielgerichtet aufgegriffen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24985 (A) (C) (D)(B) Als Kernstück enthält der Gesetzentwurf einen Rechtsrahmen für ein innovatives betriebsgestütztes An- tibiotikaminimierungskonzept. Die in den §§ 58 a bis 58 d getroffenen Maßnahmen sind ein ineinandergrei- fendes System und gezielt darauf ausgerichtet, den Anti- biotikaeinsatz im Betrieb transparent und bundesweit vergleichbar zu machen. Ziel ist es, den Einsatz von Anti- biotika in Betrieben, die Rinder, Schweine, Huhn und Pute mästen, zu überprüfen und, sofern erforderlich, zu minimieren. Der auf wissenschaftlich-epidemiologischer Grundlage ermittelte Parameter der „Therapiehäufig- keit“ ermöglicht eine Beurteilung des quantitativen Ein- satzes von Arzneimitteln auf Betriebsebene. Neben einer betriebsbezogenen Therapiehäufigkeit gibt es auch bun- desweite Kennzahlen für die Therapiehäufigkeit. Der Tierhalter muss feststellen, ob die Kennzahl für seinen Betrieb im Vergleich zur bundesweiten Kennzahl über- schritten ist. Beim Überschreiten soll er eine Ur- sachenprüfung durchführen sowie die Minimierung des Antibiotikaeinsatzes überprüfen. Der Tierhalter muss ge- gebenenfalls einen schriftlichen Antibiotikaminimie- rungsplan erstellen und durchführen. Es macht an dieser Stelle keinen Sinn, konkrete Pro- zentvorgaben für die Reduktion des Antibiotikaeinsatzes festzulegen. Denn es muss stets möglich sein, dass ein krankes Tier behandelt werden kann. Dies ist aus Tier- schutzaspekten der einzig richtige Weg. Insgesamt ermöglicht es das Antibiotikaminimie- rungskonzept der §§ 58 a bis 58 d, die Überwachungs- maßnahmen risikoorientierter zu planen und somit wei- ter zu verbessern. Als Weiteres werden Ermächtigungen für neue Rege- lungen geschaffen. Die Regelungen sollen insgesamt ei- nen wichtigen Beitrag zur Wahrung der Lebensmittel- sicherheit und zur Optimierung der Tierhaltung leisten. Um auf meine Eingangsbemerkung zurückzukom- men: Im Zusammenhang mit diesem Thema verfolgen wir alle dasselbe Ziel. Ich freue mich, dass der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 2. November 2012 aus- drücklich den mit dem Gesetzentwurf beabsichtigten Einstieg in ein Antibiotikaminimierungskonzept be- grüßt. Er macht deutlich, dass eine schrittweise Umset- zung des Konzeptes, beginnend mit dem Mastbereich, eine intensivere Begleitung der auffälligen Betriebe er- möglicht. Die Bundesregierung bereitet zurzeit die Ge- genäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates vor. Der Weg der Bundesregierung ist klar: – Wir verschärfen die rechtlichen Bestimmungen, um den Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung auf das absolut notwendige Maß zu beschränken. – Wir erweitern deutlich die Befugnisse der zuständi- gen Kontroll- und Überwachungsbehörden der Län- der. Wir können unser gemeinsames Ziel – die Minimie- rung des Antibiotikaeinsatzes – nur dann erreichen, wenn wir alle an einem Strang ziehen. Wir hoffen auf eine zügige Beratung in den Gremien des Bundestages. Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des AZR-Gesetzes (Zusatztagesord- nungspunkt 8) Reinhard Grindel (CDU/CSU): Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 16. Dezember 2008 entschieden, wie und welche Daten von Bürgern der Europäischen Union, die nicht Bundesbürger sind, im Ausländerzentralregister, AZR, gespeichert und wei- ter übermittelt werden dürfen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf setzt die Bundesregierung das Urteil konsequent in geltendes Recht um. Es wird festgelegt, welche Daten von Unionsbürgern im AZR gespeichert werden und an welche Behörden Daten von Unionsbür- gern übermittelt werden dürfen. Schon nach Urteilsverkündung hat die Bundesregie- rung die für die Führung des AZR zuständigen Behörden angewiesen, die Daten von Unionsbürgern nur noch nach Maßgabe des Urteils zu speichern und zu übermit- teln. Die momentane Praxis entspricht somit größtenteils dem vorliegenden Gesetzentwurf und wird durch diesen auf eine solide gesetzliche Grundlage gestellt. Die Wichtigkeit des Ausländerzentralregisters bleibt dabei unbestritten. Es ist wichtige Informationsquelle für mehr als 6 500 Partnerbehörden. Es