Rede:
ID1719012100

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 12
    1. Für: 1
    2. die: 1
    3. Fraktion: 1
    4. Die: 1
    5. Linke: 1
    6. hat: 1
    7. jetzt: 1
    8. der: 1
    9. KollegeHarald: 1
    10. Weinberg: 1
    11. das: 1
    12. Wort.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/190 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 190. Sitzung Berlin, Dienstag, den 11. September 2012 I n h a l t : Nachruf auf den Abgeordneten Jürgen Herrmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachruf auf die Vizepräsidentin a. D. Liselotte Funcke und den Vizepräsidenten a. D. Georg Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2013 (Haushaltsgesetz 2013) (Drucksache 17/10200) . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2012 bis 2016 (Drucksache 17/10201) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Haushaltsbe- gleitgesetzes 2013 (HBeglG 2013) (Drucksache 17/10588) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister  BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Barthle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Dietmar Bartsch (DIE LINKE) . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Meister (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg)  (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 16 Bundesministerium für Umwelt, Natur- schutz und Reaktorsicherheit Peter Altmaier, Bundesminister  BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . . Stephan Thomae (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Ulrich Petzold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Altmaier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Bernhard Schulte-Drüggelte  (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 22861 B 22861 D 22862 C 22862 C 22862 C 22862 D 22872 C 22874 B 22876 C 22879 B 22881 B 22883 B 22886 B 22887 D 22889 B 22890 A 22891 C 22893 B 22895 B 22897 B 22898 C 22899 D 22900 D 22902 B 22904 B 22906 A 22907 A 22908 C 22909 C 22910 A 22910 C Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 190. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2012 Einzelplan 30 Bundesministerium für Bildung und Forschung Dr. Annette Schavan, Bundesministerin  BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Hagemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Heinz-Peter Haustein (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) . . . . Agnes Alpers (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dagmar Ziegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . . Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . Anette Hübinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . Einzelplan 15 Bundesministerium für Gesundheit Daniel Bahr, Bundesminister  BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ewald Schurer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr, Bundesminister BMG . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bärbel Bas (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) . . . . . Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Koschorrek (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Edgar Franke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Erwin Lotter (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Buchholz und Nicole Gohlke (beide DIE LINKE) zur Abstimmung über den An- trag: Rechtliche Regelung der Beschneidun- gen von Jungen (189. Sitzung, Zusatztages- ordnungspunkt 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur Abstimmung über den Antrag: Rechtliche Regelung der Beschneidungen von Jungen (189. Sitzung, Zusatztagesordnungs- punkt 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Arfst Wagner (Schleswig) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Antrag: Rechtliche Regelung der Beschnei- dungen von Jungen (189. Sitzung, Zusatzta- gesordnungspunkt 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Antrag: Rechtliche Regelung der Beschneidungen von Jungen (189. Sitzung, Zusatztagesordnungs- punkt 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22912 B 22914 B 22916 B 22917 A 22918 B 22920 D 22921 B 22922 B 22923 C 22924 D 22926 D 22927 B 22927 D 22928 C 22930 A 22931 C 22932 C 22933 B 22935 D 22937 B 22937 D 22938 D 22939 A 22940 C 22941 D 22943 A 22944 A 22945 B 22946 A 22948 A 22949 B 22950 A 22951 B 22952 B 22953 A 22954 D 22955 A 22955 C 22956 A 22956 B 22956 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 190. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2012 22861 (A) (C) (D)(B) 190. Sitzung Berlin, Dienstag, den 11. September 2012 Beginn: 10.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 190. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2012 22955 (A) (C) (D)(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Buchholz und Nicole Gohlke (beide die Linke) zur Abstim- mung über den Antrag: Rechtliche Regelung der Beschneidungen von Jungen (189. Sitzung, Zusatztagesordnungspunkt 1) Während sich die Mehrheit der Fraktion Die Linke im Bundestag bei dem Antrag „Rechtliche Regelung der Beschneidung minderjähriger Jungen“ von CDU/CSU, FDP und SPD enthält, habe ich diesem zugestimmt. Der Antrag fordert die Bundesregierung auf, „im Herbst 2012 unter Berücksichtigung der grundgesetzlich geschützten Rechtsgüter des Kindeswohls, der körperli- chen Unversehrtheit, der Religionsfreiheit und des Rechts der Eltern auf Erziehung einen Gesetzentwurf vorzule- gen, der sicherstellt, dass eine medizinisch fachgerechte Beschneidung von Jungen ohne unnötige Schmerzen grundsätzlich zulässig ist.“ Der Antrag ist notwendig ge- worden, nachdem das Kölner Landgericht ein Urteil ge- troffen hat, dass von den jüdischen und muslimischen Ge- meinschaften zurecht als Angriff auf die Ausübung ihrer Religionsfreiheit gesehen wird. Vielmehr hat das Urteil eine – in Teilen rassistisch ge- führte – Debatte ausgelöst, in der scheinbar liberale Mei- nungsmacher die angeblich herzlosen muslimischen und jüdischen Eltern an den Pranger stellen. Eine medizinisch sachgerecht durchgeführte Be- schneidung bei Jungen gleichzusetzen mit weiblicher Genitalverstümmelung, Klitorisentfernung, – die selbst- verständlich vehement abzulehnen ist – ist in keiner Weise gerechtfertigt. Gleichzeitig so zu tun, als würde nur die Beschneidung einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit darstel- len und nicht auch beispielsweise kosmetische Operatio- nen bei Minderjährigen, vorsorgliche Blinddarm- oder Mandelentfernungen oder beispielsweise Ohrlochste- chen, ist bigott. Die Beschneidung ist in beiden Religio-  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bär, Dorothee CDU/CSU 11.09.2012 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 11.09.2012 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 11.09.2012 Dr. Danckert, Peter SPD 11.09.2012 Daub, Helga FDP 11.09.2012 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 11.09.2012 Gohlke, Nicole DIE LINKE 11.09.2012 Höferlin, Manuel FDP 11.09.2012 Hörster, Joachim CDU/CSU 11.09.2012* Hunko, Andrej DIE LINKE 11.09.2012* Kilic, Memet BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.09.2012 Koch, Harald DIE LINKE 11.09.2012 Kolbe (Leipzig),  Daniela SPD 11.09.2012 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.09.2012 Lach, Günter CDU/CSU 11.09.2012 Mast, Katja SPD 11.09.2012 Möller, Kornelia DIE LINKE 11.09.2012 Mücke, Jan FDP 11.09.2012 Müller (Erlangen), Stefan CDU/CSU 11.09.2012 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 11.09.2012 Simmling, Werner FDP 11.09.2012 Spatz, Joachim FDP 11.09.2012 Ulrich, Alexander DIE LINKE 11.09.2012 Dr. Wadephul, Johann CDU/CSU 11.09.2012* Werner, Katrin DIE LINKE 11.09.2012 Widmann-Mauz, Annette CDU/CSU 11.09.2012 Zimmermann, Sabine DIE LINKE 11.09.2012  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 22956 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 190. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2012 (A) (C) (D)(B) nen ein wesentlicher Initiationsritus für die Zugehörigkeit zum Kollektiv der Gläubigen. Ein Verbot der Beschnei- dung liefe auf ein Religionsverbot für Muslime und Juden in Deutschland hinaus. Wer glaubt, Fragen der religiösen oder kulturellen Identität über das Strafrecht zu regeln, befördert die Kri- minalisierung jüdischer und muslimischer Riten. Praktisch bedeutet das für die betroffenen Jungen nicht weniger, sondern mehr Probleme: Operationen im Ausland, Eingriffe durch Kurpfuscher und eine Stigmati- sierung, die das Zusammenleben in einer multikulturel- len Gesellschaft erschwert. Ich begrüße es, dass mit dem Antrag ein klares Signal an Juden und Muslime in Deutschland gesendet wird und klargestellt wird, dass sie und ihre Religionspraxis ein selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft sind. Ich spreche mich für eine Regelung im Sinne des Antra- ges aus. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den An- trag: Rechtliche Regelung der Beschneidungen von Jungen (189. Sitzung, Zusatztagesord- nungspunkt 1) Ich stimme dem Antrag „Rechtliche Regelung der Beschneidungen von minderjährigen Jungen“ zu. Das Landgerichtsurteil vom 7. Mai 2012 entfaltet zwar an und für sich keine Bindungswirkung, durch da- raus resultierende Verunsicherung der jüdischen und muslimischen Bevölkerung sowie die Reaktion der Bun- desärztekammer ist ein Handeln nötig geworden. Ich möchte nicht, dass religiöses Leben in diesem Land im Untergrund stattfinden muss. Ein Komplettver- bot der Beschneidung drängt die jüdischen und muslimi- schen Gemeinschaften in den Untergrund. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Arfst Wagner (Schleswig) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstim- mung über den Antrag: Rechtliche Regelung der Beschneidungen von Jungen (189. Sitzung, Zusatztagesordnungspunkt 1) Der Grundrechtekatalog unseres Grundgesetzes ist ein guter roter Faden für das Zusammenleben in unserer heterogenen Gesellschaft. Dort werden die Grundfrei- heiten und Grundrechte und ihre Schranken definiert. Sowohl die Religionsfreiheit (Glaubensfreiheit, Nicht- glauben, Wechsel der Religionen), aber auch körperliche Unversehrtheit sind Grundrechtsgüter. Wenn sie mitei- nander kollidieren, sind sie abzuwägen und es muss ge- gebenenfalls ein guter Kompromiss gefunden werden. Sowohl die heiligen Schriften der Religionen, aber auch die religiösen Riten, Gebräuche und Traditionen beinhal- ten naturgemäß alte Elemente, die im Lichte der Vernunft und den neuen Einsichten der Wissenschaft neu zu verste- hen und zu interpretieren sind. Die Menschheit kann mit Glück und Stolz darauf zu- rückblicken, dass wir keine Menschenopfer mehr brin- gen, die Steinigung von Ehebrechern nicht mehr Teil un- serer Rechtsprechung ist, verwitwete Hindufrauen seit mehr als 100 Jahren nicht mehr mit ihren verstorbenen Ehemännern verbrannt werden und die Beschneidung von Mädchen weitgehend verpönt und strafbar ist. Bei der Gleichberechtigung von Mann und Frau und der Nichtdiskriminierung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften wurden einige Fortschritte erzielt, aber auch einige Rückschritte verzeichnet. Die Kinder sind kein Eigentum der Eltern, der Reli- gionsgemeinschaften oder des Staates. Sie sind Indivi- duen mit vollen Rechten. Das Kindeswohl zu gewährleis- ten obliegt den Eltern und dem Staat in den gesetzlichen Rahmen. Der säkulare Staat hat auch die Aufgabe, den Druck der Religionsgemeinschaften oder Weltanschauung auf einzelne Individuen abzuwenden oder dies zumindest abzumildern, damit sich das Individuum frei entfalten kann (Art. 2 Grundgesetz). Medizinisch notwendige Ein- griffe in die körperliche Unversehrtheit stehen hierbei außer Diskussion. Zur Disposition steht nur, inwieweit die blutigen Ri- tuale der Religionsgemeinschaften, die einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit – sogar bei Kleinkindern – darstellen, allein der Entscheidung der Religionsgemein- schaften bzw. Eltern zu überlassen ist. Bei der Beschneidung stellt sich diese Frage vorder- gründig. Es besteht sowohl wissenschaftliche wie politische Einigkeit darüber, dass die Zirkumzision einen irreversi- blen und nicht zu bagatellisierenden Eingriff in die Körper von Menschen darstellt. Es ist aber auch soziolo- gischer Fakt, dass sich viele Eltern in der Religions- oder Traditionspflicht sehen, diesen Vorgang bei ihrem Kind vornehmen zu lassen. Um eine selbstbestimmte Erwachsenenentscheidung – im Idealfall zu einem unblutigen Religionsbekennt- nis – zu ermöglichen, kann der Gesetzgeber einen Über- gangskompromiss vorlegen. Solch eine gesetzliche Regelung mit einer großen ge- sellschaftlichen und grundrechtlichen Reichweite darf nicht in einem Schnellverfahren erfolgen. Dafür müssen gründliche Anhörungsverfahren durchgeführt werden. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Josef Philip Winkler (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 190. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2012 22957 (A) (C) (D)(B) den Antrag: Rechtliche Regelung der Beschnei- dungen von Jungen (189. Sitzung, Zusatztages- ordnungspunkt 1) Ich stimme dem Antrag „Rechtliche Regelung der Beschneidungen von minderjährigen Jungen“ zu. Das Landgerichtsurteil vom 7. Mai 2012 entfaltet zwar an und für sich keine Bindungswirkung, durch die daraus resultierende Verunsicherung der jüdischen und muslimischen Bevölkerung sowie die Reaktion der Bun- desärztekammer ist ein Handeln aber nötig geworden. Ich möchte nicht, dass religiöses Leben in diesem Land im Untergrund stattfinden muss. Ein Komplettver- bot der Beschneidung drängt die jüdischen und muslimi- schen Gemeinschaften in den Untergrund. Das lehne ich ab und stimme deshalb dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und SPD zu. 190. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Einbringung Haushaltsgesetz 2013Finanzplan Epl 08, Epl 20, Epl 32, Epl 60, TOP 2 Allgemeine Finanzdebatte Epl 16 Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Epl 30 Bildung und Forschung Epl 15 Gesundheit Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Johannes Singhammer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

