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    Plenarprotokoll 17/202 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 202. Sitzung Berlin, Freitag, den 26. Oktober 2012 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 43: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der elterlichen Sorge nicht mitei- nander verheirateter Eltern (Drucksache 17/11048) . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,  Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . Burkhard Lischka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Andrea Astrid Voßhoff (CDU/CSU) . . . . . . . Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Thomae (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ute Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Sönke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 44: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Eva Högl, Sebastian Edathy, Ingo Egloff, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD sowie den Abgeordneten Renate Künast, Ekin Deligöz, Monika Lazar, weiteren Abge- ordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Förderung gleichberechtigter Teilhabe von Frauen und Männern in Füh- rungsgremien (GlTeilhG) (Drucksache 17/11139) . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . . Ingo Egloff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marco Buschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Möhring (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . Christel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicole Bracht-Bendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Yvonne Ploetz (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carsten Linnemann (CDU/CSU) . . . . . . . Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 45: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Drittes Finanzmarktstabi- lisierungsgesetz – 3. FMStG) (Drucksache 17/11138) . . . . . . . . . . . . . . . . . Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär  BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24539 A 24539 B 24540 C 24542 A 24543 D 24545 A 24545 D 24547 A 24548 C 24551 A 24552 B 24553 D 24555 A 24556 A 24556 A 24557 D 24559 D 24561 B 24563 A 24564 C 24567 A 24568 C 24569 D 24571 A 24572 A 24573 D 24574 A 24576 A 24576 B 24576 B Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. Oktober 2012 Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . . . . Florian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Georg Schirmbeck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 46: a) Antrag der Abgeordneten Caren Marks, Petra Crone, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Alleinerziehende besser unterstützen (Drucksache 17/11032) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Gabriele Hiller- Ohm, Anette Kramme, Anton Schaaf, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Neue Strategien für eine bes- sere Förderung von Alleinerziehenden in der Grundsicherung (Drucksache 17/11038) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Jörn Wunderlich, Diana Golze, Matthias W. Birkwald, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Alleinerziehende entlasten – Unterhaltsvorschuss ausbauen (Drucksache 17/11142) . . . . . . . . . . . . . . . Caren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nadine Schön (St. Wendel) (CDU/CSU) . . . . Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Heinrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Heidrun Dittrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 47: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Möhring, Klaus Ernst, Agnes Alpers, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bundeseinheitliche Finanzierung von Frauenhäusern sicherstellen (Drucksachen 17/243, 17/2070 Buchstabe b) Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Yvonne Ploetz (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Monika Lazar (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nadine Schön (St. Wendel) (CDU/CSU) . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung; Entwurf eines Jahres- steuergesetzes 2013 (201. Sitzung, Tagesord- nungspunkt 15 a) Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU) . . . . . . Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24577 C 24579 A 24580 C 24581 D 24582 D 24584 B 24585 C 24586 B 24586 C 24586 C 24586 D 24588 A 24589 B 24590 C 24591 A 24592 B 24593 C 24594 B 24595 C 24596 C 24596 D 24598 A 24599 C 24600 B 24601 A 24602 A 24603 C 24605 A 24606 A 24606 C 24606 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. Oktober 2012 24539 (A) (C) (D)(B) 202. Sitzung Berlin, Freitag, den 26. Oktober 2012 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. Oktober 2012 24605 (A) (C) (D)(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Aigner, Ilse CDU/CSU 26.10.2012 van Aken, Jan DIE LINKE 26.10.2012 Altmaier, Peter CDU/CSU 26.10.2012 Bär, Dorothee CDU/CSU 26.10.2012 Barthel, Klaus SPD 26.10.2012 Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.10.2012 Beck (Reutlingen), Ernst-Reinhard CDU/CSU 26.10.2012 Becker, Dirk SPD 26.10.2012 Birkwald, Matthias W. DIE LINKE 26.10.2012 Brehmer, Heike CDU/CSU 26.10.2012 Burgbacher, Ernst FDP 26.10.2012 von Cramon-Taubadel, Viola BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.10.2012** Dörflinger, Thomas CDU/CSU 26.10.2012 Ferlemann, Enak CDU/CSU 26.10.2012 Freitag, Dagmar SPD 26.10.2012 Frieser, Michael CDU/CSU 26.10.2012 