Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 13. Juni 2012 21835
(A) (C)
(D)(B)
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Anlage 2
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Ulrike Flach auf die dringliche
Frage der Abgeordneten Dr. Martina Bunge (DIE
LINKE) (Drucksache 17/9910, Frage 3):
Kann die Bundesregierung die Berichte über den drohen-
den Kollaps der griechischen Kliniken bestätigen (vergleiche
Die Welt vom 12. Juni 2012), und sieht die Bundesregierung
einen Zusammenhang zwischen diesem Kollaps und den
Sparauflagen an die griechische Regierung im Rahmen der
Kreditvergabe durch die Europäische Union?
Die derzeitige Situation in den griechischen Kranken-
häusern ist besorgniserregend.
Wesentlicher Grund ist, dass der Träger für Gesund-
heitsleistungen des öffentlichen Gesundheitssystems in
Griechenland, EOPYY, ausstehende Rechnungen nicht
mehr begleichen kann. EOPPY wurde am 1. September
2011 mit dem Ziel gegründet, durch die Zusammenle-
gung der Gesundheitszweige der gesetzlichen Versiche-
rungsträger IKA (Arbeitnehmer), OAEE (Selbststän-
dige und Freiberufler), OPAD (öffentlicher Sektor) und
OGA (landwirtschaftlicher Sektor) die Verfahren zu ra-
tionalisieren und gleichwertige Leistungen für alle der
rund 9,5 Millionen Berechtigten zu gewährleisten. Zwi-
schen der Situation im griechischen Gesundheitswesen
und dem Darlehen im Rahmen des Anpassungspro-
gramms für Griechenland ist jedoch kein ursächlicher
Zusammenhang erkennbar, da die Probleme im Gesund-
heitssektor nicht neu sind und schon vor dem Beginn des
Hilfsprogramms bestanden.
Anlage 3
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage
des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9888, Frage 1):
Inwieweit sind Menschen mit Behinderung von den ge-
planten Änderungen im Mietrecht, vorgeschlagen von der
Bundesregierung mit dem Entwurf eines Mietrechtsände-
rungsgesetzes (Bundesratsdrucksache 313/12), betroffen, und
in welcher Weise hat die Bundesregierung mit Blick auf die
UN-Behindertenrechtskonvention (insbesondere Art. 4 Abs. 3,
Art. 9 und 19) Menschen mit Behinderung und deren Ver-
bände bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs aktiv einbezo-
gen?
Menschen mit Behinderungen sind, sofern sie Mieter
oder Vermieter sind, nicht in spezifischer Weise von den
geplanten Änderungen des Mietrechtsänderungsgesetzes
betroffen, sondern werden in gleicher Weise wie andere
Mieter oder Vermieter auch erfasst. Vor diesem Hinter-
grund wurde von einer Einbeziehung speziell von Behin-
dertenverbänden bei der Erarbeitung des Entwurfs abge-
sehen.
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Ahrendt, Christian FDP 13.06.2012
Bär, Dorothee CDU/CSU 13.06.2012
Bätzing-Lichtenthäler,
Sabine
SPD 13.06.2012
Bellmann, Veronika CDU/CSU 13.06.2012
Brandner, Klaus SPD 13.06.2012
Brinkmann (Hildes-
heim), Bernhard
SPD 13.06.2012
Gohlke, Nicole DIE LINKE 13.06.2012
Hoppe, Thilo BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
13.06.2012
Kolbe (Leipzig),
Daniela
SPD 13.06.2012
Krichbaum, Gunther CDU/CSU 13.06.2012
Dr. Lauterbach, Karl SPD 13.06.2012
Leutheusser-
Schnarrenberger,
Sabine
FDP 13.06.2012
Lindner, Christian FDP 13.06.2012
Menzner, Dorothée DIE LINKE 13.06.2012
Möller, Kornelia DIE LINKE 13.06.2012
Nahles, Andrea SPD 13.06.2012
Nestle, Ingrid BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
13.06.2012
Nietan, Dietmar SPD 13.06.2012
Roth (Esslingen),
Karin
SPD 13.06.2012
Schirmbeck, Georg CDU/CSU 13.06.2012
Schmidt (Eisleben),
Silvia
SPD 13.06.2012
Süßmair, Alexander DIE LINKE 13.06.2012
Zapf, Uta SPD 13.06.2012
Anlagen
21836 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 13. Juni 2012
(A) (C)
(D)(B)
Anlage 4
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage
der Abgeordneten Andrea Wicklein (SPD) (Drucksache
17/9888, Frage 10):
Warum hat am 23. Mai 2012 das Bundeskabinett beschlos-
sen, die Aufbewahrungsfristen für Rechnungen und weitere
Belege nach Handels- und Steuerrecht ab 2013 nur auf acht
und ab 2015 nur auf sieben Jahre zu verkürzen und nicht, wie
die Bundesregierung ursprünglich im Dezember 2011 be-
schlossen hatte, insgesamt auf fünf Jahre zu verkürzen?
Die Verkürzung der Aufbewahrungsfristen entlastet
die Wirtschaft einerseits von Erfüllungsaufwand. Ande-
rerseits muss die Finanzverwaltung in der Lage sein, zur
Überprüfung der Angaben des Steuerpflichtigen in sei-
ner Steuererklärung auf die erforderlichen Unterlagen
zugreifen zu können. Damit wird gleichzeitig das Risiko
von Steuermindereinnahmen, die es mit Blick auf die
Konsolidierungserfordernisse der öffentlichen Haushalte
zu vermeiden gilt, reduziert. Aus diesem Grund musste
eine Abwägung zwischen Entlastung für die Wirtschaft,
Aufkommenssicherung und Steuergerechtigkeit vorge-
nommen werden. Das Ergebnis dieser Abwägung ist
eine Verkürzung auf acht bzw. sieben Jahre. Diese aus
unserer Sicht gute Lösung führt immer noch zu einer
Entlastung der Wirtschaft um 1,68 Milliarden Euro bzw.
2,5 Milliarden Euro im Jahr.
Anlage 5
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage
der Abgeordneten Andrea Wicklein (SPD) (Drucksache
17/9888, Frage 11):
Wie hoch ist das verloren gegangene Entlastungsvolumen
bei Unternehmen in Deutschland, da ursprünglich eine Aufbe-
wahrungsfrist von fünf Jahren gegenüber der jetzt vereinbar-
ten Aufbewahrungsfrist von acht bzw. sieben Jahren geplant
war – betroffen sind gerade auch kleine und mittlere Unter-
nehmen –, und wie will die Bundesregierung den verloren
gegangenen Entlastungsaufwand bei den Unternehmen kom-
pensieren?
Die Verkürzung der Aufbewahrungsfristen auf fünf
Jahre hätte zu einem geschätzten Entlastungspotenzial
von 3,9 Milliarden Euro geführt. Mit der nunmehr ge-
planten Verkürzung auf acht bzw. sieben Jahre kann ein
Entlastungsvolumen von 1,69 Milliarden Euro bzw.
2,5 Milliarden Euro generiert werden. Das tatsächliche
Entlastungsvolumen hängt maßgeblich vom Verhalten
des Steuerpflichtigen selbst ab, zum Beispiel ob die Un-
terlagen in Papierform oder elektronisch aufbewahrt
werden oder ob die Unterlagen auch tatsächlich nach
Ablauf der jeweiligen Frist vernichtet werden.
Die Bundesregierung sieht sich weiterhin in der
Pflicht, den Aufwand von Bürgerinnen und Bürgern,
Wirtschaft und Verwaltung zur Erfüllung von Bundes-
recht dauerhaft auf niedrigem Niveau zu halten. Aus
diesem Grund hat das Kabinett am 28. März 2012 das
„Arbeitsprogramm bessere Rechtsetzung“ beschlossen.
Mit dem Beschluss hat die Bundesregierung Untersu-
chungen verschiedenster Bereiche initiiert, mit dem Ziel,
den Erfüllungsaufwand weiter abzusenken und Verfah-
ren zu vereinfachen.
Anlage 6
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage
des Abgeordneten Dr. Axel Troost (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9888, Frage 12):
Wie ist nach dem im September 2011 unterzeichneten und
im April 2012 ergänzten Steuerabkommen mit der Schweiz
gemäß Art. 31 sichergestellt, dass die schweizerische Zahl-
stelle überhaupt Kenntnis vom Tod einer betroffenen Person
erhält, und welche Rechtsfolgen für die Anwendung des Ab-
kommens ergeben sich nach Art. 38 Abs. 2, wonach Änderun-
gen des deutschen Steuerrechts an die Schweizer Behörden
gemeldet werden hinsichtlich einer entsprechenden Anpas-
sung des Schweizer Steuerabkommens?
Hinsichtlich der Kenntniserlangung vom Erbfall sind
die geltenden schweizerischen Sorgfaltspflichten zu be-
achten, Art. 31 Abs. 1 Satz 2 des deutsch-schweizeri-
schen Steuerabkommens. Dabei handelt es sich zum
Beispiel um Vorschriften zur Geldwäschebekämpfung,
aber auch um zivilrechtliche Pflichten. So wird zum Bei-
spiel eine schweizerische Zahlstelle, die an einen Nicht-
berechtigten ein Guthaben auszahlt, nicht von ihrer Leis-
tungspflicht frei. Deshalb muss sie bereits im eigenen
Interesse Vorkehrungen treffen, die derartige Fehler aus-
schließen.
Art. 38 des deutsch-schweizerischen Steuerabkom-
mens ist mit Konsultationen überschrieben. Um eine
schnellere und unbürokratische Abwicklung des Steuer-
abkommens und Zusammenarbeit der Vertragsstaaten zu
gewährleisten, legt Art. 38 Abs. 2 des deutsch-schweize-
rischen Steuerabkommens fest, dass die zuständige deut-
sche Behörde die zuständige schweizerische Behörde
über Änderungen des deutschen Rechts zur Besteuerung
von Erträgen oder Vermögenswerten, die von diesem
Abkommen erfasst werden, informiert. So kann die
Schweiz gegebenenfalls bereits frühzeitig Anpassungen
an die neue Rechtslage vorbereiten. Sanktionen sind an
Art. 38 nicht geknüpft, da er lediglich die vertragskon-
forme Durchführung des Abkommens gewährleisten
soll.
Kündigungs- und Aufhebungsgründe ergeben sich
aus Art. 44 des deutsch-schweizerischen Steuerabkom-
mens.
Anlage 7
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage
des Abgeordneten Richard Pitterle (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9888, Frage 13):
Wie sind nach dem Kabinettsbeschluss der Bundesregie-
rung zur Förderung der privaten Pflegeversicherung die privat
getätigten Versicherungsaufwendungen im Rahmen der Son-
derausgaben auch vor dem Hintergrund der Höchstbeträge
nach § 10 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes zu behandeln,
und aus welchem Grund wurde die staatliche Förderung nicht
einkommensabhängig ausgestaltet?
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 13. Juni 2012 21837
(A) (C)
(D)(B)
Beiträge zu einer privaten Pflegezusatzversicherung
können vom Steuerpflichtigen grundsätzlich gemäß § 10
Abs. 1 Nr. 3 a Einkommensteuergesetz als Sonderaus-
gaben abgezogen werden. Aufgrund der Höchstbetrags-
begrenzung für solche Vorsorgeaufwendungen nach § 10
Abs. 4 Einkommensteuergesetz wirken sich die Beiträge
in den meisten Fällen steuerlich jedoch nicht aus.
Von einer einkommensabhängigen steuerlichen För-
derung würden nur diejenigen profitieren, die aufgrund
der Höhe ihres persönlichen Einkommens Einkommen-
steuer zahlen. Daher wurde bei der staatlichen Förderung
ein Zulagenmodell gewählt, um die Förderung insbeson-
dere für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen at-
traktiv zu machen. Dies verdeutlicht die soziale Ausrich-
tung einer Zulagenförderung.
Anlage 8
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage
der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9888, Frage 14):
Plant die Bundesregierung, nach den seit geraumer Zeit
vorliegenden Berichten der Arbeitsgruppen des Bundes-
ministeriums der Finanzen zu Reisekostenrecht und Verlust-
verrechnung diesbezüglich noch in dieser Legislaturperiode
gesetzliche Änderungen vorzunehmen, und plant die Bundes-
regierung, den jüngsten Vorschlägen der Finanzminister-
konferenz, FMK, zu folgen, die darauf abzielen, durch
kurzfristig umsetzbare Maßnahmen zur Vereinfachung des
Steuerrechts, insbesondere durch eine Erhöhung von Pau-
schalierungen und einen Selbstbehalt bei haushaltsnahen
Dienstleistungen, eine Erleichterung bei Massenphänomenen
der Einkommensteuerveranlagung zu bewirken?
Die Bundesregierung prüft derzeit, ob und, wenn ja,
welche konkreten Maßnahmen aus den angesprochenen
Bereichen Reisekostenrecht und Verlustverrechnung
noch in dieser Legislaturperiode gesetzgeberisch aufge-
griffen werden sollen.
Die Zielsetzung einer weitergehenden Vereinfachung
des Steuerrechts, die die Finanzministerkonferenz mit
ihren Beschlüssen vom 1. Juni 2012 aufgegriffen hat und
zu der es eine Bundesratsinitiative geben soll, wird auch
von der Bundesregierung als steuerpolitische Dauer-
aufgabe gesehen. Die Bundesregierung begrüßt daher
vom Grundsatz die Initiative der Länder auf diesem
Gebiet. Wie weit die Bundesregierung die einzelnen
Maßnahmen des von den Ländern beschlossenen Pakets
unterstützt, ist zu entscheiden, wenn eine entsprechende
Initiative des Bundesrates vorliegt.
Anlage 9
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage
der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9888, Frage 15):
Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregie-
rung, nachdem sie in der Antwort auf die Kleine Anfrage der
Fraktion Die Linke auf Bundestagsdrucksache 17/9811 vom
2. Mai 2012 bestätigt hat, dass die Entgeltoptimierung durch
planmäßige und modellhafte Ausnutzung von Sonderregelun-
gen zur Steuerfreistellung von Entgeltbestandteilen „insbe-
sondere im Hinblick auf die Einnahmeausfälle für den Fiskus
und für die Sozialkassen nicht unproblematisch“ ist, um die
Zunahme dieser Modelle einzuschränken, und stimmt die
Bundesregierung damit überein, dass im Zuge dieser Ent-
wicklungen und gemäß dem jüngsten Beschluss der FMK
eine Absenkung der Freigrenze für Sachbezüge eine sinnvolle
und angemessene Maßnahme wäre?
Die Bundesregierung wird die Entwicklung dieser
Modelle weiter beobachten. Die angesprochenen Mo-
delle sind in der Regel kein Gestaltungsmissbrauch. Zu-
dem ist eine modellartige Gestaltung bei bestimmten
Steuerbegünstigungen bereits tatbestandsmäßig ausge-
schlossen.
Wie weit die Bundesregierung die einzelnen Maßnah-
men des von den Ländern beschlossenen Pakets unter-
stützt, wird zu entscheiden sein, wenn die entsprechende
Initiative des Bundesrates vorliegt. Das gilt auch für die
Freigrenze für Sachbezüge.
Anlage 10
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage
der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9888, Frage 16):
Teilt die Bundesregierung die Sorge von Währungsexper-
ten, dass der Euro in den nächsten drei Monaten zusammen-
brechen könnte, und was unternimmt die Bundesregierung in
den nächsten Wochen, um einen Zusammenbruch des Euro zu
verhindern?
Die Bundesregierung kommentiert nicht die einzel-
nen Meinungen von Währungsexperten zu einem Aus-
einanderbrechen der Euro-Zone. In den vergangenen
Monaten wurden umfassende Maßnahmen beschlossen
und auf den Weg gebracht, um die Wirtschafts- und
Währungsunion krisenfest zu machen. Diese Reformen
sind in eine Viersäulenstrategie eingebettet, die folgende
Elemente beinhaltet:
1. Reformen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähig-
keit der Peripherieländer,
2. Verbesserung der wirtschaftspolitischen Koordinie-
rung und finanzpolitischen Überwachung zwischen
den Mitgliedstaaten der Währungsunion,
3 gezielte Verbesserung der Regulierung und der Auf-
sicht über den Finanzsektor sowie
4. Einrichtung eines permanenten Stabilitätsmechanis-
mus.
Zudem wurde die temporäre Erhöhung der gemein-
samen Obergrenze der Kreditvergabekapazität von der
Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität und des Eu-
ropäischen Stabilitätsmechanismus von 500 auf 700 Mil-
liarden Euro beschlossen. Die Bundesregierung ist der
festen Überzeugung, dass diese Strategie die richtige ist,
um eine nachhaltige Stabilisierung der Euro-Zone zu er-
reichen und die richtigen Anreize für eine solide Finanz-
politik und ein ausgewogenes Wirtschaftswachstum in
den Mitgliedsländern zu setzen.
21838 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 13. Juni 2012
(A) (C)
(D)(B)
Anlage 11
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage
der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9888, Frage 17):
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Grie-
chenland-Strategie der Bundesregierung gescheitert ist, und
ist die Bundesregierung bereit, die Griechenland-Strategie so
zu ändern, dass der Schuldenabbau über einen längeren
Zeitraum gestreckt wird?