dient den Verwal- tungsbehörden zur Erfüllung von Aufgaben im auslän- der- und asylrechtlichen Bereich, hat Unterstützungs- funktion als Instrument der öffentlichen Sicherheit und wird für ausländerpolitische Planungen sowie für die Er- mittlung steuerungsrelevanter Daten verwendet. Ohne diese Daten aus dem AZR wäre es zum Beispiel kaum möglich, die Integrationsindikatorenberichte der Bun- desregierung zu erstellen und die Lage der Ausländer und Migranten in unserem Land aufgrund einer soliden Datenbasis zu ermitteln und zu beurteilen. Unsere Fraktion begrüßt sehr, dass durch die vorlie- genden Änderungen ein weiterer Schritt getan wird, um Unionsbürger und Bundesbürger auf eine gleiche Stufe zu stellen. Aufgrund der Europäischen Einigung ist es zudem geboten, zwischen Bürgern aus anderen EU-Staa- ten und Bürgern aus Drittstaaten zu differenzieren. Im Ausländerzentralregister wird daher nun konsequent zwischen Unionsbürgern und Menschen aus Drittstaaten unterschieden. Die Speicherung von personenbezogenen Daten der Unionsbürger soll nun nur noch möglich sein, wenn die Daten zur Anwendung aufenthaltsrechtlicher Vorschrif- ten benötigt werden. Dies ist der Fall, wenn der Unions- bürger zum Beispiel einen Antrag auf Asyl stellen sollte oder gegen ihn aufenthaltsrechtliche Entscheidungen ge- troffen worden sind oder er zur Festnahme oder zur Zurückweisung an der Grenze ausgeschrieben ist. In die- sen Fällen werden die Daten unbedingt benötigt und im AZR erfasst. Der Sicherheitsaspekt bleibt hier sehr wichtig, damit Kriminelle und Terroristen sich nicht hin- ter einer möglichen Unionsbürgerschaft verstecken kön- nen. 24986 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) Entsprechend der Zielsetzung der Datenerfassung re- gelt das Änderungsgesetz, dass die Daten nur an solche Behörden und öffentliche Stellen weitergegeben werden dürfen, die mit einem asyl- oder aufenthaltsrechtlichen Anliegen befasst sind. Nur solche Stellen dürfen entspre- chend Suchvermerke verfassen. Dabei gelten diese Regelungen nicht für Unionsbür- ger, bei denen die Freizügigkeitsrechte nicht bestehen oder die diese verloren haben. Es gilt auch hier der Grundsatz, dass es die Bürgerrechte nur bei Einhaltung der Bürgerpflichten gibt. Wer seine Freizügigkeitsrechte durch kriminelles Handeln verspielt, muss die entspre- chenden Konsequenzen tragen. Dank dieser Neuregelung wird es so sein, dass bei ei- ner Polizeikontrolle die Polizei der Länder direkt fest- stellen kann, ob ein kontrollierter Ausländer aus anderen EU-Staaten seine Freizügigkeitsrechte besitzt oder nicht und dann eventuell gegen Recht und Gesetz verstößt. Sollte alles seine Richtigkeit haben und die Freizügig- keitsrechte vorliegen, zeigt die Datenbank den Polizei- beamten keine persönlichen Daten an, sondern nichts an- deres als diese entscheidende Information. Damit wird der Datenschutz auf höchstem Niveau gewahrt. Eine wichtige Gleichstellung zwischen Unionsbür- gern im AZR und Bundesbürgern im sonstigen Erfas- sungswesen ist die Regelung, dass von den Bürgern aus den EU-Staaten nur die sogenannten Grunddaten gespei- chert werden dürfen. Also hauptsächlich Name, An- schrift, Geburtsdatum und -ort, Geschlecht und Staats- angehörigkeit. Natürlich ist es weiterhin wichtig, zu wissen, wie viele Ausländer auch aus EU-Ländern in Deutschland leben und sich hier aufhalten. Daher regelt das Gesetz zum AZR auch ausdrücklich, dass die Daten für statisti- sche Zwecke aufbereitet werden dürfen. Hierzu müssen die Daten anonymisiert werden. In diesem Zusammenhang halte ich die sogenannte Forschungsklausel für wichtig. Sie ist nicht Bestandteil der Urteilsumsetzung des EuGH, sondern Ausdruck der positiven Erfahrung mit Studien, Berichten und Analy- sen auf wissenschaftlicher Basis zu den in der Bundesre- publik lebenden Ausländern. Zur Durchführung von wissenschaftlichen Studien und für Repräsentativbefragungen dürfen die personen- bezogenen Daten, so auch die Anschriften von Auslän- dern, die nicht freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger sind, aus dem AZR übermittelt werden. Damit der wis- senschaftliche Zweck und die Vertraulichkeit der Daten gesichert bleiben, wird diese