Funk, Alexander CDU/CSU 26.10.2012 Gabriel, Sigmar SPD 26.10.2012 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 26.10.2012 Golze, Diana DIE LINKE 26.10.2012 Gruß, Miriam FDP 26.10.2012 Heinen-Esser, Ursula CDU/CSU 26.10.2012 Höger, Inge DIE LINKE 26.10.2012 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.10.2012 Hoff, Elke FDP 26.10.2012 Jarzombek, Thomas CDU/CSU 26.10.2012 Klimke, Jürgen CDU/CSU 26.10.2012** Kotting-Uhl, Sylvia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.10.2012 Krellmann, Jutta DIE LINKE 26.10.2012 Lanfermann, Heinz FDP 26.10.2012 Dr. Lauterbach, Karl SPD 26.10.2012 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.10.2012 Nink, Manfred SPD 26.10.2012 Dr. Ratjen-Damerau, Christiane FDP 26.10.2012 Remmers, Ingrid DIE LINKE 26.10.2012 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.10.2012 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 26.10.2012 Schreiner, Ottmar SPD 26.10.2012 Dr. Schröder, Ole CDU/CSU 26.10.2012 Silberhorn, Thomas CDU/CSU 26.10.2012* Stracke, Stephan CDU/CSU 26.10.2012 Thönnes, Franz SPD 26.10.2012 Tressel, Markus BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.10.2012 Ulrich, Alexander DIE LINKE 26.10.2012 Vogler, Kathrin DIE LINKE 26.10.2012 Dr. Volk, Daniel FDP 26.10.2012 Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 26.10.2012 Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 26.10.2012 Wellmann, Karl-Georg CDU/CSU 26.10.2012**  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 24606 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. Oktober 2012 (A) (C) (D)(B) * für die Teilnahme an der 127. Jahreskonferenz der Interparlamenta- rischen Union ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der OSZE Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Ände- rungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetz- entwurfs der Bundesregierung; Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2013 (201. Sitzung, Tages- ordnungspunkt 15 a) Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU): Dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kann ich in der vorliegenden Form nicht zustimmen. Denn die eigentli- che Absicht, die die Antragsteller mit dem Antrag zu TOP 15 und der geforderten namentlichen Abstimmung verfolgen, ist offensichtlich. Nicht der Abbau von Ungleichbehandlungen ist letzt- endlich tatsächlicher Anlass des Antrages, vielmehr geht es den Antragsstellern um den kurzfristigen politischen und medialen Erfolg zulasten einer Lösung in der Sache. Das ist nicht meine Art, Politik zu gestalten. Da es mir bei diesem wichtigen Thema ausschließlich um die Interessen der von der Regelung betroffenen Per- sonen geht, werde ich mich diesem parteitaktisch moti- viertem Manöver nicht aussetzen und weiterhin die in- haltliche Lösung dieses Sachverhaltes vorantreiben. Dass bei der steuerlichen Gleichstellung von eingetra- genen Lebenspartnerschaften Handlungsbedarf besteht, ist nach meinem Dafürhalten offenkundig. Die Tatsache, dass in eingetragenen Lebenspartnerschaften auf Dauer angelegte und auf gegenseitiges Vertrauen und Zunei- gung begründete Beziehungen gelebt werden, verdient unseren Respekt und unsere Anerkennung, nicht nur in Worten, sondern auch in Taten. Im Bereich des Unter- halts- oder Scheidungsrechts etwa wurden den Le- benspartnern die gleichen finanziellen und rechtlichen Pflichten wie Ehepartnern auferlegt, ohne ihnen aller- dings auch die gleichen Rechte zu gewähren. Die Herstellung einer solchen Gleichberechtigung, insbe- sondere durch die Änderung entsprechender steuerrecht- licher Vorschriften, ist mir daher ein großes Anliegen. Die bisher von der christlich-liberalen Koalition be- schlossenen Änderungen im Erbschaft-, Schenkung- und Grunderwerbsteuerrecht sind Beleg für den Willen und die Bereitschaft dieser Koalition, Ungleichbehandlungen eingetragener Lebenspartnerschaften abzubauen. Der in Rede stehende Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grü- nen hingegen setzt auf pure Effekthascherei, diese Art der politischen Auseinandersetzung lehne ich ab. Ich werde mich deshalb auch künftig bei den internen Beratungen der CDU/CSU-Fraktion dafür einsetzen, dieses wichtige Thema aus den Reihen der Koalition ak- tiv in den parlamentarischen Abstimmungsprozess ein- zubringen. Olaf Gutting (CDU/CSU): Dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kann ich in der vorliegenden Form nicht zustimmen. Denn die eigentliche Absicht, die die Antragsteller mit dem Antrag zu TOP 15 und der geforderten namentlichen Abstimmung verfolgen, ist of- fensichtlich. Nicht der Abbau von Ungleichbehandlungen ist letzt- endlich tatsächlicher Anlass des Antrages, vielmehr geht es den Antragsstellern um den kurzfristigen politischen und medialen Erfolg zulasten einer Lösung in der Sache. Das ist nicht meine Art, Politik zu gestalten. Da es mir bei diesem wichtigen Thema ausschließlich um die Interessen der von der Regelung betroffenen Per- sonen geht, werde ich mich diesem parteitaktisch moti- viertem Manöver nicht aussetzen und weiterhin die in- haltliche Lösung dieses Sachverhaltes vorantreiben. Dass bei der steuerlichen Gleichstellung von eingetra- genen Lebenspartnerschaften Handlungsbedarf besteht, ist nach meinem Dafürhalten offenkundig. Die Tatsache, dass in eingetragenen Lebenspartnerschaften auf Dauer angelegte und auf gegenseitiges Vertrauen und Zunei- gung begründete Beziehungen gelebt werden, verdient