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ID1719010900

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/190 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 190. Sitzung Berlin, Dienstag, den 11. September 2012 I n h a l t : Nachruf auf den Abgeordneten Jürgen Herrmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachruf auf die Vizepräsidentin a. D. Liselotte Funcke und den Vizepräsidenten a. D. Georg Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2013 (Haushaltsgesetz 2013) (Drucksache 17/10200) . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2012 bis 2016 (Drucksache 17/10201) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Haushaltsbe- gleitgesetzes 2013 (HBeglG 2013) (Drucksache 17/10588) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister  BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Barthle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Dietmar Bartsch (DIE LINKE) . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Meister (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg)  (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 16 Bundesministerium für Umwelt, Natur- schutz und Reaktorsicherheit Peter Altmaier, Bundesminister  BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . . Stephan Thomae (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Ulrich Petzold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Altmaier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Bernhard Schulte-Drüggelte  (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 22861 B 22861 D 22862 C 22862 C 22862 C 22862 D 22872 C 22874 B 22876 C 22879 B 22881 B 22883 B 22886 B 22887 D 22889 B 22890 A 22891 C 22893 B 22895 B 22897 B 22898 C 22899 D 22900 D 22902 B 22904 B 22906 A 22907 A 22908 C 22909 C 22910 A 22910 C Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 190. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2012 Einzelplan 30 Bundesministerium für Bildung und Forschung Dr. Annette Schavan, Bundesministerin  BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Hagemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Heinz-Peter Haustein (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) . . . . Agnes Alpers (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dagmar Ziegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . . Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . Anette Hübinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . Einzelplan 15 Bundesministerium für Gesundheit Daniel Bahr, Bundesminister  BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ewald Schurer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr, Bundesminister BMG . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bärbel Bas (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) . . . . . Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Koschorrek (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Edgar Franke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Erwin Lotter (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Buchholz und Nicole Gohlke (beide DIE LINKE) zur Abstimmung über den An- trag: Rechtliche Regelung der Beschneidun- gen von Jungen (189. Sitzung, Zusatztages- ordnungspunkt 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur Abstimmung über den Antrag: Rechtliche Regelung der Beschneidungen von Jungen (189. Sitzung, Zusatztagesordnungs- punkt 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Arfst Wagner (Schleswig) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Antrag: Rechtliche Regelung der Beschnei- dungen von Jungen (189. Sitzung, Zusatzta- gesordnungspunkt 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Antrag: Rechtliche Regelung der Beschneidungen von Jungen (189. Sitzung, Zusatztagesordnungs- punkt 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22912 B 22914 B 22916 B 22917 A 22918 B 22920 D 22921 B 22922 B 22923 C 22924 D 22926 D 22927 B 22927 D 22928 C 22930 A 22931 C 22932 C 22933 B 22935 D 22937 B 22937 D 22938 D 22939 A 22940 C 22941 D 22943 A 22944 A 22945 B 22946 A 22948 A 22949 B 22950 A 22951 B 22952 B 22953 A 22954 D 22955 A 22955 C 22956 A 22956 B 22956 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 190. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2012 22861 (A) (C) (D)(B) 190. Sitzung Berlin, Dienstag, den 11. September 2012 Beginn: 10.01 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 190. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2012 22955 (A) (C) (D)(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Buchholz und Nicole Gohlke (beide die Linke) zur Abstim- mung über den Antrag: Rechtliche Regelung der Beschneidungen von Jungen (189. Sitzung, Zusatztagesordnungspunkt 1) Während sich die Mehrheit der Fraktion Die Linke im Bundestag bei dem Antrag „Rechtliche Regelung der Beschneidung minderjähriger Jungen“ von CDU/CSU, FDP und SPD enthält, habe ich diesem zugestimmt. Der Antrag fordert die Bundesregierung auf, „im Herbst 2012 unter Berücksichtigung der grundgesetzlich geschützten Rechtsgüter des Kindeswohls, der körperli- chen Unversehrtheit, der Religionsfreiheit und des Rechts der Eltern auf Erziehung einen Gesetzentwurf vorzule- gen, der sicherstellt, dass eine medizinisch fachgerechte Beschneidung von Jungen ohne unnötige Schmerzen grundsätzlich zulässig ist.“ Der Antrag ist notwendig ge- worden, nachdem das Kölner Landgericht ein Urteil ge- troffen hat, dass von den jüdischen und muslimischen Ge- meinschaften zurecht als Angriff auf die Ausübung ihrer Religionsfreiheit gesehen wird. Vielmehr hat das Urteil eine – in Teilen rassistisch ge- führte – Debatte ausgelöst, in der scheinbar liberale Mei- nungsmacher die angeblich herzlosen muslimischen und jüdischen Eltern an den Pranger stellen. Eine medizinisch sachgerecht durchgeführte Be- schneidung bei Jungen gleichzusetzen mit weiblicher Genitalverstümmelung, Klitorisentfernung, – die selbst- verständlich vehement abzulehnen ist – ist in keiner Weise gerechtfertigt. Gleichzeitig so zu tun, als würde nur die Beschneidung einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit darstel- len und nicht auch beispielsweise kosmetische Operatio- nen bei Minderjährigen, vorsorgliche Blinddarm- oder Mandelentfernungen oder beispielsweise Ohrlochste- chen, ist bigott. Die Beschneidung ist in beiden Religio-  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bär, Dorothee CDU/CSU 11.09.2012 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 11.09.2012 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 11.09.2012 Dr. Danckert, Peter SPD 11.09.2012 Daub, Helga FDP 11.09.2012 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 11.09.2012 Gohlke, Nicole DIE LINKE 11.09.2012 Höferlin, Manuel FDP 11.09.2012 Hörster, Joachim CDU/CSU 11.09.2012* Hunko, Andrej DIE LINKE 11.09.2012* Kilic, Memet BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.09.2012 Koch, Harald DIE LINKE 11.09.2012 Kolbe (Leipzig),  Daniela SPD 11.09.2012 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.09.2012 Lach, Günter CDU/CSU 11.09.2012 Mast, Katja SPD 11.09.2012 Möller, Kornelia DIE LINKE 11.09.2012 Mücke, Jan FDP 11.09.2012 Müller (Erlangen), Stefan CDU/CSU 11.09.2012 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 11.09.2012 Simmling, Werner FDP 11.09.2012 Spatz, Joachim FDP 11.09.2012 Ulrich, Alexander DIE LINKE 11.09.2012 Dr. Wadephul, Johann CDU/CSU 11.09.2012* Werner, Katrin DIE LINKE 11.09.2012 Widmann-Mauz, Annette CDU/CSU 11.09.2012 Zimmermann, Sabine DIE LINKE 11.09.2012  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 22956 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 190. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2012 (A) (C) (D)(B) nen ein wesentlicher Initiationsritus für die Zugehörigkeit zum Kollektiv der Gläubigen. Ein Verbot der Beschnei- dung liefe auf ein Religionsverbot für Muslime und Juden in Deutschland hinaus. Wer glaubt, Fragen der religiösen oder kulturellen Identität über das Strafrecht zu regeln, befördert die Kri- minalisierung jüdischer und muslimischer Riten. Praktisch bedeutet das für die betroffenen Jungen nicht weniger, sondern mehr Probleme: Operationen im Ausland, Eingriffe durch Kurpfuscher und eine Stigmati- sierung, die das Zusammenleben in einer multikulturel- len Gesellschaft erschwert. Ich begrüße es, dass mit dem Antrag ein klares Signal an Juden und Muslime in Deutschland gesendet wird und klargestellt wird, dass sie und ihre Religionspraxis ein selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft sind. Ich spreche mich für eine Regelung im Sinne des Antra- ges aus. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den An- trag: Rechtliche Regelung der Beschneidungen von Jungen (189. Sitzung, Zusatztagesord- nungspunkt 1) Ich stimme dem Antrag „Rechtliche Regelung der Beschneidungen von minderjährigen Jungen“ zu. Das Landgerichtsurteil vom 7. Mai 2012 entfaltet zwar an und für sich keine Bindungswirkung, durch da- raus resultierende Verunsicherung der jüdischen und muslimischen Bevölkerung sowie die Reaktion der Bun- desärztekammer ist ein Handeln nötig geworden. Ich möchte nicht, dass religiöses Leben in diesem Land im Untergrund stattfinden muss. Ein Komplettver- bot der Beschneidung drängt die jüdischen und muslimi- schen Gemeinschaften in den Untergrund. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Arfst Wagner (Schleswig) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstim- mung über den Antrag: Rechtliche Regelung der Beschneidungen von Jungen (189. Sitzung, Zusatztagesordnungspunkt 1) Der Grundrechtekatalog unseres Grundgesetzes ist ein guter roter Faden für das Zusammenleben in unserer heterogenen Gesellschaft. Dort werden die Grundfrei- heiten und Grundrechte und ihre Schranken definiert. Sowohl die Religionsfreiheit (Glaubensfreiheit, Nicht- glauben, Wechsel der Religionen), aber auch körperliche Unversehrtheit sind Grundrechtsgüter. Wenn sie mitei- nander kollidieren, sind sie abzuwägen und es muss ge- gebenenfalls ein guter Kompromiss gefunden werden. Sowohl die heiligen Schriften der Religionen, aber auch die religiösen Riten, Gebräuche und Traditionen beinhal- ten naturgemäß alte Elemente, die im Lichte der Vernunft und den neuen Einsichten der Wissenschaft neu zu verste- hen und zu interpretieren sind. Die Menschheit kann mit Glück und Stolz darauf zu- rückblicken, dass wir keine Menschenopfer mehr brin- gen, die Steinigung von Ehebrechern nicht mehr Teil un- serer Rechtsprechung ist, verwitwete Hindufrauen seit mehr als 100 Jahren nicht mehr mit ihren verstorbenen Ehemännern verbrannt werden und die Beschneidung von Mädchen weitgehend verpönt und strafbar ist. Bei der Gleichberechtigung von Mann und Frau und der Nichtdiskriminierung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften wurden einige Fortschritte erzielt, aber auch einige Rückschritte verzeichnet. Die Kinder sind kein Eigentum der Eltern, der Reli- gionsgemeinschaften oder des Staates. Sie sind Indivi- duen mit vollen Rechten. Das Kindeswohl zu gewährleis- ten obliegt den Eltern und dem Staat in den gesetzlichen Rahmen. Der säkulare Staat hat auch die Aufgabe, den Druck der Religionsgemeinschaften oder Weltanschauung auf einzelne Individuen abzuwenden oder dies zumindest abzumildern, damit sich das Individuum frei entfalten kann (Art. 2 Grundgesetz). Medizinisch notwendige Ein- griffe in die körperliche Unversehrtheit stehen hierbei außer Diskussion. Zur Disposition steht nur, inwieweit die blutigen Ri- tuale der Religionsgemeinschaften, die einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit – sogar bei Kleinkindern – darstellen, allein der Entscheidung der Religionsgemein- schaften bzw. Eltern zu überlassen ist. Bei der Beschneidung stellt sich diese Frage vorder- gründig. Es besteht sowohl wissenschaftliche wie politische Einigkeit darüber, dass die Zirkumzision einen irreversi- blen und nicht zu bagatellisierenden Eingriff in die Körper von Menschen darstellt. Es ist aber auch soziolo- gischer Fakt, dass sich viele Eltern in der Religions- oder Traditionspflicht sehen, diesen Vorgang bei ihrem Kind vornehmen zu lassen. Um eine selbstbestimmte Erwachsenenentscheidung – im Idealfall zu einem unblutigen Religionsbekennt- nis – zu ermöglichen, kann der Gesetzgeber einen Über- gangskompromiss vorlegen. Solch eine gesetzliche Regelung mit einer großen ge- sellschaftlichen und grundrechtlichen Reichweite darf nicht in einem Schnellverfahren erfolgen. Dafür müssen gründliche Anhörungsverfahren durchgeführt werden. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Josef Philip Winkler (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 190. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2012 22957 (A) (C) (D)(B) den Antrag: Rechtliche Regelung der Beschnei- dungen von Jungen (189. Sitzung, Zusatztages- ordnungspunkt 1) Ich stimme dem Antrag „Rechtliche Regelung der Beschneidungen von minderjährigen Jungen“ zu. Das Landgerichtsurteil vom 7. Mai 2012 entfaltet zwar an und für sich keine Bindungswirkung, durch die daraus resultierende Verunsicherung der jüdischen und muslimischen Bevölkerung sowie die Reaktion der Bun- desärztekammer ist ein Handeln aber nötig geworden. Ich möchte nicht, dass religiöses Leben in diesem Land im Untergrund stattfinden muss. Ein Komplettver- bot der Beschneidung drängt die jüdischen und muslimi- schen Gemeinschaften in den Untergrund. Das lehne ich ab und stimme deshalb dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und SPD zu. 190. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Einbringung Haushaltsgesetz 2013Finanzplan Epl 08, Epl 20, Epl 32, Epl 60, TOP 2 Allgemeine Finanzdebatte Epl 16 Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Epl 30 Bildung und Forschung Epl 15 Gesundheit Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Daniel Bahr


