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    Plenarprotokoll 17/196 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 196. Sitzung Berlin, Freitag, den 28. September 2012 I n h a l t : Absetzung des Zusatztagesordnungspunk- tes 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 41: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten (Drucksache 17/10488) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Kathrin Vogler, Dr. Martina Bunge, Katrin Kunert, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Mehr Rechte für Patientinnen und Patienten (Drucksache 17/6489) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Maria Klein- Schmeink, Ingrid Hönlinger, Fritz Kuhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Rechte von Patientinnen und Patienten durch- setzen (Drucksache 17/6348) . . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr, Bundesminister BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Marlies Volkmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Zöller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) . . . . . . . . Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erwin Rüddel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Edgar Franke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Rudolf Henke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 42: a) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Aufnahme von Kultur und Sport in das Grundgesetz (Drucksache 17/10644) . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Katrin Kunert, Dr. Dietmar Bartsch, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Die Förderung des Sports ist Aufgabe des Staates (Drucksache 17/6152) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Dr. Lukrezia Jochimsen, Jan Korte, Agnes Alpers, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Kultur gut stärken – Staatsziel Kultur im Grundgesetz verankern (Drucksache 17/10785 (neu)) . . . . . . . . . . Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . . . Dr. Franz Josef Jung (CDU/CSU) . . . . . . . . . Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Stefan Ruppert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23653 A 23653 B 23653 B 23653 C 23653 D 23655 D 23657 A 23658 D 23660 B 23661 C 23662 D 23664 C 23666 A 23667 A 23667 D 23669 C 23671 A 23672 C 23672 C 23672 D 23673 A 23673 C 23674 C 23675 D 23676 A 23676 D Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. September 2012 Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Reiner Deutschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Günther (Plauen) (FDP) . . . . . . . . . . Jens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) . . Tagesordnungspunkt 43: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialge- setzbuch (Drucksache 17/10748) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bernd Scheelen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bettina Kudla (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 44: Antrag der Abgeordneten Niema Movassat, Eva Bulling-Schröter, Dr. Kirsten Tackmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Teller statt Tank – EU-Importver- bot für Kraft- und Brennstoffe aus Bio- masse (Drucksache 17/10683) . . . . . . . . . . . . . . . . . Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Helmut Heiderich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christiane Ratjen-Damerau (FDP) . . . . . . Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Christiane Ratjen-Damerau (FDP) . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Schindler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Gabriele Groneberg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Drit- ten Gesetzes zur Änderung des Tier- schutzgesetzes (Drucksache 17/10572) . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über den Stand der Entwick- lung des Tierschutzes 2011 (Tierschutz- bericht 2011) (Drucksache 17/6826) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Alexander Süßmair, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Landwirtschaftli- che Nutztierhaltung tierschutzgerecht, sozial und ökologisch gestalten (Drucksache 17/10694) . . . . . . . . . . . . . . Peter Bleser, Parl. Staatssekretär BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heinz Paula (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Alexander Süßmair (DIE LINKE) . . . . . . . . . Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dieter Stier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 46: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr, Bau und Stadtentwick- lung – zu dem Antrag der Abgeordneten Hans- Joachim Hacker, Ulrike Gottschalck, Heinz Paula, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Flugzeugbesatzun- gen und Reisende vor kontaminierter Kabinenluft schützen – zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Tressel, Cornelia Behm, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kontami- nierte Kabinenluft in Flugzeugen unter- binden (Drucksachen 17/7611, 17/7480, 17/9451) . . Peter Wichtel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Joachim Hacker (SPD) . . . . . . . . . . . . . Torsten Staffeldt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . 23677 D 23678 C 23679 D 23680 D 23681 C 23682 B 23683 B 23684 D 23686 A 23686 D 23687 B 23689 C 23689 C 23690 D 23692 C 23694 A 23695 C 23696 D 23697 D 23699 A 23699 D 23700 D 23701 A 23701 D 23703 B 23704 B 23705 B 23705 C 23705 C 23706 C 23708 A 23709 A 23709 A 23709 A 23709 B 23710 D 23712 B 23713 D 23714 C 23715 C 23717 A 23717 B 23718 B 23720 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. September 2012 III Thomas Lutze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Markus Tressel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Torsten Staffeldt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage 14 des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Zeitpunkt des Beginns der Energie- wende und Festhalten am Ziel des Ausbaus der erneuerbaren Energien im Stromsektor bis 2020 auf 40 Prozent (194. Sitzung, Drucksa- che 17/10736) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 23722 A 23722 D 23723 C 23724 D 23726 C 23727 A 23727 D 23728 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. September 2012 23653 (A) (C) (D)(B) 196. Sitzung Berlin, Freitag, den 28. September 2012 Beginn: 9.01 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. September 2012 23727 (A) (C) (D)(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/10736, Frage 14): Wann begann aus Sicht der Bundesregierung die Energie- wende – mit der Bitte um Nennung eines Datums oder einer politischen Entscheidung –, und hält die Bundesregierung an der Größenordnung ihrer Zielvorstellung, den Anteil der erneu- erbaren Energien im Stromsektor bis 2020 auf 40 Prozent aus- zubauen, fest, welche von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel in einem Interview mit der Zeit vom 12. Mai 2011 (vergleiche www.bundesregierung.de/Content/DE/Interview/2011/05/ 2011-05-12-merkel-zeit.html) genannt und in der Antwort auf meine schriftliche Frage 79 auf Bundestagsdrucksache 17/5990 von der Bundesregierung bestätigt wurde? Im Herbst 2010 hat die Bundesregierung mit ihrem Energiekonzept ein langfristiges, auf vier Jahrzehnte an- gelegtes Gesamtkonzept für die neue Art der Energiever- sorgung vorgelegt. Zentrale Elemente der Energiepolitik der Bundesregierung sind der dynamische Ausbau der erneuerbaren Energien und die ambitionierte Steigerung der Energieeffizienz. Mit den Beschlüssen vom Sommer 2011 hat die Bundesregierung die Grundlagen geschaf- fen, um die schon zuvor auf den Weg gebrachte Energie- wende beschleunigt umzusetzen. Ziele für die künftigen Anteile erneuerbarer Energien an der Stromversorgung in Deutschland sind im Energie- konzept der Bundesregierung dargelegt. Die genannte Zahl für das Jahr 2020 entspricht damals wie heute der Größenordnung des dort beschriebenen Ziels. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Aigner, Ilse CDU/CSU 28.09.2012 Alpers, Agnes DIE LINKE 28.09.2012 Bär, Dorothee CDU/CSU 28.09.2012 Behrens, Herbert DIE LINKE 28.09.2012 Burchardt, Ulla SPD 28.09.2012 Burkert, Martin SPD 28.09.2012 Drobinski-Weiß, Elvira SPD 28.09.2012 Funk, Alexander CDU/CSU 28.09.2012 Gabriel, Sigmar SPD 28.09.2012 Götz, Peter CDU/CSU 28.09.2012 Granold, Ute CDU/CSU 28.09.2012 Kolbe, Daniela SPD 28.09.2012 Korte, Jan DIE LINKE 28.09.2012 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.09.2012 Kumpf, Ute SPD 28.09.2012 Kurth (Quedlinburg), Undine BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.09.2012 Dr. Lauterbach, Karl SPD 28.09.2012 Mast, Katja SPD 28.09.2012 Dr. Murmann, Philipp CDU/CSU 28.09.2012 Nink, Manfred SPD 28.09.2012 Dr. Ott, Hermann E. BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.09.2012 Ploetz, Yvonne DIE LINKE 28.09.2012 Remmers, Ingrid DIE LINKE 28.09.2012 Schaaf, Anton SPD 28.09.2012 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.09.2012 Schlecht, Michael DIE LINKE 28.09.2012 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 28.09.2012 Seif, Detlef CDU/CSU 28.09.2012 Simmling, Werner FDP 28.09.2012 Dr. Stinner, Rainer FDP 28.09.2012 Vogler, Kathrin DIE LINKE 28.09.2012 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.09.2012 Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 28.09.2012 Dr. Westerwelle, Guido FDP 28.09.2012 Dr. Zimmer, Matthias CDU/CSU 28.09.2012 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 23728 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. September 2012 (A) (C) (D)(B) Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 900. Sitzung am 21. Sep- tember 2012 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Ab- satz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Zweites Gesetz zur Änderung arzneimittelrecht- licher und anderer Vorschriften Der Bundesrat hat ferner folgende Entschließungen gefasst: 1. Der Bundesrat befürchtet, dass die Offenlegung von Rabatten auf den Abgabepreis des pharmazeu- tischen Unternehmers hierzulande zu einer Preis- erosion in anderen Ländern, die im Rahmen ihrer Preisbildung auf den offiziellen deutschen Arznei- mittelpreis referenzieren, führen könnte. Ein nied- riger veröffentlichter Erstattungsbetrag könnte so- mit finanzielle Belastungen der Pharmaindustrie im Ausland zur Folge haben und damit auch die Preisverhandlungen in Deutschland belasten. Pharmaunternehmen könnten sich zudem gezwun- gen sehen, auf eine Ausbietung im deutschen Markt zu verzichten, um negative wirtschaftliche Auswirkungen auf das Auslandsgeschäft zu ver- meiden, so dass Patientinnen und Patienten unter Umständen bestimmte Therapieoptionen nicht zur Verfügung stehen werden. Ein erstes Beispiel für ein derartiges Verhalten ist bereits in der Indikation Epilepsie bekannt geworden. Deshalb bittet der Bundesrat die Bundesregie- rung, 24 Monate nach Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften über die Erfahrungen mit der Preisbildung und Erstattung von Arznei- mitteln mit neuen Wirkstoffen zu berichten. Begründung: Das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittel- markts in