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    Plenarprotokoll 17/182 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 182. Sitzung Berlin, Freitag, den 25. Mai 2012 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 5: – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der interna- tionalen Sicherheitspräsenz in Kosovo auf der Grundlage der Resolution 1244 (1999) des Sicherheitsrates der Verein- ten Nationen vom 10. Juni 1999 und des Militärisch-Technischen Abkommens zwischen der internationalen Sicher- heitspräsenz (KFOR) und den Regie- rungen der Bundesrepublik Jugo- slawien (jetzt: Republik Serbien) und der Republik Serbien vom 9. Juni 1999 (Drucksachen 17/9505, 17/9768) . . . . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/9772) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Beyer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 31: a) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Volker Kauder, Dr. Frank- Walter Steinmeier, Gerda Hasselfeldt, Rainer Brüderle, Dr. Gregor Gysi, Renate Künast, Jürgen Trittin sowie weiteren Ab- geordneten eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Entschei- dungslösung im Transplantationsgesetz (Drucksachen 17/9030, 17/9774) . . . . . . . b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Trans- plantationsgesetzes (Drucksachen 17/7376, 17/9773) . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) . . . . . . . . Daniel Bahr, Bundesminister  BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Marlies Volkmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU) . . . . . . Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Stefanie Vogelsang (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Stephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 21675 B 21675 B 21675 D 21677 A 21678 C 21679 D 21680 C 21681 C 21682 C 21684 A 21682 D 21683 A 21683 B 21686 B 21687 D 21689 C 21690 D 21691 D 21693 C 21694 B 21695 C 21696 C 21697 C 21699 A 21700 A 21701 A Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Mai 2012 Tagesordnungspunkt 32: a) Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Gregor Gysi, Sabine Leidig, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Flughafen Berlin Brandenburg: Flugrouten, Lärmaus- wirkungen (Drucksachen 17/6942, 17/8514) . . . . . . . b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Herbert Behrens, Thomas Nord, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Änderung des Luftverkehrs- gesetzes (Drucksachen 17/8129, 17/9452) . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Renate Künast, Stephan Kühn, Dr. Anton Hofreiter, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Ursachen und Ver- antwortlichkeiten für das Berliner Flugha- fendebakel lückenlos aufklären – Chancen für besseren Lärmschutz nutzen (Drucksache 17/9740) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Karl-Georg Wellmann (CDU/CSU) . . . . . . Peter Wichtel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . Sören Bartol (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) . . . . . . . . Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Uwe Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP) . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniela Ludwig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Koeppen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 33: a) Antrag der Abgeordneten Marlene Mortler, Ingbert Liebing, Dr. Michael Fuchs, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU  sowie der Abgeordneten Horst Meierhofer, Jens Ackermann, Helga Daub, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Tourismus in ländli- chen Räumen – Potenziale erkennen, Chancen nutzen (Drucksache 17/9570) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Heinz Paula, Elvira Drobinski-Weiß, Hans-Joachim Hacker, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Tourismus in ländli- chen Räumen durch schlüssiges Ge- samtkonzept stärken (Drucksache 17/9571) . . . . . . . . . . . . . . . c) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fortschrittsbericht der Bundesregie- rung zur Entwicklung ländlicher Räume (Drucksache 17/8499) . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär  BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heinz Paula (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Alexander Süßmair (DIE LINKE) . . . . . . . . . Markus Tressel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Edmund Peter Geisen (FDP) . . . . . . . . . . Willi Brase (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Poland (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 34: a) Antrag der Abgeordneten Garrelt Duin, Hubertus Heil (Peine), Rolf Hempelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Für ein konzeptionelles Vorge- hen der Bundesregierung bei der Ener- giewende – Masterplan Energiewende  (Drucksache 17/9729) . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die Umsetzung des 10-Punkte-Sofortpro- gramms zum Energiekonzept (Drucksache 17/9262) . . . . . . . . . . . . . . . 21702 B 21702 D 21702 D 21703 A 21703 C 21705 C 21706 D 21707 B 21707 D 21708 C 21709 D 21710 C 21711 D 21713 C 21715 C 21713 C 21717 B 21718 A 21719 A 21719 D 21720 D 21721 D 21723 C 21724 D 21727 A 21727 A 21727 B 21727 C 21728 C 21730 B 21731 D 21733 B 21734 D 21735 C 21736 D 21738 A 21739 D 21739 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Mai 2012 III c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Ab- geordneten Bärbel Höhn, Sylvia Kotting- Uhl, Hans-Josef Fell, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ein Jahr Fukushima – Die Energiewende muss weitergehen (Drucksachen 17/8898, 17/9779) . . . . . . . Garrelt Duin (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Rolf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Breil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Koeppen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 35: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz, Volker Beck (Köln), Memet Kilic, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- rung des Grundgesetzes (Art. 5 – Informa- tionszugangsgrundrecht) (Drucksache 17/9724) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicole Gohlke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Edgar Franke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 7: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE: Demonstrationsfreiheit si- chern – Occupy-Proteste nicht kriminali- sieren Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . Erika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Stefan Ruppert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Armin Schuster (Weil am Rhein)  (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . . . Marco Buschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Maurer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . Sebastian Edathy (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zu den Abstim- mungen: – Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Entscheidungslösung im Transplantations- gesetz – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes (Tagesordnungspunkt 31 a und b) Heidrun Dittrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Raju Sharma (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Entscheidungslösung im Transplantations- gesetz – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes (Tagesordnungspunkt 31 a und b) Gabriele Molitor (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21740 A 21740 A 21741 C 21743 C 21745 B 21747 C 21747 C 21749 C 21750 D 21752 A 21753 C 21753 D 21754 D 21756 B 21757 C 21758 B 21759 A 21760 C 21753 D 21752 D 21763 C 21765 B 21766 D 21768 B 21769 B 21770 B 21771 C 21772 D 21774 A 21775 B 21776 B 21777 D 21778 C 21779 D 21781 A 21782 A 21782 B 21783 B 21783 D 21785 C 21786 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Mai 2012 21675 (A) (C) (D)(B) 182. Sitzung Berlin, Freitag, den 25. Mai 2012 Beginn: 8.30 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Mai 2012 21781 (A) (C) (D)(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Ahrendt, Christian FDP 25.05.2012 Bär, Dorothee CDU/CSU 25.05.2012 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 25.05.2012 Bareiß, Thomas CDU/CSU 25.05.2012 Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 25.05.2012 Becker, Dirk SPD 25.05.2012 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 25.05.2012 Brinkmann (Hildesheim), Bernhard SPD 25.05.2012 Dörner, Katja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 25.05.2012 Dött, Marie-Luise CDU/CSU 25.05.2012 Ferner, Elke SPD 25.05.2012 Dr. Fuchs, Michael CDU/CSU 25.05.2012 Gabriel, Sigmar SPD 25.05.2012 Gehring, Kai BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 25.05.2012 Gerdes, Michael SPD 25.05.2012 Granold, Ute CDU/CSU 25.05.2012 Groschek, Michael SPD 25.05.2012 Hagedorn, Bettina SPD 25.05.2012 Henke, Rudolf CDU/CSU 25.05.2012 Jung (Konstanz), Andreas CDU/CSU 25.05.2012 Dr. Jüttner, Egon CDU/CSU 25.05.2012 Krischer, Oliver BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 25.05.2012 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 25.05.2012 Dr. Lamers (Heidelberg), Karl A. CDU/CSU 25.05.2012* Lange, Ulrich CDU/CSU 25.05.2012 Dr. Lauterbach, Karl SPD 25.05.2012 Möller, Kornelia DIE LINKE 25.05.2012 Nestle, Ingrid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 25.05.2012 Nietan, Dietmar SPD 25.05.2012 Pieper, Cornelia FDP 25.05.2012 Ploetz, Yvonne DIE LINKE 25.05.2012 Rix, Sönke SPD 25.05.2012 Dr. Rossmann, Ernst Dieter SPD 25.05.2012 Schieder (Schwandorf), Marianne SPD 25.05.2012 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 25.05.2012 Schmidt (Aachen), Ulla SPD 25.05.2012* Schnurr, Christoph FDP 25.05.2012 Dr. Schockenhoff, Andreas CDU/CSU 25.05.2012 Dr. Schwanholz, Martin SPD 25.05.2012 Dr. Seifert, Ilja DIE LINKE 25.05.2012 Thönnes, Franz SPD 25.05.2012 Ulrich, Alexander DIE LINKE 25.05.2012 Zimmermann, Sabine DIE LINKE 25.05.2012  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 21782 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Mai 2012 (A) (C) (D)(B) Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zu den Abstimmungen: – Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Entscheidungslösung im Transplantations- gesetz – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes (Tagesordnungspunkt 31 a und b) Heidrun Dittrich (DIE LINKE): Ich stimme dage- gen, weil ich den Gesetzentwurf – Drucksachen 17/9030 und 17/7376 – ablehne, denn auch Organspenden unter- liegen der kapitalistischen Verwertbarkeit. Der illegale Handel mit Organen hat denselben Hin- tergrund wie der Frauen- und Mädchenhandel, nämlich Armut in anderen Ländern. Die Empfänger der Organe sind überwiegend reich, weiß und männlich. Armut muss an der Wurzel bekämpft werden. Die ungleiche Verteilung von Einkommen muss verändert werden. Or- ganspenden sollen weiterhin aus altruistischen Motiven geleistet werden. Dazu sollte es bei einem Aufruf zur freiwilligen Spende bleiben, aber mit der Aufklärung über den Bedarf an warmen Leichen. Der Hirntod wird in den industrialisierten westlichen Ländern unterschied- lich definiert. Das Handeln der Ärzte und Entnahmekli- niken darf nicht ohne die Überwachung einer Behörde mit Patientenbeteiligung geschehen. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Die Aufklärungspflicht von Kran- kenkassen kann nicht gewährleistet werden. Die Klini- ken verdienen an der Organentnahme und dem Aufbau eines Organpools. Das muss unterbunden werden. Die Gewebeentnahme, der in Verbindung mit der Organ- spende zugestimmt wird, dient nur der Pharmaindustrie. Auch hierüber muss aufgeklärt werden. Warum hat der Deutsche Bundestag keine wissen- schaftliche Anhörung zu diesem Gesetzentwurf durchge- führt wie sonst üblich? Das Verfahren läuft zu schnell, eine Diskussion mit den Bürgern und Beteiligten – Spendern, Empfängern, Selbsthilfeorganisationen – wurde nicht organisiert. Ich plädiere dafür, einen längeren demokratischen Diskus- sionsprozess in der Bevölkerung darüber zu führen, um Erfahrungen auszuwerten. Raju Sharma (DIE LINKE): Organspende ist ein wichtiges Thema – für Betroffene ein lebenswichtiges. Alle acht Stunden stirbt in Deutschland ein Schwerkran- ker, weil nicht rechtzeitig ein Spenderorgan zur Verfü- gung steht. Im Jahr 2011 wurden knapp 4 000 Organe gespendet, auf der Warteliste für ein Spenderorgan stan- den 12 000 Menschen. Dabei sind die praktischen Hür- den, sich für eine Organspende bereit zu erklären, nicht hoch. Im Internet, bei Behörden, Krankenhäusern, Arzt- praxen und vielen Initiativen kann man sich unbürokra- tisch einen Spendeausweis besorgen. Etwa 25 Prozent der Deutschen haben dies getan: freiwillig und bewusst – und genau das ist für mich in dieser wichtigen Frage ent- scheidend. Dieser Grundgedanke findet sich auch im deutschen Transplantationsgesetz mit der sogenannten Zustimmungslösung. Allerdings ist auch festzustellen, dass die Zahl der Menschen, die in Deutschland bereit sind, nach ihrem Tod Organe zu spenden, einer Studie zufolge rund drei- mal so hoch ist wie die Zahl der tatsächlich ausgegebe- nen Organspendenausweise. Insofern finde ich es grund- sätzlich richtig und nachvollziehbar, wenn der Versuch gemacht wird, durch eine Änderung des Transplanta- tionsgesetzes – unter Beibehaltung der Zustimmungslö- sung – die Aufklärung über die Möglichkeiten zur Or- ganspende zu verbessern und so gegebenenfalls auf eine größere Zahl von Organspenden hinzuwirken. Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzent- wurf ist dafür aus meiner Sicht jedoch nicht geeignet. Im Gegenteil: Er verstärkt die bestehende Intransparenz bei Verfahrens- und Entscheidungsprozessen und bringt des- halb keine wirkliche Verbesserung der Situation mit sich. Ich kann diesem Gesetzentwurf daher nicht zustim- men. Auch der Entwurf des Gruppenantrags fordert mehr Aufklärung und Information in der Bevölkerung über Organspenden ein und betont die Freiwilligkeit als wich- tiges Kriterium für eine Spende. Jedoch sieht er eine Ab- kehr von der aktuellen Zustimmungsregelung hin zu ei- ner Entscheidungslösung vor. In einem nächsten Schritt ist vorgesehen, dass die Spendenerklärung auf der elek- tronischen Gesundheitskarte festgehalten wird. Damit werden zwei hochsensible Themen miteinander ver- knüpft – einerseits die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte, die viele Bürgerinnen und Bürger an- gesichts der Diskussion um Datenschutz und Datenmiss- brauch verunsichert und ängstigt, und andererseits die gesellschaftliche Debatte um Organspenden, die eine Auseinandersetzung mit der eigenen Körperlichkeit und somit auch Sterblichkeit einfordert und somit stark emo- tional aufgeladen ist. Durch diese Verknüpfung wird das für mich entschei- dende Kriterium einer freiwilligen und bewussten Ent- scheidung grundlegend infrage gestellt: Zwar bleibt die Erklärung zur Organspende formal freiwillig, aber durch die Dokumentation der Entscheidung auf zentralen Da- tenservern bzw. auf der elektronischen Gesundheitskarte und die dadurch ermöglichte Kontrolle durch Dritte wie die Krankenkassen, auch nach Zustimmung, wird ein Druck auf die Bürgerinnen und Bürger ausgeübt, der die Freiwilligkeit, sich zu erklären – oder auch nicht –, fak- tisch erheblich einschränkt. Die Dokumentation der Spendeerklärung auf der elektronischen Speicherkarte birgt folgenschwere Ge- fahren, die das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das Speichermedium und somit ihre Entscheidung zu ei- ner Organspende massiv beeinträchtigten: Die elektroni- sche bzw. zentrale Speicherung hochsensibler persönli- cher Daten ist immer auch der Gefahr des Missbrauchs oder illegalen Gebrauchs ausgesetzt. Ich kann daher auch dem überfraktionellen Gruppenantrag nicht zustim- men. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Mai 2012 21783 (A) (C) (D)(B) Ziel einer Neuregelung des Transplantationsgesetzes soll es sein, über mehr Aufklärung und Information die Bereitschaft für Organspenden in der Bevölkerung zu steigern. Wie und wo die Spendenerklärung dokumentiert wird, ist aus meiner Sicht sekundär. Für die Beibehaltung einer Dokumentation auf dem Papier spricht außerdem, dass die Erklärung jederzeit ohne bürokratischen Auf- wand geändert werden kann und auch im Ausland als eine solche erkennbar ist. Daher habe ich zusammen mit 22 weiteren Kollegin- nen und Kollegen der Linksfraktion einen Änderungsan- trag vorgelegt, der das Anliegen, die Information der Be- völkerung über Organspenden zu verbessern, unterstützt, ohne die Freiwilligkeit der individuellen Entscheidung über eine Organspende infrage zu stellen. Ich hätte mir gewünscht, dass die Debatte um eine Neuregelung des Transplantationsgesetzes im Vorhinein dieser Abstimmung weitreichender und angemessen transparent geführt worden wäre. Eine weitere öffentli- che Anhörung hätte dazu einen wichtigen Beitrag leisten können. Dies war mehrheitlich jedoch nicht gewünscht; stattdessen wurden die Gesetzentwürfe aus meiner Sicht vorschnell aufgesetzt. Intransparenz und übereilte Entschei- dungen schaffen kein Vertrauen. Vertrauen, Aufklärung und Information sind jedoch die Grundvoraussetzungen, um die Bereitschaft zu erhöhen, mehr lebenswichtige Organe zu spenden. Dies zu fördern, sollte das Ziel einer Neurege- lung des Transplantationsgesetzes sein. Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zu den Abstimmungen: – Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Entscheidungslösung im Transplantations- gesetz – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes (Tagesordnungspunkt 31 a und b) Gabriele Molitor (FDP): Es ist ein großer Erfolg: Alle Fraktionen haben einen gemeinsamen Gesetzent- wurf zur Regelung der Entscheidungslösung im Trans- plantationsgesetz erarbeitet. Diese große und im parla- mentarischen Alltag sehr seltene Geschlossenheit zeigt, wie ernst wir unser Ziel nehmen. Wir wollen mehr Men- schen mit der Frage nach einer Organspende konfrontie- ren. Wir möchten, dass sie sich mit dem Thema aus- einandersetzen und eine Entscheidung fällen. Damit erreichen wir eine echte Verbesserung der Chancen auf ein Spenderorgan. Denn täglich müssen Menschen sterben, obwohl sie durch den medizinischen Fortschritt mithilfe einer Ge- webe- oder Organtransplantation behandelt werden könnten. Die Widerspruchslösung war für uns Liberale keine Alternative. Für mich und meine Fraktion ist klar, dass die Entscheidung, Organspender zu sein, freiwillig blei- ben muss. Einem fremden Menschen seine Organe zu hinterlassen, ist ein Akt der Nächstenliebe, bei dem der Charakter der Spende erhalten bleiben muss. Der Staat kann Nächstenliebe und Mitmenschlichkeit nicht gesetz- lich erzwingen. Mit der Entscheidungslösung setzen wir auf eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Thema und eine bewusste Entscheidung für die Organspende. Wir sind überzeugt: Auf diesem Weg erreichen wir mehr. Wir werden bewusst keinen Druck ausüben oder eine Entscheidung erzwingen. Jeder muss auch die Freiheit haben, sich nicht zu entscheiden. Mit dem Gesetz zur Änderung des Transplantations- gesetzes setzen wir eine europäische Richtlinie um. Da- mit legen wir Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Entnahmekrankenhäuser und Transplantationszentren fest. Außerdem führen wir flächendeckend Transplanta- tionsbeauftragte in den Krankenhäusern ein. Eine gute Organisation innerhalb der Krankenhäuser ist ein zentra- ler Faktor für die Gewinnung von Organspendern. Zudem wird die Rolle der Deutschen Stiftung Organ- transplantation – die Koordinierungsstelle für postmor- tale Organentnahmen – gestärkt. Gleichzeitig wird sie in Zukunft stärker von den sie tragenden Organisationen überwacht und muss regelmäßig dem Ausschuss für Ge- sundheit Bericht erstatten. Innerhalb der DSO hat es Organisationsprobleme ge- geben, und der Geschäftsführung wurde verschwenderi- sche Mittelverwendung vorgeworfen. Es wäre allerdings ein Fehler, bei menschlichem Fehlverhalten sofort nach einer Strukturveränderung zu rufen. Es gibt keinen Hin- weis, dass die Stiftungsstruktur verantwortlich ist für die Fehler der Vergangenheit. Wir geben der DSO die Mög- lichkeit, für Transparenz zu sorgen und Vertrauen zu- rückzugewinnen. Wir werden die Neuausrichtung der DSO aufmerk- sam und kritisch begleiten. Mit diesen beiden neuen Gesetzen schaffen wir Ver- trauen und Transparenz und sorgen für eine breite gesell- schaftliche Diskussion. Das ist die richtige Grundlage, um den Bürgerinnen und Bürgern die Entscheidung für eine Organspende zu erleichtern. Die breite Unterstüt- zung hier im Parlament ist dafür ein wichtiger Schritt. Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE): Wohl jede und jeder hier kennt das Märchen vom „Gevatter Tod“. Er erweist sich als der einzig Ehrliche unter allen, die für den armen Vater als Taufpate seines soundsovielten Kindes infrage kommen. Dafür gestattet der Tod ihm, als Heiler zu wir- ken und so seine Familie zu ernähren. Beide wenden ei- nen Trick an: Der Gevatter zeigt sich nur dem heilenden Vater am jeweiligen Krankenbett. Und nur, wenn er am Kopfende steht und seine Sense schärft, wird die oder der Kranke sterben. Mit allerlei Hokuspokus kann der Vater also in vielen Fällen als Heilsbringer auftreten. Aber er vergisst seine Herkunft nicht. Und er wird auch 21784 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Mai 2012 (A) (C) (D)(B) nicht hartherzig. Also versucht er in einem aussichtslo- sen Fall, selbst den Tod zu überlisten, indem er einfach das Bett umdreht. Plötzlich steht der Gevatter doch am Fußende des Kranken. So geschehen Wunder. Im Mär- chen. Erklärtes Ziel der heutigen Debatte ist die Erhöhung der Organspendebereitschaft. Ich halte das für ein fal- sches Ziel. Bitte missverstehen Sie mich nicht: Auch ich möchte Menschen helfen, und zwar so erfolgreich wie möglich. Diese Absicht unterstelle ich uns allen. Aber es nützt nichts, das Bett einfach umzudrehen. Ich halte den Weg über Organersatz für eine Sackgasse. Er ist ethisch be- denklich, wenig nachhaltig und weckt unerfüllbare Hoff- nungen. Ja, auch ich kenne bzw. kannte Menschen unter- schiedlichen Alters, die zweimal im Jahr „Geburtstag“ feiern bzw. feierten. Sie sind bzw. waren genauso oft glücklich wie andere Menschen auch. Sie genießen bzw. genossen jeden Tag ihres Lebens. So wie wir alle es tun sollten. Warum also bin ich dagegen, Ersatzorgane „spenden“ zu lassen? Leider beleuchten die Befürworterinnen und Befür- worter des Organersatzes – fast – immer nur die Emp- fängerseite. Sie stellen das Leid derjenigen dar, die drin- gend auf ein gesundes Organ warten. Und sie zeigen die glücklichen Gesichter nach erfolgreicher Implantation. Schon die erheblichen (Neben-)Wirkungen der sehr star- ken Medikamente, die sie regelmäßig einnehmen müs- sen, verschweigt man gern. Immerhin werden gelegent- lich Fragen nach der Herkunft ihres Ersatzorgans und dem Schicksal der Spenderin bzw. des Spenders aufge- worfen. Allerdings lassen sie sich – wegen des anony- men Verfahrens – praktisch nie beantworten. Viel seltener fällt das Schlaglicht auf die Spender- Seite und ebenso selten auf das Verfahren, mit dem die Organe gewonnen werden. Warum eigentlich? Und noch etwas fällt mir auf: Der dieser Debatte zugrunde lie- gende Antrag legt großen Wert darauf, „Organe und Ge- webe“ gewinnen zu wollen. Ich weiß kaum, was damit gemeint ist. Noch weniger, wem welche Gewebeart bzw. -teile mit welchem therapeutischen Effekt implantiert wurden. Treffen möglicherweise Gerüchte zu, dass sie Firmen und Instituten zu Forschungszwecken zur Verfü- gung gestellt werden? Womöglich als Rohstoff zur Pro- duktion von Medikamenten? Gar von Kosmetika? In mir herrscht diesbezüglich große Unsicherheit. Wissen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, die diesem Antrag nachher vermutlich zustimmen werden, hier wirklich Bescheid? Ich weiß nur, dass zur Organentnahme – euphemis- tisch „Spende“ genannt – „warme Leichen“ gebraucht werden. Dafür kreierten findige Medizinjuristen eigens den „Hirntod“. Alles, was ich darüber weiß, lässt mich jedoch schaudern. Hirntod ist mir nicht tot genug. Wie anders soll ich es bewerten, dass hirntote Frauen noch gesunde Babys zur Welt bringen können? Jüngere For- schungen belegen sogar, dass mit dem sogenannten Hirntod nicht einmal der unwiderrufliche Sterbeprozess begonnen hat. Auf der anderen Seite sollen hirntote Pa- tienten – schon der Begriff ist absurd – nicht mit schmerzlindernden Medikamenten versorgt werden, wenn sie auf den günstigsten Zeitpunkt für die Entnahme warten müssen. Das verdürbe nämlich die Qualität der Organe. All dies lässt mir die Organentnahme ethisch äußerst bedenklich erscheinen. Können wir das wirklich wollen? Wollen Sie, können wir das wirklich noch wei- ter stimulieren? Einen weiteren Ablehnungsgrund sehe ich in der nicht vorhandenen Nachhaltigkeit des gesamten Organ- ersatzprozesses. Die Erfahrung zeigt, dass die Nachfrage wesentlich stärker ansteigt als das Angebot. Die Autoren des Antrags ziehen daraus die Schlussfolgerung, das An- gebot zu erhöhen. Ich erlaube mir die Frage: Wie kommt es, dass wir hier solche Marktbegriffe verwenden, wenn doch – angeblich – weder die Spender bezahlt werden noch die Empfänger bezahlen dürfen? Es ist ein offenes Geheimnis, dass es diesen Markt so lange gar nicht gab, wie die mit dem Organersatz verbundene Verheißung neuen Lebens nicht in reale Greifbarkeit gerückt zu sein schien. Und es ist ein weiteres offenes Geheimnis, dass – selbst wenn nicht gegen Gesetze verstoßen wird – zwi- schen der Entnahme und der Einpflanzung sehr viel Geld im Spiel ist. Da sind die Gehälter der Ex- und Implanta- tionsteams, da sind Konservierungs- und Transportkos- ten, da sind allgemeine Klinik- und sonstige Aufwen- dungen. Auch das Finden der/des geeignetsten Empfängerin/Empfängers ist mit erheblichen Labor-, Computer- und sonstigen Testkosten verbunden. Nie- mand tue also so, als sei Organersatz eine rein karitative Veranstaltung. An jeder der oben genannten Stationen wird auch verdient. Logischerweise sind die dort agie- renden Personen und Institutionen nicht frei von sehr handfesten ökonomischen Interessen. Das macht ihre Werbung um mehr Organe nicht gerade vertrauenswür- diger, erst recht nicht, wenn inzwischen internationale Studien eindeutig belegen, dass Organhandel – insbeson- dere zulasten ärmerer Bevölkerungsschichten in Asien und Afrika – inzwischen gang und gäbe ist. Zudem bele- gen diese Studien, dass den Organverkäufern – meist sind es ja Männer – nicht wirklich geholfen wird. Spä- testens nach einem Jahr ist ihre und die Not ihrer Fami- lien wieder genauso groß, nicht selten durch die gesund- heitsschädigenden Nachwirkungen