Vorschrift auf das Bundes- amt für Migration und Flüchtlinge beschränkt, wo dies vollumfänglich durch die Kontrolle der Bundesregierung gewährleistet werden kann. So können wissenschaftliche Forschungsvorhaben durch das BAMF durchgeführt werden. Die Veröffentlichung der Ergebnisse muss selbstverständlich in anonymisierter Form erfolgen. Ich halte solche Studien für sehr wichtig, um eine gute Politik für die in Deutschland lebenden Ausländer machen zu können. Auf Grundlage einer solchen soliden Datenbasis und wissenschaftlichen Betrachtungen kann man als Politiker verantwortungsvoll Entscheidungen treffen. Es reicht eben nicht, sich von emotionalen Ein- zelschicksalen oder lokalen persönlichen Beobachtun- gen leiten zu lassen, wie es mancher Kollege der Oppo- sition gerne mal tut – so hat man zumindest häufiger mal den Eindruck. Eine weitere Neuregelung nimmt den Fall auf, dass ein Gerichtsvollzieher Daten über einen Schuldner beim AZR anfragt, ein Umstand, der durchaus realistisch ist. Hier wurde ein wertvoller Hinweis des Bundesrates auf- genommen und in modifizierter Form in das Gesetz ein- gefügt. Dies wird durch eine Änderung der Zivilprozess- ordnung erreicht. Ein Gerichtsvollzieher darf nur in Ausnahmefällen eine Anfrage für die personenbezogenen Daten eines Unionsbürgers beim AZR stellen, nämlich dann, wenn er begründete Anhaltspunkte hat, dass bei dem Unionsbür- ger, der der Schuldner ist, die Freizügigkeitsrechte nicht bestehen oder verloren sind. Auf diese Weise soll zum Ausdruck gebracht werden, dass die Anfrage ausschließ- lich auf konkrete Veranlassung hin unternommen wird. Da sich ein Gerichtsvollzieher mit dem Schuldenfall und den Gläubigern intensiv auseinandersetzen muss, glaube ich, dass solche Anhaltspunkte realistischerweise sehr schnell auf der Hand liegen können, wenn die Frei- zügigkeitsrechte tatsächlich nicht bestehen. Dadurch, dass das Bestehen solcher Anhaltspunkte vorausgesetzt wird, werden offensichtlich aussichtslose Anfragen an das AZR vermieden und damit Kosten und Verwaltungs- aufwand im erheblichen Umfang eingespart. Die Daten aus dem AZR dürfen dem Gerichtsvollzie- her natürlich nur dann übermittelt werden, wenn sich der begründete Verdacht als richtig herausstellt, dass der be- troffene Unionsbürger die Freizügigkeitsrechte momen- tan nicht besitzt. Abschließend möchte ich betonen, dass die christlich- liberale Bundesregierung ein sehr gutes Gesetz vorgelegt hat, das die Vorgaben der europäischen Rechtsprechung konsequent umsetzt und sinnvolle Regelungen zur wis- senschaftlichen Forschung, zum Datenschutz und zum Zivilprozessrecht enthält. Die rechtliche Unterscheidung zwischen Unionsbür- gern und Drittstaatsangehörigen ist wichtig. Die weitere Angleichung der Stellung von Unionsbürgern und deut- schen Staatsangehörigen bedeutet einen weiteren Schritt voran in der Europäischen Einigung und zur Stärkung der Europäischen Nachbarschaft. Rüdiger Veit (SPD): Wie die Bundesregierung ein- leitend zu ihrem Gesetzesentwurf ausführt, dient der Ge- setzentwurf in erster Linie dazu, die deutsche Rechtslage dem Urteil des EuGH vom 16. Dezember 2008 anzu- passen. Der EuGH hatte in seinem Urteil ausgeführt, dass die personenbezogene Speicherung von Daten von Unionsbürgern im AZR nur unter bestimmten Vorausset- zungen zulässig ist. Aufgrund dieser Vorgabe ist eine Einschränkung der Nutzung und Speicherung von Daten von Unionsbürgern europarechtlich geboten und wird nun in dem vorliegenden Gesetzentwurf von der Bun- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 24987 (A) (C) (D)(B) desregierung vorgenommen. Wir unterstützen das. Und, da die Entscheidung des EuGH schon vier Jahre zurück- liegt, ist eine solche Änderung des AZR auch überfällig. In dem Gesetzentwurf will die Bundesregierung aller- dings auch eine eigene Ermächtigungsgrundlage zur Verarbeitung personenbezogener Daten für das Bundes- amt für Migration und Flüchtlinge, BAMF, schaffen. Diese Ermächtigungsgrundlage soll es dem BAMF er- möglichen, auf Daten des AZR zuzugreifen, um „wis- senschaftliche Studien und Repräsentationsbefragungen über in Deutschland lebende Ausländer … durchführen zu können“. Nach dem Gesetzentwurf sind die