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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/191 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 191. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: (Fortsetzung) a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2013 (Haushaltsgesetz 2013) (Drucksache 17/10200) . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2012 bis 2016 (Drucksache 17/10201) . . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 23 Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dirk Niebel, Bundesminister  BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christiane Ratjen-Damerau (FDP) . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Roth (Esslingen) (SPD) . . . . . . . . . . Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . Volkmar Klein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 04 Bundeskanzleramt Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) . . . . . . . . Dr. Angela Merkel,  Bundeskanzlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Petra Merkel (Berlin) (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Bernd Neumann, Staatsminister  BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . Reiner Deutschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22959 A 22959 B 22959 B 22961 B 22963 A 22965 B 22966 C 22967 D 22968 D 22970 B 22971 B 22972 A 22973 A 22973 D 22974 D 22975 D 22977 A 22978 A 22978 D 22980 A 22985 A 22992 C 22997 C 23002 A 23006 A 23008 B 23010 B 23011 C 23012 D 23015 B 23016 B 23017 D 23019 B 23020 C Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister  AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bijan Djir-Sarai (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ruprecht Polenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Michael Brand (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Bettina Kudla (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister  BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . Bernhard Brinkmann (Hildesheim)  (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen)  (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 23022 A 23023 D 23025 D 23028 B 23029 B 23031 A 23031 D 23033 C 23034 D 23036 A 23037 B 23038 B 23039 A 23041 A 23043 C 23045 A 23046 C 23047 D 23049 A 23050 C 23052 A 23053 B 23054 C 23055 A 23056 B 23057 D 23059 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 22959 (A) (C) (D)(B) 191. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 Beginn: 10.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 23059 (A) (C) (D)(B) Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bär, Dorothee CDU/CSU 12.09.2012 Dr. Bartsch, Dietmar DIE LINKE 12.09.2012 Binder, Karin DIE LINKE 12.09.2012 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 12.09.2012 Dr. Danckert, Peter SPD 12.09.2012 Dr. Dehm, Diether DIE LINKE 12.09.2012 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 12.09.2012 Gohlke, Nicole DIE LINKE 12.09.2012 Höferlin, Manuel FDP 12.09.2012 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.09.2012 Kilic, Memet BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.09.2012 Koch, Harald DIE LINKE 12.09.2012 Kolbe (Leipzig),  Daniela SPD 12.09.2012 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.09.2012 Mast, Katja SPD 12.09.2012 Mücke, Jan FDP 12.09.2012 Rupprecht (Tuchenbach), Marlene SPD 12.09.2012 Scheelen, Bernd SPD 12.09.2012 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 12.09.2012 Simmling, Werner FDP 12.09.2012 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 12.09.2012  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 191. Sitzung Inhaltsverzeichnis Epl 23 Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Epl 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Epl 05 Auswärtiges Amt Epl 14 Verteidigung Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Otto Solms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Ich möchte für die FDP-Bundestagsfraktion genauso wie
    für die FDP als Partei sagen, dass uns das heutige Urteil
    des Verfassungsgerichts ungeheuer freut und beruhigt;
    denn wir haben mehr als andere Parteien mit dieser Sa-
    che zu tun gehabt. Wir haben einen Mitgliederentscheid
    durchgeführt. Alle Mitglieder waren aufgerufen, ihr Ur-
    teil zu fällen. Das ist positiv für den ESM ausgegangen,
    aber knapp positiv.

    In der Zwischenzeit hat in allen Fraktionen die Dis-
    kussion darüber stattgefunden. Dabei ist immer wieder
    Sand ins Getriebe gestreut worden und Verunsicherung
    betrieben worden. Deswegen ist es gut, dass das Verfas-
    sungsgericht jetzt eindeutig, und zwar ohne Vorbehalt,
    Frau Merkel, klargestellt hat, dass der ESM und der Fis-
    kalpakt verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind,
    sondern in Ordnung sind.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Die Klarstellungen, die darüber hinaus getroffen wor-
    den sind, waren besonders wichtig, beispielsweise die
    Begrenzung der Haftung auf 190 Milliarden Euro. Über
    diese Haftung ist von wichtigen Ökonomen viel in Zei-
    tungen geschrieben worden, was sich aber alles als Un-
    fug herausgestellt hat. Die Pflichten der Bundesregie-
    rung zur Auskunft gegenüber dem Deutschen Bundestag
    werden eindeutig bestätigt, genauso wie auch auf euro-
    päischer Ebene. Das soll völkerrechtlich fest verankert

    werden. Das stärkt den Deutschen Bundestag in seinen
    Mitwirkungsrechten noch einmal.


