Plenarprotokoll 17/181
            Deutscher Bundestag
            Stenografischer Bericht
            181. Sitzung
            Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012
            I n h a l t :
            Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord-
            neten Wolfgang Gunkel und Dr. Egon
            Jüttner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Entsendung des Abgeordneten Michael
            Grosse-Brömer als ordentliches Mitglied im
            Vermittlungsausschuss und im Gemeinsa-
            men Ausschuss gemäß Art. 53 a des
            Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Erweiterung und Abwicklung der Tagesord-
            nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Absetzung der Tagesordnungspunkte 3, 16
            und 25 a und b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . .
            Zusatztagesordnungspunkt 2:
            Eidesleistung des Bundesministers für
            Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
            heit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Präsident Dr. Norbert Lammert . . . . . . . . . . .
            Peter Altmaier, Bundesminister 
            BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 9:
            a) Zweite und dritte Beratung des von den
            Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
            BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrach-
            ten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
            rung des Grundgesetzes (Artikel 93)
            (Drucksachen 17/9392, 17/9733) . . . . . . .
            b) Zweite und dritte Beratung des von den
            Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
            BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrach-
            ten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbes-
            serung des Rechtsschutzes in Wahl-
            sachen
            (Drucksachen 17/9391, 17/9733) . . . . . . .
            c) Zweite und dritte Beratung des von den
            Abgeordneten Halina Wawzyniak, Jan
            Korte, Ulla Jelpke, weiteren Abgeordne-
            ten und der Fraktion DIE LINKE ein-
            gebrachten Entwurfs eines Gesetzes
            zur Stärkung des Rechtsschutzes im
            Wahlrecht durch Einführung der
            Sonneborn-Regelung
            (Drucksachen 17/7848, 17/9748) . . . . . . .
            Dr. Günter Krings (CDU/CSU) . . . . . . . . . . .
            Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . . .
            Dr. Stefan Ruppert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . .
            Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . .
            Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Thomas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU) . . . .
            Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . .
            Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 4:
            Antrag der Abgeordneten Anette Kramme,
            Gabriele Lösekrug-Möller, Hubertus Heil
            (Peine), weiterer Abgeordneter und der Frak-
            tion der SPD: Chancen eröffnen und Fach-
            kräfte sichern
            (Drucksache 17/9725) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . .
            21467 A
            21467 B
            21467 B
            21468 C
            21468 C
            21468 D
            21468 D
            21469 A
            21469 C
            21469 D
            21469 D
            21470 A
            21471 C
            21472 B
            21473 C
            21474 B
            21475 A
            21476 A
            21477 B
            21479 D
            21477 D
            21478 A
            Inhaltsverzeichnis
            II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012
            Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . .
            Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . .
            Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . .
            Johannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP) . . . . . . .
            Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . .
            Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . .
            Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . .
            Sigmar Gabriel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . .
            Agnes Alpers (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . .
            Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . .
            Heidrun Dittrich (DIE LINKE) . . . . . . . . .
            Anette Kramme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Axel Knoerig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . .
            Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 36:
            a) Erste Beratung des vom Bundesrat einge-
            brachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur
            Änderung des Strafgesetzbuchs – Auf-
            nahme menschenverachtender Tatmo-
            tive als besondere Umstände der Straf-
            zumessung (... StRÄndG)
            (Drucksache 17/9345) . . . . . . . . . . . . . . . .
            b) Erste Beratung des von der Bundesregie-
            rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
            zes zu dem Vertrag vom 2. März 2012
            über Stabilität, Koordinierung und
            Steuerung in der Wirtschafts- und
            Währungsunion
            (Drucksache 17/9667) . . . . . . . . . . . . . . . .
            c) Erste Beratung des von der Bundesregie-
            rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
            zes zu dem Abkommen vom 7. Dezem-
            ber 2011 zwischen der Bundesrepublik
            Deutschland und dem Vereinigten Kö-
            nigreich Großbritannien und Nord-
            irland zur Vermeidung der Doppelbe-
            lastung bei der Bankenabgabe
            (Drucksache 17/9688) . . . . . . . . . . . . . . . .
            d) Erste Beratung des von der Bundesregie-
            rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
            zes zu dem Abkommen vom 7. Oktober
            2011 zwischen der Bundesrepublik
            Deutschland und der Republik Mauri-
            tius zur Vermeidung der Doppelbesteue-
            rung und der Steuerverkürzung auf
            dem Gebiet der Steuern vom Einkom-
            men
            (Drucksache 17/9689) . . . . . . . . . . . . . . .
            e) Erste Beratung des von der Bundesregie-
            rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
            zes zum Abkommen vom 19. und
            28. Dezember 2011 zwischen dem Deut-
            schen Institut in Taipeh und der Taipeh-
            Vertretung in der Bundesrepublik
            Deutschland zur Vermeidung der Dop-
            pelbesteuerung und zur Verhinderung
            der Steuerverkürzung hinsichtlich der
            Steuern vom Einkommen und vom Ver-
            mögen
            (Drucksache 17/9690) . . . . . . . . . . . . . . .
            f) Erste Beratung des von der Bundesregie-
            rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
            zes zu dem Markenrechtsvertrag von
            Singapur vom 27. März 2006
            (Drucksache 17/9691) . . . . . . . . . . . . . . .
            g) Erste Beratung des von der Bundesregie-
            rung eingebrachten Entwurfs eines Ach-
            ten Gesetzes zur Änderung eisenbahn-
            rechtlicher Vorschriften
            (Drucksache 17/9692) . . . . . . . . . . . . . . .
            h) Erste Beratung des von der Bundesregie-
            rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
            zes zu dem Übereinkommen vom 9. De-
            zember 2011 über den Internationalen
            Suchdienst
            (Drucksache 17/9693) . . . . . . . . . . . . . . .
            i) Antrag der Abgeordneten Klaus Riegert,
            Sibylle Pfeiffer, Dr. Christian Ruck, weite-
            rer Abgeordneter und der Fraktion der
            CDU/CSU sowie der Abgeordneten Helga
            Daub, Dr. Christiane Ratjen-Damerau,
            Joachim Günther (Plauen), weiterer Abge-
            ordneter und der Fraktion der FDP:
            Selbstbestimmtes Leben von Menschen
            mit Behinderung – Grundsatz der deut-
            schen Entwicklungspolitik
            (Drucksache 17/9730) . . . . . . . . . . . . . . .
            j) Antrag der Abgeordneten Martin Gerster,
            Dagmar Freitag, Sabine Bätzing-
            Lichtenthäler, weiterer Abgeordneter und
            der Fraktion der SPD: Die Rolle des
            Sports in der Auswärtigen Kultur- und
            Bildungspolitik 
            (Drucksache 17/9731) . . . . . . . . . . . . . . .
            k) Antrag der Abgeordneten Heike Hänsel,
            Eva Bulling-Schröter, Ulla Lötzer, weite-
            rer Abgeordneter und der Fraktion DIE
            LINKE: Rio+20 – Globale Gerechtigkeit
            statt grüner Kapitalismus
            (Drucksache 17/9732) . . . . . . . . . . . . . . .
            21482 A
            21484 A
            21485 C
            21486 C
            21487 C
            21488 A
            21488 D
            21490 B
            21491 C
            21492 B
            21493 A
            21494 A
            21495 B
            21497 A
            21497 C
            21498 D
            21499 C
            21501 B
            21502 A
            21502 B
            21502 B
            21502 C
            21502 C
            21502 C
            21502 D
            21502 D
            21502 D
            21503 A
            21503 A
            Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012 III
            Zusatztagesordnungspunkt 3:
            a) Erste Beratung des von der Bundesregie-
            rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
            zes zu dem Übereinkommen vom 4. Ok-
            tober 2003 zur Gründung des Globalen
            Treuhandfonds für Nutzpflanzenvielfalt 
            (Drucksache 17/9696) . . . . . . . . . . . . . . . .
            b) Antrag der Abgeordneten Dr. Ernst Dieter
            Rossmann, Dr. Hans-Peter Bartels, Klaus
            Barthel, weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion der SPD: EU-Bildungspro-
            gramme modernisieren und ausbauen –
            Mobilität und Austausch im Lebenslan-
            gen Lernen für eine integrationsför-
            dernde europäische Bildungspolitik er-
            weitern
            (Drucksache 17/9575) . . . . . . . . . . . . . . . .
            c) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und
            FDP: Übersetzungserfordernisse der
            nationalen Parlamente in der mehrjäh-
            rigen EU-Finanzplanung 2014–2020 be-
            rücksichtigen – Übersetzungen auch im
            intergouvernementalen Rahmen sicher-
            stellen
            (Drucksache 17/9736) . . . . . . . . . . . . . . . .
            d) Antrag der Abgeordneten Hans-Joachim
            Hacker, Sören Bartol, Uwe Beckmeyer,
            weiterer Abgeordneter und der Fraktion
            der SPD: Wohnungspolitische Verant-
            wortung bei Übertragung der bundes-
            eigenen TLG-Wohnungen sichern
            (Drucksache 17/9737) . . . . . . . . . . . . . . . .
            e) Antrag der Abgeordneten Fritz Kuhn,
            Dr. Anton Hofreiter, Dr. Valerie Wilms,
            weiterer Abgeordneter und der Fraktion
            BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Transpa-
            renz zum Bau der ICE-Neubaustrecke
            Wendlingen–Ulm herstellen
            (Drucksache 17/9741) . . . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 37:
            a) Beschlussempfehlung und Bericht des
            Rechtsausschusses: zu dem Vorschlag
            für eine Richtlinie des Europäischen
            Parlaments und des Rates über straf-
            rechtliche Sanktionen für Insider-Ge-
            schäfte und Marktmanipulation
            KOM(2011) 654 endg.; Ratsdok. 16000/11
            (Drucksachen 17/7918 Nr. A.3, 17/9770)
            b)–e)
            Beschlussempfehlungen des Petitionsaus-
            schusses: Sammelübersichten 433, 434,
            435 und 436 zu Petitionen
            (Drucksachen 17/9588, 17/9589, 17/9590,
            17/9591) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Zusatztagesordnungspunkt 4:
            Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion
            BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Entlassung
            des Bundesumweltministers und Hand-
            lungsfähigkeit der Bundesregierung . . . . .
            Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Marie-Luise Dött (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . .
            Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . .
            Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . .
            Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . .
            Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . .
            Horst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Bernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . .
            Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 7:
            Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
            desregierung eingebrachten Entwurfs eines
            Gesetzes zur Änderung des Kraft-Wärme-
            Kopplungsgesetzes
            (Drucksachen 17/8801, 17/9617) . . . . . . . . . .
            Klaus Breil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Rolf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . .
            Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . .
            Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . .
            Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär 
            BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Franz Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 6:
            Antrag der Abgeordneten Jan van Aken,
            Wolfgang Gehrcke, Christine Buchholz, wei-
            terer Abgeordneter und der Fraktion DIE
            LINKE: Iran: Sanktionsspirale beenden –
            Kriegsgefahr stoppen – Neuen Anlauf zum
            umfassenden Dialog wagen
            (Drucksache 17/9065) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . .
            Joachim Hörster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . .
            Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . .
            Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . .
            21503 B
            21503 B
            21503 C
            21503 C
            21503 D
            21504 A
            21504 B
            21504 C
            21504 C
            21505 D
            21507 C
            21508 D
            21509 D
            21510 C
            21511 D
            21513 A
            21515 A
            21516 C
            21517 C
            21518 D
            21519 A
            21519 D
            21521 B
            21523 B
            21524 A
            21525 B
            21526 B
            21528 B
            21528 C
            21529 C
            21530 C
            21531 A
            IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012
            Bijan Djir-Sarai (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU) . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 11:
            a) Erste Beratung des von der Bundesregie-
            rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
            zes zur Ausführung der Verordnung
            (EU) Nr. 236/2012 des Europäischen
            Parlaments und des Rates vom
            14. März 2012 über Leerverkäufe und
            bestimmte Aspekte von Credit Default
            Swaps (EU-Leerverkaufs-Ausführungs-
            gesetz)
            (Drucksache 17/9665) . . . . . . . . . . . . . . . .
            b) Zweite und dritte Beratung des von der
            Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
            eines Gesetzes zur Umsetzung der
            Richtlinie 2010/73/EU und zur Ände-
            rung des Börsengesetzes
            (Drucksachen 17/8684, 17/9645) . . . . . . .
            Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär 
            BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . .
            Björn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Harald Koch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . .
            Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 8:
            Antrag der Abgeordneten Katja Keul, Volker
            Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), wei-
            terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
            NIS 90/DIE GRÜNEN: Rüstungsexporte
            kontrollieren – Frieden sichern und Men-
            schenrechte wahren
            (Drucksache 17/9412) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Katja Keul (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . .
            Katja Keul (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP) . . . . . . . . .
            Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) . . . . . . . .
            Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP) . . . . . . . . .
            Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 13:
            Erste Beratung des von der Bundesregierung
            eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
            Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteili-
            gung und Vereinheitlichung von Planfest-
            stellungsverfahren (PlVereinhG)
            (Drucksache 17/9666) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär 
            BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . .
            Manuel Höferlin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . .
            Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Helmut Brandt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 10:
            Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
            schusses für Bildung, Forschung und Tech-
            nikfolgenabschätzung
            – zu dem Antrag der Abgeordneten Anette
            Kramme, Gabriele Lösekrug-Möller, Josip
            Juratovic, weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion der SPD: Für Fairness beim Be-
            rufseinstieg – Rechte der Praktikanten
            und Praktikantinnen stärken
            – zu dem Antrag der Abgeordneten Kai
            Gehring, Beate Müller-Gemmeke, Ekin
            Deligöz, weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
            Faire Bedingungen in allen Praktika ga-
            rantieren
            – zu dem Antrag der Abgeordneten Agnes
            Alpers, Dr. Petra Sitte, Diana Golze, wei-
            terer Abgeordneter und der Fraktion DIE
            LINKE: Missbrauch von Praktika ge-
            setzlich stoppen
            (Drucksachen 17/3482, 17/4044, 17/4186,
            17/9720) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär 
            BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Katja Mast (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . .
            Agnes Alpers (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . .
            Kai Gehring (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU) . . . . . . . . .
            Michael Gerdes (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            21532 A
            21533 C
            21534 D
            21535 C
            21535 D
            21536 A
            21537 B
            21538 C
            21539 D
            21540 D
            21541 C
            21543 D
            21545 A
            21545 B
            21546 B
            21547 C
            21548 C
            21550 B
            21552 A
            21552 D
            21553 C
            21555 A
            21555 A
            21556 A
            21557 D
            21558 D
            21559 D
            21560 C
            21562 A
            21562 B
            21563 C
            21564 B
            21565 C
            21566 C
            21567 C
            21569 A
            Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012 V
            Tagesordnungspunkt 15:
            a) Antrag der Abgeordneten Jürgen Klimke,
            Philipp Mißfelder, Michael Grosse-
            Brömer, weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion der CDU/CSU sowie der Abge-
            ordneten Patrick Kurth (Kyffhäuser),
            Bijan Djir-Sarai, Rainer Brüderle, weiterer
            Abgeordneter und der Fraktion der FDP:
            Myanmar – Reformkräfte unterstützen,
            den Wandel beschleunigen, Perspekti-
            ven eröffnen
            (Drucksache 17/9735) . . . . . . . . . . . . . . . .
            b) Antrag der Abgeordneten Edelgard
            Bulmahn, Johannes Pflug, Karin Roth
            (Esslingen), weiterer Abgeordneter und
            der Fraktion der SPD: Myanmar auf dem
            Weg zur Demokratie begleiten und un-
            terstützen
            (Drucksache 17/9727) . . . . . . . . . . . . . . . .
            c) Antrag der Abgeordneten Dr. Frithjof
            Schmidt, Ute Koczy, Dr. Thomas
            Gambke, weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
            Myanmar – Den demokratischen Wan-
            del unterstützen
            (Drucksache 17/9739) . . . . . . . . . . . . . . . .
            Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . .
            Edelgard Bulmahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . .
            Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . .
            Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Manfred Grund (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 12:
            Antrag der Abgeordneten Garrelt Duin,
            Michael Groß, Klaus Brandner, weiterer Ab-
            geordneter und der Fraktion der SPD: Für ei-
            nen neuen Infrastrukturkonsens: Öffent-
            lich-Private Partnerschaften differenziert
            bewerten, mit mehr Transparenz weiter-
            entwickeln und den Fokus auf die Wirt-
            schaftlichkeit stärken
            (Drucksache 17/9726) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Michael Groß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Reinhold Sendker (CDU/CSU) . . . . . . . . . . .
            Ingrid Remmers (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . .
            Werner Simmling (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Karl Holmeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 17:
            Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
            schusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit
            und Entwicklung zu dem Antrag der Abge-
            ordneten Helmut Heiderich, Sibylle Pfeiffer,
            Dr. Christian Ruck, weiterer Abgeordneter
            und der Fraktion der CDU/CSU sowie der
            Abgeordneten Dr. Christiane Ratjen-
            Damerau, Harald Leibrecht, Helga Daub, wei-
            terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP:
            Wasser und Ernährung sichern
            (Drucksachen 17/9153, 17/9526) . . . . . . . . . .
            Dr. Christiane Ratjen-Damerau (FDP) . . . . . .
            Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . .
            Helmut Heiderich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . .
            Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . .
            Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 14:
            Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
            wärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Ab-
            geordneten Annette Groth, Wolfgang
            Gehrcke, Jan van Aken, weiterer Abgeordne-
            ter und der Fraktion DIE LINKE: Überwei-
            sung des Goldstone-Berichtes an den Inter-
            nationalen Strafgerichtshof durch den UN-
            Sicherheitsrat
            (Drucksachen 17/6339, 17/7532) . . . . . . . . . .
            Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . .
            Günter Gloser (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . .
            Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . .
            Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 18:
            Erste Beratung des von der Bundesregierung
            eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes für
            einen Gerichtsstand bei besonderer Aus-
            landsverwendung der Bundeswehr
            (Drucksache 17/9694) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Zusatztagesordnungspunkt 5:
            Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
            schusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit
            und Entwicklung zu dem Antrag der Abge-
            ordneten Thilo Hoppe, Cornelia Behm, Ute
            Koczy, weiterer Abgeordneter und der Frak-
            tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Verant-
            wortung für die entwicklungspolitische
            Dimension der EU-Fischereipolitik über-
            nehmen
            (Drucksachen 17/9399, 17/9714) . . . . . . . . . .
            21570 B
            21570 B
            21570 C
            21570 D
            21571 D
            21573 B
            21574 C
            21575 C
            21576 C
            21577 C
            21577 D
            21579 A
            21580 C
            21581 B
            21582 C
            21583 C
            21584 C
            21584 D
            21585 D
            21587 B
            21589 A
            21590 A
            21591 A
            21591 B
            21592 B
            21593 C
            21595 A
            21595 D
            21596 D
            21597 A
            VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012
            Helmut Heiderich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . .
            Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . .
            Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . .
            Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 20:
            a) Beschlussempfehlung und Bericht des
            Ausschusses für Bildung, Forschung und
            Technikfolgenabschätzung zu dem An-
            trag der Abgeordneten Florian Hahn,
            Albert Rupprecht (Weiden), Michael
            Kretschmer, weiterer Abgeordneter und
            der Fraktion der CDU/CSU sowie der
            Abgeordneten Dr. Martin Neumann
            (Lausitz), Dr. Lutz Knopek, Dr. Peter
            Röhlinger, weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion der FDP: Aktionsplan Nano-
            technologie 2015 gezielt weiterentwi-
            ckeln
            (Drucksachen 17/7184, 17/9771) . . . . . . .
            b) Beschlussempfehlung und Bericht des
            Ausschusses für Ernährung, Landwirt-
            schaft und Verbraucherschutz
            – zu dem Antrag der Abgeordneten
            Karin Binder, Dr. Dietmar Bartsch,
            Herbert Behrens, weiterer Abgeordne-
            ter und der Fraktion DIE LINKE:
            Wirksamen Verbraucherschutz bei
            Nanostoffen durchsetzen
            – zu dem Antrag der Abgeordneten
            Nicole Maisch, Birgitt Bender, Ulrike
            Höfken, weiterer Abgeordneter und
            der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
            NEN: Einsatz von Nanosilber in ver-
            brauchernahen Produkten zum
            Schutz von Mensch und Umwelt
            stoppen
            (Drucksachen 17/5917, 17/3689, 17/8821)
            Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . .
            Mechthild Heil (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . .
            René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) . . . . . . . . . . .
            Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . .
            Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . .
            Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 22:
            Erste Beratung des von der Bundesregierung
            eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
            Änderung des Geodatenzugangsgesetzes
            (Drucksache 17/9686) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU) . . . . . . . . .
            Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . .
            Judith Skudelny (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . .
            Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 19:
            Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
            schusses für Menschenrechte und Humanitäre
            Hilfe zu dem Antrag der Fraktion der SPD:
            Nachhaltige Entwicklung in Subsahara-
            Afrika durch die Stärkung der Menschen-
            rechte fördern
            (Drucksachen 17/7370, 17/9711) . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 24:
            Antrag der Abgeordneten Hartwig Fischer
            (Göttingen), Philipp Mißfelder, Johannes
            Selle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
            der CDU/CSU sowie der Abgeordneten
            Marina Schuster, Dr. Rainer Stinner, Rainer
            Brüderle, weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion der FDP: Die Republiken Sudan
            und Südsudan stabilisieren
            (Drucksache 17/9747) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Johannes Selle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . .
            Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . .
            Marina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . .
            Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 21:
            Antrag der Abgeordneten Hans-Ulrich Klose,
            Dr. h. c. Gernot Erler, Petra Ernstberger, wei-
            terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD:
            Für eine Neubelebung und Stärkung der
            transatlantischen Beziehungen
            (Drucksache 17/9728) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Peter Beyer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . .
            Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . .
            Hans-Ulrich Klose (SPD) . . . . . . . . . . . . . . .
            Harald Leibrecht (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . .
            Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . .
            Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            21597 B
            21598 C
            21600 A
            21601 B
            21602 B
            21603 B
            21603 C
            21603 D
            21604 D
            21605 D
            21606 C
            21607 B
            21608 C
            21609 D
            21610 D
            21610 D
            21611 C
            21612 A
            21612 D
            21613 C
            21614 C
            21614 D
            21614 D
            21616 B
            21617 C
            21618 C
            21619 B
            21620 B
            21620 C
            21621 B
            21622 B
            21622 D
            21624 A
            21624 D
            Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012 VII
            Tagesordnungspunkt 23:
            Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten
            Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert
            Behrens, weiterer Abgeordneter und der Frak-
            tion DIE LINKE: Notfonds für tierhaltende
            Betriebe einrichten
            (Drucksache 17/9580) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dieter Stier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . .
            Rainer Erdel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . .
            Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 26:
            a) Antrag der Abgeordneten Rolf
            Hempelmann, Garrelt Duin, Hubertus Heil
            (Peine), weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion der SPD: Keine Hermesbürg-
            schaft für den Bau des Atomkraftwerks
            Angra 3
            (Drucksache 17/9578) . . . . . . . . . . . . . . . .
            b) Antrag der Abgeordneten Jan van Aken,
            Dr. Gesine Lötzsch, Ulla Lötzer, weiterer
            Abgeordneter und der Fraktion DIE
            LINKE sowie der Abgeordneten Ute
            Koczy, Sylvia Kotting-Uhl, Beate Walter-
            Rosenheimer, weiterer Abgeordneter und
            der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
            NEN: Keine Bürgschaft für den Bau des
            Atomkraftwerks Angra 3
            (Drucksache 17/9579) . . . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 27:
            Beschlussempfehlung und Bericht des Sport-
            ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten
            Martin Gerster, Sabine Bätzing-Lichtenthäler,
            Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und
            der Fraktion der SPD: Förderung eines offe-
            nen Umgangs mit Homosexualität im Sport
            (Drucksachen 17/7955, 17/9721) . . . . . . . . . .
            Dr. Frank Steffel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . .
            Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) . . . . . . .
            Dr. Lutz Knopek (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . .
            Monika Lazar (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 28:
            Antrag der Abgeordneten Heinz Paula,
            Gabriele Fograscher, Kerstin Griese, weiterer
            Abgeordneter und der Fraktion der SPD:
            Mehr Unterstützung für Initiativen gegen
            Rechts in der Gastwirtschaft
            (Drucksache 17/9577) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Heike Brehmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . .
            Rita Pawelski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . .
            Heinz Paula (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Horst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . .
            Kornelia Möller (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . .
            Monika Lazar (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 29:
            Antrag der Abgeordneten Uwe Beckmeyer,
            Hans-Joachim Hacker, Dr. Hans-Peter
            Bartels, weiterer Abgeordneter und der Frak-
            tion der SPD: Ausbau der Offshore-Wind-
            energie erfordert moderne Hafeninfra-
            struktur
            (Drucksache 17/9573) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Matthias Lietz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . .
            Hans-Werner Kammer (CDU/CSU) . . . . . . . .
            Uwe Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Torsten Staffeldt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . .
            Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 30:
            a) Beschlussempfehlung und Bericht des
            Ausschusses für Bildung, Forschung und
            Technikfolgenabschätzung zu dem An-
            trag der Abgeordneten René Röspel,
            Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans-
            Peter Bartels, weiterer Abgeordneter und
            der Fraktion der SPD: Polarregionen
            schützen – Polarforschung stärken
            (Drucksachen 17/5228, 17/9722) . . . . . . .
            b) Beschlussempfehlung und Bericht des
            Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und
            Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Ab-
            geordneten Dr. Hermann Ott, Dr. Valerie
            Wilms, Omid Nouripour, weiterer Abge-
            ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN: Abkommen zum Schutz
            der Arktis unverzüglich auf den Weg
            bringen – Internationale Zusammenar-
            beit zum Schutz der Arktis
            (Drucksachen 17/6499, 17/7987) . . . . . . .
            Ewa Klamt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . .
            21625 C
            21625 D
            21626 B
            21627 A
            21627 D
            21628 C
            21629 C
            21629 C
            21629 D
            21630 A
            21630 D
            21631 D
            21632 B
            21633 C
            21634 B
            21634 C
            21635 D
            21636 C
            21637 D
            21638 C
            21639 D
            21640 D
            21641 A
            21642 A
            21643 A
            21643 D
            21644 C
            21645 B
            21646 A
            21646 B
            21646 B
            21647 B
            VIII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012
            René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . .
            Dr. Peter Röhlinger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . .
            Angelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Anlage 1
            Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . .
            Anlage 2
            Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten
            Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE
            GRÜNEN) zur Wahl eines ordentlichen Mit-
            gliedes im Vermittlungsausschuss . . . . . . . . .
            Anlage 3
            Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
            des Entwurfs eines Gesetzes für einen
            Gerichtsstand bei besonderer Auslandsver-
            wendung der Bundeswehr (Tagesordnungs-
            punkt 18)
            Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . .
            Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . .
            Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . .
            Stephan Thomae (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . .
            Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Anlage 4
            Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
            der Beschlussempfehlung und des Berichts zu
            dem Antrag: Nachhaltige Entwicklung in
            Subsahara-Afrika durch die Stärkung der
            Menschenrechte fördern (Tagesordnungs-
            punkt 19)
            Frank Heinrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . .
            Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . .
            Marina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . .
            Ute Koczy (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Anlage 5
            Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
            der Anträge:
            – Keine Hermesbürgschaft für den Bau des
            Atomkraftwerks Angra 3
            – Keine Bürgschaft für den Bau des Atom-
            kraftwerks Angra 3
            (Tagesordnungspunkt 26 a und b)
            Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . .
            Rolf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Martin Lindner (Berlin) 
            (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . .
            Ute Koczy (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            21648 B
            21649 A
            21651 C
            21642 A
            21642 C
            21653 B
            21654 C
            21654 A/C
            21655 A
            21655 C
            21655 D
            21657 A
            21657 D
            21658 D
            21659 C
            21660 C
            21661 C
            21663 B
            21665 A
            21666 A
            21666 D
            21668 A
            21669 B
            21671 A
            21672 A
            21672 B
            21673 A
            Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012 21467
            (A) (C)
            (D)(B)
            181. Sitzung
            Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012
            Beginn: 9.00 Uhr
        
        
        
        
          
          
        Berichtigung
        180. Sitzung, Seite 21451 A, Anlage 1: Der Name
        Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ist
        durch den Namen Christian Lindner (FDP) zu ersetzen.
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012 21655
        (A) (C)
        (D)(B)
        Anlagen zum Stenografischen Bericht
        Anlage 1
        Liste der entschuldigten Abgeordneten
        Anlage 2
        Erklärung nach § 31 GO
        des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜND-
        NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Entsendung eines
        ordentlichen Mitglieds in den Vermittlungsaus-
        schuss
        Namens meiner Fraktion Bündnis 90/Die Grünen er-
        kläre ich zur heutigen Wahl des Kollegen Michael
        Grosse-Brömer als Mitglied des Vermittlungsausschus-
        ses Folgendes:
        Meine Fraktion wird keinen Widerspruch gegen die
        Wahl des Kollegen Michael Grosse-Brömer als Mitglied
        des Vermittlungsausschusses erheben. Gleichwohl gilt
        das von mir in meiner Erklärung nach § 31 GO in der
        119. Sitzung des Deutschen Bundestages am 6. Juli 2011
        Ausgeführte zur bundestagsseitigen Besetzung des Ver-
        mittlungsausschusses unverändert fort. An der darin ver-
        tretenen Rechtsauffassung hält meine Fraktion uneinge-
        schränkt fest.
        Meine Fraktion geht davon aus, dass die mit Schrei-
        ben des damaligen Ersten Parlamentarischen Geschäfts-
        führers der CDU/CSU-Fraktion vom 5. Juli 2011 erteilte
        Zusage, wonach sich der Geschäftsordnungsausschuss
        des Deutschen Bundestages mit der Problematik befas-
        sen und eine Lösung vorschlagen soll und wonach des
        Weiteren ein Mitglied der CDU/CSU-Fraktion im Ver-
        mittlungsausschuss zunächst an Abstimmungen im Aus-
        schuss nicht teilnehmen wird, auch weiterhin uneinge-
        schränkt gilt.
        Nach dem heute erfolgten erneuten Wechsel bei der
        Besetzung des Vermittlungsausschusses muss sich der
        Geschäftsordnungsausschuss nunmehr unverzüglich mit
        der Frage der Besetzung beschäftigen.
        Anlage 3
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes für
        einen Gerichtsstand bei besonderer Auslands-
        verwendung der Bundeswehr (Tagesordnungs-
        punkt 18)
        Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU): Das Ziel des
        Gesetzentwurfs für einen Gerichtsstand bei besonderer
        Auslandsverwendung der Bundeswehr ist es, die Zustän-
        digkeit für Ermittlungs- und Strafverfahren gegen Solda-
        ten der Bundeswehr zu konzentrieren. Unsere Soldatin-
        nen und Soldaten bewahren und sichern im Ausland
        tagtäglich unter Einsatz ihres Lebens den Frieden. Wenn
        sie in ein Gefecht geraten und es Verletzte oder Tote
        
        Abgeordnete(r)
        entschuldigt bis
        einschließlich
        Ahrendt, Christian FDP 24.05.2012
        Bär, Dorothee CDU/CSU 24.05.2012
        Becker, Dirk SPD 24.05.2012
        Brinkmann
        (Hildesheim),
        Bernhard
        SPD 24.05.2012
        Dött, Marie-Luise CDU/CSU 24.05.2012
        Ernst, Klaus DIE LINKE 24.05.2012
        Ferner, Elke SPD 24.05.2012
        Dr. Fuchs, Michael CDU/CSU 24.05.2012
        Gehring, Kai BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        24.05.2012
        Groschek, Michael SPD 24.05.2012
        Hagedorn, Bettina SPD 24.05.2012
        Henke, Rudolf CDU/CSU 24.05.2012
        Krumwiede, Agnes BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        24.05.2012
        Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        24.05.2012
        Dr. Lauterbach, Karl SPD 24.05.2012
        Lindner, Christian FDP 24.05.2012
        Nietan, Dietmar SPD 24.05.2012
        Dr. von Notz, Konstantin BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        24.05.2012
        Rix, Sönke SPD 24.05.2012
        Schmidt (Eisleben),
        Silvia
        SPD 24.05.2012
        Dr. Schwanholz, Martin SPD 24.05.2012
        Süßmair, Alexander DIE LINKE 24.05.2012
        Thönnes, Franz SPD 24.05.2012
        Dr. Wilms, Valerie BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        24.05.2012
        Zimmermann, Sabine DIE LINKE 24.05.2012
        Anlagen
        21656 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012
        (A) (C)
        (D)(B)
        gibt, ermittelt in der Regel die Staatsanwaltschaft gegen
        sie. Dies belastet viele Soldaten, aber eine Klärung des
        Sachverhaltes muss sein; im Ergebnis ist es auch gut für
        die Soldaten, denn sie bekommen am Ende der Ermitt-
        lungen bescheinigt, dass sie rechtmäßig gehandelt ha-
        ben. Was es jedoch in diesem Zusammenhang nicht ge-
        ben darf, sind Unklarheiten hinsichtlich des zuständigen
        Gerichts; eine effiziente Prüfung mit besonderer Sach-
        kompetenz muss gewährleistet werden. Dies schulden
        wir unseren Soldatinnen und Soldaten im Einsatz.
        Das Gesetz fügt sich in eine Reihe von Gesetzen ein,
        die der Verbesserung der Situation der Soldatinnen und
        Soldaten dienen. In dieser Woche wurde bereits das Ge-
        setz zur Begleitung der Reform der Bundeswehr in den
        Ausschüssen beraten. Dieses Gesetz sorgt dafür, dass
        Berufssoldaten frühzeitig in den Ruhestand gehen kön-
        nen, und enthält weitere Erleichterungen im Bereich der
        Hinzuverdienstgrenzen und Ruhestandsaltersregelun-
        gen. CDU/CSU und FDP halten unseren Soldatinnen
        und Soldaten den Rücken frei.
        Dem heute zu beratenen Gesetz liegt unter tatsächli-
        chen und rechtlichen Gesichtspunkten Folgendes zu-
        grunde: Bei der besonderen Auslandsverwendung der
        Bundeswehr kann es im Einsatzgebiet zu Handlungen
        kommen, die die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens
        nach sich ziehen. Bei Straftaten im Hoheitsgebiet der
        Bundesrepublik Deutschland gilt das Tatortprinzip.
        Wenn somit zwei Personen aus unterschiedlichen Orten
        an einem dritten Ort eine Straftat begehen, wird die Ver-
        handlung über die Tat an dem Gericht des Ortes geführt,
        an dem die Tat begangen wurde.
        Anders ist dies bei Soldaten. Hier gilt, dass eine Ver-
        handlung an dem Ort stattfindet, an dem der Soldat zu-
        letzt stationiert war. Wenn nun aus ganz Deutschland
        Soldaten zusammengezogen werden und im Ausland ih-
        ren Dienst ausüben, führt dies zu unterschiedlichen Ge-
        richtsständen. Das bedeutet, dass zwei Soldaten, die am
        gleichen Ort im Ausland in ein Gefecht geraten, später in
        Deutschland vor zwei Gerichten stehen, nämlich den
        jeweiligen Gerichten ihrer letzten Stationierung. Dies
        könnten Hamburg und München sein, obwohl beide Sol-
        daten in Afghanistan nebeneinander gesessen haben.
        Daraus folgt aber auch, dass die beiden Soldaten vor un-
        terschiedlichen Richtern mit völlig unterschiedlichen
        Spezialkompetenzen im Umgang mit Soldaten im Aus-
        land stehen.
        Dieser Missstand kann nun endlich behoben werden,
        indem mit dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf für
        diese Fälle ein einheitlicher Gerichtsstand geschaffen
        wird. Weiter wird mit dem besonderen Gerichtsstand
        eine Sachkompetenz aufgebaut. Die Kenntnisse der mili-
        tärischen Abläufe und Strukturen, der rechtlichen und
        tatsächlichen Rahmenbedingungen der Auslandsverwen-
        dung, die für die Bearbeitung der Verfahren notwendig
        sind, können durch die Zuständigkeitskonzentration bes-
        ser gewährleistet werden. Diese Spezialkenntnisse tra-
        gen zudem zu einer zügigen Bearbeitung bei.
        Bei der besonderen Auslandsverwendung der Bundes-
        wehr ist nicht nur das deutsche Strafrecht zu beachten.
        Zugleich finden auch Regelungen im Einsatz Anwen-
        dung. Diese Rules of Engagement müssen bei der Ver-
        handlung genauso beachtet werden wie viele andere völ-
        kerrechtliche und einsatzbezogene Voraussetzungen. Ein
        Gericht, dem diese Besonderheiten nicht bekannt sind,
        kann nicht kompetent entscheiden. Durch die Schaffung
        des besonderen Gerichtsstandes wird diese Sachkompe-
        tenz aufgebaut. Bei den jetzt bundesweit zuständigen
        Richtern und Staatsanwälten wird Erfahrung gebündelt.
        In Zukunft werden bei Straftaten von Soldatinnen und
        Soldaten nur noch besonders mit den speziellen Abläufen
        von Auslandseinsätzen und Auslandsermittlungen ver-
        traute Juristinnen und Juristen entscheiden. Durch die
        neue Regelung werden langwierige Zuständigkeitspro-
        bleme beendet.
        Der besondere Gerichtsstand wird in Kempten sein.
        Hierbei handelt es sich ausschließlich um ein Sonderge-
        richt bei besonderer Auslandsverwendung der Bundes-
        wehr, nicht um eine Wehrstrafgerichtsbarkeit. Hieraus
        leitet sich auch die örtliche Zuständigkeit der Staatsan-
        waltschaft Kempten aus § 143 Abs. 1 des Gerichtsver-
        fassungsgesetzes ab.
        Grund für die örtliche Wahl des Gerichtsstandes
        Kempten ist, dass die Staatsanwaltschaft Kempten als
        Schwerpunktstaatsanwaltschaft für den Bereich des Frei-
        staates Bayern bereits jetzt für die Verfolgung solcher
        Straftaten zuständig ist. Bei der Justiz in Kempten sind
        die erforderlichen Erfahrungen bereits vorhanden. Diese
        Erfahrungen wird sie bei der nun vorgesehenen Ausdeh-
        nung der örtlichen Zuständigkeit auf das gesamte Bun-
        desgebiet nützen können. Mein Dank gilt hier besonders
        Frau Staatsministerin Dr. Merk von der CSU, die sich
        für den vorliegenden Gesetzentwurf eingesetzt hat und
        in Bayern entschlossen vorangegangen ist.
        Die Konzentration gilt für alle Straftaten, die außer-
        halb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes von Solda-
        tinnen oder Soldaten der Bundeswehr in besonderer
        Auslandsverwendung, § 62 Abs. 1 des Soldatengesetzes,
        begangen werden. Es wurde dabei darauf verzichtet, die
        Konzentration auch für Straftaten vorzusehen, die zum
        Nachteil deutscher Bundeswehrsoldaten im Ausland be-
        gangen wurden.
        Mit der Schaffung einer besonderen Zuständigkeit
        und der damit einhergehenden Konzentration bei Verfah-
        ren zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr wird kein ge-
        mäß Art. 101 Abs. 1 GG unzulässiges Ausnahmegericht
        geschaffen. Ein Ausnahmegericht liegt dann vor, wenn
        der gesetzliche Richter nicht im Voraus bestimmt ist,
        sondern das Gericht im Einzelfall gebildet wird. Im Ge-
        gensatz hierzu sind Sondergerichte zulässig. Diese haben
        zwar eine Spezialzuständigkeit, sind aber generell und
        abstrakt für bestimmte Fälle zuständig und im Vorhinein
        bestimmt. Sondergerichte regelt Art. 101 Abs. 2 GG.
        Solche Sondergerichte haben wir in vielen Rechtsgebie-
        ten. Auch im vorliegenden Gesetzentwurf ist dies der
        Fall: Es handelt sich hier um eine Konzentration von Zu-
        ständigkeiten zur Vereinfachung und besseren Verhand-
        lung der entsprechenden Sachverhalte. Dies stellt ein
        Gericht für ein besonderes Sachgebiet nach Art. 101
        Abs. 2 GG dar und ist mithin zulässig.
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012 21657
        (A) (C)
        (D)(B)
        Zudem begrüße ich, dass mit dem vorliegenden Ge-
        setzentwurf die Einführung des § 143 Abs. 1 Satz 2 (neu)
        GVG vorliegt. Mit dieser Änderung wird die Stellung
        des Opfers im Strafverfahren verbessert.
        Mit dem vorliegenden Entwurf eines Gesetzes für ei-
        nen Gerichtsstand bei besonderer Auslandsverwendung
        der Bundeswehr wird ein wichtiger Beitrag zur Unter-
        stützung unserer Soldatinnen und Soldaten geleistet.
        Durch dieses Gesetz wird verhindert, dass Soldatinnen
        und Soldaten weiterhin unter Bedingungen einer Rechts-
        unsicherheit handeln, die über die altbekannte Unschärfe
        des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hinausgeht. Wir
        setzen alles daran, unseren Soldatinnen und Soldaten
        klare rechtliche Rahmenbedingungen zu ermöglichen,
        damit sie ihre Konzentration auf die militärischen Auf-
        gaben richten können.
        Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Kempten im All-
        gäu ist künftig der Gerichtsstand bei Straftaten, die Bun-
        deswehrsoldaten im Auslandseinsatz begangen haben.
        Diese Konzentration der örtlichen Zuständigkeit ist eine
        gute Nachricht für unsere Soldatinnen und Soldaten, die
        in unserem Auftrag in vielen Krisenregionen der Welt im
        Einsatz sind.