der gesetzlichen Krankenversicherung (AMNOG) sieht eine Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss mit an- schließender Preisverhandlung zwischen pharma- zeutischem Unternehmer und GKV-Spitzenver- band für neue Arzneimittel mit Zusatznutzen vor. Das Ergebnis der Preisverhandlung ist ein Rabatt auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Un- ternehmers (ApU), der vom pharmazeutischen Unternehmer ursprünglich festgelegt wurde. § 130b Absatz 1 SGB V sieht vor, dass der Rabatt vom pharmazeutischen Unternehmer über den pharmazeutischen Großhandel und die Apothe- ken an die gesetzlichen Krankenkassen und die Privatversicherten durchgereicht wird, während der Listenpreis, der ApU, ausweislich der Geset- zesbegründung zu § 130b SGB V in der Fassung des Arzneimittelneuordnungsgesetzes, unverän- dert bleibt. Der Rabatt wird zu diesem Zweck in den entsprechenden Arzneimitteldatenbanken der Ärzte und Apotheker ausgewiesen und wird so- mit öffentlich. Die Offenlegung des Rabatts hierzulande wird vo- raussichtlich durch Preisreferenzierung zu einer Preiserosion in anderen Ländern führen. Dies könnte nicht beabsichtigte, wirtschaftlich nachtei- lige Effekte für pharmazeutische Unternehmer in den Referenzpreisländern zur Folge haben und für Patientinnen und Patienten hierzulande bedeuten, dass sie wichtige Innovationen nicht erhalten. Im Sinne eines lernenden Systems sollte die Ent- wicklung beobachtet und evaluiert werden, um gegebenenfalls die Regelungen über die Verein- barungen zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und pharmazeutischen Unter- nehmern über Erstattungsbeträge für Arzneimittel nachbessern zu können. 2. Der Bundesrat befürchtet, dass die Umsetzung der Richtlinie 2011/62/EU durch Artikel 1 Nummer 57 (§ 72a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2, Absatz 1a Nummer 4, 6, 7 und 8 AMG) in Verbindung mit Artikel 15 Absatz 5 (Inkrafttreten) des Zweiten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften ab dem 2. Juli 2013 dazu führt, dass pharmazeutische Wirkstoffe aus Län- dern außerhalb der EU nicht mehr eingeführt wer- den können, weil die nach der Neufassung des § 72a AMG erforderlichen Bestätigungen der zu- ständigen Behörden der Drittländer nicht bei der Einfuhr vorgelegt werden können. Deshalb fordert der Bundesrat die Bundesregie- rung auf, unmittelbar nach Verkündung des Zwei- ten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtli- cher und anderer Vorschriften an die Kommission heranzutreten und sich dringlich dafür einzuset- zen, dass die in Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie 2011/62/EU genannte Überlei- tungsfrist zunächst um mindestens ein Jahr, das heißt auf den 2. Juli 2014, verlängert wird. Begründung: Das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrecht- licher und anderer Vorschriften sieht in Umsetzung der genannten EU-Richtlinie vor, dass ab dem 2. Juli 2013 pharmazeutische Wirkstoffe nur noch dann eingeführt werden können, wenn eine von den Behörden des Ursprungslands ausgestellte Bestäti- gung vorliegt, wonach die im wirkstoffherstellen- den Betrieb angewendeten Good Manufactoring Practice (GMP)-Standards denen der EU zumindest gleichwertig sind, der Betrieb regelmäßigen Kont- rollen und Maßnahmen, einschließlich wiederhol- ter und unangekündigter Inspektion, unterliegt und festgestellte Verstöße vom Drittstaat unverzüglich an die EU weitergeleitet werden. Es ist jedoch deutlich abzusehen, dass von einem überwiegenden Teil der Länder außerhalb der EU die Bestätigungen mit dem vorgesehenen Inhalt nicht beziehungsweise nicht rechtzeitig zum 2. Juli 2013 ausgestellt werden. Schon angesichts der Vielzahl von wirkstoffherstellenden Unternehmen und der Vielzahl von Herstellungsländern außer- halb der EU ist vielmehr davon auszugehen, dass allenfalls für einen geringen Anteil von Unterneh- men die Bestätigung ausgestellt sein wird. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. September 2012 23729 (A) (C) (D)(B) Es wird daher eine Einfuhr von pharmazeutischen Wirkstoffen in die EU in bisherigem Umfang nicht mehr möglich sein. Eine Versorgung der in der EU ansässigen Arzneimittelindustrien mit pharmazeu- tischen Wirkstoffen kann nicht mehr ausreichend gewährleistet werden, denn etwa 80 Prozent der benötigten Wirkstoffe stammen aus EU-Drittlän- dern, nur etwa 20 Prozent werden in der EU selbst produziert. Dies deckt den Bedarf der Arzneimit- telhersteller nicht, gefährdet die Marktversorgung mit Arzneimitteln und läuft damit dem Interesse der Patientinnen und Patienten zuwider. Daher ist eine verlängerte Umsetzungsfrist sei- tens der EU erforderlich, damit sich Behörden und Unternehmen in den Ländern außerhalb der EU auf die neuen Anforderungen hinreichend vorbereiten können, und danach eine entspre- chende Anpassung durch künftige erneute Ände- rung des Arzneimittelgesetzes vornehmen. – Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversiche- rung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz – PNG) – Gesetz zur Reform des Kapitalanleger-Muster- verfahrensgesetzes und zur Änderung anderer Vorschriften – Gesetz zur Stärkung der Täterverantwortung – Gesetz zur Änderung des Geodatenzugangsgesetzes – Drittes Gesetz zur Änderung wohnungsrecht- licher Vorschriften – Gesetz zu dem Übereinkommen vom 9. Dezember 2011 über den Internationalen Suchdienst – Gesetz zu dem Übereinkommen des Europarats vom 16. Mai 2005 zur Bekämpfung des Men- schenhandels – Gesetz zu dem Abkommen vom 7. Dezember 2011 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbelastung bei