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ID1719110200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/191 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 191. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: (Fortsetzung) a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2013 (Haushaltsgesetz 2013) (Drucksache 17/10200) . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2012 bis 2016 (Drucksache 17/10201) . . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 23 Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dirk Niebel, Bundesminister  BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christiane Ratjen-Damerau (FDP) . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Roth (Esslingen) (SPD) . . . . . . . . . . Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . Volkmar Klein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 04 Bundeskanzleramt Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) . . . . . . . . Dr. Angela Merkel,  Bundeskanzlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Petra Merkel (Berlin) (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Bernd Neumann, Staatsminister  BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . Reiner Deutschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22959 A 22959 B 22959 B 22961 B 22963 A 22965 B 22966 C 22967 D 22968 D 22970 B 22971 B 22972 A 22973 A 22973 D 22974 D 22975 D 22977 A 22978 A 22978 D 22980 A 22985 A 22992 C 22997 C 23002 A 23006 A 23008 B 23010 B 23011 C 23012 D 23015 B 23016 B 23017 D 23019 B 23020 C Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister  AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bijan Djir-Sarai (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ruprecht Polenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Michael Brand (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Bettina Kudla (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister  BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . Bernhard Brinkmann (Hildesheim)  (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen)  (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 23022 A 23023 D 23025 D 23028 B 23029 B 23031 A 23031 D 23033 C 23034 D 23036 A 23037 B 23038 B 23039 A 23041 A 23043 C 23045 A 23046 C 23047 D 23049 A 23050 C 23052 A 23053 B 23054 C 23055 A 23056 B 23057 D 23059 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 22959 (A) (C) (D)(B) 191. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 Beginn: 10.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 23059 (A) (C) (D)(B) Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bär, Dorothee CDU/CSU 12.09.2012 Dr. Bartsch, Dietmar DIE LINKE 12.09.2012 Binder, Karin DIE LINKE 12.09.2012 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 12.09.2012 Dr. Danckert, Peter SPD 12.09.2012 Dr. Dehm, Diether DIE LINKE 12.09.2012 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 12.09.2012 Gohlke, Nicole DIE LINKE 12.09.2012 Höferlin, Manuel FDP 12.09.2012 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.09.2012 Kilic, Memet BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.09.2012 Koch, Harald DIE LINKE 12.09.2012 Kolbe (Leipzig),  Daniela SPD 12.09.2012 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.09.2012 Mast, Katja SPD 12.09.2012 Mücke, Jan FDP 12.09.2012 Rupprecht (Tuchenbach), Marlene SPD 12.09.2012 Scheelen, Bernd SPD 12.09.2012 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 12.09.2012 Simmling, Werner FDP 12.09.2012 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 12.09.2012  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 191. Sitzung Inhaltsverzeichnis Epl 23 Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Epl 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Epl 05 Auswärtiges Amt Epl 14 Verteidigung Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Andreas Schockenhoff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

    Schuldenkrise, in der sich die EU heute befindet, wird





    Dr. Andreas Schockenhoff


    (A) (C)



    (D)(B)


    vor allem finanz- und wirtschaftspolitisch diskutiert.
    Aber sie hat auch eine wichtige außenpolitische Kompo-
    nente, der wir mehr Aufmerksamkeit schenken müssen.
    In Bezug auf Griechenland sollten wir zunächst den Be-
    richt der Troika abwarten.

    Der Beitritt Griechenlands, obwohl Griechenland
    wirklich nicht reif für den Euro war, ist von SPD und
    Grünen gegen unser Votum durchgesetzt worden. Das
    war eine falsche Entscheidung mit gravierenden Folgen.
    Aber ich sage auch: Wir sollten uns jetzt nicht mit fal-
    schen Prophezeiungen und Signalen hervortun, solange
    der Troikabericht nicht vorliegt.

