Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. April 2012 20583
(A) (C)
(D)(B)
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
* für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver-
sammlung des Europarates
** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver-
sammlung der NATO
Anlage 2
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage
der Abgeordneten Inge Höger (DIE LINKE) (Druck-
sache 17/9351, Frage 6):
Welche Zusatzkosten fallen durch die deutsche Beteili-
gung an den EU-Battle-Groups im ersten und zweiten Halb-
jahr 2012 an (bitte für beide Halbjahre getrennt angeben)?
Der Haushaltsmittelbedarf für die Herstellung und Auf-
rechterhaltung der organisatorischen, personellen und ma-
teriellen Einsatzbereitschaft, einschließlich der Ausbil-
dung und Zertifizierung von Anteilen an EU-Battle-
Groups wird in Abhängigkeit der Zweckbestimmung in ei-
ner Vielzahl von Titeln im Verteidigungshaushalt veran-
schlagt und in der Regel nicht separat ausgewiesen.
Auf der Grundlage der Ausgabenprognose für die
Übungen im Rahmen des EU-Battle-Group-Konzepts
stehen im ersten Halbjahr 2012 Haushaltsmittel in Höhe
von bis zu 2,1 Millionen Euro und im zweiten Halbjahr
2012 in Höhe von bis zu 2,4 Millionen Euro zur Verfü-
gung. Für vorbereitende Übungen zur Teilnahme der
Bundeswehr an den EU-Battle-Groups wurden bislang
rund 80 000 Euro verausgabt.
Anlage 3
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage
des Abgeordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9351, Frage 7):
Welche Mehrbelastungen für die Bevölkerung erwartet die
Bundesregierung durch den Ausbau des Hauptquartiers der
US-Army in Wiesbaden inklusive des Flughafens in Erben-
heim, und welche Maßnahmen sollen gegen die Mehrbelas-
tungen bzw. zum Schutz der Bevölkerung ergriffen werden?
Vor dem Hintergrund der Verlegung des Hauptquar-
tiers der US-Army Europe in Heidelberg sowie des
1. Bataillons des 214. Heeresfliegerregiments aus den
Coleman Barracks in Mannheim auf das Wiesbaden
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Bär, Dorothee CDU/CSU 25.04.2012
Beck (Bremen),
Marieluise
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
25.04.2012*
Becker, Dirk SPD 25.04.2012
Beckmeyer, Uwe SPD 25.04.2012**
Bender, Birgitt BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
25.04.2012
Binding (Heidelberg),
Lothar
SPD 25.04.2012
Brandner, Klaus SPD 25.04.2012
Dr. Braun, Helge CDU/CSU 25.04.2012
Brinkmann (Hildes-
heim), Bernhard
SPD 25.04.2012
Groth, Annette DIE LINKE 25.04.2012*
Heil, Mechthild CDU/CSU 25.04.2012
Hunko, Andrej DIE LINKE 25.04.2012*
Jelpke, Ulla DIE LINKE 25.04.2012
Kolbe (Leipzig), Daniela SPD 25.04.2012
Kolbe, Manfred CDU/CSU 25.04.2012
Dr. Lauterbach, Karl SPD 25.04.2012
Lindner, Christian FDP 25.04.2012
Möller, Kornelia DIE LINKE 25.04.2012
Nahles, Andrea SPD 25.04.2012
Dr. Neumann (Lausitz),
Martin
FDP 25.04.2012
Nord, Thomas DIE LINKE 25.04.2012
Rupprecht (Tuchen-
bach), Marlene
SPD 25.04.2012*
Schlecht, Michael DIE LINKE 25.04.2012
Schmidt (Aachen), Ulla SPD 25.04.2012**
Schneider, Ulrich BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
25.04.2012
Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
25.04.2012
Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 25.04.2012
Werner, Katrin DIE LINKE 25.04.2012
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Anlagen
20584 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. April 2012
(A) (C)
(D)(B)
Army Airfield wurden die geltenden freiwilligen Nut-
zungsbeschränkungen mit Vereinbarung zwischen der
US-Army und der Bundesanstalt für Immobilienauf-
gaben als Grundstückseigentümer vom 12. März 2012
angepasst. Die Nutzungsbeschränkungen wurden auf
maximal 40 stationierte Luftfahrzeuge und jährlich ma-
ximal 20 000 Flugbewegungen festgelegt.
Die Flugbetriebszeiten unterliegen den „Allgemeinen
Bestimmungen des Bundesministeriums der Verteidigung
über den Hubschrauberflugbetrieb an militärischen Hub-
schrauberflugplätzen in der Bundesrepublik Deutsch-
land“.
Die US-Streitkräfte haben sich ferner bereit erklärt,
den Schwerpunkt des Flugplatzbetriebes sowie die über-
wiegende Anzahl der Flugbewegungen mit Hubschrau-
bern in die vereinbarten Zeiträume zu legen, sofern es
der militärische Betrieb zulässt.
Die Stadt Wiesbaden wurde schriftlich und dann in ei-
nem mündlichen Gespräch informiert.
Aufgrund des bestehenden gerichtlichen Vergleichs
aus dem Jahr 1994 zwischen dem Magistrat der Stadt
Wiesbaden und den US-Streitkräften, der eine Stationie-
rung von maximal 60 Luftfahrzeugen und maximal
30 000 Flugbewegungen jährlich vorsieht, stellt die nun-
mehr vorgenommene Nutzungsbeschränkung keine un-
zumutbare Belastung für die Flugplatzanrainer dar.
Anlage 4
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die
Frage der Abgeordneten Monika Lazar (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9351, Frage 10):
Wann ist mit einem Gesetzesvorschlag zu irgendeiner
Form der Frauenquote aus dem Bundesministerium für Fami-
lie, Senioren, Frauen und Jugend zu rechnen, und wenn kein
Gesetzesvorschlag geplant ist, warum nicht?
Der Anteil von Frauen in Führungspositionen sowohl in
der Wirtschaft als auch in der Verwaltung ist nicht zufrie-
denstellend. Die Bundesregierung wird sich deshalb – in
Umsetzung des Koalitionsvertrages – weiter dafür einset-
zen, den Anteil von Frauen in Spitzenpositionen nachhaltig
zu fördern. Die Bundesregierung prüft dazu Maßnahmen
auf freiwilliger und gesetzlicher Basis, insbesondere ge-
setzliche Maßnahmen zur Steigerung des Anteils von
Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten börsennotierter
Unternehmen und Unternehmen, die dem Gesetz über die
Mitbestimmung der Arbeitnehmer unterliegen.
Diese Prüfung ist innerhalb der Bundesregierung
noch nicht abgeschlossen.
Anlage 5
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die
Frage der Abgeordneten Monika Lazar (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9351, Frage 11):
Was versteht die Bundesministerin für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend, Dr. Kristina Schröder, unter „feministi-
sches Helikoptersystem“ (Zitat aus ihrem Buch Danke, eman-
zipiert sind wir selber!), und hat sie dafür irgendeinen Beleg?
Die Bundesregierung nimmt schon aus formalen
Gründen grundsätzlich keine Stellung zu privat geschrie-
benen Büchern von Regierungsmitgliedern.
Als besonderen Service kann ich Ihnen in diesem Fall
aber mitteilen, dass sich der von Ihnen beschriebene
Ausdruck „feministisches Helikoptersystem“ gar nicht
in dem Buch von Frau Dr. Schröder findet.
Anlage 6
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf
die Frage des Abgeordneten René Röspel (SPD)
(Drucksache 17/9351, Frage 23):
Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die
Tätigkeit einer Klinik in Bonn im Zusammenhang mit
Stammzelltherapien vor (vergleiche Spiegel Online vom
15. April 2012, „Deutsche Klinik bietet Stammzelltherapie
an“), und kann die Bundesregierung bestätigen, dass der ehe-
malige Chefarzt der Anästhesieabteilung und Experte für Dia-
gnostik und Behandlung mit Stammzellen des XCell-Centers
nunmehr an dieser Klinik tätig ist?
Das Paul-Ehrlich-Institut hat Informationen über die
Aktivitäten einer Klinik in Bonn zusammen mit einer
fachlichen Einschätzung an das zuständige Ministerium
in Nordrhein-Westfalen weitergegeben. Die zuständige
Behörde, die Bezirksregierung Köln, hat mit Datum
21. Dezember 2011 die Herstellung von Stammzellzube-
reitungen aus Knochenmark, soweit die Zellen oder Ge-
webe nicht dazu bestimmt sind, im Empfänger im We-
sentlichen die selbe Funktion auszuüben wie im Spender,
mit Sofortvollzug untersagt. Darüber hinaus hat die
Staatsanwaltschaft Bonn unter Mitwirkung von Sachver-
ständigen der Bezirksregierung Köln auf der Grundlage
eines Beschlusses des Amtsgerichts Bonn am 23. März
2012 eine Durchsuchung in der Bonner Klinik durchge-
führt. Die Behörden informieren sich gegenseitig über
alle Erkenntnisse oder Verdachtsmomente über Verstöße
in Zusammenhang mit nicht zugelassenen Stammzellthe-
rapien. Die zuständige Behörde trifft die zur Beseitigung
festgestellter und zur Verhütung künftiger Verstöße not-
wendigen Anordnungen. Weitere Einzelheiten können
wegen des noch laufenden Verfahrens derzeit nicht mit-
geteilt werden.