sogar größer als vorher. Es entstand also ein Markt, der ausschließlich zu- lasten ärmerer Bevölkerungskreise wirkt und auf dem der Bedarf immer weiter ansteigt, was die Preise in im- mer utopischere Regionen treibt. Soziale und medizini- sche Nachhaltigkeit sieht gänzlich anders aus. Wenn nicht so große Ressourcen – medizinischer, wissenschaftlicher, logistischer, apparatetechnischer und nicht zuletzt werbetechnischer Natur – in die weitere Perfektionierung des Organersatzes, sondern in ethisch weniger bis gar nicht bedenkliche Bereiche gelenkt wür- den, kämen wir, der Gesetzgeber, unseren Pflichten mei- nes Erachtens weit näher. Schließlich aber – und das ist fast mein wichtigstes Argument – weckt die bloße Möglichkeit des Organer- satzes falsche, unerfüllbare Hoffnungen, nämlich die, ei- nem ewig jungen, ewig gesunden, ja, einem ewigen Le- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Mai 2012 21785 (A) (C) (D)(B) ben nahekommen zu können. Ich weiß, dass die meisten Befürworterinnen und Befürworter dieser Methode das weit von sich weisen: Niemals würden sie so etwas sa- gen! Nein. Aber Sie wissen so gut wie ich, dass jede Aussage auch einen Subtext hat. Hier wird nun einmal die Illusion genährt, man könne sich reparieren lassen. Das wiederum widerspricht meinem Menschenbild dia- metral. Wir sind nun einmal sterblich. Das ist eine der weni- gen Gewissheiten in unser Leben. Und wir werden krank. Manchmal nur kurzfristig, gelegentlich für einen längeren Zeitraum. Einige von uns gestalten ihr Leben mit Merkmalen, die andere als krank, unnormal oder eben behindert betrachten. Aber jeder und jedem von uns wohnt die gleiche Würde inne, unabhängig davon, wie nahe unser Lebenslauf einem Idealbild kommen oder wie weit er auch davon entfernt sein mag. Wer das Bild des Menschen lobt, lobt die Unvollkommenheit, gleichgültig ob dieses Lob religiös von einem allmächti- gen Schöpfer hergeleitet wird oder nicht. Was also sage ich denen, die – von der Möglichkeit des Organersatzes wissend – auf ein lebensrettendes Er- satzorgan hoffen? Wie kann ich ihnen erhobenen Haup- tes unter die Augen treten, wenn ich ihnen doch sagen muss: „Ja, deine Stunde ist gekommen. Eines deiner le- benswichtigen Organe versagt. Es ist nicht ersetzbar, ohne einem anderen Menschen das Leben zu verkür- zen“? Das ist sehr schwer. Aber menschliche Organe sind nun einmal nicht wie Hüftgelenke künstlich her- stellbar – für jeden, also auch für mich. Und doch bin ich bereit, so zu handeln. Denn gleichzeitig können – und müssen! – wir sagen: Du musst dich nicht quälen. Wir entwickeln die Dialyse weiter, sodass auch mit ihr gutes Leben gestaltet werden kann. Wir werden bequemere Atemgeräte bauen, mit denen ihr eure Teilhabe organi- sieren könnt. Und wir sorgen für gut ausgestattete Hos- pize, wenn ihr sie braucht. Selbstverständlich steht euch jede schmerzlindernde Palliativmedizin zur Verfügung, zu Hause oder im Hospiz. Ich will also nicht kaltherzig das Bett, an dessen Kopfende Gevatter Tod seine Sense wetzt, stehen lassen, sondern dafür sorgen, dass der Tod und das Sterben nicht länger aus unserem Alltagsleben verdrängt werden. Meine Erfahrung besagt, dass die wenigsten Menschen – und je älter, desto weniger – sich wirklich vor dem Tod fürchten. Aber sehr viele haben Angst vor dem Sterben. Das soll schmerzfrei und schnell – möglichst unbe- merkt – geschehen. Ein sehr verständlicher Wunsch. Den Tod – und sei es über das Bild des gütigen Gevat- ters – in unser Alltagsleben zu holen, heißt, über ihn zu reden. Am Frühstückstisch. Im Rahmen der Familie. Nicht täglich, aber immer wieder einmal. So können wir über unsere Unvollkommenheit nachdenken, ohne sie zu kritisieren. So können wir uns beizeiten darüber klar werden, wie mit unserem Leichnam umgegangen wer- den soll. So können wir einander auch Trost zusprechen, wo dieser gebraucht wird. Die Autorinnen und Autoren des vorliegenden An- trags verweisen ganz am Anfang ihres Textes darauf, dass es darauf ankomme, den Bedarf an Ersatzorganen möglichst gar nicht erst aufkommen zu lassen. Ja! Die- sen Punkt unterstütze ich aus vollem Herzen: Lasst uns ein wirksames Präventionsgesetz verabschieden. Das ist die ureigene Aufgabe des Gesetzgebers, also die unsere. Es muss neben medizinischen zahlreiche weitere Berei- che umfassen: vom sozialen Umfeld bis zu Investitionen in barrierefreie Umweltgestaltung, von der Allgemein- bildung bis zur fähigkeitsunterstützenden Assistenz. Lasst uns diesen Weg gehen! Er führt nicht nur aus der Sackgasse heraus, sondern weit in die Zukunft. Und: Lasst uns – parallel dazu – den Tod zum Gevat- ter machen! Ohne Tricks. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Seit einigen Jahren verfüge ich über einen Organspendeaus- weis, auf dem ich angekreuzt habe, dass ich gestatte, dass nach der ärztlichen Feststellung meines Todes mei- nem Körper Organe und Gewebe entnommen werden können. Diese Entscheidung habe ich in vollem Be- wusstsein getroffen. Ich weiß, dass in diesem Fall der Begriff Tod den Hirntod, nicht jedoch den Herztod be- zeichnet. Ich bin also bereit, am Ende meines Lebens Teile meines Körpers Menschen zu geben, die auf diese Weise vielleicht länger oder bei besserer Gesundheit le- ben können. Ich habe diese Entscheidung auch meinen Angehöri- gen mitgeteilt. Und ich habe mir die Möglichkeit offen- gelassen, von dieser Entscheidung wieder zurückzutre- ten. Dem interfraktionellen Gesetzentwurf zur Regelung der Entscheidungslösung im Transplantationsgesetz kann ich jedoch nicht zustimmen. Zwei Gründe will ich dafür anführen: Der erste betrifft die Frage, dass die Krankenkassen in regelmäßigen Abständen ihre Kunden nicht nur über das Thema Organspende informieren, sondern auch darum bitten sollen, eine Entscheidung dafür oder dagegen mit- zuteilen. Das halte ich für falsch. Denn auch wenn wir heute immer wieder den Autoritätsverlust von Institutio- nen sowie den mangelnden Respekt der Bürgerinnen und Bürger vor Institutionen beklagen, so gibt es doch auch Menschen, die sich durch ein solches Schreiben ver- pflichtet fühlen. Es wird so Druck ausgeübt in einer Frage, die nach sehr gründlicher persönlicher Auseinan- dersetzung mit dem eigenen Tod verlangt, aber keines- falls unter Druck entschieden werden darf. Ein offiziel- les Schreiben mit der Aufforderung, sich zu entscheiden, erzeugt zumindest moralischen Druck. Der zweite Grund ist die geplante Eintragung der Ent- scheidung auf der elektronischen Gesundheitskarte. Da- mit hat der, der sich zu einer Organspende entschieden hat, nur noch mit einem gewissen Aufwand die Möglich- keit, von dieser Entscheidung zurückzutreten. Es kann doch aber Situationen, Erlebnisse, neue