Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2012 20961
(A) (C)
(D)(B)
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
* für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver-
sammlung des Europarates
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Aigner, Ilse CDU/CSU 27.04.2012
Bär, Dorothee CDU/CSU 27.04.2012
Bareiß, Thomas CDU/CSU 27.04.2012
Becker, Dirk SPD 27.04.2012
Bender, Birgitt BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
27.04.2012
Brandner, Klaus SPD 27.04.2012
Dr. Braun, Helge CDU/CSU 27.04.2012
Brinkmann (Hildes-
heim), Bernhard
SPD 27.04.2012
Burkert, Martin SPD 27.04.2012
Crone, Petra SPD 27.04.2012
Ebner, Harald BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
27.04.2012
Fischer (Karlsruhe-
Land), Axel E.
CDU/CSU 27.04.2012*
Freitag, Dagmar SPD 27.04.2012
Friedhoff, Paul K. FDP 27.04.2012
Dr. Fuchs, Michael CDU/CSU 27.04.2012
Gabriel, Sigmar SPD 27.04.2012
Gerdes, Michael SPD 27.04.2012
Groschek, Michael SPD 27.04.2012
Grund, Manfred CDU/CSU 27.04.2012
Herlitzius, Bettina BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
27.04.2012
Hoppe, Thilo BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
27.04.2012
Jelpke, Ulla DIE LINKE 27.04.2012
Dr. Jüttner, Egon CDU/CSU 27.04.2012
Kolbe, Manfred CDU/CSU 27.04.2012
Korte, Jan DIE LINKE 27.04.2012
Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
27.04.2012
Kurth (Quedlinburg),
Undine
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
27.04.2012
Dr. Lötzsch, Gesine DIE LINKE 27.04.2012
Dr. Luther, Michael CDU/CSU 27.04.2012
Dr. de Maizière,
Thomas
CDU/CSU 27.04.2012
Möller, Kornelia DIE LINKE 27.04.2012
Müller (Aachen), Petra FDP 27.04.2012
Dr. Neumann (Lausitz),
Martin
FDP 27.04.2012
Nord, Thomas DIE LINKE 27.04.2012
Pflug, Johannes SPD 27.04.2012
Röspel, René SPD 27.04.2012
Dr. Röttgen, Norbert CDU/CSU 27.04.2012
Roth, Michael SPD 27.04.2012
Rupprecht (Tuchen-
bach), Marlene
SPD 27.04.2012*
Schäffler, Frank FDP 27.04.2012
Dr. Schavan, Annette CDU/CSU 27.04.2012
Schlecht, Michael DIE LINKE 27.04.2012
Schneider, Ulrich BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
27.04.2012
Dr. Schockenhoff,
Andreas
CDU/CSU 27.04.2012
Dr. Schwanholz,
Martin
SPD 27.04.2012
Süßmair, Alexander DIE LINKE 27.04.2012
Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 27.04.2012
Werner, Katrin DIE LINKE 27.04.2012
Dr. Westerwelle, Guido FDP 27.04.2012
Zimmermann, Sabine DIE LINKE 27.04.2012
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Anlagen
20962 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2012
(A) (C)
(D)(B)
Anlage 2
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Antrags: Eigenständige Ju-
gendpolitik – Mehr Chancen für junge Men-
schen in Deutschland (Tagesordnungspunkt 38)
Ingrid Fischbach (CDU/CSU): Als letzten Tages-
ordnungspunkt debattieren wir heute den Antrag von
CDU, CSU und FDP zur eigenständigen Jugendpolitik.
Der christlich-liberalen Koalition geht es dabei um mehr
Chancen für junge Menschen in Deutschland.
Wir werden gemäß dem Koalitionsvertrag zwischen
CDU/CSU und FDP eine eigenständige Jugendpolitik,
eine starke Jugendhilfe und eine starke Jugendarbeit eta-
blieren, die junge Menschen teilhaben lässt und ihre
Potenziale fördert und ausbaut. Eine eigenständige Ju-
gendpolitik, für die wir uns mit diesem Antrag einsetzen,
ist gesellschaftlich relevante Zukunftspolitik. Sie ver-
langt eine unverzweckte Betrachtung der Jugendphase.
Wichtig war uns in diesem Zusammenhang, mit Ju-
gendlichen ins Gespräch zu kommen. Wie wollen Ju-
gendliche heute partizipieren? Bewusst haben wir uns
mit dieser Frage an die Jugendlichen selbst gewandt –
und weniger an die „Berufsjugendlichen“, auch wenn
diese in den Jugendverbänden sehr wertvolle Arbeit leis-
ten.
Unser Ziel ist es, dass sich Jugendliche entsprechend
ihren eigenen Interessen und Stärken weiterentwickeln
können, dass sie bei aller Frühförderung, den stetig an-
steigenden Anforderungen an Wissen und Kompetenz,
der Beschleunigung und Verdichtung von Bildungsbio-
grafien Raum für sich selber haben, dass sie Kompeten-
zen für eine soziale, kulturelle und politische Teilhabe
erlernen können, dass sie selbstbestimmt und demokra-
tisch handeln können, dass sie in Freiheit und Verant-
wortung nachhaltige Entscheidungen für die Zukunft
treffen können.
Diese Fähigkeiten werden vor allem in nichtformalen
und informellen Zusammenhängen, jenseits formaler
Leistungsanforderungen, gelernt: in der Gruppe mit
Gleichaltrigen und in der Auseinandersetzung mit den
eigenen Interessen und Bedürfnissen. Daher kommt
neben der formalen Bildung der nonformalen und kultu-
rellen Bildung eine immens wichtige Bedeutung zu. Ins-
besondere die Jugend(verbands)arbeit ist ein Ort nonfor-
malen Lernens, den CDU, CSU und FDP stärken wollen.
Unser Ziel ist es auch, dass sich Jugendliche gesell-
schaftlich engagieren können. Dies ist uns mit dem Er-
folgsmodell des Bundesfreiwilligendienstes und der
Stärkung der Jugendfreiwilligendienste gelungen. Im
neuen Bundesfreiwilligendienst engagieren sich auch
nach der Aussetzung des Zivildienstes sehr viele Jugend-
liche; hier sind seit dem Start im Juli 2011 inklusive Ab-
brechern – die Quote liegt bei zwölf Prozent – über
40 000 Verträge zustande gekommen. Aktuell leisten
über 33 000 Frauen und Männer einen Bundesfreiwilli-
gendienst. Bei 35 000 verfügbaren Plätzen ist dieser Be-
werberandrang enorm – und Beleg für die erstklassige
Arbeit der christlich-liberalen Koalition.
Um die eigenständige Jugendpolitik auch gesell-
schaftlich zu verankern, wollen wir unter Federführung
des BMFSFJ eine „Allianz für die Jugend“ gründen. Ein
solches breites Bündnis mit Vertretern der Kinder- und
Jugendhilfe und Akteuren, die in der Lebensphase Ju-
gend relevant sind, ist Voraussetzung für die Entwick-
lung weiterer konkreter Beiträge.
All diese Maßnahmen zeugen von einer modernen Ju-
gendpolitik. Dafür steht die Union, dafür steht die christ-
lich-liberale Koalition.
Alles andere als eine moderne Jugendpolitik haben
wir unter Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen erlebt –
nämlich gar keine! Zwar hat die Minderheitsregierung,
wie es ihre Masche war, munter nach Übernahme der
Regierungsgeschäfte Geld verteilt – für den Jugendför-
derplan gab es da mal eben 20 Millionen Euro mehr –,
aber das Geld wurde, wie üblich, ohne Sinn und Ver-
stand verteilt. Kein Konzept! Keine Idee! Keine Innova-
tion! Nichts! Nur verantwortungsloses Schuldenmachen.
Das ist die Politik, die Nordrhein-Westfalen seit 2010
beglückt.
Kein Konzept in der Jugendpolitik! Nichts passiert in
fast zwei Jahren. Jugendpolitik in Nordrhein-Westfalen
unter Rot-Grün findet unterhalb der Wahrnehmungs-
grenze statt.
Jugendministerin Ute Schäfer ist gleichzeitig auch zu-
ständig für die Bereiche Kunst und Kultur. Die FAZ
schreibt am 16. März 2012: „Es war die Regierung mit
der kürzesten Amtszeit in der Geschichte Nordrhein-
Westfalens, sie hat den Haushalt mit der höchsten Neu-
verschuldung belastet und wie keine vor ihr die Kultur-
politik vernachlässigt.“ Immerhin hat Schäfer sich be-
müht, gegen diese Wahrnehmung anzukämpfen. Sie hat
in ihrer Amtszeit über 150 Pressemitteilungen zu Kunst
und Kultur veröffentlicht. Trotzdem kommt die Presse
zu dem fatalen Ergebnis, dass nichts passiert ist.
Aber in der Jugendpolitik hat sie noch nicht einmal
das versucht. Die gerade 45 Pressemitteilungen des Ju-
gendministeriums – ganze 70 Prozent weniger als im
nicht wahrnehmbaren Kulturbereich – in 21 Monaten
dokumentieren diese Taten- und Hilflosigkeit in der Ju-
gendpolitik in Nordrhein-Westfalen: Kein neues Kon-
zept. Keine zündende Idee. Keine Innovation. Nichts!
Weder in der Jugendpolitik noch in der politischen Bil-
dung oder im Medienschutz. Der angekündigte Jugend-
medienschutz-Staatsvertrag ist gescheitert. Nichts ist
passiert.