unseren Respekt und unsere Anerkennung, nicht nur in Worten, sondern auch in Taten. Im Bereich des Unter- halts- oder Scheidungsrechts etwa wurden den Le- benspartnern die gleichen finanziellen und rechtlichen Pflichten wie Ehepartnern auferlegt, ohne ihnen aller- dings auch die gleichen Rechte zu gewähren. Die Herstellung einer solchen Gleichberechtigung, insbe- sondere durch die Änderung entsprechender steuerrecht- licher Vorschriften, ist mir daher ein großes Anliegen. Die bisher von der christlich-liberalen Koalition be- schlossenen Änderungen im Erbschaft-, Schenkung- und Grunderwerbsteuerrecht sind Beleg für den Willen und die Bereitschaft dieser Koalition, Ungleichbehandlungen eingetragener Lebenspartnerschaften abzubauen. Ich werde mich deshalb auch künftig bei den internen Beratungen der CDU/CSU-Fraktion dafür einsetzen, dieses wichtige Thema aus den Reihen der Koalition ak- tiv in den parlamentarischen Abstimmungsprozess ein- zubringen. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion der SPD hat mitgeteilt, dass sie den An- trag Kranke entlasten – Praxisgebühr abschaffen auf Drucksache 17/11140 zurückzieht. Winkler, Josef Philip BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.10.2012 Ziegler, Dagmar SPD 26.10.2012  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 202. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. Oktober 2012 24607 (A) (C) (D)(B) Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit- geteilt, dass sie den Antrag Teilhabe und Perspektiven für Langzeitarbeitslose mit einem verlässlichen So- zialen Arbeitsmarkt schaffen auf Drucksache 17/1205 zurückzieht. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Finanzausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über die Auswirkungen der Einführung des Luftverkehrsteuergesetzes auf den Luftverkehrssektor und die Entwicklung der Steuereinnahmen aus der Luftverkehrsteuer – Drucksachen 17/10225, 17/10707 Nr. 1.3 – Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2012 Mitteilung gemäß § 37 Absatz 4 der Bundeshaushalts- ordnung über die Einwilligung in eine überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 10 14 Titel 712 01 – Baumaßnah- men von mehr als 1 Mio. Euro im Einzelfall – bis zur Höhe von 13,5255 Mio. Euro – Drucksachen 17/10336, 17/10707 Nr. 1.7 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 17/10710 Nr. A.1  EuB-BReg 39/2012 Drucksache 17/10710 Nr. A.3 EuB-BReg 48/2012 Drucksache 17/10710 Nr. A.10 Ratsdokument 12616/12 Rechtsausschuss Drucksache 17/8515 Nr. A.21 Ratsdokument 18645/11 Finanzausschuss Drucksache 17/10710 Nr. A.31 Ratsdokument 12771/12 Haushaltsausschuss Drucksache 17/6985 Nr. A.21  Ratsdokument 12483/11 Drucksache 17/7918 Nr. A.11  Ratsdokument 16301/11 Drucksache 17/8227 Nr. A.22  Ratsdokument 16844/11 Drucksache 17/8227 Nr. A.23 Ratsdokument 16845/11 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 17/10710 Nr. A.47  EP P7_TA-PROV(2012)0209 Drucksache 17/10710 Nr. A.48  Ratsdokument 10746/12 Drucksache 17/10898 Nr. A.9 Ratsdokument 13211/12 Drucksache 17/10898 Nr. A.10 Ratsdokument 13264/12 Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Drucksache 17/10208 Nr. A.19 Ratsdokument 10166/12 Drucksache 17/10208 Nr. A.20 Ratsdokument 10907/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.52 Ratsdokument 12756/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.56 Ratsdokument 12969/12 Drucksache 17/10898 Nr. A.12 Ratsdokument 13301/12 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 17/9797 Nr. A.8  EP P7_TA-PROV(2012)0147 Drucksache 17/10208 Nr. A.22  Ratsdokument 10923/12 Drucksache 17/10208 Nr. A.23  Ratsdokument 10926/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.58  Ratsdokument 12013/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.61 Ratsdokument 13052/12 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 17/10710 Nr. A.71  EP P7_TA-PROV(2012)0235 Drucksache 17/10710 Nr. A.72  Ratsdokument 11490/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.73 Ratsdokument 11491/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.74 Ratsdokument 11938/12  Drucksache 17/10710 Nr. A.75 Ratsdokument 12216/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.78  Ratsdokument 12400/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.79  Ratsdokument 12968/12  Drucksache 17/10710 Nr. A.80  Ratsdokument 13107/12  Drucksache 17/10898 Nr. A.13 Ratsdokument 13220/12 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 17/6407 Nr. A.31  Ratsdokument 11205/11 Drucksache 17/6407 Nr. A.32  Ratsdokument 11237/11  Drucksache 17/6985 Nr. A.74  Ratsdokument 12141/11 Drucksache 17/7091 Nr. A.10  Ratsdokument 13478/11 Drucksache 17/7713 Nr. A.29  Ratsdokument 15247/11  Drucksache 17/8426 Nr. A.58 Ratsdokument 17273/11 202. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 43 Elterliche Sorge nicht verheirateter Eltern TOP 44 Frauen in Führungsgremien TOP 45 Finanzmarktstabilisierungsgesetz TOP 46 Unterstützung Alleinerziehender TOP 47 Finanzierung von Frauenhäusern Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Andrea Astrid Voßhoff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Ja, heute liegt der Gesetzentwurf der christlich-liberalen
    Koalition zur Reform der elterlichen Sorge nicht mitei-
    nander verheirateter Eltern endlich vor. Wir haben dieses
    Thema in diesem Hause schon oft genug diskutiert, zu-
    letzt noch bei der Haushaltsberatung.