Erkenntnisse des potenziellen Organspenders geben, dass er seine Sicht auf das Thema Organspende ändert. Ich kann meinen Spenderausweis einfach vernichten und meine Angehö- rigen über meinen Sinneswandel informieren. Mit dem Eintrag auf der elektronischen Gesundheitskarte erfor- 21786 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Mai 2012 (A) (C) (D)(B) dert dieser Sinneswandel jedoch zumindest noch die Kontaktaufnahme mit der entsprechenden Kranken- kasse. Zwischen der persönlichen Entscheidung und der Dokumentation der Entscheidung vergeht also Zeit, die dazu führen kann, dass im Todesfall dessen, der sich von seiner Spendenabsicht abgewandt hat, gegen seinen Wil- len gehandelt wird. Auch wenn das nur in wenigen Fäl- len passieren sollte, halte ich deshalb die Beibehaltung des derzeitigen Spenderausweises als einzige schriftliche Dokumentation des Spenderwillens für geboten. Anlage 4 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 896. Sitzung am 11. Mai 2012 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzu- stimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Gesetz zu dem Vertrag vom 30. November 2011 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Zentralrat der Juden in Deutschland – Kör- perschaft des öffentlichen Rechts – zur Änderung des Vertrages vom 27. Januar 2003 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Zentral- rat der Juden in Deutschland – Körperschaft des öffentlichen Rechts – zuletzt geändert durch den Vertrag vom 3. März 2008 – Gesetz zur Umsetzung der Hochqualifizierten- Richtlinie der Europäischen Union – Gesetz zur Stärkung der Pressefreiheit im Straf- und Strafprozessrecht (PrStG) – Gesetz zur Änderung des Eurojust-Gesetzes – Gesetz zu dem Abkommen vom 12. Oktober 2011 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Indien über Soziale Sicherheit – Gesetz zu der Siebten Änderung des Übereinkom- mens über den Internationalen Währungsfonds (IWF) – Gesetz zu den Änderungen vom 30. September 2011 des Übereinkommens vom 29. Mai 1990 zur Errichtung der Europäischen Bank für Wieder- aufbau und Entwicklung – Gesetz zu dem Abkommen vom 19. September 2011 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen – Gesetz zu dem Übereinkommen vom 25. Novem- ber 2011 über die Errichtung des Sekretariats der Partnerschaft für öffentliche Gesundheit und so- ziales Wohlergehen im Rahmen der Nördlichen Dimension (NDPHS) – Gesetz zur Änderung des Übereinkommens vom 17. März 1992 zum Schutz und zur Nutzung grenzüberschreitender Wasserläufe und interna- tionaler Seen – Gesetz zu dem Vertrag vom 2. Dezember 2010 über die Errichtung des Funktionalen Luftraum- blocks „Europe Central“ zwischen der Bundesre- publik Deutschland, dem Königreich Belgien, der Französischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande und der Schweizerischen Eidgenossenschaft (FABEC- Vertrag) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parla- mentarischen Versammlung der NATO Frühjahrstagung der Parlamentarischen Versammlung der NATO vom 27. bis 30. Mai 2011 in Varna, Bulgarien – Drucksachen 17/8969, 17/9454 Nr. 1.2 – – Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Inter- parlamentarischen Union 125. Versammlung der Interparlamentarischen Union vom 16. bis 19. Oktober 2011 in Bern, Schweiz – Drucksachen 17/9075, 17/9454 Nr. 1.3 – Ausschuss für Gesundheit – Zwischenbericht der Enquete-Kommission Ethik und Recht der modernen Medizin Organlebendspende – Drucksache 15/5050 – Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – Bericht gemäß § 56a GO-BT des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Technikfolgenabschätzung (TA) Innovationsreport Blockaden bei der Etablierung neuer Schlüsseltechnolo- gien – Drucksache 17/2000 – – Bericht gemäß § 56a GO-BT des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Technikfolgenabschätzung (TA) Politikbenchmarking Medizintechnische Innovationen – Herausforderungen für die Forschungs-, Gesundheits- und Wirtschaftspoli- tik – Drucksache 17/3952 – – Bericht gemäß § 56a GO-BT des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Technikfolgenabschätzung (TA) Innovationsreport Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Mai 2012 21787 (A) (C) (D)(B) Zukunftspotenziale und Strategien nichtforschungsin- tensiver Industrien in Deutschland – Auswirkungen auf Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung – Drucksache 17/4983 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unions- dokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Be- ratung abgesehen hat: Auswärtiger Ausschuss Drucksache 17/9475 Nr. A.1 EuB-BReg 16/2012 Drucksache 17/9475 Nr. A.2 EuB-BReg 21/2012 Drucksache 17/9475 Nr. A.3 EuB-BReg 23/2012 Drucksache 17/9475 Nr. A.5 EuB-BReg 25/2012 Drucksache 17/9475 Nr. A.6 EuB-BReg 26/2012 Drucksache 17/9475 Nr. A.7 EuB-BReg 27/2012 Drucksache 17/9475 Nr. A.8 EuB-BReg 28/2012 Drucksache 17/9475 Nr. A.9 EuB-BReg 29/2012 Drucksache 17/9475 Nr. A.10 EuB-BReg 30/2012 Drucksache 17/9647 Nr. A.1 EP P7_TA-PROV(2012)0088 Drucksache 17/9647 Nr. A.2 EP P7_TA-PROV(2012)0089 Rechtsausschuss Drucksache 17/9252 Nr. A.1 Ratsdokument 6886/12 Haushaltsausschuss Drucksache 17/8856 Nr. A.7 Ratsdokument 5352/12 Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Drucksache 17/8426 Nr. A.31 Ratsdokument 18102/11 Drucksache 17/8515 Nr. A.32 Ratsdokument 18597/11 Drucksache 17/9475 Nr. A.15 Ratsdokument 8257/12 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft  und Verbraucherschutz Drucksache 17/9647 Nr. A.9 Ratsdokument 8441/12 Drucksache 17/9647 Nr. A.10 Ratsdokument 8558/12 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 17/8227 Nr. A.37 Ratsdokument 16796/11 Drucksache 17/8426 Nr. A.40 EP P7_TA-PROV(2011)0544 Drucksache 17/8967 Nr. A.10 Ratsdokument 6551/12 Drucksache 17/8967 Nr. A.11 Ratsdokument 6552/12 Drucksache 17/9130 Nr. A.9 Ratsdokument 7315/12 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit  und Entwicklung Drucksache 17/8856 Nr. A.19 Ratsdokument 5820/12 Drucksache 17/9475 Nr. A.22 Ratsdokument 8030/12 Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 17/7423 Nr. A.44 Ratsdokument 14268/11 Drucksache 17/7918 Nr. A.25 Ratsdokument 16291/11 Drucksache 17/8426 Nr. A.59 EP P7_TA-PROV(2011)0506 Drucksache 17/8673 Nr. A.16 Ratsdokument 18955/11 182. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 5 KFOR-Einsatz TOP 31 Transplantationsgesetz TOP 32, ZP 6 Flughafen Berlin-Brandenburg TOP 33 Tourismus in ländlichen Räumen TOP 34 Umsetzung der Energiewende TOP 35 Grundrecht auf Informationszugang ZP 7 Aktuelle Stunde zu Demonstrationsfreiheit undOccupy-Protesten Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Rüdiger Veit