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

    ren Abgeordnete! Der Einzelplan des Bundesgesund-
    heitsministeriums wird in diesem Haushaltsentwurf um
    2 Milliarden Euro gekürzt. Das ist der größte Kürzungs-
    beitrag und auch der größte Sparbeitrag, den ein Einzel-
    etat in diesem Bundeshaushalt leistet. Das hört sich an
    wie eine schlechte Nachricht, ist es aber nicht; es ist eine
    gute Nachricht. Denn als vor zwei Jahren im Haushalt
    2 Milliarden Euro zusätzlich für den Einzelplan des
    Bundesgesundheitsministeriums zur Verfügung gestellt
    worden sind, war das gedacht für einen Sozialausgleich
    für aufwachsende Zusatzbeiträge, auch um ein drohen-
    des Defizit in Deutschland zu bewältigen. Heute können
    wir festhalten: Diese Regierung hat in den letzten Jahren
    eine gute Arbeit geleistet.


    (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: So ist es!)


    Sie hat dazu beigetragen, dass das größte Defizit, das der
    gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland

    drohte und zu Kaskadeneffekten bei den Krankenkassen,
    zu Kasseninsolvenzen geführt hätte, verhindert werden
    konnte. Ja, die Arbeit dieser Bundesregierung war so er-
    folgreich, dass wir uns heute über die Verteilung und
    Verwendung von Überschüssen streiten und nicht mehr
    darüber, wie wir Defizite bewältigen. Das ist ein Erfolg
    der christlich-liberalen Koalition.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Dazu hat sicherlich die gute Konjunktur, zu der ja
    auch die Bundesregierung beigetragen hat, einen Beitrag
    geleistet. Vor allem hat die Gesundheitspolitik einen An-
    teil daran.

