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ID1719112000

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    Plenarprotokoll 17/191 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 191. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: (Fortsetzung) a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2013 (Haushaltsgesetz 2013) (Drucksache 17/10200) . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2012 bis 2016 (Drucksache 17/10201) . . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 23 Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dirk Niebel, Bundesminister  BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christiane Ratjen-Damerau (FDP) . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Roth (Esslingen) (SPD) . . . . . . . . . . Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . Volkmar Klein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 04 Bundeskanzleramt Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) . . . . . . . . Dr. Angela Merkel,  Bundeskanzlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Petra Merkel (Berlin) (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Bernd Neumann, Staatsminister  BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . Reiner Deutschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22959 A 22959 B 22959 B 22961 B 22963 A 22965 B 22966 C 22967 D 22968 D 22970 B 22971 B 22972 A 22973 A 22973 D 22974 D 22975 D 22977 A 22978 A 22978 D 22980 A 22985 A 22992 C 22997 C 23002 A 23006 A 23008 B 23010 B 23011 C 23012 D 23015 B 23016 B 23017 D 23019 B 23020 C Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister  AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bijan Djir-Sarai (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ruprecht Polenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Michael Brand (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Bettina Kudla (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister  BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . Bernhard Brinkmann (Hildesheim)  (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen)  (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 23022 A 23023 D 23025 D 23028 B 23029 B 23031 A 23031 D 23033 C 23034 D 23036 A 23037 B 23038 B 23039 A 23041 A 23043 C 23045 A 23046 C 23047 D 23049 A 23050 C 23052 A 23053 B 23054 C 23055 A 23056 B 23057 D 23059 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 22959 (A) (C) (D)(B) 191. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 Beginn: 10.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 23059 (A) (C) (D)(B) Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bär, Dorothee CDU/CSU 12.09.2012 Dr. Bartsch, Dietmar DIE LINKE 12.09.2012 Binder, Karin DIE LINKE 12.09.2012 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 12.09.2012 Dr. Danckert, Peter SPD 12.09.2012 Dr. Dehm, Diether DIE LINKE 12.09.2012 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 12.09.2012 Gohlke, Nicole DIE LINKE 12.09.2012 Höferlin, Manuel FDP 12.09.2012 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.09.2012 Kilic, Memet BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.09.2012 Koch, Harald DIE LINKE 12.09.2012 Kolbe (Leipzig),  Daniela SPD 12.09.2012 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.09.2012 Mast, Katja SPD 12.09.2012 Mücke, Jan FDP 12.09.2012 Rupprecht (Tuchenbach), Marlene SPD 12.09.2012 Scheelen, Bernd SPD 12.09.2012 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 12.09.2012 Simmling, Werner FDP 12.09.2012 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 12.09.2012  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 191. Sitzung Inhaltsverzeichnis Epl 23 Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Epl 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Epl 05 Auswärtiges Amt Epl 14 Verteidigung Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Norbert Lammert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Weitere Wortmeldungen liegen zu diesem Geschäfts-

    bereich nicht vor.

    Dann rufe ich nun den Geschäftsbereich des Bundes-
    ministeriums der Verteidigung, Einzelplan 14, auf.
    Das Wort erhält der Bundesverteidigungsminister, Herr
    Kollege de Maizière.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister der Ver-
    teidigung:

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir
    debattieren heute in erster Lesung über den Haushalt des
    Verteidigungsministeriums. Ich will deshalb meinen De-
    battenbeitrag dazu nutzen, über den Haushalt und die
    Bundeswehr im engeren Sinne zu sprechen und nicht
    über Sicherheitspolitik, Mandate, Afghanistan oder
    Drohnen – ein anderes Mal gerne, Herr Mützenich –,
    weil ich glaube, das entspricht der Tagesordnung.

    Der Regierungsentwurf sieht für den Verteidigungs-
    haushalt einen Betrag von 33,3 Milliarden Euro vor. Das
    ist im Verhältnis zum Vorjahr ein Anstieg um 1,4 Mil-
    liarden Euro. Das ist viel in Zeiten der Konsolidierung.