    Ich glaube, wir sind uns, auch wenn wir später hin-
    sichtlich der Ausgestaltung sicherlich noch streiten wer-
    den, dem Grunde nach sicherlich einig: Das Sorgerecht
    ist im Bereich des Familienrechts immer eine besondere
    Herausforderung für den Gesetzgeber. Es muss nämlich
    höchst unterschiedlichen Lebens- und Beziehungssitua-
    tionen, in die Kinder heutzutage hineingeboren werden,
    gerecht werden. Auch aus diesem Grund haben wir in
    der Koalition die Vorlage des heutigen Entwurfs sehr
    ausführlich, sehr intensiv und sehr zeitaufwendig bera-
    ten, und zwar, wie ich finde, mit einem guten Ergebnis.

    Wir haben – dies ist schon betont worden – eine Viel-
    zahl unterschiedlicher Regelungsmodelle miteinander
    diskutiert. Herr Lischka, Sie und auch die Ministerin ha-
    ben es erwähnt: Ob Widerspruchslösung oder Sorgerecht
    ab Geburt – es müssen sehr divergierende Interessen
    austariert werden. Sie haben unsere Überlegungen und
    auch die Erarbeitung des heutigen Entwurfs als Opposi-
    tion begleitet, im Wesentlichen sachlich. Ich glaube, das
    gebietet das Thema auch. Es eignet sich nicht für partei-
    politische Präsentation und Darstellung. Vielmehr soll-
    ten wir im Interesse der Kinder, der Eltern und der Fami-
    lie eine sachgerechte Diskussion darüber führen. Ich
    freue mich darüber, dass das bisher weitgehend gelungen
    ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Könnte man diesem Gesetzentwurf eine Überschrift
    geben, die das Leitmotiv treffend zum Ausdruck bringt,
    so müsste die Überschrift dieses Gesetzentwurfes eigent-
    lich lauten: „Mutter und Vater sind gut fürs Kind“. Wir
    implantieren die gemeinsame elterliche Sorge als Leit-
    bild ins Sorgerecht, und zwar in den Fällen, in denen die
    Eltern nicht miteinander verheiratet sind und über das
    Sorgerecht keine Einigung finden können.