Anlage 7
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf
die Frage des Abgeordneten René Röspel (SPD)
(Drucksache 17/9351, Frage 24):
Vertritt die Bundesregierung trotz des erneuten Bekannt-
werdens eines fragwürdigen und potenziell gefährlichen
Angebots einer Stammzelltherapie in Deutschland weiterhin
die Auffassung, „dass das rechtliche Instrumentarium zum
Verbraucher- und Patientenschutz bei Therapien mit Stamm-
zellpräparaten ausreicht“ (vergleiche Antwort auf meine
schriftliche Frage 112 auf Bundestagsdrucksache 17/1645,
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. April 2012 20585
(A) (C)
(D)(B)
Seite 92), und welche rechtlichen Konsequenzen hat die Bun-
desregierung aus der Debatte über die Aktivitäten des XCell-
Centers in Düsseldorf im Jahr 2010 gezogen, damit zukünftig
nicht Geschäftemacher unter dem Deckmantel eines hohen
Patientenschutzniveaus in Deutschland medizinisch unsinnige
und potenziell sogar gefährliche „Therapien“ anbieten?
Die Bundesregierung vertritt weiterhin die Auffas-
sung, dass das rechtliche Instrumentarium zum Verbrau-
cher- und Patientenschutz bei Therapien mit Stamm-
zellen ausreicht, wie dies in dem Verfahren bezüglich
der Behandlung mit stammzellhaltigen Knochenmark-
zubereitungen durch die XCell-Center GmbH ersichtlich
wurde.
Anlage 8
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf
die Frage der Abgeordneten Kathrin Vogler (DIE
LINKE) (Drucksache 17/9351, Frage 25):
Wie viele externe Mitarbeiter aus Körperschaften des öf-
fentlichen Rechts sind im Bundesministerium für Gesundheit
beschäftigt?
Derzeit befinden sich vier Mitarbeiterinnen und Mit-
arbeiter von Körperschaften des öffentlichen Rechts zur
Unterstützung im Bundesministerium für Gesundheit.
Die kurzzeitige personelle Unterstützung ist aufgrund
der Vorschriften aus den Sozialgesetzbüchern zulässig.
Anlage 9
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Fragen des
Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/9351, Fragen 29 und 30):
Wie viele Bahnübergänge – aufgeschlüsselt nach Bundes-
ländern – können nach jetzigem Kenntnisstand mit dem Pro-
gramm zur Nachrüstung des dritten und vierten Seitenlichts
für die technisch gesicherten Bahnübergänge mit nur jeweils
rechts stehendem Blinklicht/Lichtzeichen voraussichtlich um-
gerüstet werden, und welcher Zeitplan ist dafür vorgesehen?
Wie viele Bahnübergänge wurden nach jetzigem Kennt-
nisstand bereits umgerüstet, und mit welchen Kosten ist für
das Nachrüstungsprogramm – aufgeschlüsselt nach Haus-
haltsjahren seit 2005 – zu rechnen?
Für die technisch gesicherten Bahnübergänge mit nur
jeweils rechts stehendem Blinklicht/Lichtzeichen wurde
ein Programm zur Nachrüstung des dritten und vierten
Seitenlichts aufgenommen. Bei umfassenden Umbauten
an Bahnübergängen werden grundsätzlich beiderseits
der Straße Lichtzeichen errichtet.
Eine Übersicht der Ausrüstung der Bahnübergänge
wird beim Eisenbahn-Bundesamt und auch der Deut-
schen Bahn AG sowie den Ländern nicht geführt, wes-
halb ein ganzheitlicher Überblick über den Umrüstungs-
stand und die dadurch entstehenden Umrüstungskosten
der Bundesregierung nicht vorliegt.
Anlage 10
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage des Ab-
geordneten Gustav Herzog (SPD) (Drucksache 17/9351,
Frage 31):
Kann die Bundesregierung bestätigen, dass das Bundes-
ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im Zuge
der Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bun-
des die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord von Kiel nach
Bonn verlegen möchte (vergleiche Kieler Nachrichten vom
17. April 2012, „Kieler Schifffahrtsbehörde droht Umzug
nach Bonn“), und trifft es zu, dass alle sieben Wasser- und
Schifffahrtsdirektionen zu einer Generaldirektion in Bonn zu-
sammengezogen werden sollen?
Nein.
Anlage 11
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage des
Abgeordneten Gustav Herzog (SPD) (Drucksache 17/9351,
Frage 32):
Wie erklärt die Bundesregierung, dass der Bundesminister
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer,
den ersten Spatenstich für die neue Schleusenkammer in
Brunsbüttel bereits am 17. April 2012 feierlich gesetzt hat,
obwohl mit einem Ende der Ausschreibungen erst im Sommer
2012 gerechnet wird und der Beginn der Bauarbeiten – eigent-
licher Anlass für den traditionellen Spatenstich – daher noch
in weiter Ferne liegt, und welche Rolle spielte bei der Termi-
nierung dieses Festaktes das Datum der Landtagswahl in
Schleswig-Holstein am 6. Mai 2012?
Die Durchfinanzierung der Gesamtmaßnahme „Neu-
bau der 5. Schleusenkammer in Brunsbüttel“ konnte erst
im November 2011 über das Infrastrukturbeschleuni-
gungsprogramm gesichert werden. Am Anfang solcher
großen Baumaßnahmen stehen die Ausschreibung und
Durchführung größerer bauvorbereitender Maßnahmen
sowie die Feinplanung und anschließende Bauvergabe
der Hauptmaßnahmen. Der erste Spatenstich am 17. April
2012 bündelt symbolisch als Startschuss für die neue
Schleusenkammer alle begonnenen Aktivitäten und un-
terstreicht die herausragende Bedeutung dieses Baupro-
jekts für die Bundesregierung und die gesamte Küstenre-
gion.
Anlage 12
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage der
Abgeordneten Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/9351, Frage 33):
Wann und inwiefern wird die von der Bundeskanzlerin
Dr. Angela Merkel (Quelle: Pressemitteilung der Senats-
verwaltung für Arbeit, Integration und Frauen des Landes
Berlin vom 22. März 2012) angekündigte Überprüfung der
Kürzungen durch die Bundeshaushalte 2010, 2011 und 2012
(inklusive der Streichung der nichtinvestiven Maßnahmen)
am Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“ erfolgen?
Die künftige Mittelausstattung des Städtebauförde-
rungsprogramms „Soziale Stadt“, sowie auch der ande-
ren Programme der Städtebauförderung, wird im Rah-
20586 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. April 2012
(A) (C)
(D)(B)
men der jährlichen Aufstellung des Regierungsentwurfs
des Bundeshaushalts erörtert. Der regierungsinterne Pro-
zess ist erst mit Beschlussfassung des Kabinetts im
Sommer abgeschlossen. Insofern können derzeit noch
keine Angaben zur künftigen Mittelausstattung des Pro-
gramms „Soziale Stadt“ gemacht werden.
Anlage 13
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die
Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9351, Frage 35):
In welcher Höhe wurden seit der Antwort der Bundes-
regierung auf meine schriftliche Frage 164 auf Bundestags-
drucksache 17/5422 weitere Ausgleichsleistungen aufgrund
§ 38 Abs. 2 des Atomgesetzes beispielsweise für radioaktiv
kontaminiertes Wildfleisch geleistet (bitte differenzierte
Angabe für 2011 sowie März 2011 bis jetzt), und in welcher
Gesamthöhe hat Deutschland seit der Atomkatastrophe von
Tschernobyl bis dato Zahlungen für damit in Verbindung ste-
hende Maßnahmen, beispielsweise die Sanierung des Tscher-
nobyl-Sarkophags, die Errichtung des neuen Tschernobyl-
Einschlusses, Sicherungsmaßnahmen, Dekontaminationsar-
beiten oder Ähnliches, geleistet?
Hinsichtlich der Ausgleichsleistungen aufgrund § 38
Abs. 2 Atomgesetz, AtG, infolge des Reaktorunfalls von
Tschernobyl für Wildfleisch hat der Bund seit der oben
genannten Anfrage bis zum 20. April 2012 für Wild, das
eine erhöhte Strahlenbelastung aufwies, Ausgleichsleis-
tungen in Höhe von circa 453 000 Euro gewährt. Auf das
Gesamtjahr 2011 entfielen circa 619 000 Euro, auf das
Jahr 2012 circa 63 000 Euro. Die Gesamtsumme der
Ausgleichszahlungen seit 1986 beläuft sich auf circa
238,895 Millionen Euro.
In Bezug auf Zahlungen für Maßnahmen wie die Sa-
nierung des Sarkophags etc. hat der Bund seit dem Zer-
fall der Sowjetunion für vorrangig sicherheitstechnische
Maßnahmen, die in engerer Verbindung mit dem Reak-
torunfall stehen, finanzielle Unterstützungsleistungen in
Höhe von insgesamt circa 101,687 Millionen Euro er-
bracht.