    ren! Kommen wir wieder zum Hauptpunkt der heutigen
    Debatte zurück: Noch nie in der Geschichte der Bundes-
    republik Deutschland waren die Finanzen der gesetzli-
    chen Krankenversicherung so geordnet, so nachhaltig
    und so sicher wie jetzt, im September 2012. Unabhängig
    davon, ob am Ende des Jahres im Gesundheitsfonds und
    bei den Krankenkassen 20, 22 oder gar 25 Milliarden
    Euro angehäuft worden sind: Die rund 70 Millionen
    Menschen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung
    versichert sind, wissen, dass eine einmalig hohe Reserve
    Sicherheit und Vertrauen schafft. Das ist alles andere als
    selbstverständlich, und zwar deswegen nicht, weil in der
    Geschichte der gesetzlichen Krankenversicherung au-
    ßerordentliche Schwankungen sowie die Defizitbekämp-
    fung eher die Regel waren.

    Wenn wir in das eine oder andere Nachbarland
    schauen, dann erkennen wir, dass wir in Deutschland
    eine Insel der Stabilität in der Krankenversicherung vor-
    finden.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Einige Beispiele: Das neue Ärzteblatt berichtet, dass sich
    Frankreich in diesen Tagen nicht die Frage stellt: Was
    tun mit den Überschüssen?, sondern: Wie kann man ein
    Defizit der staatlichen Krankenversicherung von sage
    und schreibe 8,6 Milliarden Euro in den Griff bekom-
    men? Das Gesundheitswesen, früher ein Stolz der
    Grande Nation, entpuppt sich als finanzielles Sorgen-
    kind. – Die Krankenversicherten in Spanien plagen sich
    mit einem Schuldenberg, welcher die astronomische
    Höhe von 16 Milliarden Euro erreicht hat. – Die Men-
    schen in Griechenland sind vielfach in höchster Not. Pa-
    tienten erhalten Arzneimittel und ärztliche Behandlung
    nur noch gegen Barzahlung, weil die Krankenkassen
    nicht mehr genügend solvent sind. Einer der großen
    Partner im griechischen Gesundheitswesen klagte vor
    kurzem: Das Gesundheitssystem bricht zusammen.

    Wir, die christlich-liberale Koalition, waren in den
    vergangenen Jahren mit der Unterstützung vieler Gut-
    williger und Leistungsfähiger so erfolgreich, dass wir
    eine komfortable, ich würde fast sagen: Luxusdiskussion
    führen können, wie wir mit den Überschüssen richtig
    umgehen. Davon hätte Rot-Grün nur träumen können.
    Wir tun es.


    (Harald Weinberg [DIE LINKE]: Ihr träumt!)


    Dabei müssen wir sorgfältig und klug vorgehen.

    Die krisenhaften Verschlechterungen bei einer Reihe
    von europäischen Nachbarn mahnen uns und raten zur
    Vorsicht. Wir sollten die einmalige historische Chance
    auf Nachhaltigkeit nutzen. Das heißt: Es darf keine Rolle
    rückwärts bei den Ausgaben geben. Wir dürfen nicht alle
    Hähne wieder aufdrehen. Das Geld der Versicherten ist
    zu kostbar, als dass es plötzlich wieder mit vollen Hän-
    den ausgegeben werden darf. Wir wollen keinen Wett-
    lauf beim Geldausgeben.