der Bankenabgabe – Gesetz zu dem Abkommen vom 7. Oktober 2011 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Mauritius zur Vermeidung der Dop- pelbelastung und der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen – Gesetz zu dem Abkommen vom 19. und 28. Dezem- ber 2011 zwischen dem Deutschen Institut in Taipeh und der Taipeh Vertretung in der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteue- rung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung hinsichtlich der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen Der Bundesrat hat in seiner 900. Sitzung am 21. Sep- tember 2012 beschlossen, zu dem am 31. August 2012 zugeleiteten nachstehenden Gesetzentwurf gemäß Arti- kel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes eine Verlängerung der Frist zur Stellungnahme zu verlangen. – Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richt- linie 2012/…/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Anpassung des Aufsichtsrechts an die Verord- nung (EU) Nr. …/2012 über die Aufsichtsanforde- rungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (CRD IV-Umsetzungsgesetz) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Eu- roparats im Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2011 – Drucksachen 17/9890, 17/10195 Nr.1 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Eu- roparats im Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2011 – Drucksachen 17/9891, 17/10195 Nr.2 – Ausschuss für Wirtschaft und Technologie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Umsetzung des 10-Punkte-Sofortprogramms zum Energiekonzept – Drucksache 17/9262 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Tätigkeitsbericht 2008 bis 2009 der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen und Stellungnahme der Bundesregierung – Drucksache 17/9400, 17/9802 Nr. 1.6 – Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Verkehrsinvestitionsbericht für das Berichtsjahr 2010 – Drucksachen 17/8700, 17/10024 Nr. 1 – Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zu den abfallwirtschaft- lichen Auswirkungen der §§ 9 bis 13 des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes – Drucksachen 17/4517, 17/4742 Nr. 1.5 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Sondergutachten des Sachverständigenrates für Um- weltfragen Wege zur 100% erneuerbaren Stromversorgung – Drucksachen 17/4890, 17/5820 Nr. 1.3 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Erfahrungsbericht 2011 zum Erneuerbare-Energien- Gesetz (EEG-Erfahrungsbericht 2011) – Drucksachen 17/6085, 17/6392 Nr. 1.6 – 23730 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. September 2012 (A) (C) (D)(B) – Unterrichtung durch die Bundesregierung Hauptgutachten 2011 des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen Welt im Wandel – Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation – Drucksachen 17/7331, 17/7702 Nr. 1.2 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 17/9797 Nr. A.2 EP P7_TA-PROV(2012)0142 Drucksache 17/9797 Nr. A.3 Ratsdokument 9288/12 Rechtsausschuss Drucksache 17/8426 Nr. A.12 Ratsdokument 17968/11 Drucksache 17/9647 Nr. A.6 Ratsdokument 8905/12 Drucksache 17/10208 Nr. A.8 Ratsdokument 8853/1/12 REV 1 Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Drucksache 17/10208 Nr. A.9 Ratsdokument 10266/12 Drucksache 17/10208 Nr. A.10 Ratsdokument 10785/12 Drucksache 17/10208 Nr. A.11 Ratsdokument 10786/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.39 Ratsdokument 11125/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.40 Ratsdokument 11145/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.41 Ratsdokument 11868/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.42 Ratsdokument 12093/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.43 Ratsdokument 12407/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.44 Ratsdokument 12825/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.45 Ratsdokument 13050/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.46 Ratsdokument 13186/12 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 17/10208 Nr. A.13 Ratsdokument 10420/12 Drucksache 17/10208 Nr. A.14 Ratsdokument 10575/12 Drucksache 17/10208 Nr. A.15 Ratsdokument 10700/12 Drucksache 17/10208 Nr. A.16 Ratsdokument 10702/12 Drucksache 17/10208 Nr. A.17 Ratsdokument 10705/12 Ausschuss für Arbeit und Soziales Drucksache 17/10208 Nr. A.18 Ratsdokument 10505/12 Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Drucksache 17/10028 Nr. A.7 Ratsdokument 10035/12 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 17/3955 Nr. A.17 Ratsdokument 16036/10 Drucksache 17/4116 Nr. A.7 Ratsdokument 15770/10 Drucksache 17/4116 Nr. A.8 Ratsdokument 16046/10 Drucksache 17/4598 Nr. A.19 Ratsdokument 18249/10 Drucksache 17/4598 Nr. A.20 Ratsdokument 18257/10 Drucksache 17/4927 Nr. A.27 Ratsdokument 5965/11 Drucksache 17/6010 Nr. A.18 Ratsdokument 9896/11 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 17/10028 Nr. A.9 Ratsdokument 9793/12 Drucksache 17/10028 Nr. A.10 Ratsdokument 9947/12 Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 17/8227 Nr. A.52 Ratsdokument 17575/11 Drucksache 17/10028 Nr. A.12 Ratsdokument 9500/12 196. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 41 Rechte von Patientinnen und Patienten TOP 42 Staatliche Förderung von Sport und Kultur TOP 43 SGB XII (Erstattungszahlungen des Bundes) TOP 44 EU-Importverbot für Biokraftstoffe und Biomasse TOP 13 Tierschutz TOP 46 Kontaminierte Kabinenluft in Flugzeugen Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Heinz Paula