Anlage 14
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die
Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9351, Frage 36):
Weshalb ist das Bundesministerium für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit, BMU, im Gegensatz zum Bun-
desministerium für Wirtschaft und Technologie, BMWi, noch
nicht in der Lage, der von Staaten wie Großbritannien und
Frankreich angestrebten Gleichstellung von Atomkraft und
erneuerbaren Energien in der neuen „Energy Roadmap 2050“
der Europäischen Union bereits ablehnend gegenüberzustehen
(vergleiche Frankfurter Rundschau vom 14. April 2012: Das
Bundeswirtschaftsministerium teilte auf FR-Anfrage mit, man
stehe den Plänen ablehnend gegenüber. Aus dem Umwelt-
ministerium wurde verlautbart, die dortige Meinungsbildung
zur EU-Energiepolitik sei noch im Gange), und welche kon-
kreten Gründe sprechen aus Sicht des BMU für eine derartige
Gleichstellung von Atomkraft und erneuerbaren Energien im
Rahmen der EU-Energiepolitikziele bis 2050?
Das Bundesumweltministerium lehnt, wie die Bun-
desregierung insgesamt, eine Gleichstellung von Atom-
energie und erneuerbarer Energie klar ab. Das Bundes-
umweltministerium setzt sich für eine Fortführung der
bewährten 2020-Zieltrias aus einem Klimaziel, einem
Erneuerbarenziel und einem Effizienzziel auch für 2030
ein. Die Einführung eines Low-Carbon-Energiezieles
neben der Zieltrias ist insoweit nicht notwendig und des-
halb abzulehnen. Der Bericht der Frankfurter Rund-
schau ist insoweit missverständlich. Richtig ist jedoch,
dass es zur Frage der Fortführung eines Erneuerbaren-
ziels sowie zur Fortführung der Zieltrias über 2020 hi-
naus bislang noch keine abgestimmte Ressorthaltung
gibt.
Anlage 15
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die
Frage des Abgeordneten Dr. Hermann E. Ott (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9351, Frage 37):
Inwieweit hat sich die Position der Bundesregierung zur
Einbeziehung des Flugverkehrs in den europäischen Emis-
sionshandel angesichts der Äußerungen des Bundesministers
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer,
und des Bundesministers für Wirtschaft und Technologie,
Dr. Philipp Rösler, geändert, die gegenüber dem Nachrichten-
magazin Focus die Europäische Kommission zu Zugeständ-
nissen aufgefordert haben?
Die Position der Bundesregierung zur Einbeziehung
des Luftverkehrs in den EU-Emissionshandel ist unver-
ändert.
Die Richtlinie ist geltendes Recht und wird für alle in
der EU tätigen Unternehmen gleichermaßen umgesetzt.
Deutschland unterstützt die EU-Kommission umfassend
dabei, Gespräche mit kritischen Drittstaaten zu führen
mit dem Ziel, Spannungen zu entschärfen, Gegenmaß-
nahmen abzuwenden und zu einer substanziellen Lösung
in der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation, ICAO,
beizutragen, aber auch die Position der EU klar und ge-
schlossen zu verdeutlichen: Eine Anpassung des EU-
Emissionshandelssystems, EU ETS, wird in Aussicht ge-
stellt, soweit eine wirksame und verbindliche globale
Regelung für den Luftverkehr verabschiedet wird.
Anlage 16
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die
Frage des Abgeordneten Dr. Hermann E. Ott (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9351, Frage 38):
Trifft die Berichterstattung der Wochenzeitung Die Zeit zu
(19. April 2012, Seite 24), nach der das Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit die Veröffent-
lichung eines kritischen Hintergrundberichts des Umweltbun-
desamtes zur EU-Klimapolitik verhindert hat, und, wenn ja,
aus welchen Gründen ist dies erfolgt?
Der in der Zeit beschriebene Text war kein Bericht,
der für eine Veröffentlichung gedacht war, sondern eine
interne Zuarbeit. Ziel war es, den Bundesumweltminister
mit guten Argumenten für die Brüsseler Verhandlungen
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. April 2012 20587
(A) (C)
(D)(B)
zu versorgen. Da die Zuarbeit des Umweltbundesamtes
der Vorbereitung sensibler Sitzungen auf europäischer
Ebene dient, ist es selbstverständlich, dass solche Pa-
piere intern bleiben.
Anlage 17
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die
Frage der Abgeordneten Veronika Bellmann (CDU/
CSU) (Drucksache 17/9351, Frage 39):
Wie steht die Bundesregierung zur grenzüberschreitenden
Umweltverträglichkeitsprüfung, UVP, in Sachen Windpark
Moldava im tschechisch-deutschen Grenzraum, insbesondere
vor dem Hintergrund der Konflikte der Windparkinvestition
bzw. dem Vorrang erneuerbarer Energien mit dem Schutzinte-
resse und der Schutzgebietssystematik der europäischen
Schutzgebiete Natura 2000, und welche Fristen für offiziell
autorisierte Übersetzungen sehen das Gesetz über die Um-
weltverträglichkeitsprüfung, UVPG, oder andere bundesge-
setzlichen Regelungen für Übersetzungen von ausländischen
Gutachten (hier: amtlich tschechisches Gutachten) vor, die in
diesem Fall Grundlage für Stellungnahmen der sächsischen
Landkreise Mittelsachsen, Erzgebirge, Vogtland sind?
Die Einrichtung von Windparks in Schutzgebieten
Natura 2000 ist nicht generell ausgeschlossen. Die kon-
krete Beurteilung hängt vom Einzelfall ab. In diesem Fall
haben aus Deutschland die betroffenen Landratsämter
und einzelne Gemeinden kritisch Stellung genommen
und Einwendungen erhoben. Nach Übergabe der Stel-
lungnahmen von deutscher Seite wurde von der tschechi-
schen Seite ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt,
mit dem Ergebnis, dass das Vorhaben Umweltauswirkun-
gen haben kann. Die Umweltauswirkungen werden auf
der Grundlage der Stellungnahmen nun in einer Ergän-
zung der Dokumentation berücksichtigt: Präzisierung der
Anzahl und der Standorte der geplanten Windkraftanla-
gen; Lösungsvarianten werden erarbeitet, die die As-
pekte von Natur- und Landschaftsschutz berücksichti-
gen; Bewertung der Auswirkungen auf Natura 2000,
einschließlich der Auswirkungen des Vorhabens auf die
Birkhuhnpopulation; ausführliche biologische Untersu-
chung, wobei die Untersuchung auch die vorkommenden
Flora und Fauna zu allen Jahreszeiten erfassen muss; Be-
wertung der Auswirkungen auf das Landschaftsbild.
Die Bundesregierung geht daher davon aus, dass es in
diesem konkreten Fall zu einer Lösung kommt, die die
betroffenen Interessen gleichermaßen angemessen be-
rücksichtigt.
Nach dem einschlägigen Völker- und EU-Recht sind
im Rahmen einer grenzüberschreitenden Umweltver-
träglichkeitsprüfung, UVP, den Bürgerinnen und Bür-
gern im Ursprungsstaat und im betroffenen Nachbarstaat
gleichwertige Beteiligungsmöglichkeiten einzuräumen.
Dazu gehört unter anderem, dass die Bevölkerung des
betroffenen Staates zumindest diejenigen Teile der UVP-
Unterlagen in übersetzter Form erhält, die sie benötigt,
um zu den sie betreffenden grenzüberschreitenden Um-
weltauswirkungen eines Projektes Stellung nehmen zu
können. Ohne solche zumindest teilweise übersetzten
Unterlagen kann keine gleichwertige Öffentlichkeitsbe-
teiligung erfolgen und gesetzte Fristen damit nicht erfüllt
werden. Die Kosten für die Übersetzung solcher Unter-
lagen soll nach dem Verursacherprinzip der Ursprungs-
staat tragen; die eventuelle Refinanzierung durch den
privaten Vorhabenträger unterfällt dem internen Bereich
eines Staates.
Wir haben gebeten, auch weiterhin regelmäßig über
das weitere Verfahren informiert zu werden.
Anlage 18
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die
Frage des Abgeordneten Garrelt Duin (SPD) (Druck-
sache 17/9351, Frage 40):
Wie bewertet die Bundesregierung Vorschläge, für den
Ausbau der Offshorewindenergie eine mittel- bis langfristige
„Roadmap“ aufzustellen, in der die technischen, planerischen
und regulatorischen Rahmenbedingungen und Schritte im
Einzelnen dargestellt werden, und welche Konsequenzen
zieht sie daraus?
Die Bundesregierung beabsichtigt, mögliche Hemm-
nisse beim Ausbau der Offshorewindenergie zügig zu
beseitigen, um das Ziel von 25 Gigawatt installierter
Offshoreleistung bis 2030 zu erreichen. In diesem Zu-
sammenhang prüft die Bundesregierung auch Möglich-
keiten zur besseren Koordinierung der erforderlichen
Planungs- und Genehmigungsprozesse sowie der Errich-
tung von Offshorewindparks mit den jeweiligen Netzan-
bindungen. Grundsätzlich unterstützt die Bundesregie-
rung eine längerfristig angelegte, ganzheitliche Planung
des Ausbaus der Offshorewindenergie.
Anlage 19
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die
Frage des Abgeordneten Frank Schwabe (SPD)
(Drucksache 17/9351, Frage 41):
Wie erklärt die Bundesregierung die Aussage der Parla-
mentarischen Staatssekretärin beim Bundesminister für Um-
welt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Katherina Reiche, in
der Fragestunde vom 28. März 2012 (vergleiche Plenarproto-
koll 17/171), dass geplant sei, dass der Bundesminister für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Dr. Norbert
Röttgen, am informellen Umweltministerrat vom 17. bis
19. April 2012 teilnehmen werde, vor dem Hintergrund der
Nichtteilnahme des Bundesministers an besagtem Umwelt-
ministerrat?