    Wir anerkennen, dass die Partner im Gesundheitswe-
    sen zum Teil einschneidende harte Sparmaßnahmen

    haben hinnehmen müssen, zum Beispiel die Pharma-
    industrie mit Zwangsrabatten; aber auch Ärzte, Kran-
    kenhäuser und Apotheker haben ihren Anteil erbracht.
    Diese einschneidenden Sparmaßnahmen können nicht
    unbegrenzt fortgesetzt werden, etwa in den Krankenhäu-
    sern, weil dort der größte Anteil der Ausgaben Personal-
    kosten sind. Sie betragen etwa 60 Prozent. Die Beschäf-
    tigten in den Krankenhäusern haben ein Anrecht auf
    ausreichende, adäquate Entlohnung ihrer großartigen
    Arbeit.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Mechthild Rawert [SPD]: Da muss aber noch etwas passieren!)


    Natürlich tun wir etwas, vorsichtig, überlegt, aber kon-
    zentriert.

    Selbstverständlich gibt es noch Herausforderungen.
    Die größte Herausforderung ist sicherlich, die Gesund-
    heitsstruktur in den ländlichen Räumen zu erhalten. Ich
    nehme an, wir alle im Plenum sind für Strukturpolitik.
    Aber Strukturpolitik gelingt niemals ohne eine adäquate
    Gesundheitsversorgung sowohl in den Ballungsräumen
    als auch in den ländlichen Regionen. Es nützt nichts, die
    beste Autobahn zu bauen und die schnellste Internetver-
    bindung bereitzustellen, wenn der Arzt, die Apotheke
    oder das Krankenhaus erst nach eineinhalb Stunden
    Fahrzeit mit dem Auto erreichbar sind. Deshalb wird die
    strukturpolitische Absicherung der Gesundheitsversor-
    gung ein ganz zentrales Element der Politik der nächsten
    Monate sein.

    Um einmal ganz konkret zu sagen, was damit gemeint
    ist: Wenn wir jetzt beispielsweise den Festzuschlag der
    Apotheker für Arzneimittel – der immerhin seit 2004,
    also seit über acht Jahren, unverändert ist – erhöhen,
    dann müssen wir uns auch Gedanken machen über einen
    Ausgleich für Apotheken, die Not- und Feiertagsdienst
    in den ländlichen Regionen leisten. In den Ballungsräu-
    men, zum Beispiel in der Nähe eines großstädtischen
    Bahnhofs, ist der Sonn- und Feiertagsdienst für Apothe-
    ken keine unattraktive Sache. Im Gegenteil: Manche
    Apotheken haben sowohl tagsüber als auch nachts einen
    großen Kundenzustrom. Für die Apotheke in einer länd-
    lichen Region jedoch, die im Rahmen eines solchen Not-
    dienstes in 24 Stunden oft nur einmal besucht wird, muss
    es einen Ausgleich geben, wenn wir die bestehenden Ge-
    sundheitsstrukturen erhalten wollen.


    (Mechthild Rawert [SPD]: Das haben wir schon längst gefordert! Sie müssen es nur tun!)


    Dieser Linie entspricht im Übrigen auch die Entschei-
    dung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichts-
    höfe, der sich erst vor kurzem zur Frage „Versandhandel
    oder Bewahrung der ortsnahen Versorgung“ ganz klar
    für letztere Option ausgesprochen hat.

    Wir werden auch darauf achten, dass Krankenhäuser
    mit nur geringen Bettenzahlen in den ländlichen Regio-
    nen nicht dadurch in eine Schräglage geraten, dass
    Patienten die Krankenhäuser in den Ballungsräumen
    aufsuchen und dadurch dort die Bettenzahlen steigen,
    wohingegen die Bettenzahlen bei den regionalen Kran-
    kenhäusern sinken und diese am Ende mangels finan-





    Johannes Singhammer


    (A) (C)



    (D)(B)


    zieller Leistungsfähigkeit geschlossen werden müssen.
    Das würde wiederum bedeuten, dass eine Abwanderung
    einsetzt, die wir nicht wollen. Wir wollen eine gleichmä-
    ßige Versorgung erhalten. Darum haben wir das Versor-
    gungsstrukturgesetz auf den Weg gebracht und uns ins-
    besondere der ländlichen Versorgung im Hinblick auf
    ausreichende ärztliche Leistung angenommen.