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Wir wissen, dass die Bundesregierung sehr selten gelobt
    wird – zu Recht.


    (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Wir loben und preisen sie jeden Tag!)


    Ihre Arbeit zeichnet sich in der Regel dadurch aus, dass
    man zerstritten und planlos ist und sich permanenten
    Richtungswechseln aussetzt. Frau Ministerin Aigner ist
    hier weiß Gott keine Ausnahme. Im Gegenteil! Es ist in-
    zwischen fast legendär: Mittlerweile hat sie den Titel
    Ankündigungsministerin.


    (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Stimmt!)


    Vor einem Jahr erschien der Tierschutzbericht der
    Bundesregierung. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen:
    Damals kam bei mir eine gewisse Hoffnung auf, dass
    sich hier endlich einmal etwas bewegt, dass sich diese
    Bundesregierung und diese Regierungskoalition endlich
    einmal gegen die immer gleich jammernden Lobbyisten
    durchzusetzen vermögen. Denn es steht auf 62 Seiten
    schwarz auf weiß wirklich alles, was die Situation unse-





    Heinz Paula


    (A) (C)



    (D)(B)


    rer Tiere anbelangt. Dazu kann ich nur sagen: Kompli-
    ment an die Mitarbeiter, die das Ganze erarbeitet haben.

    Bei mir war, wie gesagt, eine gewisse Hoffnung da,
    dass sich jetzt endlich etwas bewegt. Dann allerdings
    kam die sogenannte Novelle des Tierschutzgesetzes. Da-
    mit wird man sehr schnell, sehr brutal auf den Boden der
    Realität zurückgeholt. Von all den guten Ansätzen im
    Tierschutzbericht findet sich in der Novelle das Allerwe-
    nigste wieder. Nach den Ausführungen des Staatssekre-
    tärs Peter Bleser muss ich feststellen: Das Ganze kommt
    sogar noch schlimmer; darauf werde ich später eingehen.

    Lassen Sie mich einige Punkte herausgreifen. Beim
    Thema Tierversuche finde ich es zunächst einmal posi-
    tiv, dass die EU-Tierversuchsrichtlinie entsprechend
    umgesetzt werden soll und hier die ersten Ansätze
    vorhanden sind, zum Beispiel bei der Umsetzung des
    3-R-Prinzips – Sie kennen das –: vermeiden, vermin-
    dern, verbessern. Gut so! Aber wieso wird dann kein kla-
    rer gesetzlicher Auftrag zur Förderung und Verbreitung
    von 3-R-Methoden und von tierversuchsfreier For-
    schung direkt im Tierschutzgesetz als Vorrangziel veran-
    kert? Meine Sorge ist: Im Verlauf des Verfahrens wird
    das Ganze auf dem Verordnungsweg sehr schnell ver-
    schüttgehen, und damit wäre eine Riesenchance vertan.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Da wir gerade beim Tierelend sind: Die Bundesregie-
    rung benennt im Tierschutzbericht in der Tat alle Pro-
    bleme, die wir haben, etwa die betäubungslose Kastra-
    tion und das Kupieren von Schwänzen bei Ferkeln. Sie
    verweist auf die Diskussion über die Käfighaltung von
    Legehennen. Auch der völlig überflüssige und schmerz-
    hafte Pferdeschenkelbrand soll verboten werden. Die
    Bundesregierung, Herr Staatssekretär, scheint alle Pro-
    bleme wirklich zu kennen. Aber was macht sie konkret
    daraus? Schlicht und ergreifend nichts! Das ist leider die
    brutale Wahrheit.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ferkel sollen doch tatsächlich erst in Zukunft nicht
    mehr betäubungslos kastriert werden. Man stelle sich
    vor: Millionen von Ferkeln werden bis 2017 sinnlos
    traktiert, obwohl es – Herr Staatssekretär hat darauf hin-
    gewiesen – eine Fülle von Ersatzmethoden gibt, die um
    ein Vielfaches tiergerechter wären. Schweine, Geflügel,
    Rinder werden für die Haltung entsprechend „zurechtge-
    stutzt“, und zwar mit dem Segen der Bundesregierung
    und der schwarz-gelben Koalition. Es wird weiterhin
    ignoriert, dass die Tiere in Deutschland völlig unnötig
    Angst und Schmerzen ausgesetzt sind.