    Was wir aber dessen ungeachtet heute schon tun müs-
    sen, ist, uns die möglichen außenpolitischen Folgen ei-
    nes Scheiterns Griechenlands bewusst zu machen und
    sie klar zu benennen, so wie es auch die Finanzinstitutio-
    nen oder zum Beispiel die Internationale Arbeitsorgani-
    sation, ILO, in ihren Berichten tun.

    Sollte Griechenland mit seinen Rettungsbemühungen
    scheitern, ist zu befürchten, dass der Verlust des Euro
    Griechenland nicht nur einen schweren ökonomischen
    Schock versetzt. Es wird dann auch der gesellschaftliche
    Friede im Land gefährdet. Griechenland könnte in politi-
    sche Instabilität abgleiten. Die Explosion von Gewalt


    (Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Könnte oder ist?)


    – Sie sprechen es an –, die wir bereits mehrmals in
    Athen beobachten mussten, hat uns einen klaren Hin-
    weis gegeben, welches Chaos dann in noch viel größe-
    rem Ausmaß zu erwarten wäre. Ideologen werden einfa-
    che Antworten versprechen und die Schuld für die
    eigenen Versäumnisse außerhalb des Landes festma-
    chen. Die Folgen davon könnten Spannungen mit den
    Nachbarn oder gar regionale Krisen sein, und das in ei-
    ner ohnehin instabilen Mittelmeerregion.

    Unabhängig davon müssen wir alle Anstrengungen
    unternehmen, um die Schuldenkrise zu bewältigen, und
    Europa insgesamt wettbewerbsfähiger machen; denn
    wenn wir das nicht schaffen – Sie sind am Schluss da-
    rauf eingegangen, Herr Außenminister –, wird Europa
    künftig gegenüber Herausforderern wie China, Indien
    und Brasilien deutlich zurückfallen. Aber wenn es uns
    gelingt, uns selbst zu behaupten, dann wird Europa ein
    starker Pol in einer multipolaren Welt sein. Das ist unser
    Ziel. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass wir das
    schaffen können.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


    Deshalb führen alle Gedankenspiele mit Euro-Bonds
    und einem Schuldentilgungsfonds, wie sie Herr Gabriel
    und die SPD in der Vergangenheit angestrebt haben, ge-
    nau in die falsche Richtung. Solch eine verfehlte Politik
    würde Europa nicht aus der Krise herausführen und nicht
    stärker machen, sondern uns noch tiefer in die Krise hi-
    neindrücken.

    Die Antwort auf die Frage, ob wir die Krise erfolg-
    reich bewältigen, entscheidet auch darüber, ob sich die
    Europäische Union über Kroatien hinaus erweitern kann.

    Das Kriterium der Aufnahmefähigkeit der EU gilt
    ebenso wie die Beitrittskriterien. Serbien möchte mög-
    lichst bald mit Beitrittsverhandlungen beginnen. Ich
    halte es für wichtig, dass wir mit der neuen Regierung in
    Belgrad einen ehrlichen Dialog über die Erwartungen
    führen, die wir an Serbien im Hinblick auf ein positives
    Votum des Bundestages zur Aufnahme von Beitrittsver-
    handlungen haben.

    Meine Fraktion wird in Gesprächen mit der serbischen
    Regierung folgende sieben Erwartungen zum Ausdruck
    bringen: erstens vollständige Erfüllung und Umsetzung
    des mit der EU vereinbarten Aktionsplans; zweitens
    sichtbare Fortschritte bei Aufklärung und Strafverfol-
    gung des Brandanschlags auf die Deutsche Botschaft
    vom Februar 2008; drittens deutliche Signale zur Fortset-
    zung der regionalen Aussöhnung – es darf keine Neu-
    interpretation der Geschichte geben, beispielsweise im
    Zusammenhang mit dem Völkermord in Srebrenica –;
    viertens vollständige Umsetzung der bisherigen Ergeb-
    nisse und Fortsetzung des Dialogprozesses zwischen Bel-
    grad und Pristina; fünftens Beginn des kontinuierlichen
    Abbaus der Parallelstrukturen in Nordkosovo und von
    deren Finanzierung;


