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    Plenarprotokoll 17/190 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 190. Sitzung Berlin, Dienstag, den 11. September 2012 I n h a l t : Nachruf auf den Abgeordneten Jürgen Herrmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachruf auf die Vizepräsidentin a. D. Liselotte Funcke und den Vizepräsidenten a. D. Georg Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2013 (Haushaltsgesetz 2013) (Drucksache 17/10200) . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2012 bis 2016 (Drucksache 17/10201) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Haushaltsbe- gleitgesetzes 2013 (HBeglG 2013) (Drucksache 17/10588) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister  BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Barthle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Dietmar Bartsch (DIE LINKE) . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Meister (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg)  (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 16 Bundesministerium für Umwelt, Natur- schutz und Reaktorsicherheit Peter Altmaier, Bundesminister  BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . . Stephan Thomae (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Ulrich Petzold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Altmaier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Bernhard Schulte-Drüggelte  (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 22861 B 22861 D 22862 C 22862 C 22862 C 22862 D 22872 C 22874 B 22876 C 22879 B 22881 B 22883 B 22886 B 22887 D 22889 B 22890 A 22891 C 22893 B 22895 B 22897 B 22898 C 22899 D 22900 D 22902 B 22904 B 22906 A 22907 A 22908 C 22909 C 22910 A 22910 C Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 190. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2012 Einzelplan 30 Bundesministerium für Bildung und Forschung Dr. Annette Schavan, Bundesministerin  BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Hagemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Heinz-Peter Haustein (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) . . . . Agnes Alpers (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dagmar Ziegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . . Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . Anette Hübinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . Einzelplan 15 Bundesministerium für Gesundheit Daniel Bahr, Bundesminister  BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ewald Schurer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr, Bundesminister BMG . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bärbel Bas (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) . . . . . Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Koschorrek (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Edgar Franke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Erwin Lotter (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Buchholz und Nicole Gohlke (beide DIE LINKE) zur Abstimmung über den An- trag: Rechtliche Regelung der Beschneidun- gen von Jungen (189. Sitzung, Zusatztages- ordnungspunkt 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur Abstimmung über den Antrag: Rechtliche Regelung der Beschneidungen von Jungen (189. Sitzung, Zusatztagesordnungs- punkt 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Arfst Wagner (Schleswig) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Antrag: Rechtliche Regelung der Beschnei- dungen von Jungen (189. Sitzung, Zusatzta- gesordnungspunkt 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Antrag: Rechtliche Regelung der Beschneidungen von Jungen (189. Sitzung, Zusatztagesordnungs- punkt 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22912 B 22914 B 22916 B 22917 A 22918 B 22920 D 22921 B 22922 B 22923 C 22924 D 22926 D 22927 B 22927 D 22928 C 22930 A 22931 C 22932 C 22933 B 22935 D 22937 B 22937 D 22938 D 22939 A 22940 C 22941 D 22943 A 22944 A 22945 B 22946 A 22948 A 22949 B 22950 A 22951 B 22952 B 22953 A 22954 D 22955 A 22955 C 22956 A 22956 B 22956 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 190. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2012 22861 (A) (C) (D)(B) 190. Sitzung Berlin, Dienstag, den 11. September 2012 Beginn: 10.01 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 190. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2012 22955 (A) (C) (D)(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Buchholz und Nicole Gohlke (beide die Linke) zur Abstim- mung über den Antrag: Rechtliche Regelung der Beschneidungen von Jungen (189. Sitzung, Zusatztagesordnungspunkt 1) Während sich die Mehrheit der Fraktion Die Linke im Bundestag bei dem Antrag „Rechtliche Regelung der Beschneidung minderjähriger Jungen“ von CDU/CSU, FDP und SPD enthält, habe ich diesem zugestimmt. Der Antrag fordert die Bundesregierung auf, „im Herbst 2012 unter Berücksichtigung der grundgesetzlich geschützten Rechtsgüter des Kindeswohls, der körperli- chen Unversehrtheit, der Religionsfreiheit und des Rechts der Eltern auf Erziehung einen Gesetzentwurf vorzule- gen, der sicherstellt, dass eine medizinisch fachgerechte Beschneidung von Jungen ohne unnötige Schmerzen grundsätzlich zulässig ist.“ Der Antrag ist notwendig ge- worden, nachdem das Kölner Landgericht ein Urteil ge- troffen hat, dass von den jüdischen und muslimischen Ge- meinschaften zurecht als Angriff auf die Ausübung ihrer Religionsfreiheit gesehen wird. Vielmehr hat das Urteil eine – in Teilen rassistisch ge- führte – Debatte ausgelöst, in der scheinbar liberale Mei- nungsmacher die angeblich herzlosen muslimischen und jüdischen Eltern an den Pranger stellen. Eine medizinisch sachgerecht durchgeführte Be- schneidung bei Jungen gleichzusetzen mit weiblicher Genitalverstümmelung, Klitorisentfernung, – die selbst- verständlich vehement abzulehnen ist – ist in keiner Weise gerechtfertigt. Gleichzeitig so zu tun, als würde nur die Beschneidung einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit darstel- len und nicht auch beispielsweise kosmetische Operatio- nen bei Minderjährigen, vorsorgliche Blinddarm- oder Mandelentfernungen oder beispielsweise Ohrlochste- chen, ist bigott. Die Beschneidung ist in beiden Religio-  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bär, Dorothee CDU/CSU 11.09.2012 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 11.09.2012 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 11.09.2012 Dr. Danckert, Peter SPD 11.09.2012 Daub, Helga FDP 11.09.2012 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 11.09.2012 Gohlke, Nicole DIE LINKE 11.09.2012 Höferlin, Manuel FDP 11.09.2012 Hörster, Joachim CDU/CSU 11.09.2012* Hunko, Andrej DIE LINKE 11.09.2012* Kilic, Memet BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.09.2012 Koch, Harald DIE LINKE 11.09.2012 Kolbe (Leipzig),  Daniela SPD 11.09.2012 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.09.2012 Lach, Günter CDU/CSU 11.09.2012 Mast, Katja SPD 11.09.2012 Möller, Kornelia DIE LINKE 11.09.2012 Mücke, Jan FDP 11.09.2012 Müller (Erlangen), Stefan CDU/CSU 11.09.2012 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 11.09.2012 Simmling, Werner FDP 11.09.2012 Spatz, Joachim FDP 11.09.2012 Ulrich, Alexander DIE LINKE 11.09.2012 Dr. Wadephul, Johann CDU/CSU 11.09.2012* Werner, Katrin DIE LINKE 11.09.2012 Widmann-Mauz, Annette CDU/CSU 11.09.2012 Zimmermann, Sabine DIE LINKE 11.09.2012  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 22956 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 190. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2012 (A) (C) (D)(B) nen ein wesentlicher Initiationsritus für die Zugehörigkeit zum Kollektiv der Gläubigen. Ein Verbot der Beschnei- dung liefe auf ein Religionsverbot für Muslime und Juden in Deutschland hinaus. Wer glaubt, Fragen der religiösen oder kulturellen Identität über das Strafrecht zu regeln, befördert die Kri- minalisierung jüdischer und muslimischer Riten. Praktisch bedeutet das für die betroffenen Jungen nicht weniger, sondern mehr Probleme: Operationen im Ausland, Eingriffe durch Kurpfuscher und eine Stigmati- sierung, die das Zusammenleben in einer multikulturel- len Gesellschaft erschwert. Ich begrüße es, dass mit dem Antrag ein klares Signal an Juden und Muslime in Deutschland gesendet wird und klargestellt wird, dass sie und ihre Religionspraxis ein selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft sind. Ich spreche mich für eine Regelung im Sinne des Antra- ges aus. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den An- trag: Rechtliche Regelung der Beschneidungen von Jungen (189. Sitzung, Zusatztagesord- nungspunkt 1) Ich stimme dem Antrag „Rechtliche Regelung der Beschneidungen von minderjährigen Jungen“ zu. Das Landgerichtsurteil vom 7. Mai 2012 entfaltet zwar an und für sich keine Bindungswirkung, durch da- raus resultierende Verunsicherung der jüdischen und muslimischen Bevölkerung sowie die Reaktion der Bun- desärztekammer ist ein Handeln nötig geworden. Ich möchte nicht, dass religiöses Leben in diesem Land im Untergrund stattfinden muss. Ein Komplettver- bot der Beschneidung drängt die jüdischen und muslimi- schen Gemeinschaften in den Untergrund. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Arfst Wagner (Schleswig) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstim- mung über den Antrag: Rechtliche Regelung der Beschneidungen von Jungen (189. Sitzung, Zusatztagesordnungspunkt 1) Der Grundrechtekatalog unseres Grundgesetzes ist ein guter roter Faden für das Zusammenleben in unserer heterogenen Gesellschaft. Dort werden die Grundfrei- heiten und Grundrechte und ihre Schranken definiert. Sowohl die Religionsfreiheit (Glaubensfreiheit, Nicht- glauben, Wechsel der Religionen), aber auch körperliche Unversehrtheit sind Grundrechtsgüter. Wenn sie mitei- nander kollidieren, sind sie abzuwägen und es muss ge- gebenenfalls ein guter Kompromiss gefunden werden. Sowohl die heiligen Schriften der Religionen, aber auch die religiösen Riten, Gebräuche und Traditionen beinhal- ten naturgemäß alte Elemente, die im Lichte der Vernunft und den neuen Einsichten der Wissenschaft neu zu verste- hen und zu interpretieren sind. Die Menschheit kann mit Glück und Stolz darauf zu- rückblicken, dass wir keine Menschenopfer mehr brin- gen, die Steinigung von Ehebrechern nicht mehr Teil un- serer Rechtsprechung ist, verwitwete Hindufrauen seit mehr als 100 Jahren nicht mehr mit ihren verstorbenen Ehemännern verbrannt werden und die Beschneidung von Mädchen weitgehend verpönt und strafbar ist. Bei der Gleichberechtigung von Mann und Frau und der Nichtdiskriminierung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften wurden einige Fortschritte erzielt, aber auch einige Rückschritte verzeichnet. Die Kinder sind kein Eigentum der Eltern, der Reli- gionsgemeinschaften oder des Staates. Sie sind Indivi- duen mit vollen Rechten. Das Kindeswohl zu gewährleis- ten obliegt den Eltern und dem Staat in den gesetzlichen Rahmen. Der säkulare Staat hat auch die Aufgabe, den Druck der Religionsgemeinschaften oder Weltanschauung auf einzelne Individuen abzuwenden oder dies zumindest abzumildern, damit sich das Individuum frei entfalten kann (Art. 2 Grundgesetz). Medizinisch notwendige Ein- griffe in die körperliche Unversehrtheit stehen hierbei außer Diskussion. Zur Disposition steht nur, inwieweit die blutigen Ri- tuale der Religionsgemeinschaften, die einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit – sogar bei Kleinkindern – darstellen, allein der Entscheidung der Religionsgemein- schaften bzw. Eltern zu überlassen ist. Bei der Beschneidung stellt sich diese Frage vorder- gründig. Es besteht sowohl wissenschaftliche wie politische Einigkeit darüber, dass die Zirkumzision einen irreversi- blen und nicht zu bagatellisierenden Eingriff in die Körper von Menschen darstellt. Es ist aber auch soziolo- gischer Fakt, dass sich viele Eltern in der Religions- oder Traditionspflicht sehen, diesen Vorgang bei ihrem Kind vornehmen zu lassen. Um eine selbstbestimmte Erwachsenenentscheidung – im Idealfall zu einem unblutigen Religionsbekennt- nis – zu ermöglichen, kann der Gesetzgeber einen Über- gangskompromiss vorlegen. Solch eine gesetzliche Regelung mit einer großen ge- sellschaftlichen und grundrechtlichen Reichweite darf nicht in einem Schnellverfahren erfolgen. Dafür müssen gründliche Anhörungsverfahren durchgeführt werden. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Josef Philip Winkler (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 190. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2012 22957 (A) (C) (D)(B) den Antrag: Rechtliche Regelung der Beschnei- dungen von Jungen (189. Sitzung, Zusatztages- ordnungspunkt 1) Ich stimme dem Antrag „Rechtliche Regelung der Beschneidungen von minderjährigen Jungen“ zu. Das Landgerichtsurteil vom 7. Mai 2012 entfaltet zwar an und für sich keine Bindungswirkung, durch die daraus resultierende Verunsicherung der jüdischen und muslimischen Bevölkerung sowie die Reaktion der Bun- desärztekammer ist ein Handeln aber nötig geworden. Ich möchte nicht, dass religiöses Leben in diesem Land im Untergrund stattfinden muss. Ein Komplettver- bot der Beschneidung drängt die jüdischen und muslimi- schen Gemeinschaften in den Untergrund. Das lehne ich ab und stimme deshalb dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und SPD zu. 190. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Einbringung Haushaltsgesetz 2013Finanzplan Epl 08, Epl 20, Epl 32, Epl 60, TOP 2 Allgemeine Finanzdebatte Epl 16 Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Epl 30 Bildung und Forschung Epl 15 Gesundheit Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Matthias Miersch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Sehr geehrter Herr Minister Altmaier, dies ist der erste
    Umwelthaushalt, den Sie zu verantworten haben, wahr-
    scheinlich ist es auch der letzte der schwarz-gelben Re-