Griechenland hat mit dem zweiten Anpassungspro-
gramm und nach der erfolgreichen Umschuldung, an der
sich 97 Prozent der privaten Investoren beteiligt haben,
die Chance, seine Schulden auf ein tragfähiges Niveau
zurückzuführen. Die drei Komponenten Privatsektor-
beteiligung, Haushaltskonsolidierung und Privatisie-
rung führen bei strikter Umsetzung unter den gegebenen
Annahmen für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung
bis zum Jahr 2020 zu einem Schuldenstand von circa
117 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Voraussetzung für den Erfolg des zweiten Programms
ist, dass Griechenland nach den Wahlen am 17. Juni zu
stabilen Verhältnissen zurückfindet. Dabei ist wichtig,
dass sich eine politisch legitimierte, auf eine breite
Mehrheit gestützte Regierung bildet, die das mit den
europäischen Partnern und dem Internationalen Wäh-
rungsfonds, IWF, vereinbarte Anpassungsprogramm
konsequent umsetzt. Die künftige griechische Regierung
muss sich an das vereinbarte Reformprogramm halten,
so wie umgekehrt auch Deutschland zu seinen Verpflich-
tungen gegenüber Griechenland steht. Deutschland ist
darüber hinaus weiterhin bereit, Griechenland strukturell
und organisatorisch zu helfen.
Anlage 12
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage
des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9888, Frage 18):
Wem sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Ergeb-
nisse der Prüfung der Kreditportfolios griechischer Banken
durch den Vermögensverwalter BlackRock (siehe Wirtschafts-
woche vom 18. Mai 2012) bekannt, und aus welchen Gründen
soll die Studie erst veröffentlicht werden, wenn sich in Grie-
chenland eine neue Regierung gebildet hat?
Eine Studie von BlackRock Solutions hat im Vorfeld
der Troika-Mission vom Februar 2012 die Qualität der
inländischen Kreditportfolios der griechischen Banken
bewertet. Nach einer sechsmonatigen Untersuchung, die
in der Prüfung der Kreditbestände der Banken und der
Kalibrierung der Modelle bestand, legte das Beratungs-
unternehmen der Bank von Griechenland im Januar
2012 seinen Bericht vor. Die Kosten der Unterstützung
des griechischen Bankensystems werden auf 50 Milliar-
den Euro geschätzt. Die Veröffentlichung erfolgte bereits
im März 2012, die Bundesregierung kann daher die An-
gaben der Wirtschaftswoche nicht bestätigen.
Anlage 13
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage
des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Frage 19):
Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über in Me-
dien berichtete Planspiele oder sogar Planungen für Maßnah-
men der Europäischen Union bis hin zur Schließung von
Grenzen zu Griechenland, um möglichen Auswirkungen einer
Eskalation der dortigen Wirtschaftskrise auf die Sicherheits-
lage zu begegnen, etwa wenn viel Geld illegal außer Landes
geschafft wird (vergleiche den Standard, 29. Mai und 7. Juni
2012), und inwieweit war die Bundesregierung selbst an sol-
chen Planspielen beteiligt und hat konkrete Pläne mitent-
wickelt?
Die griechischen Bürger werden am kommenden
Sonntag ein neues Parlament wählen. Die Bundesregie-
rung ist bereit, mit der aus diesen Wahlen hervorgehen-
den neuen Regierung unmittelbar Gespräche aufzuneh-
men. Dabei liegt uns – ganz im Sinne der im Rahmen
des Griechenland-II-Programms gewährten Unterstüt-
zung durch die Euro-Zone – an einer schnellen Stabili-
sierung der Situation in Griechenland.
Die Bundesregierung hält einen Verbleib Griechen-
lands in der Euro-Zone für wünschenswert. Griechen-
land hat mit dem zweiten Anpassungsprogramm und
nach der erfolgreichen Umschuldung, an der sich
97 Prozent der privaten Investoren beteiligt haben, die
Chance, seine Schulden auf ein tragfähiges Niveau zu-
rückzuführen. Die drei Komponenten Privatsektorbetei-
ligung, Haushaltskonsolidierung und Privatisierung füh-
ren bei strikter Umsetzung unter den gegebenen
Annahmen für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung
bis zum Jahr 2020 zu einem Schuldenstand von circa
117 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Voraussetzung für den Erfolg des zweiten Programms
ist aber auch, dass Griechenland nach den Wahlen am
17. Juni wieder zu stabilen Verhältnissen zurückfinden
kann. Dabei ist wichtig, dass sich eine politisch legiti-
mierte, auf eine breite Mehrheit gestützte Regierung, bil-
det, die das mit den europäischen Partnern und dem
Internationalen Währungsfonds, IWF, vereinbarte An-
passungsprogramm umsetzt. Die künftige neue griechi-
sche Regierung muss sich an das vereinbarte Reformpro-
gramm halten, so wie umgekehrt auch Deutschland zu
seinen Verpflichtungen gegenüber Griechenland steht.
Deutschland ist darüber hinaus bereit, Griechenland
auch strukturell und organisatorisch zu helfen.
Anlage 14
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage
der Abgeordneten Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Frage 20):
Wie steht die Bundesregierung zu der Forderung Spaniens,
Banken direkt aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus
zu rekapitalisieren, und wie wird sich die Bundesregierung
auf dem nächsten EU-Gipfel dazu verhalten?
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 13. Juni 2012 21839
(A) (C)
(D)(B)
Die Bundesregierung unterstützt die spanische Regie-
rung in ihren Bemühungen, die Restrukturierung ihres
Bankensektors voranzubringen und begrüßt deren Ab-
sicht, zu diesem Zweck finanzielle Unterstützung zu be-
antragen. Die Bundesregierung wurde zusammen mit
den anderen Mitgliedern der Euro-Gruppe darüber infor-
miert, dass die spanische Regierung in Kürze einen
entsprechenden Antrag stellen wird. Die Finanzhilfen
würden zum Zwecke der Rekapitalisierung von Finanz-
insitituten bereitgestellt. Insgesamt wird der Kapitalbe-
darf inklusive eines Sicherheitspuffers auf 100 Milliar-
den Euro geschätzt.
Anlage 15
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage
der Abgeordneten Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Fragen 21):
Wie steht die Bundesregierung zu der Kritik, dass zur
Überwachung des Korrekturmechanismus der deutsche Stabi-
litätsrat bzw. ein wie auch immer ausgestalteter Beirat nicht
die Anforderungen einer unabhängigen Überwachungsein-
richtung erfüllt, und wie soll eine echte Unabhängigkeit einer
solchen Einrichtung gewährleistet werden?
Eine etwaige Kritik ist nach Auffassung der Bundes-
regierung unbegründet. Dem Stabilitätsrat gehören die
Finanzminister des Bundes und der Länder sowie der
Bundesminister für Wirtschaft und Technologie an. Ins-
besondere aufgrund seiner Entscheidungsstruktur besitzt
der Stabilitätsrat selbst bereits ein hohes Maß an Unab-
hängigkeit. Die Entscheidungen werden mit der Stimme
des Bundes und Zweidrittel der Länder getroffen. Bei
Entscheidungen über ein Land ist das betroffene Land
nicht stimmberechtigt. Bei Entscheidungen, die den
Bund betreffen, stimmt der Bund mit einfacher Stimme
ab.
Mit der Errichtung eines Beirats aus Sachverständi-
gen soll die Unabhängigkeit des Stabilitätsrats weiter ge-
stärkt werden. Damit wird der Stabilitätsrat bei der
Überwachung der Einhaltung der Obergrenze des ge-
samtstaatlichen Finanzierungssaldos unterstützt. Mit-
glieder des Beirats sollen unter anderem die Deutsche
Bundesbank, der Sachverständigenrat und die an der Ge-
meinschaftsdiagnose beteiligten Forschungsinstitute
sein. Damit wird ein höchstes Maß an unabhängiger Ex-
pertise gewährleistet. Der Vorschlag folgt damit der be-
währten Tradition, Projektionen der Haushaltsbehörden
durch den Wettbewerb mit entsprechenden Ergebnissen
und Bewertungen sowie Empfehlungen unabhängiger
Gremien, (beispielsweise Gemeinschaftsdiagnose, Sach-
verständigenrat, Deutsche Bundesbank) zu kontrollieren.
Im Übrigen hat bereits der Bundesrat gefordert, dass sich
die Bundesregierung dafür einsetzt, dass der Stabilitäts-
rat mit dieser Aufgabe betraut wird.
Das Vorhaben der Bundesregierung zur innerstaatli-
chen Umsetzung des Fiskalvertrags steht dabei in vollem
Einklang mit den europäischen Vorgaben. Kommissar
Rehn geht in seinem Schreiben vom 4. Juni 2012 an
Bundesminister der Finanzen Dr. Schäuble – das auch
dem Deutschen Bundestag zugeleitet wurde – auf das
Verhältnis der deutschen Schuldenbremse zu den Vorga-
ben für den Korrekturmechanismus sowie auf die nach
den Vorschlägen der Bundesregierung geplante inner-
staatliche Umsetzung des Fiskalvertrags in Deutschland
ein. Hier erläutert er, dass er die Ankündigung der Bun-
desregierung begrüße, das Haushaltsgrundsätzegesetz
und das Gesetz über den Stabilitätsrat im Sinne der im
Arbeitspapier zum Korrekturmechanismus vorgesehe-
nen Koordinierung anzupassen, und, dass dies dazu füh-
ren wird, dass Deutschland den Stabilitäts- und Wachs-
tumspakt und den Fiskalvertrag in der Zukunft
einhalten wird.
Anlage 16
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die
Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9888, Frage 22):
Inwieweit sind Menschen mit Behinderung von der Natio-
nalen Nachhaltigkeitsstrategie betroffen, und in welcher
Weise hat die Bundesregierung mit Blick auf die UN-Behin-
dertenrechtskonvention (insbesondere Art. 4 Abs. 3) Men-
schen mit Behinderung und deren Verbände bei der Erarbei-
tung der Nachhaltigkeitsstrategie und des diesbezüglichen
Fortschrittsberichts 2012 aktiv einbezogen?
Die Bundesregierung hat einen umfassenden Dialog
zur Nachhaltigkeit im Herbst 2010 gestartet. Viele Bür-
gerinnen und Bürger haben sich am Dialog beteiligt.
Die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie wurde zuletzt
durch den vom Bundeskabinett am 15. Februar 2012 be-
schlossenen Fortschrittsbericht weiterentwickelt. Ziel
der Nachhaltigkeitsstrategie ist die Erreichung von Ge-
nerationengerechtigkeit, sozialem Zusammenhalt, Le-
bensqualität sowie der Wahrnehmung internationaler
Verantwortung. In diesem Sinne sind wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit, der Schutz der natürlichen Lebens-
grundlagen und soziale Verantwortung so zusammenzu-
führen, dass Entwicklungen dauerhaft tragfähig sind.
Hiervon sind Menschen mit Behinderung in gleicher
Weise betroffen wie andere Menschen.
Die Bundesregierung hat gerade im Rahmen des Kon-
zepts zur Fachkräftesicherung auch Menschen mit Be-
hinderung im Blick, da angesichts der demografischen
und technischen Entwicklung eine systematische Förde-
rung und Mobilisierung von allen inländischen Potenzia-
len notwendig ist. Hier sind auch die Fähigkeiten und
Fertigkeiten von Menschen mit Behinderung gefragt.
Zum Ausdruck kommt dies in den fünf Sicherungspfa-
den des Fachkräftekonzepts der Bundesregierung mit
besseren Bildungschancen für alle von Anfang an über
eine qualifizierte Aus- und Weiterbildung, der Aktivie-
rung und Beschäftigungssicherung bis hin zu einer bes-
seren Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Menschen mit Behinderung hatten ebenso wie Men-
schen ohne Behinderung die Möglichkeit, sich im Rah-
men der beiden Onlinedialoge zum Fortschrittsbericht
im Herbst 2010 bzw. Sommer 2011 zu beteiligen.
Überdies hatte der Rat für Nachhaltige Entwicklung
den 4. Juni 2012 zum Deutschen Aktionstag Nachhaltig-
21840 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 13. Juni 2012
(A) (C)
(D)(B)
keit ausgerufen. Der Aktionstag wurde auf Bundes-
ebene, von Ländern und Kommunen, der Wirtschaft, den
Umweltverbänden, von den Gewerkschaften sowie den
Kirchen unterstützt. Es sollte gezeigt werden, wie wir
unsere Zukunft in die eigenen Hände nehmen können.
Deshalb sollen noch mehr Menschen gewonnen werden,
sich für Nachhaltigkeit zu engagieren. Auch hierzu wa-
ren und sind alle Menschen mit und ohne Behinderung
eingeladen. Einen Überblick über die Veranstaltungen
und Projekte liefert das Internetangebot des Rats für
Nachhaltige Entwicklung.
Anlage 17
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die
Frage des Abgeordneten Anton Schaaf (SPD) (Druck-
sache 17/9888, Frage 23):
Wie definiert die Bundesregierung den Begriff der Ein-
standsgemeinschaft in Bezug auf die geplante Zuschussrente,
und warum werden dem vorgelegten Referentenentwurf des
Bundesministeriums für Arbeit und Soziales – Entwurf eines
Gesetzes zur Anerkennung der Lebensleistung in der Renten-
versicherung – entsprechend eheähnliche oder lebenspartner-
schaftliche Gemeinschaften bei der Einkommensanrechnung
auf die Zuschussrente bessergestellt?
Die Regelungen zur Einkommensanrechnung auf die
geplante Zuschussrente nach dem Referentenentwurf
eines Gesetzes zur Anerkennung der Lebensleistung in
der Rentenversicherung werden derzeit zwischen den
Ressorts abgestimmt. Die Ressortabstimmung ist noch
nicht abgeschlossen.
Anlage 18
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Fra-
gen der Abgeordneten Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Fragen 26 und 27):
Wie beabsichtigt die Bundesregierung das von der Bun-
desministerin für Arbeit und Soziales, Dr. Ursula von der
Leyen, am 7. Juni 2012 geäußerte Angebot an die gekündig-
ten Schlecker-Beschäftigten, sich in Pflege- und Betreuungs-
berufe umschulen zu lassen, vor dem Hintergrund umzuset-
zen, dass eine Umschulung in diese Berufe üblicherweise drei
Jahre dauert und nach § 180 SGB III bisher nur zweijährige
Umschulungen gefördert werden können bzw. die Finanzie-
rung des dritten Jahres aufgrund bundes- oder landesrechtli-
cher Regelungen gesichert sein muss, und in welchen Bundes-
ländern gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung bisher
Regelungen, die eine Umschulung zur Erzieherin/zum Erzie-
her bzw. zur Altenpflegerin/zum Altenpfleger in zwei Jahren
ermöglichen bzw. die Finanzierung für das dritte Jahr sicher-
stellen?
Welchen Beitrag wird die Bundesregierung angesichts der
begrenzten Fördermöglichkeiten über das SGB II und SGB III
und der gekürzten Haushaltsmittel für die Arbeitsförderung
leisten, um den nahezu 25 000 Schlecker-Beschäftigten, die
ihren Arbeitsplatz verlieren bzw. bereits verloren haben, neue
berufliche Perspektiven zu eröffnen, und aus welchen sachli-
chen Gründen hielt und hält es die Bundesregierung nicht für
richtig, sich mittels einer Bürgschaft – auch über die KfW
Bankengruppe – für die Einrichtung einer Transfergesell-
schaft zur Qualifizierung der Schlecker-Beschäftigten zu
engagieren?
Zu Frage 26:
Das Angebot von Frau Bundesministerin Dr. Ursula
von der Leyen zur Förderung von Umschulungen in
Pflege- und Betreuungsberufe für ehemalige Schlecker-
Beschäftigte erfordert selbstverständlich wie bei allen
Umschulungsangeboten eine persönliche Neigung und
Eignung für den Beruf sowie das Vorliegen der sonstigen
berufs- und förderrechtlichen Voraussetzungen.
Altenpflegerin und Altenpfleger sind klassische Um-
schulungsberufe, die nach dem bundesrechtlich geregel-
ten Altenpflegegesetz durchgeführt werden. Über die
Finanzierung des dritten Jahres der Altenpflegeumschu-
lung haben Bund und Länder bereits im Jahr 2005 Ein-
vernehmen erzielt. Die Ausbildung zur Erzieherin bzw.
zum Erzieher ist landesrechtlich unterschiedlich gere-
gelt.
Die Ausbildungsverantwortung liegt vorrangig bei
den Ländern. Eine Umschulungsförderung zur Erziehe-
rin bzw. zum Erzieher durch Arbeitsagenturen und Job-
center ist danach grundsätzlich in allen Bundesländern
möglich, in denen die dreijährige Ausbildung eine zwei-
jährige schulische Ausbildung mit nachgeschaltetem und
vergütetem Anerkennungspraktikum umfasst. Dies ist
nach Kenntnis der Bundesregierung in den Ländern
Hessen, Rheinland-Pfalz, Bayern, Baden-Württemberg,
Saarland, Bremen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-
Anhalt der Fall. In verschiedenen Ländern bietet auch
die sogenannte Externenprüfung die Möglichkeit einer
Nachqualifizierung zur staatlich geprüften Erzieherin
bzw. zum staatlich geprüften Erzieher. Dies ist beispiels-
weise in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpom-
mern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und dem
Saarland möglich. Die Teilnahme an entsprechenden
Vorbereitungskursen ist durch Arbeitsagenturen und
Jobcenter ebenfalls förderfähig.
