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    Plenarprotokoll 17/196 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 196. Sitzung Berlin, Freitag, den 28. September 2012 I n h a l t : Absetzung des Zusatztagesordnungspunk- tes 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 41: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten (Drucksache 17/10488) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Kathrin Vogler, Dr. Martina Bunge, Katrin Kunert, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Mehr Rechte für Patientinnen und Patienten (Drucksache 17/6489) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Maria Klein- Schmeink, Ingrid Hönlinger, Fritz Kuhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Rechte von Patientinnen und Patienten durch- setzen (Drucksache 17/6348) . . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr, Bundesminister BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Marlies Volkmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Zöller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) . . . . . . . . Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erwin Rüddel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Edgar Franke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Rudolf Henke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 42: a) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Aufnahme von Kultur und Sport in das Grundgesetz (Drucksache 17/10644) . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Katrin Kunert, Dr. Dietmar Bartsch, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Die Förderung des Sports ist Aufgabe des Staates (Drucksache 17/6152) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Dr. Lukrezia Jochimsen, Jan Korte, Agnes Alpers, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Kultur gut stärken – Staatsziel Kultur im Grundgesetz verankern (Drucksache 17/10785 (neu)) . . . . . . . . . . Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . . . Dr. Franz Josef Jung (CDU/CSU) . . . . . . . . . Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Stefan Ruppert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23653 A 23653 B 23653 B 23653 C 23653 D 23655 D 23657 A 23658 D 23660 B 23661 C 23662 D 23664 C 23666 A 23667 A 23667 D 23669 C 23671 A 23672 C 23672 C 23672 D 23673 A 23673 C 23674 C 23675 D 23676 A 23676 D Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. September 2012 Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Reiner Deutschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Günther (Plauen) (FDP) . . . . . . . . . . Jens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) . . Tagesordnungspunkt 43: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialge- setzbuch (Drucksache 17/10748) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bernd Scheelen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bettina Kudla (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 44: Antrag der Abgeordneten Niema Movassat, Eva Bulling-Schröter, Dr. Kirsten Tackmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Teller statt Tank – EU-Importver- bot für Kraft- und Brennstoffe aus Bio- masse (Drucksache 17/10683) . . . . . . . . . . . . . . . . . Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Helmut Heiderich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christiane Ratjen-Damerau (FDP) . . . . . . Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Christiane Ratjen-Damerau (FDP) . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Schindler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Gabriele Groneberg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Drit- ten Gesetzes zur Änderung des Tier- schutzgesetzes (Drucksache 17/10572) . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über den Stand der Entwick- lung des Tierschutzes 2011 (Tierschutz- bericht 2011) (Drucksache 17/6826) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Alexander Süßmair, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Landwirtschaftli- che Nutztierhaltung tierschutzgerecht, sozial und ökologisch gestalten (Drucksache 17/10694) . . . . . . . . . . . . . . Peter Bleser, Parl. Staatssekretär BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heinz Paula (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Alexander Süßmair (DIE LINKE) . . . . . . . . . Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dieter Stier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 46: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr, Bau und Stadtentwick- lung – zu dem Antrag der Abgeordneten Hans- Joachim Hacker, Ulrike Gottschalck, Heinz Paula, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Flugzeugbesatzun- gen und Reisende vor kontaminierter Kabinenluft schützen – zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Tressel, Cornelia Behm, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kontami- nierte Kabinenluft in Flugzeugen unter- binden (Drucksachen 17/7611, 17/7480, 17/9451) . . Peter Wichtel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Joachim Hacker (SPD) . . . . . . . . . . . . . Torsten Staffeldt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . 23677 D 23678 C 23679 D 23680 D 23681 C 23682 B 23683 B 23684 D 23686 A 23686 D 23687 B 23689 C 23689 C 23690 D 23692 C 23694 A 23695 C 23696 D 23697 D 23699 A 23699 D 23700 D 23701 A 23701 D 23703 B 23704 B 23705 B 23705 C 23705 C 23706 C 23708 A 23709 A 23709 A 23709 A 23709 B 23710 D 23712 B 23713 D 23714 C 23715 C 23717 A 23717 B 23718 B 23720 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. September 2012 III Thomas Lutze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Markus Tressel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Torsten Staffeldt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage 14 des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Zeitpunkt des Beginns der Energie- wende und Festhalten am Ziel des Ausbaus der erneuerbaren Energien im Stromsektor bis 2020 auf 40 Prozent (194. Sitzung, Drucksa- che 17/10736) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 23722 A 23722 D 23723 C 23724 D 23726 C 23727 A 23727 D 23728 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. September 2012 23653 (A) (C) (D)(B) 196. Sitzung Berlin, Freitag, den 28. September 2012 Beginn: 9.01 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. September 2012 23727 (A) (C) (D)(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/10736, Frage 14): Wann begann aus Sicht der Bundesregierung die Energie- wende – mit der Bitte um Nennung eines Datums oder einer politischen Entscheidung –, und hält die Bundesregierung an der Größenordnung ihrer Zielvorstellung, den Anteil der erneu- erbaren Energien im Stromsektor bis 2020 auf 40 Prozent aus- zubauen, fest, welche von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel in einem Interview mit der Zeit vom 12. Mai 2011 (vergleiche www.bundesregierung.de/Content/DE/Interview/2011/05/ 2011-05-12-merkel-zeit.html) genannt und in der Antwort auf meine schriftliche Frage 79 auf Bundestagsdrucksache 17/5990 von der Bundesregierung bestätigt wurde? Im Herbst 2010 hat die Bundesregierung mit ihrem Energiekonzept ein langfristiges, auf vier Jahrzehnte an- gelegtes Gesamtkonzept für die neue Art der Energiever- sorgung vorgelegt. Zentrale Elemente der Energiepolitik der Bundesregierung sind der dynamische Ausbau der erneuerbaren Energien und die ambitionierte Steigerung der Energieeffizienz. Mit den Beschlüssen vom Sommer 2011 hat die Bundesregierung die Grundlagen geschaf- fen, um die schon zuvor auf den Weg gebrachte Energie- wende beschleunigt umzusetzen. Ziele für die künftigen Anteile erneuerbarer Energien an der Stromversorgung in Deutschland sind im Energie- konzept der Bundesregierung dargelegt. Die genannte Zahl für das Jahr 2020 entspricht damals wie heute der Größenordnung des dort beschriebenen Ziels. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Aigner, Ilse CDU/CSU 28.09.2012 Alpers, Agnes DIE LINKE 28.09.2012 Bär, Dorothee CDU/CSU 28.09.2012 Behrens, Herbert DIE LINKE 28.09.2012 Burchardt, Ulla SPD 28.09.2012 Burkert, Martin SPD 28.09.2012 Drobinski-Weiß, Elvira SPD 28.09.2012 Funk, Alexander CDU/CSU 28.09.2012 Gabriel, Sigmar SPD 28.09.2012 Götz, Peter CDU/CSU 28.09.2012 Granold, Ute CDU/CSU 28.09.2012 Kolbe, Daniela SPD 28.09.2012 Korte, Jan DIE LINKE 28.09.2012 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.09.2012 Kumpf, Ute SPD 28.09.2012 Kurth (Quedlinburg), Undine BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.09.2012 Dr. Lauterbach, Karl SPD 28.09.2012 Mast, Katja SPD 28.09.2012 Dr. Murmann, Philipp CDU/CSU 28.09.2012 Nink, Manfred SPD 28.09.2012 Dr. Ott, Hermann E. BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.09.2012 Ploetz, Yvonne DIE LINKE 28.09.2012 Remmers, Ingrid DIE LINKE 28.09.2012 Schaaf, Anton SPD 28.09.2012 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.09.2012 Schlecht, Michael DIE LINKE 28.09.2012 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 28.09.2012 Seif, Detlef CDU/CSU 28.09.2012 Simmling, Werner FDP 28.09.2012 Dr. Stinner, Rainer FDP 28.09.2012 Vogler, Kathrin DIE LINKE 28.09.2012 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.09.2012 Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 28.09.2012 Dr. Westerwelle, Guido FDP 28.09.2012 Dr. Zimmer, Matthias CDU/CSU 28.09.2012 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 23728 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. September 2012 (A) (C) (D)(B) Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 900. Sitzung am 21. Sep- tember 2012 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Ab- satz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Zweites Gesetz zur Änderung arzneimittelrecht- licher und anderer Vorschriften Der Bundesrat hat ferner folgende Entschließungen gefasst: 1. Der Bundesrat befürchtet, dass die Offenlegung von Rabatten auf den Abgabepreis des pharmazeu- tischen Unternehmers hierzulande zu einer Preis- erosion in anderen Ländern, die im Rahmen ihrer Preisbildung auf den offiziellen deutschen Arznei- mittelpreis referenzieren, führen könnte. Ein nied- riger veröffentlichter Erstattungsbetrag könnte so- mit finanzielle Belastungen der Pharmaindustrie im Ausland zur Folge haben und damit auch die Preisverhandlungen in Deutschland belasten. Pharmaunternehmen könnten sich zudem gezwun- gen sehen, auf eine Ausbietung im deutschen Markt zu verzichten, um negative wirtschaftliche Auswirkungen auf das Auslandsgeschäft zu ver- meiden, so dass Patientinnen und Patienten unter Umständen bestimmte Therapieoptionen nicht zur Verfügung stehen werden. Ein erstes Beispiel für ein derartiges Verhalten ist bereits in der Indikation Epilepsie bekannt geworden. Deshalb bittet der Bundesrat die Bundesregie- rung, 24 Monate nach Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften über die Erfahrungen mit der Preisbildung und Erstattung von Arznei- mitteln mit neuen Wirkstoffen zu berichten. Begründung: Das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittel- markts in der gesetzlichen Krankenversicherung (AMNOG) sieht eine Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss mit an- schließender Preisverhandlung zwischen pharma- zeutischem Unternehmer und GKV-Spitzenver- band für neue Arzneimittel