Entgegen Ihrer Fragestellung hat meine Kollegin in der
Fragestunde auf eine vorläufige Planung hingewiesen.
Bundesumweltminister Dr. Röttgen war es aufgrund ande-
rer Termine nicht möglich, am informellen Umweltminis-
terrat am 18. und 19. April in Dänemark teilzunehmen. Er
wurde – wie dies bei informellen Umweltministertreffen
durchaus üblich ist – durch Frau Parlamentarische
Staatssekretärin Katherina Reiche sowie den zuständi-
gen Abteilungsleiter vertreten.
20588 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. April 2012
(A) (C)
(D)(B)
Anlage 20
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage
des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Druck-
sache 17/9351, Frage 42):
Wie hoch sind im Hinblick auf die Geschäftsaufgabe bzw.
die Insolvenz mehrerer Unternehmen der Solarwirtschaft die
vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reak-
torsicherheit und vom Bundesministerium für Bildung und
Forschung jeweils seit 2010 gewährten Fördermittel für For-
schung im Bereich Photovoltaik an Unternehmen, Universitä-
ten sowie Wissenschaftsorganisationen, die seit 2010 gewähr-
ten Fördermittel für die „Innovationsallianz Photovoltaik“,
die für 2012 noch zur Bewilligung anstehenden Fördermittel
für diese Allianz, die von der Solarbranche im Rahmen der
Zusage für die Allianz bisher erbrachten Investitionsmittel zur
Umsetzung der Ergebnisse in Deutschland, die seit 2008 für
den „Spitzencluster Solarvalley Mitteldeutschland“ bislang
gewährten Bundesmittel sowie die an zwischenzeitlich insol-
vente Unternehmen der Branche seit 2010 gewährten Förder-
mittel, und wie beurteilt die Bundesregierung im Hinblick auf
Pressemeldungen („Das Ende der deutschen Solarzelle“, Spie-
gel Online vom 2. April 2012) und Erklärungen der Wissen-
schaft („… ohne starke produzierende Photovoltaikunterneh-
men … wird es auch für die hiesige Solarforschung sehr
schwer“, Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE,
24. Februar 2012) die Zukunftsaussichten für die Herstellung
von Solarzellen in Deutschland unter Angabe der wesentli-
chen Ergebnisse der bisherigen Forschungsförderung, der Ak-
tivitäten der Bundesregierung zur Unterstützung der Umstruk-
turierung der Branche sowie zur Sicherung und Verwertung
der Forschungsergebnisse in der Bundesrepublik Deutsch-
land?
Ihre Frage bezieht sich auf die Förderung der For-
schung von Photovoltaik, insbesondere der „Innova-
tionsallianz Photovoltaik“ und des „Spitzenclusters So-
larvalley Mitteldeutschland“, im Lichte der Insolvenz
deutscher Unternehmen der Solarbranche.
Hinsichtlich der Daten verweise ich Sie auf die beige-
fügte Übersicht. Hierin sind die von Ihnen angefragten
Daten zusammengestellt.
Die Aufwendungen der Industrie für Forschung und
Innovation betrugen zu Beginn der „Innovationsallianz
Photovoltaik“ weniger als 2 Prozent vom Umsatz. Die
Branche strebt zukünftig eine FuE-Quote von 5 Prozent
an. Inwieweit diese Quote erreicht wird, kann erst zu ei-
nem späteren Zeitpunkt seriös beurteilt werden. Die von
der Industrie im Rahmen der Innovationsallianz zur Um-
setzung der Ergebnisse in Deutschland zu erbringenden
Investitionsmittel können zum jetzigen Zeitpunkt noch
nicht beziffert werden, da die entsprechenden Vorhaben
Ende 2011 gestartet wurden bzw. sich in Bewilligung be-
finden.
Erste Ergebnisse zeigen, dass Unternehmen die Ferti-
gung ganzer Module in Deutschland und Europa als eine
aussichtsreiche Option für sich ansehen. Durch die For-
schungsförderung macht die Bundesregierung der deut-
schen Photovoltaikindustrie konkrete Angebote. Die Un-
ternehmen stehen nun in der Verantwortung, ihre FuE-
Quote zu erfüllen, neue Photovoltaiktechnologien zu ent-
wickeln und neue Exportmärkte zu erschließen. Sie ste-
hen überdies in der Verantwortung, erworbenes Know-
how in Deutschland zu verwerten.
Anlage 21
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage
des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/9351, Frage 43):
Warum hat sich die Bundesregierung als beherrschender
Anteilseigner des Forschungszentrums Jülich GmbH, FZJ,
nicht für einen früheren Termin für eine Aufsichtsratssitzung
bezüglich der Wiederaufnahme des zuvor am 16. Juli 2010
ruhend gestellten Verlängerungsantrags für die Genehmigung
des Zwischenlagers in Jülich eingesetzt, angesichts der Tat-
sache, dass spätestens seit dem 15. März 2012 bekannt ist,
dass der Transport der 152 Castorbehälter nach Ahaus nicht
bis 30. Juni 2013 – Genehmigungsende für das Zwischenlager
Jülich – abgewickelt werden kann und deshalb zur Lösung der
ungeklärten Frage der Zwischenlagerung höchste Eile gebo-
ten ist, und welche Position wird die Bundesregierung in der
kommenden Sitzung bezüglich des weiteren Verbleibs der
152 Castoren vertreten?
Bei der vom Vorstand des FZJ vorgeschlagenen Be-
fassung des Aufsichtsrates geht es nur um einen Antrag
auf eine temporäre Verlängerung der Genehmigung für
das Zwischenlager in Jülich oder auf eine Duldung durch
die atomrechtliche Aufsichtsbehörde des Landes Nord-
rhein-Westfalen, um so den nach Auslaufen der Geneh-
migung am 30. Juni 2013 drohenden rechtswidrigen Zu-
stand zu vermeiden. Eine Entscheidung für den Neubau
des Zwischenlagers oder einen Transport nach Ahaus
wäre damit nicht verbunden.
Der Bund hat hierzu die von Nordrhein-Westfalen an-
geregte Bildung einer Arbeitsgruppe aufgegriffen, da zu
wesentlichen Punkten – insbesondere den an die Atom-
aufsichtsbehörde des Landes gerichteten Fragen – von
Nordrhein-Westfalen keine schriftliche Stellungnahme
zu erhalten war. Daher ist zu hoffen, dass eine Klärung
im Rahmen einer solchen Arbeitsgruppe herbeigeführt
werden kann.
Der im Aufsichtsrat des FZJ zu beschließende Antrag
auf Verlängerung der Genehmigung für eine kurzfristige
weitere Aufbewahrung der Brennelemente im FZJ
sichert ein rechtmäßiges Handeln des FZJ ab und greift
damit möglichen Ergebnissen der vom Land vorgeschla-
genen Arbeitsgruppe nicht vor. Eine Befassung des Auf-
sichtsrates im schriftlichen Verfahren oder in seiner
nächsten regulären Sitzung ist daher ausreichend.
Anlage 22
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp auf die Frage der
Abgeordneten Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU) (Druck-
sache 17/9351, Frage 44):
Inwiefern begleitet und unterstützt die Bundesregierung
bzw. das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenar-
beit und Entwicklung die zunehmende Digitalisierung in Ent-
wicklungsländern – insbesondere in den Bereichen Landwirt-
schaft, Medizin und Katastrophen- sowie Krisenprävention –,
und gibt es bereits Initiativen von der Bundesregierung für
Projekte und Kooperationen, die die Digitalisierung dort
nachhaltig gestalten und auf lokale Anforderungen abstim-
men?
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. April 2012 20589
(A) (C)
(D)(B)
Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit zielt da-
rauf ab, den Partnerländern die Nutzung der Potenziale
von Informations- und Kommunikationstechnologien,
IKT, für eine nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen.
Dazu gehören auch neue, innovative IKT-Anwendun-
gen, die lokal relevante Lösungen bieten. Beispiele sind
die Förderung der Einführung von Telemedizinsystemen
in Vietnam, den palästinensischen Gebieten und Tansania.
Ebenso unterstützt das BMZ, gemeinsam mit BMELV,
Maßnahmen zur Transparenz auf Agrarmärkten, so den
Ausbau von satellitengestützten Wetter- und Erntedaten,
sowie lokale Marktinformationssysteme, zu denen auch
Kleinstbauern per Mobiltelefon Zugang haben. Auch
spielen IKT bei der Frühwarnung und der Vorbereitung
auf den Katastrophenfall, Preparedness, in der Krisen-
prävention eine bedeutende Rolle.
Anlage 23
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Frage des
Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/9351, Frage 45):
Wird der § 151 Abs. 2 Nr. 2 des Bundesberggesetzes,
BBergG, welcher unter anderem eine Befreiung von Inhabern
sogenannter alter Rechte von der Förderabgabe gemäß § 31
BBergG vorsieht, von der Bundesregierung derart ausgelegt,
dass diese Befreiung dauerhaft gilt (bitte Zutreffendes begrün-
den)?