Und dort, wo die rot-grüne Minderheitsregierung ver-
sucht, Prioritäten zu setzen, bleibt sie hinter ihren An-
kündigungen zurück. Man versucht den Eltern in NRW
ein ums andere Mal zu erklären, warum man immer
noch Schlusslicht beim Ausbau von U-3-Plätzen ist, und
freut sich über den angeblich so großen Zuwachs von
16 000 neuen Plätzen im laufenden Jahr. Gleichzeitig
sagt man, dass bis zum 1. August 2013 – also bis zur
Umsetzung des Rechtsanspruchs – noch 27 000 Plätze
fehlen. Wenn 16 000 Plätze schon Anlass zur Freude
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2012 20963
(A) (C)
(D)(B)
sind, wie will Rot-Grün 27 000 Plätze in einem Jahr
schaffen? Zumal jetzt schon klar ist, dass auch diese
nicht reichen werden, um den tatsächlichen Bedarf zu
decken. Das ist nichts, und das wird auch nichts mehr.
Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen macht keine Ju-
gendpolitik, zu wenig für unsere Kleinsten und hinter-
lässt der Jugend stattdessen einen immer größeren
Schuldenberg. Das ist die Jugendpolitik in Nordrhein-
Westfalen, das ist die verantwortungslose Regierungs-
bilanz, die wir nach den Wahlen ändern werden.
Einen erfreulichen Vorgeschmack hierauf gibt
Norbert Röttgen: Er hat als Bundesumweltminister er-
reicht, dass Kinderlärm kein Grund mehr zur Klage sein
kann. Wir gehen als sehr gutes Beispiel im Bund voran –
für die Kinder und Jugendlichen in Deutschland.
Dr. Peter Tauber (CDU/CSU): Mit dem vorliegen-
den Antrag der christlich-liberalen Koalition betreten
wir ein gutes Stück jugendpolitisches Neuland. Über
viele Jahre haben wir Politik für Jugendliche hauptsäch-
lich aus einer Perspektive heraus betrachtet, bei der ein
problemzentrierter Ansatz vorherrschte. Jugendpolitik
wurde hauptsächlich als Instrument genutzt, um im Um-
gang mit „problematischen“ Jugendlichen Antworten zu
liefern. Dies hat vielfach sicherlich seine Berechtigung.
Aber dieser Ansatz zeichnet ein sehr unvollständiges
Bild von Jugendlichen mit ihren individuellen Interessen
und Problemlagen. Was antworten wir der großen An-
zahl von Jugendlichen, die nicht durch Gewalt, Extre-
mismus, Suchterfahrungen oder Armut in unseren Fokus
rücken, sondern sich ganz unauffällig auf den Weg bege-
ben, ihr zukünftiges Leben zu gestalten? Welche Per-
spektiven geben wir, um sie auf ihrem Weg zu unterstüt-
zen?
Es ist der christlich-liberalen Koalition ein großes
Anliegen, genau diese Gruppe in den Blick zu nehmen
und ihnen Angebote machen zu können. Wir sind der
Meinung: Auch die „ganz normalen“ Jugendlichen ha-
ben Anspruch auf einen Politikansatz, der auch sie ein-
bezieht.
Wir sind dem Ministerium in diesem Zusammenhang
sehr dankbar, dass viele Punkte unseres Antrags auf sehr
fruchtbaren Boden gefallen sind. Eine Reihe bereits lau-
fender Initiativen wie die Allianz für die Jugend zeigen
ja bereits, dass dieser Ansatz geteilt wird.
Ein ganz zentraler Punkt ist dabei aus meiner Sicht
die Beteiligung der jungen Menschen an der Gestaltung
des für sie relevanten Umfelds. Wir sind der Meinung,
dass Partizipation, das heißt die Beteiligung, der Jugend-
lichen an für sie wichtigen Entscheidungen größer ge-
schrieben werden muss als bislang. Klar ist, dass kon-
krete Partizipation häufig vor Ort gestaltet wird. Zentral
sind dabei immer auch die örtlich handelnden Personen.
Wir müssen darauf achten, dass Partizipation keine Flos-
kel in Sonntagsreden ist, sondern durch gelebtes Han-
deln unterlegt wird. Wir müssen den Jugendlichen zei-
gen: Wir nehmen euch ernst, es ist uns wichtig, was ihr
denkt, wir entscheiden nicht über eure Köpfe hinweg.
Dies ist ein Querschnittsprozess auf allen Ebenen. Umso
wichtiger ist es, dass auch der Rahmen, den der Bund
dafür schaffen kann, eindeutig ist. Der vorliegende An-
trag leistet dazu einen wichtigen Beitrag.
Ein wichtiger Ansatzpunkt für die Einbeziehung von
Jugendlichen ist der Kinder- und Jugendplan des Bundes
als das zentrale Förderinstrument für Kinder und Ju-
gendliche. Wir wollen, dass junge Menschen zukünftig
besser in die entsprechenden Planungen eingebunden
sind. Dazu ist es notwendig, den Kinder- und Jugendplan
gerade für seine Adressaten transparenter zu gestalten,
um eine Grundlage für Partizipation zu schaffen. Manch
eine bestehende Struktur im KJP muss dabei sicherlich
auch hinterfragt werden. Ich bin dem Familienministe-
rium in diesem Zusammenhang sehr dankbar, dass die
zuständigen Mitarbeiter sehr behutsam und vertrauens-
voll mit den Trägern zusammenarbeiten und ein sehr
sachbezogener Dialog gerade im Zusammenhang mit der
Evaluation des bestehenden Plans auf den Weg gebracht
werden konnte. Ich bin mir sicher, dass die daraus resul-
tierenden Ergebnisse sehr positive Auswirkungen auf
unseren Ansatz haben werden.
Aus meiner Sicht gibt es keinerlei Zweifel daran, dass
junge Menschen heute die Bereitschaft mitbringen, ihr
Umfeld mit Engagement und viel individuellem Einsatz
zu gestalten. Einen Hinweis darauf gibt bereits der fan-
tastische Erfolg, den wir mit dem Bundesfreiwilligen-
dienst auf den Weg bringen konnten. In großer Zahl be-
teiligen sich junge Menschen an der Gestaltung der
sozialen Wirklichkeit und übernehmen ganz individuell
Verantwortung für ihr Umfeld. Dass die vom Bund ge-
förderten Plätze nicht ausreichen, um die komplette
Engagementbereitschaft der jungen Generation aufgrei-
fen zu können, zeigt nicht nur, dass die Opposition mit
ihrer Schwarzmalerei völlig danebenlag. Es zeigt vor al-
len Dingen, dass junge Menschen ihr Umfeld gestalten
wollen, wenn sie die Gelegenheit dazu erhalten.
Ein wichtiger Aspekt, mit dem wir uns auseinander-
gesetzt haben, ist die Frage, welche Antworten Jugend-
politik auf die Frage der Digitalisierung unserer Gesell-
schaft geben muss. Ein nicht zu unterschätzender Teil
der Lebenswelt junger Menschen spielt sich heute in
sozialen Netzwerken ab. Längst ist das Internet keine
Spielerei von einer kleinen Gruppe mehr, sondern kon-
stituierender Bestandteil des Aufwachsens einer ganzen
Generation. Dies darf nicht spurlos an unseren jugend-
politischen Vorstellungen vorbeigehen. Uns ist aufgetra-
gen, die Digitalisierung in unseren Sätzen mit zu beden-
ken. Mit einer ganzen Reihe von Vorschlägen tun wir
dies in diesem Antrag.
Ein Vorschlag, der mir in diesem Zusammenhang be-
sonders wichtig ist, ist die Forderung, zukünftig für jede
Schülerin und jeden Schüler ein Laptop bereitzustellen,
damit die jungen Menschen gleichberechtigt und auf Au-
genhöhe Erfahrungen mit der multimedialen Welt sam-
meln und Medienkompetenz in der Schule erlangen
können. Wir dürfen nicht den Fehler begehen, Schule als
eine analoge Welt zu betrachten und uns mit ein paar
Stunden Informatikunterricht zufriedenzugeben. Denn
Medienkompetenz darf nicht zu einer zufälligen Frage
oder gar zu einer Frage der Generationen werden.
20964 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2012
(A) (C)
(D)(B)
Wichtig ist mir an dieser Stelle, darauf hinzuweisen,
dass erfolgreiche Jugendpolitik individuell gestaltet sein
muss. Wer dem Glauben unterliegt, man könne mit stan-
dardisierten Strategien und Angeboten die Lebenswirk-
lichkeit von jungen Menschen treffen, wird scheitern.
Dies gilt sowohl auf das Alter als auch auf die einzelnen
Interessenslagen innerhalb einer Altersgruppe bezogen.
Hier liegt im Kinder- und Jugendplan, der die Flexibili-
tät bietet, auf die heterogenen Lebenswirklichkeiten jun-
ger Menschen Antworten zu geben, eine erhebliche
Strahlkraft. Wichtig ist aber auch: Wir brauchen Men-
schen, die in den Strukturen Verantwortung haben und
Beteiligung leben. Die Beteiligung von Jugendlichen
kann man nicht staatlich verordnen; da braucht es auf
den einzelnen Ebenen eine Sensibilität, nach dem Motto:
Lasst die jungen Leute machen. Wir müssen also Ju-
gendlichen die Chance geben, Verantwortung zu über-
nehmen. Und ich bin der festen Überzeugung, dass diese
junge Generation es schafft, sich selbst etwas aufzu-
bauen und etwas zu erreichen. Wir müssen ihnen dafür
nur die Gelegenheit geben. Auch das will eigenständige
Jugendpolitik erreichen.
Das ist aus meiner Sicht die große Herausforderung.
Und das ist ein langer Prozess. Wir haben noch ein paar
Schritte vor uns, doch wir sind zum Glück auch schon
einige gegangen. Der vorliegende Antrag, für den ich Sie
um Ihre Zustimmung bitte, ist dabei ein wichtiger An-
satz.
Stefan Schwartze (SPD): Die SPD begrüßt aus-
drücklich die Absicht, eine eigenständige Jugendpolitik
zu entwickeln.