mit Zusatznutzen vor. Das Ergebnis der Preisverhandlung ist ein Rabatt auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Un- ternehmers (ApU), der vom pharmazeutischen Unternehmer ursprünglich festgelegt wurde. § 130b Absatz 1 SGB V sieht vor, dass der Rabatt vom pharmazeutischen Unternehmer über den pharmazeutischen Großhandel und die Apothe- ken an die gesetzlichen Krankenkassen und die Privatversicherten durchgereicht wird, während der Listenpreis, der ApU, ausweislich der Geset- zesbegründung zu § 130b SGB V in der Fassung des Arzneimittelneuordnungsgesetzes, unverän- dert bleibt. Der Rabatt wird zu diesem Zweck in den entsprechenden Arzneimitteldatenbanken der Ärzte und Apotheker ausgewiesen und wird so- mit öffentlich. Die Offenlegung des Rabatts hierzulande wird vo- raussichtlich durch Preisreferenzierung zu einer Preiserosion in anderen Ländern führen. Dies könnte nicht beabsichtigte, wirtschaftlich nachtei- lige Effekte für pharmazeutische Unternehmer in den Referenzpreisländern zur Folge haben und für Patientinnen und Patienten hierzulande bedeuten, dass sie wichtige Innovationen nicht erhalten. Im Sinne eines lernenden Systems sollte die Ent- wicklung beobachtet und evaluiert werden, um gegebenenfalls die Regelungen über die Verein- barungen zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und pharmazeutischen Unter- nehmern über Erstattungsbeträge für Arzneimittel nachbessern zu können. 2. Der Bundesrat befürchtet, dass die Umsetzung der Richtlinie 2011/62/EU durch Artikel 1 Nummer 57 (§ 72a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2, Absatz 1a Nummer 4, 6, 7 und 8 AMG) in Verbindung mit Artikel 15 Absatz 5 (Inkrafttreten) des Zweiten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften ab dem 2. Juli 2013 dazu führt, dass pharmazeutische Wirkstoffe aus Län- dern außerhalb der EU nicht mehr eingeführt wer- den können, weil die nach der Neufassung des § 72a AMG erforderlichen Bestätigungen der zu- ständigen Behörden der Drittländer nicht bei der Einfuhr vorgelegt werden können. Deshalb fordert der Bundesrat die Bundesregie- rung auf, unmittelbar nach Verkündung des Zwei- ten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtli- cher und anderer Vorschriften an die Kommission heranzutreten und sich dringlich dafür einzuset- zen, dass die in Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie 2011/62/EU genannte Überlei- tungsfrist zunächst um mindestens ein Jahr, das heißt auf den 2. Juli 2014, verlängert wird. Begründung: Das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrecht- licher und anderer Vorschriften sieht in Umsetzung der genannten EU-Richtlinie vor, dass ab dem 2. Juli 2013 pharmazeutische Wirkstoffe nur noch dann eingeführt werden können, wenn eine von den Behörden des Ursprungslands ausgestellte Bestäti- gung vorliegt, wonach die im wirkstoffherstellen- den Betrieb angewendeten Good Manufactoring Practice (GMP)-Standards denen der EU zumindest gleichwertig sind, der Betrieb regelmäßigen Kont- rollen und Maßnahmen, einschließlich wiederhol- ter und unangekündigter Inspektion, unterliegt und festgestellte Verstöße vom Drittstaat unverzüglich an die EU weitergeleitet werden. Es ist jedoch deutlich abzusehen, dass von einem überwiegenden Teil der Länder außerhalb der EU die Bestätigungen mit dem vorgesehenen Inhalt nicht beziehungsweise nicht rechtzeitig zum 2. Juli 2013 ausgestellt werden. Schon angesichts der Vielzahl von wirkstoffherstellenden Unternehmen und der Vielzahl von Herstellungsländern außer- halb der EU ist vielmehr davon auszugehen, dass allenfalls für einen geringen Anteil von Unterneh- men die Bestätigung ausgestellt sein wird. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. September 2012 23729 (A) (C) (D)(B) Es wird daher eine Einfuhr von pharmazeutischen Wirkstoffen in die EU in bisherigem Umfang nicht mehr möglich sein. Eine Versorgung der in der EU ansässigen Arzneimittelindustrien mit pharmazeu- tischen Wirkstoffen kann nicht mehr ausreichend gewährleistet werden, denn etwa 80 Prozent der benötigten Wirkstoffe stammen aus EU-Drittlän- dern, nur etwa 20 Prozent werden in der EU selbst produziert. Dies deckt den Bedarf der Arzneimit- telhersteller nicht, gefährdet die Marktversorgung mit Arzneimitteln und läuft damit dem Interesse der Patientinnen und Patienten zuwider. Daher ist eine verlängerte Umsetzungsfrist sei- tens der EU erforderlich, damit sich Behörden und Unternehmen in den Ländern außerhalb der EU auf die neuen Anforderungen hinreichend vorbereiten können, und danach eine entspre- chende Anpassung durch künftige erneute Ände- rung des Arzneimittelgesetzes vornehmen. – Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversiche- rung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz – PNG) – Gesetz zur Reform des Kapitalanleger-Muster- verfahrensgesetzes und zur Änderung anderer Vorschriften – Gesetz zur Stärkung der Täterverantwortung – Gesetz zur Änderung des Geodatenzugangsgesetzes – Drittes Gesetz zur Änderung wohnungsrecht- licher Vorschriften – Gesetz zu dem Übereinkommen vom 9. Dezember 2011 über den Internationalen Suchdienst – Gesetz zu dem Übereinkommen des Europarats vom 16. Mai 2005 zur Bekämpfung des Men- schenhandels – Gesetz zu dem Abkommen vom 7. Dezember 2011 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbelastung bei der Bankenabgabe – Gesetz zu dem Abkommen vom 7. Oktober 2011 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Mauritius zur Vermeidung der Dop- pelbelastung und der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen – Gesetz zu dem Abkommen vom 19. und 28. Dezem- ber 2011 zwischen dem Deutschen Institut in Taipeh und der Taipeh Vertretung