        Die besondere Auslandsverwendung, wie sie im Sol-
        datengesetz definiert und nun in der Strafprozessord-
        nung in Bezug genommen wird, ist stets mit Gefahren
        für Leib und Leben verbunden. Soldatinnen und Solda-
        ten müssen oft in Bruchteilen von Sekunden Einschät-
        zungen treffen, die über Leben und Tod entscheiden kön-
        nen. Der Vorwurf eines strafbaren Fehlverhaltens steht
        schnell im Raum. Doch auch abseits von Fällen, die in
        der Öffentlichkeit Aufmerksamkeit finden, werden bei
        Auslandseinsätzen kleinere und größere Straftaten be-
        gangen. Hier unterscheidet sich die Bundeswehr nicht
        von der zivilen Gesellschaft.
        Nach der bisherigen Rechtslage kann die Zuständig-
        keit verschiedener Staatsanwaltschaften und Gerichte
        begründet werden. Insbesondere wenn mehrere Solda-
        tinnen und Soldaten verschiedener Stammeinheiten der
        Bundeswehr beteiligt sind, kommt es zu unübersicht-
        lichen Zuständigkeitsverteilungen. Der besondere Ge-
        richtsstand Kempten ermöglicht hier effizientere und zü-
        gigere Verfahren – nicht zuletzt, um die ohnehin hohe
        psychische Belastung der Soldatinnen und Soldaten
        nicht unnötig zu verstärken.
        Darüber hinaus erfordert die Verfolgung von Strafta-
        ten, die im Ausland während eines Bundeswehreinsatzes
        begangen wurden, nicht nur Erfahrung mit Auslandsbe-
        zügen, sondern auch spezifische Kenntnisse über militä-
        rische Belange in tatsächlicher wie in rechtlicher Hin-
        sicht. Die neuen Zuständigkeitsregeln gewährleisten,
        dass die mit der Aufklärung bzw. Ahndung von Bundes-
        wehrstraftaten im Ausland betrauten Staatsanwälte und
        Richter in die Lage versetzt werden, die hierfür notwen-
        dige besondere Sachkompetenz und Erfahrung zu erwer-
        ben und zu vertiefen.
        Die Staatsanwaltschaft in Kempten hat bereits wichti-
        ges Know-how auf diesem komplexen Gebiet in Kontakt
        mit den Rechtsberatern beim Einsatzführungskommando
        der Bundeswehr in Potsdam und durch entsprechende
        Fortbildungen aufbauen können. So hat der Freistaat
        Bayern bereits im März 2010 eine Zuständigkeitskon-
        zentration beim Leitenden Oberstaatsanwalt in Kempten
        für alle in Bayern anhängig werdenden Verfahren betref-
        fend Straftaten von Soldaten in Ausübung ihres Dienstes
        im Ausland veranlasst. Seit Juli 2011 ist die Einschrän-
        kung auf Taten in Ausübung des Dienstes entfallen. Die
        hier gewonnenen Erfahrungen als bayerische Schwer-
        punktstaatsanwaltschaft können nun bundesweit zum
        Tragen kommen.
        Vereinzelt geäußerte Kritik, eine Zentralisierung des
        Gerichtsstands könne zu einer „Sonderrechtsprechung“
        für Bundeswehrsoldaten führen und die richterliche Un-
        abhängigkeit beeinträchtigen, kann ich nicht nachvoll-
        ziehen. Bei der Beurteilung der Strafbarkeit einer Tat gilt
        selbstverständlich weiterhin unser Strafgesetzbuch. In
        Kempten wird es also keine Sonderrechtsprechung ge-
        ben, weil auch gar keine Sondergerichtsbarkeit einge-
        richtet wird. Besondere Zuständigkeiten kennen wir da-
        gegen schon in anderen Bereichen wie etwa der
        Wirtschaftskriminalität. So wie dort ist es auch hier ge-
        rade unser Anliegen, dass die Justiz auf besondere Um-
        stände eines Sachverhalts – nämlich eines Bundes-
        wehreinsatzes im Ausland – organisatorisch angemessen
        vorbereitet ist.
        Mit dem vorliegenden Gesetz stärken wir schließlich
        die Rechte der Opfer im Strafverfahren und sorgen für
        mehr Rechtssicherheit. So ist nach dem neuen § 143
        Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes dann, wenn ein
        deutsches Gericht nicht zuständig oder nicht ermittelbar
        ist, künftig diejenige Staatsanwaltschaft zuständig, die
        zuerst – etwa aufgrund einer Strafanzeige – mit der
        Sache befasst wurde. Damit werden bisher vorhandene
        Lücken geschlossen, die zu Unsicherheiten bei der Be-
        stimmung der zuständigen Staatsanwaltschaft und damit
        auch zu Kompetenzkonflikten und Verfahrensverzöge-
        rungen geführt haben. Dies ist besonders wichtig, da mit
        einer klaren Zuweisung der Zuständigkeit die betref-
        fende Staatsanwaltschaft eilige Ermittlungshandlungen
        unverzüglich vornehmen kann.
        In besonderer Auslandsverwendung sind die Solda-
        tinnen und Soldaten der Bundeswehr stets aufgrund ei-
        nes Mandats des Deutschen Bundestages. Aus diesem
        Grund verdient unser Vorhaben eine breite parlamenta-
        rische Unterstützung. Ich bin überzeugt, dass die Kon-
        zentration der Zuständigkeit bei Straftaten von Bundes-
        wehrsoldaten in besonderer Auslandsverwendung im
        Interesse einer effektiven und sachgerechten Strafverfol-
        gung liegt.
        Christoph Strässer (SPD): Soldatinnen und Solda-
        ten der Bundeswehr unterliegen auch bei besonderer
        Auslandsverwendung dem deutschen Strafrecht – und
        das ist richtig so.
        Für entsprechende Fälle besteht derzeit kein beson-
        derer Gerichtsstand. Dies führt dazu, dass nach den
        allgemeinen Gerichtsstandsregelungen der Strafprozess-
        ordnung Gerichte und Staatsanwaltschaften an verschie-
        21658 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012
        (A) (C)
        (D)(B)
        denen Orten für solche Strafverfahren zuständig sein
        können. Das kann zur Zuständigkeit mehrerer Staats-
        anwaltschaften führen, etwa wenn Soldatinnen und Sol-
        daten verschiedener Stammeinheiten beteiligt sind.
        In den vergangenen Jahren hat sich die Zahl der Ein-
        sätze der Bundeswehr erhöht. Und so nimmt statistisch
        auch die Zahl der Strafbarkeitsvorwürfe zu. Die Bundes-
        regierung sieht deshalb Handlungsbedarf für eine Kon-
        zentration der Zuständigkeiten.
        Soldaten, die deutsche Interessen im Auslandseinsatz
        verteidigen, verdienen die Unterstützung des deutschen
        Staats. Sie haben auch ein Recht auf ein faires und zügi-
        ges Verfahren. Der Gesetzentwurf stellt die Rechts-
        sicherheit der Soldaten in den Mittelpunkt. Zeitliche
        Verzögerungen könnten den Soldaten nicht zugemutet
        werden – so die Bundesregierung – und sie unnötig psy-
        chisch belasten. Gleichwohl geht es nicht nur um den
        beschuldigten Soldaten. Es geht auch um die mutmaß-
        lich Geschädigten, deren Belastungen berücksichtigt
        werden müssen. Es gibt also ein Spannungsverhältnis
        unterschiedlicher berechtigter Interessen. Außerdem
        darf natürlich auch nicht der Eindruck entstehen, dass im
        Interesse einer schnellen Bearbeitung die Sorgfalt zu
        kurz kommt.
        Auch aus historischer Sicht muss man sensibel mit
        dieser Rechtsfrage umgehen. Zum Teil wird befürchtet,
        dass durch die Hintertür eine militärische Sonderjustiz
        geschaffen werde.
        Die Beseitigung der Militärjustiz war ein Kernele-
        ment der Militärreform der Nachkriegszeit und der Ein-
        führung der Inneren Führung. Es wurde im Parlament
        darum gerungen, dass das Militär ohne Sonderrechte
        dem Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetz unterliegt.
        Es wurde das Bild vom „Staatsbürger in Uniform“ ge-
        prägt. Soldaten und Zivilisten werden vor den verbunde-
        nen Augen Justitias absolut gleich behandelt.
        Bei dem geplanten Gesetzentwurf geht es deshalb
        nicht um die Einrichtung einer „Sondergerichtsbarkeit“
        oder einer „Militärgerichtsbarkeit“ für Soldaten der
        Bundeswehr. Geplant ist vielmehr, eine zentrale Staats-
        anwaltschaft einzurichten. Diese Staatsanwaltschaft wird
        sich – wie jede andere – aus zivilen Staatsanwälten
        zusammensetzen. Das sehen auch die Verteidigungspoli-
        tiker der SPD-Fraktion so. Man erhofft sich jedoch
        durch die besondere Expertise kürzere Verfahrensdauern
        und eine entsprechende Kompetenz für die Sondersitua-
        tionen im Einsatz. Die Ermittlungen bei Straftaten im
        Auslandseinsatz seien mit Ermittlungen bei Straftaten in
        Deutschland kaum zu vergleichen und erforderten be-
        sondere Kenntnisse der völker-, verfassungs- und ein-
        satzrechtlichen Grundlagen sowie der militärischen
        Strukturen und Abläufe. Auch in anderen Bereichen wie
        der Wirtschafts- und Korruptionskriminalität gibt es
        bereits Staatsanwaltschaften mit speziellen Zuständig-
        keiten.
        Dagegen werden einige verfassungs- und rechtspoliti-
        sche Bedenken vorgebracht. Durch die Einführung des
        § 11 a StPO-E werde in die Kompetenzen der Länder
        eingegriffen, deren Gerichte und Staatsanwaltschaften
        nicht mehr zuständig wären. Außerdem drohe eine Um-
        gehung des Art. 96 Abs. 2 GG, der das Recht des Bundes
        zur Errichtung von Wehrstrafgerichten begründet.
        Im Jahr 2011 gab es 26 Ermittlungsverfahren. Davon
        wurden in 15 Fällen Strafverfahren eingeleitet. Seit den
        1990er-Jahren gab es circa 150 Vorfälle.
        Die bisherigen StPO-Regelungen sollen deshalb aus-
        reichen, so die Kritiker des Gesetzentwurfs. Die bisher
        in Deutschland anhängigen Ermittlungsverfahren hätten
        bereits unter den derzeitigen Regelungen der StPO sach-
        gerecht bewältigt werden können. Auch wenn die Fall-
        zahlen ansteigen, sei eine Bearbeitung weiter möglich.
        Spezialkenntnisse in rechtlicher und tatsachlicher
        Hinsicht würden allen Gerichten in den unterschiedlichs-
        ten Verfahren zugemutet. Außerdem wird der Vorwurf
        erhoben, eine zentralisierte Staatsanwaltschaft schaffe
        eine zu große Nähe zwischen Justiz und Bundeswehr.
        Eine Zentralisierung berge auch die Gefahr der Einsei-
        tigkeit und Sonderrechtsprechung.
        Ich nenne Ihnen Argumente, die von außen herange-
        tragen werden. Ob der Deutsche Richterbund, die Neue
        Richtervereinigung oder der Deutsche Anwaltverein, sie
        alle haben Kritik in diese Richtung geäußert und sehen
        keinen nachgewiesenen Bedarf für eine gerichtliche
        Sonderzuständigkeit. Diese Argumente muss man zu-
        mindest ernst nehmen, ohne sie sich zwingend zu eigen
        machen zu müssen.
        Ich möchte im Ausschuss gerne über die Notwendig-
        keit dieser Regelung diskutieren. Es gibt gute Argu-
        mente für beide Positionen.
        Stephan Thomae (FDP): Ich freue mich sehr, dass
        ich heute zu einem Tagesordnungspunkt sprechen darf,
        der mich nicht nur als Rechtspolitiker betrifft, sondern
        auch als Abgeordneter des Wahlkreises Oberallgäu: Die
        Justizbehörden meiner Heimatstadt Kempten bekommen
        in Zukunft die Verantwortung, wenn es darum geht, dass
        Straftaten von Soldaten im Auslandseinsatz vor Gericht
        verhandelt werden sollen. Soldatinnen und Soldaten un-
        terliegen dann dem deutschen Strafrecht, wenn sie im
        Ausland eingesetzt werden.
        Für solche Fälle werden das Amts- und Landgericht
        Kempten nun besonderer Gerichtsstand, die Staatsan-
        waltschaft in Kempten wird Schwerpunktstaatsanwalt.
        Für die Stadt und die ansässigen Justizbehörden ist das
        eine Bestätigung ihrer bisherigen Arbeit und ein Image-
        gewinn, worüber ich mich als Kemptener natürlich sehr
        freue.
        Die Entscheidung fiel letztendlich aus verschiedenen
        Gründen auf Kempten. Als die Frage aufkam, welcher
        Standort bundesweit die Sonderzuständigkeit für Solda-
        ten im Auslandseinsatz erhalten sollte, habe ich Bayern
        und innerhalb Bayerns Kempten ins Gespräch gebracht.
        Ich hatte erfahren, dass die Landesregierung von Sach-
        sen die Sonderzuständigkeit für Leipzig nicht haben
        wollte, weil man fürchtete, auch Straftaten an Bundes-
        wehrsoldaten verfolgen zu müssen. Mir kam zu Ohren,
        dass man weiter an Potsdam als geeigneten Standort
        dachte, weil sich dort das Einsatzkommando für die
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012 21659
        (A) (C)
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        Auslandseinsätze befindet. Es gab zuerst kleinere Be-
        denken, was den Standort Kempten angeht, aber ich
        konnte diese erfreulicherweise in zahlreichen Einzelge-
        sprächen zerstreuen, vor allem weil auch fachlich vieles
        für Kempten gesprochen hat.
        Die Kemptener Justiz hat in den letzten Jahren sehr
        wichtige Erfahrungen auf diesem Gebiet des Strafrechts
        gesammelt, weil die Staatsanwaltschaft Kempten bereits
        als Schwerpunktstaatsanwaltschaft für den gesamten Be-
        reich des Freistaates Bayern zuständig ist. Wenn also
        Soldaten, die in Bayern stationiert waren, Straftaten
        während eines Auslandsaufenthalts begangen haben,
        dann hat bisher die Kemptener Justiz ihr Urteil über
        diese Straftaten gefällt. Durch die Entscheidung für
        Kempten nutzen wir das Wissen und die bereits vorhan-
        denen Ressourcen optimal.
        Ich freue mich sehr, dass ich einen Beitrag leisten
        konnte, diesen besonderen Gerichtsstand in meine Hei-
        matstadt zu holen. Ich begrüße den Gesetzentwurf sehr;
        denn die Entscheidung für eine bundesweite Zuständig-
        keit ist sehr wichtig. Im Ausland stationierte Soldaten le-
        ben und arbeiten unter Extrembedingungen. Staatsan-
        wälte und Richter müssen mit diesen besonderen
        Umständen der Soldaten vertraut sein, um richtig urtei-
        len zu können.
        Ich konnte mir vor zwei Jahren selber ein Bild von
        den schwierigen Lebens- und Arbeitsbedingungen in
        Afghanistan machen. Gerade auch wegen diesen schwie-
        rigen Bedingungen bei Auslandseinsätzen müssen Ver-
        zögerungen bei Strafverfahren in Zukunft verhindert
        werden. Solche Verzögerungen bedeuten für die Betrof-
        fenen eine zusätzliche Belastung. Dem wollen wir durch
        eine Zuständigkeitskonzentration entgegenwirken.
        Dies war schon im Jahr 2010 die Meinung der Justiz-
        ministerinnen und Justizminister der Länder. Diese ha-
        ben die Forderung erhoben, eine zentrale Zuständigkeit
        aufseiten der Gerichte und der Staatsanwaltschaften zu
        schaffen, um eine qualifizierte, effiziente und zügige Be-
        arbeitung der Ermittlungs- und Strafverfahren zu ge-
        währleisten. Diesen Wunsch aus den Ländern greifen
        wir mit dem heutigen Gesetzentwurf auf.
        Der neue Gerichtsstand tritt neben die bereits beste-
        henden Gerichtsstände, wie zum Beispiel den Gerichts-
        stand des Wohnorts, die weiterhin ihre Geltung behalten.
        Für etwaige Verstöße gegen das Völkerstrafgesetz-
        buch besteht die erstinstanzliche gerichtliche Zuständig-
        keit des für Kempten zuständigen Oberlandesgerichts
        München. Zuständige Strafverfolgungsbehörde bleibt in
        diesen Fällen der Generalbundesanwalt.
        Der Entwurf stellt überdies die bisher bereits gängige
        Praxis, dass bei unklarer Zuständigkeit die zuerst mit ei-
        ner Sache befasste Staatsanwaltschaft die erforderlichen
        Maßnahmen ergreift, auf eine gesetzliche Grundlage.
        Dies ist insbesondere von Relevanz, wenn ein Deutscher
        oder eine Deutsche Opfer einer Straftat im Ausland
        wurde und diese im Inland anzeigen möchte. In solchen
        Fällen fehlt es meist an einer inländischen Zuständigkeit,
        weil weder der Tatort noch der Wohn- oder Aufenthalts-
        ort des potenziellen Täters sich in Deutschland befinden.
        Die Neuregelung schließt diese Lücke und dient somit
        der Stärkung der Rechtssicherheit sowie der Opferrechte
        im Strafverfahren.
        Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Der von der
        Regierung vorgelegte Gesetzentwurf zur Bündelung der
        Ermittlungs- und Strafverfahren gegen Soldatinnen und
        Soldaten in den Auslandseinsätzen taugt nichts, und er
        sollte wieder in der Versenkung verschwinden. Der Be-
        darf für ein solches Gesetz ist nicht gegeben, das Gesetz
        ist ungeeignet, vorhandene Probleme zu lösen, und es ist
        rechtspolitisch und politisch mehr als fragwürdig.
        Das sehen im Übrigen auch der Deutsche Richter-
        bund, die Neue Richtervereinigung und der Deutsche
        Anwaltverein so. Ich darf aus der Stellungnahme des
        Richterbundes zitieren: „Der nachgewiesene Bedarf für
        einen weiteren Gerichtsstand für die Verfolgung von
        Straftaten von Soldatinnen und Soldaten bei besonderer
        Auslandsverwendung besteht nicht. Die bisher in
        Deutschland anhängigen Ermittlungsverfahren konnten
        bereits unter den derzeit geltenden Regelungen zu den
        Gerichtsständen sachgerecht bewältigt werden.“
        Ich hatte das Verteidigungsministerium bereits 2009
        gefragt, um wie viele Verfahren es eigentlich geht. Ihre
        Antwort: zwischen 2004 und 2009 gerade einmal 167
        strafrechtliche Ermittlungsverfahren; in 36 Fällen ging es
        dabei um Straftaten in Ausübung des Dienstes. Das ist
        überschaubar. Im Februar dieses Jahres haben Sie mei-
        nem Kollegen Nouripour bestätigt, dass ein starker An-
        stieg von Ermittlungsverfahren gegen Bundeswehrsolda-
        tinnen und -soldaten im Auslandseinsatz nicht festgestellt
        werden kann.
        Und was die Dauer der Verfahren angeht: Wir haben
        die Eilzuständigkeit bei der Staatsanwaltschaft Potsdam;
        die Festlegung des zuständigen Gerichtsstands ist heut-
        zutage ohne Verzögerung bestimmbar.
        Auch dass mit diesen Fällen beauftragte Staatsanwalt-
        schaften und Gerichte schlampig gearbeitet hätten oder
        unfähig gewesen wären, sich mit den verfassungsrechtli-
        chen oder völkerrechtlichen Grundlagen vertraut zu ma-
        chen, ist nicht überliefert.
        Wenn es um die zu lange Dauer der Verfahren geht,
        dann liegt das Problem doch in der Ermittlungsarbeit im
        Ausland; aber daran ändert Ihr Gesetzentwurf keinen
        Deut. Und Ihre Hoffnung, dass sich die Richterinnen und
        Richter in Kempten jetzt auf diese Militärfragen spezia-
        lisieren, ist doch trügerisch. Schon weil es vor Ort um
        verschiedene Gerichte geht und wegen der geringen
        Fallzahlen, ist das nicht zu erwarten.
        Die Frage ist also: Wozu die ganze Aufregung? Wozu
        ein neues Gesetz? Die Antwort lautet klipp und klar: Der
        neue Gerichtsstand ist ein weiterer Versuch, die Sonder-
        rolle der Bundeswehr symbolisch zu unterstreichen und
        eine Sonderbehandlung rechtlich festzuschreiben. Diese
        Versuche, eine besondere Wehrgerichtsbarkeit einzufüh-
        ren, gibt es seit der Aufstellung der Bundeswehr. Immer
        wurden diese Versuche auch damit begründet, dass man
        in der Rechtsprechung ein besonderes Einfühlungsver-
        mögen für die Soldaten benötige. Richter und Staatsan-
        21660 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012
        (A) (C)
        (D)(B)
        wälte sollten besonders vertraut sein mit den Bedürfnis-
        sen und Situationen der Soldaten.