Im Sommer 2011 hatte die Bundesregierung Eck-
punkte dafür vorgelegt. Seither war nicht mehr viel zu
hören. Wir haben daher in dieser Woche eine Kleine An-
frage auf den Weg gebracht, um zu erfahren, wie es um
die Umsetzung steht.
Schwarz-Gelb legt nun einen Antrag zur eigenständi-
gen Jugendpolitik vor. Er greift Punkte auf, die die SPD
begrüßt. Gegen einen Preis „Jugendfreundlichste Ge-
meinde Deutschlands“ ist nichts einzuwenden. Auch das
Ziel, das Projekt „U18-Wahl“ im Haushalt 2013 finan-
ziell abzusichern, ist gut. Das hatte die SPD schließlich
schon für den Haushalt 2012 gefordert.
Bei unseren Anträgen ist Kopieren ausdrücklich er-
laubt.
Das Wichtigste ist aber, das wir endlich gemeinsam
über eine eigenständige Jugendpolitik diskutieren.
Leider nimmt Ihr Antrag nur einen Teil der Jugend-
politik in den Blick. Er beschränkt sich auf Partizipation,
Zusammenarbeit mit den Ländern und Kommunen, kul-
turelle Bildung und Medien. Auch die Forderungen zu
den einzelnen Teilbereichen sind nicht der große Wurf.
So soll zum Beispiel die kulturelle Bildung verbessert
werden, in dem als einzige Maßnahme ein „Praxishand-
buch Kulturelle Bildung“ erstellt wird.
Die SPD will eine eigenständige Jugendpolitik the-
matisch breiter aufstellen. Entscheidend ist, dass Jugend-
politik sich als Interessenvertretung für junge Menschen
versteht. Sie muss ressortübergreifend gedacht werden.
Die SPD will weder eine defizitorientierte noch eine
elitefixierte Politik. Unsere Leitbilder sind Chancen-
gleichheit und Inklusion. Wir wollen alle befähigen, ihre
Talente zu entdecken und ihre Persönlichkeit zu entwi-
ckeln. Wir wollen allen jungen Menschen Aufstieg
durch gleiche Chancen und echte Teilhabe ermöglichen.
Im Bildungssystem brauchen junge Menschen auch
zweite und dritte Chancen. Es muss möglich sein, sich
auszuprobieren und auch mal Fehler zu machen. Jugend
braucht Freiräume. Junge Menschen brauchen Unterstüt-
zung beim Übergang von Schule in den Beruf. Sie brau-
chen einen Rechtsanspruch auf einen Schulabschluss
und eine Berufsausbildung.
Wir dürfen keinen jungen Menschen zurücklassen.
Zur Jugendbildung gehören neben der kulturellen Bil-
dung auch die politische Bildung, die sportliche Bildung
und die informelle und nonformale Bildung. Hier darf
nicht gekürzt werden, wie Sie es zum Beispiel bei der
politischen Bildung tun. Diese Bereiche müssen vom
Bund gefördert und weiterentwickelt werden.
Dazu in Ihrem Antrag kein Wort! Eine eigenständige
Jugendpolitik ist mehr als das, was hier auf dem Tisch
liegt. Sie braucht das notwendige Geld, das in Ihren An-
trägen bislang gar keine Rolle spielt.
Nehmen Sie unsere Vorschläge ernst, und lassen Sie
uns diskutieren.
Sönke Rix (SPD): Die Koalitionsfraktionen haben
die Kritik von Organisationen, Verbänden, Wissenschaft
und nicht zuletzt der Opposition ernst genommen. Unter
dem Titel „Eigenständige Jugendpolitik – Mehr Chancen
für junge Menschen in Deutschland“ soll die Phase der
Jugend in den Fokus gerückt werden und eine eigenstän-
dige Jugendpolitik formuliert werden. In dem Antrag
wird angekündigt, politisch nicht nur auf sogenannte
Problemgruppen eingehen zu wollen, sondern alle Ju-
gendlichen zu berücksichtigen. Diese Herangehensweise
begrüßen wir. Es ist heute wichtiger denn je, junge Men-
schen zwischen 14 und 25 im Blick zu haben, ihnen gute
Rahmenbedingungen zu bieten, ihnen ein sicheres und
gerechtes Aufwachsen zu ermöglichen; denn der Druck
auf diese Gruppe wächst, wie wir alle wissen, stetig.
Allerdings habe ich noch Zweifel daran, dass Union
und FDP tatsächlich ihr Bild von der Jugend gerade-
rücken wollen. Ich erinnere an dieser Stelle an den soge-
nannten Warnschussarrest, den der Koalitionsausschuss
Anfang März beschlossen hat. Wieder einmal ging es da
um kriminelle Jugendliche. Für eine populistische For-
derung sind Jugendliche und ihr Fehlverhalten anschei-
nend nach wie vor immer mal wieder gut.
Ihr Antrag ist meiner Ansicht nach kein großer Wurf.
Zwar werden wichtige Elemente einer guten, eigenstän-
digen Jugendpolitik genannt, wie beispielsweise Partizi-
pation, Medienkompetenz und kulturelle Bildung. Aber:
Wichtige Bereiche fehlen oder tauchen nur in schwam-
migen oder nebulösen Ankündigungen auf.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2012 20965
(A) (C)
(D)(B)
Als zuständiger Berichterstatter kann ich nicht umhin,
Ihren Beitrag zum Bundesfreiwilligendienst zu kom-
mentieren. Sie schreiben:
Der von CDU/CSU und FDP beschlossene qualita-
tive wie quantitative Ausbau der Jugendfreiwilli-
gendienste und der Aufbau des neuen Bundes-
freiwilligendienstes haben in diesem Sinne die
Bildungsfähigkeit junger Menschen gestärkt und
zusätzliche Angebote zur persönlichen Entwick-
lung geschaffen.
Wenn man sich aber nun genauer mit der Schaffung des
Bundesfreiwilligendienstes befasst – und das ist ja alles
noch nicht allzu lange her –, ging es Ihnen doch im Kern
nicht darum, eine neue Engagementmöglichkeit für Ju-
gendliche zu schaffen. Vielmehr sollte ein Ersatz für den
Zivildienst geschaffen werden, der Ihnen relativ überra-
schend abhandengekommen ist. Dabei ging es Ihnen in
erster Linie um die Arbeit, die die Zivildienstleistenden
übernommen haben, und nicht um die Jugendlichen
selbst. Deshalb: Verdrehen Sie hier bitte nicht die Tatsa-
chen!
Wäre es Ihnen um die Jugendlichen und ihre hohe
Engagementbereitschaft gegangen, hätten Sie unseren
Vorschlag zu einer massiven Ausweitung der Jugendfrei-
willigendienste aufnehmen können. Klar: Diese haben
Sie auch gestärkt, weil die Träger ansonsten den BFD
nicht akzeptiert hätten. Aber tun Sie doch bitte nicht so,
als ob die Einführung des BFD eine jugendpolitische
Maßnahme gewesen wäre!
Sie widmen in Ihrem Antrag ein Kapitel auch der Ju-
gendpolitik im nationalen und europäischen Kontext.
Das ist ein wichtiges Thema. Ich gebe Ihnen recht, wenn
Sie schreiben: „Eine moderne Jugendpolitik kann an na-
tionalen Grenzen keinen Halt machen. Der Erhalt eines
eigenständigen Jugendprogramms der Europäischen
Union ist deswegen von zentraler Bedeutung.“ Beim Le-
sen des Antrags habe ich mir aber immer wieder die
Frage gestellt, welchen Stellenwert eine andere wichtige
politische Ebene von Ihnen erfährt: Die Kommune. Im
Forderungsteil wird zwar kurz erwähnt, dass die Kom-
munen darin bestärkt werden müssten, die Verantwor-
tung für die Koordinierung und Vernetzung zwischen al-
len Beteiligten und Angeboten vor Ort wahrzunehmen.
Aber was bedeutet das konkret?
Wir haben in den letzten Jahren erlebt, mit welchen
Schwierigkeiten die Kommunen zu kämpfen haben. Da-
bei sind sie für eine gute, eigenständige Jugendpolitik
essenziell: Die Kommune spielt bei der Gestaltung von
Jugendpolitik eine entscheidende Rolle: Hier wachsen
die Jugendlichen auf, hier werden Entscheidungen ge-
troffen, die Jugendliche sofort und unmittelbar spüren
und die sie – sofern es ausreichend Partizipationsmög-
lichkeiten gibt – beeinflussen können.
Insofern ist die Auszeichnung einer in diesem Feld
vorbildlichen Kommune, wie Sie es vorschlagen, ein
sinnvoller Baustein. Jedoch muss dafür gesorgt sein,
dass die Kommunen ihren Aufgaben auch gerecht wer-
den können. Kürzungen, wie sie Schwarz-Gelb in den
letzten Jahren vorgenommen hat, zum Beispiel beim
Programm „Soziale Stadt“, sind da ganz und gar nicht
hilfreich gewesen. Dort, wo soziale Infrastruktur weg-
bricht, werden antidemokratische Strukturen gestärkt.
Wir meinen: Kommunen müssen als Lebensorte wei-
ter gestärkt werden. Die öffentliche Daseinsvorsorge
muss mit Leben erfüllt werden. Städte und Gemeinden
müssen mit soliden finanziellen Mitteln ausgestattet
werden. Dazu verlieren Sie in Ihrem Antrag kein Wort.
Florian Bernschneider (FDP): Dass wir heute die
Gelegenheit haben, mit dem vorliegenden Antrag über
Jugendpolitik zu diskutieren, ist – im Rückblick auf die
letzten Legislaturperioden – leider keine Selbstverständ-
lichkeit. Dass das so ist, hat zweifelsohne auch gesell-
schaftliche Gründe: Wir alle wissen, dass in den letzten
Jahren in der Familienpolitik vor allem Kinder im Fokus
standen. Zum Beispiel bei Diskussionen um den Ausbau
von Kita- und Krippenplätzen, schrecklichen Fällen von
Kindesvernachlässigungen oder der frühkindlichen Bil-
dung.