    Wir haben in unruhigen Zeiten den Bürgerinnen und
    Bürgern Verlässlichkeit versprochen und bewiesen. Wir
    haben dafür gesorgt, dass die Zuwächse für Krankenhäu-
    ser, für Ärzte und für andere Gruppen begrenzt worden
    sind. Wir haben nicht mit der Gießkanne ein bisschen
    Geld an alle ausgeschüttet, sondern gezielt dort Geld
    ausgegeben, wo wir es dringend für die Versorgung der
    Menschen brauchen.

    Wir haben einen Paradigmenwechsel vollzogen:
    Nicht mehr der Pharmahersteller, nicht mehr das Arznei-
    mittelunternehmen entscheidet selbst über den Preis, und
    die Beitragszahler, die Krankenkassen müssen ihn zah-
    len; nein, wir haben dafür gesorgt, dass jedes neue Arz-
    neimittel sich einer frühen Nutzenbewertung unterziehen
    muss und der Preis zwischen Krankenkassen und Her-
    stellern ausgehandelt wird. Das hat dazu geführt, dass
    wir enorm sinkende Ausgaben für Arzneimittel haben.
    Das Geld kommt den Patienten in Deutschland zugute,
    meine Damen und Herren.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Unter den elf Jahren roter und grüner Führung im
    Bundesgesundheitsministerium wurde in Deutschland
    mehr Geld für Arzneimittel ausgegeben als für die am-
    bulante Versorgung der Patienten. Erst ein FDP-Minister
    im Gesundheitsministerium in einer christlich-liberalen
    Koalition hat hier den Richtungswechsel eingeleitet.
    Heute können wir feststellen: Es wird wieder mehr Geld
    für die ambulante Versorgung der Patientinnen und Pa-
    tienten in Deutschland ausgegeben als für Arzneimittel.
    Das ist die richtige politische Prioritätensetzung, die wir
    hier vornehmen.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum protestieren dann die Ärzte? – Gegenruf des Abg. Manfred Grund [CDU/ CSU]: Ärzte protestieren immer!)


    An diesem Gesetz wird nicht gerüttelt. Das Arzneimit-
    telmarktneuordnungsgesetz ist ein gutes und erfolgrei-
    ches Gesetz. International wird mit großem Interesse
    verfolgt, wie es uns gelingt, die Arzneimittelausgaben in
    den Griff zu bekommen.

    Wir haben in dieser Legislaturperiode auch durch
    weitere Gesetze Prioritäten gesetzt. Wir geben das Geld
    nicht mit der Gießkanne an Ärztinnen und Ärzte, an
    Krankenhäuser, sondern wir sagen: Wir müssen Prioritä-
    ten setzen. Natürlich haben wir in den Ballungsräumen





    Bundesminister Daniel Bahr


    (A) (C)



    (D)(B)


    eine gute Versorgung. Es macht mir keine Sorgen, wie
    die Versorgungssituation in den kommenden Jahren in
    Berlin, in Köln, in Hamburg sein wird – da werden wir
    aller Voraussicht nach noch genügend Ärztinnen und
    Ärzte haben –, aber was mir zunehmend Sorgen macht,
    ist: Wie stellen wir die Versorgung in der Fläche sicher?

    Diese Koalition war es, die mit dem Versorgungs-
    strukturgesetz endlich eine Debatte in Deutschland da-
    rüber begonnen und erste Lösungen auf den Weg ge-
    bracht hat, die gegen den drohenden Ärztemangel
    arbeiten. Als noch die SPD die Führung im Gesundheits-
    ministerium hatte, wurde von Regierungsseite geleugnet,
    dass uns ein Ärztemangel droht.


    (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Richtig!)


    Da haben Sie gesagt: Es gibt genügend Ärzte; die müs-
    sen nur zwangsweise besser auf dem Land verteilt wer-
    den. – Wir setzen die richtigen Anreize, damit junge Me-
    diziner motiviert sind und Lust haben, in der Fläche für
    die Patientinnen und Patienten da zu sein. Das hat diese
    Koalition auf den Weg gebracht, meine Damen und Her-
    ren.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Für uns ist die freie Arztwahl ein hohes Gut. Wir wol-
    len, dass die Menschen sich darauf verlassen können,
    dass sie die Ärztin oder den Arzt ihres Vertrauens vor
    Ort wählen können. In anderen Ländern, die solche Mo-
    delle haben, wie Sie sie in der Gesundheitsversorgung
    wollen – staatliche Einheitskassensysteme, in denen der
    Patient zum Bittsteller wird –, erleben die Menschen die
    schlechte medizinische Versorgung. Wir wollen, dass die
    deutsche Gesundheitsversorgung mit der Wahlfreiheit,
    der freien Wahl des Arztes und der Krankenversiche-
    rung, erhalten bleibt, und dafür haben wir in diesen Jah-
    ren die Voraussetzungen geschaffen, meine Damen und
    Herren.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Wir wollen, dass die Menschen, die im Gesundheits-
    wesen arbeiten, dies mit Freude und Motivation tun.
    Leistungsgerechtigkeit gehört auch ins Gesundheitswe-
    sen: durch Vielfalt, durch eine leistungsgerechte Vergü-
    tung, durch Abbau von Bürokratie. Bei den letzten Ge-
    setzgebungsverfahren haben wir unseren Beitrag dazu
    geleistet.