Zu den Berufen des Erziehungsbereichs gehören
neben Erzieherin und Erzieher auch Kinderpflegerin und
-pfleger sowie Sozialpädagogische Assistentin bzw.
Assistent. Personen, die Interesse an einer Aus- bzw.
Weiterbildung im Erziehungsbereich haben, aber nicht
die Voraussetzungen für eine Umschulung zur Erziehe-
rin bzw. zum Erzieher erfüllen, können bei Vorliegen der
Fördervoraussetzungen in diese Berufe umgeschult wer-
den.
Zu Frage 27:
Im Rahmen der politischen Gespräche der Länder zur
Finanzierungsfrage für eine Transfergesellschaft hatte
die Bundesregierung angeboten, technische Hilfestel-
lung durch die Anweisung eines KfW-Kredits zur Finan-
zierung des Arbeitgeberanteils zur Durchführung einer
Transfergesellschaft zu leisten. Voraussetzung dafür
wäre allerdings gewesen, dass die Länder die Bürgschaft
für den KfW-Kredit übernommen hätten, denn im Um-
gang mit Finanzierungsanfragen von Unternehmen in
Schwierigkeiten gibt es klare Absprachen und eine in der
Vergangenheit regelmäßig geübte Praxis zwischen Bund
und Ländern. Danach ist das Land, in dem das Unterneh-
men seinen Sitz hat, Ansprechpartner und Koordinator
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 13. Juni 2012 21841
(A) (C)
(D)(B)
in Finanzierungsfragen zwischen den betroffenen Län-
dern.
Allerdings kann die Bundesagentur für Arbeit die
ehemaligen Schlecker-Mitarbeiterinnen auch ohne eine
Transfergesellschaft bei ihrer Suche nach einer neuen
Beschäftigung gut unterstützen. Sollte eine unmittelbare
Vermittlung in eine neue Beschäftigung nicht gelingen,
stehen die Instrumente der aktiven Arbeitsförderung,
insbesondere die Teilnahme an einer beruflichen Weiter-
bildung oder an einer Maßnahme zur Aktivierung und
beruflichen Eingliederung zur Verfügung. Durch eine
gezielte Weiterbildungsförderung können festgestellte
Qualifikationsdefizite, die eine Wiedereingliederung in
den Arbeitsmarkt erschweren, beseitigt werden. Für Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne Berufsab-
schluss kann auch das Nachholen eines Berufsabschlus-
ses gefördert werden. Die Voraussetzungen für eine
individuelle Unterstützung der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer durch die Agenturen für Arbeit sind daher
gegeben.
Anlage 19
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Peter Bleser auf die Fragen der
Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9888, Fragen 30 und 31):
Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus dem
Report „Schlecht beraten: Gentechnik-Lobbyisten dominieren
Expertengremium“, in welchem die Unabhängigkeit von Bun-
deseinrichtungen bzw. deren Kommissionen angezweifelt
wird, und welche Konsequenzen wird sie einleiten?
Wie will die Bundesregierung zukünftig sicherstellen, dass
die Expertengremien von Bundesbehörden, welche mit der
Risikobewertung und Forschungsförderung von gentechnisch
veränderten Pflanzen beauftragt sind, unabhängig und unter
Einbezug von Verbraucher- und Umweltschutzsachverstand
arbeiten können?
Zu Frage 30:
Der von Ihnen, Frau Kollegin, genannte Report trägt
den Untertitel „Schwere Interessenkonflikte beim Bun-
desinstitut für Risikobewertung, BfR“. Auf diesen geäu-
ßerten Vorwurf möchte ich gerne antworten.
Das BfR ist eine unabhängige wissenschaftliche Ein-
richtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums
für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz,
BMELV. Es betreibt auf der Grundlage eines eigenen Er-
richtungsgesetzes eigene Forschung und berät die Bun-
desregierung und die Bundesländer zu Fragen der Le-
bensmittel-, Chemikalien- und Produktsicherheit. Die in
dem Report kritisierten externen Sachverständigen bera-
ten das BfR lediglich. In keinem Fall treffen sie amtliche
Entscheidungen oder führen wissenschaftliche Bewer-
tungsarbeit durch. Die BfR-Kommission für genetisch
veränderte Lebens- und Futtermittel nimmt also keine
amtliche Kontrollfunktion wahr.
Das BfR arbeitet und entscheidet, wie gesetzlich fest-
gelegt, ausschließlich aufgrund eigener Expertise und in
eigener Verantwortung. BfR-Mitarbeiter haben in den
Kommissionen ausdrücklich kein Stimmrecht, sodass
die Beratungsarbeit der Kommissionen vollständig von
den behördlichen Bewertungsabläufen getrennt ist.
Diese Grundsätze gelten für alle 15 Expertenkommissio-
nen des BfR. Die Arbeiten des BfR genießen national,
innerhalb der EU und international hohe Anerkennung.
Zu Frage 31:
Mitglieder der 15 BfR-Kommissionen werden nach
objektiven und transparenten Kriterien ausschließlich
aufgrund ihrer wissenschaftlichen Exzellenz, ihrer
Kompetenz und ihrer Fachkenntnisse ausgewählt. Diese
ehrenamtlichen Positionen werden nach einem öffent-
lichen Ausschreibungsverfahren vergeben, in dem es je-
dem Experten weltweit freisteht, sich aufgrund seiner
fachlichen Selbsteinschätzung zu bewerben. Das Verfah-
ren ist offen gestaltet und adressiert ausdrücklich nicht
nur Fachleute aus Universitäten und Forschungseinrich-
tungen, sondern auch Vertreter der Verbraucher- und
Umweltschutzorganisationen, der Industrie und der
Behörden, um in fachlicher Breite und Tiefe den wissen-
schaftlichen Beratungsbedarf des BfR zu decken. Mit
diesem Verfahren wird erreicht, dass die genannten
Bereiche auch in der Kommission vertreten sind.
Anlage 20
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage
der Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9888, Frage 35):
Kann die Bundesregierung ausschließen, dass das Kentern
des Fischerbootes „Beluga“, das sich seit dem 17. März 1999
auf dem Weg nach Bornholm befand und infolgedessen drei
erfahrene Seeleute den Tod auf einem der damals modernsten
Schiffe der Fischfangflotte Sassnitz fanden, nicht in einem Zu-
sammenhang mit dem Testen von U-Booten der Dolphin-Klasse
stand, die über Stealth-Eigenschaften verfügen und an Israel
ausgeliefert werden sollten (vergleiche www.haaretz.com/news/
diplomacy-defense/israel-gets-fourth-dolphin-class-submarine-
from-germany-1.428039), und trifft es zu, dass unmittelbar
vor dem Kentern des Schiffes vor dem Hintergrund des statt-
findenden Seemanövers „Jaguar“ unter anderem in Vorberei-
tung auf den Kosovo-Krieg in diesem Gebiet Radarsignale er-
probt bzw. verfremdet ausgesandt wurden?
Dem Bundesministerium der Verteidigung liegen keine
Erkenntnisse über mögliche Zusammenhänge zwischen
dem Kentern des Fischereibootes „Beluga“ und den Tests
von U-Booten der Dolphin-Klasse oder einem gleichzei-
tig durchgeführten Seemanöver „Jaguar 1999“ vor.
Anlage 21
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage
der Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9888, Frage 36):
Mit welchem Auftrag und Ziel wurde die Fregatte „Bre-
men“ bis 29. Mai 2012 im Arabischen Meer eingesetzt, und
welche Maßnahmen waren bei diesem Einsatz vorgesehen für
den Fall, dass Boote gesichtet würden, die im Verdacht ste-
hen, gegen die UN-Sanktionen gegen den Iran zu verstoßen
oder im Rahmen der Bekämpfung des Terrorismus relevant zu
sein?
21842 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 13. Juni 2012
(A) (C)
(D)(B)
Die Fregatte „Bremen“ gehört seit dem 19. Mai 2012
zum deutschen Einsatzkontingent im Rahmen der EU-
geführten Operation Atalanta zur Bekämpfung der Pira-
terie vor der Küste Somalias. Maßnahmen im Zusam-
menhang mit VN-Sanktionen gegen den Iran oder der
Bekämpfung von Terrorismus sieht das Atalanta-Mandat
nicht vor.
Anlage 22
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage
der Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Frage 37):
Ist die Bereitstellung von Personal für die Familienbetreu-
ungsstellen der Bundeswehr den jeweilig zuständigen Trup-
penteilen freigestellt, und wie wird das dann eingesetzte Per-
sonal fachlich auf seine neue Funktion vorbereitet?
Familienbetreuungsstellen werden durch die kontin-
gentstellenden Truppenteile in den Standorten mit
nebenamtlichem Personal für die Dauer des Einsatzes
aufgestellt und fachlich einem Familienbetreuungszen-
trum zugeordnet. Die Festlegung der Anzahl und die
Auswahl des geeigneten Personals für die Familienbe-
treuungsstelle trifft der/die zuständige Vorgesetzte des
kontingentstellenden Truppenteils.
Das ausgewählte Personal wird durch das zuständige
Familienbetreuungszentrum in die zukünftigen Aufga-
ben eingewiesen. Grundsätzlich besteht das Angebot,
dass das für den Einsatz in einer Familienbetreuungs-
stelle vorgesehene Personal am Grundlagenlehrgang der
Familienbetreuungsorganisation teilnimmt.
Daneben hat das Leit-Familienbetreuungszentrum
beim Einsatzführungskommando der Bundeswehr eine
Grundsatzweisung für die Familienbetreuungsorganisa-
tion herausgegeben, in der die durch eine Familienbe-
treuungsstelle wahrzunehmenden Aufgaben beschrie-
ben werden.
Anlage 23
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage
der Abgeordneten Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Frage 38):
Welches Wirkungsspektrum – kinetisch und nichtkine-
tisch – deckt die Anfangsbefähigung der Bundeswehr für An-
griffe auf gegnerische Netze ab, und in welchem Umfang ist
eine Beteiligung des Deutschen Bundestages bei der Entschei-
dung über einen digitalen Angriff nach Ansicht der Bundes-
regierung erforderlich, insbesondere wenn dieser nicht im
Rahmen eines bereits mandatierten Einsatzes erfolgen soll?
Die Fähigkeit der Bundeswehr bezieht sich auf digi-
tale Angriffe. Die erzielbaren Effekte würden einer Ein-
zelfallbetrachtung unterliegen und sich nach Bedrohung,
anzugreifendem Ziel und Auftrag im jeweiligen Fall
richten. Sie sind daher aufgrund der laufenden ständig
anzupassenden Entwicklung nicht generalisierbar.
Die Zustimmung des Deutschen Bundestages ist nach
§ 1 Abs. 2 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes bei jedem
Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte außerhalb des
Geltungsbereiches des Grundgesetzes erforderlich.
Sollte der Einsatz von Computernetzwerkoperations-
kräften, CNO-Kräften, der Bundeswehr bei Auslands-
einsätzen konkret geplant werden, so würden die für den
Einzelfall erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen
und Grundlagen beachtet werden.
Anlage 24
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage
der Abgeordneten Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Frage 39):
Wann wird abschließend über das Nachfolgesystem der
Drohnen vom Typ IAI Heron entschieden, und was ist der ak-
tuelle Stand in der Erwägung, unbemannte Luftfahrzeuge vom
Typ Predator B zu beschaffen?
Als Ergebnis einer Bewertung der marktverfügbaren
Nachfolgesysteme für das unbemannte Luftfahrzeug
Heron 1 wurde entschieden, ein Angebot für die Be-
schaffung von unbemannten Luftfahrzeugen Predator B
einzuholen. Eine endgültige Beschaffungsentscheidung
kann jedoch erst nach erfolgreicher Prüfung des Ange-
bots getroffen werden, die voraussichtlich im III. Quartal
2012 erfolgen wird.
Anlage 25
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die
Frage des Abgeordneten Richard Pitterle (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9888, Frage 41):
Aus welchem Grund erfolgt nach dem Entwurf eines Ge-
setzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs in der Aus-
schussfassung auch weiterhin keine Berücksichtigung von
Ausgaben für die private Krankenversicherung nach § 2 f
Abs. 1, die ebenfalls negativ als Zahlungsmittelabflüsse das
Nettoeinkommen berühren und damit mindernd auf die Be-
messungsgrundlage des Elterngeldes wirken würden, und
zählen zu den Einnahmen nach § 2 c Abs. 1 auch Sachbezüge
und steuerfreie Einnahmen?
Der Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des
Elterngeldvollzugs soll auch im Interesse der Elterngeld-
berechtigten dazu beitragen, dass Anträge einfacher von
den Elterngeldstellen bearbeitet werden können. Kon-
zeptionelle Änderungen am Elterngeld sieht er nicht vor.
Nach der bisherigen Gesetzeslage sind bei der Eltern-
geldberechnung nur die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen
Sozialversicherung in Abzug zu bringen. Beiträge zur
privaten Krankenversicherung werden schon nach der
bisherigen Rechtslage nicht vom Bruttoeinkommen ab-
gezogen. Dies rechtfertigt sich aus der Erwägung, dass
diese Beiträge im Unterschied zu den Pflichtbeiträgen in
die gesetzliche Sozialversicherung auch während des El-
terngeldbezugs weiter zu entrichten sind.
Das dadurch gegenüber Pflichtversicherten erhöhte
Nettoeinkommen wird der Berechnung des Elterngeld-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 13. Juni 2012 21843
(A) (C)
(D)(B)
anspruchs zugrunde gelegt. Insofern werden die wäh-
rend der Elterngeldbezugszeit zu entrichtenden privaten
Krankenversicherungsbeiträge durch den sich aus dem
höheren Nettoeinkommen ergebenden erhöhten Eltern-
geldanspruch systemgerecht teilweise kompensiert.
Die Frage, welche Einnahmen bei der Elterngeldbe-
rechnung berücksichtigt werden, bestimmt sich nach
dem Regelungsentwurf zur Vereinfachung des Eltern-
geldvollzugs grundsätzlich nach § 2 Abs. 1 Satz 3
BEEG-Entwurf.
Dementsprechend werden – wie bisher – auch Sach-
bezüge bei der Einkommensermittlung berücksichtigt,
wenn sie steuerlich Erwerbseinkünfte darstellen und
keine sonstigen Bezüge darstellen, die elterngeldrecht-
lich nicht berücksichtigt werden.
Steuerfreie Einnahmen sind nach dieser Begriffsbe-
griffsbestimmung hingegen – ebenfalls wie bisher –
nicht zu berücksichtigen, da sie nicht zu den Erwerbsein-
künften nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 des Ein-
kommensteuergesetzes gehören.
Anlage 26
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Frage des Abgeordneten Hans-Joachim Hacker (SPD)
(Drucksache 17/9888, Frage 48):
Wie ist der Stand bei der Erarbeitung einer Verordnung für
ein Qualitätssicherungssystem für Fahrschulen gemäß § 34
Abs. 4 des Fahrlehrergesetzes, und wann ist mit deren Erlass
zu rechnen?
Schon heute ist es für alle Fahrlehrer möglich, sich ei-
nem Qualitätssicherungssystem anzuschließen. Große
Teile der Fahrlehrerschaft haben sich gegen einen von
der Bundesregierung erarbeiteten Verordnungsentwurf
ausgesprochen, da die Bundesländer nicht bereit sind,
auch bei Vorliegen eines von ihnen genehmigten Quali-
tätssicherungssystems von der wiederkehrenden Über-
wachung der Fahrschulen abzusehen. Zudem sind nach
Angaben der Fahrlehrerschaft nur circa 5 bis 7 Prozent
aller Fahrlehrer überhaupt an einem von der zuständigen
Landesbehörde genehmigten Qualitätssicherungssystem
interessiert, sodass die Schaffung einer entsprechenden
Verordnung auch unter dem Gesichtspunkt der Verhält-
nismäßigkeit keinen Sinn macht.
Anlage 27
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Frage des Abgeordneten Hans-Joachim Hacker (SPD)
(Drucksache 17/9888, Frage 49):
Welchen Arbeitsstand hat die Bundesregierung bei der Be-
arbeitung des Eckpunktepapiers der Bund-Länder-Arbeits-
gruppe „Reform des Fahrlehrerrechts“ erreicht, und wann
wird sie den Entwurf einer Novelle zum Fahrlehrergesetz dem
Deutschen Bundestag zuleiten?
Die Bundesregierung war an der Erarbeitung des von
der Verkehrsministerkonferenz beschlossenen Eckpunk-
tepapiers beteiligt und beabsichtigt, die dort aufgeführ-
ten Vorschläge – soweit rechtlich möglich – für die Re-
form des Fahrlehrerrechts aufzugreifen.
Erste Vorbereitungen zur Reform des Fahrlehrergeset-
zes laufen. Ein genauer Terminplan steht noch nicht fest.
Anlage 28
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Frage des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Frage 50):
Wann wird die Bundesregierung die 2011 überarbeitete
Eurovignettenrichtlinie, mit der externe Umweltkosten, die
durch Luftverschmutzung, Lärm und Staus durch Lkw entste-
hen, in die Mauterhebung einbezogen werden können, in na-
tionales Recht umsetzen, und gibt es Überlegungen der Bun-
desregierung, in die Internalisierung der externen Kosten des
Verkehrs auch die Flächenversiegelung einzubeziehen?