All diese Diskussionen, sie waren und sind richtig
und wichtig. Und trotzdem darf das nicht dazu führen,
dass wir die Belange Jugendlicher aus dem Blick verlie-
ren. Und wenn in den letzten Legislaturperioden mal
über Jugendliche diskutiert wurde, dann ging es in der
Regel um Verbote: Beispielsweise um Flatratepartyver-
bote, weil Jugendliche angeblich zu viel trinken, oder
um Killerspielverbote, weil sie angeblich zu viele und
die falschen Computerspiele spielen.
Und so muss man selbstkritisch festhalten, dass auch
solche Diskussionen leider zu dem in den Medien häufig
gezeichneten Zerrbild Jugendlicher beigetragen haben,
einem Zerrbild, wonach die Jugendlichen nicht in der
Lage wären, die nötige Verantwortung für sich und un-
sere Gesellschaft zu tragen.
Den Gegenbeweis haben wir bereits mit der Reform
der Freiwilligendienste angetreten: Denn hier beweisen
Jugendliche tagtäglich, von Flensburg bis Konstanz,
dass sie ohne jeden staatlichen Zwang bereit sind, Ver-
antwortung für sich und andere zu übernehmen, und das
in einem Ausmaß, das selbst die optimistischste Progno-
sen von uns allen übertrifft.
Dass CDU, CSU und FDP auch hier die klassische
Verantwortung der Jugendpolitik, nämlich die Unterstüt-
zung und Förderung Schwächerer, nicht aus dem Blick
verloren haben, beweist die zusätzliche Förderung bei
besonderem pädagogischen Bedarf. Trotzdem muss es
unser Anspruch sein, mit einer eigenständigen Jugend-
politik alle junge Menschen in den Blick zu nehmen und
diese mehr als früher als Querschnittaufgabe zu verste-
hen.
Dass wir diesen Weg verfolgen, sehen Sie zum Bei-
spiel daran, dass wir die Mobilitätsherausforderungen,
vor denen Jugendliche stehen, nicht nur mit dem Pro-
gramm „Auswärts zuhause“ ernst nehmen, sondern auch
in der Verkehrspolitik mit dem Führerschein ab 17.
Mit dem vorliegenden Antrag nehmen wir uns aber
weiterer Herausforderungen an. Zum Beispiel im Be-
20966 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2012
(A) (C)
(D)(B)
reich der Partizipation. Das Lieblingswort eines jeden
Jugendpolitikers, das in keiner Sonntagsrede fehlen darf.
Überall wird mehr Partizipation gefordert. Aber wenn es
dann konkret wird, ziehen wir uns als Bundespolitiker
gerne aus der Verantwortung und erklären, dass die poli-
tische Beteiligung Jugendlicher ja primär in den Kom-
munen gelebt und umgesetzt werden müsse. Das ist un-
befriedigend, und hier wollen wir ansetzen. Deshalb
streben wir in diesem Antrag ein ganzes Bündel an Maß-
nahmen an, wie der Bund in Kooperation mit Ländern
und Kommunen mehr Partizipation und Beteiligung jun-
ger Menschen gewährleisten kann. Diese Vorschläge er-
strecken sich über die Erarbeitung von Beteiligungs-
instrumenten in Zusammenarbeit mit den kommunalen
Spitzenverbänden bis hin zur Reform des zentralen mo-
netären Instruments des Bundes in der Kinder- und Ju-
gendpolitik, des Kinder- und Jugendplans.
Wer die Jugendpolitik voranbringen will, muss sich
aber auch an der Lebensrealität junger Menschen in un-
serem Land orientieren. Ein wesentlicher Bestandteil
dieser Lebensrealität sind die neuen Medien, deren
Chancen, zum Beispiel zur Partizipation, wir mit einer
stärkeren Förderung der Medienkompetenz nutzen wol-
len.
Zugleich dürfen wir die Augen vor den Herausforde-
rungen, die die neuen Medien mit sich bringen, aber
nicht verschließen. Deswegen unterbreiten wir mit dem
vorliegenden Antrag Vorschläge, wie auf eben diese He-
rausforderungen vonseiten des Bundes und in Koopera-
tion mit den Ländern – Stichwort Lehreraus- und -fort-
bildung – adäquat reagiert werden kann.
In diesem Sinne freue mich auf Ihre Anregungen und
auf eine hoffentlich konstruktive Antragsberatung.
Diana Golze (DIE LINKE): Nun endlich liegt er vor,
der lange angekündigte Antrag der Regierungsfraktionen
zur eigenständigen Jugendpolitik. Im Koalitionsvertrag
von 2009 hatte man sich auf Aktivitäten dazu verstän-
digt, inzwischen schreiben wir das Jahr 2012. Bislang
widmete sich die Bundesregierung, wenn überhaupt, nur
den Problemen, die Jugendliche machen, und nicht den
Problemen, die Jugendliche haben.
Schauen wir uns also Ihre Vorhaben mal genauer an.
Ich zitiere aus dem Antrag: „Eigenständige Jugend-
politik bedeutet auch, gleiche Chancen am Start zu
schaffen, ohne Ergebnisgleichheit am Ziel zu verordnen.
Sie unterstützt Jugendliche, wo es nötig ist, und befähigt
sie, ohne zu bevormunden.“ Und weiter: „Junge Men-
schen mit sozialen Benachteiligungen oder individuellen
Beeinträchtigungen haben oftmals einen besonderen Un-
terstützungsbedarf, dem durch passgenaue Maßnahmen
Rechnung getragen werden muss, um gerechtere Start-
chancen für diese jungen Menschen zu schaffen.“ Zitat
Ende.
Doch was tun Sie stattdessen? Sie kürzen beim Pro-
gramm „Jugend stärken“. Sie kürzen im Bereich der
Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Gerade ges-
tern haben Sie unseren Antrag abgelehnt, die diskrimi-
nierenden Regelungen bei jungen Erwachsenen unter
25 Jahren im SGB II zurückzunehmen. Dort steht: Ein
Erwachsener muss ein Amt um Erlaubnis bitten, wenn er
bei seinen Eltern ausziehen und eigenständig leben
möchte. Der Regelsatz für Jugendliche in Bedarfsge-
meinschaften beträgt nur 80 Prozent von dem eines al-
leinstehenden Erwachsenen. Sind Jugendliche keine
ganzen Menschen? Ist das etwa Ihre eigenständige Ju-
gendpolitik?
Auch in anderen Politikbereichen setzt sich die Gän-
gelung der Jugendlichen fort. So müssen zum Beispiel
Jugendvereine ausgerechnet beim Bundesprogramm für
Toleranz und Vielfalt eine sogenannte Extremismusklau-
sel unterzeichnen, wenn sie Fördermittel bekommen
wollen. Sie werden damit unter einen Generalverdacht
gestellt, und eigenständige Entscheidungen werden ih-
nen abgesprochen.
Immer wieder sind Gerichtsentscheidungen notwen-
dig, um die Bundesregierung an die Rechtsstaatlichkeit
ihrer Politik zu erinnern. Gerade in dieser Woche über-
gab das Sozialgericht Berlin die Frage der Höhe der Re-
gelsätze im SGB II an das Bundesverfassungsgericht.
Das Verwaltungsgericht Dresden beanstandete die Extre-
mismusklausel. Ist das Ihre Art der Demokratiebildung,
die Sie in Ihrem Antrag fordern?
Heute Nachmittag haben hier im Plenum die Regie-
rungsfraktionen dem Bundestag begründet, warum sie
das Jugendstrafrecht verschärfen wollen, indem Sie den
Warnschussarrest für jugendliche Straftäter ermöglichen.
Von Förderung und Prävention war dabei keine Rede. Ist
das der ganzheitliche Ansatz für diesen Lebensabschnitt,
von dem im Antrag die Rede ist?
Das Wort „Jugendarmut“ fehlt in Ihrem Antrag kom-
plett. Wenn man dieses zunehmende Problem junger
Menschen jedoch ausblendet, hilft auch eine „Allianz für
Jugend“ nicht, denn wer das Problem nicht zur Kenntnis
nehmen will, wird auch keine Lösungsansätze dafür ent-
wickeln.
Zusammenfassend lässt sich also feststellen: Nach der
langen Phase der Ankündigung dieses Antrags hätte ich
mir wahrlich mehr Interesse für die Lebenswirklichkeit
junger Menschen in unserem Land gewünscht und, da-
raus abgeleitet, mehr und qualifiziertere Initiativen der
Bundesregierung.
Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist
gut, die Jugendpolitik als eigenständigen Politikbereich
hier im Deutschen Bundestag zu debattieren. Das ge-
schieht viel zu selten. Es ist aber auch kein Wunder:
denn die Impulse und Maßnahmen der Bundesregierung
und der Koalition waren und sind wirklich bescheiden.
Im vorgelegten Antrag geht es um einen eigenen Quer-
schnittbereich Jugend. Das ist ein richtiger, notwendiger
Ansatz. Das ist auch deshalb wichtig, weil jugendpoliti-
sche Anliegen zu oft eben nur im Kontext eines anderen,
dann übergeordneten Sachverhalts, wie etwa Bildungs-
oder Arbeitsmarktpolitik, behandelt werden. Allerdings
wird nach Lektüre des Antrags klar, dass es nach wie vor
keine schwarz-gelbe Konzeption gibt, das Ziel einer ei-
genständigen Jugendpolitik praktisch zu erreichen.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2012 20967
(A) (C)
(D)(B)
Im Antrag werden einige Facetten der Jugendpolitik
zunächst völlig unsystematisch nebeneinandergestellt.