    gierung. Insofern gestatten Sie mir vorweg ein paar
    grundsätzliche Bemerkungen.

    Ich glaube, die Umweltpolitik der schwarz-gelben
    Bundesregierung ist ein Zeugnis, wie man Politik nicht
    machen darf. Jeder, der die Politik der letzten dreiein-
    halb Jahre verfolgt hat, hat erlebt, dass in einem für Ver-
    braucher und Wirtschaft zentralen Bereich 180-Grad-
    Wendungen erfolgt sind und alles andere als nachhaltig
    gehandelt worden ist, Herr Minister.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ein bisschen entlarvend war es schon, dass Sie eben
    gesagt haben – ich habe es mir extra aufgeschrieben –:
    Die Bedeutung der Energie- und Umweltpolitik hat in
    den letzten Monaten zugenommen. – Liebe Kolleginnen
    und Kollegen, die Energiewende begann im Jahre 2001.
    Sie haben allerdings all die Jahre darauf hingearbeitet,
    eine Rolle rückwärts zu machen und die Atomtechnolo-
    gie wieder hoffähig zu machen. Das ist eine Katastrophe.
    Bei Ihnen spielte die Energiepolitik vielleicht erst in den
    letzten Monaten eine Rolle. Sie hätte bei Ihnen aber
    schon viele Jahre vorher eine Rolle spielen müssen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Man sieht das nicht nur an der Laufzeitverlängerung
    und ihrer Rücknahme, sondern auch daran, dass
    Schwarz-Gelb in einem zentralen Politikbereich den
    Minister ausgewechselt hat. Wenn die Regierung einen
    Minister auswechselt, fragt man sich: Was für eine Hal-
    tung hat der neue Minister eigentlich zur Energiepolitik?
    Ich habe einmal recherchiert, welche Position Sie in den
    letzten Jahren vertreten haben. Sie haben sich als Parla-
    mentarischer Geschäftsführer zweimal zu diesem Thema
    geäußert, und zwar angesichts der Laufzeitverlängerung
    vor gut zwei Jahren von diesem Pult aus. Da haben Sie
    gesagt, das Gesetz zur Laufzeitverlängerung für Atom-
    kraftwerke sei das modernste, umweltfreundlichste Ge-
    setz zur Energiepolitik, das jemals in diesem Haus ver-
    abschiedet worden ist.