in der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteue- rung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung hinsichtlich der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen Der Bundesrat hat in seiner 900. Sitzung am 21. Sep- tember 2012 beschlossen, zu dem am 31. August 2012 zugeleiteten nachstehenden Gesetzentwurf gemäß Arti- kel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes eine Verlängerung der Frist zur Stellungnahme zu verlangen. – Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richt- linie 2012/…/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Anpassung des Aufsichtsrechts an die Verord- nung (EU) Nr. …/2012 über die Aufsichtsanforde- rungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (CRD IV-Umsetzungsgesetz) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Eu- roparats im Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2011 – Drucksachen 17/9890, 17/10195 Nr.1 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Eu- roparats im Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2011 – Drucksachen 17/9891, 17/10195 Nr.2 – Ausschuss für Wirtschaft und Technologie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Umsetzung des 10-Punkte-Sofortprogramms zum Energiekonzept – Drucksache 17/9262 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Tätigkeitsbericht 2008 bis 2009 der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen und Stellungnahme der Bundesregierung – Drucksache 17/9400, 17/9802 Nr. 1.6 – Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Verkehrsinvestitionsbericht für das Berichtsjahr 2010 – Drucksachen 17/8700, 17/10024 Nr. 1 – Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zu den abfallwirtschaft- lichen Auswirkungen der §§ 9 bis 13 des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes – Drucksachen 17/4517, 17/4742 Nr. 1.5 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Sondergutachten des Sachverständigenrates für Um- weltfragen Wege zur 100% erneuerbaren Stromversorgung – Drucksachen 17/4890, 17/5820 Nr. 1.3 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Erfahrungsbericht 2011 zum Erneuerbare-Energien- Gesetz (EEG-Erfahrungsbericht 2011) – Drucksachen 17/6085, 17/6392 Nr. 1.6 – 23730 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. September 2012 (A) (C) (D)(B) – Unterrichtung durch die Bundesregierung Hauptgutachten 2011 des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen Welt im Wandel – Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation – Drucksachen 17/7331, 17/7702 Nr. 1.2 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 17/9797 Nr. A.2 EP P7_TA-PROV(2012)0142 Drucksache 17/9797 Nr. A.3 Ratsdokument 9288/12 Rechtsausschuss Drucksache 17/8426 Nr. A.12 Ratsdokument 17968/11 Drucksache 17/9647 Nr. A.6 Ratsdokument 8905/12 Drucksache 17/10208 Nr. A.8 Ratsdokument 8853/1/12 REV 1 Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Drucksache 17/10208 Nr. A.9 Ratsdokument 10266/12 Drucksache 17/10208 Nr. A.10 Ratsdokument 10785/12 Drucksache 17/10208 Nr. A.11 Ratsdokument 10786/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.39 Ratsdokument 11125/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.40 Ratsdokument 11145/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.41 Ratsdokument 11868/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.42 Ratsdokument 12093/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.43 Ratsdokument 12407/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.44 Ratsdokument 12825/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.45 Ratsdokument 13050/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.46 Ratsdokument 13186/12 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 17/10208 Nr. A.13 Ratsdokument 10420/12 Drucksache 17/10208 Nr. A.14 Ratsdokument 10575/12 Drucksache 17/10208 Nr. A.15 Ratsdokument 10700/12 Drucksache 17/10208 Nr. A.16 Ratsdokument 10702/12 Drucksache 17/10208 Nr. A.17 Ratsdokument 10705/12 Ausschuss für Arbeit und Soziales Drucksache 17/10208 Nr. A.18 Ratsdokument 10505/12 Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Drucksache 17/10028 Nr. A.7 Ratsdokument 10035/12 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 17/3955 Nr. A.17 Ratsdokument 16036/10 Drucksache 17/4116 Nr. A.7 Ratsdokument 15770/10 Drucksache 17/4116 Nr. A.8 Ratsdokument 16046/10 Drucksache 17/4598 Nr. A.19 Ratsdokument 18249/10 Drucksache 17/4598 Nr. A.20 Ratsdokument 18257/10 Drucksache 17/4927 Nr. A.27 Ratsdokument 5965/11 Drucksache 17/6010 Nr. A.18 Ratsdokument 9896/11 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 17/10028 Nr. A.9 Ratsdokument 9793/12 Drucksache 17/10028 Nr. A.10 Ratsdokument 9947/12 Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 17/8227 Nr. A.52 Ratsdokument 17575/11 Drucksache 17/10028 Nr. A.12 Ratsdokument 9500/12 196. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 41 Rechte von Patientinnen und Patienten TOP 42 Staatliche Förderung von Sport und Kultur TOP 43 SGB XII (Erstattungszahlungen des Bundes) TOP 44 EU-Importverbot für Biokraftstoffe und Biomasse TOP 13 Tierschutz TOP 46 Kontaminierte Kabinenluft in Flugzeugen Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Katrin Kunert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn Rentnerinnen
    und Rentner, egal ob sie eine Rente im Alter oder eine
    Rente wegen Erwerbsminderung bekommen, von ihrer
    Rente nicht leben können, dann ist die Grundsicherung
    fällig. Es ist ausdrücklich nicht Aufgabe der Kommunen,
    die Grundsicherung zu zahlen, weil dies nämlich eine
    gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Sprich: Der Bund
    hat hierfür geradezustehen.