    (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: So ist es!)


    Schließlich ist indirekt bestätigt worden, dass eine Er-
    weiterung der Haftungsgrenzen für Deutschland nicht
    infrage kommt. Ich verstehe das so, dass es keine Euro-
    Bonds und keine Bankenlizenz für den ESM geben darf,
    dass aber auch ein Alt- oder Neuschuldentilgungsfonds,
    wie immer Sie das interpretieren wollen, nicht möglich
    ist und verfassungsrechtlich bedenklich wäre.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ich habe mich sowieso gewundert, warum Sie von der
    SPD und den Grünen, nachdem Sie die Sache mit den
    Euro-Bonds aufgegeben haben,


    (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Halbherzig!)


    auf den Altschuldentilgungsfonds eingeschwenkt sind.


    (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Der im Übrigen nichts nutzen würde!)


    Man muss doch nur einmal nachrechnen, was das heißt.
    Das hat auch der Sachverständigenrat selbst in aller Of-
    fenheit dargestellt. Wenn Sie den Altschuldentilgungs-
    fonds installieren, dann wird Deutschland für die Alt-
    schulden der betroffenen Länder mithaften. Diese
    summieren sich auf 2,1 Billionen Euro. Das ist genauso
    viel wie die deutschen Schulden. Damit steigt, was die
    Haftung anbetrifft, die Staatsschuldenquote von Deutsch-
    land von heute 82 Prozent auf über 160 Prozent. Damit
    wären wir – wenn Sie die Ratingagenturen dazu befragen
    würden, würden sie Ihnen das bestätigen – auf dem Ni-
    veau von Griechenland.

    Was wäre die Folge? Die Folge wäre, dass wir nicht
    nur für unsere Schulden im Altschuldentilgungsfonds,
    sondern auch für unsere übrigen Schulden sehr viel hö-
    here Zinsen bezahlen müssten. Das würde sich, wenn
    man das ganz nüchtern ausrechnet, auf einen Betrag in
    zweistelliger Milliardenhöhe belaufen, der bis auf 40 bis
    50 Milliarden Euro pro Jahr anwächst. Man muss doch
    ökonomisch von Sinnen sein, wenn man einem solchen
    Modell folgen wollte. Das verbietet sich von selbst.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Deswegen bleibt es dabei: strikte Konditionalität,
    keine Haftungsvermischungen. Es muss der Grundsatz
    gelten: Jeder muss für sein Handeln haften. Das gilt im
    Zivilrecht. Genauso muss es für Staaten gelten. Es darf
    nicht sein, dass die Haftung auf andere übertragen wer-
    den kann, um sich dann aus der Verantwortung zu steh-
    len.

    Ein Wort noch zur Bankenunion. Natürlich brauchen
    wir eine europäische Bankenaufsicht, insbesondere na-
    türlich für die europaweit oder international agierenden
    Banken. Aber wir brauchen keine gemeinsame Haftung
    bei den Einlagen; denn die Einlagensicherungsfonds
    sind im Besitzstand der Sparer, der Kunden und der Ge-
    sellschafter der Banken, die sie angesammelt haben. Es





    Dr. Hermann Otto Solms


    (A) (C)