    Wie erklärt sich dieser Anstieg? Das ist im Wesentli-
    chen mit rund 1 Milliarde Euro die Umsetzung der
    Lohn- und Gehaltsrunden im öffentlichen Dienst. Die
    Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes und die
    Gehaltserhöhung in den Verhandlungen über den öffent-
    lichen Dienst bedeuten für die Soldaten und zivilen Mit-
    arbeiter der Bundeswehr ab 1. Januar 2012 eine Lohn-
    erhöhung um insgesamt 5,82 Prozent. Zum 1. Januar
    2013 und im August 2013 kommen jeweils weitere
    1,2 Prozent dazu. Eine solche Steigerung des Einkom-
    mens von Soldaten und zivilen Mitarbeitern der Bundes-
    wehr hat es lange nicht gegeben, meine Damen und Her-
    ren.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Ich bin sehr dankbar – jetzt komme ich zum Haushalt
    zurück –, dass die Mittel zur Deckung der Kosten dieser
    Lohn- und Gehaltsrunde im Jahr 2013 und für die ganze
    Finanzplanung bis 2016 dem Einzelplan 14 zusätzlich
    zur Verfügung gestellt werden. Alles andere wäre, ehr-
    lich gesagt, auch eine Katastrophe gewesen. Wir wären
    außerstande gewesen, 1 Milliarde Euro aus dem laufen-
    den Geschäft „herauszuschwitzen“. Sie sehen an diesem
    Beispiel: Die nachhaltige Finanzierung der Bundeswehr
    stellt eine permanente Herausforderung dar. Aber bisher
    ist sie gelungen. Wir werden unserer Verantwortung ge-
    recht. Unser Haushalt kann sich sehen lassen, auch inter-

    national, insbesondere im Vergleich zu Großbritannien
    und Frankreich. Insgesamt belaufen sich die Ausgaben
    für verteidigungsinvestive Ausgaben auf 7,1 Milliarden
    Euro. Damit können wir die laufenden militärischen
    Beschaffungsvorhaben ebenso gewährleisten wie die
    Deckung des durch die Neuausrichtung entstandenen
    Mehrbedarfs bei Infrastruktur und Informationstechnik.

    Bei den internationalen Einsätzen machen wir keine
    Abstriche, wenn es um die Sicherheit unserer Soldatin-
    nen und Soldaten geht. Was im Einsatz benötigt wird
    – ich unterstreiche das Wort „benötigt“ –, muss
    schnellstmöglich zur Verfügung stehen. Das erwarten
    die Soldatinnen und Soldaten genauso wie die Bürgerin-
    nen und Bürger.

    Nun ist die Neuausrichtung der Bundeswehr auch mit
    einem Personalabbau verbunden; das wissen wir alle.
    Darum will ich nicht herumreden. Parallel zum Perso-
    nalabbau muss es aber auch einen Personalaufbau geben;
    denn nur mit neuem Personal lassen sich einsatzbereite
    und motivierte Streitkräfte erhalten. Die bisherigen Be-
    werberzahlen sowohl bei den Zeit- und Berufssoldaten
    als auch bei den freiwillig Wehrdienstleistenden stim-
    men mich zuversichtlich. Unabdingbar für eine attrak-
    tive Bundeswehr sind eine ausgewogene Alters- und
    Dienstgradstruktur im militärischen und im zivilen Be-
    reich sowie berufliche Perspektiven. Dies schließt finan-
    zielle Verbesserungen ein.

    Mit dem Bundeswehrreform-Begleitgesetz, das Sie
    dankenswerterweise vor kurzem verabschiedet haben,
    haben wir ein Instrument, um beides zu erreichen. Es
    hilft uns, die erforderlichen Personalabbauschritte sozi-
    alverträglich zu vollziehen und gleichzeitig die Attrakti-
    vität der Bundeswehr zu steigern. Mit 250 Millionen
    Euro im Jahr 2013 und 300 Millionen Euro pro Jahr in
    den Folgejahren steht ein erhebliches Finanzvolumen
    zur Verfügung, um zahlreiche nachhaltige Maßnahmen
    zu realisieren. Ich will auch daran erinnern, dass wir die
    Vergütung für mehr geleistete Arbeit zeitgleich mit dem
    Inkrafttreten des Bundeswehrreform-Begleitgesetzes um
    83 Prozent von 35,74 Euro auf 65,50 Euro pro Tag er-
    höht haben.