    (Klaus Brandner [SPD]: Steht das jetzt im Haushaltsplan?)


    sechstens kontinuierliches Einwirken Belgrads auf die
    Serben in Nordkosovo für eine aktive Zusammenarbeit
    mit EULEX und KFOR. Wir erwarten schließlich sieb-
    tens den sichtbaren Willen zu einer rechtlich verbindli-
    chen Normalisierung der Beziehungen zu Kosovo mit
    der Perspektive, dass Serbien und Kosovo unabhängig
    und gemeinsam ihre Rechte und Pflichten wahrnehmen
    können. Diese Perspektive muss zwischen Serbien und
    Kosovo als vertragliche Vereinbarung vor Abschluss von
    Beitrittsverhandlungen festgelegt sein, und das muss
    auch praktiziert werden.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Die Entwicklungen in Russland geben Anlass zu gro-
    ßer Sorge; denn sie haben auch Auswirkungen auf das
    Verhältnis zu Deutschland und zur Europäischen Union.
    Wir haben – ich will das immer wiederholen – ein starkes
    Interesse an einem politisch und wirtschaftlich modernen
    und demokratisch verfassten Russland, das seine interna-
    tionalen Gestaltungsmöglichkeiten nutzt. Doch das russi-
    sche Verhalten im Zusammenhang mit Syrien – das
    wurde schon angesprochen – ist nicht das einzige außen-
    politische Signal, dass Russland nicht gestaltet, sondern
    eher blockiert. Innenpolitisch besteht die erhebliche Ge-
    fahr, dass Russland durch rechtsstaatliche Defizite, feh-
    lende Investitionen und mangelnde Innovation statt der
    von Präsident Putin angestrebten Modernisierung eine
    Zeit der Stagnation, statt Fortschritt und Entwicklung
    Rückschritte drohen.

    Lassen wir uns nicht von den makroökonomisch gu-
    ten Daten wie 4 Prozent Wachstum und einer für russi-
    sche Verhältnisse mit 6 bis 7 Prozent niedrigen Inflation
    oder dem gut gefüllten Reservefonds täuschen. Die enor-
    men Strukturprobleme, die erneut hohe Kapitalflucht
    von über 80 Milliarden Dollar bereits in diesem Jahr, der





    Dr. Andreas Schockenhoff


    (A) (C)



    (D)(B)


    wachsende Braindrain und die immense systemische
    Korruption sind Ursache dafür, dass Russland im Ver-
    gleich zu ähnlichen Staaten weiter zurückfallen wird.
    Das zeigen alle internationalen Indizes auf. Hinzu kom-
    men gesetzgeberische und juristische Maßnahmen, die
    in ihrer Gesamtheit auf eine wachsende Kontrolle akti-
    ver Bürger abzielen und kritisches Engagement zuneh-
    mend kriminalisieren. So aber kann man nicht die Men-
    schen gewinnen, die für die angestrebte Modernisierung
    des Landes dringend gebraucht werden.

    Allerdings verstehen Russland und die Europäische
    Union unter „Modernisierung“ etwas Verschiedenes:
    Russland will im Augenblick nur eine technisch-finan-
    zielle Modernisierung von oben her. Wir haben das Ver-
    ständnis, dass eine Modernisierung von unten her, von
    den Menschen getragen werden muss und dafür auch
    politische Mitgestaltungsmöglichkeiten und Rechtsstaat-
    lichkeit gegeben sein müssen. Das aber wird jetzt noch
    mehr eingeschränkt.