    (D)(B)


    wäre quasi ein enteignungsgleicher Eingriff, wenn diese
    Einlagensicherungsfonds nun auch auf andere Schuldner
    übertragen werden sollten.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Eine letzte Bemerkung – Herr Schäuble hat gestern in
    seinem Vortrag klargestellt, dass er dieses Problem
    sieht –: Wenn die Bankenaufsicht bei der Europäischen
    Zentralbank angesiedelt wird, dann kann daraus ein deut-
    licher Interessenkonflikt entstehen. Dies muss man ver-
    meiden. Das war auch der Grund, warum wir in Deutsch-
    land die BaFin erhalten und die Verantwortung nicht ganz
    auf die Bundesbank übertragen haben. Es muss ganz klar
    sichergestellt werden, dass dieser Interessenkonflikt nicht
    entsteht. Darüber hinaus halte ich die Schaffung einer sol-
    chen Behörde für notwendig. Aber ich bin genauso wie
    der Bundesfinanzminister der Meinung, dass das nicht
    von heute auf morgen zu Handlungsfähigkeit führen
    wird. Es wird sicherlich ein paar Jahre dauern, sie aufzu-
    bauen. Zumindest in der Zwischenzeit müssen die natio-
    nalen Aufsichtsbehörden tätig bleiben.

    Nun mache ich noch einige Bemerkungen zum Haus-
    halt. Wir haben als FDP-Fraktion am Anfang der Legis-
    laturperiode und auch in unserem Wahlprogramm eine
    Steuer- und Abgabenentlastung vorgeschlagen, aber
    Hand in Hand mit der Haushaltskonsolidierung.


    (Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Ach ja!)


    Das haben Sie bewusst falsch verstanden und gesagt:
    Die wollen nur Steuern senken.


    (Michael Roth [Heringen] [SPD]: Nein! Sie haben es nicht gemacht!)


    Aber es liegt alles schriftlich vor.

    Ich kann heute mit großer Zufriedenheit sagen, dass
    wir beides erfolgreich hinbekommen haben.


    (Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Ach ja!)


    – Ja. – Die Steuer- und Abgabenentlastung im Einzelnen
    hier aufzuführen, würde zu lang. Die Steuerentlastung be-
    trägt etwa 25,9 Milliarden Euro, die Abgabenentlastung,
    insbesondere bei der Rentenversicherung, 8 Milliarden
    Euro. Wenn Sie dem Abbau der kalten Progression und
    der Absenkung der Beiträge zur Rentenversicherung zu-
    stimmen, was in Ihrer Verantwortung steht, aber auch Ih-
    rem Wahlkonzept entsprechen würde, dann hätten wir
    eine Nettoentlastung von 34 Milliarden Euro. Das kann
    sich doch sehen lassen.

    Das hat natürlich erheblich zur Steigerung der Bin-
    nenkonjunktur in Deutschland beigetragen. Wenn sich
    die Konjunktur jetzt etwas abschwächt und Sie mit der
    Forderung nach Steuererhöhungen an allen Ecken und
    Enden in das nächste Wahljahr gehen, dann tun Sie das
    Schlechteste, was Sie für die wirtschaftliche Entwick-
    lung tun können,


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    und bewirken bewusst eine Steigerung der Arbeitslosig-
    keit. Genau das darf nicht geschehen.

    Deswegen sind wir zum einen froh, unser Verspre-
    chen eingehalten zu haben. Zum anderen werden, was
    die Haushaltskonsolidierung angeht, die Ausgaben des
    Staates am Ende dieser Legislaturperiode niedriger sein
    als am Anfang. Auch das hat es nach meiner Erinnerung
    niemals gegeben. Das ist ein Supererfolg.


    (Beifall bei der FDP)


    Sie sollten den Haushaltsplan genau lesen. Von den
    18,8 Milliarden Euro Neuverschuldung, die jetzt noch
    darin enthalten sind, sind über 8 Milliarden Euro auf die
    Kapitalbeteiligung am ESM zurückzuführen. Über
    10 Milliarden Euro haben wir zur Entlastung der Länder
    bereitgestellt.


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)


    Nüchtern betrachtet ist der Kernhaushalt also schon
    heute ausgeglichen. Ein besseres Ergebnis hätte man
    sich am Anfang der Legislaturperiode nicht vorstellen
    können.

    Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)




Rede von Petra Pau
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

Der Kollege Michael Roth hat nun für die SPD-Frak-

tion das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Michael Roth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Gerne greife ich den Ball einiger meiner Vorrednerinnen
    und Vorredner auf.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das muss nicht sein!)