Dann folgen eine Reihe von Absichtserklärungen. Die
lesen sich zunächst ganz nett. Aber sie bleiben inhaltlich
weitgehend unbestimmt. Sie fügen sich nicht in eine Ge-
samtkonzeption, sondern sind eher wahllos aneinander-
gereiht. In der Sache selber sind sie außerordentlich un-
ambitioniert.
Und bei fast allen dieser Punkte muss man fragen:
Wieso schafft die Koalition diesen Aufschlag erst nach
zweieinhalb Jahren Amtszeit? Und warum kommt dann
nur so etwas Zaghaftes und Unfertiges dabei heraus? Ein
schönes Beispiel, wie lange der jugendpolitische Schlaf
der Koalition schon andauert: Im Antrag wird als erstes:
„Die Festlegung im Koalitionsvertrag…eine eigenstän-
dige Jugendpolitik…zu etablieren…“ begrüßt. Klartext:
Wir nehmen jetzt in 2012 der Vertrag von 2009 zur
Kenntnis. Na wunderbar!
Wenn es im Antrag mal konkret wird, werden die
Dinge beschönigt: Entgegen der Feststellung im Antrag
hat die Bundesregierung eben noch nicht dafür gesorgt,
„dass Kinderlärm kein Grund mehr zur Klage sein
kann“. Da ist zwar ein Verfahren im Gange. Aber das ist
eben noch nicht abgeschlossen. Und es ist derzeit wohl
leider auf einem schlechten Weg, wenn man sich den Re-
ferentenentwurf zum Baugesetz anschaut! Oder um ein
anderes Beispiel zu nennen: Das Deutschlandstipendium
– 10. – ist ein totaler Flop und keine jugendpolitische Er-
rungenschaft.
Auch der Forderungsteil stimmt unzufrieden. Irgend-
wann soll wohl eine „Allianz für Jugend“ initiiert wer-
den. „Wenn’s nützt“ möchte man sagen. Natürlich kann
so eine Maßnahme nicht schaden; der üblicherweise le-
diglich anregende, appellative Charakter solcher Allian-
zen ist aber bei Weitem nicht ausreichend. Diesem Punkt
schließt sich die Forderung an, es sollten dazu bisherige
Erfahrungen aus der EU-Jugendstrategie genutzt wer-
den. Die Koalition hat offenbar so wenig auf der Pfanne,
dass sie absolute Selbstverständlichkeiten zu eigenen
Forderungspunkten aufbauscht. Natürlich wird man jed-
wede fundierte Erfahrung sinnvoll zu nutzen versuchen.
Ähnlich substanzarm wird es an der Stelle, an der die
Koalition empfiehlt, eine „querschnittliche Jugendpoli-
tik“ zu entwickeln. Das ist doch klar, dass das nur als
Querschnittsaufgabe funktionieren kann. Gespannt darf
man auf die Umsetzung einer solchen Querschnittpolitik
durch die Bundesregierung sein. Wir haben ja jüngst
beim dringlichen Kinderschutz gesehen, dass BMFSFJ
und BMG schlichtweg nicht kooperationsfähig waren.
Da möchte ich mal sehen, wie Frau Schröder demnächst
mit Herrn Bahr und Frau von der Leyen einvernehmlich
Jugendpolitik macht.
Es geht im Antrag dann weiter mit Forderungen nach
Impulsen, Erprobungen und vielem mehr, was Zeit
braucht und unverbindlich ist. Hinsichtlich der Partizipa-
tion wird man jedoch ein wenig „konkreter“: Es soll eine
Studie her. Und mit den Kommunen sollen mal Beteili-
gungsinstrumente überlegt werden. Das, was die Koali-
tion hier auftischt, ist doch reine Augenwischerei. Die
Instrumente gibt es, sie funktionieren, sie müssen nur
endlich umgesetzt werden. Dazu muss ein glaubhaftes
Konzept her. Und es fehlen wichtige Punkte, die ich hier
nur kurz anreißen kann.
Ganz wichtig ist dabei die Stärkung der Rechte von
Kindern und Jugendlichen im Grundgesetz.
Wir brauchen klar geregelte, verbindliche Beteili-
gungsrechte in Jugendinstitutionen.
Wir brauchen die verbriefte Berücksichtigung von Ju-
gendbelangen in den Gemeindeordnungen.
Wir müssen die Diskussion über Ombudschaften in
der Jugendhilfe führen.
Und die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahren
wäre zeitgemäß und überfällig. Das wäre die wirksame
Alternative zu Ihrem Alibi-Projekt „U18-Wahl“, Forde-
rung 20.
Aber all diese Bereiche bleiben eine Leerstelle der
Koalition. Deswegen muss man abschließend festhalten:
Mit diesem Antrag und der Debatte hakt Schwarz-Gelb
mut- und kraftlos ein Thema ab, mit dem es sich noch
nie richtig anfreunden konnte. Das ist mehr als bedauer-
lich.
Anlage 3
Neuabdruck einer zu Protokoll gegebenen Rede
zur Beratung des Entwurfs eines Zweiten Ge-
setzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher
und anderer Vorschriften (175. Sitzung, Tages-
ordnungspunkt 15)
Michael Hennrich (CDU/CSU): Wir haben uns
heute zur ersten Lesung des Entwurfs eines Zweiten Ge-
setzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer
Vorschriften versammelt. Es ist ein Gesetz, das nach
dem AMNOG das zweite große gesetzgeberische Vorha-
ben auf dem Arzneimittelsektor ist. Alles in allem lässt
sich feststellen, dass es im Arzneimittelbereich gut und
ruhig verläuft. Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren
sind bisher auch keine Entschließungsanträge der Oppo-
sition eingegangen. Ich verstehe das so, dass Sie, werte
Damen und Herren von der SPD, den Grünen und der
Linken, mit unserer Arzneimittelpolitik durchaus zufrie-
den sind.
Anders, ich erinnere mich lebhaft, war das noch beim
AMNOG vor gut eineinhalb Jahren. Bei der Verabschie-
dung des AMNOG waren Sie noch nicht ganz so weit,
und Sie haben damals bei der namentlichen Abstimmung
– die übrigens bezeichnenderweise am 11.11. stattfand –
geschlossen mit Nein gestimmt. Heute haben sich die
Zeichen gewendet, wie ich erst neulich auf einer Veran-
staltung des BPI feststellen konnte. Frau Bender von den
Grünen ist im Hinblick auf das AMNOG so etwas wie
der Lordsiegelbewahrer, der bereit ist, in die Bresche zu
springen, wenn es Überlegungen gibt, das Gesetz zu ver-
ändern.
Aber in der Tat, wir können mit der Arzneimittelpoli-
tik der Koalition zufrieden sein. Die mit dem GKV-
20968 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2012
(A) (C)
(D)(B)
Finanzierungsgesetz verabschiedete Erhöhung des Her-
stellerabschlags zeigt Wirkung. In der Folge konnten die
Arzneimittelausgaben – übrigens als einziger Teilbereich
des öffentlichen Gesundheitssystems – deutlich reduziert
werden. Auch mit dem AMNOG haben wir Maßnahmen
auf den Weg gebracht, die zu einer Stabilisierung der
Arzneimittelausgaben führen. Einen wesentlichen Bei-
trag hierzu leisten zweifelsohne der Apothekenabschlag
und die Großhandelsvergütung. Die frühe Nutzenbewer-
tung stellt in Bezug auf die Effektivität der Arzneimittel-
versorgung einen wahren Quantensprung dar, und zwar
ohne dass den Menschen in Deutschland der Zugang zu
Innovationen verkürzt wurde.
Heute wird das AMNOG im Ausland selbst von denje-
nigen gepriesen, die es vor eineinhalb Jahren noch vehe-
ment bekämpft haben. Auch den Vertretern des GKV-
Spitzenverbands, die das Gesetz ursprünglich als „Pharma-
beglückungsgesetz“ bezeichneten, konnte – wenn auch
mühsam – die Wirkungsweise der Vorgaben verständlich
gemacht werden. Selbst die Industrie hat das neue Sys-
tem zwischenzeitlich anerkannt, sodass wir uns in erster
Linie auf die Umsetzung der AMG-Novelle konzentrie-
ren können.
Mit dem Gesetz sollen zwei Richtlinien der Europäi-
schen Union umgesetzt werden, zum einen die Richtlinie
zur Pharmakovigilanz, zum anderen die Richtlinie zum
Schutz vor Arzneimittelfälschungen. Beide Richtlinien
verbindet das Ziel, den Schutz der Patienten und Versi-
cherten im Bereich der Arzneimittelversorgung verbes-
sern zu wollen. Vor diesem Hintergrund greifen sie in
viele Bereiche des Arzneimittelgesetzes ein. Wir haben
dadurch die Chance, einige Vorschriften ganz grundsätz-
lich zu überdenken und auf den Prüfstand zu stellen.
Einen großen Teil der Neuerungen halte ich für
durchaus begrüßenswert. So werden etwa die Risiko-
managementsysteme der Zulassungsinhaber optimiert.
Und auch die Zusammenarbeit der Gesundheitsbehörden
wird verbessert, indem die europäische Vernetzung end-
lich forciert wird. Dem Schutz der Versicherten dient,
dass etwa der Begriff der Nebenwirkung erweitert wird.
§ 4 Nr. 13 AMG erfasst dann auch Überdosierungen,
Medikationsfehler und Missbrauch. Zugute kommt ihm
auch, dass die Meldewege bei Verdachtsfällen verkürzt
werden. Hier werden bereits in den Patienteninformatio-
nen Hinweise zu finden sein, wohin man sich bei Ver-
dachtsfällen wenden soll. Für die Fachinformation wird
eine gleichlautende Regel erlassen werden. Gleichzeitig
werden die Informationsmöglichkeiten der Verbraucher
verbessert. Ein nationales Internetportal wird aufgebaut
und mit europäischen Datenbanken vernetzt werden, um
Transparenz für den Versicherten zu schaffen und ihm
eine umfassende Aufklärung zu ermöglichen.