    Nun ist die Attraktivität eines Arbeitsplatzes Gott sei
    Dank nicht nur über das Geld zu definieren. Aber diese
    Maßnahmen sind wichtig. Sie können ihre volle Wir-
    kung nur entfalten, wenn es uns auch künftig gelingt,
    überzeugend zu vermitteln, welchen einzigartigen und
    welchen unverzichtbaren Dienst die Angehörigen der
    Bundeswehr für unser ganzes Land leisten.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Dieser Dienst ist nicht leicht und oft gefährlich. Ihm ge-
    bührt deshalb die Wertschätzung unseres ganzen Landes,
    erst recht in einer Zeit tiefgreifender, ja allumfassender
    Veränderungen.

    Vor einem Jahr habe ich Sie an dieser Stelle über die
    beabsichtigten Maßnahmen im Rahmen der Neuausrich-
    tung der Bundeswehr unterrichtet. Zwischenzeitlich sind
    viele grundlegende Elemente der Neuausrichtung der
    Bundeswehr entschieden und auf den Weg gebracht wor-
    den. Ich nenne als Beispiele nur die Festlegung der Zahl





    Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister der Verteidigung


    (A) (C)



    (D)(B)


    der Großwaffensysteme, die Entscheidungen zur Statio-
    nierungsplanung, die Neuorganisation des Ministeriums
    und vor allem die Realisierungsplanung für jede einzelne
    Dienststelle im Juni dieses Jahres. Fast 5 000 von
    6 400 militärischen und zivilen Organisationseinheiten
    haben wir neu geplant. Fast 5 000 von 6 400! Das Minis-
    terium sowie alle Kommandobehörden und Bundesober-
    behörden in meinem Geschäftsbereich werden neu
    aufgestellt. Das war und ist eine gewaltige Arbeit. Die
    Neuausrichtung war, ist und bleibt deswegen eine hoch-
    komplexe Herausforderung. In fast allen Bereichen, bei
    fast allen Strukturen und Prozessen kommt es zu massi-
    ven Veränderungen – und das alles gleichzeitig. Wir
    müssen 240 000 Menschen einen Dienstposten zuweisen
    und für die anderen einen umsichtigen Personalabbau re-
    alisieren. Die Neuausrichtung der Bundeswehr verlangt
    deshalb allen Beteiligten und Betroffenen besondere An-
    strengungen und viel Ausdauer ab. Nur mit diesem um-
    fassenden Ansatz macht die Neuausrichtung allerdings
    auch Sinn.

    Nun führen Geld und auch organisatorische Maßnah-
    men alleine noch nicht zum Erfolg. Es muss uns gelin-
    gen, nicht nur die Köpfe und die Statistiken, sondern
    auch die Menschen und die Herzen zu überzeugen. Wir
    haben in den vergangenen Tagen viel über eine kritische
    Stimmung in der Bundeswehr gehört. Das ist in diesem
    Stadium eines derart umfassenden Veränderungsprozes-
    ses auch nicht ungewöhnlich, sondern geradezu ver-
    ständlich und zu erwarten. Ich nehme das Ergebnis bei-
    der Studien ernst, und es beschäftigt mich.

    Die Soldatinnen und Soldaten, die zivilen Mitarbeite-
    rinnen und Mitarbeiter in der Bundeswehr wollen diese
    Veränderung. Das ist ein ganz interessantes Ergebnis.
    Drei Viertel aller Führungskräfte halten die Neuausrich-
    tung für notwendig. Mit der Umsetzung sind aber fast
    ebenso viele unzufrieden. Nun beginnt die Umsetzung
    aber gerade erst. Mit dem Ministerium haben wir im
    April angefangen. Im September und Oktober werden
    die militärischen Kommandobehörden und Bundesober-
    behörden neu aufgestellt. Danach beginnt die Umstruk-
    turierung oder Aufstellung der einzelnen Dienststellen in
    der Fläche. So stellen wir sicher, dass diese tiefgreifende
    Strukturreform sauber durchgeplant und systematisch er-
    folgt sowie nachhaltig ist.

    Planungssicherheit für die Menschen in der Bundes-
    wehr wird sich erst allmählich herstellen. Natürlich be-
    einflusst die persönliche Betroffenheit die Beurteilung
    des Gesamtprozesses. Vertraute Orte und Einheiten ver-
    lassen zu müssen, sich in neuen Strukturen und Abläufen
    zurechtzufinden, eine neue militärische oder zivile Auf-
    gabe zu übernehmen oder gar zu hören, dass es für einen
    selbst gar keinen Dienstposten mehr gibt, verlangt viel
    von jedem Einzelnen und von jeder Familie. Umbau,
    Umstellungen, Umzüge – das schafft natürlich Unsicher-
    heit und kostet Kraft, aber es ist unvermeidlich.