Die Richtlinienänderung 2011/76/EU enthält keine
zusätzlichen verpflichtenden Maßnahmen, die einer na-
tionalen Umsetzung bedürften. Es müssen die entspre-
chenden Verweise auf die Eurovignettenrichtlinie, die im
Bundesfernstraßenmautgesetz enthalten sind angepasst
sowie eine marginale Anpassung des Anwendungsbe-
reichs vorgenommen werden. Die Umsetzungsfrist hier-
für läuft noch bis zum 16. Oktober 2013. Die Umsetzung
der Änderungen wird im Rahmen der Gesetzgebung zum
Europäischen Elektronischen Mautdienst geschehen.
Gemäß der Eurovignettenrichtlinie ist die Flächenver-
siegelung kein möglicher Bestandteil der Internalisie-
rung der externen Kosten des schweren Lkw-Verkehrs.
Anlage 29
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Frage des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Frage 51):
Hält die Bundesregierung, trotz der Rüge durch die Euro-
päische Kommission, daran fest, ab 2015 die Interoperabilität
im Bahnverkehr durch STM – Specific Transmission
Modules – zu gewährleisten, und wann ist mit der Zulassung
von STM zu rechnen?
Die Bundesregierung misst der Interoperabilität des
Eisenbahnsystems aus mehreren Gründen eine beson-
dere Bedeutung bei. Die Stärken des umweltfreundli-
chen Verkehrssystems Eisenbahn können sich besonders
auf große Entfernungen entfalten, sodass insbesondere
im Güterverkehr europaweite Transporte noch in we-
sentlich größerem Umfang auf der Schiene abgewickelt
werden sollten. Äußerst hinderlich ist aber, dass nahezu
jeder Mitgliedstaat der europäischen Gemeinschaft sein
eigenes Zugsicherungssystem hat – bestehend aus zu-
sammenwirkenden Fahrweg- und Fahrzeugeinrichtun-
gen – und dass alle diese nationalen Systeme untereinan-
der inkompatibel sind. Daher gab es die Entscheidung,
mit dem European Rail Traffic Management System,
ERTMS, eine neue und harmonisierte Technik gemein-
sam für alle Eisenbahnen zu entwickeln. So hatte
21844 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 13. Juni 2012
(A) (C)
(D)(B)
Deutschland sich auch verpflichtet, vier aufkommens-
starke Korridore mit ERTMS auszurüsten, und daran
hält die Bundesregierung auch weiterhin fest. Schwierig-
keiten wirft aber die Finanzierung auf, weil die verfüg-
baren Mittel eine rechtzeitige Fertigstellung nicht erlau-
ben. Ferner ist wegen unterschiedlicher Versionen die
europaweite Kompatibilität bei ERTMS nicht sicherge-
stellt. Daher muss die Realisierung erheblich gestreckt
werden. Alternativ zur Infrastrukturausrüstung eröffnen
STM für ERTMS-Lokomotiven als kostengünstige
Übergangslösung die Möglichkeit, termingerecht schon
Strecken zu befahren, die noch nicht mit ERTMS ausge-
rüstet werden konnten.
Es befinden sich jetzt bereits zugelassene STM auf
dem Markt und im Betriebseinsatz, obwohl erst ab 2015
die Verpflichtung zur ERTMS-Ausrüstung bestimmter
Korridore oder Korridorabschnitte besteht. Der Bundes-
regierung ist nicht bekannt, ob weitere Hersteller die Zu-
lassung von STM zu beantragen beabsichtigen.
Anlage 30
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Frage des Abgeordneten Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Frage 52):
Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die
technischen Probleme am 31. Mai 2012 bei der S-Bahn Nürn-
berg, bei der sich eine der Türen im neuen Zug „Talent 2“ der
Firma Bombardier Transportation GmbH während der Fahrt
selbstständig geöffnet und geschlossen hat, und welche Aus-
wirkungen sind für den bundesweit geplanten Einsatz dieses
dringend benötigten Zugtyps zu erwarten, der erst jüngst mit
rund 18 Monaten Verspätung wegen der zunächst verweiger-
ten Zulassung durch das Eisenbahn-Bundesamt zum Einsatz
kommen konnte?
Die Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle des Bun-
des hat die Untersuchungen des als sicherheitsrelevante
Störung eingestuften Vorfalls aufgenommen und die Si-
cherheitsbehörde Eisenbahn-Bundesamt hat Kenntnis
von dem Vorfall erhalten. An der Tür des Fahrzeugs lag
ein technischer Defekt der Türlage-Endschalter vor; eine
betriebliche Anweisung sollte den sicheren Betrieb ge-
währleisten.
Anlage 31
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Frage der Abgeordneten Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Frage 53):
Welchen Stand hat die Neuklassifizierung der Bundeswas-
serstraßen angesichts der Proteste aus den ostdeutschen Bun-
desländern erreicht, und welchen Wasserstraßenklassen sollen
die Bundeswasserstraßen auf Brandenburger Gebiet nach ak-
tuellem Stand zugeordnet werden?
Das vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung, 14 Bundesländern und dem Bundes-
verband öffentlicher Binnenhäfen beauftragte Gutach-
ten zu alternativen Kriterien und zur Bewertung der Ka-
tegorisierung des Netzes der Bundeswasserstraßen liegt
mittlerweile vor. Aufgrund der gewählten Methodik,
transportierte Gütertonnen x Clusterwert der erreichba-
ren Wirtschaftszentren, gehören, mit Ausnahme der aus-
schließlich wassertouristisch genutzten Bundeswasser-
straßen, alle Bundeswasserstraßen in Brandenburg dem
sogenannten Kernnetz bzw. dem ergänzenden Kernnetz
an. Das Gutachten enthält allerdings keine Aussagen zu
den Standards und Prioritäten des Ausbaus und zur In-
tensität von Betrieb und Unterhaltung. Im Rahmen der
WSV-Reform werden deshalb die Prioritäten und Stan-
dards vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung auf der Basis des Gutachtens festge-
legt. Der Deutsche Bundestag wird in Kürze umfassend
informiert.
Anlage 32
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Frage der Abgeordneten Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Frage 54):
Wie werden Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit der Er-
satz- und Ausgleichsmaßnahmen für den geplanten Bau der
Autobahn 14 gewährleistet, und ist die rechtliche Verfügbar-
keit der Maßnahmeflächen nach § 17 Abs. 4 des Bundesnatur-
schutzgesetzes sichergestellt?
Die für einzelne Abschnitte der A 14, Magdeburg–
Wittenberge–Schwerin zum Teil vorliegenden Planfest-
stellungsbeschlüsse schließen aufgrund der Konzentra-
tionswirkung auch Regelungen nach dem Bundesnatur-
schutzgesetz ein.
Auf Grundlage des Bundesnaturschutzgesetzes kön-
nen von vornherein nur solche Kompensationsmaßnah-
men planfestgestellt werden, die die beeinträchtigten
Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger oder in
gleichwertiger Weise und die das Landschaftsbild land-
schaftsgerecht wiederherstellen oder neu gestalten. Zu-
sammen mit der kraft Gesetzes bestehenden Pflicht,
Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in dem jeweils erfor-
derlichen Zeitraum zu unterhalten (§ 15 Abs. 4 Bundes-
naturschutzgesetz), wird die Dauerhaftigkeit und Nach-
haltigkeit gewährleistet.
Mit Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses
können die Flächen, die für Ausgleichs- und Ersatzmaß-
nahmen benötigt werden, nicht mehr von anderen Infra-
strukturmaßnahmen überplant und genutzt werden.
Hinzu kommt, dass der Bund in der Regel diese Flächen
erwirbt, wodurch verhindert wird, dass Dritte auf die
Fläche zugreifen können. In den Fällen, in denen der
Bund die Flächen nicht erwirbt, beispielsweise weil der
Eigentümer die bisherige Nutzung aufrechterhalten soll
und nur die Art und Weise der Bewirtschaftung ändern
soll, wird in der Regel durch Eintragung einer Dienstbar-
keit in das Grundbuch sichergestellt, dass die Fläche
dauerhaft als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme zur Ver-
fügung steht.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 13. Juni 2012 21845
(A) (C)
(D)(B)
Anlage 33
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Fragen der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Fra-
gen 55 und 56):
Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung aus der
Machbarkeitsstudie zum geplanten Elbtunnel an der A 20, vor
allem in Bezug auf die Kostenentwicklung zwischen den ver-
schiedenen Betreibermodellen?
Aus welchen Gründen wird der Öffentlichkeit der Zugang
zur genannten Machbarkeitsstudie verweigert?
In Abstimmung mit den betroffenen Landesverwal-
tungen Schleswig-Holstein und Niedersachsen wird der-
zeit im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung, BMVBS, eine mehrstufige
Untersuchung bis hin zu einer vorläufigen Wirtschaft-
lichkeitsuntersuchung für eine mögliche Realisierung
der Elbquerung bei Glückstadt im Zuge der A 20 als öf-
fentlich-private Vertragspartnerschaft, ÖPP, durchge-
führt.
Die erste Stufe der Untersuchung ist eine sogenannte
Eignungsabschätzung. Diese soll ergebnisoffen die
Eignung als ÖPP-Projekt, zum Beispiel A-Modell,
Mischmodell, Verfügbarkeitsmodell, F-Modell, unter
Berücksichtigung verschiedener Randbedingungen, zum
Beispiel Höhe der Anschubfinanzierung, Berücksichti-
gung vor- und nachgelagerter Strecken, Vertragslaufzeit,
abschätzen. Ein erster Entwurf dieser Eignungsabschät-
zung liegt dem BMVBS vor und wird derzeit sorgfältig
im BMVBS geprüft; auch die betroffenen Landesauf-
tragsverwaltungen würdigen diesen Arbeitsstand. Die
endgültige Fassung der Untersuchung wird erst noch
erstellt. Erst nach Prüfung der endgültigen Eignungsab-
schätzung und nach Abstimmung mit den betroffenen
Ländern wird der Bund voraussichtlich im Herbst 2012
über den Fortgang der Studie und ihre geeignete Kom-
munikation und vor allem über die weiteren Schritte zur
Realisierung der Elbquerung entscheiden. Denn der
Bund betrachtet die Fertigstellung der A 20 weiterhin als
wichtiges Infrastrukturprojekt für die Seehafenhinter-
landanbindung. Bis vor kurzem vertraten auch alle nord-
deutschen Länder diese Auffassung. Die Veröffentli-
chung eines Entwurfsstands ist unüblich und erfolgt
daher auch nicht bei der Eignungsabschätzung zur A 20.
Auch die Erörterung einzelner Aspekte – wie die angeb-
liche Kostenerhöhung – ist im derzeitigen Verfahrenssta-
dium nicht zielführend.
Anlage 34
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Frage der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann (DIE
LINKE) (Drucksache 17/9888, Fragen 57):
In welchem Umfang hat der Aufsichtsrat der Flughafen
Berlin Brandenburg GmbH, BER, externe Controlling-
Berichte zum Fortgang der Bauarbeiten in Auftrag gegeben
oder diese erhalten, und wie wurden diese in den Sitzungen
des Aufsichtsrates ausgewertet?
Die operative Verantwortlichkeit für das Controlling
obliegt der Geschäftsführung der Flughafen Berlin Bran-
denburg GmbH, FBB. Der Aufsichtsrat unterliegt dem
Geschäftsführungsverbot gemäß den gesellschaftsrecht-
lichen Voraussetzungen. Vor diesem Hintergrund erfolgte
die Kontrolle des Projektfortschritts durch den Auf-
sichtsrat – auch über die regelmäßigen Controlling-
Berichte – über die Berichterstattung der Geschäftsfüh-
rung.
Anlage 35
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Frage der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann (DIE
LINKE) (Drucksache 17/9888, Frage 58):
Inwieweit entsprechen die zum passiven Lärmschutz beim
BER bewilligten Schallschutzfenster nicht den Vorgaben des
geltenden Planfeststellungsbeschlusses (vergleiche den
Tagesspiegel vom 30. Mai 2012), und was wird die Bundes-
regierung unternehmen, um noch vor der geplanten Inbe-
triebnahme des BER im März 2013 regelkonforme Schall-
schutzfenster einzusetzen?
Die Vollzugskontrolle hinsichtlich der Umsetzung der
Vorgaben des geltenden Planfeststellungsbeschlusses zu
den passiven Schallschutzmaßnahmen liegt im Zustän-
digkeitsbereich der Genehmigungsbehörde des Landes
Brandenburg, des Ministeriums für Infrastruktur und
Landwirtschaft.
Anlage 36
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Fragen der Abgeordneten Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Fragen 59 und 60):
Auf welcher gesetzlichen Grundlage beruht die von der
Hessischen Landesregierung durchgeführte sogenannte Plan-
klarstellung zur Umsetzung des Urteils des Bundesverwal-
tungsgerichts Leipzig zum Nachtflugverbot am Frankfurter
Flughafen, und wie bewertet die Bundesregierung dieses Ver-
fahren?
Ist nach Ansicht der Bundesregierung mit dieser soge-
nannten Planklarstellung Rechtssicherheit geschaffen worden,
oder geht die Bundesregierung wie viele juristische Meinun-
gen ebenfalls davon aus, dass dieses Verfahren eine neuerli-
che Klagewelle nach sich ziehen wird?
Zu Frage 59:
Die hessische Planfeststellungsbehörde hat mitgeteilt,
dass die Anpassung der Flugbetriebsbeschränkung des
Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Verkehrs-
flughafens Frankfurt/Main vom 18. Dezember 2007 an
das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 4. April
2012 (BVwG 4 C 8.09 unter anderem) im Wege der Teil-
rücknahme der in Teil A II 4.1 Sätzen 1 und 2 sowie
Teil A II 4.1.2 im vorstehend genannten Planfeststel-
lungsbeschluss verfügten Betriebsregelung erfolgt ist.
Die Planfeststellungsbehörde hat in eigener Zustän-
digkeit den eingeschlagenen Weg zur rechtlichen Klar-
stellung bewertet und durchgeführt.
21846 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 13. Juni 2012
(A) (C)
(D)(B)
Zu Frage 60:
Die Beurteilung der Rechtssicherheit ist ebenfalls
Aufgabe der Planfeststellungsbehörde.
Anlage 37
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Fragen des Abgeordneten Sören Bartol (SPD) (Druck-
sache 17/9888, Fragen 62 und 63):
Schließt die Bundesregierung aus, dass durch die Einfüh-
rung des Betreuungsgeldes die Anzahl der Leistungsbezieher
des Wohngeldes und damit die Ausgaben des Bundes für das
Wohngeld steigen werden, und hat Bundesminister Dr. Peter
Ramsauer den Leitungsvorbehalt bei der Ressortabstimmung
über den Gesetzentwurf zur Einführung eines Betreuungsgel-
des in Deutschland unter Bezugnahme auf mögliche Haus-
haltsrisiken bei der Finanzierung des Wohngeldes im Einzel-
plan 12 des Bundeshaushalts persönlich abgezeichnet?
Mit welcher Begründung hat das Bundesministerium für
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bei der Ressortabstim-
mung über den Gesetzentwurf zur Einführung eines Betreu-
ungsgeldes in Deutschland einen sogenannten Leitungsvorbe-
halt unter Bezugnahme auf mögliche Haushaltsrisiken bei der
Finanzierung des Wohngeldes im Einzelplan 12 des Bundes-
haushalts eingelegt, und warum ist der Leitungsvorbehalt
nach der öffentlichen Presseberichterstattung wieder zurück-
gezogen worden?
Bundesminister Dr. Peter Ramsauer hat stets betont,
dass er die Einführung des Betreuungsgeldes begrüßt. Die
Bundesregierung geht davon aus, dass im Zuge der Ein-
führung des Betreuungsgeldes Leistungsberechtigte nach
dem SGB II in das Wohngeld wechseln werden. Damit
werden voraussichtlich auch die Ausgaben des Bundes für
das Wohngeld steigen. Sein Leitungsvorbehalt wurde
lediglich mit den zu erwartenden Mehrkosten beim
Wohngeld begründet. Der deshalb zunächst eingelegte Lei-
tungsvorbehalt wurde im Laufe der üblichen Ressortbe-
sprechungen zurückgenommen, nachdem das BMF zuge-
sichert hat, dass der Einzelplan 12 durch die Einführung
des Betreuungsgeldes bezüglich der Veranschlagung für
das Wohngeld nicht zusätzlich belastet wird.
Anlage 38
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Frage 64):
Aus welchen Gründen muss erst noch entschieden werden,
ob einige der Einrichtungen, die laut der Antwort der Bundes-
regierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen zu Frage 4 auf Bundestagsdrucksache 17/8564
„nach bisheriger Einschätzung“ einbezogen werden sollten
– insbesondere die Hauptabteilung Dekontaminationsbetriebe
in Karlsruhe und das Zwischenlager Mitterteich –, im soge-
nannten Stresstest der Entsorgungskommission für Zwischen-
lager und andere Atomanlagen zur Ver- und Entsorgung unter-
sucht werden oder nicht – bitte mit Angabe der Argumente,
die nach jetzigem Stand dagegensprechen –, und wie lautet
der aktuelle Zeitplan für diesen „Stresstest“ inklusive der da-
zugehörigen oben genannten Entscheidungsfindung, bitte mit
Angabe aller bislang geplanten Beratungsdaten, Fristen, Mei-
lensteine etc.?