    Lassen Sie uns noch einmal über Europa reden.

    Die Bundeskanzlerin beklagte kürzlich die zwei
    Wirklichkeiten in der Krise. Sie sprach von der Wirk-
    lichkeit in Griechenland, Spanien und Italien, und sie
    sprach von der Wirklichkeit in Deutschland und davon,
    dass das alles nicht mehr zusammenpasse. Ich kann die-
    ser Regierung und der Bundeskanzlerin den Vorwurf
    nicht ersparen: Frau Merkel ist maßgeblich verantwort-
    lich für dieses Europa der zwei Wirklichkeiten. Sie be-
    treiben nämlich nicht nur eine schlechte Politik, sondern
    – darin kann man dem Herrn Bundespräsidenten nur zu-
    stimmen – Sie erklären Europa nicht. Sie betreiben eine
    dilettantische Kommunikation.


    (Beifall bei der SPD)


    Machen wir uns doch nichts vor: Meinungen und
    Stimmungen in der Bevölkerung, die uns angesichts der
    Tragweite der hier getroffenen Entscheidungen sorgen
    müssen, fallen doch nicht vom Himmel. Diese werden
    doch auch von der Politik konstruiert. Sie werden auch
    von uns und von den Aussagen einer Kanzlerin, eines
    Ministers oder einer Ministerin beeinflusst.

    Wofür steht diese Bundesregierung? Die Bundes-
    regierung erklärt, sie wolle Griechenland unbedingt in
    der Euro-Zone halten. Vizekanzler Rösler schwadroniert
    munter drauflos. Ich hoffe, dass Sie sich für die Herren





    Michael Roth (Heringen)



    (A) (C)



    (D)(B)


    Dobrindt und Söder so richtig schämen. Sie werden das
    hier sicherlich nicht zugeben. Aber so viel europapoliti-
    sches Porzellan, wie diese beiden Herren zerdeppert ha-
    ben, bekommt man gar nicht mehr zusammen.


    (Beifall bei der SPD)


    Das ist ein ziemlich jämmerliches Schauspiel à la
    Dr. Jekyll and Mr. Hyde. Die einen so, die anderen so –
    und nichts passt zusammen.

    Es gibt aber auch zwei Wirklichkeiten bei der Bun-
    deskanzlerin persönlich. Im Wahlkampf schimpft sie
    über die vermeintlich faulen Südeuropäer, die sich nur
    einmal richtig anstrengen müssten. Kürzlich zeigte sie
    dann Mitgefühl. Ich habe gelesen, dass der Bundeskanz-
    lerin angesichts der dramatischen Einschnitte in Südeu-
    ropa das Herz blute. Mit Verlaub, ich nehme Ihnen das
    Mitgefühl nicht ab. Sie, Frau Bundeskanzlerin, schauen
    zu, wie jeder zweite Jugendliche in Spanien und Grie-
    chenland ohne Job und Perspektive bleibt. Sie schauen
    zu, wie Kranke in Griechenland keine medizinische Be-
    handlung bekommen. Sie schauen zu, wie Rechtspopu-
    listen und Europagegner europaweit Zulauf erhalten.
    Wann fangen Sie endlich an, dagegen konkret etwas zu
    tun? Mir blutet das Herz bei so viel Tatenlosigkeit der
    politisch Verantwortlichen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Es gibt auch zwei Wirklichkeiten bei der Bewertung
    der Rolle der Europäischen Zentralbank. Es ist schon
    schamlos, wie Sie sich hier hinstellen und die Unabhän-
    gigkeit der Europäischen Zentralbank betonen, die eine
    100-prozentige Blaupause in der Deutschen Bundesbank
    findet. Sie stellen sich hier hin, erklären, wie unabhängig
    diese Institution ist, und sehen munter zu, was so alles in
    der Europäischen Zentralbank in Frankfurt entschieden
    wird. Sie finden sich damit klammheimlich ab. Herr
    Brüderle stellt sich hier hin und übt massive Kritik an
    der Bundesregierung, insbesondere an der Kanzlerin und
    dem Bundesfinanzminister. Aber eigentlich sind Sie
    doch froh, dass endlich entschieden wird. Es handelt sich
    doch um politisches Versagen Ihrerseits. Die EZB han-
    delt endlich, weil Sie nichts tun. Sie haben doch gar
    nicht mehr die Kraft, geschweige denn die Bereitschaft,
    hier im Bundestag irgendeine politisch-parlamentarisch
    legitimierte Entscheidung herbeizuführen. Sie bekom-
    men doch gar keine Mehrheit mehr bei Schwarz-Gelb
    zusammen. Deshalb muss die Europäische Zentralbank
    handeln.