    Aber es geht nicht nur um Gesundheit in meinem Ge-
    schäftsbereich, sondern es geht auch um Pflege. Das be-
    trifft die demografische Herausforderung einer alternden
    Bevölkerung und den Zusammenhang, den zunehmend
    mehr Familien erleben. Sie sehen, dass Familie nicht nur
    für die guten Zeiten da ist, sondern auch für die Zeit,
    wenn ein Familienmitglied die Hilfe der anderen
    braucht. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Mutter
    oder Vater, Großmutter oder Großvater pflegebedürftig
    werden.

    Mit dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz haben wir
    dafür gesorgt, dass die Demenz bei der Pflegebedürftig-
    keit endlich so berücksichtigt wird,


    (Hilde Mattheis [SPD]: Das ist glatt gelogen, und das wissen Sie genau!)


    dass Menschen, die bisher keine oder kaum Leistungen
    aus der Pflegeversicherung bekommen haben, nun eine
    Leistung für den besonderen Betreuungsbedarf bei De-
    menz erhalten und selbst entscheiden können, welche
    Betreuung sie in Anspruch nehmen.


    (Mechthild Rawert [SPD]: Wo sind die Rechtsansprüche?)


    Wir haben die Angehörigen gestärkt, weil die Ange-
    hörigen, die Familien es sind, die die Hauptlast der
    Pflege zu Hause tragen. Die müssen wir unterstützen.
    Wir haben die Wahlfreiheit gestärkt, sodass selbst ent-
    schieden werden kann, welche Leistung man in An-
    spruch nimmt. Wir haben als erste Schritte Bürokratie in
    der Pflege abgebaut. Wir bauen in Deutschland erstmals
    eine private Säule in der Pflege auf, die private Pflege-
    versicherung. Sie sehen: Auch in der Pflege leisten wir
    unseren Beitrag, um dieses System zukunftssicher zu
    machen,


    (Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Der Finanzmarkt freut sich!)


    damit sich die Menschen auch in den kommenden Jahren
    darauf verlassen können: Pflege – darum kümmern wir
    uns; Pflege – das ist etwas, was auch in den kommenden
    Jahren den kommenden Generationen noch zur Verfü-
    gung steht, meine Damen und Herren.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Ich möchte konkret etwas sagen zu dem Haushalt und
    dem, was uns in den letzten Jahren beschäftigt hat.


    (Zurufe von der SPD und der LINKEN – Gegenruf von der FDP: Zuhören!)


    – Es scheint Sie ja zu treffen, dass wir mittlerweile eine
    so gute Bilanz vorweisen können, was Dinge angeht, die
    wir auf den Weg gebracht haben, und was die Finanzlage
    angeht, die sich nämlich solide darstellt. Wir achten wei-
    ter mit Augenmaß darauf. Wir geben die Überschüsse
    nicht mir nichts, dir nichts, leichtfertig, aus kurzfristiger
    Sicht aus, sondern wir bleiben dabei, die Ausgaben mit
    Augenmaß im Blick zu haben und trotzdem die richtigen
    Prioritäten zu setzen.


    (Steffen-Claudio Lemme [SPD]: Praxisgebühr!)


    Die Leistungen der Krankenversicherung sind heute
    weitgehender und umfassender als zu Beginn der Legis-
    laturperiode. Krankenkassen erstatten mittlerweile wie-
    der OTC-Präparate, die nicht rezeptpflichtigen Arznei-
    mittel, die Sie aus der Erstattungsfähigkeit gestrichen
    haben. Das, was Krankenkassen heute an Leistung brin-
    gen, ist mehr als das, was wir vorgefunden haben, als wir
    die Verantwortung übernommen haben. Das ist doch die
    Bilanz der christlich-liberalen Koalition in diesem Jahr.

    Wir leisten einen Beitrag dazu, auch andere wichtige
    gesellschaftliche Themen auf den Weg zu bringen. In
    diesem Haus ist parteiübergreifend ein Beschluss gefasst
    worden, der, so finde ich, ein starkes Signal an die Be-





    Bundesminister Daniel Bahr


    (A) (C)



    (D)(B)


    völkerung war und weiterhin ist. 12 000 Menschen in
    Deutschland warten auf Wartelisten dringend auf ein Or-
    gan. 12 000 Menschen in Deutschland sind krank und
    brauchen dringend Hilfe. Sie brauchen die zweite
    Chance zu einem Leben. Wir waren uns parteiübergrei-
    fend einig, dass wir dieses Thema voranbringen wollen,
    weil wir davon überzeugt sind, dass sich die Menschen
    durch richtige Aufklärung und richtige Information ent-
    scheiden können – entweder für oder gegen die Organ-
    spende. Schon damals hatten wir in einigen Bereichen
    heftige Diskussionen, weil sich zeigte, dass der eine oder
    andere grundsätzlich der Organspende gegenüber skep-
    tisch ist.