In der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine
Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Frage 4
(Bundestagsdrucksache 17/8564) wurde dargelegt, dass
die Entsorgungskommission, ESK, zwei Kriterien,
107fache Freigrenze für offene radioaktive Stoffe,
1010fache Freigrenze für umschlossene radioaktive
Stoffe, für die Einbeziehung von Einrichtungen in den
Stresstest festgelegt hat. Die entsprechenden Einrichtun-
gen waren von den Ländern zu benennen. Zum Zeit-
punkt der Beantwortung genannter Kleinen Anfrage,
7. Februar 2012, lagen die entsprechenden Antworten
der Länder noch nicht vor, sodass die Entscheidung,
welche Anlagen auf der Grundlage der genannten Krite-
rien in den Stresstest einzubeziehen sind, noch nicht ge-
troffen werden konnte.
Zwischenzeitlich sind diese Entscheidungen getrof-
fen; sowohl die Hauptabteilung Dekontaminationsbe-
triebe als auch das Zwischenlager Mitterteich werden in
die weiteren Betrachtungen einbezogen.
Für den Stresstest für Anlagen der Versorgung sowie
Anlagen und Einrichtungen der Entsorgung, das heißt
Zwischenlager für bestrahlte Brennelemente und hoch-
radioaktive Abfälle, die Pilotkonditionierungsanlage,
Verglasungseinrichtung und Wiederaufarbeitungsanlage
Karlsruhe sowie Anlagen der Versorgung, wurde die
Frageliste der ESK mit Schreiben vom 30. Mai 2012 an
die Länder übermittelt mit der Bitte um Rücksendung
der Antworten bis zum 17. August 2012.
Eine Frageliste der ESK für den Stresstest für die An-
lagen und Einrichtungen zur Zwischenlagerung von
schwach- und mittelradioaktiven Abfällen in konditio-
nierter und unkonditionierter Form und zur Konditionie-
rung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen wird
den Ländern in Kürze übermittelt werden.
Es wird angestrebt, bei den Stresstests noch im Jahr
2012 zu den wesentlichen Ergebnissen zu kommen.
Anlage 39
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Frage 65):
Welche Bundesländer neben Bayern und Sachsen zählen
aus Sicht der Bundesregierung zu den von dem tschechischen
Atomkraftwerksvorhaben Temelin 3 und 4 möglicherweise
bzw. voraussichtlich betroffenen Gebieten in Deutschland
– bitte mit Begründung/Herleitung in Abgrenzung zu den an-
deren Bundesländern –, und wer ist im laufenden grenzüber-
schreitenden Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren zu
Temelin 3 und 4 die „zuständige deutsche Behörde“ bei einem
Konfliktfall eines deutschen Einwenders, der aus einem ande-
ren deutschen Bundesland als Sachsen und Bayern stammt
(vergleiche Antwort zu Frage 8, letzter Absatz auf Bundes-
tagsdrucksache 17/9832; bitte ebenfalls mit Begründung)?
Aufgrund von § 9 b des Gesetzes über die Umwelt-
verträglichkeitsprüfung, UVPG, in Verbindung mit § 24
Abs. 2 Atomgesetz, AtG, handeln in dem laufenden
Umweltverträglichkeitsverfahren zu dem Kernkraft-
werksprojekt Temelin 3 und 4 die obersten Landesbehör-
den von Bayern und Sachsen als zuständige deutsche
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 13. Juni 2012 21847
(A) (C)
(D)(B)
Behörden. Im Rahmen ihrer Zuständigkeit haben sich
die obersten Landesbehörden dieser Länder jeweils in
eigener Verantwortung dafür entschieden, sich an der
grenzüberschreitenden UVP zu dem Kernkraftwerks-
projekt Temelín 3 und 4 zu beteiligen.
Sollte es bei der grenzüberschreitenden UVP zu dem
Kernkraftwerksprojekt Temelin 3 und 4 zu „einem Kon-
fliktfall eines deutschen Einwenders“ kommen, würde es
zu den Aufgaben des Bayerischen Staatsministeriums
für Umwelt und Gesundheit sowie des Sächsischen
Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft ge-
hören, mit der zuständigen Behörde des Nachbarstaates
Kontakt aufzunehmen.
Anlage 40
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Fragen
des Abgeordneten Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Fragen 66 und 67):
Wie bewertet die Bundesregierung die Empfehlung des
Sachverständigenrates für Umweltfragen, der in seinem
jüngsten Umweltgutachten für eine Anhebung des europäi-
schen Klimaziels von derzeit minus 20 Prozent auf minus
30 Prozent plädiert, um mehr Anreize für eine erhöhte Ener-
gie- und Ressourceneffizienz zu schaffen, und wie bewertet
die Bundesregierung die Empfehlung, dass sich die Kriterien
für die kostenlose Verteilung von Emissionszertifikaten zu-
künftig an den technischen Potenzialen und nicht an histori-
schen Emissionen orientieren sollen?
Wird die Bundesregierung diesen Empfehlungen des
Umweltrates folgen, und was plant die Bundesregierung dies-
bezüglich?
Die Bundesregierung nimmt die Empfehlung des
Sachverständigenrates für Umweltfragen als wichtigen
Beitrag für die aktuelle Klimaschutzdebatte zur Kennt-
nis.
Die EU hat sich zu dem Ziel bekannt, die Emissionen
im Rahmen der nach Ansicht des Zwischenstaatlichen
Ausschusses für Klimaänderungen, IPCC, erforderlichen
Reduzierungen durch die Gruppe der Industrieländer bis
2050 um 80 bis 95 Prozent gegenüber dem Niveau von
1990 zu verringern.
Auf EU-Ebene wird derzeit diskutiert, auf welchem
Wege der Übergang in eine wettbewerbsfähige CO2-
arme Wirtschaft in einem langfristigen Prozess erreicht
werden kann.
Die EU verpflichtete sich zudem bereits 2007/2008
auf die Initiative „20-20-20“: Bis zum Jahr 2020 sollen
die Treibhausgasemissionen um 20 Prozent, gegebenen-
falls 30 Prozent (vergleiche ER-Beschlüsse), gesenkt,
der Anteil erneuerbarer Energieträger am Energiever-
brauch auf 20 Prozent und die Energieeffizienz um
20 Prozent gesteigert werden. Eine Anhebung des EU-
Klimaziels auf 30 Prozent trägt die Bundesregierung auf
Basis des nationalen 40-Prozent-Ziels dann mit, wenn
keine darüber hinausgehenden Emissionsminderungen
von Deutschland verlangt werden und alle EU-Mitglied-
staaten einen fairen Beitrag leisten.
Für die dritte Handelsperiode im EU-Emissionshan-
del ab 2013 ist eine kostenlose Zuteilung auf Basis an-
spruchsvoller produktbezogener Benchmarks vorgese-
hen. Diese leiten sich von der Durchschnittsleistung der
10 Prozent effizientesten Anlagen in Europa ab. Damit
wird sich die kostenlose Zuteilung künftig an den tech-
nisch-wirtschaftlichen Minderungspotenzialen orientie-
ren.
Anlage 41
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage
des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Frage 68):
Hat die Bundesregierung Kenntnis über die Höhe der
durchschnittlichen Vergütung pro Kilowattstunde für Wind-
energieanlagen an Land in Großbritannien, und wie hoch liegt
die durchschnittliche Vergütung für Windenergieanlagen an
Land in Deutschland?
Die durchschnittliche Vergütung in Deutschland ent-
spricht dem gewichteten Mittel des EEG-Tarifs für alle bis
2011 installierten Anlagen. Nach Berechnungen des
Fraunhofer-Institutes für System- und Innovationsforschung,
ISI, auf Basis des Anlagenregisters der BNetzA ergibt sich
hier eine durchschnittliche Vergütung von 8,92 Cent je Kilo-
wattstunde. Für im Jahr 2011 neu installierte Anlagen betrug
die Vergütung 9,51 Cent je Kilowattstunde.
Die durchschnittliche Vergütung in UK entspricht der
Summe aus Großhandelsstrompreis – 5,405 Cent je Kilo-
wattstunde in 2011 –, dem Preis für „Renewable Obliga-
tion Certificates, ROCs“ – 5,563 Cent je Kilowattstunde
in 2011 – sowie der Befreiung von der Stromsteuer „Cli-
mate Change Levy, CCL“ – 0,558 Cent je Kilowattstunde
in 2011. Somit betrug die durchschnittliche Gesamtvergü-
tung für Wind onshore im Jahr 2011 in UK 11,526 Cent je
Kilowattstunde, Berechnungen des ISI.
Anlage 42
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage
des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Frage 69):
Wie hoch sind die durchschnittlichen täglichen Kosten der
Marktprämie bzw. der Managementprämie, die bereits durch
die im Juni 2012 gemeldeten Erneuerbaren-Energien-Anlagen
entstehen, und welche Gesamtkosten erwartet die Bundesre-
gierung für dieses Jahr?
Nach Informationen der Übertragungsnetzbetreiber,
ÜNB, sind für den Monat Juni 22 817 Megawatt instal-
lierte Leistung für die Marktprämie angemeldet. Unter
der Bedingung, dass diese Mengen bis zum Jahresende
in der Marktprämie bleiben, die Mengen in den Monaten
Januar bis Mai geringer waren und bei Berücksichtigung
der von den ÜNB im Trendszenario der Mittelfristpro-
gnose 2012 bis 2016 angesetzten Vollbenutzungsstun-
den, belaufen sich die Kosten der Managementprämie
auf durchschnittlich rund 1,2 Millionen Euro pro Tag,
gut 3 Prozent der gesamten EEG-Differenzkosten.
21848 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 13. Juni 2012
(A) (C)
(D)(B)
Bei der Einführung der Marktprämie war klar, dass
im Vergleich zum Verkauf der EEG-Strommengen durch
die ÜNB an der Strombörse zusätzliche Kosten entste-
hen würden. Dem gegenüberzustellen sind allerdings
wegfallende Kosten der ÜNB bei der Wälzung des übri-
gen EEG-Stroms. Zusätzlich sieht das EEG eine starke
jährliche Absenkung der Managementprämie vor, bei
Wind und PV im Schnitt um etwa 16 Prozent pro Jahr.
Anders als bei den EEG-Vergütungen gilt dies auch für
Bestandsanlagen. Für eine Änderung der Management-
prämie bedarf es keiner Gesetzesänderung, da hierfür
eine Verordnungsermächtigung im EEG nach § 64 f
Abs. 3 besteht.
Wie sich die Gesamtkosten dieses Jahr entwickeln,
hängt von der weiteren Entwicklung der Direktvermark-
tung ab. Das Fraunhofer-Institut für System- und Inno-
vationsforschung, ISI, schätzt die in diesem Jahr über die
Marktprämie vermarktete Strommenge auf rund 57 Ter-
rawattstunden, was im Jahr 2012 zu Gesamtkosten von
bis zu 465 Millionen Euro führen könnte. Die Bundesre-
gierung wird die Entwicklung bei der Marktprämie sorg-
fältig beobachten.
Anlage 43
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Fragen des
Abgeordneten René Röspel (SPD) (Drucksache 17/9888,
Fragen 70 und 71):
Welchen Kraftstoff verwendet das im Rahmen der Öffent-
lichkeitsarbeit des Bundesministeriums für Bildung und For-
schung eingesetzte Ausstellungsschiff „MS Wissenschaft“,
das derzeit mit einer Ausstellung zur Forschung für nachhal-
tige Entwicklungen anlässlich des „Wissenschaftsjahrs 2012 –
Zukunftsprojekt Erde“ unterwegs ist, und welche Ökobilanz
weist dieser Kraftstoff auf?
Wie viel CO2 hat die „MS Wissenschaft“ pro Besucher des
Schiffes in den Wissenschaftsjahren 2009, 2010 und 2011
emittiert, und wie viel CO2 wird die „MS Wissenschaft“ auf
der vorgesehenen Ausstellungsreise 2012 pro zurückgelegtem
Kilometer emittieren?
Zu Frage 70:
Die „MS Wissenschaft“ wird von der Initiative „Wis-
senschaft im Dialog“ als Auftragnehmer betrieben. Nach
Angaben von „Wissenschaft im Dialog“ tankt das Schiff
Dieselkraftstoff/Gasöl (zum Beispiel schwefelfrei,
maximal 10 parts per million/EN 590) für die Binnen-
schifffahrt.
Laut Umweltdatenbank werden zwischen etwa
200 Grad Celsius und 400 Grad Celsius siedende Fraktio-
nen als Gasöle bezeichnet (Leicht-, Schwer-, Vakuum-
gasöl). Auf dem internationalen Mineralölmarkt werden
unter diesem Begriff die Mitteldestillate Dieselkraftstoff
und Heizöl EL verstanden. Greenergy-Diesel (schwefel-
frei): Dieser Dieselkraftstoff auf Rohölbasis enthält ma-
ximal 10 parts per million Schwefel. Schwefelfreier Gre-
energy-Diesel übertrifft in allen Punkten die europäische
Norm für Dieselkraftstoff EN 590. Er ist in jedem Die-
selmotor ohne technische Umstellungen sofort einsetz-
bar. Schwefelfreier Dieselkraftstoff reduziert unter ande-
rem die Partikelmasse um bis zu 40 Prozent gegenüber
Diesel der EN 590 und ist damit ein wichtiger Beitrag
zur Reduzierung von Schadstoffemissionen durch Kraft-
stoffe/Verkehr.
Zu Frage 71:
Der Gasölverbrauch für die diesjährige Tour der „MS
Wissenschaft“, auf der 3 550 Kilometer zurückgelegt
werden sollen, wird von „Wissenschaft im Dialog“ auf
circa 35 000 Liter geschätzt. Da das Schiff auch in Lie-
geposition Strom, also Gasöl, verbraucht, ist eine theore-
tische Umrechnung über Faktor 2,63 Kilogramm CO2-
Ausstoß bei Verbrennung eines Liters Dieselkraftstoff
anzunehmen. Pro Kilometer ergäbe sich so ein Wert von
25,93 Kilogramm CO2 pro Kilometer.
Legt man den gleichen Faktor zugrunde, ergibt sich
für die Jahre 2009 und 2010 ein CO2-Ausstoß pro Besu-
cher in Höhe von 0,88 Kilogramm, im Jahr 2011 in Höhe
von 1,28 Kilogramm pro Besucher.
Insgesamt ist der CO2-Verbrauch der „MS Wissen-
schaft“ um ein Vielfaches niedriger, als es bei einem ver-
gleichbaren Transport über die Straße der Fall wäre. Die
Ausstellung hat in der Vergangenheit in Deutschland und
im benachbarten Ausland jedes Jahr zwischen 30 und
60 Städte angefahren und bis zu 100 000 Besucher im
Jahr erreicht, insbesondere Familien und Schulklassen.
Ein Lkw-Transport, für den zwei bis drei 40 000-Tonner
benötigt würden, hätte allein für den Transport eine vier-
mal schlechtere CO2-Bilanz. Hinzu kommen die erhebli-
chen Verbrauchskosten, die durch den vielfachen Auf-
und Abbau jeweils vor Ort entstehen würden und die
durch die Wahl des Schiffs als Ausstellungsort nahezu
komplett eingespart werden.
Anlage 44
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Fragen des
Abgeordneten Willi Brase (SPD) (Drucksache 17/9888,
Fragen 72 und 73):
Welcher Aufwand ist dem Bundesministerium für Bildung
und Forschung, BMBF, dadurch entstanden, dass die Anmel-
dung zum Seminar von Dr. Annette Schavan an der Freien
Universität Berlin im Wintersemester 2011/2012 über die
dienstliche E-Mail-Adresse der Bundesministerin abgewickelt
wurde (vergleiche www.fu-berlin.de/vorlesungsverzeichnis/
ws11/12) und die eingehenden E-Mails entsprechend betreut
und bearbeitet wurden?
Wann und auf welcher Grundlage ist eine Zustimmung
erteilt worden, die Anmeldung zu Seminaren im Rahmen der
– privaten – Honorarprofessur von Bundesministerin
Dr. Annette Schavan über die dienstliche E-Mail-Adresse
von Dr. Annette Schavan beim BMBF abzuwickeln?
Zu Frage 72:
Die Anmeldungen zum Seminar dienen ausschließ-
lich der Information der Ministerin. Dem Bundesminis-
terium für Bildung und Forschung entsteht hierdurch
kein zusätzlicher Aufwand.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 13. Juni 2012 21849
(A) (C)
(D)(B)
Zu Frage 73:
Regelungen für die Verwendung dienstlicher E-Mail-
Adressen von Mitgliedern der Bundesregierung sind we-
der im Bundesministergesetz noch in der Gemeinsamen
Geschäftsordnung der Bundesregierung oder der Ge-
meinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien
enthalten. Im Übrigen erfolgt die Durchführung der
Lehrtätigkeit im Rahmen der Honorarprofessur im Ein-
klang mit den Regelungen des Bundesministergesetzes.
Um auch für diese Aufgabe innerhalb der vielfältigen
Verpflichtungen der Ministerin eine konsistente und zü-
gige Information sicherzustellen, wurde hierfür ebenfalls
der zentrale Account gewählt.