Ja. In der Amtlichen Begründung zu § 151 BBergG
wird zum Hauptfall alter Rechte, dem in § 149 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 BBergG genannten Bergwerkseigentum, im
Zusammenhang mit Art. 14 GG ausgeführt, dass dieses
Bergwerkseigentum alten Rechts als unbefristetes Recht
aufrechterhalten bleiben und aus diesem Grund die
Anwendbarkeit der Förderabgabenvorschrift des § 31
BBergG ausgeschlossen werden muss (Bundestags-
drucksache 8/1315, Seite 159, 163).
Anlage 24
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Frage des
Abgeordneten Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) (Drucksache 17/9351, Frage 46):
Welche Fracht befindet sich an Bord des Schiffes „Atlan-
tic Cruiser“ der deutschen Reederei Bockstiegel, das Berich-
ten zufolge schweres Militärgerät und Munition aus dem Iran
nach Syrien bringen sollte und deswegen in der Türkei festge-
setzt wurde, und welche Maßnahmen ergreift die Bundes-
regierung, um das EU-Waffenembargo gegen Syrien auch bei
deutschen Reedern durchzusetzen?
Dem Schiff „Atlantic Cruiser“ ist von türkischen
Behörden die Erlaubnis erteilt worden, den türkischen
Hafen Iskenderun anzulaufen, um kurzfristig eine Über-
prüfung der Ware dort durchführen zu lassen. Die Über-
prüfung der Fracht der „Atlantic Cruiser“ durch die zu-
ständigen türkischen Behörden hat ergeben, dass keine
Waffen und Munition für Syrien an Bord waren.
Hiervon unabhängig möchte ich darauf hinweisen:
Das EU-Waffenembargo gegen Syrien (Beschluss 2011/
782/GASP des Rates vom 1. Dezember über restriktive
Maßnahmen gegen Syrien und zur Aufhebung des
Beschlusses 2011/273/GASP) richtet sich an die Mit-
gliedstaaten der EU. Danach sind Verkauf, Lieferung,
Weitergabe oder Ausfuhr von Rüstungsgütern an bzw.
nach Syrien durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten
oder vom Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aus oder
unter Benutzung von ihre Flagge führenden Schiffen
untersagt.
Die Bundesregierung hat das EU-Waffenembargo ge-
gen Syrien in § 69 r der Außenwirtschaftsverordnung in
deutsches Recht umgesetzt. Nach dieser Vorschrift ist
die Ausfuhr von Rüstungsgütern nach Syrien unter Be-
nutzung eines unter deutscher Flagge fahrenden Schiffs
untersagt. Verstöße gegen das Waffenembargo sind nach
dem Außenwirtschaftsgesetz strafbewehrt.
Wenn die Beförderung allerdings auf einem auf Ho-
her See unter fremder Flagge fahrenden Schiff erfolgt,
ist die Durchsetzung des Waffenembargos nach dem
Völkerrecht für die Bundesregierung dagegen nicht
zulässig. Erst mit Zustimmung des Flaggenstaates sind
solche Aktionen zulässig.
Gleichwohl nutzt die Bundesregierung in Fällen mit
möglichem oder erkennbarem deutschen Bezug alle ihr
im Einzelfall zur Verfügung stehenden – auch informel-
len – Möglichkeiten, um zur Aufklärung etwaiger
Embargoverstöße angemessen beizutragen.
Anlage 25
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Frage des
Abgeordneten Frank Schwabe (SPD) (Drucksache
17/9351, Frage 47):
Hält es die Bundesregierung nach den Aussagen von
Exxon-Mobil-Europa-Chef Gernot Kalkoffen, dass sein Un-
ternehmen auf giftige Stoffe beim Fracking verzichten wolle,
noch für vertretbar, dass Fracking unter Einsatz von Chemika-
lien in Deutschland weiterhin gesetzlich möglich sein soll,
und wann plant die Bundesregierung, einen Gesetzentwurf
zum Thema Fracking vorzulegen?
Aus Sicht der Bundesregierung müssen im Rahmen
von Zulassungsentscheidungen bei Erdgasförderung aus
unkonventionellen Lagerstätten die Umweltauswirkun-
gen grundsätzlich berücksichtigt werden. Das Bundes-
ministerium für Wirtschaft und Technologie hat deshalb
Ende 2010 die Bundesanstalt für Geowissenschaften und
Rohstoffe mit einem Forschungsprojekt zur Erfassung
und Bewertung des Potenzials von nichtkonventionellen
Kohlenwasserstoffen in Deutschland, Erdöl und Erdgas
aus Tonsteinen – Potenziale für Deutschland, beauftragt.
Erste Ergebnisse werden in Kürze vorgelegt werden. Das
Umweltbundesamt hat im Auftrag des BMU eine Studie
über Umweltauswirkungen bei Fracking ausgeschrieben.
Ergebnisse werden im Juli 2012 vorliegen. Vor diesem
Hintergrund wird der gesetzliche Änderungsbedarf ge-
prüft.
20590 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. April 2012
(A) (C)
(D)(B)
Anlage 26
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Frage der
Abgeordneten Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) (Drucksache 17/9351, Frage 48):
Wie beurteilt die Bundesregierung die vorläufige Position
des Europäischen Rates zu Art. 4 der Energieeffizienzrichtli-
nie in der Version vom 4. April 2012, nach welcher lediglich
Gebäude, welche in Besitz und in Nutzung der Zentralregie-
rungen sind und die energetischen Mindestanforderungen
nicht bereits erfüllen, bei der Berechnung der zu sanierenden
Fläche berücksichtigt werden, und wie viele der rund
4 500 Liegenschaften im Besitz des Bundes mit einer Gesamt-
fläche von etwa 50 Millionen Quadratmeter müssten nach
dieser Formulierung nach Auffassung der Bundesregierung
saniert werden?
Die Bundesregierung unterstützt grundsätzlich eine
energetische Sanierungsrate von 2 Prozent für Nicht-
wohngebäude, die im Eigentum der Öffentlichen Hand
stehen und von ihr genutzt werden. Ausnahmen sollen
auch für denkmalgeschützte und militärisch genutzte
Gebäude gelten.
Die Beschränkung auf Gebäude der zentralstaatlichen
Verwaltungsebene birgt aus unserer Sicht die Gefahr,
dass das Ziel des Art. 4 – die Vorbildfunktion der öffent-
lichen Hand bei der energetischen Sanierung zu stärken –
nur eingeschränkt erreicht werden kann. Allerdings se-
hen wir aufgrund der fortgeschrittenen Verhandlungen
die Notwendigkeit für eine gemeinsame Ratsposition, so-
dass sich die Bundesregierung vorstellen kann, einem
Gesamtkompromiss auf Basis der neuen Vorschläge der
Präsidentschaft zuzustimmen.
Hinsichtlich der Frage, wie viele Liegenschaften des
Bundes danach zu sanieren wären, wird auf die Antwor-
ten zu den kleinen Anfragen 17/6618 vom August 2011
und 17/9102 vom April dieses Jahres verwiesen.
Anlage 27
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Frage der
Abgeordneten Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) (Drucksache 17/9351, Frage 49):
Wie bewertet die Bundesregierung eine kurzfristige Ei-
genkapitalbeteiligung der KfW Bankengruppe am Offshore-
netzausbau des Netzbetreibers TenneT TSO GmbH, und, falls
die Bundesregierung dies nicht für eine geeignete Lösung
hält, wie will sie die drohenden Verzögerungen beim Ausbau
der Offshorewindkraft durch die Finanzierungsprobleme der
TenneT TSO GmbH anderweitig verhindern?
Die Bundesregierung prüft derzeit verschiedene Op-
tionen zur Beschleunigung der Herstellung von Netzan-
bindungen von Offshorewindparks. Dies umfasst in ers-
ter Linie regulatorische Fragen, gegebenenfalls auch
Fragen der Finanzierung. Aus Sicht der Bundesregie-
rung ist es grundsätzlich Aufgabe der Anteilseigentümer
eines Übertragungsnetzbetreibers, diesem die notwen-
dige Finanzausstattung für die wirtschaftliche Tätigkeit
und die Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung zur
Verfügung zu stellen oder gegebenenfalls Änderungen in
der Eigentümerstruktur herbeizuführen.
Anlage 28
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Frage des
Abgeordneten Garrelt Duin (SPD) (Drucksache 17/9351,
Frage 50):
Sind aktuelle Presseberichte (vergleiche unter anderem
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 18. April 2012) zutref-
fend, nach denen die Bundesregierung eine Beteiligung der
KfW Bankengruppe an einer Netzgesellschaft erwägt, und,
wenn ja, wie gestaltet sich das weitere Verfahren konkret?
Die Bundesregierung prüft derzeit verschiedene
Optionen zur Beschleunigung der Herstellung von Netz-
anbindungen von Offshorewindparks. Dies umfasst in
erster Linie regulatorische Fragen, gegebenenfalls auch
Fragen der Finanzierung. Aus Sicht der Bundesregie-
rung ist es grundsätzlich Aufgabe der Anteilseigentümer
eines Übertragungsnetzbetreibers, diesem die notwen-
dige Finanzausstattung für die wirtschaftliche Tätigkeit
und die Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung zur
Verfügung zu stellen oder gegebenenfalls Änderungen in
der Eigentümerstruktur herbeizuführen.