    Ich sage Ihnen ganz offen: Ich hätte nicht gedacht,
    dass ein einzelner Arzt in der Lage ist, zu manipulieren
    und damit das Vertrauen in das gesamte System infrage
    zu stellen. Deswegen ist die richtige Konsequenz, die
    wir aus diesen Vorfällen ziehen, dass wir das Vertrauen
    in die Organspende wieder stärken, dass wir eine bessere
    Kontrolle, eine bessere Aufsicht schaffen, auch durch
    staatliche Institutionen, und dass wir vor allem bei den-
    jenigen, die sich nicht an Recht, Gesetz und Regeln ge-
    halten haben, die richtigen Konsequenzen ziehen. Die
    müssen die Konsequenzen spüren, auch damit es andere
    abschreckt.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Steffen-Claudio Lemme [SPD])


    Wir starten eine Kampagne zur besseren Aufklärung.
    In diesem Haushaltsentwurf stehen 9 Millionen Euro für
    eine Kampagne zur Aufklärung über die Organspende
    zur Verfügung; das sind 6,5 Millionen Euro mehr. Wir
    sagen: Wir wollen uns aufgrund der Vorfälle nicht von
    unserem Werben für die Organspende abbringen lassen.
    Wir sagen: Nein, jetzt erst recht wollen wir die Gelegen-
    heit nutzen, für die Organspende zu werben.


    (Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Aber Werbung ist kein Handeln!)


    Alle Bürgerinnen und Bürger werden, beginnend noch in
    diesem Jahr, angeschrieben, informiert und aufgeklärt,
    um sich bei der Organspende entscheiden zu können.

    Ich sage an die Linken und die Grünen eines klipp
    und klar: Wer bei diesem Thema Transparenz einfordert
    – wir sorgen wie keine Regierung vorher dafür, dass es
    diese Transparenz gibt –, der muss auch die Verantwor-
    tung zeigen, damit umzugehen.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Das, was Sie machen, ist verantwortungslos gegenüber
    den 12 000 Menschen, die schwer krank sind und im
    Moment enorm verunsichert sind, weil sie Angst haben,
    ob sie ein Organ gespendet bekommen. Das, was Sie mit
    den Vorhaltungen und Verdächtigungen machen, ist eine
    Verunsicherung der Bevölkerung, die verantwortungs-
    los ist gegenüber den Menschen, die dringend unsere
    Hilfe brauchen.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Wenn Sie hier mit Zahlen arbeiten, die ein Abgeord-
    neter in seinem Hinterzimmer mal eben mit dem Bleistift

    ausgerechnet hat, dann würden Sie, Herr Kollege Terpe,
    beim Statistikschein an der Universität, den Sie als Me-
    diziner gemacht haben und den ich als Volkswirt ge-
    macht habe, glatt durchfallen; denn Sie haben die Trans-
    plantationen des Jahres 2011 mit der Warteliste für das
    Jahr 2012 verglichen und einen perfiden Verdacht in die
    Öffentlichkeit gebracht, dass privat Versicherte bevor-
    zugt werden.


    (Beifall bei der FDP)


    Die Zahlen geben das nicht her. Sie verunsichern die Be-
    völkerung und tragen mit dazu bei, dass wir bei der Or-
    ganspende nicht weiterkommen.


    (Beifall bei der FDP)


    Die Zahlen legen das jetzt erwiesenermaßen dar.

    Deswegen: Hören Sie auf damit, bei einem so hoch-
    sensiblen Thema Ihr parteipolitisches Süppchen zu ko-
    chen, sondern setzen Sie sich mit uns an den Tisch, um
    gemeinsam die richtigen Konsequenzen aus den Vorfäl-
    len zu ziehen, und verunsichern Sie die Menschen nicht
    weiter! Dann kommen wir in der Gesundheitspolitik vo-
    ran.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

Jetzt hat das Wort der Kollege Ewald Schurer von der

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ewald Schurer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen!

    Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Haushälter
    bleibt mir erst einmal nur, dem Herrn Minister und dem
    Ministerium für das rechtzeitige Bereitstellen der um-
    fänglichen Unterlagen und für die Beratungen zu dan-
    ken. Dafür ganz herzlichen Dank! Das ist nicht nur Rou-
    tine, sondern mit viel Arbeit verbunden.

    Herr Minister, jetzt alles messen zu wollen, was Sie
    gemacht haben, ist schwierig. Sie haben mich mit den
    Duftwolken des Eigenlobs, die Sie hier ausgeströmt ha-
    ben, ein bisschen betört.


    (Zurufe von der FDP: Oh!)


    Es ist schon so: Für zwei Sekunden haben Sie mich da
    etwas irritiert.