    Das EU-Konzept der Modernisierungspartnerschaft
    mit Russland ist ein gutes Konzept, aber es braucht einen
    Partner, der eine umfassende Modernisierung auch tat-
    sächlich will. Wenn wir mit diesem Konzept nicht voran-
    kommen, müssen wir es überprüfen. Voraussetzung da-
    für ist eine klare Analyse der systemischen Entwicklung
    Russlands statt Wunschdenken. Wir sollten pragmatisch
    dort mit Russland zusammenarbeiten, wo dies möglich
    ist und wo wir gemeinsame Interessen haben. Nicht zu-
    letzt muss in einer strategischen Partnerschaft auch ein
    klares Ansprechen von Defiziten und Verstößen gegen
    Werte und Normen, denen sich Russland angeschlossen
    hat, möglich sein, so wie es die Bundeskanzlerin immer
    wieder tut und erneut im Fall Pussy Riot getan hat.

    Ich komme im Zusammenhang mit Russland auch zur
    Lage in Syrien. Dort fällt das Assad-Regime – auch das
    haben die beiden Vorredner gesagt – in Zeitlupe und be-
    geht Kriegsverbrechen am syrischen Volk, nicht etwa an
    „seinem eigenen“ Volk. Was als Protest gegen das Unter-
    drückungsregime des Assad-Clans begann, ist längst zu
    einem Bürgerkrieg eskaliert. Die primäre Gewalt ging
    und geht weiterhin vom syrischen Regime aus. Mittler-
    weile lesen wir täglich Berichte über Bombardements
    syrischer Städte durch Assads Luftwaffe mit vielen zivi-
    len Toten. Diese Verbrechen dürfen von Russland und
    China nicht länger geduldet werden. Der UN-Sicher-
    heitsrat muss endlich wirksame Maßnahmen ergreifen,
    um das Töten durch das syrische Regime zu stoppen.

    Die internationale Isolation des syrischen Regimes ist
    zwingend notwendig, um Assad zum Abtreten zu bewe-
    gen


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    und eine noch größere militärische Eskalation zu verhin-
    dern. Darum wird sich die Bundesregierung während ih-
    res Vorsitzes im UN-Sicherheitsrat diesen Monat mit al-
    lem Nachdruck bemühen. Wir begrüßen zudem, dass die
    Bundesregierung in den vergangenen Monaten hinter
    den Kulissen einen politischen Fahrplan für die Zeit
    nach Assad vorangetrieben hat. Die syrische Opposition
    muss aber endlich Geschlossenheit zeigen, um eine ge-

    einte und glaubwürdige Alternative zum Assad-Regime
    zu sein.

    Mit großer Sorge verfolgen wir die sich zuspitzende
    Auseinandersetzung um das iranische Nuklearprogramm.
    Die iranische Bedrohung ist real und kein Popanz, der
    künstlich aufgebauscht wird. Die IAEO zeigt sich seit fast
    zehn Jahren in ihren Einschätzungen und auch in ihrem
    jüngsten Bericht immer besorgter über den möglichen
    militärischen Charakter des iranischen Nuklearpro-
    gramms. Seit Jahren kommt Iran jedoch den Forderungen
    des UN-Sicherheitsrats nach Transparenz seines Atom-
    programms sowie der Aussetzung der Urananreicherung
    und von Vorarbeiten zur Gewinnung von waffenfähigem
    Plutonium nicht nach. Zudem arbeitet Teheran intensiv an
    weitreichenden Raketen. Die israelische Sorge vor einer
    iranischen Atombombe muss also jedem einleuchten. Is-
    rael ist so groß wie Hessen und könnte durch einen einzi-
    gen Nuklearschlag vernichtet werden. Der iranische
    Präsident hat Israel jüngst zum wiederholten Mal sein
    Existenzrecht abgesprochen. Israel sei ein Krebsge-
    schwür, das bald verschwunden sein werde.