    (Frank Schwabe [SPD]: Aha! Interessant! – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)


    Ich glaube, jeder sollte die Möglichkeit haben, sich zu
    revidieren. Das ist auch Ihr gutes Recht. Aber, Herr
    Minister Altmaier: Ich habe in den letzten Monaten noch
    nicht gehört, wofür Sie stehen. Ich habe auch noch nicht
    gehört, welche Argumente Sie denjenigen in Ihren eige-
    nen Reihen entgegenhalten, die gerade wieder aus ihren
    Löchern kriechen und hoffen, dass das Ganze gegen die
    Wand fährt. Ich glaube, Sie müssen mehr Überzeugung
    zeigen. Es reicht nicht, der nette Onkel mit der Wind-
    mühle zu sein. Sie müssen für diese Energiewende bren-
    nen, Herr Minister. Dazu fordere ich Sie auf.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Eva BullingSchröter [DIE LINKE] – Ulrich Kelber [SPD]: Innerlich! Nur innerlich! – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)






    Dr. Matthias Miersch


    (A) (C)



    (D)(B)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen, jedem, der sich mit
    diesem Thema auskennt, empfehle ich, die Debatte, die
    wir ein Jahr nach Fukushima hier geführt haben, nachzu-
    lesen. Die Reden, die in dieser Debatte von manchen
    Vertretern von Union und FDP gehalten worden sind,
    machen deutlich, dass schon damals versucht wurde, ein
    Rollback bzw. ein Hoffähigmachen der Atomtechnolo-
    gie einzuleiten, und das, obwohl Fukushima nicht einmal
    ein Jahr her war. Das ist die Debatte, die wir führen.

    Herr Minister, da Sie von Nachhaltigkeit geredet ha-
    ben, sage ich Ihnen: All denen, die heute wieder versu-
    chen, Atom, Kohle, Gas etc. als billig darzustellen, müs-
    sen wir entgegenhalten, welche Kosten damit verbunden
    sind und was sie für die heute lebende Generation und
    für zukünftige Generationen real bedeuten. Nehmen wir
    endlich zur Kenntnis, dass Peak Oil erreicht ist! Die
    Hälfte des gesamten auf der Welt verfügbaren Öls wurde
    bereits gefördert. Die Nachfrage wird steigen. Es gibt für
    Wirtschaft und Bürgerinnen und Bürger nur einen Aus-
    weg: das Zeitalter der erneuerbaren Energien.