    (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Bernd Scheelen [SPD])


    Deshalb begrüßen wir ausdrücklich die komplette
    Kostenübernahme bei der Grundsicherung im Alter und
    bei Erwerbsminderung; denn die Kommunen sind in den
    letzten Jahren mit den Kosten alleingelassen worden.
    Das sage ich aus dem Wissen heraus, das ich in über
    20 Jahren in der Kommunalpolitik gesammelt habe.

    Ich habe eine Bitte, Herr Brauksiepe.


    (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er liest gerade seine Akten!)


    – Wahrscheinlich ist er so verliebt in seine Rede von vor-
    hin. –


    (Bernd Scheelen [SPD]: So gut war die jetzt auch wieder nicht!)


    Ich habe eine Bitte: Tun Sie bitte nicht so, als wären Sie
    von ganz allein auf die Idee gekommen, die Kommunen
    zu entlasten. Niemand in dieser Bundesregierung hat die
    Absicht, die Kommunen wirklich nachhaltig zu entlas-
    ten.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Karl Schiewerling [CDU/ CSU]: Das ist falsch! – Bettina Kudla [CDU/ CSU]: Das ist eine böse Unterstellung!)


    Was Sie hier heute präsentieren, ist das Resultat von Ver-
    handlungen im Vermittlungsausschuss.


    (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Genau so ist es!)


    2008 ging es um die Absenkung der Kosten der Unter-
    kunft. Dabei hat man auch über die Kosten der Grund-
    sicherung verhandelt.


    (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Aber was für ein Handel! Ein Kuhhandel!)


    2011 ging es erneut um das Hartz-IV-Paket. 2012 haben
    Sie die Länder dadurch zur Zustimmung zum Fiskalpakt
    bewegen können, dass Sie die komplette Übernahme der
    Kosten zugesichert haben.