    Ein weiteres wichtiges Thema für den Rest der Legis-
    laturperiode ist die Prävention, und zwar nicht, weil dies
    immer gerne zum Ende einer Legislaturperiode in den
    politischen Schaufensterkasten gestellt wird, sondern
    weil es notwendig ist.


    (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt auf einmal!)


    Nach meiner festen Überzeugung wird unser derzeit ge-
    festigtes Gesundheitssystem ohne einen Quantensprung
    im Bereich der Prävention die nächsten 10 oder 20 Jah-
    ren nicht überleben können. Wenn beispielsweise die
    Karrieren im Adipositasbereich bei einer beängstigend
    wachsenden Zahl von jungen Menschen sehr früh gestar-
    tet werden, dann führt das nicht nur zu einem persönli-
    chen Unwohlsein, sondern auch zu einer Belastung der
    gesetzlichen Krankenkassen, die wir bei dem explo-
    sionsartigen Anstieg dieser Zahlen dauerhaft nicht be-
    wältigen können. Deshalb ist Prävention notwendig, und
    deshalb haben wir als Union vor wenigen Wochen, am
    Ende der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause,
    ein entsprechendes Grundsatzpapier vorgestellt. Darin
    haben wir konkrete Vorschläge gemacht. Ich sage Ihnen:
    Auch Prävention gibt es nicht zum Nulltarif. Auch hier
    werden wir im Sinne einer nachhaltigen Politik handeln
    müssen, die sich aber lohnt, die Gewinn bringt und die
    die Menschen gesund erhält.

    Bei all diesen Herausforderungen, die wir noch be-
    wältigen werden, brauchen wir immer ein hinreichend
    großes Polster, sodass wir in der gesetzlichen Kranken-
    versicherung auf alle wie auch immer gearteten unvor-
    hergesehenen Ereignisse reagieren können und entspre-
    chend vorbereitet sind. Selbstverständlich gilt: Die
    gesetzliche Krankenkasse soll keine Sparkasse sein. Das
    eingezahlte Geld ist für die Versorgung da, und deshalb
    müssen wir immer bedenken, dass es den Versicherten
    zusteht. Daher ist es völlig legitim, darüber nachzuden-
    ken, wie wir mit dem Geld, das dauerhaft nicht benötigt
    wird, umgehen.

    Fest steht: Es gibt derzeit nicht einmal im Ansatz ein
    Finanzproblem in der gesetzlichen Krankenversiche-
    rung. Die Versicherten in Deutschland können ohne
    Sorge sein. Denen, die in dieser Phase herummäkeln, das
    Ganze schlechtreden und versuchen, ein Haar in der
    Suppe zu finden, sage ich: Sie sollten mit diesem
    krampfhaften Versuch, die Realitäten umzudeuten, jetzt
    bitte schön endlich aufhören und anerkennen, dass es gut
    gelaufen ist, dass es in Ordnung ist. Das ist ein Grund,
    sich zu freuen, und das sollten wir gemeinsam tun.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt der Kollege

Harald Weinberg das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Harald Weinberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen

    und Kollegen! Meine Damen und Herren! Zunächst ein-
    mal muss ich ganz kurz auf das Thema Organspende zu-
    rückkommen, weil auch meine Fraktion angesprochen
    worden ist. Ich muss den Vorwurf, dass wir in irgendei-
    ner Form ein parteiliches Süppchen daraus gekocht hät-
    ten, deutlich zurückweisen.


    (Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Gegenruf der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Wir nicht, aber Sie vielleicht!)


    Es sind die Vorfälle bei der Organspende selbst, die für
    Verunsicherung gesorgt haben – das müssen Sie erst ein-
    mal anerkennen –, und nicht die Forderungen nach Auf-
    klärung, Transparenz und Kontrolle.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Bei dem Thema Aufklärung, Transparenz und Kontrolle
    sind wir gefordert. Hierzu hatten wir einen Entschlie-
    ßungsantrag vorgelegt, der sang- und klanglos von der
    Koalitionsmehrheit abgelehnt worden ist.