    (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Da ich heute in verschiedenen Tageszeitungen gele-
    sen habe, dass von manchen Truppen schon wieder mehr
    Wettbewerb im Bereich der erneuerbaren Energien ge-
    fordert wird, frage ich Sie: Wie war das eigentlich bei
    Kohle und Gas? Das ist der Kampf, den wir momentan
    führen, übrigens nicht nur in diesem Hause. Es gibt vier
    große Konzerne, die um ihre Macht bangen und die et-
    was gegen die Dezentralität haben, die sich gerade über-
    all in diesem Land entwickelt. Herr Minister, hierzu
    müssen Sie als Umweltminister Position beziehen. Sie
    müssen die kommunalen Stadtwerke, die gerade ihre Re-
    naissance erleben, die Genossenschaften etc. fördern.
    Die Chance, dies in Ihrer Rede deutlich zu machen, hät-
    ten Sie hier und heute gehabt.

    Was machen Sie? Was den Haushalt betrifft, machen
    Sie in Ihrem Ministerium etwas, das sehr bemerkenswert
    ist. Sie richten 40 neue Planstellen ein und überschreiben
    diesen Vorgang mit dem Begriff „Energiewende“. Ihr
    Vorgänger, Herr Röttgen, ist leider nicht hier. Ich würde
    ihn allerdings gerne einmal fragen: Was ist im BMU ei-
    gentlich all die Jahre zuvor geschehen? Mich interessiert
    auch: Was sind das für Stellen? Wo wird umorganisiert?
    Was macht man mit den Leuten, die bisher in diesem Be-
    reich tätig gewesen sind? Welche Menschen kommen
    hinzu? Mein Kollege Lothar Binding hat eben die Frage
    gestellt – wir kennen Beispiele aus anderen Ministerien,
    Stichwort „Entwicklungshilfe“ –: Wer kommt dorthin?
    Sind das Versorgungsposten, oder geht es tatsächlich um
    den Aufbau einer Struktur, die in Ihrem Ministerium bis
    jetzt nicht vorhanden war?

    Ich sage Ihnen voraus: Auch wenn sie noch 100 Plan-
    stellen schaffen, gehen Sie nicht an die Wurzel des
    Übels. In dieser Regierung gibt es eine organisierte Un-
    verantwortlichkeit. Bei der Energiewende stehen sich
    sechs Ministerien gegenüber, die sich gegenseitig blo-
    ckieren. Es bringt nichts, neue Planstellen unter der
    Überschrift „Effizienz“ einzurichten, wenn sich Herr
    Rösler in Brüssel durchsetzt und alles, was Sie an Effi-

    zienzstandards aufbauen, wieder kaputtmacht. Sie brau-
    chen keine Planstellen, sondern politische Durchset-
    zungskraft, Herr Minister.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Es reicht nicht, wenn Sie in diesem Haushalt bezogen
    auf die Stellen von der Umsetzung des Energiekonzepts
    sprechen, aber nach der Rücknahme der Laufzeitverlän-
    gerung nicht einmal Ihr Konzept angepasst haben. Ich
    behaupte sogar, Sie haben gar keines. Wo ist der Master-
    plan, der mit den Bundesländern abgestimmt ist? Wo ist
    das Energiekonzept, das die einzelnen Schritte in den
    nächsten Jahren beschreibt? Soll das jetzt durch diese
    Stellen erarbeitet werden?

    Lieber Herr Minister, ich glaube, es bringt nichts, iso-
    liert zu denken. Die Energiewende werden wir nur
    bewerkstelligen können, wenn wir das schemenhafte
    Denken der Ressorts beenden. Wir brauchen eine koor-
    dinierte Energie- und Umweltpolitik. Sie tun bis jetzt das
    Gegenteil. Das zweite Mal, dass Sie sich als Parlamenta-
    rischer Geschäftsführer zu diesem Thema zu Wort ge-
    meldet haben, war, als wir hier beantragt haben, einen
    Ausschuss für die Energiewende einzusetzen. Sie haben
    dagegen gesprochen und für das Ressortprinzip plädiert.
    Wir sehen heute: Sie sind keinen Millimeter vorange-
    kommen. Wir brauchen eine koordinierte Energiepolitik.
    Dazu ist Schwarz-Gelb nicht in der Lage.