    Wer daher die Situation unserer Soldaten und Mitar-
    beiter kennt, den überraschen die Ergebnisse der aktuel-
    len Studien des BundeswehrVerbandes und meines Hau-
    ses nicht. Sie beschreiben realistisch die Stimmung in

    der Bundeswehr. Ich will die Ergebnisse deshalb auch
    nicht beschönigen. Im Gegenteil: Es ist richtig und wich-
    tig, dass wir unseren Entscheidungen ein realistisches
    Bild der Lage zugrunde legen.


    (Dr. Hans-Peter Bartels [SPD]: Was heißt das denn?)


    Wir werden die Ergebnisse der beiden Studien berück-
    sichtigen.

    Das betrifft zum einen die Kommunikation. Zusam-
    menhänge zwischen dem von der Mehrheit erkannten
    Handlungsbedarf, den Entscheidungen und der Umset-
    zung müssen wir besser als bisher erläutern.

    Und: Die Einbindung der Führungskräfte in den Pro-
    zess der Neuausrichtung muss besser werden.

    Ein Teil der Unzufriedenheit ist schließlich wohl auf
    das hohe Tempo zurückzuführen, mit dem wir die Neu-
    ausrichtung vorangetrieben haben und nach meiner Auf-
    fassung vorantreiben müssen, damit die Veränderungen
    nicht zum Dauerzustand werden.

    Der zentralen Rolle der Führungskräfte für den Erfolg
    der Neuausrichtung sind wir uns bewusst. Deshalb wird
    sie Thema der Bundeswehrtagung in sechs Wochen sein.
    Mir hat, Herr Bartels, einer meiner Gesprächspartner in
    diesem Zusammenhang gesagt: Viele Soldaten und zi-
    vile Mitarbeiter warten ab, ob die Neuausrichtung der
    Bundeswehr ein Erfolg wird. – Wahrscheinlich ist das
    keine unzutreffende Beschreibung. Ich habe ihm geant-
    wortet: Wenn alle abwarten, ob die Neuausrichtung der
    Bundeswehr ein Erfolg wird, dann kann ich Ihnen ver-
    sprechen, dass die Neuausrichtung der Bundeswehr kein
    Erfolg wird; denn mit Abwarten wird nichts zum Erfolg,
    sondern nur mit Mittun und Mitgestalten, mit Verant-
    wortung-Übernehmen und mit Kommunizieren.

    Die Zielvorgaben können nicht allein der Minister,
    nicht allein der Generalinspekteur, können nicht allein
    die Staatssekretäre, nicht einmal die Inspekteure allein
    umsetzen; vielmehr müssen alle, die Verantwortung tra-
    gen, diese Sache zu ihrer eigenen machen, und sie müs-
    sen ihre jeweiligen Mitarbeiter und Untergebenen davon
    überzeugen. Auch das gehört zu Führen und zu Führen
    mit Auftrag.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Wir befinden uns, meine Damen und Herren, mitten
    in der Neuausrichtung. Diese einfache wie folgenreiche
    Feststellung sollte auch Folgen haben für unsere politi-
    schen Diskussionen über die Bundeswehr, über ihre
    Neuausrichtung und damit auch über den vorliegenden
    Haushalt. Mitten in dieser Neuausrichtung können wir
    mit den Haushaltsberatungen ein Zeichen setzen, dass
    wir viel über die Neuausrichtung debattieren können und
    müssen, dass aber der Weg und das Ziel richtig sind, und
    insbesondere, dass die Bundeswehr von einem breiten
    Konsens in diesem Deutschen Bundestag getragen wird.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Bundesminister Dr. Thomas de Maizière






    (A) (C)



    (D)(B)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Das Wort hat nun der Kollege Rainer Arnold für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Rainer Arnold