    (Beifall bei der SPD)


    Wir leben nicht in unterschiedlichen Welten und auch
    nicht in unterschiedlichen Wirklichkeiten. Wir leben in
    einem gemeinsamen Europa. Ich finde es dramatisch,
    dass sich bei vielen Bürgerinnen und Bürgern die Vor-
    stellung manifestiert hat, wir lebten in Deutschland auf
    einer behüteten Insel der Glückseligen inmitten eines
    Meers von Krisenstaaten. – Die Bundeskanzlerin hat ei-
    nen schwerwiegenden Traditionsbruch zu verantworten.
    Sie hat nämlich einen Widerspruch zwischen den deut-
    schen Interessen einerseits und den europäischen Inte-
    ressen andererseits konstruiert.


    (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Sie haben nicht zugehört!)


    Der größte und erfolgreichste Rettungsschirm für
    Wohlstand und sichere Arbeitsplätze vieler Arbeitneh-
    merinnen und Arbeitnehmer – gerade in Deutschland –
    waren der Euro und das gemeinsame Europa. 60 Prozent
    unserer Exporte gehen in die Staaten der Europäischen
    Union. 40 Prozent gehen in die Staaten der Euro-Zone.
    Ohne die Exporte in unsere Partnerländer hätten wir
    nicht Millionen sichere Arbeitsplätze. Das gilt sowohl
    für meinen Wahlkreis, für Bad Hersfeld und Heringen,
    als auch für Frankfurt, Oberammergau, München oder
    Hamburg. Ich kann Ihre verantwortungslose Politik
    nicht mehr nachvollziehen; denn wir retten gemeinsam
    nicht nur Griechenland oder Spanien, sondern auch un-
    seren Wohlstand und unseren Sozialstaat in Deutschland.
    Deswegen wünsche ich mir von Ihnen ein bisschen mehr
    Verantwortungsbewusstsein.

    Wir wissen aber auch: Arbeitslose Spanier kaufen
    keine teuren, qualitativ hochwertigen Produkte aus
    Deutschland. Derzeit wird oft behauptet, es gebe eine
    Alternative zu den Märkten in Europa. Ja, Alternativen
    gibt es immer. Aber wie sehen denn diese Alternativen
    aus? Deutschland exportiert alleine in die Niederlande
    mehr Güter als nach China. Gerade einmal 7 Prozent
    unserer Produkte gehen in die Vereinigten Staaten von
    Amerika, 2 Prozent nach Lateinamerika. Wer also den
    Eindruck erweckt, als könnten wir auf ein starkes, auf
    Wohlstand beruhendes Europa verzichten, weil wir uns
    auf anderen Märkten ausbreiten könnten, hat die euro-
    päische und auch die deutsche Wirklichkeit nicht ver-
    standen.


    (Beifall bei der SPD)


    2007, als Deutschland die Ratspräsidentschaft inne-
    hatte, die wir mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier
    nicht nur konstruktiv begleitet, sondern auch maßgeblich
    mitgeprägt haben, gab es ein Motto. Dieses Motto lau-
    tete: Europa gelingt gemeinsam. – Die Bundeskanzlerin
    ist an diesem Anspruch krachend gescheitert, weil sie
    nicht nur die deutschen, sondern auch die europäischen
    Interessen mit Füßen tritt. Diesen Vorwurf müssen sich
    Schwarz-Gelb und diese Bundesregierung gefallen las-
    sen.


    (Beifall bei der SPD – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Noch größeren Schwachsinn kann man sich gar nicht vorstellen!)