    Wir alle wissen: Nach bisherigem Recht – das ist
    heute schon gesagt worden – erhielten Eltern, die nicht
    miteinander verheiratet waren, das gemeinsame Sorge-
    recht nur, wenn sie heirateten oder sich übereinstimmend
    für die gemeinsame elterliche Sorge entschieden haben.

    Wir wissen auch: Neben dem EGMR hat auch das
    Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung aus
    dem Jahr 2010 festgestellt, dass der Gesetzgeber da-
    durch unverhältnismäßig in das Elternrecht des Vaters
    eines nicht ehelichen Kindes eingreift, dass er ihn gene-
    rell von der Sorgetragung für sein Kind ausschließt,
    wenn die Mutter des Kindes ihre Zustimmung zur ge-
    meinsamen Sorge mit dem Vater oder zu dessen Allein-
    sorge für das Kind verweigert, ohne dass ihm die Mög-
    lichkeit einer gerichtlichen Überprüfung am Maßstab
    des Kindeswohls eingeräumt wird. Der Gesetzgeber war
    daher gefordert, diesen nach der bestehenden Rechtslage
    möglichen unverhältnismäßigen Eingriff in das Eltern-

    recht des Vaters zu korrigieren. Das tun wir heute mit
    diesem Gesetzentwurf.

    Es ist bereits gesagt worden: Die gesellschaftliche
    Entwicklung auch der Familien ist seit der letzten großen
    Kindschaftsrechtsreform nicht stehen geblieben. Der
    Prozentsatz der nicht ehelich geborenen Kinder hat, ge-
    messen an der Gesamtzahl der Geburten, stetig zuge-
    nommen. Die Zahlen sind bereits genannt worden: Heut-
    zutage wird etwa jedes dritte Kind nicht ehelich geboren,
    in den neuen Bundesländern liegt die Zahl der nicht ehe-
    lich geborenen Kinder sogar bei über 61 Prozent.

    Der weit überwiegende Teil dieser Kinder lebt dabei
    durchaus in stabilen Verhältnissen. Viele Eltern sehen
    zwar – was ich bedaure – keinen Grund für eine Heirat,
    wollen sich aber – und das ist sehr zu begrüßen – ge-
    meinsam um ihr Kind kümmern und geben entspre-
    chende Sorgerechtserklärungen ab. Die Statistik besagt,
    dass dies in über 50 Prozent der Fälle geschieht. Das ist
    gut so. Wir alle würden uns sicherlich darüber freuen,
    wenn dieser Prozentsatz steigen würde.

    Ebenso ist erfreulich, dass immer mehr nicht verhei-
    ratete Väter eine echte Vaterrolle übernehmen und des-
    halb mitsorgeberechtigt sein wollen. Es muss daher un-
    ser Ziel sein, möglichst viele Eltern dazu zu bewegen,
    sich aus freien Stücken dafür zu entscheiden, die elterli-
    che Sorge gemeinsam tragen zu wollen. Darin sind wir
    uns vielleicht auch noch einig: Eine bewusste und frei-
    willige Entscheidung der Eltern ist um ein Vielfaches
    besser als ein gesetzlicher Automatismus oder ein Ge-
    richtsurteil, durch welches das Sorgerecht zwangsweise
    geregelt wird. Das ist für uns als Union auch vom christ-
    lichen Menschenbild her eine wichtige Zielvorgabe. Es
    ist immer besser, wenn der Staat etwas nicht regeln
    muss, weil die Familie es selbst regeln kann.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen eine
    gesetzliche Neuregelung aber eindeutig für die Fälle, in
    denen die Eltern sich eben nicht einvernehmlich über die
    Sorge verständigen können. Ich sagte es bereits: Nach
    der bisherigen Gesetzeslage hatte es die Mutter in der
    Hand, darüber zu entscheiden, ob auch der Vater an der
    elterlichen Sorge beteiligt werden sollte oder nicht. Der
    Gesetzgeber hatte seinerzeit bei der Kindschaftsrechtsre-
    form gute Gründe, dies so zu regeln. Wir erinnern uns:
    Auch das Bundesverfassungsgericht hat dies in seiner
    Entscheidung aus dem Jahr 2003 anerkannt, indem es
    sagte, der Gesetzgeber dürfe davon ausgehen, dass eine
    Verweigerungshaltung der Mutter von schwerwiegenden
    Gründen mit Blick auf die Wahrung des Kindeswohls
    getragen ist.

    Das Bundesverfassungsgericht hat diese Wertung in
    seiner Entscheidung von 2010 jedoch geändert: Es
    könne nicht angenommen werden, dass die Zustim-
    mungsverweigerung in aller Regel auf Gründen beruht,
    die mit der Wahrung des Kindeswohls zusammenhän-
    gen. – Wir wissen auch aus einem vom Bundesministe-
    rium der Justiz in Auftrag gegebenen Forschungsvorha-
    ben, dass in vielen Fällen eine gemeinsame Sorge aus
    Gründen verweigert wird, die vielleicht verständlich
    sind, aber nicht unbedingt einen Bezug zum Kindeswohl
    haben.