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Herr Minister, die heutige Haushaltsberatung und die zu-
    nehmend feiner werdende Planung der Reform der Bun-
    deswehr bringen uns zu anderen Erkenntnissen. Wir fra-
    gen uns zunehmend: Was für einen Sinn hat diese
    Reform überhaupt noch? Sie sagen hier: „Von über
    6 000 Organisationseinheiten werden 5 000 neu aufge-
    stellt.“ Es geht hier doch nicht um einen Leistungsnach-
    weis. Es stellt sich eher die Frage: Ist es notwendig, dass
    so viele Menschen den Wandel mitmachen müssen?
    Ginge es nicht auch anders? – Diese Frage ist deshalb
    berechtigt, weil Sie die beiden Hauptziele Ihrer Reform
    überhaupt nicht erreichen:

    Die Sparvorgabe wird nicht erreicht; das können wir
    verstehen; wir haben Ihnen von Anfang an gesagt: Sie
    brauchen mehr Geld. Dies war unsere Prognose. Dabei
    war die Sparvorgabe doch der Auslöser dieser Reform.

    Die zweite Vorgabe, dass die Bundeswehr am Ende
    dieser Reform mit weniger Personal leistungsfähiger
    wird, wird ebenfalls nicht erreicht. Jeder weiß: Die Bun-
    deswehr wird weniger können, und das, was sie leistet,
    ist in hohem Maße darauf zurückzuführen, dass die Sol-
    daten bereit sind, hohe Belastungen, manchmal auch un-
    verantwortliche Belastungen, wenn es um die Einsatz-
    dichte geht, auf sich zu nehmen.

    Hier passt vieles nicht zusammen. Die verteidigungs-
    investiven Ausgaben sinken trotz steigendem Haushalt
    auf ein so niedriges Niveau wie noch nie zuvor. Damit
    wird auch eine falsche Entscheidung für die Zukunftsfä-
    higkeit und Modernität der Streitkräfte getroffen.

    Es ist zwar gut, Herr Minister, dass Sie zuhören, wenn
    die Soldaten etwas sagen – das haben Sie heute verspro-
    chen –; aber es ist doch nicht die Erwartung, dass Sie
    Verständnis zeigen. Die Erwartung ist, dass Sie berech-
    tigte Einwände aufnehmen und die objektiven Fehler der
    Reform, die die Soldaten erkennen, korrigieren. Bisher,
    Herr Minister, haben wir Sie und Ihre Berater in diesem
    Bereich eher starr, eher dogmatisch erlebt. Die Rat-
    schläge der Experten wurden beiseitegewischt.

    Heute sagen Sie: Es ist normal, dass es in einer Orga-
    nisation im Wandel zu einer schlechten Motivation
    kommt und dass sie ein kritisches Bild abgibt. – Natür-
    lich ist der Wandel eine der Ursachen für die Probleme.
    Denkt man Ihre Aussage zu Ende, heißt das aber auch:
    Eigentlich haben die Soldaten nur nicht verstanden, wo-
    rum es geht. Herr Minister, ich sage Ihnen: Die Soldaten
    haben verstanden, worum es geht. Sie haben begriffen,
    dass von oben nach unten über sie eine Reform gestülpt
    wird und dass sie eben nicht mitgenommen, nicht einbe-
    zogen werden.


    (Beifall bei der SPD)


    Jetzt müssten bei Ihnen doch alle Alarmglocken läuten.

    Wer, wie viele Verteidigungspolitiker, ständig in den
    Standorten unterwegs ist, stellt fest, dass das Ergebnis
    der Befragung durch den BundeswehrVerband eigentlich
    ziemlich identisch mit dem ist, was uns die Soldaten je-
    den Tag erzählen.

    In den Gesprächen mit den Soldaten ist mir zunächst
    folgender Punkt aufgefallen: Die Soldaten beklagen die
    mangelnde Wertschätzung durch die Politik. Ich ent-
    gegne dann immer: Die Politik gibt es nicht. Es gibt un-
    terschiedliche Verantwortlichkeiten und unterschiedliche
    Zuständigkeiten. Es gibt das Parlament, das den Haus-
    halt aufstellt. Aber vergessen Sie bitte nicht, liebe Solda-
    tinnen und Soldaten: Es war die jetzige Bundesregierung
    und nicht das Parlament, die eine Sparvorgabe von
    8,5 Milliarden Euro gemacht hat – ohne Not zu einem
    völlig ungeeigneten Zeitpunkt.