        Aber dieses besondere Vertrautsein kann auch zu ei-
        ner Nähe zwischen Bundeswehr und Justiz führen, die
        die Unabhängigkeit des Gerichts untergräbt. Eine solche
        gefährliche Nähe wollen wir unter keinen Umständen –
        gerade im Interesse des Rechtsstaats.
        Ich führe sehr viele Gespräche mit Soldatinnen und
        Soldaten, auch in den Einsatzgebieten. Und ich habe
        großes Verständnis für deren Anliegen, dass solche straf-
        rechtliche Ermittlungen und Verfahren möglichst rasch
        abgeschlossen werden. Aber es gibt auch das Interesse
        der Opfer bzw. deren Angehörigen an einer gründlichen,
        unabhängigen und unvoreingenommenen Ermittlung.
        Das dürfen wir nie aus dem Auge verlieren. Hier geht es
        um elementare rechtsstaatliche Grundsätze.
        Es geht auch um unser Grundverständnis von den
        Soldatinnen und Soldaten als „Staatsbürgern in Uni-
        form“. Das heißt, sie sind vor allem Staatsbürgerinnen
        und Staatbürger und müssen als solche behandelt wer-
        den, nicht als Sondergruppe. Unter dem Strich ist dies
        auch im Interesse der Soldatinnen und Soldaten. Das
        Prinzip bedeutet eben auch: gleiches Recht für alle und
        gleiche Bedingungen vor Gericht für alle.
        Außerdem: Die zivile Perspektive und die Vielfalt der
        Perspektive auch auf Straftaten von Soldatinnen und
        Soldaten im Ausland ist kein Manko, sondern ein Plus
        für den Rechtsstaat. Genau das aber wollen Sie wegha-
        ben. Soldatinnen und Soldaten sollen auf ihre Bedürf-
        nisse und Situationen eingestellte Richterinnen, Richter
        und Staatsanwälte, die ja bekanntlich den Weisungen des
        Landesjustizministers unterliegen, bekommen. Das ist
        nicht nachvollziehbar und nicht akzeptabel.
        In diesem Zusammenhang ist der Hinweis des Deut-
        schen Anwaltvereins von Bedeutung. Ich darf zitieren:
        „Eine Zuständigkeitskonzentration führt nicht nur leicht
        zu einseitiger Rechtsprechung, die auf Kritik und Dis-
        kussion durch andere (gleichrangige) Gerichte verzich-
        ten muss.“ Auch das sollten wir beachten.
        Und was die behauptete Notwendigkeit betrifft, die
        Richter und Staatsanwälte müssten über besondere
        Kenntnisse militärischer Abläufe und Strukturen und die
        rechtlichen Bedingungen der Auslandseinsätze verfü-
        gen, so hat auch hier die Vereinigung der Rechtsanwälte
        recht, wenn sie sagt: „Spezialkenntnisse in rechtlicher
        und tatsächlicher Hinsicht werden allen Gerichten in den
        unterschiedlichsten Verfahren zugemutet. Warum Solda-
        ten eine Sonderbehandlung erfahren sollen, ist deshalb
        nicht ganz nachvollziehbar.“
        Wir sollten auf das hören, was die Rechtsexpertinnen
        und Rechtsexperten sagen; das ist allemal besser, als
        macht- und militärpolitischen Sonderinteressen zu fol-
        gen.
        Ziehen Sie den Gesetzentwurf zurück! Dieses Gesetz
        darf von diesem Hause, das ja auch dem Rechtsstaat ver-
        pflichtet ist, nicht angenommen werden.
        Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit
        dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen das AG Kemp-
        ten, das LG Kempten und das OLG München zu Gerich-
        ten werden, an denen Soldatinnen und Soldaten in be-
        sonderer Auslandsverwendung bei Begehung aller
        möglichen Straftaten außerhalb Deutschlands anzukla-
        gen sein werden.
        Diese Konzentration macht diese Gerichte zu Wehr-
        strafgerichten, zumindest soweit es um die Aburteilun-
        gen von Straftaten geht, die von erwachsenen Soldaten
        im Ausland begangen werden. Zweifelhaft ist bereits, ob
        dem Bund eine Gesetzgebungskompetenz insoweit zu-
        steht. Denn Art. 96 Abs. 2 GG bestimmt, dass der Bund
        Wehrstrafgerichte nur als Bundesgerichte errichten darf,
        was weder das AG Kempten noch das LG Kempten oder
        das OLG München sind.
        Der Bedarf nach der vorgeschlagenen Regelung wird
        damit begründet, dass bei Beteiligung mehrerer Soldaten
        aus verschiedenen Stammeinheiten an einer Straftat
        mehrere Staatsanwaltschaften zuständig würden, was zu
        nicht hinnehmbaren verfahrensverzögernden Zuständig-
        keitsproblemen führen würde.
        Diese Behauptung wird weder durch Fakten unter-
        mauert, noch ist sie nachvollziehbar. Für deutsche
        Staatsanwaltschaften sind Ermittlungsverfahren mit
        mehreren Tätern und unterschiedlichen Wohnsitzen ein
        Alltagsproblem. Dieses wird nach den seit Jahrzehnten
        geltenden Regeln in den Richtlinien für das Straf- und
        Bußgeldverfahren ohne jegliche Verfahrensverzögerung
        gelöst. Verständigungen darüber, welche Staatsanwalt-
        schaft im konkreten Fall die Ermittlungen führt, erfolgen
        telefonisch oder per Mail, notfalls unter Einschaltung
        der jederzeit ansprechbaren Generalstaatsanwälte. Es
        wäre ein Armutszeugnis für die deutschen Staatsanwalt-
        schaften, wenn sie bereits an verschiedenen Wohnsitzen
        möglicher Mittäter scheitern würden.
        Ernster zu nehmen ist das Argument, dass für die Er-
        mittlungen möglicherweise Kenntnisse konkreter militä-
        rischer Abläufe und Strukturen, besondere Kenntnisse
        der völkerrechtlichen und einsatzrechtlichen Grundla-
        gen, dienstrechtliche Besonderheiten und Fähigkeiten
        und Kenntnisse hinsichtlich Ermittlungen mit Auslands-
        bezug nötig sind.
        Vergleichbare Spezialkenntnisse werden auch in an-
        deren Kriminalitätsbereichen benötigt. Diese werden seit
        vielen Jahren dadurch gebündelt, dass zum Beispiel für
        Bereiche der Wirtschafts- oder Korruptionskriminalität
        Schwerpunktstaatsanwaltschaften gebildet werden. Sol-
        che gibt es auch für Bereiche der Drogen-, Doping- und
        Internetkriminalität.
        Der Gesetzentwurf bezieht sich zwar in seiner Be-
        gründung ausdrücklich auf schon bestehende Schwer-
        punktstaatsanwaltschaften, geht jedoch im Ergebnis weit
        darüber hinaus. Vorgeschlagen wird nämlich etwas ande-
        res: die Errichtung einer Sonderjustiz und von Sonderge-
        richten in der Stadt Kempten.
        Dies ist der falsche Weg. Er ist zwar bereits vor über
        vier Jahren von der FDP vorgeschlagen worden – Druck-
        sache 16/673 –, aber damals wurde er noch von der
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012 21661
        (A) (C)
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        CDU/CSU, der SPD, den Linken und auch von uns Grü-
        nen einmütig abgelehnt.
        Ich sage den Kolleginnen und Kollegen der Koalition:
        Legen Sie einen vernünftigen Vorschlag zur Bildung ei-
        ner Schwerpunktstaatsanwaltschaft – oder auch mehre-
        rer – für Straftaten von Soldaten im Auslandseinsatz vor,
        und wir werden uns dem nicht verschließen. Aber den
        Vorschlag eines Wehrstrafjustizzentrums in Kempten
        lehnen wir ab. Ohne jeden Vorwurf gegen die Staatsan-
        wältinnen und Staatsanwälte in Kempten: Ein solches
        Zentrum fördert Fraternisierungen und einen falschen
        Corpsgeist und passt nicht zum Leitbild des Soldaten als
        Bürger in Uniform. Der Umbau der Bundeswehr zu ei-
        ner Berufsarmee fordert zu einer solchen Wachsamkeit
        geradezu auf.
        Im Übrigen: Warum gerade Kempten? Uns liegt ein
        zum jetzigen Gesetzentwurf textidentischer Referenten-
        entwurf aus dem BMJ vom Frühjahr 2010 vor. Dort wird
        ein Wehrstrafjustizzentrum Leipzig vorgeschlagen.
        Leipzig wird als kompetentes Zentrum hervorgehoben
        und gelobt. Den Abschnitt der damaligen Begründung
        des Vorschlags Leipzig hat die Bundesregierung fallen
        gelassen und durch Kempten in Bayern ersetzt. Allein
        ein solches Vorgehen stimmt schon bedenklich, weil es
        eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Argumenten
        für ein bestimmtes Zentrum vermissen lässt.
        Und was soll jetzt für Kempten sprechen? Die dortige
        Ermittlungsbehörde ist seit zwei Jahren in Bayern eine
        Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Straftaten von Solda-
        ten im Auslandseinsatz. Entsprechende notwendige
        Kenntnisse sollen dort vorhanden sein. So jedenfalls die
        Begründung des jetzigen Gesetzentwurfs. Aber stimmt
        diese Behauptung? Die Staatsanwaltschaft Kempten be-
        arbeitet jährlich mit circa 20 Staatsanwälten 16 000 bis
        17 000 Ermittlungsverfahren. Die Schwerpunkttätigkeit
        gegen Soldaten, die Straftaten im Auslandseinsatz bege-
        hen, erledigt bisher ein einziger Staatsanwalt nebenbei –
        er hat eigentlich ein ganz normales Referat. Von den von
        ihm zu bearbeitenden circa 850 Fällen sind ziemlich ge-
        nau 0,5 Prozent Verfahren gegen Soldaten aufgrund der
        in Bayern bestehenden Sonderzuweisung. Bisher sind
        sage und schreibe in zwei Jahren neun Verfahren ange-
        fallen. Drei davon wurden bald abgegeben, zwei gehör-
        ten sowieso zum Bereich der Kemptener Justiz. Aus-
        landsermittlungen wurden überhaupt noch nie geführt;
        von Spezialkenntnissen konkreter militärischer Abläufe
        und Strukturen, besonderen Kenntnissen der völker-
        rechtlichen und einsatzrechtlichen Grundlagen und
        dienstrechtlichen Besonderheiten keine Spur. Sie wur-
        den übrigens bei den aufgelaufenen Fällen gar nicht be-
        nötigt.
        Es sieht so aus, als sträube sich die Justiz in Leipzig
        mit Händen und Füßen gegen die neue Aufgabe, wäh-
        rend das bayerische Justizministerium gerne zugriffe.
        Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, ich
        vermisse jeden Versuch einer sachlichen und nachvoll-
        ziehbaren Begründung für den vorgelegten Gesetzent-
        wurf. Ohne den Nachweis eines substanziierten Bedarfs
        einer gerichtlichen Zuständigkeitskonzentration und ge-
        rade auch einer sachlichen Begründung für Kempten
        können wir Ihren Vorschlag nur ablehnen.
        Im Übrigen: Dem angehängten Vorschlag einer Ände-
        rung des § 143 Abs. 1 GVG werden wir zustimmen. Er
        regelt im Sinne der Rechtssicherheit die Zuständigkeit
        der Staatsanwaltschaft bei Anzeige bestimmter Strafta-
        ten, die im Ausland gegen deutsche Opfer begangen
        wurden.
        Anlage 4
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung der Beschlussempfehlung und des
        Berichts zu dem Antrag: Nachhaltige Entwick-
        lung in Subsahara-Afrika durch die Stärkung
        der Menschenrechte fördern (Tagesordnungs-
        punkt 19)
        Frank Heinrich (CDU/CSU): Wir sind uns einig: Die
        Problemlagen im Afrika unterhalb der Sahara sind viel-
        fältig und alarmierend. Der Antrag formuliert: „Afrika
        südlich der Sahara ist politisch, wirtschaftlich und sozial
        eine Region der Gegensätze und des rasanten Wandels.“
        In diesem Wandel gibt es „Gewinner“ und Musterbei-
        spiele sich entwickelnder Staaten, wie etwa das westafri-
        kanische Ghana im Bereich der Korruptionsbekämpfung
        und der guten Haushaltsführung, wie Südafrika in der
        HIV-Prävention oder Kenia im Wassersektor; viele
        andere Länder und Bereiche wären zu nennen. Diese
        Entwicklungen sind beispielhaft und machen anderen
        Staaten in der Region Mut; sie weisen der Entwicklungs-
        zusammenarbeit die Richtung.
        In ihrem Afrika-Konzept listet die Bundesregierung
        aber auch weitreichende Probleme auf, von denen Sie in
        Ihrem Antrag viele ebenfalls benennen. Ich zähle etli-
        ches davon an dieser Stelle noch einmal auf, um uns den
        Umfang und die Wucht der Problematik noch einmal
        deutlich vor Augen zu führen:
        Jeder zweite Mensch in Afrika lebt in absoluter Ar-
        mut, also von weniger als 1 Euro pro Tag. Nach Anga-
        ben der DSW kommen auf 100 Menschen im erwerbsfä-
        higen Alter 84 Menschen, die auf Unterstützung ange-
        wiesen sind.
        30 Prozent der Menschen in Subsahara-Afrika hun-
        gern. Viele Menschen leiden an Aids, Malaria oder Ty-
        phus. In einzelnen Staaten des südlichen Afrikas ist
        mehr als jeder fünfte Erwachsene mit dem HI-Virus infi-
        ziert. In vielen Ländern brodeln innerstaatliche Kon-
        flikte, ausgelöst durch ethnische Spannungen und fragile
        Staatlichkeit. Die Gefahr von zerfallenden Staaten, wie
        wir sie vor kurzem im Sudan erlebt haben, ist allgegen-
        wärtig und wird häufig von bürgerkriegsähnlichen Zu-
        ständen begleitet. Es kommt zu Völkerrechts- und Men-
        schenrechtsverletzungen, die durch mangelnde Rechts-
        staatlichkeit oder willkürliche Rechts- und Justizsysteme
        forciert, gedeckt oder ignoriert werden.
        Die organisierte Kriminalität ist stark ausgeprägt. Ins-
        besondere mit dem Handel von Frauen und Kindern wer-
        21662 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012
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        den weithin rege Geschäfte gemacht. Schlecht funktio-
        nierende Verwaltungen, die von Korruption zersetzt sind,
        begünstigen dies.
        Eine Presse- und Meinungsfreiheit wird oftmals nur
        eingeschränkt gewährleistet. Weite Regionen sind von
        Landflucht betroffen. Die daraus resultierende rasante
        Urbanisierung führt zu Mangel an Arbeit und elemen-
        tarsten Dingen wie Kleidung, Nahrung und Wasserver-
        sorgung.
        Hohe Geburtenraten bei mangelnder wirtschaftlicher
        und infrastruktureller Versorgung verstärken diese Pro-
        bleme zusätzlich. Nehmen wir nur die Nachrichten, die
        UNESCO und WHO anlässlich des Weltwassertags am
        22. März 2012 veröffentlicht haben. Die Zeit berichtete
        an diesem Tag: „Elf Prozent der Weltbevölkerung,
        783 Millionen Menschen, leben immer noch ohne ver-
        besserten Zugang zu sauberem Trinkwasser, die meisten
        in den ländlichen Gebieten Subsahara-Afrikas. Diese
        Regionen sind schwer zu erreichen. Es wird teuer, sie zu
        versorgen. In 25 Ländern, so die Vereinten Nationen,
        wenden Frauen täglich 16 Millionen, Männer 6 Millio-
        nen und Kinder 4 Millionen Stunden für die tägliche
        Versorgung mit Trinkwasser auf.“
        Hier sind Menschenrechte in ihrer elementarsten
        Form eingeschränkt. Die Weltöffentlichkeit, auch wir,
        die bundesdeutsche Politik, dürfen dazu nicht schwei-
        gen. Darum begrüße ich den Antrag der SPD und die
        heutige Debatte. Wir schaffen Öffentlichkeit, und das ist
        eine der vornehmsten Aufgaben von Politik. Allerdings
        zeigt die zitierte Nachricht zugleich, in welche Richtung
        die Förderung und Stärkung der Menschenrechte in Sub-
        sahara-Afrika gehen muss. Da geht die Politik der Bun-
        desregierung, wie sie im Afrika-Konzept beschrieben ist,
        in manchen Teilen über den Antrag der SPD hinaus, und
        an manchen Punkten setzt sie andere Schwerpunkte.
        Ich möchte heute auf drei Punkte eingehen:
        Erstens. Menschenrechte zu sichern, ist Teil der Ent-
        wicklungszusammenarbeit, der wirtschaftlichen Koope-
        ration und der Bündnispolitik. Die Bundesregierung hat
        die Menschenrechtspolitik im Koalitionsvertrag deutlich
        aufgewertet und zum Querschnittsthema aller Politikfel-
        der gemacht. Dieser zentrale Ansatz fordert ganzheitli-
        ches Denken über die Ressorts hinaus.
        Die Entwicklungszusammenarbeit etwa ist viel mehr
        als die klassische Entwicklungshilfe: Sie ist Wirtschafts-
        zusammenarbeit und setzt auf Themen mit nachhaltiger
        Bedeutung. Sie sieht sich im Kontext internationaler Ge-
        ber und agiert im Rahmen bestehender Verträge und
        Bündnisse. So stehen, anders als der Antrag suggeriert,
        eben nicht nur einzelne Projekte und Länder im Mittel-
        punkt der deutschen sowie der europäischen Unterstüt-
        zung, sondern Bündnisse und Institutionen wie die Afri-
        kanische Union, AU, das Panafrikanische Parlament,
        PAP, der Afrikanische Menschenrechtsgerichtshof und
        die Afrikanische Konferenz der Dezentralisierungsmi-
        nister, AMCOD. Die Zusammenarbeit mit Regionalor-
        ganisationen, REC, und Fachnetzwerken ergänzt diesen
        Ansatz.
        Parallel beteiligt sich Deutschland an politischen Pro-
        zessen, die Afrika als geeinten Akteur mit afrikanischen
        Positionen im Außenverhältnis wahrnehmen und stär-
        ken. Beispiele sind der G-8-/G-20-Kontext sowie die
        Gemeinsame Afrika-EU-Strategie, Joint Africa-EU Stra-
        tegy, JAES. Auch die Abstimmung mit der UNO, der
        Weltgesundheitsbehörde, WHO, und der Weltbank ge-
        hört dazu.
        Zweitens. Um die Menschenrechte zu sichern, bedarf
        es sektoraler Unterstützung, mit einem Schwerpunkt
        beim Menschenrecht auf Wasser und Sanitärversorgung.
        Entwicklungszusammenarbeit muss Schwerpunkte set-
        zen. Daher hat das BMZ ein Sektorkonzept entwickelt,
        das in intensiver Zusammenarbeit mit der KfW – finan-
        zielle Zusammenarbeit –, der GIZ – technische Zusam-
        menarbeit – und vielen NGOs umgesetzt wird. Drei Pro-
        filbereiche der deutschen Entwicklungszusammenarbeit
        mit den Staaten südlich der Sahara wurden definiert:
        Erstens: Gute Regierungsführung bzw. Good Gover-
        nance.
        Zweitens: Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung.
        Drittens: Wasser.
        Prioritär ist dabei das Menschenrecht auf Wasser und
        Sanitärversorgung. Beginnen wir auch hier noch einmal
        mit der Problemlage, wie sie im Afrika-Konzept der
        Bundesregierung ausgeführt wird: 40 Prozent der Men-
        schen in dieser Region haben keine ausreichende Versor-
        gung mit Trinkwasser und 70 Prozent keinen Zugang zu
        Sanitäreinrichtungen.
        Was tut die Bundesregierung dagegen? Deutschland
        ist der größte bilaterale Entwicklungspartner für Wasser-
        versorgung und Abwasserentsorgung in Afrika. Seit
        2003 hat die Bundesregierung durchschnittlich 90 bis
        100 Millionen Euro pro Jahr für den Wassersektor in
        Afrika zur Verfügung gestellt. Davon fielen 70 Millio-
        nen Euro auf die Trinkwasser- und Sanitärversorgung. In
        Ländern wie Ägypten, Benin, Burkina Faso, Burundi,
        der Demokratischen Republik Kongo, Mali, Marokko,
        Sambia, Südsudan, Tansania, Tunesien oder Uganda sind
        Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Schwer-
        punkte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit.