Für begrüßenswert halte ich auch den Schritt, zum
Schutz der legalen Vertriebswege die Anforderungen an
Hersteller und Vertreiber zu konkretisieren und auf diese
Weise transparenter zu gestalten. Besonders fälschungs-
gefährdete Arzneimittel etwa erhalten in diesem Rahmen
zusätzliche Sicherheitsmerkmale zur Identifizierung ein-
zelner Arzneimittelpackungen. Die Richtlinien bringen
überdies Veränderungen im Bereich Betäubungsmittel-
recht sowie die Anpassung des Heilmittelwerbegesetzes
an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs.
Ich möchte nicht verschweigen, dass diese Neurege-
lungen teilweise zu erheblichen finanziellen Belastungen
für die Industrie führen. Allerdings halte ich – unabhän-
gig davon, dass uns sowieso nur ein geringfügiger Um-
setzungsspielraum verbleibt – die Vorgaben mit Blick
auf Schutz und Sicherheit der Patientinnen und Patienten
für notwendig.
Natürlich werden wir uns im Zuge der AMG-Novelle
noch einmal mit dem AMNOG beschäftigen. Allerdings
muss nicht immer der Gesetzgeber Probleme lösen,
manchmal obliegt diese Aufgabe allein der Selbstver-
waltung. Teilkomplexe hat die Selbstverwaltung bereits
guten Lösungen zugeführt; ich denke an dieser Stelle
zum Beispiel an die Orphan Drugs. Trotzdem müssen
die Beteiligten zukünftig weiter miteinander arbeiten
und sich auf praxisgerechte Lösungen einigen.
Aufmerksam beobachten wir in diesem Zusammen-
hang etwa das Thema Vergleichstherapie. Hier muss bei
der Auswahl der Vergleichstherapie die Frage im Mittel-
punkt stehen, ob ein tatsächlicher Zusatznutzen für das
neue Arzneimittel im Vergleich zum bisherigen Thera-
piestandard besteht. Erst bei den Preisverhandlungen
steht dann die Kostenfrage im Mittelpunkt. Es ist zudem
sicherzustellen, dass keine Studien mit einer Vergleichs-
therapie verlangt werden dürfen, die aus ethischen Grün-
den nicht genehmigt würden.
Beim Thema Beratungsgespräche hat sich vieles posi-
tiv gewendet. Aber in Bezug auf die Verbindlichkeit des
Beratungsgesprächs beim GBA findet sich durchaus
noch etwas Sand im Getriebe. Möglich wäre es etwa,
dass die Vergleichstherapien vor Studien der Phase III
gemeinsam verbindlich vereinbart werden. Hier wäre
dann zum Beispiel die Frage zu klären, welche Ver-
gleichstherapie für ein Solitärmedikament zu wählen ist.
Der vom GBA durchgeführte Workshop am 22. März
zeigt aber, dass man hier auf einem guten Weg ist.
Die Preisfindung ist sicherlich ein Komplex, bei dem
wir erst einmal abwarten sollen, wie verhandelt wird.
Entspannt sehe ich übrigens der Forderung der Indus-
trie nach der Vertraulichkeit des Erstattungsbetrags entge-
gen. Hier sollten wir uns überlegen, ob uns das nicht sogar
entgegenkommt, weil in vertraulichen Verhandlungen
mehr Spielraum für eine Rabattgewährung verbleibt.
Überprüft werden muss aber die Möglichkeit zur Aus-
schreibung von Zytostatika; denn es droht zu einem Oli-
gopol in der Versorgung der Krebspatienten zu kommen.
Zudem drohen Qualitätseinbußen und Probleme in der
Flächendeckung, wenn die Krankenkassen mit einzelnen
Apothekern Selektivverträge über die Zytostatikaversor-
gung abschließen. Dabei will ich die Wirkweise der Ra-
battverträge nicht infrage stellen. Sie tragen maßgeblich
zu Einspareffekten bei Arzneimittelversorgung bei.
Allerdings ist auch Teil unserer Aufgabe, die Versor-
gungssicherheit zu gewährleisten; Lieferengpässe müs-
sen vermieden werden. Gleiches gilt übrigens für die
Oligopolbildung.
Was passiert mit den sogenannten Portfolioverträgen?
Seit dem Jahr 2009 wird hier vergeblich nach einer ein-
vernehmlichen Lösung gesucht. Dabei behindern die Er-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2012 20969
(A) (C)
(D)(B)
weiterungs- und Aufnahmeklauseln unstreitig den Wett-
bewerb. Ohne gesetzgeberische Maßgaben scheint sich
hier aber nichts zu tun. Dieses Fazit gilt leider auch für
den Umgang mit der personalisierten Medizin. Die be-
sondere Diagnostik, die hier notwendig wird, wird letzt-
lich wegen einer fehlenden Abrechnungsziffer im EBM
nicht ausreichend erbracht. Das kann und darf nicht sein.
Abschließend möchte ich noch auf die Rahmenbedin-
gungen für Apotheker eingehen. Am Pick-up-Verbot
halten wir fest. Nachdem auch der Bundesrat ein Verbot
des Versandhandels anstrebt, liegt es in den Händen der
Bundesregierung hier die richtigen Entscheidungen zu
treffen. Nach Auslaufen der Sparmaßnahmen Ende die-
ses Jahres ist der Apothekenabschlag erneut zu vereinba-
ren. Um hier eine faire Verhandlungsbasis zu schaffen,
soll der für 2009 und 2010 geltende Abschlag als Grund-
lage dienen.
Wie ich eingangs ankündigte, nutzen wir die AMG-
Novelle auch, um die bestehende Regelung kritisch zu
hinterfragen. Unsere Pläne in diese Richtung habe ich
Ihnen gerade vorgelegt. Ich möchte die Gelegenheit aber
auch nutzen, an alle Beteiligten zu appellieren: Lassen
Sie uns konstruktiv miteinander tätig werden und nicht
in allgemeines Wehgeschrei ausbrechen, wie es beim
AMNOG der Fall war. Diese Worte richte ich auch noch
einmal explizit an die Industrie, die immer wieder ge-
droht hat, bestimmte Produkte nicht auf den deutschen
Markt zu bringen. Damit schneidet man sich ins eigene
Fleisch. Ich gebe zu bedenken, dass unsere europäischen
Nachbarländer über keine rosige Finanzlage verfügen.
Das gilt auch für Frankreich, wo Sarkozy gerade ange-
kündigt hat, 4,5 Milliarden Euro Einsparungen allein bei
der Arzneimittelversorgung erzielen zu wollen. Spanien
geht in eine ähnliche Richtung, und Griechenland will
ich hier gar nicht erwähnen.
Zu denken, dies wäre ein europäisches Problem, ist
naiv. Indien ist ja nicht einmal mehr bereit, Patente und
Eigentumsrechte anzuerkennen. Insofern wünsche ich
keine weitere Drohungen, sondern den konstruktiven
Dialog aller Beteiligten, auf den ich mich freue.
Anlage 4
Neuabdruck einer zu Protokoll gegebenen Rede
zur Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts zu den Anträgen:
– Umsetzung von Basel III: Finanzmärkte sta-
bilisieren – Realwirtschaft stärken – Kom-
munalfinanzierung sichern
– Besonderheiten der nationalen Finanz-
märkte bei Umsetzung von Basel III berück-
sichtigen
(175. Sitzung, Tagesordnungspunkt 27)
Manfred Zöllmer (SPD): Basel III ist ein notwendi-
ges, aber nicht hinreichendes Regelwerk zur Stabilisie-
rung des Finanzsystems. Es ist notwendig, weil der
Verlauf der Finanzmarktkrise gezeigt hat, dass eine
verbesserte Ausstattung der Banken mit Eigenkapital
dringend erforderlich ist, um die Stabilität des Finanz-
systems zu verbessern. Im Vordergrund steht das Eigen-
kapital, aber es gibt natürlich eine Vielzahl von Regelun-
gen, die in Zukunft implementiert werden sollen. Ich
nenne die Stichworte Leverage Ratio, Kapitalerhaltungs-
puffer, antizyklischer Kapitalpuffer, Vergütungsregeln
usw.
Die vorliegenden Regelungen gehen in die richtige
Richtung. Sie reichen aber nicht. Sie müssen weiterent-
wickelt werden. Deshalb haben wir einen Antrag einge-
bracht, der fordert, einen Teil der Basel-III-Regeln nicht
als Verordnung, sondern als Richtlinie umzusetzen. Da-
mit wollen wir der Situation Rechnung tragen, dass na-
tionale Besonderheiten auch bei der Umsetzung von Ba-
sel III berücksichtigt werden. Deutschland verfügt über
ein differenziertes dreigliedriges Bankensystem. Beson-
ders die Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben
sich als systemstabilisierend in der Krise gezeigt. Die
Vorschläge, die in Basel erarbeitet wurden, sind ein Re-
gelungswerk für international agierende Großbanken.
Deshalb sehen wir die Notwendigkeit einer Anpassung
der Vorschriften an nationale Besonderheiten. Diesen
Überlegungen wollen sich die Koalitionsfraktionen lei-
der nicht anschließen. Damit wird eine Chance vertan,
deutsche Interessen besser zu berücksichtigen.
Wir unterstützen nachdrücklich den Grundsatz „same
risks, same rules“. Wir wollen keine Aufweichung der
Regulierung, im Gegenteil, wir wollen einen angemesse-
nen regulatorischen Umgang auch mit kleinen Instituten,
eine vernünftige Regulierung mit Biss.