    (Jens Spahn [CDU/CSU]: Der hätte auch nichts verhindert! Ein Entschließungsantrag! – Gegenruf der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Die Umsetzung!)


    Er hätte die Möglichkeit geboten, genauer hinzuschauen.

    Am meisten freut mich, dass dies der letzte Haushalt
    ist, der von dieser schwarz-gelben Bundesregierung ein-
    gebracht wird;


    (Otto Fricke [FDP]: Falsch! Ich glaube, Sie kennen die Parlamentsregeln nicht, Herr Kollege! – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das entscheiden immer noch die Wähler!)


    denn die Gesundheitspolitik dieser Regierung besteht
    aus einer seltsamen Mischung aus sozialpolitischer Igno-
    ranz und der Unfähigkeit, zu den eigenen Positionen in
    der Öffentlichkeit zu stehen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Das will ich begründen und blicke deshalb auf das
    wichtigste gesundheitspolitische Projekt der Regierung
    zurück, die Durchsetzung von Kopfpauschalen. Meine
    Damen und Herren, Sie wissen: Kopfpauschalen sind
    Krankenkassenbeiträge, an denen sich kein Arbeitgeber
    beteiligt und die der Tellerwäscher in gleicher Höhe zah-
    len muss wie der Millionär. Ihr einziger Zweck besteht
    darin, Arbeitgeber aus der Verantwortung zu entlassen
    und Gutverdiener auf Kosten der Geringverdiener bes-
    serzustellen.


    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das ist die Rede, die Sie vor drei Jahren gehalten haben!)






    Harald Weinberg


    (A) (C)



    (D)(B)


    Das haben die Menschen im Land allerdings bemerkt.
    Deswegen hat die Regierung versucht, dem Ganzen ei-
    nen netteren Namen zu geben, nämlich Gesundheitsprä-
    mie. Aber auch das haben die Menschen bemerkt. Selbst
    80 Prozent der Anhänger von Schwarz-Gelb waren ge-
    gen diese Gesundheitsprämie. Nun bekamen viele in der
    Union kalte Füße; an die Diskussion erinnern wir uns
    noch. Die FDP-Umfragewerte gingen gleich in den
    freien Fall über. Die Regierung konnte aber ohne Ge-
    sichtsverlust keinen Rückzieher mehr machen. Also
    blieb nur Trickserei: Rösler, Bahr und Co. schrieben
    Kopfpauschalen ins Gesetz, versahen sie aber mit einem
    Zeitzünder. Die Versicherten werden erst dann ge-
    schröpft, wenn die Konten der Krankenkassen leer sind,
    und das sind sie derzeit bekanntlich nicht,


    (Otto Fricke [FDP]: Danke für die Anerkennung!)


    weil gleichzeitig der Beitragssatz erhöht worden ist, so-
    dass die Kassen vermutlich bis zur Bundestagswahl in
    einem Jahr genug Geld haben.


    (Otto Fricke [FDP]: Ui!)


    Ließe man das Gesetz nach der Wahl so, wie Sie es
    geschaffen haben, dann würden die Kopfpauschalen
    Realität. Bis dahin haben wir mit Sicherheit einen ver-
    schärften Wettbewerb um die Vermeidung von Kopfpau-
    schalen zwischen den Krankenkassen. Einen solchen
    Wettbewerb haben wir ja bereits erlebt. Sie haben mit
    diesem Vorhaben zunächst einmal Ihre sozialpolitische
    Ignoranz bewiesen. Sie haben sich am Ende aber nicht
    getraut, den Wählerinnen und Wählern reinen Wein ein-
    zuschenken.