    Andrea Astrid Voßhoff


    (A) (C)



    (D)(B)


    Wir alle kennen auch die vielen Zuschriften von Vä-
    terinitiativen, die seit Jahren um eine Beteiligung an der
    elterlichen Sorge kämpfen. Mit der Entscheidung des
    EGMR und des Bundesverfassungsgerichts haben sie ih-
    rem Anliegen nicht nur Gehör verschafft; durch die Ent-
    scheidung der genannten Gerichte ist der Gesetzgeber
    nunmehr gezwungen, eine Reform des Sorgerechts vor-
    zunehmen.

    Wir haben Ihnen diesen Gesetzentwurf heute in erster
    Lesung vorgestellt. Ich glaube, wir haben einen ausge-
    wogenen und die Interessen aller Beteiligten durchaus
    berücksichtigenden Entwurf vorgelegt. Er soll den nicht
    mit der Kindesmutter verheirateten Vätern im Lichte der
    zwischenzeitlich eingetretenen gesellschaftlichen Ent-
    wicklungen auch bei fehlender Zustimmung der Mutter
    den Zugang zur elterlichen Sorge ermöglichen. Wir ha-
    ben uns dabei von drei zentralen Gesichtspunkten leiten
    lassen:

    Erstens. Für uns gilt der Grundsatz – ich sagte es –:
    Jedes Kind braucht Vater und Mutter. Das ist ein Leitmo-
    tiv, das für uns von der Union auch im Zusammenhang
    mit diesem Gesetzentwurf von besonderer Bedeutung
    ist. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in einer frü-
    heren Entscheidung festgestellt,

    dass die gemeinsame elterliche Sorge grundsätzlich
    den Bedürfnissen des Kindes nach Beziehungen zu
    beiden Elternteilen entspricht und ihm verdeutlicht,
    dass beide Eltern gleichermaßen bereit sind, für das
    Kind Verantwortung zu tragen.

    Das bedeutet, dass Väter am Sorgerecht beteiligt werden
    müssen, ohne dass dies ausschließlich vom Willen der
    Mutter abhängen darf. Die gemeinsame elterliche Sorge
    soll, wenn möglich, der Regelfall sein, weil es nach un-
    serer Überzeugung das Beste fürs Kind ist.

    Ich komme damit zum zweiten Punkt. Wir wollen,
    dass in den Fällen, in denen sich die Eltern uneinig sind
    und um die Sorge streiten, ein Familiengericht einge-
    schaltet wird. Es gibt verschiedene Entwurfsmodelle aus
    den Oppositionsfraktionen, die zum Teil vorsehen
    – beim Modell der Grünen ist das der Fall –, dass das Ju-
    gendamt entscheidet. Das halten wir für falsch. Wir wol-
    len, dass das Familiengericht eingeschaltet wird und
    prüft, ob das Kindeswohl Schaden nehmen würde.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Drittens. Wir wollen, dass für die Beteiligten mög-
    lichst früh Klarheit geschaffen wird, wie sich die sorge-
    rechtliche Verantwortung verteilt.

    Jetzt komme ich zur Ausgestaltung. Ich will es nicht
    in aller epischen Breite darstellen; das werden die nach-
    folgenden Redner sicherlich noch im Detail tun. Herr
    Kollege Lischka, ich weiß – auch uns erreichen Zu-
    schriften –: Das vereinfachte Verfahren wird kritisch be-
    trachtet. Ich finde es nur nicht angemessen, wenn Sie
    hier sagen, dass wir die Eltern „im Regen stehen lassen“
    oder als „Zaungäste“ betrachten. Sie vergessen bei dieser
    Argumentation immer, dass die Mutter aufgefordert
    wird, Stellung zu nehmen, innerhalb von sechs Wochen
    nach der Geburt – schriftlich, mündlich. Der Normalfall

    wird doch sein, Herr Kollege Lischka, dass die Mutter
    von dieser Möglichkeit auch Gebrauch macht, wenn sie
    Gründe nennen kann – Sie muss sie künftig vortragen –,
    die das Kindeswohl betreffen.


    (Burkhard Lischka [SPD]: Aber auch juristisch verwertbar muss es sein!)


    Deshalb ist es falsch, die Behauptung aufzustellen, wir
    würden die Eltern „im Regen stehen lassen“ oder als
    „Zaungäste“ betrachten. Nur in dem Fall, dass sich die
    Mutter gar nicht äußert und das Gericht keine Erkennt-
    nisse hat, kommt das beschleunigte Verfahren zum Zuge.