    (Beifall bei der SPD)


    Es geht bei diesem Haushalt natürlich auch um die
    Energiepreise. Herr Minister, auch hier erwarte ich von
    Ihnen, dass Sie in den nächsten Wochen bzw. Monaten
    sagen: Die Behauptung, dass Kohle, Gas und Atomener-
    gie billig gewesen sind, ist eine Mär. Jeder Verbraucher
    sieht schon an dem Ansteigen der Heizölpreise und der
    Benzinpreise, das sie tagtäglich erleben müssen, dass die
    Behauptung nicht stimmt. Die Frage ist, ob der politi-
    sche Wille vorhanden ist, diese Energiewende sozialver-
    träglich und auch ökonomisch sinnvoll zu gestalten. Ich
    glaube, hierzu müssen wir in den Diskurs auch mit de-
    nen, die im Moment sagen, das sei unbezahlbar. Auch
    Atomenergie und die Energie aus Kohle wären unbe-
    zahlbar, wenn die tatsächlichen Kosten, also auch die
    Folgekosten, eingepreist worden wären. Es liegt an der
    politischen Steuerung, ob die Folgekosten herausgehal-
    ten oder andere Zukunftstechnologien gefördert werden.

    Sie tun augenblicklich genau das Gegenteil, indem
    Sie die Industrie mit der Gießkanne von der Zahlung der
    EEG-Umlage befreien. Das hat zur Folge, dass der Mit-
    telstand und die Verbraucherinnen und Verbraucher in
    die Bresche springen müssen. Nicht dass wir uns falsch
    verstehen: Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Wirt-
    schaft wettbewerbsfähig bleibt. Aber dieses Gießkan-
    nenprinzip hat dazu geführt, dass sich die Zahl der
    Unternehmen, die von der Zahlung der Umlage ausge-
    schlossen sind, im letzten Jahr verdreifacht hat. Das
    müssen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen und lieber
    Herr Minister, hinterfragen.

    Auch dass die Großhandelspreise durch die erneuer-
    baren Energien gesunken sind, die Konzerne diese Preis-





    Dr. Matthias Miersch


    (A) (C)



    (D)(B)


    reduzierungen aber nicht an die Verbraucherinnen und
    Verbraucher weitergeben, ist ein Punkt, den Sie proble-
    matisieren und ansprechen müssen. Sie dürfen nicht ein-
    fach suggerieren, die Energiewende und die erneuerba-
    ren Energien seien unbezahlbar.

    Lieber Herr Minister, ich glaube, Sie müssen in vielen
    Bereichen Anwalt der Zukunft sein und dürfen nicht de-
    nen auf den Leim gehen, die hier seit Jahren versuchen,
    altes Denken durchzusetzen.

    Ich will Ihnen ein weiteres Beispiel nennen. Ich habe
    Ihre Staatssekretärin an dieser Stelle vor einigen Wochen
    etwas gefragt. Es ging um das Verhältnis zwischen Er-
    neuerbaren und Naturschutz. Herr Rösler erklärt seine
    eigene Untätigkeit und sein Versagen damit, dass es an-
    geblich zu hohe naturschutzrechtliche Anforderungen
    gebe. Ich habe Frau Staatssekretärin Heinen-Esser hier
    gefragt, ob sie diese Auffassung teile. Sie hat mir aus-
    drücklich gesagt, wie auf Nachfrage im Übrigen auch
    das Wirtschaftsministerium selbst, dass natürlich in Ein-
    zelfällen die gesetzlichen Grundlagen ein ausreichendes
    Instrumentarium bieten, um Abwägungen vorzunehmen.
    Ich hätte mir gewünscht, dass Sie diese Aussage vertei-
    digen. Was lese ich in den letzten 14 Tagen? Ich lese,
    dass auch Sie sagen, es sei zu prüfen, ob die gesetzlichen
    Grundlagen in diesem Bereich geändert werden müssen.

    Herr Minister, das ist genau das, was nicht passieren
    darf. Sie dürfen nicht die Werte und Güter gegeneinan-
    der ausspielen. Sie müssen für die Zukunft brennen,
    sonst fährt diese Energiewende tatsächlich an die Wand.
    Ich glaube, es ist gut, dass dies der letzte Haushalt dieser
    schwarz-gelben Regierung ist; sonst wird Zukunft ver-
    spielt, sonst wird Investitionsunsicherheit geschaffen,
    und das hat Deutschland nicht verdient. Insofern hoffen
    wir, dass all das im nächsten Jahr ein Ende hat und tat-
    sächlich an 2001 angeknüpft werden kann.

    Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Eva BullingSchröter [DIE LINKE])




Rede von Eduard Oswald
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

Vielen Dank, Kollege Matthias Miersch. – Nächster

Redner in unserer Aussprache ist für die Fraktion der
FDP unser Kollege Stephan Thomae. Bitte schön, Kol-
lege Stephan Thomae.


(Beifall bei der FDP)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Stephan Thomae


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen!

    Verehrte Kollegen! Meine Damen und Herren! Der Bun-
    desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
    heit ist in dieser Legislaturperiode für eine der Herkules-
    aufgaben dieser Wahlperiode verantwortlich. Er ist
    mitverantwortlich für die Zukunft der Energiepolitik, er
    ist mitverantwortlich für die Zukunft der Energieversor-
    gung in unserem Land. Dem neuen Minister, Herrn Peter
    Altmaier, wünsche ich deswegen an dieser Stelle viel
    Glück und Erfolg, Durchhaltevermögen und Standhaf-
    tigkeit, da, wo es nötig ist, Anpassungsvermögen und da,

    wo es nötig ist, Beharrlichkeit. Den Mitarbeitern im
    Ministerium will ich Dank und Anerkennung dafür aus-
    sprechen, dass sie diese schwere Aufgabe in dieser
    Wahlperiode schultern und diesen Haushaltsentwurf mit
    vorbereitet haben.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Umweltpolitik steht genauso wie der Naturschutz in
    diesen Tagen häufig etwas im Schatten der Energiedis-
    kussion und gerät manchmal auch zwischen die Mühl-
    steine der Ideologie. Deswegen will ich an dieser Stelle
    gerne ein bisschen mehr zum Naturschutz sagen. Aus
    christlicher Sicht ist Naturschutz die Bewahrung der
    Schöpfung. Nachhaltigkeit – das darf nicht vergessen
    werden – ist aber auch ein ökonomisches Prinzip. Das
    heißt, mit knappen Ressourcen sparsam zu haushalten.

    Für manche Menschen ist Naturschutz bisweilen ein
    romantisches Schwärmen von einer unberührten Natur.
    Aber unsere Landschaften sind durchweg Kulturland-
    schaften. Landwirte, die Kulturlandschaften pflegen, tun
    dies, weil sie aus dieser Landschaft Nutzen ziehen kön-
    nen. Aus meiner eigenen Allgäuer Heimat weiß ich, dass
    die Landwirte diese Kulturlandschaft pflegen und erhal-
    ten. Die Menschen sind grundsätzlich natur- und heimat-
    verbunden, und sie gehen grundsätzlich rücksichtsvoll
    mit der Natur um. Aber in einer Urlaubsregion, die von
    solchen Landschaften geprägt ist, sind die Menschen
    auch darauf angewiesen, dass zum Beispiel touristische
    Einrichtungen geschaffen, erhalten und bisweilen auch
    erweitert werden können. Kulturlandschaft ist eben kein
    Heimatmuseum, wo man nichts anfassen darf, sondern
    sie ist berührte Natur. Naturschutz ist oft ein Nebenei-
    nander von Nutzflächen und Schutzflächen, zum Bei-
    spiel dort, wo renaturierte Hochmoore an zum Teil inten-
    siv genutzte landwirtschaftliche Flächen angrenzen.

    Vor wenigen Wochen war ich mit der Präsidentin des
    Bundesamtes für Naturschutz im Ostallgäu unterwegs,
    um dort die Allgäuer Moorallianz – Herr Minister, eines
    meiner Lieblingsthemen – zu besuchen. Die Renaturie-
    rung von Hochmooren ist anfangs von den Landwirten,
    die die Grundstückseigentümer sind, sehr argwöhnisch
    beäugt worden. Aber die Mitarbeiter des Bundesamtes
    für Naturschutz haben hier viel Überzeugungsarbeit ge-
    leistet, und die Grundstückseigentümer sind mit öffentli-
    chen Mitteln schadlos gestellt worden. Die Menschen
    haben begriffen, dass die Renaturierung eine Aufwer-
    tung einer Urlaubsregion sein kann. Aber natürlich
    braucht eine solche Region auch das Nebeneinander von
    solchen Flächen und einem breiten Freizeitangebot. Man
    kann mit kleinen Kindern nicht den ganzen Familienur-
    laub nur in Hochmooren verbringen. Deswegen werbe
    ich hier für eine ideologiefreie Diskussion. Diejenigen,
    die früher den Naturschutz immer argwöhnisch beäugt
    haben, haben gelernt, dass es nicht um eine entschädi-
    gungslose Enteignung von Flächen und Vertreibung von
    Betrieben geht. Aber auch diejenigen, die unter Natur-
    schutz früher die weiträumige Tilgung jeder Spur von
    Zivilisation verstanden haben, lernen dazu, dass Natur-
    schutz nicht gegen alle wirtschaftlichen Interessen statt-
    finden kann.