personenbezoge- nen Daten des AZR zu diesem Zweck zu pseudonymi- sieren, allerdings nur, wenn dies „nach dem Forschungs- zweck möglich ist und keinen im Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck unverhältnismäßigen Auf- wand erfordert“. Das ist uns zu weitgehend. Aus Daten- schutzgesichtspunkten finden wir eine grundsätzliche Anonymisierung besser als eine Pseudonymisierung; denn bei der Pseudonymisierung ist die Zuordnung der Daten zu einer konkreten Person unter Zuhilfenahme des richtigen Schlüssels weiterhin möglich. Bei der Anony- misierung ist dies nicht mehr der Fall. Als weitere Schutzmaßnahme für die im AZR gespei- cherten Daten von Ausländern wäre für uns auch die Zu- sammenfassung von anonymisierten Datensätzen nach bestimmten Merkmalen denkbar. Diese von uns ange- regte Schutzmaßnahmen sollten nicht unter einem derart weiten Vorbehalt stehen, wie es im vorliegenden Gesetz- entwurf die Pseudonymisierung betreffend der Fall ist. Wir stehen dem Gesetzentwurf daher insgesamt ab- lehnend gegenüber. Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Durch den vor- liegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung wird das Ausländerzentralregistergesetz angepasst. Notwendig geworden ist die Anpassung durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, die be- sagt, dass personenbezogene Daten von Unionsbürgern nur unter bestimmten Voraussetzungen in einem Regis- ter wie dem Ausländerzentralregister gespeichert und genutzt werden dürfen. Daten von Unionsbürgern, die nicht Staatsangehörige der Bundesrepublik Deutschland sind, dürfen demnach in einem Register wie dem Ausländerzentralregister nur dann gespeichert und genutzt werden, wenn diese Daten für die Anwendung aufenthaltsrechtlicher Vorschriften durch die hierfür zuständigen Behörden erforderlich sind und der zentralisierte Charakter des Ausländerzentral- registers eine effizientere Anwendung der aufenthalts- rechtlichen Vorschriften in Bezug auf das Aufenthalts- recht von Unionsbürgern erlaubt. Auch den entsprechenden Änderungswunsch des Bundesrates hat die Regierungskoalition übernommen: Auf diese Weise soll zum Ausdruck gebracht werden, dass die Anfrage an das Ausländerzentralregister durch den Gerichtsvollzieher bei Unionsbürgern lediglich auf eine konkrete Veranlassung hin unternommen wird. Der Gesetzentwurf schafft so für alle Beteiligten mehr Rechtssicherheit. Ulla Jelpke (DIE LINKE): Es geht heute um den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ausländerzen- tralregisters, wodurch die Speicherung der Daten von EU-Bürgerinnen und -Bürgern mit dauerhaftem Aufent- halt in Deutschland eingeschränkt werden soll. Das Aus- länderzentralregister ist eine wesentliche Säule der da- tenmäßigen Totalerfassung von Ausländerinnen und Ausländern in Deutschland. Es bestehen insgesamt fast 30 Dateien und Zentralregister, in denen diese Gruppe erfasst wird. Hinzu kommen die Dateien und Daten- sammlungen der kommunalen Ausländerbehörden und der zentralen Ausländerbehörden der Länder. Am lau- fenden Band kommen neue Dateien hinzu, wie die von der Koalition in dieser Wahlperiode beschlossene Visa- warndatei. Diese Datei zeigt ganz deutlich, dass die zen- trale Sondererfassung von Ausländerinnen und Auslän- dern überflüssig ist. Alle Daten sind auch in anderen zentralen Registern und bei den kommunalen Meldebe- hörden erfasst und verfügbar. Die zentrale Erfassung von Ausländerinnen und Ausländern, viele davon mit dauer- haftem Aufenthalt in Deutschland, ist eine Diskriminie- rung dieser Menschen. Die Linke setzt sich deshalb grundsätzlich für die Abschaffung des Ausländerzentral- registers ein. Nun hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem zumindest die Speicherung der Daten von EU-Bürgerinnen und -Bürgern mit dauerhaftem Aufenthalt in Deutschland eingeschränkt werden soll. Auch diese Einschränkung erfolgt nicht freiwillig. Sie geht zurück auf eine Vorlageentscheidung des Europäi- schen Gerichtshofs, der vor einigen Jahren die Frage zu klären hatte, ob die generelle Erfassung und Verarbei- tung personenbezogener Daten von EU-Bürgerinnen und -Bürgern in einem zentralen Ausländerregister über- haupt mit EU-Recht vereinbar ist. Die