    Sie haben weder Plan A noch Plan B. Sie verhalten
    sich wie auf einem Basar. Ihnen geht es gar nicht um die
    Entlastung der Kommunen, sondern Sie machen die
    Kommunalfinanzen immer zum Gegenstand von Ver-
    handlungen im Vermittlungsausschuss. Das ist einfach
    nicht hinnehmbar.


    (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Ich will noch Folgendes sagen: Es ist nicht Inhalt die-
    ses Gesetzes, aber wer ist für die Gegenfinanzierung der
    Kostenentlastungen bei den Kommunen zuständig? Wer
    zahlt das? Das wird dann bei den Geldern für die Bun-
    desagentur für Arbeit abgeschmolzen. Das wiederum be-
    deutet, dass Erwerbslose diese Zeche zahlen, weil dann
    weniger Maßnahmen auf dem Arbeitsmarkt möglich
    sind. Auch das ist für uns nicht hinnehmbar. Das kritisie-
    ren wir ausdrücklich.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Ich will etwas zum Gesetzentwurf sagen; denn er ist
    an einigen Stellen in jedem Falle nachzubessern. Derzeit
    gibt es laut § 29 SGB XII die Möglichkeit, örtlich ab-
    weichende Regelsätze zu zahlen. Das macht derzeit die
    Stadt München. Da die Lebenshaltungskosten sehr hoch
    sind, zahlt die Stadt zusätzlich Geld. Derzeit sind das
    dort für eine einzelne Person 393 Euro, also 19 Euro
    mehr als der bundesweit geltende Regelsatz. Allein in
    der Stadt München sind das 15 466 Personen. Diese
    Möglichkeit des örtlich abweichenden Regelsatzes wol-
    len Sie mit diesem Gesetzentwurf streichen. Das halten
    wir für ein Problem. Wir möchten gern, dass diese Mög-
    lichkeit beibehalten wird.


    (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Es ist im Übrigen auch sehr interessant, dass Sie bei
    den Regelsätzen sagen: Wir wollen keine differenzierte
    Herangehensweise, sondern für alle die gleiche. Bei den
    Kosten der Unterkunft allerdings lassen Sie die regional
    unterschiedlichen Richtlinien gelten, weil Sie sehr wohl
    wissen, dass die restriktiven Richtlinien der Kommunen
    zum Teil nicht immer im Sinne der Betroffenen sind.
    Das muss man hier wirklich sehr kritisch hinterfragen.


    (Beifall bei der LINKEN – Zustimmung des Abg. Bernd Scheelen [SPD])


    Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen will: Sie ver-
    sprechen den Kommunen eine tatsächliche Entlastung.
    Ich frage Sie aber, wie Sie das regeln wollen, wenn Sie
    bei der Weiterleitung der Gelder an die Länder nicht da-
    für sorgen – die Verantwortung dafür verneinen Sie aus-
    drücklich –, dass diese die Gelder an die Kommunen
    weiterreichen. Hier gibt es keine bundesrechtliche Rege-
    lung. Diese fordern wir im Sinne der Kommunen ein.





    Katrin Kunert


    (A) (C)



    (D)(B)



    (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Bernd Scheelen [SPD])


    Zum anderen bleiben die Kommunen auf Kosten sit-
    zen, nämlich auf Verwaltungs- und Personalkosten. Im
    Landkreis Märkisch-Oderland werden derzeit die Perso-
    nal- und Verwaltungskosten auf 200 000 Euro beziffert.
    In Erwartung der Anzahl der Arbeitslosengeld-II-Bezie-
    henden, die dann in die Grundsicherung fallen, verdop-
    peln sich die Kosten für Personal und Verwaltung. Das
    haben Sie in Ihrem Gesetzentwurf überhaupt nicht gere-
    gelt. Darüber sollten wir in jedem Fall noch einmal re-
    den.


    (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist mein Wahlkreis!)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen, im nächsten Jahr
    betragen die Kosten für die Grundsicherung in der Bun-
    desrepublik, so die Zahlen der Bundesregierung,
    3,1 Milliarden Euro. Im Jahre 2016 geht der Bund von
    5,46 Milliarden Euro aus. Hinter dieser Steigerung ver-
    bergen sich viele Menschen, die in ihrem Lebensalter
    darauf angewiesen sein werden, Grundsicherung zu be-
    ziehen. Das muss uns doch eigentlich alle alarmieren,
    damit wir endlich die Grundlagen dafür schaffen, dass
    Menschen mit ihrer Hände Arbeit eine armutsfreie Rente
    erarbeiten können.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Damit kommen wir automatisch zum gesetzlichen
    einheitlichen Mindestlohn in der Bundesrepublik. Ich
    denke, das ist eine der Grundlagen, um Grundsiche-
    rungsnehmerinnen und -nehmer, wenn ich das so sagen
    darf, zu vermeiden.

