Rede von
Katrin Dagmar
Göring-Eckardt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Josef Winkler hat das Wort für Bündnis 90/Die Grü-
nen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Die Bilanz des letzten Jahres und der gesam-
ten bisherigen Legislatur im Bereich der Innenpolitik
fällt ziemlich dürftig aus. Wir erleben einen sehr über-
forderten Innenminister, der fast ausschließlich damit
beschäftigt ist, die Folgen des Grabenkampfes in dieser
unheilbar zerstrittenen Koalition zu verwalten. Gucken
Sie sich die Beispiele einmal an:
Vorratsdatenspeicherung. Statt eines gemeinsamen
Vorgehens der Bundesregierung gegen die fragwürdige
Richtlinie aus Brüssel läuft die Regierung im Zickzack.
Statt sich für die Aufhebung dieser Unsinnsrichtlinie
einzusetzen, erleben wir eine Never-ending Story, einen
Dauerstreit zwischen Justiz- und Innenministerium.
– Liebe Frau Piltz, man muss sich auch irgendwann ein-
mal in der Regierungskoalition durchsetzen und nicht
immer nur freundlich gucken.
Schauen wir uns ein anderes Thema an, den Beschäf-
tigtendatenschutz. Ich bin einmal gespannt, was Sie
gleich dazu sagen werden, Frau Piltz. Die Diskussion
über den Beschäftigtendatenschutz läuft seit über zwei
Jahren. Kommt nun ein besserer Schutz, oder kommt er
nicht? Sie haben einen Entwurf vorgelegt, der nieman-
dem nützt. Ich kann nur sagen: Das ist peinlich. Das sage
ich vor allem in Richtung FDP, weil ich von der CDU/
CSU hier eh nichts erwartet habe.
Wie sieht es mit der Stiftung Datenschutz aus? Das
war ein leeres Versprechen.
Wann kommt sie denn? Kommt sie noch in dieser Wahl-
periode, oder sollen wir das machen, wenn Sie gar nicht
mehr im Parlament sind, Frau Piltz?
Also bitte schön: Antworten Sie darauf mal; Sie reden ja
gleich noch.
Was bleibt denn dann, wenn man all diese Einzelbei-
spiele zusammenzieht? Der Bundesinnenminister ver-
passt es, sein Haus modern aufzustellen.
Gucken Sie sich zum Beispiel einmal die Netzpolitik
an. Herr Uhl, von wegen, bei der IT geht es voran! Die
Mittel für die Abteilung wurden gekürzt. Wenn es um
Netzpolitik geht, fragt der Innenminister: Was geht mich
das an? Ich habe mit Hochseefischerei nichts zu tun.
Insofern findet Netzpolitik im Innenministerium über-
haupt nicht statt. – Kollege Grindel, der Datenschutzstab
ist ja wohl reichlich improvisiert eingerichtet worden.
Das ist doch keine überzeugende Ansage, die der Innen-
minister hier für dieses Thema macht.
Zum Thema Flüchtlingspolitik. Mir kommen ja fast
Tränen der Rührung, wenn hier schon bei 195 aufge-
nommenen Flüchtlingen die herausragende Leistung der
Bundesrepublik Deutschland gewürdigt wird, auch wenn
es insgesamt dreimal 300 werden sollen. Also bitte
schön! Wir reden hier über eine Situation, in der Hun-
derttausende in Syrien auf der Flucht sind und Zehntau-
sende in den umliegenden Ländern Aufnahme gefunden
haben. Man muss auch nicht warten, bis der UNHCR
den Notstand ausruft, sondern man kann auf europäi-
scher Ebene schon jetzt darüber diskutieren, wann man
welche Maßnahme ergreift
und wann man über das Resettlement-Verfahren wie
viele Menschen aus Solidarität in Europa aufnehmen
will.
Es gibt also überhaupt keinen Grund für Jubel über
die gelungene Flüchtlingspolitik, sondern hier ist noch
reichlich nachzuarbeiten.
Danke schön.