    (Beifall bei der SPD)


    Herr Minister, überall dort, wo die Soldaten zu Recht
    die Umsetzung der Reform kritisieren, ist natürlich Ihr
    Haus und sind Sie selbst in der Verantwortung. Die Sol-
    daten bemängeln aber gerade, dass die Bundesregierung
    in ihrer Gesamtheit sich nicht um diese Reform küm-
    mert. Die Soldaten haben gemerkt, dass die Bundeskanz-
    lerin einen jungen, stürmischen Verteidigungsminister
    hat laufen lassen, der ohne gute und kluge Überlegungen
    die Wehrpflicht einfach ausgesetzt hat, ohne verantwor-
    tungsvolle Vorbereitung.


    (Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Das ist Quatsch, Kollege!)


    Die Kanzlerin hat in diesem Bereich nicht interveniert.


    (Beifall bei der SPD – Zurufe des Abg. Ingo Gädechens [CDU/CSU])


    Herr Minister, die Soldaten kapieren auch sehr wohl,
    dass Ihre Überschrift über die Reform „Breite vor Tiefe“
    am Ende bedeutet, dass die Bundeswehr mit weniger
    Geld, weniger Personal, weniger Ausstattung mehr leis-
    ten soll und dass die Belastung für die Soldatinnen und
    Soldaten da am Ende nur steigen kann.

    90 Prozent der Soldaten – das ist für mich die ent-
    scheidende Kenngröße – sagen also, Herr Minister: Die
    Neuausrichtung bedarf einer baldigen Korrektur. Die
    Soldaten wollen zwar eine Reform, wie Sie zu Recht be-
    merkt haben; sie sagen aber: Diese Reform wird keinen
    Bestand haben. – Das heißt, die Soldaten wissen auch,
    dass eine neue Regierung notwendig ist, damit im Be-
    reich der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik
    die Fehlentscheidungen der vergangenen zwei Jahre kor-
    rigiert werden.


    (Beifall bei der SPD – Ingo Gädechens [CDU/ CSU]: Das war bei den SPD-Verteidigungsministern so, dass immer eine Reform auf die Reform folgte!)


    Dann – damit mich niemand falsch versteht! – wird es
    uns Sozialdemokraten nicht wieder um eine neue große
    Strukturreform gehen, die alles über den Haufen wirft,
    die wieder Menschen und Familienplanungen tüchtig
    durcheinanderwirbelt. Doch wir müssen bei den grund-





    Rainer Arnold


    (A) (C)



    (D)(B)


    sätzlichen Vorgaben, die Sie gemacht haben, Herr Minis-
    ter, nachsteuern. Man muss bei vielen Details bei der
    Ausplanung der Bundeswehrreform nachjustieren. Statt
    um eine große Reform, die alles durcheinanderbringt,
    geht es jetzt schrittweise um Veränderungen. Die wich-
    tigsten Punkte möchte ich ganz kurz erwähnen.

    Natürlich ist richtig, was im Übrigen auch Ihr Frak-
    tionskollege Dr. Schockenhoff aufgeschrieben hat, dass
    wir eine vertiefte Europäisierung der Sicherheitspolitik
    brauchen. Herr Minister, ich sehe, dass Sie sich mit Trip-
    pelschritten auch darum bemühen; das erkenne ich
    durchaus an.


    (Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Trippelschritte kennt diese Regierung gar nicht!)


    Aber dort, wo dieses Thema eigentlich angesiedelt ist,
    nämlich bei der Bundeskanzlerin und beim Außenminis-
    ter, herrscht Funkstille. Es kommt kein einziger Impuls,
    wenn es um eine vertiefte europäische Sicherheitspolitik
    geht. Dies werden wir ändern müssen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wenn es richtig ist, dass wir eine vertiefte europäi-
    sche Sicherheitspolitik und Kooperation brauchen, dann
    ist „Breite vor Tiefe“ logischerweise falsch. Europa be-
    kommt keine fähigen Streitkräfte, wenn jeder abbaut und
    jeder am Ende Mittelmaß abliefert.


    (Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Auf was sollen wir denn verzichten?)


    Europa bekommt fähige Streitkräfte, wenn die einzelnen
    Nationen gut aufeinander abgestimmt Prioritäten setzen,
    besondere Fähigkeitsprofile für Europa abliefern. Dann
    kann für manches andere „Breite vor Tiefe“ tatsächlich
    gelten.