Anlage 45
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage
des Abgeordneten Oliver Kaczmarek (SPD) (Druck-
sache 17/9888, Frage 74):
Wie ist der aktuelle Planungs- und Umsetzungsstand der
für 2012 angekündigten Öffentlichkeitskampagne des Bil-
dungs- und Forschungsministeriums im Rahmen der nationa-
len Strategie für Alphabetisierung und Grundbildung Erwach-
sener in Deutschland?
Aufgrund der Ergebnisse der leo.Level-one-Studie
zum funktionalen Analphabetismus Erwachsener in
Deutschland haben Frau Bundesministerin Dr. Schavan
und der Präsident der KMK zu einer gemeinsamen natio-
nalen Strategie für Grundbildung und Alphabetisierung
von Bund, Ländern und wesentlichen gesellschaftlichen
Gruppen („weitere Partner“) als einem breiten gesell-
schaftlichen Bündnis aufgerufen.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung,
BMBF, beabsichtigt, als Teil der gemeinsamen Strategie
2012 eine Öffentlichkeitskampagne zum Thema des
funktionalen Analphabetismus durchzuführen. Die
Kampagne wird ihr Hauptaugenmerk auf Fernsehspots
richten. Dabei wird auch die Gruppe der „Helfer“ mit
angesprochen werden, die im Alltag von Betroffenen in
schwierigen Situationen beim Lesen oder Schreiben aus-
helfen. Zur Kampagne gehört auch ein Internetauftritt,
der Betroffene und Interessierte zu den unterschiedlichs-
ten Angeboten und Informationen im Bereich Alphabeti-
sierung leitet.
Für die Vorbereitung der Kampagne waren und sind
eine Vielzahl von Partnern einzubeziehen. Die Abstim-
mungen sind noch nicht vollständig abgeschlossen.
Das Projekt „iChance“, welches als Teil dieser Öffent-
lichkeitskampagne im Internet jüngere Betroffene an-
spricht, läuft bereits seit April 2012. Weiterhin wurde die
Finanzierung und Erweiterung des ALFA-TELEFONS
für die Laufzeit der Kampagne verstetigt, als eine wich-
tige Voraussetzung für die erste Kontaktaufnahme von
Betroffenen. Beide Maßnahmen werden vom Bundes-
verband Alphabetisierung und Grundbildung, BVAG,
umgesetzt.
Anlage 46
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage
des Abgeordneten Oliver Kaczmarek (SPD) (Druck-
sache 17/9888, Frage 75):
Welche Tagungen von Bildungsträgern mit dem Gegen-
stand der Netzwerkbildung hat die Bundesregierung anhand
welcher Kriterien in dieser Legislaturperiode gefördert?
Mit dem BMBF-Förderschwerpunkt – 2007 bis 2012 –
wurden wesentliche Impulse im Bereich Netzwerkbil-
dung in der Alphabetisierungs- und Grundbildungsarbeit
in Deutschland gesetzt. Die über 100 geförderten Pro-
jekte des Förderschwerpunktes haben mit der Verknüp-
fung von Wissenschaft und Praxis – hauptsächlich
Bildungsträger –, die in allen 24 Verbünden struktureller
Bestandteil war, die Netzwerkbildung und somit die
nachhaltige Nutzung der Ergebnisse befördert.
Die Aktivitäten, die im Rahmen der Projekt- und
Transferarbeit in Angriff genommen wurden, beinhalte-
ten auch stets eine Netzwerkbildung. Alle Projekte führ-
ten solche Projektveranstaltungen durch, um die Projekt-
ergebnisse lokal und/oder bundesweit zu präsentieren.
Die Veranstaltungen wurden als elementare Bestandteile
der Projekte über die bewilligten Mittel durch das
BMBF gefördert. Grundlage hierfür waren die Förder-
kriterien des Förderschwerpunktes „Forschung und Ent-
wicklung zur Alphabetisierung und Grundbildung Er-
wachsener“.
Anlage 47
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage
des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Druck-
sache 17/9888, Frage 76):
Wann beabsichtigt die Bundesregierung das sogenannte
Lissabon-Ziel, das 2010 verfehlt wurde, unter Angabe der
dazu eingeleiteten und vorgesehenen Maßnahmen im Einzel-
nen zu erreichen, und wie ist in diesem Zusammenhang der
Sachstand – unter Angabe des vorgesehenen Beginns der
steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung, die
von der Koalition ursprünglich für diese Legislaturperiode
vorgesehen war?
Die aktuelle EU-2020-Strategie, die auf der Lissabon-
Strategie aufbaut, sieht vor, dass die Mitgliedstaaten bis
zum Jahr 2020 3 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in
Forschung und Entwicklung investieren. Nachdem die
FuE-Intensität in Deutschland in den Jahren vor 2005
nur minimal gestiegen ist, beträgt die jährliche Steige-
rung seither durchschnittlich 0,75 Prozentpunkte. Insbe-
sondere seit 2008 ist ein deutliches Wachstum der FuE-
Ausgaben der Wirtschaft und des Staates festzustellen.
2010 betrug die FuE-Intensität in Deutschland 2,82 Pro-
zent. Zwar ist das der gleiche Prozentwert wie im Vor-
jahr, aber aufgrund des sehr starken Wirtschaftswachs-
tums im Jahr 2010 steht dahinter eine erneute enorme
Steigerung der FuE-Investitionen.
Im Rahmen der Strategie „EU 2020“ hat die EU-
Kommission aktuell eine „Empfehlung für eine Empfeh-
lung des Rates zum Nationalen Reformprogramm
21850 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 13. Juni 2012
(A) (C)
(D)(B)
Deutschland 2012“ vorgelegt. Insbesondere im Bereich
Bildung und Forschung ist die Stellungnahme für
Deutschland positiv. Gelobt wird unter anderem der ge-
steigerte finanzielle Aufwand für Bildung und For-
schung. Positiv bewertet die EU-Kommission, dass
Deutschland bei der Umsetzung des angestrebten Ziels,
die gesamtstaatlichen Ausgaben für Bildung und For-
schung zu steigern, „auf gutem Weg“ sei. Das zugrunde
liegende Arbeitspapier stellt fest, dass Deutschland laut
Europäischem Innovationsanzeiger bei Innovationen in-
nerhalb der EU einen Spitzenplatz einnimmt und das
Ziel, 3 Prozent des BIP für FuE aufzuwenden, fast er-
reicht hat.
Bezüglich der Einführung einer steuerlichen Förde-
rung von Forschung und Entwicklung haben sich keine
Änderungen des Sachstands ergeben. Über die Einfüh-
rung wird die Bundesregierung unter Berücksichtigung
des gebotenen Konsolidierungskurses und der weiteren
wirtschaftlichen Entwicklung entscheiden.
Anlage 48
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage
des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Druck-
sache 17/9888, Frage 77):
Wie ist der aktuelle Sachstand der Vorschläge bzw. der
Gespräche mit den Bundesländern hinsichtlich einer mögli-
chen BAföG-Anhebung auf Grundlage des 19. BAföG-
Berichtes – unter Angabe des gegebenenfalls vorgesehenen
Zeitpunktes und der gegebenenfalls vorgesehenen Steigerung –,
und welche Verbesserungen, insbesondere im Hinblick auf die
Bearbeitungsdauer und bei der Bewilligung von Auslands-
BAföG, haben sich im Hinblick auf Medienberichte („Leich-
ter, aber nicht schneller“, Spiegel Online, 1. Juni 2012) erge-
ben, wonach insbesondere „die Formblattverordnung“ des
Bundes geändert und das „E-Government-Gesetz“ verab-
schiedet werden müsste?
Die Regierungskoalition hat bereits mit dem 22. und
23. BAföG-Änderungsgesetz strukturelle und finanzielle
Verbesserungen im BAföG umgesetzt, die sich in den
Daten des 19. BAföG-Berichtes widerspiegeln. Gleich-
wohl hat das Bundesministerium für Bildung und For-
schung, BMBF, mit den Ländern einen Meinungsaus-
tausch über deren Erwartungen weiterer BAföG-
Verbesserungen und die dafür bestehende Mitfinanzie-
rungsbereitschaft aufgenommen. Das erforderliche klare
Bekenntnis aller Länder, ihren Mitfinanzierungsanteil
von 35 Prozent nach § 56 BAföG auch für ein weiteres
BAföGÄndG aufzubringen, ist bisher ausgeblieben. Es
sind daher weitere Gespräche mit den Ländern notwen-
dig.
Was die Frage der Bearbeitungsdauer von BAföG-
Anträgen und der Onlineantragstellung anbelangt, kann
ich Folgendes klarstellen:
Die angemahnte Änderung der Formblattverordnung
hat es längst gegeben. Mit der zum 5. April 2011 in Kraft
getretenen BAföG-FormblattVwV wurden die Antrags-
formblätter entsprechend des Änderungsbedarfs auf-
grund des 23. BAföGÄndG grundlegend angepasst. Er-
fahrungen aus der Verwaltungspraxis wurden in den
Überarbeitungsprozess eingebracht und die Formblätter
wurden übersichtlicher und bürgerfreundlicher gestaltet.
In die Überarbeitung einbezogen wurden auch die Ver-
besserungsvorschläge, die im Abschlussbericht „Einfa-
cher zum Studierenden-BAföG (März 2010)“ des Natio-
nalen Normenkontrollrates, NKR, enthalten sind.
Die Verabschiedung des „E-Government-Gesetzes“
ist nicht Voraussetzung für die Bereitstellung sinnvoller
Onlineanwendungen im Zusammenhang mit der
BAföG-Antragstellung, die im Übrigen in alleiniger Ver-
antwortung der Länder liegt. Hier haben beispielsweise
Bayern und Hessen den Beweis erbracht, dass sehr wohl
bereits Möglichkeiten bestehen, die allerdings noch
nicht von allen Ländern genutzt werden.
Anlage 49
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp auf die Fragen
der Abgeordneten Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Fragen 78 und 79):
Welche Giftstoffe plant die Deutsche Gesellschaft für In-
ternationale Zusammenarbeit, GIZ, GmbH aus Bhopal nach
Deutschland zu importieren, und in welchen Anlagen in
Deutschland ist eine vollständige Vernichtung sichergestellt?
Über welche Transportmittel gelangen diese Giftstoffe zur
Vernichtung in die Anlagen, und handelt es sich um eine ein-
malige Angelegenheit?
Zu Frage 78:
Die indische Regierung beabsichtigt, GIZ-lnternational
Services, GIZ-IS, den für das Drittgeschäft zuständigen
Zweig der Gesellschaft für Internationale Zusammenar-
beit, GIZ, mit der umweltgerechten Entsorgung von ge-
fährlichen Abfällen aus Bhopal zu beauftragen. Dabei
geht es nach Angaben der indischen Seite um insgesamt
350 Tonnen kontaminierten Bodens, die vor dem Indus-
trieunfall bei der Union Carbide India Limited, UCIL im
Jahr 1984 angefallen sind und umweltgerecht beseitigt
werden müssen. In Indien ist eine sachgerechte Entsor-
gung derzeit technisch nicht möglich.
Das betreffende Bodenmaterial ist nach den der GIZ-IS
vorliegenden Analysen mit den als Insektiziden verwen-
deten Substanzen Carbaryl und Hexachlorcyclohexan,
HCH, sowie Lösungsmitteln und Schwermetallen belas-
tet. Ein Teil des Bodenmaterials ist darüber hinaus mit
Quecksilber kontaminiert.
Für die Entsorgung der Abfälle käme nach Einschät-
zung der GIZ eine Reihe von Sondermüllverbrennungs-
anlagen in Deutschland infrage. Durch die in diesen An-
lagen vorhandene Technik wäre bei einer Beseitigung
der Abfälle ein hohes Schutzniveau gegen Gefahren für
die menschliche Gesundheit und die Umwelt sicherge-
stellt.
Zu Frage 79:
Sollte das oben genannte Drittgeschäft von GIZ-IS
zustande kommen, soll der Transport auf Wunsch der
Regierung des indischen Bundesstaats Madhya Pradesh
auf dem Luftweg durchgeführt werden. Hierzu würden
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 13. Juni 2012 21851
(A) (C)
(D)(B)
nach Auskunft von GIZ-IS die betreffenden Abfälle
nach den UN-Richtlinien für den Transport von gefährli-
chen Gütern in speziell geprüfte Behälter verpackt und
gekennzeichnet werden. In diesem Fall kämen Spezial-
fässer aus Polyethylen mit einer zusätzlichen Ausklei-
dung, ebenfalls aus Polyethylen, zum Einsatz. Diese
Fässer mit einem Fassungsvermögen von 120 Litern
würden in der Sondermüllverbrennungsanlage über För-
derbänder ungeöffnet in die Verbrennungseinrichtung
transportiert und dort beseitigt werden.
Nach Angaben von GIZ-IS handelt es sich um eine
einmalige Angelegenheit.
Anlage 50
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Frage des
Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Frage 80):
Unterstützt die Bundesregierung den aktuellen Vorschlag
der dänischen Ratspräsidentschaft zu Art. 6 (25 Prozent
Bundled-Flexibility-Lösung, Anrechnung Early Actions, …)
der Energieeffizienzrichtlinie, und trifft es zu, dass sich
Deutschland auf EU-Ebene bei Art. 4 nicht nur für eine Sen-
kung der jährlichen Sanierungsrate von 3 auf 2,5 Prozent, son-
dern auch für eine Definition von „öffentlichen Gebäuden“
einsetzt, die ausschließlich die Gebäude der Bundesministe-
rien umfassen würde – und Deutschland demnach bis 2020
gerade einmal 37 Bundesgebäude sanieren müsste?
Die Bundesregierung hat sich in den Verhandlungen
im Rat dafür eingesetzt, dass im Rahmen von Art. 6 der
EU-Energieeffizienz-Richtlinie, EED, sogenannte Early
Actions ab dem 1. Januar 2009 umfassend auf die Ener-
gieeinsparquote von 1,5 Prozent per annum angerechnet
werden dürfen, im Gegenzug aber die weiteren Flexibili-
sierungsmechanismen einem 20-Prozent-Cap unterlie-
gen (derzeitiger Ratsvorschlag: 25 Prozent).
Im Rahmen von Art. 4 EED befürwortet die Bundesre-
gierung eine energetische Sanierungsrate von 2 Prozent
pro Jahr für alle Nichtwohngebäude, die im Eigentum der
öffentlichen Hand stehen und von ihr genutzt werden. Da-
mit ist keine Beschränkung auf Gebäude der „zentralstaat-
lichen Verwaltungsebene“ verbunden. Diese wird jedoch
von der Mehrheit der anderen Mitgliedstaaten gefordert.
Die Definition „zentralstaatliche Verwaltungsebene“ um-
fasst nicht nur die Bundesministerien, sondern alle Nicht-
wohngebäude in Bundesliegenschaften.
Anlage 51
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Frage des
Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Frage 81):
Welche konkreten Inhalte außer einer Veränderung der
Haftung für Netzbetreiber beim Anschluss von Offshorewind-
parks soll die vom Bundesministerium für Wirtschaft und
Technologie am 16. Mai 2012 angekündigte Novelle des
Energiewirtschaftsgesetzes haben, und welchen Zeitplan hat
die Bundesregierung für diese Novelle geplant?
Kern der angekündigten Novelle des Energiewirt-
schaftsgesetzes, EnWG, wird die Regelung zur Haftung
beim Anschluss von Offshoreerzeugungsanlagen sein.
Daneben wird der Gesetzentwurf Klarstellungen im Zu-
sammenhang mit der Novelle 2011 beinhalten. Zudem
wird derzeit geprüft, Instrumente zur Erleichterung der
zeitnahen und planbaren Refinanzierung von Investitio-
nen mit aufzunehmen. Die Novelle soll noch im Sommer
auf den Weg gebracht werden.
Anlage 52
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Frage der
Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) (Drucksache 17/9888, Frage 82):
Wie hoch waren nach Kenntnis der Bundesregierung die
jährlichen Investitionen in die Stromnetze – exklusive der
durch die Offshorewindkraft entstandenen Kosten – durch die
Übertragungsnetzbetreiber zwischen 1990 und 2011, aufge-
schlüsselt nach Jahren, und welchen Anteil hatten die einzel-
nen Betreiber an diesen?
Der Bundesregierung liegen keine Zahlen zu den tat-
sächlich vorgenommenen jährlichen Investitionen in die
Stromnetze für den Zeitraum von 1990 bis 2011 vor.
Ab Wirksamwerden der Anreizregulierungsverord-
nung, ARegV, im Jahr 2008 haben die Übertragungs-
netzbetreiber auf Grundlage des § 23 ARegV bei der
Bundesnetzagentur sogenannte Investitionsbudgets be-
antragt.
Für die Jahre 2008 und 2009 hat die Bundesnetzagen-
tur folgende Gesamtbeträge (exklusive der für Offshore-
windkraft geplanten Kosten) genehmigt:
– 2008: 4 109 605 220 Euro
– 2009: 2 610 837 692 Euro
(Keine große Abweichung zu den beantragten Zah-
len).
Für die Jahre 2010 und 2011 liegen aufgrund eines
Gerichtsverfahrens, das erst im Februar 2012 durch Ver-
gleich abgeschlossen worden ist, noch keine Genehmi-
gungen seitens der Bundesnetzagentur vor. Beantragt
wurden von den Übertragungsnetzbetreibern folgende
Kosten:
– 2010: 884 708 798 Euro
– 2011: 4 726 700 000 Euro.