Antwort war ganz eindeutig: Es dürfen nur die Daten gespeichert werden, die erforderlich sind, um die Voraussetzungen des Auf- enthaltsrechts in Deutschland festzustellen. Diese Daten dürfen auch nur dann weitergegeben werden, wenn die mit dieser Feststellung betrauten Behörden sie abfragen. Diese Beschränkungen werden durch das vorliegende Gesetz weitgehend umgesetzt. Das ist im Sinne der EU- Bürgerinnen und -Bürger sicherlich zu begrüßen. Bei dieser Gelegenheit hätten aber die insgesamt im Auslän- derzentralregister gespeicherten Daten und die Zahl der zugriffsberechtigten Behörden stark eingeschränkt wer- den müssen. Für alle anderen Ausländerinnen und Aus- länder in Deutschland ändert sich durch diesen Gesetz- entwurf nichts. Weiterhin sind neben den Angaben zur Person viele weitere Daten enthalten, beispielsweise zum Verdacht auf Straftaten oder zu Verurteilungen, Lichtbilder, sogar sozialrechtliche Daten. Alle diese Da- ten gibt es bereits bei anderen Behörden, in deren Zu- ständigkeitsbereich sie fallen: Polizei, Staatsanwalt- schaft, Bundesagentur für Arbeit und Meldebehörden. 24988 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. November 2012 (A) (C) (D)(B) Eine doppelte und dreifache Speicherung dieser Daten ist überflüssig und aus datenschutzrechtlicher Sicht da- mit auch nicht verhältnismäßig. Die genannten Daten sind von anderen Behörden, bei- spielsweise der Polizei, in einem automatisierten Verfah- ren abrufbar. Das bedeutet, dass nicht geprüft wird, ob die abrufende Stelle, also die Polizei oder andere, diese Daten auch wirklich zu ihrer Aufgabenerfüllung benö- tigt. Im Ausländerzentralregister ist sogar vorgesehen, Gruppenauskünfte zu bestimmten Ausländerinnen und Ausländern abrufbar zu halten. Das ist nichts weniger als die rechtliche und technische Grundlage für Rasterfahn- dungen. Damit sind Ausländerinnen und Ausländer be- sonders anfällig für Maßnahmen der Sicherheitsbe- hörden, die weit in ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen. Das Ausländerzentralregister ist nichts anderes als Diskriminierung per Gesetz. Mit dem vorliegenden Ge- setzentwurf wird diese Diskriminierung für einen Teil der Betroffenen abgemildert – und damit nur neue Dis- kriminierung geschaffen. Das ist schlicht Murks und sicherlich nicht im Sinne der Entscheidung des EuGH. Die Linke lehnt diesen Gesetzentwurf deshalb ab. Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir werden uns bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Ausländerzen- tralregisters enthalten. Positiv ist zwar die Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofes. Jedoch wi- dersprechen wir der Verarbeitung und Nutzung von per- sonenbezogenen Daten zu Forschungszwecken, die dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, BAMF, ge- stattet werden sollen. Der Europäische Gerichtshof hat im Jahr 2008 ent- schieden, dass personenbezogene Daten von Unionsbür- gerinnen und -bürgern nicht für Sicherheits- und Strafver- folgungszwecke im Ausländerzentralregister gespeichert und genutzt werden dürfen. Die Ungleichbehandlung ge- genüber Deutschen sei nicht zu rechtfertigen und daher diskriminierend. Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung dient im Wesentlichen der Umsetzung dieser Entscheidung des EuGH. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung setzt unseres Erachtens die europäischen Vorgaben sachgerecht um. Das kann man von der Bundesregierung auch erwarten. Schließlich hat sie sich dafür mehr als vier Jahre Zeit ge- lassen. So wurde insbesondere der Umfang der von frei- zügigkeitsberechtigten Unionsbürgern zu speichernden Daten hinreichend begrenzt. Zum Beispiel sollen keine Lichtbilder mehr gespeichert werden. Außerdem wurde die Weitergabe der Daten an Behörden auf die unmittel- bare Durchführung ausländer- und asylrechtlicher Vor- schriften begrenzt. Daten dürfen jetzt nicht mehr an den Verfassungsschutz weitergegeben werden. Auch sind für Unionsbürgerinnen und -bürger keine sogenannten Grup- penanfragen mehr möglich. Im Rahmen von Polizeikon- trollen wird bei freizügigkeitsberechtigten Unionsbür- gern lediglich festgehalten, dass eine Feststellung über das Nichtbestehen bzw. den Verlust des