    Die jüngsten Verhandlungsrunden mit dem Iran haben
    wieder einmal zu keinen konkreten Ergebnissen geführt.
    IAEO-Chef Amano nennt das zu Recht frustrierend. Te-
    heran muss den Forderungen der Vereinten Nationen
    endlich nachkommen und nachprüfbar beweisen, dass es
    nicht am Bau einer Nuklearwaffe arbeitet. Ich will mit
    Nachdruck unterstreichen, was der Außenminister ge-
    sagt hat: Wir sind zu einer weiteren Drehung an der
    Sanktionsschraube bereit und müssen das auch insge-
    samt bei unseren europäischen Partnern einfordern.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Afghanistan ste-
    hen wir vor einem verantwortungsvollen Ende des inter-
    nationalen Kampfeinsatzes. Auf ihrem Gipfel in Chi-
    cago im Mai hat die NATO beschlossen, den Einsatz
    Ende 2014 zu beenden. Die christlich-liberale Koalition
    hat mit dem Strategiewechsel 2010 die Grundlage für
    den nun anstehenden Abzug der deutschen Truppen aus
    Afghanistan gelegt. Die von Deutschland mit Nachdruck
    betriebene Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte
    hat die schrittweise Übernahme der Sicherheitsverant-
    wortung durch afghanische Kräfte mit ermöglicht. Diese
    haben ihre Sollstärke fast erreicht und sind mittlerweile
    für die Sicherheit von 75 Prozent der afghanischen Be-
    völkerung zuständig. In sechs von neun Provinzen im
    deutschen Zuständigkeitsbereich im Norden wird keine
    permanente ISAF-Präsenz mehr erfordert. Mitte 2013
    sollen der Transitionsprozess in allen Teilen Afghanis-
    tans eingeleitet sein und die afghanischen Sicherheits-
    kräfte die Führungsrolle innehaben. ISAF wird dann nur
    noch eine unterstützende Rolle haben. Bis zum Ende des
    Einsatzes 2014 muss insbesondere die Qualität der af-
    ghanischen Streitkräfte verbessert werden; denn umso
    zügiger können wir den Prozess der Übergabe in Verant-
    wortung vorantreiben.

    Meine Damen und Herren, diese Bundesregierung
    meint es ernst mit dem Abzug unserer ISAF-Soldaten
    aus Afghanistan. Wir müssen jedoch realistisch sein: Ein





    Dr. Andreas Schockenhoff


    (A) (C)



    (D)(B)


    Abzug lässt sich nicht über Nacht bewerkstelligen. Es
    handelt sich um eine hochkomplexe, eigenständige Ope-
    ration, die mit den bisherigen ISAF-Aufgaben nicht ver-
    mengt werden darf. Vor diesem Hintergrund kommt für
    die CDU/CSU nur ein verantwortungsvoller, sicherer,
    geordneter und insbesondere nachhaltiger Abzug in-
    frage. Aber auch nach dem Ende des ISAF-Einsatzes
    bleibt die CDU/CSU-Fraktion den Menschen in Afgha-
    nistan verpflichtet. Die Transformation eines der ärms-
    ten und am wenigsten entwickelten Länder ist eine
    Generationenaufgabe. Unser Engagement wird sich qua-
    litativ verändern; aber es ist und bleibt langfristig.

    Herr Außenminister, ich danke Ihnen für Ihre
    Schlussbemerkung. Die politische Einigung Europas ist
    nicht nur eine fiskal- und wirtschaftspolitische Heraus-
    forderung, sie ist auch eine außen- und sicherheitspoliti-
    sche Herausforderung. In unserer Generation geht es da-
    bei nicht mehr nur um eine Antwort auf die Geschichte,
    es geht um die Selbstbehauptung Europas in der Welt
    des 21. Jahrhunderts. Dieser Aufgabe stellen wir uns, die
    CDU/CSU-Bundestagsfraktion, aufgrund unseres Men-
    schenbildes, aufgrund unserer historischen Verantwor-
    tung und aufgrund unserer Verantwortung für die Zu-
    kunft kommender Generationen in Deutschland.

    Danke.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt das Wort der Kol-

lege Jan van Aken.