Mit unserem Antrag „Umsetzung von Basel III:
Finanzmärkte stabilisieren – Realwirtschaft stärken –
Kommunalfinanzierung sichern“ wollen wir diese Ziel-
setzung konkretisieren. Wir bedauern sehr, dass die Ko-
alitionsfraktionen nicht bereit waren, in dieser Situation
einen gemeinsamen Antrag mit der Opposition auf den
Weg zu bringen. Damit hätte man die Bundesregierung
bei den Verhandlungen in Brüssel unterstützen können.
Offenkundig sind die Koalitionsfraktionen nicht in der
Lage, einheitliche Positionen bei den anstehenden Fra-
gen zu finden.
Wir fordern deshalb die Bundesregierung auf, bei den
Verhandlungen über Basel III folgende Punkte umzuset-
zen: die Eigenkapital- und Liquiditätsregeln nach Ge-
schäftsmodell und Größe der Institute differenzieren, die
Risikogwichte von Mittelstandskrediten an ihr tatsächli-
ches Risiko anpassen, die besonderen Bedingungen der
Finanzverbünde bei Sparkassen und Genossenschafts-
banken berücksichtigen, bei der Bankenaufsicht zu einer
Arbeitsteilung zwischen europäischer und nationaler
Bankenaufsicht kommen, die die Unterschiede zwischen
systemrelevanten internationalen Großbanken und den
Sparkassen und Genossenschaftsbanken berücksichtigt,
bei der risikounabhängigen Verschuldungsobergrenze
– der sogenannten Leverage-Ratio – differenzieren.
Wir begrüßen, dass diese Punkte bei den laufenden
Verhandlungen in Brüssel eine große Rolle spielen. Die
Bundesregierung hat unsere Initiative dankenswerter-
weise weitgehend aufgegriffen.
20970 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2012
(A) (C)
(D)(B)
Es wird zurzeit intensiv über einen Kompromiss auf
der Basis von Vorschlägen der dänischen Präsidentschaft
verhandelt. Bei diesen Verhandlungen dürfen bereits ge-
fundene Kompromisse, etwa bei der Definition des har-
ten Kernkapitals, nicht infrage gestellt werden.
Die neuen Regeln sollten Probleme minimieren, nicht
neue schaffen. Deshalb bleibt es wichtig, zum Beispiel
dafür zu sorgen, dass für unsere Kommunen auch in Zu-
kunft eine ausreichende Kreditversorgung sichergestellt
ist.
Wir erwarten, dass diese Verhandlungen bald abge-
schlossen werden, damit die neuen Regeln baldmög-
lichst in Kraft treten können.
Die neuen Regeln sind notwendig, aber nicht hinrei-
chend. Banken müssen wieder dahin gebracht werden,
ihre volkswirtschaftliche Funktion als Kreditgeber bes-
ser zu erfüllen, und sie sollten weniger Anreize haben,
übermäßige Risiken einzugehen. Die neuen Regeln kön-
nen ein Schritt in diese Richtung sein, sie müssen aber
kontinuierlich weiterentwickelt werden. Ein Update auf
Basel III bleibt notwendig. Darüber hinaus muss sicher-
gestellt werden, dass die vereinbarten Regeln auch inter-
national umgesetzt und eingehalten werden. Dies muss
überwacht und kontrolliert werden. Da die Risiken glo-
bal sind, müssen auch die Regeln global sein.
Wenn die Bundesregierung in diesem Sinne aktiv
wird, hat sie unsere volle Unterstützung.
Anlage 5
Amtliche Mitteilungen
Der Bundesrat hat in seiner 895. Sitzung am 30. März
2012 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzu-
stimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2
des Grundgesetzes nicht zu stellen:
– Gesetz zur Änderung des Gemeindefinanzreform-
gesetzes und von steuerlichen Vorschriften
Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschlie-
ßung gefasst:
Zu Artikel 3 Nummer 2 (§ 50d Absatz 11 EStG)
Durch das verabschiedete Gesetz soll die Inan-
spruchnahme abkommensrechtlicher Schachtelprivi-
legien, die inländischen Kapitalgesellschaften beim
Bezug von Dividenden ausländischer Kapitalgesell-
schaften zustehen, verhindert werden, soweit durch
eine hybride Rechtsform der inländischen Gesell-
schaft eine Inanspruchnahme durch natürliche Perso-
nen möglich ist. Dies betrifft insbesondere die Kom-
manditgesellschaft auf Aktien (KGaA) und atypisch
stille Gesellschaften.
Das Gesetz ist geeignet, dieses Ziel zu erreichen, und
angesichts bekannt gewordener Steuermindereinnah-
men und entsprechender Gestaltungsmodelle auch
erforderlich.
Die Einführung des § 50d Absatz 11 EStG ist lediglich
eine Zwischenlösung auf dem Weg zur grundlegenden
Klärung der Besteuerung hybrider Rechtsformen. Sie
bedeutet insbesondere keine Vorabfestlegung eines
intransparenten oder teiltransparenten Besteuerungs-
systems bezüglich der KGaA.
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die
Problemanalyse bei der Besteuerung hybrider Ge-
sellschaften zügig abzuschließen und notwendige ge-
setzgeberische Maßnahmen zu ergreifen.
– Gesetz über die geodätischen Referenzsysteme,
-netze und geotopographischen Referenzdaten
des Bundes (Bundesgeoreferenzdatengesetz –
BgeoRG)
– Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetz-
buchs zum besseren Schutz der Verbraucherin-
nen und Verbraucher vor Kostenfallen im elek-
tronischen Geschäftsverkehr und zur Änderung
des Wohnungseigentumsgesetzes
– Gesetz über die Vereinfachung des Austauschs
von Informationen und Erkenntnissen zwischen
den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaa-
ten der Europäischen Union
– Siebtes Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtli-
cher Vorschriften
– Gesetz zur Neuordnung des Energieverbrauchs-
kennzeichnungsrechts
– Gesetz zu dem Abkommen vom 13. Februar 2007
zwischen der Regierung der Bundesrepublik
Deutschland und der Regierung des Staates
Kuwait über die Zusammenarbeit im Sicherheits-
bereich
– Gesetz zu dem Abkommen vom 22. Februar 2009
zwischen der Regierung der Bundesrepublik
Deutschland und der Regierung des Staates Katar
über die Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich
– Gesetz zu dem Abkommen vom 10. März 2009
zwischen der Regierung der Bundesrepublik
Deutschland und der Republik Kroatien über die
Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Orga-
nisierten und der schweren Kriminalität
– Gesetz zu dem Abkommen vom 27. Mai 2009
zwischen der Regierung der Bundesrepublik
Deutschland und der Regierung des Königreichs
Saudi-Arabien über die Zusammenarbeit im
Sicherheitsbereich
– Gesetz zu dem Abkommen vom 14. April 2010
zwischen der Regierung der Bundesrepublik
Deutschland und der Regierung der Republik
Kosovo über die Zusammenarbeit im Sicherheits-
bereich
– Gesetz zu dem Abkommen vom 30. August 2010
zwischen der Regierung der Bundesrepublik
Deutschland und dem Ministerkabinett der
Ukraine über die Zusammenarbeit im Bereich
der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität,
des Terrorismus und anderer Straftaten von er-
heblicher Bedeutung
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2012 20971
(A) (C)
(D)(B)
Zudem hat der Bundesrat in seiner 895. Sitzung am
30. März 2012 nachfolgende Entschließung zum Refe-
rentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz für ein
Zweites Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts
(2. KostRMoG) gefasst:
Der Bundesrat begrüßt die Absicht der Bundesregie-
rung, noch in der laufenden Legislaturperiode die
bereits 2001 begonnene Modernisierung des Justiz-
kostenrechts weiter zu führen. Der Bundesrat nimmt
jedoch den Referentenentwurf des Bundesministe-
riums der Justiz für ein Zweites Gesetz zur Moderni-
sierung des Kostenrechts wegen der zu erwartenden
Auswirkungen auf die Länderhaushalte mit großer
Sorge zur Kenntnis.
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung dringend
auf, bei ihrem Gesetzesvorhaben mit Blick auf die
auch für die Länder geltende Schuldenbremse den
berechtigten Anliegen der Länder nach einer deutli-
chen Verbesserung des Kostendeckungsgrades in der
Justiz gerecht zu werden.
Seit dem Inkrafttreten des ersten Kostenrechtsmoder-
nisierungsgesetzes im Jahr 2004 hat sich der Kosten-
deckungsgrad der Justiz in den Ländern weiter
verschlechtert. Dieser Entwicklung muss Einhalt ge-
boten werden.
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung deshalb
auf, die finanziellen Auswirkungen des vorgesehe-
nen Gesetzes auf die Länderhaushalte nochmals ein-
gehend zu überprüfen, auf der Ausgabenseite die
Mehrbelastungen in vollem Umfang zu berücksichti-
gen und deutlich höhere Einnahmen für die Länder
zu ermöglichen. Nur dadurch können die Länder ge-
währleisten, dass die Justiz ihre Aufgabe, Rechts-
schutz auf hohem Niveau innerhalb angemessener
Zeit zu gewähren, auf Dauer erfüllen kann.
Der Bundesrat spricht sich nachdrücklich dafür aus,
im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Vorschläge
der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Kostendeckungs-
grad in der Justiz“, wie sie Eingang in den Beschluss
der Konferenz der Justizministerinnen und Justiz-
minister am18. und 19. Mai 2011 in Halle gefunden
haben, umfassend zu berücksichtigen. Dies gilt
besonders für die Kernforderungen nach einer Anhe-
bung der Wertgebühren nach § 34 des Gerichtskosten-
gesetzes entsprechend der Preis- und Einkommensent-
wicklung seit ihrer letzten linearen Anpassung im Jahr
1994 sowie für eine Anhebung der Gebührensätze in
der Berufungs- und Beschwerdeinstanz.