Freizügigkeits- rechts nicht erfolgt ist. Kritisch sehen wir dagegen die Vorschrift über die Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten zu wissenschaftlichen Zwecken nach § 24 a AZR-GE. Diese neue Ermächtigungsgrundlage des BAMF hat nichts mit dem in Rede stehenden Urteil des EuGH zu tun. Sie ist zu weitgehend und lässt viele Fragen offen. So müssen nach dem Vorschlag der Bundesregierung die Daten nicht zwingend anonymisiert oder auch nur pseudonymi- siert werden. Die personenbezogenen Daten dürfen schon dann gespeichert und genutzt werden, wenn eine Anonymisierung bzw. Pseudonymisierung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre. Außer- dem ergibt sich nicht aus dem Gesetzestext, sondern erst aus der Gesetzesbegründung, dass das BAMF gegebe- nenfalls zusätzliche Daten erheben soll und zu diesem Zweck die betroffenen Personen anschreiben darf. Offen bleibt, zu welchem Zweck hier welche Daten erhoben werden können. Und wie steht es eigentlich mit der Frei- willigkeit der Datenherausgabe? Das ist jedenfalls kein seriöser Vorschlag, wie der Staat Informationen seiner größten Datenbank der Forschung zugänglich machen will. Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass wir die umfassenden Zugriffsmöglichkeiten von Polizei, Nachrichtendiensten und Ordnungsbehörden auf das AZR insgesamt für sehr problematisch halten und diese eingrenzen möchten. Das Ausländerzentralregister ist mit rund 20,5 Millionen personenbezogenen Datensätzen eine der größten staatlichen Datenbanken in Deutschland. Es dient der Erfüllung von Aufgaben im aufenthalts- und asylrechtlichen Bereich, zusätzlich aber auch Sicher- heitszwecken. Im AZR werden Daten von Ausländerin- nen und Ausländern gespeichert, die in Deutschland le- ben bzw. gelebt haben, aber auch Visadaten oder Infor- mationen über Ausweisungen. Polizei und Nachrichten- dienste können über Gruppenanfragen die Daten aller Personen mit bestimmten Merkmalen wie etwa Religi- onszughörigkeit oder Geburtsort abfragen und zur Ras- terfahndung nutzen. 204. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 3 Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitrechts TOP 4 Umgang mit der NS-Vergangenheit TOP 49, ZP 2 Überweisungen im vereinfachten Verfahren TOP 50, ZP 3 Abschließende Beratungen ohne Aussprache ZP 4 Aktuelle Stunde zur Zwischenbilanz ein Jahr nachBekanntwerden der NSU-Terrorzelle TOP 5 Finanzierung der Grundsicherung (SGB XII) TOP 6 Transatlantische Beziehungen TOP 11 Bundeswehreinsatz in Darfur (UNAMID) ZP 5, TOP 46, ZP 6 Nebentätigkeiten von Abgeordneten, Parteispenden TOP 13 Bundeswehreinsatz in Südsudan (UNMISS) TOP 10 Bekämpfung des Dopings TOP 9 Recht der Sicherungsverwahrung TOP 12 Menschenrechte in Zentralasien TOP 7 Markttransparenzstelle für Gas- und Stromhandel TOP 14 Beendigungsgesetz zum Berlin/Bonn-Gesetz TOP 15 Regelung des OTC-Derivate-Handels (EMIR) TOP 16 Aufnahme syrischer Flüchtlinge TOP 17 Ergänzung des Geldwäschegesetzes TOP 18 Energiesteuer- und Stromsteuergesetz TOP 19 US-Nuklearwaffen in Europa und Deutschland TOP 20 Fakultativprotokoll über Rechte des Kindes TOP 21 EU-Notfallpläne und Kontrollen im Seeverkehr TOP 22 SEPA-Begleitgesetz TOP 23 Mitwirkungsrecht von Kommunen bei Gesetzgebung TOP 24 Änderung des Mikrozensusgesetzes 2005 TOP 25, ZP 7 Offenlegungspflichten für Unternehmen TOP 26 Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes TOP 27 Truppenübungsplatz Altmark TOP 28 Umsetzung der Richtlinie über Industrieemissionen TOP 29 Anbindung deutscher Seehäfen TOP 30 Seeschifffahrt in Deutschland TOP 31 Kommunale Kosten für Eisenbahnkreuzungen TOP 32 Internationales Privatrecht TOP 33 Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess TOP 34 Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrecht TOP 35 Änderung des Urheberrechtsgesetzes TOP 36 Schlichtung im Luftverkehr TOP 37 EU-Vorschlag für Datenschutz-Grundverordnung TOP 38 Änderung des Arzneimittelgesetzes TOP 39 Außenwirtschaftsrecht TOP 40 Änderung agrarmarktrechtlicher Bestimmungen ZP 8 Änderung des AZR-Gesetzes Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Otto Solms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Wollen Sie erwidern?

    Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
    NEN):

    Ich habe definitiv nicht von „politisch-moralischem
    Versagen“ gesprochen, Herr Kollege Thierse. In Ihrem
    Antrag kommt der, wie ich finde, erschütternde Skandal
    um Barbie und Eichmann aber leider nicht vor. Es wäre
    nicht ein Widerspruch, unserem Antrag zugestimmt zu
    haben, sondern es wäre eine notwendige Ergänzung. Es
    ist nicht nachvollziehbar, dass man in diesem Fall die
    Regierung nicht beauftragt, eine umfassende Aufklärung
    zu fordern. Das haben Sie leider nicht unterstützt. Ich
    bitte darum, dass das heute endlich passiert.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

Für die CDU/CSU-Fraktion hat jetzt das Wort der

Kollege Stephan Mayer.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Stephan Mayer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen!

    Sehr geehrte Kollegen! Zu Beginn meiner Ausführungen
    möchte ich aus der Antwort der Bundesregierung auf die
    Große Anfrage der Fraktion Die Linke zitieren:

    Mehr als 60 Jahre nach Konstituierung der Bundes-
    republik Deutschland und mehr als 65 Jahre nach
    dem Zusammenbruch der NS-Diktatur lässt sich
    feststellen, dass die nationalsozialistische Gewalt-

    herrschaft generell die am besten erforschte Periode
    der Geschichte des 20. Jahrhunderts ist.

    Setzt man diese Aussage in Zusammenhang mit den
    Äußerungen der Sachverständigen in der Anhörung des
    Ausschusses für Kultur und Medien am 29. Februar
    2012, bei der diese deutlich die Selbstorganisation und
    auch die Unabhängigkeit der Wissenschaft in den Vor-
    dergrund gestellt haben, so stellt sich für mich die Frage,
    warum von Bündnis 90/Die Grünen und insbesondere
    der Fraktion Die Linke heute so umfangreiche Forderun-
    gen nach staatlicher Aufarbeitung der NS-Vergangenheit
    erhoben werden. Denn nach Ansicht der Sachverständi-
    gen sollten vielmehr bestehendes Wissen und aktuelles
    Erkenntnisinteresse zusammengeführt werden. Dies
    würde die wissenschaftliche Forschungsarbeit erleich-
    tern und zugleich dem öffentlichen Interesse an dem
    Thema gerecht werden.

    Ich muss daher angesichts der vorliegenden Anträge
    zu der Überzeugung kommen, dass es Ihnen vorrangig
    um staatlich gesteuerte und politisch instrumentalisierte
    Auftragsforschung geht, geleitet von der Maxime:
    Irgendetwas Skandalisierbares wird man schon finden.


    (Jan Korte [DIE LINKE]: Darunter machen Sie es ja nicht!)


    Ein solches Verhalten darf in diesem Hohen Haus
    keine Unterstützung finden. Bezeichnend und entlarvend
    ist es zudem, dass sich die Anträge der Fraktion Die
    Linke und von Bündnis 90/Die Grünen ausschließlich
    auf die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in West-
    deutschland konzentrieren. Dies belegt nicht nur Ihre
    historische Unkenntnis, sondern ist auch ein weiterer
    Beweis dafür, dass es Ihnen nicht um eine unabhängige
    und wissenschaftsorientierte Aufarbeitung der Vergan-
    genheit geht,


    (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja eine ziemliche Unverschämtheit!)


    sondern um eine Skandalisierung und Diffamierung ein-
    zelner Personen und Einrichtungen.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Stünden bei Ihnen wirklich die Aufklärung und Auf-
    arbeitung der Vergangenheit im Vordergrund,


    (Jan Korte [DIE LINKE]: Das ist ja schon ziemlich frech, was Sie sagen!)


    hätten Sie sich in Ihren Anträgen nicht nur auf West-
    deutschland konzentriert, sondern auch die ehemalige
    DDR mit einbezogen.


    (Widerspruch von der LINKEN)


    Denn während in Westdeutschland nach dem Zweiten
    Weltkrieg Schritt für Schritt tatsächlich Vergangenheits-
    bewältigung betrieben wurde


    (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Du lieber Gott!)


    und dies ein ständiger Prozess war, wurde sie in der da-
    maligen DDR mit der „antifaschistisch-demokratischen





    Stephan Mayer (Altötting)



    (A) (C)



    (D)(B)


    Umwälzung“ durch die SED einfach für beendet erklärt.
    Weitere Debatten über Schuld und Verantwortung erüb-
    rigten sich. Die DDR lehnte jegliche Haftungsverpflich-
    tungen für die Vergangenheit ab. Der Historiker Edgar
    Wolfrum schrieb hierzu einmal – ich zitiere –:

    Hitler, so konnte man meinen, sei ein Westdeut-
    scher gewesen.

    Meine sehr verehrten Kolleginnen, sehr geehrte Kol-
    legen, ein aufrichtiger und umfassender Umgang mit der
    Aufarbeitung des Nationalsozialismus nach dem Zwei-
    ten Weltkrieg darf sich aus meiner Sicht nicht nur auf
    Westdeutschland beschränken, sondern er muss selbst-
    verständlich auch die ehemalige DDR berücksichtigen.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jan Korte [DIE LINKE]: Ja, und?)


    Die gemeinsame Vergangenheit ist ein schwieriges Erbe
    beider deutscher Staaten und des wiedervereinigten
    Deutschlands.