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Zunächst einmal an Ihre Adresse, Frau Buchholz: Es
    gibt durchaus einige Sozialdemokraten, die sich mit dem
    Kernanliegen der Occupy-Bewegung identifizieren
    könnten und womöglich an der Demonstration hätten
    teilnehmen können.


    (Christine Buchholz [DIE LINKE]: Andrea Ypsilanti war auch da!)


    – Ist ja in Ordnung. Ich persönlich wollte Ihnen gerade
    sagen, warum ich nicht dort war: Zur gleichen Zeit fand
    in Berlin ein Familienfest statt. Ansonsten hätte ich in-
    haltlich keine Probleme gehabt, an einer Demonstration
    teilzunehmen.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Kollegin Steinbach muss ich allerdings in einigen
    Punkten widersprechen. Zunächst einmal ist es schön,
    dass Sie sich um unsere Jusos in Frankfurt Gedanken
    machen.


    (Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Wenn Sie es schon nicht machen!)


    – Das tun wir manchmal auch, vielleicht aus anderen
    Gründen. – In diesem Punkt kann ich es aber nicht bean-
    standen, wenn sie sich mit den Inhalten und den Zielen

    der Demonstration identifizieren und sich mit anderen
    Sozialdemokraten gegebenenfalls daran beteiligt ha-
    ben – ganz im Gegenteil.

    Um es einmal überspitzt zu formulieren: Es waren
    Ihre Parteifreundinnen und -freunde, Frau Kollegin
    Steinbach – der hessische Innenminister Rhein, die
    Oberbürgermeisterin Roth und der Ordnungsdezernent
    Frank –, die die Stadt Frankfurt und damit auch das Land
    Hessen in, wie ich finde, ziemlich unerträglicher Weise
    in ihrem Image geschädigt und ihren Ruf ausgesprochen
    blamiert haben.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Frankfurt bezeichnet sich gerne als die Hauptstadt des
    europäischen Kapitals. Deswegen waren die Occupy-
    Aktivisten durchaus an der richtigen Adresse. Wo anders
    als im Bankenviertel hätte man gegen das, was vielleicht
    nicht alle hier im Hause, aber einige Sozialdemokraten
    und auch andere beklagen, demonstrieren sollen, wo
    sonst hätte man die Verursacher der Finanzkrise in die
    Verantwortung nehmen sollen und dafür kämpfen sollen,
    dass diejenigen nicht davonkommen, die die Finanz- und
    Euro-Krise mit verursacht haben bzw. mit falschen Mit-
    teln bekämpfen wollen? Aber diese Diskussion würde
    jetzt hier im Plenum zu weit führen.

    Es verhielt sich vielmehr umgekehrt: Die, gegen die
    demonstriert werden sollte, waren diejenigen, die es
    nicht ausgehalten haben; man könnte fast sagen: Das
    große Kapital hatte große Angst


    (Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    vor Krankenhausbetten und Einkaufswagen. Man glaubt
    es kaum!

    Frau Kollegin Steinbach, Ihre Ausführungen haben
    mich nicht überzeugt. Denn ich meine, man muss nach
    vier Tagen der Blockupy-Aktivität bzw. Nichtaktivität,
    weil viele Aktionen nicht stattfinden konnten, sagen:
    Das Bündnis der Demonstranten, die friedlich waren, hat
    gewonnen, die Stadt, ein Stück weit auch das Land Hes-
    sen haben sich blamiert. Ich bleibe dabei.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Ich habe jetzt keine große Lust – das wird vielleicht
    ein Kollege von mir noch machen –, Ausführungen dazu
    zu machen, warum die rechtliche Erwägung seitens der
    Stadt, seitens des Verwaltungsgerichts Frankfurt und sei-
    tens des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vielleicht
    richtig gewesen sein könnte, dass man eine dreitägige,
    dauerhafte Blockade mit vielen Tausend Menschen in-
    nerhalb eines Innenstadtkerns selbst bei Beachtung des
    Rechts der Versammlungsfreiheit und der Meinungs-
    äußerung kritisch sehen muss, wenn es um die Frage
    geht, ob dadurch andere Grundrechtsträger hätten beein-
    trächtigt werden können.


    (Erika Steinbach [CDU/CSU]: Bundesverfassungsgericht!)