    Warum soll es das? Weil es auch im Interesse der Be-
    teiligten, der Eltern und des Kindes, ist – das gehört zum
    dritten Punkt, den ich vorhin genannt habe –, dass diese
    Entscheidung schnell gefällt wird, wenn es keine Gründe
    dafür gibt, das Verfahren mit Anhörung aller Beteiligten
    einschließlich Jugendamt in extenso durchzuführen. Ich
    kenne und höre die kritischen Anmerkungen, die es dazu
    gibt. Wir werden eine Anhörung haben und uns mit den
    Argumenten sehr wohl noch einmal auseinandersetzen.
    Die Vorschläge aus der Opposition in dieser Frage be-
    deuten für die Eltern, insbesondere für den Vater,
    enorme Hürden.


    (Burkhard Lischka [SPD]: Sonst muss er nicht mal einen Antrag stellen!)


    Der Vater hätte sozusagen mit sämtlichen Behörden zu
    tun, vom Standesamt über das Jugendamt bis hin zum
    Gericht. Das sind enorme Hürden für den Vater, der das
    Sorgerecht möchte; es ist letztendlich auch für die Mut-
    ter belastend, die sich mit ihm darüber nicht einigen
    kann.

    Meine Damen und Herren, ich finde, es ist aller Mü-
    hen wert, dass wir uns in der Anhörung sehr intensiv mit
    diesem Entwurf befassen. Er ist ein gelungener Kompro-
    miss zwischen den unterschiedlichen Interessen. Die
    Überschrift des Gesetzes hätte eigentlich lauten müssen
    – ich sagte es eingangs –: „Mutter und Vater sind gut
    fürs Kind“. Ich finde, dieser Gesetzentwurf leistet einen
    guten Beitrag.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)




Rede von Katrin Dagmar Göring-Eckardt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt Jörn Wunderlich

das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Jörn Wunderlich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

    Kollegen! „Ich bin Vater, aber habe kein Recht, für mein
    Kind zu sorgen.“ So oder so ähnlich lautete die Be-
    schwerde, die Anlass für eine Entscheidung des Europäi-
    schen Gerichtshofs für Menschenrechte aus dem Jahr
    2009 und für eine Entscheidung des Bundesverfassungs-
    gerichts vom 21. Juli 2010 war, um die bis dahin gel-
    tende Regelung der elterlichen Sorge nicht verheirateter
    Eltern neu zu regeln.





    Jörn Wunderlich


    (A) (C)



    (D)(B)


    Die Rechtslage bis dato war: Mutter wurde man durch
    Geburt des Kindes, sorgeberechtigter Vater durch eine
    gemeinsame Sorgerechtserklärung oder durch Heirat der
    Kindesmutter. Der ledige Vater hatte keinerlei Möglich-
    keiten, das gemeinsame Sorgerecht gegen den Willen
    der Kindesmutter zu erlangen. Zur gesamten familien-
    rechtlichen Historie hat der geschätzte Kollege Lischka
    schon ausführlich gesprochen.

    Art. 6 Abs. 2 des Grundgesetzes lautet wie folgt:
    Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürli-
    che Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen ob-
    liegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die
    staatliche Gemeinschaft.

    Was sagt dieser Art. 6 aus? Inwieweit bezieht sich das
    Bundesverfassungsgericht darauf? Ich zitiere aus der
    Entscheidung vom 21. Juli 2010, in der es heißt:

    Das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG gebietet es
    auch nicht, Väter nichtehelicher Kinder generell
    mit wirksamer Anerkennung ihrer Vaterschaft …
    kraft Gesetzes das Sorgerecht für ihr Kind gemein-
    sam mit der Mutter zuzuerkennen.

    Allerdings heißt es in den Gründen drei Absätze wei-
    ter:

    Dies hindert den Gesetzgeber allerdings nicht da-
    ran, angesichts des Umstandes, dass immerhin für
    die Hälfte der nichtehelichen Kinder eine gemein-
    same Sorgetragung der Eltern begründet wird, den
    Vater eines nichtehelichen Kindes mit der rechtli-
    chen Anerkennung der Vaterschaft zugleich kraft
    Gesetzes in die Sorgetragung für das Kind mit ein-
    zubeziehen …

    Das heißt, wir als Gesetzgeber sind nicht gehindert, es
    gleichwohl so zu regeln, auch wenn es gegenwärtig nicht
    geboten ist.

    Nun gibt es verschiedene Lösungsansätze: die ge-
    meinsame Sorge per Gesetz; die Widerspruchslösung,
    das heißt, man kann Widerspruch gegen die gemeinsame
    Sorge einlegen; die Antragslösung, das heißt, gemein-
    same Sorge nur auf Antrag des Vaters. Für jede Lösungs-
    variante kann jeder zum Teil extreme Beispiele anfüh-
    ren, sowohl positive als auch negative. Welche ist die
    beste? Welche kommt den Interessen des Kindes am
    nächsten? Welche benachteiligt keinen Elternteil?