    In der ambulanten Versorgung verkommt ein wichti-
    ges Thema leider immer mehr zu einer Schmierenkomö-
    die. Ich meine die Praxisgebühr. Die Linke hat diesen
    Unsinn stets abgelehnt und will ihn seit Einführung wie-
    der abschaffen. Nachdem die FDP schon 2011 einen An-
    trag von uns zur Abschaffung der Praxisgebühr abge-
    lehnt hat und das Thema von der Koalition zwei Jahre
    lang nicht angesprochen wurde, polterte die FDP auf
    einmal los und stilisierte sich zur großen Gegnerin der
    Praxisgebühr. Daraufhin stellten wir im März erneut ei-
    nen Antrag im Bundestag, die Praxisgebühr abzuschaf-
    fen. In diesem Antrag stand nichts anderes als die Ab-
    schaffung der Praxisgebühr. Er enthielt nicht einmal den
    Hauch einer Bürgerversicherung. Die FDP hätte nun be-
    weisen können, dass sie nicht nur redet, sondern auch
    handelt, und hätte gemeinsam mit SPD und Grünen un-
    serem Antrag zustimmen können. Das tat sie aber nicht.
    Stattdessen blockiert sie den Antrag seit März im Ge-
    sundheitsausschuss und verhindert, dass er hier im Ple-
    num weiter beraten werden kann. Gleichzeitig sammelt
    die FDP, wo sie nur kann, Unterschriften gegen die Pra-
    xisgebühr, macht also Opposition gegen die eigene
    Regierung und gegen die eigene Bundestagsfraktion. Ich
    frage Sie von der FDP: Wundern Sie sich, dass ein sol-
    ches Verhalten draußen niemand mehr versteht? Die
    gesetzlich Versicherten zahlen weiterhin Quartal für
    Quartal Praxisgebühr, während die Regierung erst zwei-
    einhalb Jahre schweigt, dann seit einem halben Jahr dis-
    kutiert und dann unfähig ist, diese einfache Frage zu klä-

    ren. Ich fordere Sie auf: Springen Sie endlich über Ihren
    Schatten! Geben Sie Ihren Widerstand auf! Lassen Sie
    uns gemeinsam die Praxisgebühr abschaffen!


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Meine Damen und Herren, zum Haushalt selbst. Bei
    einigen sinnvollen Haushaltstiteln – darauf ist ja bereits
    hingewiesen worden – wollen Sie kürzen, wie bei Prä-
    ventionsprogrammen gegen Drogensucht und gegen se-
    xuell übertragbare Krankheiten. Dies und anderes wer-
    den wir in der Haushaltsdebatte noch näher beleuchten
    müssen. Wir werden auch selber noch Änderungsanträge
    zum Haushalt stellen.

    Der größte Punkt im Haushalt ist die Kürzung des
    Bundeszuschusses, die damit begründet wird, dass der
    Sozialausgleich nicht notwendig sei. 2 Milliarden Euro
    zahlt der Bund weniger an den Gesundheitsfonds. Ich
    selber – das weiß man allgemein – bin kein Fan von
    steuerfinanzierten Gesundheitssystemen. Ich halte die
    Beitragsfinanzierung nach wie vor für zielführender.
    Aber ich bin auch der Meinung, dass wir nicht zulassen
    dürfen, dass sozusagen einmal Geld da ist und einmal
    Geld nicht, dass es keine verlässlichen Finanzströme
    gibt.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Im Übrigen, am Schluss: Die Abschaffung der Praxis-
    gebühr würde zu Mindereinnahmen von etwa 1,2 Mil-
    liarden Euro für die Kassen führen.


    (Zuruf von der FDP: 2,1!)


    – Nein, das stimmt nicht; denn durch die Überforde-
    rungsklausel, durch die Tatsache, dass es andere Zuzah-
    lungen gibt, würden die Mindereinnahmen geringer aus-
    fallen. Da müssten Sie einmal genauer nachschauen. Das
    ist im Übrigen ein Papier, das die Koalition selber ange-
    fordert hat. – Mit den 2 Milliarden, die Herr Schäuble
    nun wieder einkassiert, hätte man also etwa sieben pra-
    xisgebührenfreie Quartale finanzieren können – von den
    22 Milliarden Euro Rücklagen im System, die wir der-
    zeit haben, ganz zu schweigen. Aber die Bundesregie-
    rung zieht es vor, weiter die Praxisgebühr zu erheben,
    und entlastet damit den Bundeshaushalt. Dafür stehen
    wir, die Linke, nicht zur Verfügung.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der LINKEN)