Anlage 29
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des
Abgeordneten Klaus Brandner (SPD) (Drucksache
17/9351, Frage 51):
Welche Auswirkungen wird der innerhalb der Bundesre-
gierung abgestimmte Plan zur Reduzierung der Bundeswehr
in Afghanistan auf den Etat des Auswärtigen Amts (Einzel-
plan 05) im Rahmen des Haushaltsaufstellungsverfahrens
2013 sowie der mittelfristigen Finanzplanung bis 2016 haben?
Der Abzug der internationalen Kampftruppen im
Zuge der Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die
afghanische Regierung bis Ende 2014 hat zunächst keine
direkten Auswirkungen auf den Haushalt des Auswärti-
gen Amts.
Das Ende der Transition bedeutet nicht das Ende des
internationalen Engagements in Afghanistan. Im Ein-
klang mit den auf der Internationalen Afghanistan-Kon-
ferenz in Bonn formulierten Zielen verlagert sich der
Schwerpunkt des internationalen Engagements von ei-
nem militärischen Einsatz hin zu ziviler Zusammenar-
beit und Unterstützung im Zuge der angekündigten
Transformationsdekade. Vor diesem Hintergrund sagte
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel in Bonn zu, auch
nach Ende der Transition „die Entwicklungsarbeit zu
verstetigen“. Diese Verstetigung soll dem gemeinsamen
Ziel der Menschen in Afghanistan und der internationa-
len Gemeinschaft dienen, den zivilen Wiederaufbau ei-
nes stabilen und pluralistischen afghanischen Staates
verwirklichen zu können.
Folglich strebt die Bundesregierung an, den zivilen
Wiederaufbau Afghanistans auch über 2013 hinaus in
insgesamt unvermindertem Umfang fortzusetzen. Die
konkrete Ausgestaltung dieses Engagements wird im
Zuge der Ressortkoordinierung abgestimmt.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. April 2012 20591
(A) (C)
(D)(B)
Anlage 30
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des
Abgeordneten Klaus Brandner (SPD) (Drucksache
17/9351, Frage 52):
Plant die Bundesregierung, zum NATO-Gipfel am 20./21. Mai
2012 konkrete Zusagen hinsichtlich der künftigen finanziellen
Beteiligung Deutschlands am Afghanistan-Einsatz zu ma-
chen, und, wenn ja, wann wird die Bundesregierung den
Deutschen Bundestag über diese Planungen unterrichten?
Die Bundesregierung hat sich bei der Afghanistan-
Konferenz in Bonn dazu verpflichtet, ab 2015 einen sub-
stanziellen Beitrag zur Finanzierung der afghanischen
Sicherheitskräfte zu leisten. Die Bundesregierung beab-
sichtigt, sich bis zum NATO-Gipfel in Chicago auf einen
konkreten finanziellen Betrag zu verpflichten.
Die Unterrichtung des Deutschen Bundestages soll
zum frühestmöglichen Zeitpunkt erfolgen. Der genaue
Zeitpunkt ist abhängig von Verlauf und Abschluss des
derzeit stattfindenden regierungsinternen Abstimmungs-
prozesses.
Anlage 31
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des
Abgeordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/9351, Frage 53):
Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus dem ak-
tuellen Bericht des Büros der Vereinten Nationen für Drogen-
und Kriminalitätsbekämpfung, UNODC, „Afghanistan
Opium Survey 2012“, nach welchem 2012 von einem Anstieg
der Opiumproduktion in Afghanistan ausgegangen und dies
vor allem mit der schlechten Sicherheitslage, massiver Kor-
ruption und ökonomischen Ängsten begründet wird, und mit
welchen Schritten will die Bundesregierung gemeinsam mit
ihren Verbündeten dem Problem begegnen?
Der vom Büro der Vereinten Nationen für Drogen-
und Verbrechensbekämpfung, UNODC, herausgegebene
Bericht „Afghanistan Opium Survey 2012 – Opium Risk
Assessment for all Regions“ vom April 2012 enthält
Trends für den Opiumanbau im Jahr 2012. Eine Pro-
gnose zum Gesamtumfang der Opiumernte findet sich
hierin nicht – da diese von verschiedenen und teilweise
unvorhersehbaren Faktoren abhängig sei. Es geht hier
um eine Risikoabschätzung auf Basis der derzeit vorlie-
genden Informationen.
Insgesamt zeigen die prognostizierten Trends, dass
neben erfreulichen Entwicklungen wohl auch Rück-
schläge in einigen Provinzen zu erwarten sind. Erfreu-
lich ist, dass für die Provinz Kandahar – und damit eine
Hauptanbauprovinz für Opium – mit einem Rückgang
des Anbaus gerechnet wird.
71 Prozent der für den UNODC-Bericht Befragten
gaben als Hauptgrund für den Drogenanbau den hohen
Opiumpreis an. Im Jahr 2010 zerstörte Schädlingsbefall
einen Großteil der Schlafmohnernte. Ein derart verrin-
gertes Angebot führte zu erhöhten Preisen und in der
Folge zu erhöhtem Anbau. Diese Entwicklung war be-
reits seit 2010 absehbar.
Die Drogenbekämpfung in Afghanistan ist komplex,
und nur die Zusammenführung unterschiedlicher An-
sätze kann langfristig zum Erfolg führen. Die Erfahrun-
gen aus anderen „Drogenstaaten“ legen nahe, dass eine
Lösung vermutlich nur langfristig herbei geführt werden
kann. Der Drogenanbau wird weiterhin eine große He-
rausforderung bleiben, vor allem für Afghanistan selbst.
Die internationale Gemeinschaft und auch die Bundesre-
gierung unterstützen die afghanische Regierung bereits
bei der Bewältigung dieser Herausforderung, beispiels-
weise durch Maßnahmen zur nachhaltigen Wirtschafts-
entwicklung, die Arbeitsplätze und damit Einkommens-
quellen jenseits des Drogenanbaus schaffen.
Darüber hinaus unterstützt die Bundesregierung die
Arbeit von UNODC in Afghanistan allein in diesem Jahr
mit rund 750 000 Euro, die hauptsächlich für Maßnah-
men zur Drogenprävention und Nachfragereduzierung
sowie zur Kapazitätenstärkung der Strafverfolgungsbe-
hörden im Bereich der Kontrolle von Vorläuferproduk-
ten eingesetzt werden sollen. Ferner beabsichtigt die
Bundesregierung, die deutsche Unterstützung für For-
schungs- und Analysearbeiten zur Erstellung des jährli-
chen UNODC-Opiumberichts fortzusetzen.
Anlage 32
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des
Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9351, Frage 54):
Inwieweit trifft es zu, dass der US-Präsident Barack
Obama Ende März 2012 die Bundeskanzlerin, Dr. Angela
Merkel, gebeten hat, den Abzug der US-Truppen aus dem
Verantwortungsbereich der Bundeswehr im Norden Afghanis-
tans entgegen der bisherigen Planung durch weitere Bundes-
wehreinheiten zu flankieren, und wird die Bundesregierung,
insbesondere die Bundeskanzlerin, dieser Bitte entsprechen
oder aber, wie durch Spanien, Holland, Kanada und jetzt Aus-
tralien sowie Frankreich im Falle eines Wahlsieges des fran-
zösischen Präsidentschaftskandidaten François Hollande an-
gekündigt, die Bundeswehrsoldaten vollständig oder zum Teil
früher als bisher geplant bis Ende 2014 aus Afghanistan ab-
ziehen?
Der Bundesregierung ist von einer entsprechenden
Bitte des US-Präsidenten Barack Obama nichts bekannt.
Die Bundeswehr hat im Rahmen der Übergabe der
Sicherheitsverantwortung an die afghanische Regierung
damit begonnen, ihre Truppenstärke in Afghanistan zu
verringern und einzelne Standorte zu schließen. Ent-
scheidend ist, dass diese Reduzierung mit der afghani-
schen Regierung und im Rahmen der Internationalen Si-
cherheitsunterstützungstruppe für Afghanistan, ISAF,
abgestimmt ist und geordnet verläuft.
Die Bundesregierung hält an dem gemeinsamen Ziel
der afghanischen Regierung und der internationalen Ge-
meinschaft fest, die „Transition“ bis Ende 2014 abge-
schlossen zu haben. Nach 2014 sollen keine internatio-
nalen Kampftruppen mehr in Afghanistan im Einsatz
sein. ISAF soll ihren Auftrag dann erledigt haben. An
diesen Zielsetzungen hält die Bundesregierung fest.
20592 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. April 2012
(A) (C)
(D)(B)
Im Übrigen hat der australische Außenminister Carr
beim Treffen der Außen- und Verteidigungsminister der
NATO am 18./19. April 2012 erklärt, dass australische
Truppen nicht nur bis Ende 2014, sondern auch danach
die Ausbildung der Sicherheitskräfte in Afghanistan un-
terstützen werden.