    Ich kann das auch an Beispielen festmachen. Die Ob-
    leute waren erst vor wenigen Tagen im Südsudan zum
    Besuch einer der 16 UNO-Missionen, an denen wir teil-
    nehmen. Wir unterstützen die, die im Sudan unterwegs
    sind, eigentlich nicht wirklich. Die brauchen nämlich
    keine Infanteristen. Das ist aber die einzige Fähigkeit,
    die bei der Reform gestärkt wird. Vielmehr bräuchten sie
    dringend Hubschrauber, weil es im Sudan keine Straßen
    gibt, Fähigkeiten zur Luftaufklärung, zur Logistik und
    zur Nachrichtengewinnung. Statt all dies zu stärken,
    Herr Minister, machen Sie es kleiner. Das ist falsch und
    muss korrigiert werden.


    (Beifall bei der SPD)


    Es kommt bei den Soldaten logischerweise auch im-
    mer die Frage: Was wird dann, wenn nachjustiert wird,
    mit meinem Standort? Natürlich ist vieles von dem, was
    Sie entschieden haben, irreversibel. Manches ist auch
    durchaus richtig; ich denke etwa an Effizienzsteigerun-
    gen. Dazu bedarf es allerdings keiner großen Reform.
    Herr Minister, wer den Haushalt anschaut und sieht, dass
    der am stärksten, nämlich um 12 Prozent wachsende
    Haushaltsposten die Ausgaben für die Liegenschaften
    sind, der stellt berechtigterweise die Frage: Sollten wir
    nicht die Standortentschließungen, die dazu führen, dass

    an anderer Stelle massiv investiert und gebaut werden
    muss, nochmals auf den Prüfstand stellen? Möglicher-
    weise ist es ja zumindest an der einen oder anderen
    Stelle billiger, Bestehendes, wo die Infrastruktur da ist,
    zu belassen, als Soldaten ohne Not quer durch die Repu-
    blik zu versetzen und zusätzlich Kosten zu produzieren.


    (Beifall bei der SPD – Paul Schäfer [Köln] [DIE LINKE]: Ihr habt es eingeführt!)


    Wir werden dort, wo es bei den Statusgruppen bei den
    Soldaten tiefgreifende Verwerfungen gibt – das ist ja der
    Fall; die Hauptlast dieser Reform tragen diejenigen, die
    im Alltag der Bundeswehr den Karren ziehen, nämlich
    die Unteroffiziere und die Unteroffiziere mit Portepee –,
    nachjustieren müssen. Man muss schon einmal genau
    schauen, warum es am Ende Ihrer Reform in der Rela-
    tion mehr Offiziere gibt als in der Vergangenheit. Man
    muss schon einmal genau nachschauen, warum vor dem
    Hintergrund einer kleiner werdenden Bundeswehr bei
    den Stabsoffizieren im Grunde genommen überhaupt
    nicht gekürzt wird.

    Bei dieser Reform passt also vieles nicht zusammen.

    Herr Minister, Sie haben von Attraktivität gespro-
    chen. Das ist ein wichtiges Thema. In Ihren Schubladen
    liegen viele Ideen. Aber um Attraktivität wirklich zu
    sichern, sind Anstrengung zusammen mit dem Parla-
    ment und seinen Haushältern nötig. Doch Sie ruhen sich
    im Augenblick ein bisschen darauf aus, dass die Bewer-
    berzahlen noch gut sind.


    (Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Keiner ruht sich aus!)


    Die Soldaten haben in der Umfrage genau das richtige
    Gespür bewiesen. Sie wissen, dass es in einer sich verän-
    dernden Welt, angesichts einer neuen demografischen
    Lage schwer wird, die klugen, die richtigen jungen Leute
    für die Streitkräfte zu gewinnen. Dies wird nur gelingen,
    wenn wir ein Attraktivitätsprogramm auflegen, das über
    einen größeren Zeitraum hinweg, nämlich bis zum Jahr
    2020, in Etappen, Jahr für Jahr verlässlich vorgibt, wel-
    che Attraktivitätsmaßnahmen kommen, und das solide
    und seriös im Haushalt abgebildet ist.