    Einzig beim Schenkelbrand schien doch tatsächlich
    die Vernunft Einzug zu halten und hier ein entsprechen-
    des Verbot auszusprechen. Aber, Kolleginnen und Kolle-
    gen, ich muss einmal ganz ehrlich sagen: Hier ist ein
    Vertreter der Bundesregierung anwesend. Seine Ministe-
    rin schlägt vor, den Schenkelbrand zu verbieten. Dann
    aber wird vom zuständigen Staatssekretär die Gültigkeit
    des Struck’schen Gesetzes betont: Schauen wir einmal,
    ob das Ganze in dieser Form irgendwann rechtskräftig

    wird. – Ja, wo leben wir denn hier eigentlich, wenn sich
    die Regierung derartig selbst zerlegt? Ich kann nur sa-
    gen: Kompliment, Herr Schenkelbrandbeauftragter
    Stier!


    (Dieter Stier [CDU/CSU]: Gute Bezeichnung! Vielen Dank!)


    Mir scheint, Sie haben gute Arbeit geleistet. Aber ich
    sage Ihnen ganz ehrlich: Auch da sind Sie absolut auf
    dem Holzweg.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU)


    Lassen Sie mich zu einem weiteren Punkt kommen.
    Es ist zunächst einmal richtig, dass der Tierschutzbericht
    der Bundesregierung alle Probleme im Bereich der ge-
    samten Produktionskette der landwirtschaftlichen Nutz-
    tiere anspricht. Zu lange Transportwege sollen vermie-
    den werden – das können Sie auf Seite 16 des Berichts
    nachlesen –, die Schlachtung soll tierschutzgerechter er-
    folgen. Jetzt stellt sich wieder die spannende Frage: Was
    macht die Bundesregierung? In diesem Bereich wie üb-
    lich nichts! Es gibt faktisch keine Begrenzung der abso-
    luten Tiertransportdauer. Wir hören immer wieder von
    Frau Ministerin Aigner, dass Deutschland Vorbild im
    Bereich des Tierschutzes wäre. Ich frage mich: Wo sind
    wir denn angesichts dieser unsäglichen, miserablen Ar-
    beitsbedingungen im Bereich der Schlachtbetriebe Vor-
    bild?


    (Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Ein Skandal!)


    Das Ausland betreibt im Grund genommen einen
    Schlachttourismus nach Deutschland. Wir kennen doch
    die Situation in den Schlachthöfen: Akkordarbeit und
    Hungerlöhne. Bei über 59 Millionen getöteten Schwei-
    nen im Jahr ist die Fehlerquote in den Schlachtanlagen
    bei der Betäubung derartig hoch, dass man im Grunde
    nur von einem Skandal sprechen kann.


    (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das stimmt nicht, Herr Paula! Sie wissen auch, dass das nicht stimmt!)


    Kurz gesagt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
    CDU/CSU und FDP: Sie verweigern die Chancen, die
    Sie hätten, komplett. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Ich
    bin etwas überrascht. Wann öffnen Sie endlich die Au-
    gen? Ihre eigenen Minister in den Landesregierungen
    haben über 50 Änderungsvorschläge im Bundesrat ein-
    gebracht. Einige wenige werden angenommen. Das ist
    auch gut so; das lobe ich ausdrücklich. Aber das Gros
    fällt komplett unter den Tisch, nämlich wenn es darum
    geht, konkrete Verbesserungen durchzuführen, zum Bei-
    spiel bei tierschutzwidrigen Amputationen und Manipu-
    lationen wie Schnabelkürzen.

    Wie Sie wissen, richtet sich der Verbraucher inzwi-
    schen komplett anders aus. Das zeigen auch Umfragen
    Ihres eigenen Ministeriums. Die Handelskette Rewe
    zum Beispiel setzt sehr stark auf die Verantwortung ge-
    genüber den Tieren. Selbst Wiesenhof geht mit der Pri-





    Heinz Paula


    (A) (C)



    (D)(B)


    vathofhaltung neue Wege, die wir nur unterstützen kön-
    nen.


    (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ein Augsburger als Werder-Fan!)