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)






    Stephan Thomae


    (A) (C)



    (D)(B)


    Dafür ist die Allgäuer Moorallianz ein gutes Beispiel.
    Deswegen werden wir dieses Projekt nach beendeter
    Planungsphase jetzt in der Umsetzungsphase weiter för-
    dern.

    Dieses Nebeneinander verschiedener Annäherungs-
    winkel gibt es auch in der Energiepolitik, die das Haupt-
    thema dieses Haushalts darstellt. Manche sehen in dem
    Nebeneinander, auch konkurrierenden Nebeneinander,
    des Bundeswirtschaftsministeriums und des Bundesum-
    weltministeriums eine Gefahr für die Energiewende. Als
    freier Demokrat sehe ich in diesem Abstimmungsbedarf
    keine Gefahr, sondern einen Garant dafür, dass unter-
    schiedliche Gesichtspunkte der Beteiligten wirksam in
    diese Diskussion einfließen können; denn man kann die
    Energiewende nicht einfach anordnen. Der Weg zu die-
    ser Art der Energieversorgung muss erst gefunden wer-
    den. Er liegt nicht einfach klar und geradlinig vor uns,
    sondern wir brauchen ein Findungsverfahren.

    Nun glauben manche: Wenn eine Planungsbehörde
    lange genug über diese Wege diskutiert, dann kommt
    schon das Richtige dabei heraus, und dann ist das das
    richtige Findungsverfahren. Wenn man das Füllhorn
    staatlicher Fördergelder weit aufmacht, dann kommt au-
    tomatisch etwas Gutes und immer das Richtige dabei he-
    raus.


    (Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sind wir jetzt bei Grimms Märchenstunde?)


    Wenn sich die Menschen über den Geldregen staatlicher
    Subventionen freuen, dann nennt man das Konsens. –
    Wir als Liberale haben unsere Zweifel, ob so etwas auf
    Dauer gutgehen kann. Wir haben ein Grundvertrauen in
    ein Entdeckungs- und Findungsverfahren, in dem sich
    im Wettbewerb der besten Ideen und Angebote das Beste
    durchsetzen kann. In dem planwirtschaftlichen Fin-
    dungsverfahren sehen wir die große Gefahr, dass ein
    ineffizientes Verfahren mit Steuermitteln aus ideologi-
    schen Gründen durchgedrückt wird. In einem marktwirt-
    schaftlichen Verfahren besteht, wenn der Staat den Ord-
    nungsrahmen richtig setzt, eine erhöhte Chance, dass
    sich das effizienteste Verfahren durchsetzt. Deshalb soll-
    ten wir bei der Energiewende keine Angst haben, auch
    hier mehr Markt zu wagen.


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)


    Die Natur macht es uns eigentlich vor. Sie ist ein gutes
    Beispiel dafür, wie sich im Wettbewerb die chancen-
    reichsten Dinge durchsetzen. Denn die Natur lässt alles
    entstehen; aber was sich im Wettbewerb nicht bewährt,
    geht dort gnadenlos unter. Wenn wir also erfahren wol-
    len, welche Formen der erneuerbaren Energien und der
    Energiespeicherung unter den hiesigen Bedingungen am
    effizientesten sind, dann sollten wir ruhig mehr Mut und
    Zutrauen in das Prinzip „mehr Markt“ haben und etwas
    weniger blindes Vertrauen in die hellseherischen Kräfte
    von Planungsbehörden.

    Diese Regierung will die Energiewende. Aber wir
    brauchen das richtige Entdeckungsverfahren für den bes-
    ten Weg in die Energiezukunft. Diese Regierung kann

    das, weil sie ohne Ideologie pragmatisch an das Thema
    herangeht.


    (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Großer Scherz!)


    Hierfür wünsche ich dem beteiligten Minister, Herrn
    Altmaier, viel Erfolg und alles Gute.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)