    Ein weiterer Punkt ist, dass wir eine vernünftige Ren-
    tenversicherung auf den Weg bringen müssen, die solide,
    gerecht und solidarisch ausgestaltet ist. Hierzu sagt die
    Linke erstens ganz deutlich: Eine Rente muss zum Le-
    ben reichen. Das heißt auch, dass das Rentenniveau wie-
    der angehoben werden muss.


    (Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Unbedingt! Auf 53 Prozent!)


    Alle Fraktionen nehmen in Kauf, dass sich dieses Niveau
    in den nächsten Jahren immer weiter verringert. Das
    produziert wiederum Armut im Alter, und das ist die Ur-
    sache für die späteren Kosten der Grundsicherung.

    Zweitens fordert die Linke, alle Kürzungen aus der
    Rentenanpassungsformel zu streichen.

    Drittens fordern wir nach über 20 Jahren deutsche
    Einheit, dass die Renten in Ost und West endlich ange-
    glichen werden.

    Als letzten Punkt zur Rentenversicherung fordern wir,
    dass die Rente mit 67 abgeschafft wird. Wir hoffen, dass
    sich auch die SPD dazu durchringen kann.


    (Bernd Scheelen [SPD]: Bestimmt nicht!)


    Wenn wir diese ganzen Maßnahmen im Voraus grei-
    fen lassen, dann können wir Grundsicherung im Alter
    und bei Erwerbsminderung verhindern.


    (Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Jetzt braucht es nur noch jemanden, der das zahlt!)


    Denn Menschen, die ihr ganzes Leben lang arbeiten,
    müssen ihren Lebensabend würdevoll verbringen dür-
    fen.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall bei der LINKEN)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Das Wort hat nun Britta Haßelmann für die Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Britta Haßelmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen

    und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich
    fange erst einmal damit an, dass der Gesetzentwurf ein
    positives Ergebnis für die Städte und Gemeinden ist. An-
    gesichts der Tatsache, dass in den Kommunen jährlich
    42 Milliarden Euro für soziale Aufgaben ausgegeben
    werden – diese Zahl ist in den letzten Jahren dramatisch
    gestiegen, nämlich von 26 Milliarden Euro auf 42 Mil-
    liarden Euro –, ist die Entlastung bei der Grundsicherung
    im Alter, für die demnächst der Bund zu 100 Prozent die
    Kosten übernimmt, sehr positiv. Das begrüßen auch wir
    Grünen; denn es führt zu einer erheblichen Entlastung
    der Kommunen gerade bei den sozialen Kosten.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Das ist so, und das ist gut.

    Dennoch, Herr Brauksiepe, war Ihre Rede sehr pein-
    lich. Hier so zu tun, als wäre Schwarz-Gelb auf die Idee
    gekommen, dieses Ergebnis zu erzielen, ist völlig ver-
    kehrt. Sie wissen es besser. Ich habe mich beim Zuhören
    gefragt, was die Menschen aus den Ländern, Städten und
    Gemeinden denken, wenn sie eine so peinliche Rede hö-
    ren, in der auch noch zehnmal gesagt wird: Gäbe es
    Schwarz-Gelb nicht, wäre das nicht passiert.

    Jeder und jede, die sich mit der Materie beschäftigen,
    weiß, dass das ein Ergebnis des Vermittlungsausschusses
    bzw. des Bundesrates, des Drucks der Städte und Ge-
    meinden und der Verhandlungen der rot-grünen Länder
    mit der schwarz-gelben Bundesregierung war. Sonst
    wäre nichts dabei herausgekommen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Manfred Grund [CDU/ CSU]: Dann wäre es bei eurem alten schlechten Gesetz geblieben!)


    – Herr Grund, ich weiß, dass es für Sie schrecklich ist,
    das zu ertragen. –


    (Manfred Grund [CDU/CSU]: Es gibt wahrscheinlich zwei Wahrheiten! Ihre ist nicht meine!)


    Das Ergebnis der Gemeindefinanzkommission war:
    nichts. Sie konnten kein Ergebnis vorlegen.