    Aber kommen wir zurück zu den Fakten. Sie haben
    Entwicklungen, die unzweifelhaft mit der guten Kon-
    junktur verbunden sind, gelobt, zum Beispiel den Sozial-
    ausgleich. Ich möchte einige Fakten nennen, die das et-
    was relativieren. In der Zeit, in der Sie regieren, hat sich
    die mangelnde Versorgung mit Ärzten in ländlichen Ge-
    bieten nicht verbessert. Wir können über Absichten,
    müssen dann aber auch über die Realität reden. Die Rea-
    lität zeigt, dass ländliche Gebiete in vielen Bundeslän-
    dern große Schwierigkeiten haben, eine ärztliche Min-
    destversorgung aufrechtzuerhalten.


    (Beifall der Abg. Mechthild Rawert [SPD])






    Ewald Schurer


    (A) (C)



    (D)(B)


    Das ist in den Jahren, seit Sie Verantwortung tragen
    – erst als Staatssekretär, dann als Minister –, nicht besser
    geworden. Durch die steigenden Kosten in Kliniken und
    Krankenhäusern ist ferner ein Kostendruck entstanden,
    den Sie nicht unter Kontrolle gebracht haben.


    (Jens Ackermann [FDP]: Natürlich!)


    Ein Stück weit komme ich Ihnen bei dem sehr sensi-
    blen Thema der Organspende entgegen. Zu diesem
    Thema möchte ich keine politischen Angriffe formulie-
    ren. Ich bin mir aber nicht sicher, wie das in dem umge-
    kehrten Fall, dass die Sozialdemokraten an der Regie-
    rung wären, gewesen wäre. Ich glaube, dass man diese
    sehr schlimmen Skandale und Manipulationen gegen
    eine SPD-Ministerin verwendet hätte. Ich bin mir da
    aber nicht ganz sicher. Ich will es nicht tun, weil ich
    weiß: Da geht es um Tausende von Menschen; da geht es
    um Leben und Tod. Schließlich geht es darum, dass wir
    aus den Skandalen lernen und versuchen, künftig Ord-
    nung in diesen Bereich hineinzubekommen. Von alleine
    wird das – das wissen Sie, Herr Minister – nicht gesche-
    hen. Da muss von politischer Seite nachhaltig insistiert
    und für Regelungen gesorgt werden.

    Haushaltsdebatten bieten immer die Gelegenheit, In-
    halte und Haushaltszahlen in Verbindung zu bringen.
    Nach § 221 SGB V erhält der Gesundheitsfonds jährlich
    maximal 14 Milliarden Euro einschließlich der 2 Mil-
    liarden Euro Sozialausgleich. Die Struktur des Haushal-
    tes wäre – Sie haben es angesprochen – eigentlich unver-
    ändert, wenn nicht Minister Schäuble – alleine, so mein
    Eindruck – entschieden hätte, die 2 Milliarden Euro ein-
    malig als Rendite einzubehalten.


    (Jens Ackermann [FDP]: In Absprache!)


    In der mittelfristigen Finanzplanung für die Jahre ab
    2014, werter Kollege, werden wieder 14 Milliarden Euro
    ausgebracht. Trotzdem werden den Kassen die 14 Mil-
    liarden Euro ausgereicht. Die Einsparung der 2 Milliar-
    den Euro ist sicherlich auch Folge einer guten ökonomi-
    schen Entwicklung gerade in den letzten beiden Jahren,
    in denen wir gemeinsam feststellen konnten: Reformen
    in unserem Land, Reformen, die auch in den Jahren so-
    zialdemokratischer Regierung entstanden sind, haben
    Wirkung gezeigt.

    Meine Damen und Herren, trotzdem ist es schwierig,
    wenn die Kassen und der Fonds derzeit, Stand August,
    22 Milliarden Euro Überschüsse haben und kaum in der
    Lage sind, diese unter den obliegenden Verhältnissen
    und unter Sicherheitserwägungen wirtschaftlich gut an-
    zulegen. Das ist ein bisschen problematisch. Ich erlebe
    in vielen Gesprächen, dass die Versicherten das nur ein
    Stück weit oder gar nicht verstehen. Sie erleben sehr
    harte wirtschaftliche Entscheidungen der Kassen. Sie er-
    leben, dass Mutter/Vater-Kind-Kuren im ersten Zuge
    übermäßig stark abgelehnt werden. Sie erleben auch bei
    chronischer Krankheit und trotz Prozentregelung mar-
    kige Zuzahlungen für Medikamente und erfahren dann
    aus den Medien von einem Überschuss in Höhe von
    22 Milliarden Euro, der sich bis zum Jahresende, so die
    Prognosen, sogar bis auf 27 Milliarden Euro hinauf-

    schrauben kann. Da wären politische Führung und Re-
    aktion von Ihrer Seite nötig.

    Sie haben sehr vorsichtig gesagt, Sie könnten sich an-
    gesichts der 22 Milliarden Euro vorstellen, dass die Pra-
    xisgebühr abgeschafft wird, was wir Sozialdemokratin-
    nen und Sozialdemokraten ebenfalls wollen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Aber im Kanzleramt konnten Sie sich nicht durchsetzen.
    Vielleicht sind Sie da auch nicht richtig gehört worden.
    Da war Ihre Durchschlagskraft oder Ihre Eloquenz, Herr
    Minister, mit Verlaub, nicht sehr stark.