Der Bundesrat hält es außerdem für unabdingbar
notwendig, das Gesetzgebungsverfahren zur Kos-
tenbegrenzung im Prozesskostenhilfe- und Bera-
tungshilferecht im zeitlichen Gleichlauf mit dem
Gesetzgebungsverfahren für das Zweite Gesetz zur
Modernisierung des Kostenrechts durchzuführen.
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung und den
Deutschen Bundestag auf, entweder den bereits wie-
derholt eingebrachten Bundesratsinitiativen Fortgang
zu geben oder unverzüglich einen Gesetzentwurf auf
der Grundlage des Eckpunktepapiers des Bundes-
ministeriums der Justiz zur Kostenbegrenzung im Pro-
zesskostenhilfe- und Beratungshilferecht vorzulegen.
Der Bundesrat verweist in diesem Zusammenhang
auch auf den Beschluss der Regierungschefinnen und
Regierungschefs der Länder zur Entwicklung der
Auslagen in Rechtssachen, der auf dem Jahrestreffen
vom 26. bis 28. Oktober 2011 in Lübeck gefasst
wurde.
Der Bundesrat mahnt des Weiteren dringend eine Be-
grenzung und einen Ausgleich der Mehrbelastungen
beiden Ausgaben für Sachverständige, Dolmetscher
und Übersetzer an. Insbesondere in Betreuungs-
sachen, Strafsachen und in der Sozialgerichtsbarkeit
ist bei niedrigen Rückflussquoten mit einem steilen
Ausgabenanstieg zu rechnen.
Begründung:
Das Bundesministerium der Justiz hat im November
2011 den schon seit Längerem angekündigten Refe-
rentenentwurf für das Zweite Gesetz zur Modernisie-
rung des Kostenrechts vorgelegt. Der Bundesrat un-
terstützt die Bestrebungen der Bundesregierung nach
einer grundlegenden Überarbeitung der Kostenord-
nung und der Justizverwaltungskostenordnung
ebenso wie die mit dem Entwurf verfolgte Anpas-
sung der zuletzt im Jahr 2004 novellierten Gesetze
und der darin enthaltenen Gebühren. Viele der in
dem Referentenentwurf vorgeschlagenen strukturel-
len Änderungen gehen in die richtige Richtung.
Nach den Ergebnissen eines Treffens der Amtsche-
finnen und Amtschefs der Justizministerien der Län-
der im Januar 2012 besteht indes Einigkeit, dass der
Referentenentwurf vor dem Hintergrund der zu er-
wartenden Auswirkungen auf die Landesjustizhaus-
halte ohne wesentliche Korrekturen nicht akzeptiert
werden kann.
Die vom Bundesministerium der Justiz vorgeschla-
genen Anpassungen bei den Gerichtsgebühren, und
hier insbesondere die lineare Erhöhung der Wertge-
bühren nach dem Gerichtskostengesetz und dem Ge-
setz über Gerichtskosten in Familiensachen um
lediglich 3,8 Prozent, sind nicht geeignet, den Kos-
tendeckungsgrad in der Justiz nachhaltig zu verbes-
sern. Es steht vielmehr zu besorgen, dass die ge-
plante Novelle den Kostendeckungsgrad in der Justiz
weiter verschlechtern wird.
Die in dem Referentenentwurf vorgesehenen Anpas-
sungen der Rechtsanwaltsgebühren, der Vergütungen
für Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer
und der Entschädigungen für Zeugen, ehrenamtliche
Richterinnen und Richter und ehrenamtlich tätige
Vormünder und Betreuer führen zu erheblichen
Mehrbelastungen für die Länder bei den Auslagen in
Rechtssachen, die ohne einen gleichzeitigen spürba-
20972 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2012
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ren Ausgleich auf der Einnahmeseite nicht zu schul-
tern sein werden.
Die Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe
„Kostendeckungsgrad in der Justiz“, deren Ab-
schlussbericht Grundlage des Beschlusses der Kon-
ferenz der Justizministerinnen und Justizminister im
Mai 2011 war, haben zwar in einigen wenigen Punk-
ten Eingang in den Referentenentwurf gefunden. Die
Kernforderung der Länder nach einer Gebührenerhö-
hung um gut 20 Prozent bei den Wertgebühren nach
dem Gerichtskostengesetz und dem Gesetz über Ge-
richtskosten in Familiensachen wird allerdings nicht
aufgegriffen. Auch die vorgeschlagene Anhebung
der Gebühren für die zweite Instanz bleibt unberück-
sichtigt.
Der Referentenentwurf lässt darüber hinaus einen
finanziellen Ausgleich für bereits heute absehbare
kostenintensive Bundesgesetze vermissen. Der Zu-
schussbedarf der Länder kann nur dann spürbar und
nachhaltig zurückgeführt werden, wenn die weitere
Entwicklung bis zum vorgeschlagenen Inkrafttreten
des Gesetzes und für die Folgejahre hochgerechnet
wird.
Mit dieser Entschließung soll vor dem seitens des
Bundesministeriums der Justiz anberaumten Arbeits-
treffen im April 2012 und vor einer Beschlussfas-
sung der Bundesregierung über einen Gesetzentwurf
der Bundesregierung die Position der Länder ver-
deutlicht werden.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat mitgeteilt,
dass sie die folgenden Anträge zurückzieht:
– Haushalt zukunftsfest machen – Nachhaltig sanie-
ren – Ökologisch und sozial investieren auf Druck-
sache 17/2327
– Den Deutschen Bundestag bei der Reform der
Umsatzsteuer beteiligen auf Drucksache 17/2333
– Den Rüstungsexportbericht 2010 unverzüglich
vorlegen und künftig ausführlicher gestalten auf
Drucksache 17/7355
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3
Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung
zu den nachstehenden Vorlagen absieht:
Auswärtiger Ausschuss
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Fortschrittsbericht der Bundesregierung zur Lage in
Afghanistan 2010
– Drucksachen 17/4250, 17/4499 Nr. 1.7 –
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung zur Auswärtigen Kultur-
und Bildungspolitik 2010/2011
– Drucksachen 17/8326, 17/8641 Nr. 1.5 –
Finanzausschuss
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht über die Höhe des steuerfrei zu stellenden Exis-
tenzminimums von Erwachsenen und Kindern für das
Jahr 2012 (Achter Existenzminimumbericht)
– Drucksache 17/5550 –
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Rahmenprogramm Gesundheitsforschung der Bundes-
regierung
– Drucksache 17/4243 –
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Berufsbildungsbericht 2011
– Drucksache 17/5400 –
– Bericht gemäß § 56a GO-BT des Ausschusses für Bildung,
Forschung und Technikfolgenabschätzung
Technikfolgenabschätzung (TA)
Forschung zur Lösung des Welternährungsproblems –
Ansatzpunkte, Strategien, Umsetzung
– Drucksache 17/6026 –
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Forschungsagenda der Bundesregierung für den demo-
grafischen Wandel – Das Alter hat Zukunft
– Drucksache 17/8103 –
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden
Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei-
ner Beratung abgesehen hat.
Auswärtiger Ausschuss
Drucksache 17/6985 Nr. A.7
Ratsdokument 10170/11
Drucksache 17/8967 Nr. A.1
EuB-BReg 12/2012
Drucksache 17/9130 Nr. A.1
EuB-BReg 13/2012
Drucksache 17/9130 Nr. A.2
EP P7_TA-PROV(2012)0057
Drucksache 17/9130 Nr. A.3
Ratsdokument 6696/12
Innenausschuss
Drucksache 17/8227 Nr. A.11
Ratsdokument 17254/11
Drucksache 17/8426 Nr. A.2
Ratsdokument 17284/11
Drucksache 17/8515 Nr. A.17
Ratsdokument 18523/11
Drucksache 17/8515 Nr. A.19
Ratsdokument 18666/11
Haushaltsausschuss
Drucksache 17/8856 Nr. A.8
Ratsdokument 5826/12
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2012 20973
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(D)(B)
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Drucksache 17/8426 Nr. A.41
Ratsdokument 17072/11
Drucksache 17/8856 Nr. A.15
Ratsdokument 5922/12
Drucksache 17/8856 Nr. A.16
Ratsdokument 5935/12
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Drucksache 17/6985 Nr. A.68
Ratsdokument 11947/11
Drucksache 17/8515 Nr. A.44
EP P7_TA-PROV(2011)0585
Drucksache 17/8515 Nr. A.45
EP P7_TA-PROV(2011)0591
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Drucksache 17/6985 Nr. A.69
Ratsdokument 12959/11
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Drucksache 17/8515 Nr. A.49
Ratsdokument 18429/11
Drucksache 17/8515 Nr. A.50
Ratsdokument 18431/11
Drucksache 17/8515 Nr. A.51
Ratsdokument 18480/11
Drucksache 17/8856 Nr. A.20
Ratsdokument 5887/12
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union
Drucksache 17/2994 Nr. A.61
Ratsdokument 10912/10
Drucksache 17/4598 Nr. A.22
Ratsdokument 18055/10
Drucksache 17/6407 Nr. A.33
Ratsdokument 11772/11
176. Sitzung
Inhaltsverzeichnis
TOP 34Umsetzung der EU-Hochqualifizierten-Richtlinie
TOP 35Praxisgebühr, Zuzahlungen und Zusatzbeiträge
ZP 6Stabilisierungsmechanismusgesetz
TOP 37Stärkung der Gewerkschaften
TOP 36Jugendgerichtliche Handlungsmöglichkeiten
TOP 39Schutz vor Schienen- und Straßenlärm
TOP 38Jugendpolitik
Anlagen