    Jetzt liegt der Gesetzentwurf der Bundesregierung
    vor. Das ist so eine Art modifiziertes Antragsmodell; wir
    haben schon gehört: ein Kompromissvorschlag, über den
    lange beraten worden ist, wobei ich das Ergebnis als
    nicht unbedingt sehr gelungen betrachte.


    (Andrea Astrid Voßhoff [CDU/CSU]: Na, wenn Sie sagen „gelungen“, dann reicht uns das!)


    – Danke, Frau Voßhoff, ich finde es toll, dass Sie so viel
    Wert auf mein Urteil legen. Das freut mich.


    (Burkhard Lischka [SPD]: Herr Wunderlich ist höflich! Er hat das ein bisschen umschrieben!)


    – Das auch.

    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Scheint ein gutes Wochenende zu werden!)


    Es ist und bleibt allerdings problematisch – das ist
    schon dargelegt worden –, dass im Falle der Nichteinig-
    keit der Eltern Familiengerichte unter gewissen Voraus-
    setzungen im Schnellverfahren ohne Anhörung der Be-
    teiligten über die elterliche Sorge entscheiden können.
    Das FamFG soll dahin gehend geändert werden, dass
    ohne Anhörung der Eltern und ohne Anhörung des Ju-
    gendamtes entschieden werden kann, wenn keine
    Gründe vorgetragen werden oder ersichtlich sind, die
    dem Kindeswohl entgegenstehen. Nun ist richtig: Justi-
    tia soll ohne Ansehen der Person entscheiden. Aber von
    „ohne Anhören“ habe ich nichts gelesen.


    (Beifall bei der LINKEN und der SPD)


    Kindeswohlfragen nach Aktenlage zu entscheiden, halte
    ich aus meiner Sicht als Familienrichter für völlig neben
    der Sache. Wir haben im Familienrecht bereits ein be-
    schleunigtes Verfahren; das hat sich bewährt. Warum
    bleiben wir nicht dabei?

    Es gibt noch die Anträge der anderen Fraktionen. Die
    Mehrheit meiner Fraktion hat sich für Folgendes ausge-
    sprochen: Soweit sich die Eltern einig sind, sollte sich
    der Staat in Familien nicht einmischen. Familien als
    kleinste soziale Gemeinschaft dieses Staates sollten
    möglichst wenig von staatlichen Eingriffen tangiert sein.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Wenn der Vater die Vaterschaft anerkennt und zusätzlich
    erklärt, dass er die gemeinsame Sorge mit der Mutter tra-
    gen will, dann soll diese gemeinsame Sorge auch be-
    gründet sein.

    Ich habe es eingangs gesagt: Sorgeberechtigt wird
    man, wenn man die Kindesmutter ehelicht, oder man ist
    per se, wenn man verheiratet ist und ein Kind in dieser
    Ehe geboren wird, sorgeberechtigter Vater, unabhängig
    davon, ob man der biologische Vater ist oder nicht; man
    ist sorgeberechtigter Vater lediglich aus der Tatsache des
    Ehelebens heraus. Bezogen auf das Kind ist eine solche
    Vaterschaftsanerkennung mit der Erklärung „Ich will
    mich um dieses von mir anerkannte Kind sorgen“ ein
    deutliches Mehr als der Trauschein mit der Mutter.

    Den Sorgewillen und die Sorgeerklärung des Vaters
    darf man nicht vom Willen der Kindesmutter abhängig
    machen. Wenn beide dann letztlich sorgeberechtigt sind,
    dann ist das Kind rechtlich einem ehelichen Kind gleich-
    gestellt; beide Elternteile haben Anfechtungsmöglich-
    keiten nach § 1671 BGB.

    Aber egal, für welches Modell man sich am Ende ent-
    scheidet: In jedem Fall sollten eine Mediation und eine
    Beratung der Eltern vorgeschaltet sein, im Interesse der
    Kinder und im Interesse der Eltern. Eine Gerichtsent-
    scheidung sollte nur Ultima Ratio sein.

    Insofern freue ich mich auf die Beratungen im Aus-
    schuss und auf die Berichterstattergespräche, danke
    schon einmal für das Lob und hoffe, dass wir dann im
    Ergebnis wirklich zur besten Lösung für unsere Kinder
    und auch für die Eltern kommen.

    Danke für die Aufmerksamkeit.


    (Beifall bei der LINKEN und der SPD)







    (A) (C)



    (D)(B)