        Es wurden beachtliche Erfolge erzielt: In Afrika süd-
        lich der Sahara stieg die Zahl der Menschen, die eine
        bessere Trinkwasserquelle nutzen, zwischen 1990 und
        2008 von 252 Millionen auf 492 Millionen und damit
        auf fast das Doppelte – so der Millenniums-Entwick-
        lungsziele-Bericht 2011 der Vereinten Nationen.
        Beispielhaft ist die Entwicklung in Kenia. So heißt es
        auf der Webseite der GIZ:
        „Die deutsche Unterstützung für den Wassersektor
        Kenias durch die GIZ durchläuft nunmehr die vierte
        Phase, die im Januar 2011 begonnen hat und drei Jahre
        dauern wird. Sie umfasst fünf Komponenten.
        1. Reform des Wassersektors (MWI)
        2. Regulierungsbehörde (WASREB)
        3. Armutsfonds – Water Services Trust Fund (WSTF)
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012 21663
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        4. Wasserbewirtschaftung (WRMA, WRUAS)
        5. Ausweitung der Einzelhausentsorgung (WSTF)“
        Der vorliegende Antrag übersieht die Wasserproble-
        matik nahezu gänzlich. Hier gehen die realen Erforder-
        nisse, aber auch die reale Politik über den Antrag hinaus.
        Drittens. Subsahara-Afrika ist eine sehr heterogene
        Region, daher braucht es punktgenaue und länderspezifi-
        sche Ansätze. Ich wiederhole: „Afrika südlich der Sa-
        hara ist politisch, wirtschaftlich und sozial eine Region
        der Gegensätze und des rasanten Wandels.“ Entspre-
        chend differenziert und punktgenau muss die Zusam-
        menarbeit erfolgen, damit die Menschenrechte tatsäch-
        lich gestärkt werden.
        Nehmen wir die positive Entwicklung der sogenann-
        ten Löwenstaaten im westlichen Afrika. Sie weisen ne-
        ben ökonomischer Stärke viele Beispiele für Good
        Governance und menschenrechtliche Fortschritte auf.
        Der Ansatz der Regierungskoalition einer differenzierten
        EZ bzw. der menschenrechtlichen Länderstrategien sieht
        sich hier bestätigt. In Ghana leistet das BMZ sogenannte
        Budgethilfe, flankiert mit dem Aufbau eines Rechnungs-
        hofes. So konnte Transparenz geschaffen und Korrup-
        tion abgebaut werden. Das beispielhafte Wasserprojekt
        in Kenia hatte ich bereits genannt.
        So ließen sich andere Beispiele finden. Doch ist es na-
        türlich nicht mein Anliegen, die Probleme schönzureden.
        Ein Blick nach Mali reicht, ein zweiter nach Nigeria, ein
        dritter nach Somalia, und wir sehen, wie fragil die Lage
        in vielen Ländern des südlichen Afrika ist. Das Afrika-
        Konzept der Bundesregierung ist hier der richtige Weg.
        Christoph Strässer (SPD): In der bisherigen De-
        batte über unseren Antrag hier bei der Einbringung im
        Plenum und im federführenden Ausschuss für Men-
        schenrechte und Humanitäre Hilfe hat es überwiegend
        positive Stellungnahmen gegeben, sowohl bezüglich der
        Zielrichtung, nämlich der Förderung nachhaltiger Ent-
        wicklung durch Stärkung der Menschenrechte, als auch
        bei vielen einzelnen Forderungen. Damit wäre der An-
        trag eigentlich zustimmungsfähig – auch für die Koali-
        tionsfraktionen. Hauptmotiv für die angekündigte Ab-
        lehnung war dann immer wieder das erstaunliche
        Argument, die Bundesregierung tue ja all das schon, was
        im Antrag gefordert werde. Dies ergebe sich schon aus
        dem vor etwa einem Jahr vorgelegten Afrika-Konzept.
        Ja, es stimmt, es gibt ein Afrika-Konzept, wunderschön
        layoutet, auf mehr als 60 Seiten Hochglanzpapier mit
        vielen schönen Bildern. Aber: Gibt es denn auch eine
        Afrika-Politik der Bundesregierung, die diesen Namen
        verdient, abgeleitet aus diesem Konzept? Reicht die Vor-
        lage einer Hochglanzbroschüre denn wirklich schon aus,
        um Sie zufriedenzustellen? Ist die Bundesregierung beim
        Thema Afrika wirklich international intensiv aktiv, ins-
        besondere als Mitglied des Sicherheitsrates der Verein-
        ten Nationen, zeitweise gar im Vorsitz dieser Institution?
        Wie werden eigentlich die Organisationen der Zivilge-
        sellschaft – deutsche, internationale und in den afrikani-
        schen Ländern – eingebunden, wie wird ihre unschätz-
        bare Expertise eingebunden? Das sind doch die Fragen,
        die sich mit der Realitätstauglichkeit eines solchen Pa-
        piers befassen.
        Der Kollege Klaus Riegert, CDU/CSU, meinte dazu
        in der letzten Debatte zu unserem Antrag Folgendes:
        „Wir alle wissen, dass in dieser Region nach wie vor
        Missstände existieren. Wir wissen aber auch: Die Bun-
        desregierung unternimmt alles Erdenkliche, um die Lage
        in Subsahara-Afrika zu verbessern!“ Das ist dann in der
        Tat eine sehr selektive Wahrnehmung der tatsächlichen
        Situation. Ja, es stimmt, es ist nicht alles schlecht und
        falsch. Es gab und gibt beträchtliche und schwerwie-
        gende Unterstützung bei den Katastrophen in den letzten
        Monaten, am Horn von Afrika, in der Sahelzone in
        Westafrika. Aber wo blieb die entschlossene Unterstüt-
        zung des Wahlprozesses in der Demokratischen Repu-
        blik Kongo, wo eine entschlossene und kluge Reaktion
        auf die verheerenden Wahlfälschungen und deren Aus-
        wirkungen auf die zivilgesellschaftlichen Entwicklun-
        gen, gerade bei der herausgehobenen Stellung der Bun-
        desrepublik im Weltsicherheitsrat? Welche Rolle hat die
        Bundesregierung gespielt bei der Unterstützung demo-
        kratischer Transformationsprozesse wie in Sambia oder
        Guinea? Man muss es leider sagen: Es tendiert gegen
        null.
        Wir debattieren hier über den Antrag meiner Fraktion
        mit dem Titel „Nachhaltige Entwicklung in Subsahara-
        Afrika durch die Stärkung der Menschenrechte fördern“.
        Diese Diskussion würde wieder einmal zu so später
        Stunde stattfinden, dass es kaum Sinn macht, die Bei-
        träge nicht zu Protokoll zu geben. Bereits die erste Be-
        fassung im November 2011 ging zu Protokoll – übrigens
        auch ein Signal dafür, welch hohen Stellenwert die
        Afrika-Politik bei der Koalition hat, ist doch auch deren
        eigener Sudan-Antrag zu noch späterer Stunde angesetzt,
        nach jetzigem Stand übrigens auch in der zweiten Le-
        sung.
        Der Kollege Frank Heinrich, CDU/CSU, bemerkte
        seinerzeit: „Afrika ist ein weites Feld. Daher ist die heu-
        tige Debatte – und mögen die Reden auch „nur“ zu Pro-
        tokoll gehen – mehr als eine Randnotiz im Deutschen
        Bundestag. Wir brauchen solche Debatten, um die hu-
        manitäre und menschenrechtliche Lage im Afrika der
        Subsahara zu betonen und zurück ins Bewusstsein der
        Öffentlichkeit zu bringen. Politik muss Öffentlichkeit
        schaffen. Das ist eine ihrer vornehmsten Aufgaben. Wir
        tun dies heute. Darum gilt mein Dank den Kollegen von
        der SPD-Fraktion, die mit ihrem Antrag diese Debatte
        ermöglicht haben.“
        Sehr geehrte Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion,
        wir bedanken uns für dieses Lob. Aber Ihre Aussage, Öf-
        fentlichkeit für Afrika schaffen zu wollen, indem man
        Reden zu einem Antrag zu Protokoll gibt, ist doch eini-
        germaßen absurd. Wenn die Befassung eines Themas da-
        durch besondere Aufmerksamkeit bekommen soll, dass
        man das Thema so spät behandeln lässt, dass es keine
        wirkliche dialogische öffentliche Auseinandersetzung
        mehr gibt, dann bin ich dafür, dass in Zukunft auch die
        Regierungserklärungen der Kanzlerin zu Protokoll ge-
        hen und wir ihnen dadurch die dafür sicher eher ange-
        messene Aufmerksamkeit widmen.
        21664 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012
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        Liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsko-
        alition, Sie lehnen unseren Antrag ab. Die FDP schreibt
        dazu, in dem Antrag seien viele wichtige Dinge drin,
        aber einiges fehle noch; insofern werde man dem Antrag
        nicht zustimmen. Was denn Ihrer Meinung nach noch
        fehlt, wird nicht gesagt. Hätten Sie es während der Bera-
        tungen getan, hätten wir uns vielleicht einigen können,
        wie bei so manchem Afrika-Antrag in der Vergangen-
        heit – das wäre ein gutes Signal gewesen! Eine so nichts-
        sagende Ablehnung für einen Antrag, den Sie selbst als
        grundsätzlich richtig anerkennen, leuchtet vermutlich
        nicht einmal Ihnen selber ein. Die CDU/CSU lehnt unse-
        ren Antrag unter anderem mit der Begründung ab, dass
        bereits im Afrika-Konzept und in der EU-Afrika-Strate-
        gie vieles von dem, was die SPD fordere, enthalten sei
        und dass Unterstützung generell mit dem Gedanken der
        Menschenrechte zu verbinden, Teil des Menschenrechts-
        ansatzes der Bundesregierung sei.
        Das stimmt. Und genau das ist ja das Problem, das
        wir in unserem Antrag ansprechen. Viele Ideen und
        Konzepte gibt es bereits, auch aufseiten der Bundesre-
        gierung. Nochmals: Es ist nicht alles falsch, was darin
        steht. Aber – und hier kommen wir wieder zu unseren
        Ausgangsfragen zurück – die Bundesregierung setzt sol-
        che Ideen eben gerade nicht durch politisches Handeln in
        die Realität um. Das ist doch der eigentliche Skandal,
        und das ist für uns auch aus der Opposition heraus im-
        mer die große Herausforderung, Sie immer und immer
        wieder auf diesen Missstand hinzuweisen und eigene
        Initiativen zu ergreifen, auch wenn diese durch fehlende
        Mehrheiten letztendlich nicht umgesetzt werden können.
        Wo ist denn im politischen Agieren der Bundesregierung
        tatsächlich nachzuvollziehen, dass sie vorrangig die
        menschenrechtlichen Ziele ihres Afrika-Konzepts und
        auch den wahrlich nicht schlechten oder falschen Men-
        schenrechtsansatz des BMZ konkret durch politisches
        Handeln umsetzt, damit die Menschenrechte als Basis
        für Rechtsstaatlichkeit, gute Staatsführung und nachhal-
        tige Entwicklung dienen können? Wo sind aus der Viel-
        zahl von menschenrechtlich relevanten Strategien und
        Konzepten die Kernpunkte einer kohärenten Menschen-
        rechtspolitik der Regierung erkennbar? Wo ist zu erken-
        nen, dass sie die Umsetzung des zweiten Aktionsplans
        der EU-Afrika-Strategie aktiv begleitet und einen beson-
        deren Stellenwert auf die menschenrechtlich relevanten
        Bereiche der Partnerschaft legt? In welcher Form und
        mit welchen konkreten politischen Instrumenten unter-
        stützt die Bundesregierung die zivilgesellschaftlichen
        Akteure zum Beispiel im Kongo oder im Sudan als ge-
        zielte Alternative zur Förderung von fragilen staatlichen
        Strukturen und autoritären, willkürlichen Regimen?
        Darüber hinaus stellt sich die Frage, welchen Wert die
        Bundesregierung wirklich auf Konfliktprävention legt
        und inwiefern sie hierfür die Partnerschaft „Frieden und
        Sicherheit“ der EU-Afrika-Strategie aktiv unterstützt
        und die im Haushalt 2012 veranschlagten Mittel für
        Konfliktprävention aktiv und voll ausschöpft. Was wird
        wo politisch konkret getan, um die Rechte von Frauen
        und Mädchen zu stärken, insbesondere was ihre Bildung
        und Gesundheit anbelangt? Was tut Deutschland bilate-
        ral und im internationalen Rahmen, um Kinder in Afrika
        vor bewaffneten Konflikten zu schützen und die Umset-
        zung der aktuell verabschiedeten Resolution 1998 in al-
        len Punkten voranzutreiben? Wie setzt sich die Bundes-
        regierung konkret dafür ein, dass die Einhaltung der
        Menschenrechte Bestandteil aller EU-Handelsabkom-
        men und -Beziehungen mit den afrikanischen Partner-
        ländern wird?
        Ich frage dies auch vor dem Hintergrund, dass ich
        Bundeskanzlerin Merkel auf ihrer Reise nach Kenia, An-
        gola und Nigeria mit anderen Kolleginnen und Kollegen
        begleiten durfte. Ich habe dabei sehr genau hingehört,
        was bei den Empfängen, Wirtschaftsforen und Handels-
        abschlüssen gesagt wurde. In den Reden der Kanzlerin
        jedenfalls ist das Wort „Menschenrechte“ nicht ein einzi-
        ges Mal vorgekommen, nicht einmal in Angola, einem
        Land, in dem die Korruption fröhliche Urstände feiert,
        wo sich „normale“ Menschen in der Hauptstadt Luanda
        keine Wohnungen mehr leisten können und sich jenseits
        der Stadtgrenzen schiere Armut ausbreitet, weil all das
        Geld aus den ökonomischen Beziehungen in die Taschen
        der herrschenden Klasse fließt. Nichts gegen gute wirt-
        schaftliche Beziehungen und private Initiativen mit all
        diesen Ländern; die müssen sein, und es ist gut, dass es
        sie gibt und dass sie ausgebaut werden. Aber mit werte-
        gebundener Außenpolitik hat all dies dann nichts zu tun,
        wenn der Aspekt der Menschenrechte, der bürgerlichen
        und politischen, aber in diesem Zusammenhang ganz be-
        sonders der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen
        noch nicht einmal am Rande eine Rolle spielt.
        Alle diese Punkte sind Teil unseres Antrags, und zwar
        nicht, wie die Ablehnung der Unionsfraktion weisma-
        chen will, weil wir behaupten, es gebe solche Ideen nicht
        bereits auf Papier, sondern weil wir die Umsetzung die-
        ser richtigen Ideen im politischen Alltag der Bundesre-
        gierung nicht erkennen können. Es gibt also kein Wis-
        sensdefizit, sondern ein Handlungsdefizit. Auch wenn
        die FDP von ihrem Primat der wirtschaftlichen Dimen-
        sion nicht recht herunterkommen mag oder kann. Aber
        auch das kriegen wir noch hin.
        Der Grund für Ihre Ablehnung ist insofern zugleich
        die Antwort auf unsere Ausgangsfragen. Es gibt keine in
        Taten nachweisbare Afrika-Politik der Bundesregierung.
        Es ist alles nur Papier. Die Bundesregierung ist zum
        Thema Afrika international kaum aktiv. Deshalb sind
        auch viele zivilgesellschaftliche Organisationen der
        Überzeugung, dass hier viel mehr und viel Besseres
        kommen muss. Auch viele Afrikaner sind der Meinung,
        dass die Bundeskanzlerin sich bei ihren ohnehin seltenen
        Besuchen auf dem Kontinent nicht intensiv genug auch
        um die Verbesserung ihrer Lebenssituation kümmert –
        im Zweifel sind Wirtschaftsinteressen dann doch wichti-
        ger. Beides gleichwertig nebeneinander wäre die richtige
        Strategie, auch im wohlverstandenen Interesse unserer
        deutschen und europäischen Wirtschaft.
        Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Ko-
        alitionsfraktionen, Ihre Begründung für die Ablehnung
        unseres Antrags ist mager. Denn im Grunde sehen Sie es
        als engagierte Außen-, Menschenrechts- und Entwick-
        lungspolitiker genauso wie wir, zumindest in wichtigen
        Teilen. Nur leider ist es Ihre Regierung, die schläft. Wir
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012 21665
        (A) (C)
        (D)(B)
        laden Sie deshalb in jedem Fall ein, durch Zustimmung,
        aber auch durch die Möglichkeit der Zusammenarbeit
        diesen Schlaf zu beenden – Afrika hat größere Aufmerk-
        samkeit verdient.
        Marina Schuster (FDP): Lassen Sie mich zunächst
        betonen, dass der uns vorliegende Antrag der SPD-Frak-
        tion wichtige Punkte aufgreift, denen wir uns als FDP-
        Fraktion anschließen können und die darüber hinaus im
        Zentrum der Arbeit dieser Bundesregierung stehen. Zu
        einigen Sachverhaltsdarstellungen und Forderungen gibt
        es daher auch keinen Dissens. Andere Punkte teilen wir
        aber nicht; darauf komme ich noch später zu sprechen.
        Zunächst möchte ich kurz auf das eingehen, was die
        Bundesregierung und die schwarz-gelbe Koalition bisher
        erreicht haben. Wir haben im Koalitionsvertrag ein eige-
        nes Menschenrechtskapitel verankert und wesentliche
        Teile eins zu eins umgesetzt. Hervorzuheben ist die Ver-
        besserung der Menschenrechtsschutzsysteme, die wir
        entscheidend voranbringen konnten. Neben der Reform
        des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
        meine ich im Bezug auf Afrika vor allem das Schließen
        von Strafbarkeitslücken im Römischen Statut. Es war
        der deutsche Verhandlungserfolg unter der Leitung des
        Menschenrechtsbeauftragten Markus Löning bei der
        Überprüfungskonferenz in Kampala vor zwei Jahren, der
        zur Definition des Crime of Aggression führte. Das ist
        ein Meilenstein. Und natürlich setzen wir uns dafür ein,
        dass mehr Staaten dem Römischen Statut beitreten, nicht
        nur in Afrika.
        Darüber hinaus haben wir nun erstmals ein ressort-
        übergreifendes Afrika-Konzept, in dem wir uns auf sechs
        Schlüsselbereiche konzentrieren: Frieden und Sicherheit;
        gute Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit, Demokra-
        tie und Menschenrechte; Wirtschaft; Klima und Umwelt;
        Energie und Rohstoffe; Entwicklung, Bildung und For-
        schung. Es stimmt damit einfach nicht, dass sich das
        Afrika-Konzept auf Wirtschaftsinteressen fokussieren
        würde. Das ressortübergreifende Afrika-Konzept ist ein-
        gebettet in die Joint Africa-EU Strategy. Kurzum: Ja, wir
        setzen uns für die menschenrechtlichen Aspekte des
        zweiten Aktionsplans der EU-Afrika-Strategie ein.
        Außerdem haben wir mit dem Menschenrechtskon-
        zept des BMZ erstmals einen verbindlichen Ansatz, der
        finanzielle Zusagen quasi an einem Menschenrechts-
        TÜV koppelt. Sie übersehen zudem, dass es beim Res-
        sortkreis „Zivile Krisenprävention“ und beim Unteraus-
        schuss „Zivile Krisenprävention und vernetzte Sicher-
        heit“ ja gerade darum geht, politische Ansätze zur Stabi-
        lisierung staatlicher Strukturen in fragilen Staaten und
        nach Konflikten zu finden und umzusetzen, gerade weil
        in dieser Situation der Aufbau von Rechtsstaatlichkeit,
        der Zivilgesellschaft und der lokalen Demokratie von
        besonderer Bedeutung sind.
        Natürlich unterstützen wir die Rechte von Frauen und
        Mädchen. Gerade in diesem Bereich begleitet die Bun-
        desregierung wichtige Projekte, die Frauen und Mäd-
        chen den Rechtszugang bei sexueller Gewalt, die Stär-
        kung sexueller Gesundheit und die politische Teilhabe
        ermöglichen. Hervorheben möchte ich insbesondere
        Projekte in Kenia, Nordnigeria und Burkina Faso.
        Ja, gerade Kinder sind die Hauptleidtragenden in
        Konflikten und Kriegen. Deswegen freut es mich sehr,
        dass es Außenminister Westerwelle gelungen ist, im ver-
        gangenen Jahr die von Ihnen angesprochene Resolution
        1998 (2011) zum Schutz von Kindern in bewaffneten
        Konflikten bei den Vereinten Nationen durchzubringen.
        Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser werden seit-
        dem international geächtet, und wir unterstützen die
        Bundesregierung bei der Umsetzung dieser wichtigen
        Resolution.
        Die FDP-Bundestagsfraktion kann diesem Antrag je-
        doch nicht zustimmen, weil er aus unserer Sicht den vor
        uns liegenden Herausforderungen nicht gerecht wird.