    Rüdiger Veit


    (A) (C)



    (D)(B)


    Es ist doch eines festzuhalten – das ist das Blamable –:
    Frankfurt wollte das Ganze völlig plattmachen. Erst das
    Verwaltungsgericht Frankfurt und der Hessische Verwal-
    tungsgerichtshof mussten entscheiden: Die Demonstra-
    tion jedenfalls darf stattfinden. Es war die Stadt, die im
    Übrigen gegen den entsprechenden Beschluss des Ver-
    waltungsgerichts Frankfurt dann auch noch in die zweite
    Instanz gegangen ist, um es dort verbieten zu lassen.
    Deswegen ist es richtig, wenn ich vorhin gesagt habe:
    Die Stadt hat sich blamiert; das Bündnis und die Idee,
    die es vertreten hat, haben im Grunde genommen ge-
    wonnen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


    Ich sprach von der Angst. Da würde ich gerne mit ei-
    nem Zitat aus der FAZ schließen:

    Solch große Angst kann nur einem schlechten Ge-
    wissen entspringen. Man denkt an die hübsche Ma-
    xime von Georges Pompidou, nach der eine Revo-
    lution dann gesiegt hat, wenn sich die Idee ihrer
    Unvermeidlichkeit in den Köpfen ihrer Gegner fest-
    gesetzt hat. Und wenn eine ganze Stadt, eine ganze
    Branche sich aus lauter Angst tot stellt, so sieht das
    schon sehr eingeschüchtert aus.


    (Beifall bei der SPD und der LINKEN – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Nicht aus Angst! Aus Sorge um die Menschen!)




Rede von Petra Pau
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege

Dr. Stefan Ruppert.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Stefan Ruppert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

    Herren! Die Gewährung der Versammlungsfreiheit und
    der Demonstration derer, die genau gegen das demons-
    trieren, was man vielleicht selbst für richtig und wichtig
    erachtet, beweist oft ein wirklich liberales Grundrechts-
    verständnis. Insofern war ich durchaus erleichtert, als ich
    gelesen habe – ich kann es nicht beurteilen –, dass die
    Hauptdemonstration von Occupy weitgehend friedlich
    verlaufen ist.


    (Zuruf von der LINKEN: Es ist so! Wir waren dabei!)


    Auf der anderen Seite sind Sie es sehr häufig, die
    dann, wenn Menschen demonstrieren, die nicht Ihrer
    Meinung und auch nicht unserer Meinung sind – Men-
    schen von pro NRW und anderen Gruppierungen –, da-
    nach rufen, ebendiese Versammlungsfreiheit einzu-
    schränken.


    (Christine Buchholz [DIE LINKE]: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!)


    Glauben Sie mir: Bei all diesen Demonstrationen be-
    schleicht mich oft das Gefühl, dass die Demonstranten

    genau das Gegenteil dessen sagen, was ich persönlich
    denke, und trotzdem setze ich mich dafür ein, dass die
    Demonstrationsfreiheit und die Versammlungsfreiheit
    geschützt werden.

    Nur, im Fall von Occupy gingen die Dinge etwas wei-
    ter. Glauben Sie mir: Beim Bundesverfassungsgericht
    gibt es seit vielen Jahren eine gefestigte Rechtsprechung,
    die sich regelmäßig pro Versammlungsfreiheit aus-
    spricht. Ich habe schon ein Zutrauen in unsere Gerichte,
    dass das Verbot einer Versammlung, das hier ausgespro-
    chen und von allen Instanzen bestätigt worden ist – auch
    vor dem Bundesverfassungsgericht hatte das Verbot Be-
    stand –, nicht einer Willkür entsprang, sondern sehr
    wohl begründet war.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Sie tun ja so, als ob Sie einzelne schwer vermögende
    Banker sozusagen daran gehindert hätten, ihren ver-
    meintlichen „Untaten“ nachzugehen.


    (Rüdiger Veit [SPD]: Das hat die Polizei geschafft!)


    Nein, dieses Bündnis hatte zum Ziel, Teile der gesamten
    Stadt sozusagen in Geiselhaft zu nehmen.


    (Christine Buchholz [DIE LINKE]: Das war die Polizei! Das waren nicht wir!)


    Ich weiß, wovon ich spreche: Ich wohne da und wollte
    an dem Tag mit dem Zug nach Karlsruhe bzw. Mann-
    heim fahren. Das war nicht zielgenau, sondern das wäre
    eine Zumutung für viele Bürger dieser Stadt gewesen,
    wenn Sie die Dinge hätten so durchziehen können, wie
    das damals intendiert war.


    (Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Karin Binder [DIE LINKE])


    Grundsätzlich halte ich es für gut, dass eine Demons-
    tration stattgefunden hat, wenn ich auch deren Inhalte
    nicht teile. Ich bin aber zugleich froh, dass es nicht mög-
    lich war, die gesamte Stadt Frankfurt und all diejenigen
    sozusagen in Geiselhaft zu nehmen, die überhaupt nichts
    mit den Banken zu tun haben, nämlich Menschen, die
    einfach nur dort leben und ihrer Arbeit nachgehen.


    (Christine Buchholz [DIE LINKE]: Das war die Polizei! Das waren nicht wir!)


    Insofern war das Ganze absolut verhältnismäßig.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN)


    Ich will jetzt nicht zu sehr ins Parteipolitische abglei-
    ten, möchte aber Folgendes feststellen: Sie haben zu die-
    ser Frage eine ganz klare Meinung, ebenso wie CDU/
    CSU und FDP. Diese Meinungen sind diametral entge-
    gengesetzt. Ganz interessant in diesem Zusammenhang
    ist die Haltung der Frankfurter Grünen dazu. Auf der ei-
    nen Seite bilden sie mit den Magistrat – wobei der Ord-
    nungsdezernent nur ein Teil der ganzen Veranstaltung ist
    – und tragen somit politische Verantwortung für diese
    Stadt, auf der anderen Seite kritisieren sie in der Person
    des Fraktionsvorsitzenden vehement, dass so viel unter-





    Dr. Stefan Ruppert


    (A) (C)



    (D)(B)


    sagt worden ist. Ich bewundere oft diese Taktik der Grü-
    nen, sowohl für das eine als auch für das andere zu sein.
    Als überzeugter Demokrat jedoch müsste man sich ir-
    gendwann doch einmal für eine Meinung entscheiden.
    Dafür kann ich nur plädieren.


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


    Sie haben das auch bei der Frankfurter Oberbürger-
    meisterwahl sehr geschickt gemacht – hier könnte man
    in eine genauere Exegese gehen –, indem Sie nämlich so
    getan haben, als ob Sie eigentlich für die Veranstaltung
    seien,


    (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommen Sie vom Thema ab!)


    dann aber daran mitgewirkt haben, diese Veranstaltung
    zu verbieten.

    Am Ende bleibt: Wir müssen auch die Versammlun-
    gen aushalten, die uns von den Inhalten her nicht gefal-
    len. Das tun wir. Wir müssen uns aber nicht gefallen las-
    sen, dass eine Versammlung eine gesamte Stadt in
    Geiselhaft nimmt. Das ist in Frankfurt zum Glück unter-
    blieben. Dafür bin ich ausgesprochen dankbar.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)