    Das sind Ansatzpunkte, durch die sich etwas in die
    richtige Richtung bewegen kann. Aber dazu ist es auch
    notwendig, dass die Bundesregierung endlich in der
    Wirklichkeit ankommt und die Themen, die in der Öf-
    fentlichkeit breit diskutiert werden – bewusste Ernäh-
    rung, tierschonende und nachhaltige Landwirtschaft –,
    entsprechend Einzug finden.

    Allerdings kommen einem manchmal Zweifel, wenn
    man sieht, was von der Regierungskoalition vorgelegt
    wird. Ich habe hier zum Beispiel ein Papier zur Position
    der CDU/CSU gegenüber der Landwirtschaft mitge-
    bracht. Die sieben Seiten sprechen Bände.


    (Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Gut, gell?)


    Noch dünner geht es wohl nicht. Darin steht, dass der
    Tierschutz einzig und allein – wie heißt es so schön? –
    mehr Werbung bedarf. Die Agrarforschung wird zwar
    auch erwähnt, aber die Öffentlichkeitsarbeit scheint Ih-
    nen einer der wichtigsten Punkte zu sein. Ansonsten
    kann ich im Sinne von Tierschutz nicht viel aus diesem
    Papier herauslesen.

    Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Men-
    schen in unserem Land kennen die wirklichen Probleme
    im Bereich des Tierschutzes. Im Gegensatz zur Bundes-
    regierung und zu der sie tragenden Regierungskoalition
    werden die Wählerinnen und Wähler die Konsequenzen
    daraus ziehen: Steinbrück wählen.

    Ich bedanke mich sehr herzlich.


    (Beifall bei der SPD)




Rede von Katrin Dagmar Göring-Eckardt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Kollege Hans-Michael Goldmann hat jetzt das

Wort für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Michael Goldmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Gestern Morgen beim Frühstück des Deutschen Tier-
    schutzbundes sagte Herr Schröder, der neue Präsident
    des Tierschutzbundes: Tiere haben keinen Preis; Tiere
    haben einen Wert.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Eva BullingSchröter [DIE LINKE]: Genau! – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da hat er recht!)


    Das ist die Botschaft, die wir mit der Novelle des Tier-
    schutzgesetzes untermauern.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ich will damit nicht sagen, dass wir in all den Punk-
    ten, die den einen oder anderen bewegen, gleich die Wei-
    chen in die Richtung stellen, was langfristig sicherlich
    nötig ist. Aber lassen Sie uns erst einmal in die Arbeit
    einsteigen, Herr Paula. Lassen Sie uns erst einmal die
    parlamentarische Beratung vollziehen. Dann machen wir
    eine Anhörung, in der wir uns von Fachleuten sagen las-
    sen, was bei den einzelnen Paragrafen zu verbessern ist.
    Dann versuchen wir, das hinzubekommen, was wir ges-
    tern Abend im Plenum erlebt haben – bei Bussen im
    Fernverkehr scheint das leichter zu sein –: eine gemein-
    same Lösung des Parlaments. Denn es macht keinen
    Sinn, dass wir im Deutschen Bundestag einen Gesetzent-
    wurf verabschieden, der dann in den Ländern auf andere
    Mehrheiten trifft oder auf kommunaler Ebene auf Ableh-
    nung stößt.

    Deswegen schlage ich vor, einmal zurückzublicken:
    Wir haben damals den Grundgedanken des Tierschutzes
    ins Grundgesetz eingebracht, und nun gehen wir daran,
    das umzusetzen. Jetzt geht es um die Frage: Was ist Tier-
    wohl? Ich meine, dass der Gedanke der Eigenkontrolle,
    der im Gesetzentwurf verankert worden ist, richtig ist.
    Bauern wissen, was ihren Tieren guttut. Daran kann kein
    Zweifel bestehen.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Kein Bauer ist sozusagen so blöd, nicht das Wohl seines
    Tieres im Blick zu haben. Er weiß, dass er sonst als Tier-
    halter nicht erfolgreich ist. Das ist eine Grundkenntnis.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Reden wir über ethische Grenzen. Damit bin ich so-
    fort einverstanden. Wir können auch über Qualzucht re-
    den, aber qualifiziert. Was bisher in § 11 b des Gesetz-
    entwurfs steht, ist nicht der Weisheit letzter Schluss.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


    Die Unterscheidung zwischen „wenn damit gerechnet
    werden muss“ und „wenn züchterische Erkenntnisse
    vorliegen“ wird auch vom Wissenschaftlichen Dienst
    sehr kritisch beurteilt. Ich bin strikt dagegen, die Qual-
    zuchtverantwortung nur im Hinblick auf die züchteri-
    schen Überlegungen der Rassegeflügelhalter aufzuneh-
    men; das kann nicht sein. Aber wir dürfen sie auch nicht
    außen vor lassen. Ich glaube, da sind wir uns einig.

    Wir sollten da herangehen und schauen, wie die Ös-
    terreicher Qualzucht definieren.


    (Heinz Paula [SPD]: Genau! Das ist ein Ansatz!)