Anlage 33
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des
Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9351, Frage 55):
Inwieweit trifft es zu, dass im Seeeinsatzgebiet der Marine
im Rahmen der Operation Atalanta vor der Küste Somalias
und im Indischen Ozean kein Schiff von Piraten gekapert und
die Besatzung als Geisel genommen wurde, das entweder
durch private Sicherheitsdienste geschützt wurde oder das
sich an die internationalen Richtlinien „Best Management
Practices“, BMP, für Reedereien für die Fahrt durch das Ge-
fahrengebiet gehalten hat, das heißt sich einem Konvoi ange-
schlossen, an Reling und Außenbord Verstärkungen wie Sta-
cheldraht angebracht hat und mit hoher Geschwindigkeit
gefahren ist (vergleiche Ehrhart/Petretto, The EU and Soma-
lia: Counter-Piracy and the Question of a Comprehensive Ap-
proach, Seiten 38 ff.), und wie soll nach dem von der Bundes-
regierung diese Woche beschlossenen Mandat zur Fortsetzung
der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der
EU-geführten Operation Atalanta die 2000-Meter-Begren-
zung des Einsatzgebietes an Land jeweils ausgemessen sowie
sichergestellt und kontrolliert werden, dass die EU-Einsatz-
kräfte zwischen Piraten und Zivilisten, Waffen und sonstigem
Gerät auch unter Bedeckung unterscheiden, keine Zivilisten
und deren Habe wie etwa Fischereiausrüstung gefährden und
die Begrenzung des Einsatzgebietes einhalten?
Zu dem ersten Teil Ihrer Frage: Nach Kenntnis der
Bundesregierung ist noch kein Schiff mit privaten Si-
cherheitskräften an Bord entführt worden. Das Einhalten
der sogenannten Best Management Practices durch Han-
delsschiffe, die pirateriegefährdete Gewässer befahren,
gilt allgemein als wesentlicher Faktor, um die Gefahr er-
folgreicher Piraterieangriffe zu vermindern.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Die militärischen Füh-
rungsebenen der EU-geführten Operation Atalanta iden-
tifizieren geeignete Objekte der Piraterielogistik am
Strand (pirate logistic dumps) basierend auf entspre-
chenden Aufklärungsergebnissen. Das Einhalten der im
Mandat festgelegten maximalen Tiefe von 2 000 Metern
am Strand wird durch den Einsatz technischer und takti-
scher Hilfsmittel wie zum Beispiel Radar und GPS-Sen-
der/Empfänger sichergestellt.
Ich möchte noch einmal betonen, dass nicht gegen
Personen vorgegangen wird, auch nicht gegen Piraten.
Ziel ist einzig und allein die Piraterielogistik, also das
für Piraterie am Strand von Somalia bereitgelegte Mate-
rial. Ein mögliches Vorgehen gegen Piraterielogistik am
Strand erfolgt erst nach intensiver Prüfung eines im Ope-
rationskonzept sowie im Operationsplan Atalanta festge-
legten Kriterienkataloges – den sogenannten Go-/No-go-
Kriterien – durch die EU-Operationsführung. Die von
Ihnen angesprochenen Punkte werden im Rahmen dieser
Prüfung, die darüber hinaus noch weitere Prüfkriterien
enthält, vollständig abgedeckt.
Anlage 34
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Fragen des
Abgeordneten Dr. Rolf Mützenich (SPD) (Drucksache
17/9351, Fragen 56 und 57):
Warum verzichtet die NATO darauf, analog zur Ausdeh-
nung der Atalanta-Mission ihre Anti-Piraterie-Operation auf
Land auszuweiten?
Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass die bis-
her erfolgreiche Zusammenarbeit und Koordinierung mit an-
deren in den Gewässern vor Somalia operierenden Nationen
auch nach Ausweitung der militärischen Operationszone pro-
blemlos fortgesetzt werden kann?
Zu Frage 56:
Die NATO konzentriert die Pirateriebekämpfung im
Rahmen der Operation „Ocean Shield“ angesichts knap-
per Ressourcen derzeit auf ein rein seeseitiges Vorgehen.
Auch die NATO wird in diesem Rahmen robuster gegen
Piraten vorgehen, allerdings lediglich auf See. Entspre-
chende Diskussionen hat es aber auch in der NATO ge-
geben. Diese sind noch nicht endgültig abgeschlossen.
Die NATO ist der EU beispielsweise bei Fragen wie der
Ausplanung und der Einrichtung einer Antipiraterieope-
ration oder der Bemühung um Transferabkommen mit
einem gewissen zeitlichen Abstand gefolgt.
Tendenziell ist im Bereich der Pirateriebekämpfung
eine Vorreiterrolle der Europäischen Union zu beobach-
ten. Eingebettet ist dieses Vorgehen in einen umfassen-
den Ansatz, welcher neben dem notwendigen militäri-
schen Vorgehen unter anderem auf die Finanzierung von
Maßnahmen in den Bereichen Ernährungssicherheit,
Bildung und Gesundheit abstellt, aber auch die Finanz-
ströme der Piraterie in das Visier nimmt.
Zu Frage 57:
Im Seegebiet vor Somalia sind neben der EU-Opera-
tion Atalanta auch die NATO mit der „Operation Ocean
Shield“ sowie die US-geführten „Combined Maritime
Forces“ aktiv. Gleiches gilt für eine Vielzahl von Einzel-
staaten wie China, Russland, Japan, Indien und andere.
Die Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen al-
len diesen Verbänden funktioniert auch über traditionelle
Bündnisgrenzen hinweg erfreulich gut, dies auch dank
regelmäßiger Treffen militärischer Vertreter in Bahrain
im Rahmen des so genannten „Shared Awareness and
Deconfliction-Mechanism“, SHADE. Die Bundesregie-
rung betrachtet SHADE als erfolgreichen, pragmati-
schen Koordinierungsmechanismus. Diese Auffassung
wird von den weiteren an SHADE beteiligten Akteuren
geteilt. Im Seegebiet selber haben alle Verbände Zugang
zu dem IT-System „Mercury“, mit dem taktische Infor-
mationen ausgetauscht werden.
All diese Verbände verfügen über unterschiedliche
Prioritäten, Einsatzgebiete und „Rules of Engagement“,
was der Kooperation und der Koordinierung aber keinen
Abbruch tut.
Die Bundesregierung sieht deswegen keine Anhalts-
punkte dafür, dass die bislang hervorragende Zusam-
menarbeit und Koordinierung durch die Ausweitung des
Einsatzgebietes von Atalanta in Mitleidenschaft gezogen
werden könnte.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. April 2012 20593
(A) (C)
(D)(B)
Anlage 35
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des
Abgeordneten Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) (Drucksache 17/9351, Frage 58):
Inwiefern kommt die Bundesregierung dem Aufruf von
UN-Generalsekretär Ban Ki-moon an die Europäische Union
nach, die UN-Beobachtermission in Syrien zu unterstützen?
Die einstimmige Verabschiedung der Resolutionen
2042 und 2043 des Sicherheitsrats der Vereinten Natio-
nen am 14. und 21. April 2012 zur Indossierung des
Sechs-Punkte-Plans von Kofi Annan und zur Entsen-
dung einer Beobachtermission waren wichtige Schritte.
Die ersten Mitglieder des Vorausteams haben vor Ort un-
ter schwierigen Bedingungen ihre Arbeit aufgenommen.
Die Bundesregierung hat den Vereinten Nationen in
diesem Zusammenhang technisch-logistische Unterstüt-
zung angeboten. Zu personeller Unterstützung liegen
bislang jedoch keine Anfragen vor. Die Bundesregierung
stimmt sich hierzu eng mit ihren EU-Partnern ab. Auch
diese haben bereits teilweise Unterstützung in Aussicht
gestellt.
Anlage 36
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der
Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9351, Frage 59):
Wer sind Träger und Geldgeber des vom kasachischen
Präsidenten Nursultan Nasarbajew in seiner Rede in der Deut-
schen Gesellschaft für Auswärtige Politik e. V. im Februar
2012 angekündigten Eurasischen Clubs, und welche bisheri-
gen bzw. anstehenden Tätigkeiten dieses Eurasischen Clubs
sind der Bundesregierung bekannt?
Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Aus-
wärtige Politik, DGAP, ist das Berthold-Beitz-Zentrum
der DGAP Träger des Berliner Eurasischen Clubs. Die
Anschubfinanzierung erfolgt durch die kasachische
„Stiftung des ersten Präsidenten der Republik Kasach-
stan“. Mittel- und langfristig wird angestrebt, auch Geld-
geber aus anderen Staaten der eurasischen Region einzu-
binden.
Der Bundesregierung sind keine bisherigen Tätigkei-
ten des Berliner Eurasischen Clubs bekannt. Die erste
Sitzung des Klubs fand am 24. April 2012 in der
Botschaft der Republik Kasachstan in Berlin statt. Laut
Einladungsschreiben sind drei Treffen pro Jahr vorgese-
hen – in Berlin, Brüssel und Astana.
Anlage 37
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die
Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9351, Frage 60):
Welche der Informationsangebote des Bundeswahlleiters
werden noch im Jahr 2012 in einfacher Sprache zur Verfü-
gung stehen?