    (Karin Binder [DIE LINKE]: Und wo sind wir jetzt? – Gegenruf von der CDU/CSU: Was wehren Sie sich denn dagegen?)


    Als solche muss sie auch problematisiert und reflektiert
    werden. Daher haben wir als Regierungsfraktionen zu-
    sammen mit der SPD-Fraktion einen eigenen Antrag
    hierzu erarbeitet, der genau diesen schwerwiegenden
    Fehler in den Anträgen der beiden anderen Fraktionen
    behebt. Gleichzeitig respektieren wir die Unabhängig-
    keit der wissenschaftlichen Forschung in Deutschland;
    diese ist durch Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz geschützt. Wir
    wollen interessierten Forschern und Einrichtungen den
    Zugang zu bereits erstellten Untersuchungen erleichtern
    und zugleich gute wissenschaftliche Rahmenbedingun-
    gen für neue Studien schaffen. Es geht also nicht nur da-
    rum, eine Bedarfserhebung durchzuführen und festzu-
    stellen, was schon erforscht wurde, sondern durchaus
    auch darum, eine Grundlage für neue Studien zu schaf-
    fen. Insbesondere wollen wir bei den beiden zeitge-
    schichtlichen Instituten, dem Institut für Zeitgeschichte
    in München und dem Zentrum für Zeithistorische For-
    schung in Potsdam, eine Bestandsaufnahme in Auftrag
    geben, um den aktuellen Forschungsstand und den beste-
    henden Forschungsbedarf zu ermitteln, was die Ge-
    schichte von Institutionen und Behörden im frühen
    Nachkriegsdeutschland sowohl in der Bundesrepublik
    Deutschland als auch in der ehemaligen DDR betrifft.

    Wir setzen uns auch für eine wissenschaftsfreund-
    lichere Ausgestaltung des Bundesarchivgesetzes und der
    Möglichkeiten zur Akteneinsicht ein. In diesem Zusam-
    menhang möchte ich aber betonen, dass wir die schutz-
    würdigen Belange von natürlichen und juristischen Per-
    sonen selbstverständlich auch in Zukunft achten werden;
    denn anders als der Fraktion Die Linke geht es uns nicht
    um eine Skandalisierung oder Diffamierung, sondern um
    eine unabhängige zeithistorische Aufarbeitung, die mit
    dem Grundgesetz vereinbar ist.

    Auch ich möchte kurz auf Ihre Forderung eingehen,
    sämtliche Verschlusssachen nach 20 Jahren öffentlich
    zugänglich zu machen. Sie begründen Ihren Antrag da-

    mit, dass „die Prinzipien des Amts- und Aktengeheim-
    nisses in einer fortschrittlichen Demokratie keinen
    Platz“ hätten. Mit dieser offensichtlich verfassungswid-
    rigen Argumentation verlassen Sie zum wiederholten
    Mal den Boden unseres Grundgesetzes.


    (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh! Was ist das denn jetzt? Das geht doch nicht!)


    Bundesverfassungsgericht und Bundesverwaltungsge-
    richt haben in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass
    personenbezogene Daten ihrem Wesen nach grundsätz-
    lich geheimhaltungsbedürftig und schutzwürdig sind.

    Es frappiert mich besonders, dass die angesprochene
    Position gerade von den Fraktionen vertreten wird, die
    sich immer als Gralshüter des Datenschutzes in Deutsch-
    land gerieren.


    (Beifall des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU])


    Beide Gerichte haben zudem den Kernbereich exeku-
    tiver Eigenverantwortung anerkannt, aus dem geheim zu
    haltende Tatsachen nicht mitgeteilt und offenbart werden
    müssen. Dies erstreckt sich nach der Rechtsprechung des
    Bundesverfassungsgerichtes nicht nur auf laufende Vor-
    gänge, sondern auch auf abgeschlossene Vorgänge. Da-
    rüber hinaus ist es in der Rechtsprechung anerkannt,
    dass Behörden Informationen, die für eine effektive Er-
    füllung ihrer Aufgaben unentbehrlich sind, von Dritten
    in der Regel nur erhalten, wenn sie dem Informanten die
    Vertraulichkeit der personenbezogenen Daten zusi-
    chern. Dies gilt insbesondere für die Arbeit der Sicher-
    heitsbehörden in Deutschland.

    Ihnen geht es offenkundig nicht um mehr Transparenz
    und die Legitimation des Rechtsstaats, sondern schlicht
    um die Abschaffung der Behörden, die auf entspre-
    chende vertrauliche Informationen angewiesen sind, so
    wie unsere Nachrichtendienste. Die Forderungen, die
    von Ihnen erhoben werden, können deshalb meines Er-
    achtens nicht die Unterstützung dieses Hohen Hauses
    finden.

    Ich danke Ihnen herzlich für die Aufmerksamkeit.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)