    (Beifall bei der SPD)


    Dies ist notwendig, weil die Menschen, die sich für den
    Beruf des Soldaten entscheiden sollen und wollen, Pla-
    nungssicherheit für ihre Laufbahn und ihre Familie brau-
    chen. Deshalb muss bei dieser Attraktivitätsdebatte
    natürlich auch die Frage, wie Familie und Soldatenberuf
    besser miteinander zu vereinbaren sind, ein gutes Stück
    weit im Mittelpunkt stehen.


    (Christoph Schnurr [FDP]: Zum Haushalt haben Sie noch gar nichts gesagt!)


    Ein Letztes, Herr Minister: Eigentlich fehlt eine Um-
    frage für die Zivilbeschäftigten. Ich bin davon über-
    zeugt, dass das Ergebnis dort ein wirkliches Desaster
    wäre; denn die Zivilbeschäftigten haben nicht nur den
    Eindruck, dass manchmal über ihre Köpfe hinweg refor-
    miert und geändert wird. Sie haben auch den Eindruck,





    Rainer Arnold


    (A) (C)



    (D)(B)


    dass manchmal mit ihren Sorgen und mit ihrer Zukunft
    recht kaltherzig umgegangen wird,


    (Zuruf von der SPD: Zu Recht!)


    und zwar in der Art und Weise, wie man kommuniziert,
    wie man den Personalrat einbindet und wie man recht-
    liche, verfassungsrechtliche Bedenken aufnimmt. All
    dies ist Realität.

    Herr Minister, es liegt bei Ihnen: Die Vereinbarung
    zwischen den Ressorts, wonach Sie mehr als 5 000 Zivil-
    beschäftigte an andere Ressorts abgeben wollen, ist reif
    zur Unterschrift. Wir bitten Sie aber dringend, diese
    Entscheidung noch einmal zu überdenken und dieses
    vermeintliche Reformwerk nicht wenige Wochen vor
    der nächsten Bundestagswahl – so ist es nämlich vorge-
    sehen – in Kraft zu setzen.

    Haben Sie in den letzten Monaten, als der Finanz-
    minister angefangen hat, Besteuerungsideen für Reser-
    visten, für freiwillig Wehrdienstleistende zu entwickeln,
    nicht gemerkt, dass das Personalwesen und die Abrech-
    nung des Personals in diesem Ressort nicht gut aufge-
    hoben wären, weil dort kein Verständnis für die solda-
    tischen Belange und die Besonderheiten vorhanden ist?


    (Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Die Mitarbeiter mit den Stellen gehen doch da hin!)


    Dies sieht man auch im Alltag: Im Finanzministerium
    dauert es im Regelfall 90 Tage, bis Gesundheitskosten
    zurückerstattet werden.


    (Zuruf von der SPD: 90 Tage? Unglaublich!)


    Im Verteidigungsressort hingegen dauert es nur 21 Tage.
    Dafür gibt es dort sogar eine entsprechende Anweisung.
    Für jeden Tag, den das länger dauert, müssen die Solda-
    ten selbst das Geld verauslagen. Wollen Sie diesen wich-
    tigen Bereich, der etwas mit Qualität und Berufszufrie-
    denheit zu tun hat, wirklich in ein solches Ressort
    abgeben, Herr Minister?


    (Beifall bei der SPD)


    Lassen Sie die Unterschrift sein! Geben Sie einer
    neuen Regierung die Chance, diesen schwerwiegenden
    Fehler wieder zu korrigieren, wenn Sie selbst schon
    nicht die Kraft dafür haben!

    Am Ende bleibt in der Tat: Das Wichtigste bei allen
    Reformen, bei allen Nachsteuerungen und Nachjustie-
    rungen wird sein, die Soldaten mitzunehmen und sie
    nicht nur verbal wertzuschätzen. Natürlich ist auch das
    wichtig. Der Beruf verdient durch uns alle Anerkennung,
    gerade bei einer Parlamentsarmee; das ist wichtig. Die
    Soldaten müssen das hören und auch spüren. Aber am
    Ende kommt es natürlich schon darauf an, ob nach dem
    Hören auch Konsequenzen gezogen werden, ob die Sol-
    daten das Gefühl haben, ihr Wissen, das, was sie im All-
    tag erleben, wird angenommen und ein Stück weit als
    Expertise genutzt, um eine gut aufgestellte Bundeswehr
    zu organisieren.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall bei der SPD)