    Dann ist im Rahmen der Verhandlungen über das Bil-
    dungs- und Teilhabepaket gesagt worden: Die Kommu-





    Britta Haßelmann


    (A) (C)



    (D)(B)


    nen müssen entlastet werden. Das ist auch richtig, und
    dabei erwarte ich von Ihnen ein bisschen Größe, Herr
    Brauksiepe. Können Sie nicht einfach sagen: „Hier ha-
    ben wir als Parteien und Fraktionen, Bund und Länder
    zusammen, etwas Gutes für die Kommunen gemacht“?
    Nein, er muss das Lied von der schwarz-gelben Erfolgs-
    geschichte singen. Das ist so peinlich; das geht doch
    nicht.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sonst haben die ja keine Erfolge! Sonst haben die nichts!)


    Sie wissen genau, dass es in der Gemeindefinanzkom-
    mission kein Ergebnis gab. Sie haben zwei Jahre dafür
    gebraucht, den Gesetzentwurf vorzulegen. Dass die Ent-
    lastung kommt, allerdings in zwei Schritten, ist, wie ge-
    sagt, positiv.

    Nun zu Ihnen, Herr Kober: Sie haben, glaube ich, et-
    was verwechselt. Das Kooperationsverbot, das im Ge-
    gensatz zu uns Grünen von Ihnen mitbeschlossen wurde,
    verhindert, dass der Bund das Bildungs- und Teilhabepa-
    ket direkt mit den Kommunen beschließt. Das war doch
    immer unsere grüne Kritik. Jetzt haben Sie das Paket als
    ein Riesenmonster voller Bürokratie und mit hohen Ver-
    waltungskosten geschaffen, das nicht direkt bei den Kin-
    dern und Familien, die es brauchen, ankommt. Sie aber
    sagen jetzt: Rot-Grün wollte doch, dass das über die
    Länder abgewickelt wird.

    Nichts davon wollten wir.


    (Pascal Kober [FDP]: Das kann man nachlesen!)


    Das Kooperationsverbot spricht dagegen, dass der Bund
    direkte Beziehungen zu den Kommunen aufnimmt. Das
    ist Fakt, und ich hätte erwartet, dass Sie sich ein wenig
    fachkundig machen, wenn Sie in dieser Debatte reden.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Das Gleiche gilt für die Problematik der Steuersen-
    kungen. Nicht Steuererhöhungen, sondern Steuersen-
    kungen belasten die Kommunen. Sie sollten einmal das
    kleine Einmaleins durchgehen. Seit 2008 gab es viele
    steuerrechtliche Änderungen – das Wachstumsbeschleu-
    nigungsgesetz, das Bürgerentlastungsgesetz und diese
    Mövenpick-Hotelsteuer – und Funktionsverlagerungen.
    Das bedeutete Mindereinnahmen für die Kommunen in
    Höhe von 5,6 Milliarden Euro. Da sagen Sie hier, Sie be-
    fürchten Mindereinnahmen durch Steuererhöhungen.


    (Katrin Kunert [DIE LINKE]: Mathe Eins, Rechnen Fünf!)


    Ich fasse es nicht, dass Sie nicht einmal das kleine Ein-
    maleins verstehen.

    Ich rate insbesondere der CSU und bitte die CDA-
    Leute in der CDU/CSU-Fraktion, sich unbedingt § 42
    SGB XII noch einmal anzuschauen. Der ist problema-
    tisch, denn § 29 SGB XII wird damit außer Kraft gesetzt.
    Das bedeutet – wie Frau Kunert gesagt hat – für eine
    Stadt wie München, dass sie 19 Euro weniger Regelsatz

    zahlen darf, weil keine regionale Festsetzung der Regel-
    sätze mehr erfolgen darf. Das sollte in der Kompetenz
    der Länder bleiben; sie sollten sich diese Möglichkeit
    nicht vom Bund nehmen lassen.

    Das bedeutet für die Betroffenen eine erhebliche
    Härte. Schauen Sie sich einmal das Gutachten in Bezug
    auf München an. Die regionale Festsetzung von Lebens-
    haltungskosten und Regelsätzen ist außerordentlich
    wichtig, weil die Lebenshaltungskosten in einer Stadt
    wie München wahnsinnig hoch sind. Wenn Sie § 42
    SGB XII so belassen, dann wird damit § 29 SGB XII,
    der den Ländern den entsprechenden Spielraum gibt, au-
    ßer Kraft gesetzt.

    Das wäre für die Städte und Gemeinden und für die
    Betroffenen eine dramatische Benachteiligung, weil
    etwa eine Stadt wie München 19 Euro weniger Regel-
    satz zu zahlen hätte. Das ist für die Betroffenen nicht
    verkraftbar; das ist unterhalb des Existenzminimums.
    Deshalb hoffe ich, dass wir in den Beratungen in den
    Ausschüssen noch zu einer gemeinsamen Änderung
    kommen werden.

    Vielen Dank.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)