    Auch an die Zusatzbeiträge haben Sie sich nicht her-
    angewagt. Ich würde mir einen Minister wünschen, der
    dieses Thema deutlich und öffentlich wahrnehmbar an-
    spricht,


    (Beifall bei der SPD)


    auch um den Versicherten angesichts der Überschüsse in
    Höhe von 22 Milliarden Euro, die von den Kassen im
    Augenblick wirtschaftlich gar nicht gut genutzt werden
    können, das Gefühl zu geben, dass etwas geschieht.

    Zum Haushalt selbst in aller Kürze. Der materielle
    Kern des Haushalts – das wissen wir alle – umfasst nicht
    einmal 4 Prozent des Gesamthaushalts, also rund
    490 Millionen Euro, für Personal, Programme, Logistik.
    Positiv – Sie haben es erwähnt – ist die Erhöhung der
    Mittel für die Bundeszentrale für gesundheitliche Auf-
    klärung in Köln, BZgA, um 6 Millionen Euro im Zusam-
    menhang mit der Umsetzung des Transplantationsgeset-
    zes.

    Negativ ist – das muss man hier deutlich sagen –: Al-
    les, was Programmcharakter hat, in wichtigen Bereichen
    wie Sucht und Drogenmissbrauch oder HIV/Aids, wird
    von Ihnen weiterhin millionenschwer zusammenkürzt,
    zum Teil sogar aufgelöst. Das verstehe ich nicht. Da ist
    kein Gedanke, keine Linie zu erkennen, es sei denn, Sie
    sagen – das ist schon ein bisschen à la FDP –: Wenn sich
    jeder selbst hilft, dann ist allen geholfen.


    (Jens Ackermann [FDP]: So ein Unsinn!)


    So kann man aber nicht wirklich eine nachhaltige, gute
    Gesundheits- und Pflegepolitik machen; das muss ich Ih-
    nen schon einmal ganz deutlich sagen.


    (Beifall bei der SPD)


    Ich finde es schon skandalös – die Kollegin wird noch
    darauf eingehen –, dass Sie den kleinen Titel „Förderung
    der Kindergesundheit“ ersatzlos streichen. Das verstehe
    ich nicht. Kindergesundheit ist auch vor dem Hinter-
    grund der schwierigen sozialen Entwicklungen in dieser
    Gesellschaft ein riesiges Thema. Hier sind Sie völlig un-
    sensibel. Sie sind im Bereich „Prävention und Pro-
    gramme“ wiederum sehr schwach aufgestellt.


    (Beifall bei der SPD)


    Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und
    Kollegen, letzten Samstag habe ich eine Pflegeeinrich-
    tung in meiner Region, in Oberbayern, besucht. Natür-
    lich ging es – das besagt schon das Thema – um einen





    Ewald Schurer


    (A) (C)



    (D)(B)


    Dialog mit der Hausleitung und mit den Pflegefachkräf-
    ten. Da war man zunächst einmal überrascht, dass Sie,
    Herr Minister Bahr, das Thema „Zunahme der Demenz
    als schwierige Entwicklung in unserer Pflegelandschaft“
    überhaupt aufgegriffen haben. Das hat man positiv ver-
    merkt: Der Minister Bahr hat das Thema Demenz als
    schwierige Entwicklung im Bereich der Pflege wahrge-
    nommen und andiskutiert. Aber man sagt zur gleichen
    Zeit: Das, was Sie da in Angriff genommen haben, ist
    nicht mehr als eine symbolische Maßnahme, die vor al-
    len Dingen der privaten Assekuranz, der Versicherungs-
    wirtschaft, zugutekommt; diese Rechenmodelle helfen
    natürlich in keiner Weise den bedürftigen Menschen. In-
    sofern kann ich sagen: Draußen in meinen vielen Ge-
    sprächen mit Menschen in der Fachpflege, ob ambulant
    oder in Pflegeeinrichtungen, kommt der Pflege-Bahr so
    vor: Man sagt, das sei eine gute Symbolik – immerhin
    wurde das Thema erkannt –, aber Sie kämen dem
    Wunsch nach einer Umsetzung in Richtung eines Aus-
    baus der nachhaltigen Pflege nicht nach.

    Insofern kann ich sagen: Ihre Duftwolken waren hier
    zwar zu Beginn rosig und wohlriechend; aber ich kann
    das Schönzeichnen des Zustandes Ihres Ministeriums
    nicht nachvollziehen. Ich glaube, Sie haben so ein biss-
    chen versucht, sich durchzuwurschteln; richtig große
    Perspektiven haben Sie in diesen Jahren nicht aufge-
    zeigt. Da wird wohl eine neue Bundesregierung kommen
    müssen, unter sozialdemokratischer Führung,


    (Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Ui!)


    um neue Perspektiven in Gesundheit und Pflege zu er-
    öffnen.

    Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


    (Beifall bei der SPD)