Anlage 53
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Fragen des
Abgeordneten Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) (Druck-
sache 17/9888, Fragen 83 und 84):
Wie hoch waren die Kosten, um der Bundestagsabgeord-
neten C. R. von Tripolis, Libyen, bis zur Grenze nach Tune-
sien gepanzerte Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen (Spiegel
Online vom 6. Juni 2012)?
Wer trägt die Kosten für die Bereitstellung von gepanzer-
ten Fahrzeugen für die Bundestagsabgeordnete C. R.?
21852 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 13. Juni 2012
(A) (C)
(D)(B)
Zu Frage 83:
Da für den Vorgang keine Fahrzeuge angemietet wur-
den, beschränken sich die aus dem Bundeshaushalt zu
tragenden Kosten im Wesentlichen auf die Betriebskos-
ten der benutzten Dienstwagen. Darüber hinausgehende
Kosten, unter anderem für die Fahrzeuge der libyschen
Polizei und des libyschen Außenministeriums, lassen
sich nicht genau beziffern.
Zu Frage 84:
Die Kosten werden durch das Auswärtige Amt getra-
gen.
Anlage 54
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der
Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) (Drucksache 17/9888, Frage 85):
Welche EU- und anderen internationalen Projekte, wie die
Mission zur Ausbildung libyscher Polizisten durch Jordanien,
werden zurzeit nach Kenntnis der Bundesregierung zur Stär-
kung des Sicherheitssektors und der Waffenkontrolle in Li-
byen durchgeführt, und zu welchen derartigen Projekten leis-
tet die Bundesregierung Unterstützung (wenn möglich, nach
Projekt und Höhe der Mittelzuwendung aufschlüsseln)?
Zur Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in
Libyen, UNSMIL, gehören Polizeiberater, die das liby-
sche Innenministerium beraten, unter anderem bei der
Gestaltung von polizeilichen Aus- und Fortbildungskur-
sen, bei der Absicherung von Wahlen und bei der wirt-
schaftlichen Beschaffung von Material und Ausrüstung.
UNSMIL und der Minenräumungsdienst der Vereinten
Nationen, UNMAS, unterstützen das libysche Verteidi-
gungsministerium bei der Erarbeitung eines Programms
zur Registrierung von Waffen.
Bei der Ausbildung libyscher Polizisten durch Jorda-
nien handelt es sich um ein bilaterales Vorhaben der jor-
danischen Regierung, zu dem der Bundesregierung
keine näheren Informationen vorliegen. Weitere interna-
tionale Vorhaben zur Stärkung des libyschen Sicher-
heitssektors sind der Bundesregierung nicht bekannt.
Die Europäische Union engagiert sich derzeit insbe-
sondere für eine Verbesserung des Grenzschutzes in
Libyen. Sie hat im Rahmen der internationalen Arbeits-
teilung unter dem Dach der Vereinten Nationen die fe-
derführende Zuständigkeit für diesen Bereich übernom-
men. Entlang der langen libyschen Grenzen erfolgen
derzeit nur unzureichende Kontrollen gegen den
Schmuggel von Menschen, Waffen und Drogen. An ei-
ner Erkundungsmission der EU, die ihren Abschlussbe-
richt in nächster Zeit vorstellen wird, hat auch ein über
das Auswärtige Amt entsandter deutscher Experte teilge-
nommen. Über konkrete, weiterführende Maßnahmen
wird in den nächsten Wochen auf Grundlage des Ab-
schlussberichts in Brüssel beraten werden.
Die Bundesregierung leistet zudem bilaterale Bei-
träge zur Verbesserung der Sicherheitslage in Libyen.
Die Proliferation von Waffen bedeutet eine große He-
rausforderung. Seit dem Ende der Kampfhandlungen ist
Libyen daher prioritär für deutsche Unterstützungsmaß-
nahmen im Bereich der Nichtverbreitung, der konventio-
nellen Rüstungskontrolle und des humanitären Minen-
räumens.
Bis jetzt hat die Bundesregierung dafür bereits rund
2,8 Millionen Euro eingesetzt. Dabei handelt es sich um
folgende Vorhaben: Gemeinsam mit den USA Aufbau
der neuen nationalen Behörde für Minenräumung,
Kampfmittelbeseitigung und Kleinwaffenkontrolle (Li-
byan Mine Action Center – LMAC) (750 000 Euro),
Kampfmittelbeseitigung und Gefahrenaufklärung der
Bevölkerung (über 1,3 Millionen Euro). 2012 sind wei-
tere Projekte im Wert von über 750 000 Euro geplant,
Logistische Unterstützung bei der Inspektion und Siche-
rung von Chemiewaffen (ca. 600 000 Euro) und Ausrüs-
tungshilfe (90 000 Euro). Eine weitere Ausrüstungshilfe
(Wert bis 400 000 Euro) ist in Vorbereitung.
Die Bundesregierung hat zudem Mitte Mai 2012 ge-
meinsam mit dem Büro für Nuklearsicherung, Office of
Nuclear Security ONS, der Internationalen Atomener-
gieorganisation IAEO einen Besuch in Tripolis durchge-
führt. Dabei wurden mit der libyschen Atomenergiebe-
hörde Unterstützungsmaßnahmen zur Sicherung des
zivilen Kernforschungszentrums Tadschura, hochradio-
aktiver Strahlenquellen und zur Verhinderung des
Schmuggels von Nuklearmaterial erörtert. Erste bilate-
rale Maßnahmen und Beiträge zu lAEO-Aktivitäten sind
noch 2012 geplant.
Anlage 55
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des
Abgeordneten Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Frage 86):
Welche konkreten Positionen wird die Bundesregierung in
Bezug auf die mittel- und langfristige Weiterentwicklung der
Europäischen Union auf dem Europäischen Rat Ende Juni
2012 vertreten, und inwiefern findet diesbezüglich eine vor-
herige Abstimmung mit anderen EU-Mitgliedstaaten statt?
Bei Gesprächen während des informellen Europäi-
schen Rats am 23. Mai 2012 bestand Konsens, dass die
Wirtschafts- und Währungsunion in eine neue Phase
überführt werden muss. Die Wirtschaftsunion muss ge-
stärkt werden, um sie mit der Währungsunion besser in
Einklang zu bringen. Der Präsident des Europäischen
Rats wird daher für den Europäischen Rat im Juni – in
enger Zusammenarbeit mit dem Präsidenten der Euro-
päischen Kommission, dem Präsidenten der Euro-
Gruppe und dem Präsidenten der Europäischen Zentral-
bank – einen Bericht mit möglichen Bausteinen und ei-
ner Arbeitsmethode zur Erreichung dieses Ziels vorstel-
len.
Dieser Bericht liegt noch nicht vor. Eine entspre-
chende Positionsbestimmung wird die Bundesregierung
nach Vorlage vornehmen.
Der Europäische Rat wird in den kommenden Wo-
chen im etablierten Verfahren durch den Ausschuss der
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 13. Juni 2012 21853
(A) (C)
(D)(B)
Ständigen Vertreter und den Allgemeinen Rat vorberei-
tet. Der Bundestag wird dabei im üblichen Verfahren un-
terrichtet.
Anlage 56
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des
Abgeordneten Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Frage 87):
Inwiefern sind die Aussagen von Bundeskanzlerin
Dr. Angela Merkel, der Europäischen Kommission perspekti-
visch mehr Kompetenzen übertragen zu wollen, eine Abkehr
von der von ihr am 2. November 2010 am College d’Europe
in Brügge bekanntgemachten „Unionsmethode“, die de facto
eine Schwächung der Europäischen Kommission beinhaltete?
Als die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel im No-
vember 2010 die Unionsmethode vorgestellt hat, ging es
ihr nicht um eine Schwächung der Kommission, sondern
um eine Beschreibung des besonderen Zusammenwir-
kens von Mitgliedstaaten und EU-Institutionen im Rah-
men der in den geltenden europäischen Verträgen nieder-
gelegten Zuständigkeitsverteilung. Es ging ihr darum,
deutlich zu machen, dass wir Europa gemeinsam voran-
bringen müssen, durch abgestimmtes solidarisches Han-
deln – jeder in seiner Zuständigkeit, alle für das gleiche
Ziel. Daran hat sich nichts geändert. Heute geht es aber
nicht um die Beschreibung eines Istzustandes, sondern
um Zukunftsperspektiven. Es geht um die Lehren aus
der Schuldenkrise im Euro-Raum und die Fortentwick-
lung der Wirtschafts- und Währungsunion hin zu einer
nachhaltigen Stabilitätsunion. Dies erfordert aus Sicht
der Bundesregierung eine weitere Vertiefung der Inte-
gration – mindestens innerhalb der Euro-Zone. Dies er-
fordert also, wie die Bundeskanzlerin und auch der Bun-
desminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle,
betont haben, „mehr Europa“ als wir es heute haben.
Anlage 57
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Ab-
geordneten Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Frage 88):
Wie beurteilt die Bundesregierung die vom russischen
Parlament am 6. Juni 2012 beschlossene Einschränkung des
Demonstrationsrechts, und wie wird sie diese Bewertung ge-
genüber Russland auf der bilateralen Ebene sowie in der EU
und im Europarat thematisieren?
Meinungs- und Versammlungsfreiheit gehören zu den
elementaren Grundrechten. Die Verschärfung des Ver-
sammlungsrechts ist das falsche Signal an die Bürger in
Russland. Sie lässt Zweifel an einer Demokratisierung
des Landes aufkommen. Statt Meinungsvielfalt und den
Wettbewerb der Ideen zu fördern, vergrößert die russi-
sche Führung die Kluft zwischen Staat und Bürgern. Die
Bundesregierung bedauert, dass die Mehrheit des Parla-
ments und Präsident Putin die Kritik des russischen
Menschenrechtsrates und der Opposition an der Geset-
zesänderung übergangen haben. Die Bundesregierung
wird ihre kritische Haltung in bilateralen Gesprächen mit
der russischen Regierung zum Ausdruck bringen und
sich dabei mit ihren Partnern in der Europäischen Union
eng abstimmen. Die Kritik der Bundesregierung hat der
Koordinator für die deutsch-russische zivilgesellschaftli-
che Zusammenarbeit, Dr. Andreas Schockenhoff, MdB,
bereits vor der zweiten Lesung des Gesetzes in der
Duma deutlich gemacht.
Die Bundesregierung verfolgt auch im Europarat auf-
merksam die Entwicklung der Meinungs- und Versamm-
lungsfreiheit in Russland. In den Gremien des Europa-
rats, vor allem dem Ministerkomitee, setzt sie sich in
geeigneter Weise dafür ein, dass Verletzungen der von
der Europäischen Menschenrechtskonvention garantier-
ten Grundrechte durch Russland beendet werden. Insbe-
sondere bestärkt sie den Europarat und seine Repräsen-
tanten darin, derartige Verletzungen mit der russischen
Führung zu thematisieren. Zudem wird sie auch künftig
Maßnahmen des Europarats zur Behebung von Rechts-
staatsdefiziten in seinen Mitgliedstaaten, darunter auch
in Russland, unterstützen.
Anlage 58
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des
Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Frage 89):
Inwieweit bestätigt die Bundesregierung Meldungen aus
Afghanistan, wonach Taliban-Kämpfer die Schließung der
staatlichen Schulen in der Provinz Ghazni, in der die Verant-
wortung für die Sicherheit bereits an die afghanischen Behör-
den übergeben worden ist, angeordnet haben, nachdem dort
Motorräder ohne Nummernschilder von Regierungsstellen be-
schlagnahmt worden waren, und dass daraufhin die Schulen
geschlossen haben, und wie ist dieser Vorgang mit Beteuerun-
gen der Bundesregierung zu vereinbaren, dass nur solche Ge-
biete von ISAF in afghanische Verantwortung übergeben wer-
den, in denen die afghanischen Behörden die Sicherheit der
Bevölkerung tatsächlich garantieren können?
Der Bundesregierung liegen keine eigenen Erkennt-
nisse zu den geschilderten Ereignissen in Ghazni vor. Mit
Verkündung der dritten Tranche der Transition befinden
sich erst 6 von 19 Distrikten der Provinz Ghazni in der
Transition. Zuständig für die Beurteilung der Frage, ob
Distrikte oder eine Provinz in afghanische Sicherheitsver-
antwortung übergeben werden können, ist das sogenannte
Joint Afghan-NATO Inteqal Board, JANIB. Dieses trifft
seine Entscheidungen auf der Basis einer Beurteilung der
Übergabereife der jeweiligen Provinz, welche sich auf ge-
meinsam ausgearbeitete Kriterien stützt. Für die Übergabe
verbindlich ist jedoch allein die souveräne Entscheidung
der afghanischen Regierung.
Anlage 59
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Fragen des
Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Fragen 90 und 91):
An welchen Punkten scheiterte die Einigung innerhalb der
Bundesregierung über die 2010 angekündigten roten Linien für
Datenschutz im Internet, und welche Auswirkungen hat der of-
fensichtlich innerhalb der Bundesregierung bestehende Dissens
zu diesem Thema auf die Verhandlungen über die Datenschutz-
21854 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 13. Juni 2012
(A) (C)
(D)(B)
Grundverordnung der Europäischen Union, bei der es ebenfalls
um die Reform des Datenschutzes im Internet geht?
Mit welchen Forderungen versucht die Bundesregierung
den hohen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an
den Datenschutz im Bereich des Polizei- und Strafrechts bei
den Verhandlungen über die EU-Datenschutzreform gerecht
zu werden, und wie erklärt die Bundesregierung in diesem
Zusammenhang, dass sie sich in den Verhandlungen für einen
Ausschluss der „Gefahrenabwehr außerhalb des Strafrechts“
aus dem Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverord-
nung einsetzt, obwohl sie in diesem Bereich auch die geplante
EU-Richtlinie für nicht anwendbar hält?
Zu Frage 90:
Die Überlegungen der Bundesregierung zu dem Ent-
wurf eines Gesetzes zur Verhinderung von schweren
Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht und zu Veröffent-
lichungen im Internet, dem sogenannten Rote-Linie-Ge-
setz, wurden von den Ressorts in einen größeren Zusam-
menhang gestellt. Dabei wurden auch Grundsatzfragen
des Datenschutzrechts erörtert. Die daraus resultierenden
Erkenntnisse werden nun im Rahmen der Erörterungen
des Vorschlags der Europäischen Kommission für eine
Datenschutz-Grundverordnung (KOM(2012) 11 endg.)
am 25. Januar 2012 auf europäischer Ebene einbezogen.
Zu Frage 91:
Die Bundesregierung hat sich in den Verhandlungen
zum Vorschlag der Europäischen Kommission für eine
Datenschutz-Grundverordnung (KOM(2012) 11 endg.)
nicht für einen Ausschluss der „Gefahrenabwehr außer-
halb des Strafrechts“ aus dem Anwendungsbereich, son-
dern für eine klare Bestimmung des Anwendungs-
bereichs der Datenschutz-Grundverordnung einerseits
und der vorgeschlagenen Datenschutzrichtlinie im Be-
reich Polizei und Justiz (KOM(2012) 10 endg.) anderer-
seits eingesetzt. Die Bundesregierung wird dafür Sorge
tragen, dass es weder zu Schutzlücken noch für die Poli-
zei- und Justizbehörden sowie die allgemeinen Ord-
nungsbehörden zu untragbaren Abgrenzungsschwierig-
keiten unterschiedlicher Rechtsregime kommt.
In ihrer Stellungnahme vom 9. Mai 2012 zu Art. 2
Abs. 2 Buchstabe e des Vorschlags für eine Datenschutz-
Grundverordnung hat die Bundesregierung ausgeführt,
dass zu den Aufgaben der deutschen Polizeibehörden
neben der Verfolgung und Verhütung von Straftaten die
Gefahrenabwehr außerhalb des Strafrechts gehört. Die-
ser auch in der Praxis sehr wichtige Teil der polizeili-
chen Aufgabenerfüllung dürfte vom Anwendungs-
bereich der Richtlinie nicht umfasst sein. Es stellt sich
dann jedoch die Frage, ob insoweit die Datenschutz-
Grundverordnung für Aufgaben der polizeilichen Gefah-
renabwehr, die nicht in der Verhütung von Straftaten
bestehen, gelten soll, die jedoch für den Bereich der poli-
zeilichen Datenverarbeitung nicht passend erscheint.
Hier ist eine klare Bestimmung des Anwendungs-
bereichs der beiden Rechtsakte dringend erforderlich.
Anlage 60
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage
der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Frage 92):
Hält die Bundesregierung vor dem Hintergrund des For-
schungsvorhabens der Schufa Holding AG, zur Beurteilung
der Kreditwürdigkeit von Kunden Daten aus den sozialen
Netzwerken heranzuziehen, die gegenwärtigen Datenschutz-
bestimmungen für ausreichend, und wenn nicht, welche kon-
kreten Maßnahmen plant die Bundesregierung zum Schutz
der Verbraucherinnen und Verbraucher vor der Auswertung
ihrer Daten zu diesen Zwecken?
Die Bundesregierung hat keine Kenntnis vom konkre-
ten Inhalt des zwischen der Schufa und dem Hasso-
Plattner-Institut vereinbarten Forschungsauftrages.