(Beifall bei der LINKEN)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Jan van Aken


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eines

    muss man Ihnen ja lassen, Herr Westerwelle: Richtig gut
    reden können Sie.


    (Beifall bei der FDP)


    Ich finde aber, das reicht nicht. Sie sind jetzt Außen-
    minister. Da geht es auch um Ihr Handeln, und das kön-
    nen Sie nicht so richtig gut – nicht so gut wie hier reden.
    Es gibt oft eine sehr große Differenz zwischen dem, was
    Sie hier in Ihren Sonntagsreden verbreiten, und dem,
    was Sie draußen in der wirklichen Welt dann tun. Ich
    möchte einmal zwei Beispiele dafür nennen. Das eine ist
    die Abrüstung, das Zweite sind die Menschenrechte.

    Abrüstung ist eines Ihrer Lieblingsworte. Das ist
    schön – es ist auch eines meiner Lieblingsworte –; aber
    Sie tun leider immer genau das Gegenteil. Nehmen wir
    die Atomwaffen. Sie haben vor drei Jahren, zum Amts-
    antritt, hoch und heilig versprochen und groß angekün-
    digt, dass endlich auch die letzten amerikanischen
    Atomwaffen aus Deutschland abgezogen werden. Drei
    Jahre später liegen sie nicht nur immer noch hier in
    Deutschland; sie werden jetzt auch noch modernisiert.
    Es kommen hochmoderne, ganz neue Atomwaffen nach
    Deutschland, die noch ganz andere Einsatzszenarien er-
    möglichen als zuvor. Das ist ganz praktisch Aufrüstung
    und keine Abrüstung, oder?


    (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Agnes Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Nehmen wir uns einmal die Zahlen vor; es ist eine
    Haushaltsdebatte hier. Sie kürzen den Etat für Abrüstung
    schon wieder: auf jetzt 36 Millionen Euro. Seitdem Sie
    Außenminister sind, haben Sie den Etat für Abrüstung
    praktisch halbiert: von 64 Millionen auf jetzt nur noch
    36 Millionen Euro. Das finde ich schon schlimm genug
    für jemanden, der immer das Wort „Abrüstung“ benutzt.

    Aber was wirklich ganz schlimm ist, das ist die Be-
    gründung. Sie sagen: Es gab einige große Projekte. Die
    sind ausgelaufen. Diese 28 Millionen Euro können wir
    jetzt einsparen. – Was ist das denn für eine Begründung?
    Herr Westerwelle, Sie sind Außenminister der Bundesre-
    publik Deutschland. Sie dürfen auch eigene Projekte an-
    fangen. Sie dürfen Abrüstungspolitik auch ganz aktiv
    selbst gestalten. Sie könnten 28 Millionen Euro in die
    Hand nehmen, um aktive Abrüstungspolitik zu machen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Sie sagen einfach nur: Da läuft etwas aus; das stelle ich
    jetzt ein. – Ich meine, wenn das alle Ihre Kolleginnen
    und Kollegen Minister machen würden, dann könnten
    wir in ein paar Jahren in Flensburg an der Grenze ein
    Schild aufstellen: „Geschlossen wegen Totalausverkauf“
    oder so etwas.


    (Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)


    Sie tun gar nichts für Abrüstung, aber Sie tun ganz
    viel für Aufrüstung. Wir haben uns den gesamten Haus-
    halt einmal angeschaut und sind fündig geworden, zum
    Beispiel bei Ihrem Kollegen im Verteidigungsministe-
    rium. Da werden 927 Millionen Euro für neue Waffen,
    für neue Militärtechnologien ausgegeben. Das ist 25-mal
    so viel wie Ihr mickriger Etat für Abrüstung. Das ist
    ganz praktisch Ihre Prioritätensetzung: 25-mal so viel für
    Aufrüstung wie für Abrüstung. Das wäre ja in Ordnung,
    wenn Sie dazu stehen würden. Nehmen Sie hier in die-
    sem Haus nie wieder das Wort „Abrüstung“ in den
    Mund, wenn Sie 25-mal so viel Geld für Aufrüstung aus-
    geben!