        Insbesondere die Kritik am privatwirtschaftlichen Enga-
        gement in Afrika zeigt, dass es sich dieser Antrag ideo-
        logisch bequem macht und dabei die afrikanische Reali-
        tät verkennt. Es ist eben nicht „bedauerlich“, wie Sie es
        formulieren, dass sich diese Bundesregierung für gute
        wirtschaftliche Rahmenbedingungen vor Ort einsetzt.
        Ihre Haltung zu wirtschaftlichem Wachstum ist mir,
        offen gesagt, ein Rätsel. SPD, Grüne und Linke reden
        seit Jahren davon, wie schädlich Wachstum eigentlich
        sei und dass unsere gesellschaftliche Vorstellung von
        Wohlstand umgedeutet werden müsse. Doch wenn es
        hart auf hart kommt, so wie beispielsweise in Griechen-
        land derzeit, erinnern auch Sie sich wieder daran, dass
        wirtschaftliches Wachstum und Prosperität Vorausset-
        zungen dafür sind, dass Gesellschaften florieren, dass
        sich ein Mittelstand entwickelt, aus dem heraus sich
        wehrhafte Zivilgesellschaften entwickeln können.
        Dies ist umso bedeutender für die Entwicklung in
        Afrika. Sie wissen doch so gut wie ich, dass sich die im
        Umbruch befindlichen Länder Nordafrikas private In-
        vestoren herbeisehnen, weil die Arbeitslosigkeit, gerade
        in der jungen Generation, besonders hoch ist. Wie oft ha-
        ben wir alle hier im Hohen Haus erwähnt, dass es für das
        Gelingen des arabischen Frühlings eben auch eines so-
        zioökonomischen Erfolgs – sprich: Arbeitsplätze – be-
        darf! Das gilt auch für Subsahara-Afrika. In Liberia
        herrscht beispielsweise eine Arbeitslosigkeit von rund
        80 Prozent. Dort wünschen sich die jungen Menschen
        nicht Almosen, sondern Zukunftsperspektiven, das heißt
        Arbeitsplätze, geschaffen von Unternehmern. Sie möch-
        ten nicht Bittsteller sein, sondern ein selbstbestimmtes
        Leben führen.
        Lassen Sie mich noch auf den Vorwurf eingehen, das
        Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
        und Entwicklung verfehle die Ziele öffentlicher Ent-
        wicklungszusammenarbeit. Es ist richtig, dass die Quote
        noch nicht bei 0,7 Prozent des Bundeshaushalts liegt.
        Das erwähnt die SPD gebetsmühlenartig. Doch wissen
        Sie auch, dass eben jene Zahl nach elf Jahren Heidemarie
        Wieczorek-Zeul bei lediglich 0,36 Prozent lag? Das ge-
        hört zur Ehrlichkeit dazu, aber das verschweigen Sie na-
        türlich in Ihrem Antrag, ebenso wie die Tatsache, dass
        die Quote im Jahr 2011 bei vorläufig 0,4 Prozent lag und
        somit die höchste seit 1990 ist. Außerdem – natürlich er-
        21666 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012
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        wähnen Sie auch das nicht – hat sich diese Bundesregie-
        rung auf den Weg gemacht, den größten BMZ-Haushalt
        in der Geschichte der Bundesrepublik zu erreichen.
        Der Antrag der SPD-Fraktion spricht wichtige, un-
        streitige Punkte an, die wir unterstützen. Doch während
        einige Länder oder Sachverhalte nur schlaglichtartig ge-
        nannt werden, bleibt anderes im Vagen und ist wenig
        konkret. Die FDP-Fraktion kann diesem Antrag aus den
        dargelegten Gründen nicht zustimmen.
        Annette Groth (DIE LINKE): Die aktuelle Situation
        der Menschenrechte in den Staaten des südlichen Afrika
        ist in vielfacher Hinsicht problematisch. Auf der einen
        Seite verhindern autoritäre Regierungen die Durchset-
        zung der Menschenrechte. Auf der anderen Seite ist es
        auch die Politik der westlichen Industriestaaten, die für
        die Verletzung der Menschenrechte in Subsahara-Afrika
        verantwortlich ist. Durch die Freihandelspolitik der
        westlichen Staaten werden das Recht auf Nahrung, das
        Recht auf Wasser und das Recht auf Gesundheit eklatant
        verletzt. Die westliche Staatengemeinschaft nimmt für
        ihre eigenen Interessen billigend in Kauf, dass für die In-
        teressen der internationalen Agrarmultis immer mehr
        Bauern von ihrem Land vertrieben werden und ganze
        Regionen durch systematisches Land Grabbing in die
        Hände von internationalen Konzernen geraten.
        Durch die Afrika-Politik der westlichen Industrielän-
        der wird diese Region vor allem zu einem Rohstoffliefe-
        ranten und Absatzmarkt degradiert. Die Entwicklungs-
        perspektiven für die Bevölkerung sind zweitrangig.
        Postkoloniale Strukturen werden durch diese Form der
        wirtschaftlichen Ausbeutung weiter gefestigt.
        Die Menschenrechte der Menschen aus Subsahara-
        Afrika werden mit Füßen getreten, wenn durch die mas-
        sive Durchsetzung von Freihandelsabkommen eine ei-
        genständige Entwicklung dieser Region bewusst unter-
        graben wird. Nur eine echte regionale Integration in
        Subsahara-Afrika könnte eine eigenständige wirtschaft-
        liche und soziale Entwicklung der Region ermöglichen.
        Wir wissen aber, dass ein solcher Prozess sehr schwierig
        ist und viel Zeit braucht. Die neoliberalen Heilsbeter
        vergessen, dass die sechs Gründungsstaaten der EU elf
        Jahre gebraucht haben, um nach der Schaffung der Euro-
        päischen Wirtschaftsgemeinschaft eine Zollunion zu
        verwirklichen. Den Staaten Subsahara-Afrikas wird
        diese Zeit jedoch nicht eingeräumt.
        Diese Fragen werden im SPD-Antrag nicht themati-
        siert. Die Einschätzung im SPD-Antrag, dass bei einer
        Reihe von afrikanischen Staaten südlich der Subsahara
        die Chance besteht, die „Löwenstaaten“ der Zukunft zu
        werden, halten wir für zumindest fragwürdig.
        Für die Interessen der internationalen Investoren wer-
        den überall in den Ländern Subsahara-Afrikas Men-
        schenrechtsverletzungen in Kauf genommen. Laut Am-
        nesty sind seit dem Jahr 2000 in Nigeria über 2 Mil-
        lionen Menschen unrechtmäßig aus ihren Häusern ver-
        trieben worden. Von diesen Zwangsräumungen sind vor
        allem die ärmsten Bevölkerungsgruppen betroffen.
        Diese Vertreibungen gehen auch aktuell weiter. So sollen
        in der nigerianischen Hafenstadt Port Harcourt 200 000
        Menschen vertrieben werden, damit ein neues Ge-
        schäfts- und Freizeitzentrum für Unternehmen und die
        kleine Oberschicht errichtet werden kann.
        Insgesamt ist der Antrag der SPD von einem verkürz-
        ten Menschenrechtsbegriff geprägt. Wirtschaftliche, so-
        ziale und kulturelle Menschenrechte werden nur unzu-
        reichend angesprochen. Die SPD verkürzt in ihrem
        Antrag die Menschenrechte einseitig auf die bürgerli-
        chen Menschenrechte. Die alltäglichen Menschenrechts-
        verletzungen durch die Wirtschaftsinteressen der großen
        Konzerne werden leider nicht thematisiert.
        Problematisch ist auch das Verständnis von Men-
        schenrechtspolitik für die Staaten Subsahara-Afrikas.
        Die SPD setzt vor allem auf Selbstverpflichtungen der
        afrikanischen Staaten, etwa im Rahmen der Gründungs-
        akte der Afrikanischen Union, des African Peer Review
        Mechanism, der Afrikanischen Charta der Menschen-
        rechte und internationaler Menschenrechtskonventionen.
        Immer wieder wird die afrikanische Eigenverantwor-
        tung betont, nie aber die Verantwortung der Industrie-
        staaten. Die Linke erwartet von einer emanzipatorischen
        Menschenrechtspolitik, dass die Politik der EU grund-
        sätzlich geändert wird. Solange mithilfe von Frontex
        eine „Festung Europa“ aufgebaut wird und die europäi-
        sche Flüchtlingspolitik billigend in Kauf nimmt, dass
        fast täglich Menschen an den EU-Außengrenzen sterben
        müssen, sind auch die Staaten der EU weit von einer
        Einhaltung der Menschenrechte entfernt. Das ist der ei-
        gentliche Skandal.
        Auch die unkritische Bezugnahme des Antrags auf
        die Afrikanische Friedens- und Sicherheitsarchitektur
        und AU-Friedensmissionen ist problematisch. In keiner
        Weise werden die Verletzungen der Menschenrechte,
        meist an Frauen und Kindern, durch Angehörige von Ar-
        meen thematisiert. Auch die militärischen Interventio-
        nen des Westens in Libyen und Côte d’Ivoire, die Tau-
        senden von Zivilisten das Leben gekostet hat und mit
        massiven Menschenrechtsverletzungen verbunden wa-
        ren, spielen in dem Antrag keine Rolle.
        Auch wenn in dem Antrag einige richtige Forderun-
        gen aufgegriffen werden, ist er insgesamt unzureichend.
        Deshalb werden wir den Antrag ablehnen.
        Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Staa-
        ten in Afrika verändern sich, differenzieren sich aus, er-
        leben dynamische Entwicklungen. Immer mehr dieser
        Staaten sind bedeutende strategische Partner. Aber natür-
        lich sind die Probleme deshalb noch nicht überwunden.
        50 Prozent der 750 Millionen Menschen in Afrika süd-
        lich der Sahara leben in Armut. Knapp zwei Drittel der
        am wenigsten entwickelten Länder liegen in Afrika, viele
        sind von gewalttätigen Konflikten durchzogen.
        Der SPD-Antrag, den wir heute diskutieren, setzt sich
        auch mit dem Afrika-Konzept der Bundesregierung aus-
        einander. Wir Grünen stellen fest, dass sich nach der
        Vorlage des Konzepts enttäuschend wenig getan hat.
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012 21667
        (A) (C)
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        Schaut man etwa auf die Homepage des BMZ, so ent-
        steht der Eindruck, die Seite zu „Afrika südlich der Sa-
        hara“ sei seit 2009 nicht mehr aktualisiert worden. Und
        auch sonst haben wir den Eindruck: Die Führung im
        BMZ hält sich lieber an Schwellenländer als an Länder
        in Afrika.
        Als Entwicklungspolitikerin ist es mir ein Anliegen,
        dass die Einhaltung der Menschenrechte eine prakti-
        zierte Leitlinie der internationalen entwicklungsorien-
        tierten Politik ist, zum Schutz der Bevölkerung, zum
        Nutzen von Frauen und Kindern, zugunsten derjenigen,
        die wenig Rechte haben. Gleichzeitig will Entwick-
        lungspolitik mit ihren Instrumenten auch in solchen Län-
        dern Angebote machen, wo die Situation schwierig und
        keineswegs perfekt ist.
        Wie ernst aber nimmt die Bundesregierung ihre Men-
        schenrechtspolitik? Sowohl im Afrika-Konzept als auch
        im Entwicklungspolitischen Konzept der Bundesregie-
        rung wird darüber gesprochen. Aber gehen diese Erklä-
        rungen über Lippenbekenntnisse hinaus? So hat Minister
        Dirk Niebel im April 2011 bei der Mitgliederversamm-
        lung des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft deut-
        lich gemacht, dass das vorrangige Ziel deutscher Zusam-
        menarbeit mit den Staaten Afrikas die Steigerung der
        deutschen Exporte nach Afrika sei. Der Text der Rede
        lässt sich auf der Homepage des BMZ nachlesen. Tenor:
        Exporte will die Bundesregierung mit entwicklungspoli-
        tischen Instrumenten kräftig fördern.
        Verschiedentlich hört man die Bundesregierung sa-
        gen: „Jeder einzelne Euro an bilateraler staatlicher Ent-
        wicklungszusammenarbeit generiert einen Euro und
        achtzig Cent an zusätzlichem deutschen Exportvolumen
        in das betreffende Partnerland.“ Gute Entwicklungszu-
        sammenarbeit ist also, was Exporte schafft. Das ist ge-
        wiss ein interessanter Nebeneffekt. Aber in der Entwick-
        lungspolitik geht es mehr um eine Welt, in der die
        Menschen in Frieden und frei von Not leben können. Es
        geht um die Organisation globaler Gerechtigkeit und da-
        mit um die Reduzierung von Armut. Minister Niebel und
        seine FDP verstehen unter Entwicklungspolitik vorran-
        gig die optimale Exportförderung, im Sinne der deut-
        schen Wirtschaft.
        Ich meine, es ist richtig, Afrika und die wirtschaftli-
        chen Chancen des Kontinents auch für die deutsche
        Wirtschaft zu entdecken und zu fördern. Aber es ist
        falsch, dafür die sozialen und werteorientierten Ansätze
        der deutschen Politik gegenüber diesen Staaten an den
        Rand zu drängen. Wer vor allem auf die Kooperation mit
        deutschen Wirtschaftsverbänden, Public Private Partner-
        ships, PPP, und die Schaffung eines besseren Geschäfts-
        und Investitionsklimas in den Partnerländern setzt, fragt
        nicht mehr, ob die Profitinteressen der Wirtschaft auch
        den Ärmsten zugutekommen, und fragt auch nicht mehr,
        ob Gruppen wie Landlose, Slumbewohnerinnen und -be-
        wohner oder Frauen und Kinder auch tatsächlich erreicht
        werden. Durchsickereffekte, bei denen am Ende auch die
        Ärmsten von einer Wirtschaftsförderung profitieren, er-
        geben sich nicht ohne eine kluge staatliche Umvertei-
        lungspolitik.
        Der Weltentwicklungsbericht 2012 weist eine weitere
        Schwachstelle der internationalen Politik auf: bei der
        Geschlechtergerechtigkeit. In diesem Bericht korrigiert
        sich die Weltbank. Zum einen wird Gleichberechtigung
        der Geschlechter als ein Wert an sich anerkannt. Und
        man erkennt, dass Wirtschaftswachstum nicht per se gut
        für die Chancengleichheit ist, sondern man bestehende
        Gesellschaftshierarchien und Diskriminierungsmuster
        angehen muss, will man Frauen wirklich stärken, „em-
        powern“. Das kann ich nur unterstreichen.
        Beispiel Rohstoffe. Perspektivisch sollen die bilatera-
        len Rohstoffpartnerschaften ausgeweitet und auch mit
        afrikanischen Staaten abgeschlossen werden. Doch die
        bisherige Rohstoffpolitik von Schwarz-Gelb setzt vor al-
        lem auf Versorgungssicherheit. Menschenrechte kom-
        men zu kurz. Rohstoffe wirken sich für die Bevölkerung
        in Afrika unter dem Strich eher negativ aus. Zwar ist die
        afrikanische Wirtschaft dank hoher Rohstoffpreise über
        Jahre gewachsen, vor der Wirtschafts- und Finanzkrise
        um durchschnittlich 6 Prozent jährlich. Andererseits ge-
        lingt es jedoch fast nie, Rohstoffreichtum in politische
        und sozioökonomische Entwicklungsprozesse für alle
        umzuwandeln. Menschenrechte, Demokratie oder die
        Umweltverträglichkeit von Großprojekten spielen so gut
        wie nie eine Rolle. Im Gegenteil: Ressourcenreichtum
        schürt in vielen Staaten Bürgerkriege und Korruption.
        Die Einnahmen aus dem Rohstoffsektor fließen in die
        Taschen Weniger, notwendige Investitionen in Arbeits-
        markt, Sozialpolitik und Infrastruktur bleiben aus, so
        dass sich soziale Spannungen sogar noch verschärfen.
        Die ökologischen, sozialen und menschenrechtlichen
        Folgen der Rohstoffgewinnung sind immens. Probleme
        der Landnahme, Enteignung, Umsiedlung und Zerstö-
        rung des Lebensraums stehen vielfach am Anfang der
        Rohstoffförderung. Einschüchterungen sind häufig Re-
        aktionen auf Proteste, bis hin zu Verfolgung und Ermor-
        dung. Arbeitsschutzrechte werden nicht eingehalten, Ge-
        werkschaften ignoriert bzw. verboten. Der Abbau selbst
        ist begleitet von massiven Umweltproblemen wie der
        Verschlechterung der Wasserqualität und der Bodenzer-
        störung und -vergiftung. Ein besonderes Problem des
        Bergbausektors sind die zerstörten Regionen, die nach
        Stilllegung des Minenbetriebs zurückbleiben. Für deren
        Wiederherstellung übernimmt meist niemand die Verant-
        wortung.
        Ich finde es gut, dass die SPD die menschenrechtli-
        chen Aspekte des Afrika-Konzepts stärken möchte. Die
        von mir genannten Beispiele zeigen, wie weit die Bun-
        desregierung von ihren menschenrechtlichen Verspre-
        chen entfernt ist. Da hätten einige Punkte im Antrag der
        SPD kritischer ausfallen können. Wichtig ist mir jedoch
        die Botschaft: Ändern wir unser Bild von Afrika; es ist
        vielfältig und progressiv. Die Menschen in Afrika for-
        dern ihren eigenen Weg, und diesen müssen wir beglei-
        ten, auf Augenhöhe und auch mit Anforderungen dieser
        Staaten an uns.
        21668 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012
        (A) (C)
        (D)(B)
        Anlage 5
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung der Anträge
        – Keine Hermesbürgschaft für den Bau 
        des Atomkraftwerks Angra 3
        – Keine Bürgschaft für den Bau des 
        Atomkraftwerks Angra 3
        (Tagesordnungspunkt 26 a und b)
        Thomas Bareiß (CDU/CSU): Mit den vorliegenden
        Anträgen beweist die Opposition wieder einmal ihre
        Kurzsichtigkeit im Bereich der Energiepolitik. Für das
        Ziel einer kernkraftfreien Welt fordern Sie die Rück-
        nahme deutscher Bürgschaften für den Export von
        Nukleartechnologie ins brasilianische Angra dos Reis.
        Das geht wieder einmal an der Realität vorbei.
        Leider müssen auch Sie anerkennen, dass wir eben
        genau durch die Gewährung von Garantien für Nuklear-
        technologie Einfluss nehmen auf die Umsetzung hoher
        Umwelt- und Sicherheitsstandards am Standort Angra 3.
        Der sichere Betrieb von Kernkraftwerken macht eben
        nicht vor Grenzen halt. Deshalb ist die grenzüberschrei-
        tende Zusammenarbeit in Technologie- und Sicherheits-
        fragen so wichtig. Ein Rückzug in ideologisches Insel-
        denken, wie Sie ihn in Ihren Anträgen einschlagen, ist
        garantiert der falsche Weg.
        Um es in aller Deutlichkeit zu sagen: Ich bin der Mei-
        nung, dass deutsche Exportkreditgarantien für die Fer-
        tigstellung von Angra 3 ein Beitrag zu mehr Sicherheit
        sind.
        Lassen Sie mich zuerst auf die grundsätzlichen und
        historischen Aspekte eingehen: Die deutsche Bundes-
        regierung unterstützt deutsche Unternehmen, die im
        Exportgeschäft tätig sind, schon seit über 60 Jahren. Da-
        durch hilft sie bei der Erschließung neuer Märkte, insbe-
        sondere in Entwicklungs- und Schwellenländern. Aus
        diesen Verpflichtungen kann man nicht einfach so – ad
        hoc – aussteigen. Das entspräche nicht unserer Verant-
        wortung. Denn gerade weil die Sicherheit von Kern-
        kraftwerken nicht vor Grenzen haltmacht, ist ein Enga-
        gement deutscher Unternehmen bei der Fertigstellung
        von Angra 3 sinnvoll.
        Die Bundesregierung hat im Februar 2010 die Über-
        nahme einer Exportkreditgarantie für Lieferungen und
        Leistungen im Interministeriellen Ausschuss für Export-
        kreditgarantien nach Unterrichtung des Haushaltsaus-
        schusses im Januar 2010 grundsätzlich gebilligt. Nach
        der erneuten Unterrichtung des Haushaltsausschusses im
        September 2011 wurde diese grundsätzliche Zusage wei-
        ter verlängert, ein letztes Mal im März 2012.
        Klar ist, dass eine endgültige Zusage erst nach
        Berücksichtigung der Ergebnisse eines unabhängigen
        Gutachtens getroffen werden kann. Dieses Gutachten
        liegt aktuell der Bundesregierung zur Prüfung vor. Darin
        soll unter anderem auch festgehalten werden, ob und wie
        die Erkenntnisse aus den Ereignissen von Fukushima
        beim Bau des Kernkraftwerks Angra 3 berücksichtigt
        werden.