Soweit zur Umsetzung eines Forschungsauftrages die
Erhebung, Speicherung und Nutzung personenbezoge-
ner Daten für Forschungszwecke erforderlich werden
sollte, könnte dies auf der Grundlage des § 40 des
Bundesdatenschutzgesetzes, BDSG, erfolgen mit der
Konsequenz, dass die Daten nur für Forschungszwecke
genutzt werden dürfen und alsbald anonymisiert werden
müssen. Eine Veröffentlichung wäre nur mit Einwilli-
gung möglich.
Ob eine Auskunftei selbst zu einem späteren Zeit-
punkt solche Daten verarbeiten darf, richtet sich nach
§ 29 BDSG.
Wenn nicht im Einzelfall eine Einwilligung in die
Datenverarbeitung vorliegt, ist bei allgemein zugängli-
chen personenbezogenen Daten die Datenverarbeitung
nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG ausgeschlossen, wenn das
schutzwürdige Interesse des Betroffenen offensichtlich
überwiegt. Bei den in sozialen Netzwerken eingestellten
Daten wird man zunächst immer davon ausgehen müs-
sen, dass sie nur zum privaten Gebrauch eingestellt wer-
den, da soziale Netzwerke vorrangig als Kommunika-
tionsplattformen für den privaten Informationsaustausch
genutzt werden. Daraus folgt auch, dass hier offensicht-
lich die Interessen der Betroffenen überwiegen.
Hätten, wie von dem Forschungsprojekt ursprünglich
offenbar umfasst, auch Daten aus Bereichen der sozialen
Netzwerke, die nicht allgemein zugänglich sind, ohne
Einwilligung verarbeitet werden sollen, gilt dies natür-
lich erst recht.
Da es sich bei der hier in Rede stehenden Datenverar-
beitung um eine Datenverarbeitung im nichtöffentlichen
Bereich handeln würde, wäre für diese nach geltendem
Recht die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde des Lan-
des gegeben, in dem die datenverarbeitende Stelle ihren
Sitz hat.
Das BDSG enthält bereits heute rechtliche Vorgaben.
So enthält beispielsweise aufgrund einer Gesetzesände-
rung in der letzten Legislaturperiode § 28 b BDSG die
klare Vorgabe, dass nur Daten in den Score eingesetzt
werden dürfen, die berechtigterweise erhoben und ge-
speichert worden sind. Einer Speicherung stehen aber
offensichtlich schutzwürdige Interessen des Betroffenen
entgegen.
Die Bundesregierung wird im Zusammenhang mit der
Novellierung des europäischen Datenschutzrechts prü-
fen, ob eine über die jetzige Rechtslage hinaus gehende
Klarstellung sinnvoll ist. Der Vorgang macht erneut die
Möglichkeiten der Nutzung von ins Internet gestellten
personenbezogenen Daten deutlich und zeigt, wie wich-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 13. Juni 2012 21855
(A) (C)
(D)(B)
tig es ist, dass jeder selbst sehr sorgfältig prüft, welche
Daten er ins Internet stellt und wer Zugriff darauf haben
könnte.
Anlage 61
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage
des Abgeordneten Burkhard Lischka (SPD) (Drucksa-
che 17/9888, Frage 93):
War die Bundesregierung bei der im November letzten
Jahres angekündigten Entwicklung einer Software zur Quel-
len-TKÜ mittlerweile erfolgreich?
Das Bundeskriminalamt, BKA, wurde mit der Ein-
richtung eines „Kompetenzzentrums Informationstech-
nische Überwachung“, CC ITÜ, beauftragt. Dort soll die
Software zur Durchführung von Quellen-TKÜ-Maßnah-
men auf Grundlage einer mit den Ländern abgestimmten
sogenannten Standardisierenden Leistungsbeschreibung,
SLB, entwickelt werden.
Um die anspruchsvolle Entwicklungsaufgabe erfüllen
zu können, hat die Bundesregierung für das Haushalts-
jahr 2012 beim Deutschen Bundestag zusätzliche Mittel
und 30 Stellen/Planstellen beantragt. Da diese Stellen/
Planstellen noch qualifiziert gesperrt sind, konnte mit
der Entwicklung der Software noch nicht begonnen wer-
den.
Anlage 62
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage
des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9888, Frage 94):
Inwieweit tangiert das Urteil des Gerichtshofs der Euro-
päischen Union vom 22. Juni 2010 zum Schengener Grenz-
kodex die deutsche Praxis, entlang der Binnengrenzen oder in
Zügen bis weit in das Staatsgebiet hinein – ohne dass beson-
dere Umstände vorliegen würden – die Identität einer Person
zu kontrollieren, und welche Einschränkungen existieren, wie
im „Halbjahresbericht über das Funktionieren des Schengen-
Raums“ der EU-Kommission beschrieben (Ratsdok. 10223/12),
zu diesen Kontrollen hinsichtlich der Polizeibefugnisse, bei-
spielsweise nach Standort, Verkehrsmittel und Höchstgrenze
der Kontrollen pro Tag, Woche oder Monat, Begrenzung des
Gebiets, Festlegung einer Höchstgrenze für die Anzahl der je
Zug zu kontrollierenden Wagen etc.?
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, EuGH, vom
22. Juni 2010 in der Rechtssache „Melki“ (Rs. C-188/10
und C-189/10) ist auf ein Vorabentscheidungsersuchen
des Cour des Cassation, Frankreich, ergangen. Danach
sind polizeiliche Kontrollen im Rahmen der in Art. 21
der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 vom 15. März 2006,
Schengener Grenzkodex, normierten Ausübung polizei-
licher Befugnisse zulässig. Die polizeilichen Kontrollen
seien so zu konzipieren, dass die Ausübung von Verhal-
tens- und gefahrenunabhängigen Befugnisnormen nicht
die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen ent-
falten könne.
Die Befugnisnormen der Bundespolizei für Befragun-
gen und Identitätsfeststellungen zur Verhinderung oder
Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet
sind im Bundespolizeigesetz normiert. Die Ausübung
dieser nationalen Befugnisse erfolgt unter Einhaltung
des unmittelbar anwendbaren Art. 21 Schengener Grenz-
kodex, wonach die Ausübung polizeilicher Befugnisse
stichprobenartig aufgrund polizeilicher Lageerkennt-
nisse und Erfahrungen zur Bekämpfung grenzüber-
schreitender Kriminalität ausdrücklich zulässig ist. Eine
Begrenzung der Anzahl solcher polizeilichen Kontrollen
sieht weder der Schengener Grenzkodex noch das Bun-
despolizeigesetz vor. Da grenzüberschreitende Krimina-
lität dynamisch stattfindet, das heißt Orte, Zeiten und
Verkehrsmittel wechseln, sind hinreichend bestimmte,
gleichwohl flexible polizeiliche Instrumentarien zur Ver-
hinderung unerlaubter Einreisen und Bekämpfung von
Schleusungskriminalität auch weiterhin erforderlich.
Anlage 63
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage
des Abgeordneten Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Frage 95):
Wie begegnet die Bundesregierung der Kritik auch von
konservativen EU-Parlamentariern, durch den Vorstoß zur
Einführung von Grenzkontrollen in nationalem Alleingang,
der am 7. Juni 2012 auf der Tagung des Rats für Justiz und In-
neres der Europäischen Union, JI-Rat, beschlossen wurde,
werde die Kontrolle einer solchen Maßnahme durch das Euro-
päische Parlament und die Europäische Kommission ausgehe-
belt und damit dem nationalen Populismus Vorschub geleis-
tet?
Aus Sicht der Bundesregierung ist die vorgebrachte
Kritik unbegründet, im Rahmen einer Allgemeinen Aus-
richtung des Rats der Europäischen Union wurde am
7. Juni 2012 einstimmig der Vorschlag der dänischen
Ratspräsidentschaft zur Änderung des Schengener
Grenzkodexes als Position des Rats angenommen. Im
weiteren Verfahren ist nun der Trilog auch mit dem
Europäischen Parlament vorgesehen, welches im Rah-
men des Mitentscheidungsverfahrens seine Position ein-
bringen wird.
Die Ratsposition sieht einen neuen Mechanismus vor,
der im Falle außergewöhnlicher Umstände greift, in de-
nen das Funktionieren des Schengen-Raums bedingt
durch Defizite beim Außengrenzschutz insgesamt ge-
fährdet ist und diese Umstände eine konkrete ernsthafte
Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren
Sicherheit in diesem Raum oder Teilen von ihm darstel-
len. Der Europäischen Kommission kommt bei diesem
Mechanismus eine wesentliche Rolle zu. Die Einbezie-
hung des Europäischen Parlaments, Unterrichtung, bei
diesem Mechanismus ist ebenfalls vorgesehen.
Liegen die vorgenannten außergewöhnlichen Um-
stände vor, so kann der Rat als Ultima Ratio und als Maß-
nahme zum Schutz der gemeinsamen Interessen im Raum
ohne Kontrollen an den Binnengrenzen empfehlen, dass
ein oder mehrere bestimmte Mitgliedstaaten die vorüber-
gehende Wiedereinführung von Grenzkontrollen an allen
oder bestimmten Abschnitten ihrer Binnengrenzen be-
schließen. Die Empfehlung des Rats stützt sich dabei auf
einen Vorschlag der Europäischen Kommission.
21856 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 13. Juni 2012
(A) (C)
(D)(B)
Bevor schließlich ein Mitgliedstaat bzw. mehrere Mit-
gliedstaaten Grenzkontrollen an den Binnengrenzen wie-
der einführt bzw. einführen, setzt er bzw. setzen sie die
anderen Mitgliedstaaten und die Europäische Kommis-
sion davon in Kenntnis.
Spätestens vier Wochen nach Aufhebung dieser Kon-
trollen an den Binnengrenzen legt der Mitgliedstaat, der
die Kontrollen an seinen Binnengrenzen durchgeführt
hat, dem Europäischen Parlament, dem Rat und der
Europäischen Kommission einen Bericht hierüber vor, in
dem insbesondere die Kontrollen und die Wirksamkeit
der wieder eingeführten Kontrollen an den Binnengren-
zen dargestellt werden.
Es ist zudem vorgesehen, dass die Europäische Kom-
mission bzw. die Mitgliedstaaten das Europäische Parla-
ment und den Rat möglichst frühzeitig über etwaige
Gründe unterrichten, die zur Wiedereinführung von Bin-
nengrenzkontrollen führen könnten.
Eine aus Sicht der Bundesregierung hinreichende Be-
teiligung des Europäischen Parlaments findet statt. Die
Europäische Kommission spielt eine wesentliche Rolle.
Im Übrigen sehen die schon bereits bestehenden Re-
gelungen des Schengener Grenzkodexes (Art. 23 ff.) im
Falle einer schwerwiegenden Bedrohung der öffentli-
chen Ordnung oder inneren Sicherheit auch jetzt schon
die Möglichkeit der vorübergehenden Wiedereinführung
von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen in Entschei-
dungshoheit der Mitgliedstaaten vor. Dabei sind die
Europäische Kommission und das Europäische Parla-
ment hierüber zu informieren.
Anlage 64
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage
des Abgeordneten Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9888, Frage 96):
Welche konkreten Vorschläge hat die Bundesregierung auf
dem JI-Rat am 7. Juni 2012 sowohl im Hinblick auf die Un-
terstützung der EU-Randstaaten bei der Außengrenzkontrolle
als auch im Hinblick auf ein faires System der Lastenteilung
bei der Aufnahme von Flüchtlingen gemacht?
Im Rahmen der Allgemeinen Ausrichtung hat der Rat
am 7. Juni 2012 einstimmig einen Vorschlag der däni-
schen Präsidentschaft für eine Änderung des Schengener
Grenzkodexes angenommen.
Dabei ist vorgesehen, dass die Europäische Kommis-
sion – bei einer Feststellung schwerwiegender Mängel
bei Kontrollen an den Außengrenzen im Schengen-Eva-
luierungsbericht – den evaluierten Mitgliedstaat auffor-
dern kann, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen. Dazu ge-
hören die Anforderung des Einsatzes von Europäischen
Grenzschutzteams gemäß der FRONTEX-Verordnung
sowie – zwecks Einholung einer Stellungnahme – die
Übermittlung der strategischen Pläne des Mitgliedstaats
an die EU-Agentur FRONTEX, die sich auf eine Risiko-
analyse stützen und Angaben zum Einsatz von Personal
und Ausrüstung beinhalten.
Liegen außergewöhnliche Umstände vor, in denen das
Funktionieren des Schengen-Raums bedingt durch Defi-
zite beim Außengrenzschutz insgesamt gefährdet ist und
diese Umstände eine konkrete ernsthafte Bedrohung der
öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit im
Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen oder Tei-
len dieses Raums darstellen, so ist als Ultima Ratio die
Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengren-
zen vorgesehen.
Bevor der Rat auf Grundlage eines Vorschlags der Eu-
ropäischen Kommission als Ultima Ratio die vorüberge-
hende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnen-
grenzen empfiehlt, bewertet er, inwieweit eine derartige
Maßnahme eine angemessene Reaktion auf die Bedro-
hung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicher-
heit im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen
darstellen könnte und ob die Verhältnismäßigkeit zwi-
schen der Maßnahme und der Bedrohung gewahrt ist.
Dabei ist unter anderem die Verfügbarkeit technischer
oder finanzieller Unterstützungsmaßnahmen einzubezie-
hen, die auf nationaler und/oder europäischer Ebene in
Anspruch genommen werden könnten oder in Anspruch
genommen werden – einschließlich Hilfsmaßnahmen
durch EU-Einrichtungen wie die Grenzschutzagentur
FRONTEX, das Europäische Unterstützungsbüro für
Asylfragen, EASO oder Europol, sowie die Untersu-
chung, inwieweit derartige Maßnahmen eine angemes-
sene Reaktion auf Bedrohungen der öffentlichen Ord-
nung oder der inneren Sicherheit im Raum ohne
Kontrollen an den Binnengrenzen darstellen könnten.
Weitere Ausführungen im Sinne der Fragestellung
wurden durch die Bundesregierung beim JI-Rat am
7. Juni 2012 nicht gemacht.
Anlage 65
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Fragen
der Abgeordneten Aydan Özoğuz (SPD) (Drucksache
17/9888, Fragen 97 und 98):
Wie hoch sind die Kosten für den seit dem 1. Januar 2012
beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eingerichteten
Telefonservice „Beratungsstelle Radikalisierung“ – bitte mo-
natlich aufschlüsseln –, und aus welchem Titel des Bundes-
haushaltes werden diese beglichen?
Wie viele Anrufe von welchen Personengruppen – zum
Beispiel von Eltern, Lehrern, Freunden oder Mitschülern von
Betroffenen – sind seit Einrichtung der „Beratungsstelle Radi-
kalisierung“ eingegangen, und nach welchen Kriterien wur-
den die Anrufe erfasst?
Zu Frage 97:
Die Stellen für die Beratungsstelle Radikalisierung
wurden aus dem bisherigen Stellenplan des Bundesamts
für Migration und Flüchtlinge, BAMF, im Wege der in-
ternen Umpriorisierung erbracht, sodass keine zusätzli-
chen Stellen geschaffen wurden Die Personalkosten für
die Beratungsstelle Radikalisierung gehen somit zulas-
ten des Haushalts des BAMF.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 13. Juni 2012 21857
(A) (C)
(D)(B)
Derzeit sind zwei Mitarbeiter im höheren Dienst und
zwei Mitarbeiter im gehobenen Dienst in der Beratungs-
stelle Radikalisierung beschäftigt. Die Aufgaben umfas-
sen neben der Telefonberatung eine dauerhafte konzep-
tionelle Anpassung, den Aufbau eines bundesweiten
Beratungsnetzwerks sowie die Öffentlichkeitsarbeit.
Zu Frage 98:
Der dringende Bedarf für solche Beratungsstellen
wurde im Vorfeld durch die Schilderungen von Sicher-
heitsbehörden, Schulen, Beratungseinrichtungen freier
Träger sowie Betroffenen selbst deutlich und spiegelt
sich in den Anruferzahlen des Bundesamts für Migration
und Flüchtlinge, BAMF, wider. Obwohl die Beratungs-
stelle bislang kaum beworben wurde, sind bereits 25 An-
rufe bei der Beratungsstelle eingegangen, 10 davon wa-
ren ratsuchende Eltern, die eine Radikalisierung ihres
Kinds befürchten, sowie 2 aus dem sozialen Umfeld.
Hinzu kommen 5 Anrufe von Sicherheitsbehörden, die
fachlichen Rat benötigten. Die übrigen Anrufe erfolgten
von Journalisten oder von anderen Personen, die bei-
spielsweise Fragen zu Integrationsangeboten hatten. Zu-
dem haben sich in weiteren Fällen die Angehörigen, di-
rekt an eine der zivilgesellschaftlichen Beratungsstellen
gewandt.
Die Anrufe erfolgen auf Wunsch anonym, sodass nur
die vom Anrufer bekannt gegebenen Daten und der
Sachverhalt im BAMF erfasst werden.
183. Sitzung
Inhaltsverzeichnis
TOP 1 Befragung der Bundesregierung
TOP 2 Fragestunde
ZP 1 Aktuelle Stunde zum Transport einesTeppichs für Bundesminister Niebel
Anlagen