    (Beifall bei der LINKEN)


    Das Gleiche bei den Menschenrechten. Sie haben
    eben hier wieder Ihre Solidarität mit den Freiheitsbewe-
    gungen in der arabischen Welt betont. Auch das ist
    schön, aber völlig unglaubwürdig, wenn Sie gleichzeitig
    Panzer an Saudi-Arabien verkaufen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Wir hatten das hier schon Dutzende von Malen. Ich sage
    es aber noch einmal: In Saudi-Arabien werden die Men-
    schenrechte mit Füßen getreten. Frauen haben da prak-
    tisch gar keine Rechte. Dort wird gefoltert. Meinungs-
    freiheit gibt es gar nicht. Ihre oder jedenfalls unsere
    Werte zählen gar nichts mehr, wenn die knallharten Inte-
    ressen im Vordergrund stehen: gute Beziehungen zum
    Königreich Saudi-Arabien – und das nicht deshalb, weil
    der König so ein netter Kerl ist, sondern ganz schlicht
    und einfach deshalb, weil es da viel, sehr viel Öl gibt
    und weil man mit Panzerverkauf viel Geld verdienen





    Jan van Aken


    (A) (C)



    (D)(B)


    kann. Das ist Ihr praktischer Umgang mit Menschen-
    rechten. Bitte benutzen Sie dieses Wort hier nicht wie-
    der, solange Sie Panzer an Saudi-Arabien verkaufen!


    (Beifall bei der LINKEN)


    Ich möchte zum Schluss kurz auch noch etwas zu Sy-
    rien sagen. Seit über einem Jahr fordern Sie eine politi-
    sche Lösung und ein Ende der Gewalt. Das ist gut; das
    tun wir auch. Nur, was haben Sie ganz praktisch dafür
    getan? Vor über einem Jahr, als die Gewalt noch ganz al-
    lein von Assad ausging, haben Sie nichts dafür getan,
    dass alle Konfliktparteien zusammen an einen Tisch
    kommen. Sie haben auch nichts getan, als Saudi-
    Arabien, Katar und die Türkei anfingen, Rebellengrup-
    pen zu bewaffnen, mit Waffen auszurüsten und auch
    noch militärisch auszubilden. Sie haben sogar weiter
    Waffen an genau diese Länder – Saudi-Arabien, Katar,
    Türkei – geliefert, die die Waffen wiederum an die Re-
    bellengruppen liefern, und damit haben Sie ganz aktiv
    den Bürgerkrieg in Syrien sogar noch weiter befördert.
    Wir finden es auch komplett falsch, dass Russland Waf-
    fen an Assad liefert; aber genauso falsch ist es doch,
    wenn Saudi-Arabien Waffen an die Rebellen liefert. Sie
    tun nichts, aber auch gar nichts dagegen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Dann sind Sie an einer Eskalation sogar noch direkt
    beteiligt, nämlich mit Ihrem Spionageschiff, das offen-
    bar Informationen direkt an Rebellengruppen gibt, damit
    direkt in diesen Bürgerkrieg mit eingreift und somit eben
    nichts für ein Ende des Krieges tut, sondern, genau im
    Gegenteil, ihn befeuert.

    Herr Westerwelle, gut reden allein reicht nicht. Ich
    finde, in den letzten drei Jahren haben Sie in der Außen-
    politik nicht viel zustande bekommen.


    (Widerspruch bei der FDP)


    Aber bei Friedenspolitik, bei Abrüstung und bei Men-
    schenrechten haben Sie komplett versagt.


    (Zuruf von der FDP: Nein!)


    Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Deutschland
    keine Waffen exportieren sollte.

    Ich danke Ihnen.


    (Beifall bei der LINKEN)