        Wir haben uns letztes Jahr für ein Auslaufen der Nut-
        zung der Kernenergie entschieden. Andere Länder tref-
        fen andere Entscheidungen. Wir dürfen nicht glauben, in
        der Frage „Kernenergienutzung ja oder nein?“ andere
        missionieren zu können. Wir können mit unserem Aus-
        stieg aber ein Beispiel sein für die anderen Länder und
        dafür werben, dass es geht. Und solange andere Länder
        auf Kernenergie setzen, ist es eben unsere Verantwor-
        tung, uns für weltweit höchste Sicherheitsstandards stark
        zu machen.
        Ich rate Ihnen: Schauen Sie sich einmal bei unseren
        Nachbarn um. Wir Deutsche sollten nicht immer glau-
        ben, dass wir die Weisheit für uns gepachtet haben.
        Großbritannien setzt auf den Ausbau der Kernenergie,
        im Übrigen in Kombination mit dem Ausbau der Wind-
        energie. US-Präsident Obama setzt verstärkt auf Kern-
        energie und hat erst in diesem Frühjahr den Bau weiterer
        Kernkraftwerke mit einem Investitionsvolumen von
        rund 10 Milliarden Euro genehmigt. Die Franzosen, die
        Niederlande, die Skandinavier und insbesondere auch
        die von den Grünen und Sozialdemokraten mitgetragene
        finnische Regierung setzen alle auf die Kernenergie.
        Und sie tun es, um einen Beitrag zum Klimaschutz zu
        leisten.
        Ich habe manchmal den Eindruck, dass Sie sich in dem
        Thema verrannt haben und keinen richtigen Ausstieg fin-
        den. Sie sehen: Auch wenn wir Deutschen uns letztes Jahr
        für einen Ausstieg aus der Kernenergie entschieden
        haben, hat diese Entscheidung keine Auswirkung auf die
        Entscheidung anderer Staaten, Nukleartechnologie zu
        nutzen. Jedes Land entscheidet selbst, welchen Energie-
        mix es wählt. Im vorliegenden Fall hat eben Brasilien ent-
        schieden, ein weiteres Kernkraftwerk, Angra 3, zu errich-
        ten. Daran werden auch Ihre Anträge nichts ändern.
        Dennoch sind wir uns der Sensibilität von Nuklear-
        projekten sehr bewusst. Das Thema Sicherheit nehmen
        wir sehr ernst. Es ist deshalb falsch, dass Sie einen
        Rückzug aus deutschen Bürgschaften fordern!
        Wie Sie an unserer Entscheidung zum beschleunigten
        Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland erkennen
        können, hat für uns die Sicherheit von Nuklearprojekten
        höchste Priorität. Auch vor dem Hintergrund der Ereig-
        nisse in Fukushima setzen wir uns sowohl in der EU als
        auch in der Gemeinschaft der G-20-Staaten für einheitli-
        che Sicherheitsstandards auf hohem Niveau ein.
        Beispielsweise werden in der EU derzeit sogenannte
        Stresstests für Kernkraftwerke ausgewertet. Außerdem
        sollen im Rahmen der Internationalen Atomenergie-
        organisation, IAEO, die internationalen Sicherheitsstan-
        dards für Nuklearanlagen überprüft und dynamisch fort-
        entwickelt werden, um dem grenzüberschreitenden Cha-
        rakter der Nukleartechnologie gerecht zu werden.
        Soweit Exportkreditgarantien für Lieferungen und
        Leistungen für Kernkraftwerke beantragt werden, legt
        die Bundesregierung besonders strenge Prüfungsanfor-
        derungen an. Bei der Prüfung des Antrags auf Über-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012 21669
        (A) (C)
        (D)(B)
        nahme einer Exportkreditgarantie für Angra 3 hat die
        Bundesregierung neben der Umweltverträglichkeitsprü-
        fung auch das nukleare Sicherheitskonzept, den nuklea-
        ren Brennstoffkreislauf und die Betriebsführung durch
        einen externen Experten prüfen lassen. Zudem ist Brasi-
        lien Mitglied der Internationalen Atomenergieorganisa-
        tion mit einer entsprechenden aufsichtsrechtlichen Be-
        hörde.
        Diese Beispiele zeigen, dass die Einflussnahme auf
        Sicherheitsstandards und die Gewährung von Bürgschaf-
        ten für Angra 3 eng miteinander verknüpft sind. Mit ei-
        ner Übernahme von Exportkreditgarantien können wir
        mit dafür sorgen, dass hohe Standards bei Bau und
        Betriebsführung gelten.
        Exportkreditgarantien fördern aber auch deutsche
        Exporte und Wertschöpfung. Sie haben eine wichtige
        beschäftigungspolitische Bedeutung.
        So sichern das deutsche Unternehmen Areva NP
        GmbH und seine direkten Unterlieferanten rund 2 500
        Arbeitsplätze. Dabei fallen circa 1 000 Stellen auf kleine
        und mittlere Zulieferer.
        Aber Sie haben in einem Punkt recht: Die Sicherheit
        von Kernkraftwerken hat höchste Priorität. Genau aus
        diesem Grund machen die Exportkreditgarantien Sinn.
        Indem die deutsche Regierung grundsätzlich bereit ist,
        auch für den Bau von Kernkraftwerken im Ausland Ex-
        portkreditgarantien auszustellen, können wir Einfluss
        auf die Realisierung hoher Sicherheits- und Umweltan-
        forderungen nehmen.
        Wir können den Bau von Kernkraftwerken in anderen
        Ländern nicht verhindern. Aber wir können mit unseren
        Forderungen und Unterstützungen im Bereich von Nu-
        kleartechnologien einen hohen Beitrag zur Erhöhung der
        Sicherheit von Kernkraftwerken weltweit leisten.
        Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Vroni-Plag hätte
        beim Durchschauen der beiden Oppositionsanträge seine
        wahre Freude: Ganze Absätze sind hier wortgleich. Wer
        von wem abgeschrieben hat, ist bei dem Inhalt, den Sie
        mit Ihren Anträgen hier vorlegen, auch egal. Im Gegen-
        satz zum noch nicht abgeschlossenen Stresstest im brasi-
        lianischen Kernkraftwerk Angra 3 haben Sie mich,
        meine Kollegen aus der Koalition und die Bundesregie-
        rung einem völlig überflüssigen Stresstest unterzogen.
        Aber auch den werden wir, denke ich, ohne Makel über-
        stehen. Aber nun zur Sache:
        Sie glauben, uns mit der grundsätzlichen Zusage einer
        Hermesbürgschaft für Lieferungen und Leistungen des
        deutschen Unternehmens Areva NP GmbH durch die
        Bundesregierung „ertappt“ zu haben: Hier Energie-
        wende und Kernkraftausstieg – dort Förderung von
        Kernkraftwerksneubauten. Ganz so einfach, wie Sie das
        in Ihren Anträgen darstellen, ist es aber nicht, werte Kol-
        legen von der Opposition. Gerade Sie, werte Sozial-
        demokraten, werte Grüne, sollten sich nicht so heuch-
        lerisch hier hinstellen und den unschuldigen Empörten
        mimen: Im Jahr 1999 hatten Sie zu Ihrer Regierungszeit
        eine Hermesbürgschaft über 36 Millionen D-Mark für
        die Nachrüstung des nicht unumstrittenen slowenischen
        Kernkraftwerks Krsko – deutsch: Gurkfeld – übernom-
        men. Eine Bürgschaftszusicherung von ganzen 300 Mil-
        lionen D-Mark hat die rot-grüne Bundesregierung für die
        Lieferung von Leittechnik für den Bau des Kernkraft-
        werks Lianyungang/Shanghai in China im Jahr 2000 ge-
        nehmigt, weitere 34 Millionen D-Mark für die Nachrüs-
        tung der Atommeiler Atucha I in Argentinien und
        Ignalina in Litauen, auch im Jahr 2000. Also: Halten Sie
        mal schön den Ball flach!
        Sie können mir glauben, dass sich die Koalition und
        die Bundesregierung der besonderen Sensibilität von
        Nuklearprojekten bewusst sind – nicht erst seit Fuku-
        shima. Natürlich hat die Bundesregierung auch schon di-
        verse Gespräche mit der brasilianischen Regierung zum
        Thema Angra 3 geführt. Mit Unterstützung unserer
        Fraktion setzt sich die Bundesregierung sowohl in der
        EU als auch im Rahmen der G 20, zu der ja auch Brasi-
        lien gehört, für einheitliche Standards auf hohem Niveau
        ein. Erfolg hatte sie schon bei den OECD-Umweltleit-
        linien: Für staatlich abgesicherte Lieferungen an Kern-
        kraftwerke müssen zukünftig die Standards der Interna-
        tionalen Atomenergie-Agentur – International Atomic
        Energy Agency – als Prüfmaßstab herangezogen wer-
        den. So viel zu Erfolgen der unionsgeführten Bundesre-
        gierung auf internationaler Ebene.
        Jetzt aber zum Kern Ihres Antrags: Die von der Bun-
        desregierung im Februar 2010 ausgesprochene grund-
        sätzliche Zusage – wohlgemerkt grundsätzliche – für
        eine Hermesdeckung für den Bau des Kernkraftwerks
        Angra 3 in Brasilien wurde nach den Ereignissen von
        Fukushima am 21. September 2011 mit zusätzlichen
        Auflagen verlängert. Die letzte Verlängerung erfolgte
        am 22. März dieses Jahres und ist bis zum 2. September
        2012 gültig, natürlich auch die Auflagen. Die wichtigste
        Auflage war und ist die Vorlage eines weiteren unabhän-
        gigen Gutachtens durch das Institut für Sicherheitstech-
        nologie, die ISTec GmbH. In diesem Gutachten soll zum
        einen festgestellt werden, ob die Auflagen aus dem bra-
        silianischen Genehmigungsverfahren erfüllt sind, und
        zum anderen, ob und wie die Erkenntnisse aus der Hava-
        rie von Fukushima beim Bau des Kernkraftwerks Angra 3
        berücksichtigt werden. Dabei müssen insbesondere Erd-
        bebensicherheit, Hochwassergefahr, Stromversorgung
        und Kühlung, Notfallpläne, Evakuierungsmöglichkeiten
        und Berg- bzw. Erdrutsch geprüft und bewertet werden.
        Eine endgültige Entscheidung über die Deckung einer
        Hermesbürgschaft kann und wird die Bundesregierung
        erst dann treffen, wenn sie – also die am Interministeriel-
        len Ausschuss für Exportkreditgarantien beteiligten Res-
        sorts, Bundeswirtschaftsministerium als Federführer,
        Bundesfinanzministerium, Auswärtiges Amt und das
        Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
        und Entwicklung – alle Überprüfungen und Abwägun-
        gen getroffen hat, die für diese Entscheidung zu Recht
        notwendig sind. Dazu gehört vor allem der vom Betrei-
        ber des Kraftwerks Eletronuclear geplante Stresstest, der
        wohl erst Ende Juni dieses Jahres abgeschlossen sein
        wird. Erst dann können die Kriterien Erdbeben, Hoch-
        wasser, Ausfall der Stromversorgung und Wärmesenke
        sowie anlageninterner Notfallschutz bewertet werden.
        21670 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012
        (A) (C)
        (D)(B)
        Wahrscheinlich ist Ihnen das entgangen, aber der ja
        schon 1984 begonnene und zwischenzeitlich lange un-
        terbrochene Bau des Kernkraftwerks Angra 3 geht zu-
        rück auf das 1975 geschlossene deutsch-brasilianische
        Abkommen zur Energiepartnerschaft. Auf die Frage der
        CDU/CSU-Bundestagsfraktion in einer Kleinen Anfrage
        an die rot-grüne Bundesregierung, wie die Schröder-
        Regierung ihren vertraglichen Verpflichtungen aus diesem
        Abkommen nachkommen will, antwortete das Trittin-
        grüne Bundesumweltministerium am 17. Mai 2000 auf
        Bundestagsdrucksache 14/3410: „Verbindliche vertragli-
        che Verpflichtungen werden durch die Bundesregierung
        erfüllt. Dies gilt selbstverständlich auch im deutsch-bra-
        silianischen Verhältnis.“ Pacta sunt servanda – das sehe
        ich auch so. Sie heute offenbar nicht mehr.
        In Ihren Anträgen fordern Sie lapidar, „ab sofort
        keine Hermesbürgschaften für Nukleartechnologien oder
        andere Technologien, die für den Bau von AKW be-
        stimmt sind, zu vergeben“. Was wäre dann die Konse-
        quenz? Das möchte ich als Wirtschaftspolitiker an dieser
        Stelle schon einmal beleuchten: Es geht hier um deut-
        sche Lieferungen, deutsche Produkte, deutsches Know-
        how, deutsche Wertschöpfung. Schauen wir uns das Vor-
        haben zunächst einmal aus beschäftigungspolitischer
        Sicht an: Der Beschäftigungseffekt für das deutsche Un-
        ternehmen Areva NP GmbH und für die direkt beteilig-
        ten Unterlieferanten beträgt insgesamt circa 2 500
        Mannjahre. Dabei fallen bei den direkt betroffenen Un-
        terlieferanten circa 1 000 Mannjahre auf kleine und mitt-
        lere Zulieferer. Wir dürfen auch nicht die Bedeutung des
        Projekts für die Auslastung der nachgelagerten Unterlie-
        feranten vergessen: Hier wird ein zusätzlicher Beschäfti-
        gungseffekt von ungefähr 2 500 Mannjahren erzielt.
        Würden wir die seinerzeit von Rot-Grün aufgestell-
        ten, rein auf nationaler Ebene geltenden Hermes-
        Umweltleitlinien heute anwenden, hätte Deutschland ge-
        genüber anderen OECD-Staaten einen klaren Wettbe-
        werbsnachteil. Wie Sie wissen sollten, gelten heute für
        die Länder der OECD, also auch für Deutschland, die
        „Common Approaches“ der OECD: „Recommondation
        on Common Approaches on Environment and Officially
        Supported Export Credits“. Hier sind im Übrigen bislang
        keine spezifischen Rahmenbedingungen für Exporte zu
        ausländischen nukleartechnischen Anlagen vorgegeben.
        Wenn wir so handeln, wie sich das unsere rot-rot-grünen
        Träumer in ihren damaligen Leitlinien so ausgemalt hat-
        ten, hätten wir früher oder später ein gewaltiges Stand-
        ortproblem, wenn die Firmen, die Produkte und Know-
        how im Bereich der Nukleartechnik erzeugen, aber auch
        die zahlreichen Zulieferer ihre Standorte ins Ausland
        verlagern. Durch die von uns eingeleitete Energiewende
        ist diese Gefahr sowieso schon nicht gerade geringer ge-
        worden; aber das ist wohlabgewogen angesichts der
        nicht wegzudiskutierenden Gefahren durch die Kernkraft.
        In der Folge gehen nicht nur Arbeitsplätze und Steuer-
        einnahmen, sondern auch Fachwissen und Erfahrung in
        Deutschland für immer verloren. Das wäre ein herber
        Rückschlag für den Technologiestandort Deutschland,
        den auch Sie immer gerne propagieren.
        Ich dachte, das hätte Rot-Grün auch verstanden, wenn
        die damalige Bundesregierung unter Gerhard Schröder
        auf die Kleine Anfrage von CDU/CSU auf die Frage, ob
        die Regierung die Absicht habe, die Überprüfungskrite-
        rien bei der Vergabe von Hermesbürgschaften zu ändern,
        am 17. Mai 2000 auf der schon zitierten Bundestags-
        drucksache 14/3410 geantwortet hat: „Sie“ – also die
        rot-grüne Bundesregierung – „stimmt sich mit ihren in-
        ternationalen Partnern im Rahmen der G 7, der Euro-
        päischen Union und der OECD mit dem Ziel ab, dass die
        Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen nicht
        beeinträchtigt wird.“ Da habe ich mich wohl getäuscht.
        Auf Dauer besonders schädlich für unser Land wäre
        in meinen Augen, dass uns dann die Fachkräfte fehlen:
        Physiker, Ingenieure, spezialisierte Metallwarenherstel-
        ler und andere Berufsgruppen, die daran hängen. Wenn
        sie nicht ins Ausland gehen, müssen sie sich eine neue
        Beschäftigung suchen. Die Aus- und Weiterbildung in
        diesem Bereich wäre obsolet und könnte nicht mehr an-
        geboten werden. Das beträfe nicht nur die Beteiligten an
        den Projekten selbst, sondern auch die, die solche ex-
        portorientierten Projekte überprüfen müssen. Ich denke
        da vor allem an das Bundesamt für Wirtschaft und Aus-
        fuhrkontrolle, das schlicht nicht mehr das Fachpersonal
        kriegen könnte, das die Ausfuhren im Nuklearbereich
        fachgerecht überprüft und bewertet. Schon heute, nach
        unserem Beschluss zur Energiewende, haben die deut-
        schen Mitarbeiter in den entsprechenden Ministerien und
        Behörden auf internationalem Parkett nicht gerade einen
        leichten Stand, wenn sie in den Fachdebatten ernst ge-
        nommen werden wollen. Nach dem Motto: „Was wollt
        ihr denn?!“ müssen sich die deutschen Vertreter schon
        heute besonders gut behaupten, wollen sie von ihren
        Kollegen aus Frankreich, den USA oder aus England
        ernst genommen werden. Würden wir uns aus diesem
        Geschäftsfeld international gänzlich zurückziehen, wäre
        Deutschland als Hightechland um ein weiteres Stück ab-
        geschaltet. Wollen Sie das?
        Brasilien hat die souveräne Entscheidung getroffen,
        an dem Standort Angra dos Reis neben den bestehenden
        Kernkraftwerken ein drittes Kernkraftwerk – Angra 3 –
        zu errichten. Das müssen wir akzeptieren. Unser Ent-
        schluss, die zivile Nutzung der Kernenergie mit kurzen
        Restlaufzeiten zeitnah zu beenden und in ein Zeitalter
        der erneuerbaren und sichereren Energien einzutreten,
        betrifft die Energieversorgung im Inland. Für die souve-
        räne Entscheidung anderer Staaten, Nukleartechnologie
        zu nutzen, hat diese Entscheidung keine Bindungswir-
        kung.
        Beruhigend ist sicherlich, dass nach den uns vor-
        liegenden Informationen der für Angra 3 vorgesehene
        Reaktor dem aktuellen Stand der Technik der in West-
        europa eingesetzten Druckwasserreaktoren beruht. Wa-
        rum sollte aber Deutschland mit seiner Hochtechnologie
        made in Germany nicht zu einem Mehr an Sicherheit in
        Ländern beitragen, die sich für eine Weiternutzung der
        Kernkraft entschieden haben? All die von Ihnen ange-
        sprochenen geologischen, geografischen, technischen
        und sicherheitspolitischen Schwachpunkte werden mit
        Waren und Know-how aus Deutschland nach meiner
        Überzeugung deutlich verbessert, wenn nicht ausge-
        merzt. Wollen Sie lieber die Augen zumachen, damit
        Technologie aus Russland oder China zum Zuge
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012 21671
        (A) (C)
        (D)(B)
        kommt? Ich jedenfalls fühle mich – nicht nur als Wirt-
        schaftspolitiker – deutlich wohler, wenn ich weiß, dass
        bei dem Kraftwerksneubau in Brasilien deutsche Wert-
        schöpfung einen zentralen Anteil hat.
        Rolf Hempelmann (SPD): Wir reden heute hier über
        eine Hermesbürgschaft für den Bau eines Atomkraftwer-
        kes in Brasilien. Letztes Jahr ist Deutschland mit breiter
        parlamentarischer Mehrheit aus der Nutzung der Atom-
        energie ausgestiegen. Der deutsche Atomausstieg fußt
        auf einem breiten gesellschaftlichen Konsens. Während
        wir in Deutschland auf den Ausbau der erneuerbaren
        Energien setzen, sollen die Nutzung und der Ausbau der
        Atomtechnologie in anderen Ländern gefördert werden,
        und wir unterstützen den Bau eines Atomkraftwerkes in
        Brasilien? Das ist ein falsches Zeichen und kein Aus-
        druck einer stringenten Energiepolitik.
        Es geht aber nicht nur darum: Es geht auch um die
        Nutzung unserer Exportförderinstrumente. Exportkredit-
        versicherungen sind wichtige Instrumente der deutschen
        Exportförderung. Sie sollen deutsche Unternehmen im
        internationalen Wettbewerb unterstützen, decken Aus-
        fallrisiken von Exporteuren ab und schaffen damit
        Anreize, sich auch auf Märkten mit Risiken zu engagie-
        ren. Der finanzielle Einsatz ist hoch. Die Hermesbürg-
        schaft für Angra 3 soll schließlich 1,3 Milliarden Euro
        betragen. Mit diesem Betrag will die Bundesregierung
        ein Projekt fördern, an dem kein deutsches Unternehmen
        mehr beteiligt ist. Siemens ist im März 2011 aus dem ehe-
        mals deutsch-französischen Joint Venture ausgestiegen.