    Da können wir vielleicht von anderen lernen, und dann
    machen wir ein richtig gutes Gesetz.

    Wir müssen aber auch fair sein und zur Kenntnis neh-
    men, dass alle anderen Länder in Europa – außer viel-
    leicht die Niederlande oder Österreich – die betäubungs-
    lose Kastration erst 2018 oder noch später verbieten
    wollen.


    (Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Das macht es aber leider nicht besser!)






    Hans-Michael Goldmann


    (A) (C)



    (D)(B)


    Wir sind Vorreiter in diesem Punkt.

    Wir sind auch Vorreiter bei den Haltungssystemen –
    auch wenn das dem einen oder anderen nicht gefällt. In
    Deutschland dürfen weniger Tiere auf einem Quadrat-
    meter gehalten werden als in Italien, Spanien oder den
    Niederlanden. In Deutschland dürfen weniger Kilo-
    gramm auf einem Quadratmeter gezüchtet werden als in
    anderen Ländern.

    Wenn wir zu schnell voranschreiten, werden massiv
    Eier aus den Ländern importiert werden, in denen die
    Tiere nicht so gehalten werden wie bei uns.


    (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Minister fördert das doch!)


    Dann sagen unsere Geflügelhalter: Was ist denn da los?
    Es kann doch wohl nicht wahr sein, dass die Märkte ka-
    puttgemacht werden! – Das muss man alles vernünftig
    gegeneinander abwägen.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Wir unterhalten uns auch über Entwicklungen im
    Kleintier- und Haustierbereich. Zum Beispiel ist die Si-
    tuation von Katzen in bestimmten Bereichen nicht in
    Ordnung. Darum kümmern wir uns und finden gemein-
    same Lösungen: chippen und registrieren. Aber wir müs-
    sen auch gemeinsam Mittel bereitstellen, damit die Re-
    gistrierungen wirklich erfolgen können. Nur so können
    wir den Tierheimen helfen.

    Außerdem unterhalten wir uns über Schenkelbrand.
    Wenn es tierschutzrechtlich nicht möglich ist, den
    Schenkelbrand weiter zu setzen, weil ein Chip das er-
    füllt, was wir vom Schenkelbrand erwarten, dann dürfen
    wir nicht mehr brennen. Das ist ganz einfach.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Heinz Paula [SPD]: Genau so ist es!)


    Nebenbei: Wenn wir das nicht hier im Parlament ent-
    scheiden, dann entscheidet es ein Gericht.


    (Heinz Paula [SPD]: Ja!)


    Das, denke ich, wollen wir aber nicht. Deswegen müssen
    wir das fachlich sauber abarbeiten.

    Jetzt will ich noch etwas zu den Versuchstieren sagen.
    Liebe Freunde, an diesem Thema arbeite ich schon ei-
    nige Jahrzehnte. Ich hatte auch eine Tierarztausbildung,
    und wir wissen ja, Wilhelm Priesmeier, was wir damals
    mit den Ratten bei den Versuchen gemacht haben. Es
    will doch keiner den Tierversuch um des Tierversuchs
    willen, sondern wir wollen Tierversuche nur an be-
    stimmten Stellen, aber wir wollen auch die Alternativen.
    Wir wollen, dass der Wissenschaftler sich immer dann
    für die Alternative entscheidet, wenn sie für das Ver-
    suchsergebnis, das Zuchtergebnis oder das Forschungs-
    ergebnis sinnvoll ist.

    Dafür müssen wir Geld bereitstellen. Herr Paula, man
    muss doch auch einmal anerkennen, dass mit diesem
    Haushalt zum ersten Mal überhaupt Mittel in beachtli-

    cher Höhe für die Forschung in diesen Bereichen zur
    Verfügung gestellt werden.


    (Heinz Paula [SPD]: Gut!)


    Lassen Sie uns das gemeinsam ausbauen und die For-
    schung vertiefen. Denn wir wissen alle, dass die For-
    schungsgrundlagen für die Entscheidungen, die wir im
    Tierschutzbereich treffen, verschwindend gering sind.
    Wir wissen in vielen Bereichen nicht, wie sich das aus-
    wirkt, wenn wir zum Beispiel auf das Kupieren von
    Schwänzen verzichten. Wir wissen nicht, ob die Schäden
    dann nicht möglicherweise sogar größer sind, weil die
    Tiere nicht mehr so miteinander umgehen, wie wir es
    uns wünschen.

    Deswegen bin ich bei der ersten Beratung dieses Ge-
    setzes ganz gelassen. Wir werden ein gutes Gesetz
    – nach Möglichkeit gemeinsam – auf den Weg bringen,
    und wir wollen ein Gesetz, was auf Dauerhaftigkeit an-
    gelegt ist. Denn es hat keinen Sinn, jetzt ein Gesetz zu
    machen, das schon in allernächster Zeit korrigiert wer-
    den muss. In diesem Sinne wünsche ich uns eine gute
    Beratung.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)