        Neben diesen Aspekten fehlen der SPD-Bundestags-
        fraktion jegliche tatsächliche, politische und ökonomi-
        sche Risikoabschätzung und die Berücksichtigung von
        Umweltgesichtspunkten.
        Ich fange mal mit Letzterem an. Nicht ohne Grund
        haben wir unter Rot-Grün Hermes-Umweltleitlinien ent-
        wickelt. Wir wollen im Ausland keine Projekte unter-
        stützen, die wir bei uns nicht zulassen würden. Nach die-
        sen Umweltleitlinien war die Exportförderung von
        Nukleartechnologien zum Neubau bzw. zur Umrüstung
        von Atomanlagen ausgeschlossen. Kurz nach der Bun-
        destagswahl 2009 setzte die jetzige Bundesregierung
        diese Hermes-Umweltleitlinien außer Kraft. Spätestens
        seit dem Atomausstieg im letzten Jahr müssen die Leitli-
        nien wieder gelten. Wir fordern die Bundesregierung
        auf, sie wieder in Kraft zu setzen.
        Aber was spricht noch gegen eine Hermesbürgschaft
        für Angra 3? Das Atomkraftwerk soll in einem Gebiet
        gebaut werden, das durch instabile Böden und eine hohe
        Erdrutschgefahr geprägt ist. Das AKW soll am Meer und
        in unmittelbarer Nähe eines dichtbevölkerten Gebietes
        liegen. Schon allein dies muss gegen den Bau von An-
        gra 3, aber auf alle Fälle gegen eine deutsche Unterstüt-
        zung sprechen. Zum Atomkraftwerk führt nur eine
        schmale Straße. Die Evakuierungsmöglichkeiten und die
        Zufahrt von Hilfskräften wären eingeschränkt. Spätes-
        tens nach Fukushima verbietet sich der Bau eines AKW
        in einem geologisch und geografisch so ungeeigneten
        Gebiet.
        Hinzu kommt, dass es sich bei Angra 3 um einen Re-
        aktortyp auf dem Stand der Technik der 70er-Jahre han-
        delt. Angra 3 verfügt über ein veraltetes Sicherheitsde-
        sign, welches wir in Deutschland nicht mehr zulassen
        würden. Ein solcher Reaktor würde heute in Deutsch-
        land keine Bau- und Betriebsgenehmigung erhalten.
        Vielmehr wird in Deutschland das vergleichbare AKW
        Grafenrheinfeld 2014 abgeschaltet.
        Die Gutachten von Professor Dr. Célio Bermann und
        Dr. Francisco Correa, in Auftrag gegeben von den Nicht-
        regierungsorganisationen urgewald und Greenpeace,
        kommen zu dem Ergebnis, dass sich der Standort für An-
        gra 3 weder geologisch noch geografisch oder technisch
        eignet. Diese Gutachten will die Bundesregierung je-
        doch nicht in ihre Abwägung einbeziehen.
        Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages
        verlangte gerade mit Blick auf Fukushima eine Neube-
        wertung des Baus von Angra 3. Dazu sollte der Kraft-
        werksbauer Areva ein Gutachten vorlegen. Darin sollte
        nicht nur der Bau des Kraftwerkes, sondern auch die Si-
        tuation nach Fukushima, insbesondere zu den Problemen
        wie Erdbeben, Erdrutschen, Hochwasser, Notfallstrom-
        versorgung und Evakuierungsplänen, neu bewertet wer-
        den. Dieses Gutachten liegt nun vor: Es hat 34 Seiten
        und fast 600 Seiten Anlagen. Das Gutachten lässt sich
        kurz zusammenfassen: Es erfolgte keine eigene umfas-
        sende Prüfung der Standortfaktoren. Es erfolgte keine
        inhaltliche Prüfung der in den Unterlagen enthaltenen
        fachlichen Aussagen. Und von einer eigenen Neubewer-
        tung nach Fukushima kann keine Rede sein. Die Gut-
        achter beschränkten sich darauf, zu überprüfen, ob der
        brasilianische Betreiber tätig geworden ist und der Ge-
        nehmigungsbehörde Unterlagen geschickt hat. Die zur
        Verfügung gestellten Unterlagen wurden rein formell be-
        arbeitet; fehlende Unterlagen wurden nicht nachgefor-
        dert. Dieses Gutachten kann keine Grundlage für eine
        Entscheidung zu einer Hermesbürgschaft für Angra 3
        sein.
        Außerdem: Gegen den Bau von Angra 3 hat sich am
        5. Juli 2011 die brasilianische Anwaltskammer an den
        brasilianischen Obersten Gerichtshof gewandt. Die An-
        waltskammer sieht im Bau von Angra 3 einen Verstoß
        gegen die brasilianische Verfassung, da bisher keine spe-
        zifische Genehmigung des aktuellen Projektes durch den
        brasilianischen Kongress vorliegt. Die Anwaltskammer
        möchte daher den Bau von Angra 3 stoppen.
        Darüber hinaus ist die Gesamtfinanzierung von An-
        gra 3 noch ungewiss. Trotz eines Beitrags der brasi-
        lianischen Entwicklungsbank BNDES über etwa
        2,7 Milliarden Euro und den möglicherweise hermesge-
        deckten Beitrag von 1,3 Milliarden Euro ist die Gesamt-
        finanzierung von mindestens 4,5 Milliarden Euro noch
        nicht geklärt. Die französischen Banken wollen nur dann
        Kredite vergeben, wenn diese über eine Bürgschaft ab-
        gesichert sind. Zwei Banken haben angekündigt, ein
        weiteres Gutachten mit einer kompletten Due-diligence-
        Prüfung in Auftrag geben zu wollen.
        Die Bundesregierung hat keine umfassende Risikoab-
        schätzung vorgenommen. Weder tatsächlich noch poli-
        tisch oder ökonomisch sind die Risiken kalkulierbar. Die
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        ungeklärte Rechts- und Finanzierungslage erhöht die Ri-
        siken des Projekts weiter. Damit steigt auch die Wahr-
        scheinlichkeit, dass die Bürgerinnen und Bürger in
        Deutschland als Steuerzahler für ein gescheitertes Atom-
        projekt einstehen müssten, bei dem noch nicht einmal
        die Interessen eines deutschen Exporteurs als Entschei-
        dungsgrund geltend gemacht werden können.
        Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Tatsächlich ha-
        ben wir im Jahr 2011 den Ausstieg aus der Kernenergie
        beschlossen. Eine Bindungswirkung für andere souve-
        räne Staaten ist daraus aber keinesfalls abzuleiten. Es
        handelt sich hierbei um eine Entscheidung Deutschlands
        über unsere Stromversorgung im Inland, nicht über die
        Stromversorgung anderer souveräner Staaten. Sie for-
        dern hier wie üblich eine Bevormundung, nur dass dies-
        mal sogar ein demokratischer Staat betroffen ist.
        Natürlich sind wir nach den Ereignissen in Fukushima
        bezüglich der Vergabe von Exportkreditgarantien für den
        Bau von Kernkraftwerken besonders sensibel. Gerade
        deshalb bestehen wir vor abschließender Bewertung der
        Bürgschaftsvergabe auf Abschluss des angeforderten
        Gutachtens. In diesem werden neben dem brasilianischen
        Genehmigungsverfahren auch die Erkenntnisse aus der
        Havarie von Fukushima geprüft.
        Sobald die bisher noch fehlenden Unterlagen zur Be-
        wertung der Sicherheitsaspekte erbracht sind und der
        Stresstest fertiggestellt ist, kann der zuständige Intermi-
        nisterielle Ausschuss über eine Zusage entscheiden. Die
        angeblich unabhängigen Gutachten im Auftrag von ur-
        gewald und Greenpeace wurden hierbei schon zur
        Kenntnis genommen.
        Wir setzen uns weiterhin innerhalb der Europäischen
        Union und der Staatengemeinschaft G 20 für einheitliche
        Standards zum Bau und Betrieb von Kernkraftwerken
        ein. Hiervon sind auch Brasilien und Angra 3 betroffen.
        Ihr Vorwurf der Unverantwortlichkeit ist dementspre-
        chend völlig verfehlt.
        Für die deutsche Wirtschaft hat die Hermesbürgschaft
        eine hohe beschäftigungspolitische Bedeutung: Der
        Beschäftigungseffekt für die beteiligten deutschen Un-
        ternehmen, Zulieferer und Lieferanten beträgt circa
        3 500 Mannjahre. Bei den nachgelagerten Unterlieferan-
        ten wird ein zusätzlicher Beschäftigungseffekt von circa
        2 500 Mannjahren generiert. Auch in Zeiten einer florie-
        renden Wirtschaft ist es für unser Land wichtig, dass die
        Industrie unterstützt und nicht behindert wird.
        Ihre Forderung nach Ablehnung aller Bürgschaften
        für Nukleartechnologien weisen wir zurück. Bei Ihrer
        generellen Ablehnung berücksichtigen Sie weder den
        Einzelfall noch die Interessen der deutschen Industrie.
        Wir lehnen daher die Anträge der SPD-Fraktion und
        der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke
        ab.
        Jan van Aken (DIE LINKE): Ich bin froh, dass sich
        die Oppositionsparteien vehement gegen das Vorhaben
        der Bundesregierung wehren, die deutschen Steuerzahle-
        rinnen und Steuerzahler mit einer 1,3 Milliarden Euro
        teuren Hermesbürgschaft für ein unsicheres, ja gefährli-
        ches Atomkraftwerk in Brasilien zu belasten. Auch
        wenn mir ein Oppositionsantrag – und das geht jetzt in
        Richtung der SPD – „mit vereinten Kräften“ noch deut-
        lich lieber gewesen wäre.
        Der von den Grünen und uns vorgelegte Antrag zeigt
        die wichtigsten Gefahren, die der AKW-Neubau mit sich
        bringen würde. Zu den ohnehin bekannten Risiken von
        Atomkraftwerken kommen die folgenden Probleme: Das
        Atomkraftwerk liegt direkt am Meer und birgt damit die
        gleichen Risiken wie etwa in Fukushima. Gutachter sind
        zu dem Schluss gekommen, dass bei einer Überschwem-
        mung ähnlich katastrophale Folgen zu befürchten sind,
        wie wir sie letztes Jahr in Japan erleben mussten. Der
        Standort liegt in unmittelbarer Nähe zur 170 000-Ein-
        wohner-Stadt Angra dos Reis und nur 150 Kilometer
        von der 12-Millionen-Metropole Rio de Janeiro entfernt.
        Der geplante Reaktor entspricht noch nicht einmal dem
        schon völlig veralteten Sicherheitsdesign des AKW Gra-
        fenrheinfeld, das vor über 30 Jahren ans Netz ging und
        laut letztjährigem Atomkompromiss im Jahr 2015 end-
        lich abgeschaltet werden soll.
        So weit, so ungut. Was die Bundesregierung hier je-
        doch tut, ist mehr als die Hinnahme eines etwas riskan-
        ten, aber sonst lukrativen Geschäfts. Jetzt zeigt sich, was
        hinter dem vermeintlichen Atomausstieg der Regierung
        Merkel steckt:
        Hier im eigenen Land tut sie um der Wählergunst wil-
        len so, als wäre Fukushima die Zäsur gewesen, nach der
        Deutschland sich gegen die nukleare Energieerzeugung
        entschieden hat. Dabei wird weiterhin noch die gefähr-
        lichste Atomtechnologie einfach woanders hin expor-
        tiert.
        Die Bundesregierung hat weitere Bürgschaften für
        Atomanlagen und Zubehör erteilt. Zulieferungen für
        Atomkraftwerke in China, Japan, Südkorea, Litauen,
        Slowenien und Russland wurden verbürgt, alle mindes-
        tens in zweistelliger Millionenhöhe. Auch die Uranan-
        reicherungsanlage in Gronau produziert weiter Kern-
        brennstoffe für AKW weltweit.
        Da kann man wirklich nur noch fragen: Sieht so Ihr
        Atomausstieg aus, Frau Merkel?
        Dabei wissen wir allerspätestens seit Tschernobyl:
        Radioaktive Strahlung kennt keine Grenzen. Da nützt es
        gar nichts, sie außer Landes zu schaffen.
        Sehen wir uns aber doch einmal den Konzern Areva
        an, der hinter dem Bau von Angra 3 steckt. Dieser hat
        nicht nur mit der Firma Tepco zusammengearbeitet und
        damit an dem havarierten Atomkraftwerk Fukushima
        mitgearbeitet. Areva baut auch in Mali, Südafrika, Ni-
        ger, Namibia und anderen Ländern Uran und andere
        Rohstoffe ab. Vor Ort bedeutet dies katastrophale ökolo-
        gische Folgen, gegen die sich zum Glück zunehmend
        Widerstand formiert. Areva organisiert zudem die Atom-
        mülltransporte aus La Hague nach Gorleben.
        Sogar am kleinen Standort Erlangen, der das Atom-
        kraftwerk Angra 3 umsetzen soll, regt sich Protest. Die
        Bürgerinnen und Bürger dort sammelten selbst Geld, um
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012 21673
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        das Sponsoring einer Kulturveranstaltung durch Areva
        zu vermeiden.
        Wer die Energiewende will, lässt sich nicht auf ein
        heikles Geschäft mit dem größten Atomkonzern der
        Welt ein, der überall – von Japan über Afrika, Deutsch-
        land und Brasilien – die Bevölkerungen auf die Barrika-
        den bringt.
        Der Umgang mit der Hermesbürgschaft für Angra 3
        zeigt deutlich: Das Manöver der Bundesregierung ist
        kein wirklicher Ausstieg aus der Atomkraft. Der Protest
        muss deswegen weitergehen. Wir, die Linke im Bundes-
        tag, haben uns von Beginn an gegen den Vorschlag aus-
        gesprochen, den die Bundesregierung als Atomausstieg
        präsentiert hat. Denn er ist weder unverzüglich und un-
        umkehrbar, noch bedeutet er einen umfassenden Ab-
        schied von der Atomwirtschaft.
        Wir wollen den Atomausstieg, und zwar ganz. Wenn
        auch Sie ihn wollen, Frau Merkel, vergeben Sie keine
        Hermesbürgschaft für Angra 3. Vergeben Sie gar keine
        Bürgschaften für Atomtechnologien mehr. Noch kann
        gehandelt werden.
        Neben dieser extrem gefährlichen Technologie unter-
        stützt die Bundesregierung aber auch den Export von an-
        deren tödlichen Waren. Daher bin ich im Übrigen der
        Meinung, dass Deutschland keine Waffen mehr exportie-
        ren sollte.
        Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist un-
        verantwortlich, inkonsequent, empörend und in keinster
        Weise vermittelbar – doch Schwarz-Gelb hält an der
        Hermesbürgschaft für Angra 3 fest.
        In Deutschland ist der Atomausstieg beschlossen –
        mit breiter parlamentarischer Mehrheit und in einem
        gesamtgesellschaftlichen Konsens. Wie kann es dann an-
        gehen, dass die Bundesrepublik die Nutzung und den
        Ausbau von Atomtechnologie in anderen Ländern weiter
        fördert?!
        „Wenn die Atomrisiken inakzeptabel für Deutsche
        sind, wie kann es dann für Deutschland akzeptabel sein,
        diese Gefahren in anderen Länder und zu deren Bürge-
        rinnen und Bürgern zu exportieren?“ Diese Frage haben
        Trägerinnen und Träger des Alternativen Nobelpreises
        im Februar in einem offenen Brief an die Bundesregie-
        rung gerichtet. Eine Antwort auf diese Frage erwarte
        auch ich von Ihnen, Kolleginnen und Kollegen der Ko-
        alition; eine Antwort sind Sie vielen hier im Parlament
        und in der Zivilgesellschaft, bei uns in Deutschland und
        in Brasilien, schuldig.
        Wir entlassen Sie hier nicht aus der Verantwortung.
        Denn wir wissen: Die deutsche Bürgschaft über 1,3 Mil-
        liarden Euro ist entscheidend für die Finanzierung von
        Angra 3. Die französischen Banken wollen nur dann
        Kredite vergeben, wenn diese Kredite über eine Bürg-
        schaft abgesichert sind. Das heißt: Die Bundesregierung
        hat es in der Hand, ob die nötige Finanzierung für dieses
        höchstriskante, veraltete AKW zustande kommt.
        Was sagen Sie zu den Risiken und Gefahren von
        Angra 3? Was sagen Sie zu den Ergebnissen der Studien,
        die Greenpeace und urgewald in Auftrag gegeben
        haben? Gestehen Sie endlich ein, dass die Grundsatzzu-
        sage für die Hermesbürgschaft eine gravierende Fehlein-
        schätzung war! Denn die Fakten liegen auf dem Tisch
        und lassen sich nicht zerreden: Die Betriebsgenehmi-
        gung für Angra 3 wurde auf Basis ungeeigneter Daten
        und einer unvollständigen Konsequenzanalyse erteilt.
        Evakuierungen vor Ort wären im Katastrophenfall
        wegen der zu engen Küstenstraße und häufiger Erdrut-
        sche im Prinzip unmöglich. Angra 3 entspricht nicht den
        internationalen Anforderungen und würde in der EU
        oder den USA an diesem Standort keine Genehmigung
        erhalten, weil grundlegende Sicherheitsstandards nicht
        erfüllt werden.
        In unserem gemeinsamen Antrag mit der Linken ge-
        hen wir auch auf das von der Bundesregierung angefor-
        derte neue Gutachten ein. Das wurde in der Zwischen-
        zeit von Areva freigegeben. Wer das Gutachten gelesen
        hat, weiß: Die Hermesbürgschaft muss sofort gestoppt
        werden. Denn auch das neue Gutachten ignoriert den
        aktuellen Stand der Sicherheitsanforderungen. Selbst zu
        den bekannten Risiken am Standort Angra 3 – etwa Erd-
        rutsche – werden keine Informationen geliefert, sondern
        es wird auf noch ausstehende Prüfungen verwiesen. Wir
        aber lassen uns nicht ein auf dieses Spiel auf Zeit. Die
        Bundesregierung verweist auf den geplanten Stresstest
        für das AKW. Aber ein Stresstest, der vom AKW-Betrei-
        ber selbst durchgeführt und von der nicht unabhängigen
        brasilianischen Atombehörde bewertet wird, ist nichts-
        sagend und bedeutungslos.
        Deshalb fordere ich Sie auf: Ziehen Sie die Konse-
        quenzen und stoppen Sie die Bürgschaft!
        Die endgültige Entscheidung über die Bürgschaft für
        Angra 3 wird zeigen, wie ernst es Schwarz-Gelb mit
        dem Atomausstieg ist. Denn in Deutschland aus der
        Atomkraft auszusteigen und gleichzeitig Atomexporte
        ins Ausland zu fördern, ist schizophren und atompoliti-
        sche Heuchelei.
        Mit der Atomkatastrophe von Fukushima ist die Un-
        beherrschbarkeit dieser Technologie selbst in einem
        Land wie Japan offenkundig geworden. Fukushima ist
        eine welthistorische Zäsur in der Energiepolitik. Die
        Konsequenz kann nur eine sein: der schnellstmögliche
        Ausstieg aus der Atomenergie, und zwar auf der ganzen
        Welt.
        181. Sitzung
        Inhaltsverzeichnis
        ZP 2 Vereidigung des Bundesumweltministers
        TOP 9 Rechtsschutz im Wahlrecht
        TOP 4 Sicherung des Fachkräftebedarfs
        TOP 36, ZP 3 Überweisungen im vereinfachten Verfahren
        TOP 37 Abschließende Beratungen ohne Aussprache
        ZP 4 Aktuelle Stunde zur Handlungsfähigkeit derBundesregierung
        TOP 7 Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz
        TOP 6 Iran
        TOP 11 Wertpapierhandel
        TOP 8 Rüstungsexportkontrolle
        TOP 13 Planfeststellungsverfahren
        TOP 10 Rechte von Praktikanten
        TOP 15 Myanmar
        TOP 12 Öffentlich Private Partnerschaften
        TOP 17 Sicherung von Wasser und Ernährung
        TOP 14 Goldstone-Bericht
        TOP 18 Gerichtsstand beiAuslandsverwendung derBundeswehr
        ZP 5 EU-Fischereipolitik
        TOP 20 Nanotechnologie
        TOP 22 Geodatenzugangsgesetz
        TOP 19 Subsahara-Afrika
        TOP 24 Republiken Sudan und Südsudan
        TOP 21 Transatlantische Beziehungen
        TOP 23 Notfonds für tierhaltende Betriebe
        TOP 26 Hermes-Bürgschaft für das Atomkraftwerk Angra 3
        TOP 27 Homosexualität im Sport
        TOP 28 Initiativen gegen Rechts in der Gastwirtschaft
        TOP 29 Hafeninfrastruktur
        TOP 30 Schutz der Polarregionen
        Anlagen