Der Bundeswahlleiter beabsichtigt, sein Internetange-
bot barrierefrei zu gestalten, um den Anforderungen
möglichst vieler Besucher gerecht zu werden. Er folgt
dabei den Vorgaben der Barrierefreie Informationstech-
nik-Verordnung, BITV 2.0, in welcher der Gesetzgeber
die Vorgaben der Barrierefreiheit für öffentliche
Einrichtungen, Behörden und Ämter festgelegt hat. Bar-
rierefrei bedeutet, dass ein Internetangebot für Men-
schen mit unterschiedlichen Behinderungen lesbar und
bedienbar ist. Dies gilt sowohl unter technischen Aspek-
ten (Browser, Betriebssystem) als auch bezogen auf die
inhaltlichen Gesichtspunkte (Verständlichkeit, Benutzer-
freundlichkeit). Das Angebot des Bundeswahlleiters be-
rücksichtigt bisher die Einhaltung aktueller Webstan-
dards, die strikte Trennung von Inhalt und Design, den
Verzicht auf grafische Navigationselemente und grafi-
sche Überschriften, den Einsatz von relativen Schriftgrö-
ßen im ganzen Internetangebot, sodass alle Schriften
skalierbar sind, die Auszeichnung von Überschriften,
Kopfzeilen und Vorspalten in Tabellen und die Verwen-
dung barrierefreier PDF-Dokumente. Für Fragen oder
Anmerkungen zur barrierefreien Nutzung des Internet-
angebots steht ein Ansprechpartner zur Verfügung. Der
Bundeswahlleiter plant darüber hinaus, bei der anstehen-
den Überarbeitung seines Internetangebots Seiten mit
wichtigem Informationsgehalt noch im Jahr 2012 in
leichter Sprache zur Verfügung zu stellen.
Anlage 38
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die
Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9351, Frage 61):
Wie viele Menschen mit Behinderung konnten bei der
Bundestagswahl 2009 auf Grundlage des § 13 Nrn. 2 und 3
des Bundeswahlgesetzes nicht an der Wahl teilnehmen, und
was unternimmt die Bundesregierung mit Blick auf Art. 29
der UN-Behindertenrechtskonvention sowie die diesbezügli-
chen Stellungnahmen der UN-Vollversammlung vom
20. März 2012 (A/HRC/19/L.9/Rev.1) und des Deutschen In-
stituts für Menschenrechte e. V. („Gleiches Wahlrecht für
alle? – Menschen mit Behinderungen und das Wahlrecht in
Deutschland“ vom Oktober 2011), damit bei der kommenden
Bundestagswahl alle Menschen mit Behinderung ihr Wahl-
recht ausüben können?
Die Bundesregierung hat bereits in früheren Antwor-
ten auf entsprechende Fragen mitgeteilt, dass zu der Zahl
der unter die Wahlrechtsausschlussgründe nach § 13
Nrn. 2 und 3 des Bundeswahlgesetzes, BWahlG, fallen-
den Personen keine statistischen Daten vorhanden sind
(siehe Bundestagsdrucksache 16/6535, Seite 8; Plenar-
protokoll 17/77, Seite 8496).
Durch die restriktive Fassung der gesetzlichen Rege-
lung ist der Kreis der Betroffenen möglichst klein gehal-
ten. § 13 Nr. 2 BWahlG sieht nur vor, dass solche Perso-
nen vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, für die vom
Betreuungsgericht ein Betreuer zur Besorgung aller ihrer
Angelegenheiten bestellt werden musste, weil sie auf-
grund einer psychischen Krankheit oder einer körperli-
chen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Ange-
legenheiten nicht besorgen können. § 13 Nr. 3 BWahlG
20594 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. April 2012
(A) (C)
(D)(B)
ordnet einen Wahlrechtsausschluss nur für solche Perso-
nen an, die sich aufgrund einer richterlichen Anordnung
in einem psychiatrischen Krankenhaus befinden, weil sie
im Zustand der Schuldunfähigkeit eine rechtswidrige Tat
begangen haben und von ihnen infolge ihres Zustandes
erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und sie
deshalb für die Allgemeinheit gefährlich sind. Die Bun-
desregierung hat sich im Nationalen Aktionsplan zur
Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Ver-
einten Nationen dazu entschlossen, in einer Studie die
tatsächliche Situation behinderter Menschen bei der
Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts zu
untersuchen und Handlungsempfehlungen für die ver-
besserte Partizipation von Menschen mit Behinderungen
zu entwickeln. Bei der im Hinblick auf die kommende
Bundestagswahl anstehenden Überarbeitung der Bun-
deswahlordnung wird das Bundesministerium des Innern
die Belange von Menschen mit Behinderungen berück-
sichtigen.
Anlage 39
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die
Frage der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9351, Frage 62):
Inwieweit trifft nach Kenntnis der Bundesregierung die
vom Landesamt für Verfassungsschutz Brandenburg festge-
stellte Entwicklung im Neonazi-Bereich, derzufolge sich
Rechtsextremisten verstärkt als sogenannte Freie Kräfte orga-
nisieren und an Einfluss in der Szene gewinnen, wohingegen
die NPD an Einfluss verliere, auch auf andere Bundesländer
zu, und welche konkreten Zahlen kann sie hierzu angeben?
Innerhalb der neonazistischen Szene ist bundesweit
seit einigen Jahren ein Trend zur Abkehr von festen
organisatorischen Strukturen feststellbar. Parallel dazu
nimmt die Größe der Zusammenschlüsse im neonazisti-
schen Spektrum erkennbar ab. Die Mehrzahl der Grup-
pierungen haben zumeist kaum mehr als 15 Mitglieder.
Diese zahlenmäßig geringe Gruppengröße sowie der zu-
nehmende Einsatz moderner Kommunikationsmedien
erfordern nur mehr schwach ausgeprägte, zum Teil nur
mehr informelle Organisationsstrukturen. Diese bieten
zugleich den „Vorteil“ reduzierter Ansatzpunkte für
Maßnahmen der Sicherheitsbehörden und erschweren
damit die Bekämpfung des Rechtsextremismus.
Anlage 40
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die
Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9351, Frage 63):
Wie viele Twitter-Accounts wurden im Rahmen der Buch-
vorstellung von der Bundesministerin für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend, Dr. Kristina Schröder, überprüft, und zu
welchen Mitteln haben die Sicherheitsbehörden dafür gegrif-
fen (vergleiche das Zitat von Dr. Kristina Schröder auf
www.tagesschau. de/multimedia/audio/audio87130.html etwa
ab Minute 0:50)?
Weder im Rahmen noch in Vorbereitung der Buch-
vorstellung von Frau Bundesministerin Dr. Kristina
Schröder wurden durch Sicherheitsbehörden des Bundes
Twitter-Accounts überprüft. Während der Veranstaltung
wurde durch Einsatzkräfte des Bundeskriminalamts der
Personenschutz von Frau Bundesministerin Dr. Kristina
Schröder im üblichen Umfang gewährleistet. Die Veran-
staltung wurde zusätzlich durch Einsatzkräfte der Berli-
ner Polizei gesichert.
Anlage 41
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die
Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9351, Frage 64):
Wie viele externe Mitarbeiter werden in den Bundesminis-
terien beschäftigt (Hauptarbeitgeber bzw. Organisation und
jeweiliges Bundesministerium einzeln aufzählen), die nicht
im „Bericht über den Einsatz externer Personen in der Bun-
desverwaltung“ erwähnt werden, und warum?
Die Fragestellung steht im zeitlichen Zusammenhang
mit dem Achten Bericht über den Einsatz externer Perso-
nen in der Bundesverwaltung. Dieser Bericht wurde vom
BMI erstellt und zum 31. März 2012 dem Innen- und
Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages über-
mittelt. Der Bericht erfasst den Zeitraum vom 1. Juli bis
31. Dezember 2011. Es wird daher davon ausgegangen,
dass sich die Frage auch auf diesen Zeitraum bezieht.
Der Bericht beruht auf der Allgemeinen Verwaltungs-
vorschrift zum Einsatz von außerhalb des öffentlichen
Dienstes Beschäftigten, externen Personen, in der Bun-
desverwaltung, nachfolgend VV-externe Personen, vom
17. Juli 2008. Die VV-externe Personen definiert in Zif-
fer 1.2 externe Personen als Personen, die außerhalb des
öffentlichen Dienstes stehen und unter Aufrechterhal-
tung ihres bisherigen Arbeitsverhältnisses vorüberge-
hend in der Bundesverwaltung tätig sind. Öffentlicher
Dienst im Sinne dieser Vorschrift ist die Tätigkeit im
Dienste des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde oder
anderer Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des
öffentlichen Rechts oder ihrer Verbände. Der Tätigkeit
im öffentlichen Dienst steht eine Tätigkeit in einer juris-
tischen Person, Gesellschaft oder anderen Personenver-
einigung gleich, die sich ausschließlich in öffentlicher
Hand befinden.
Ausgehend von dieser Definition wurden im Be-
richtszeitraum keine externen Personen in Bundesminis-
terien beschäftigt, die nicht im Achten Bericht über den
Einsatz externer Personen in der Bundesverwaltung er-
wähnt werden.
Anlage 42
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Christoph Bergner auf die
Frage der Abgeordneten Kathrin Vogler (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9351, Frage 65):
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. April 2012 20595
(A) (C)
(D)(B)
Kann die Bundesregierung Presseberichte (zum Beispie
taz vom 19. April 2012) bestätigen, wonach für den Einsatz
sogenannter externer Mitarbeiter (also in der Regel Lobbyis-
ten, die in Bundesministerien beschäftigt sind und zum Teil
auch an der Erarbeitung von Gesetzentwürfen beteiligt sind,
aber nicht vom Bundesministerium bezahlt werden, sondern
weiterhin auf der Gehaltsliste ihres Unternehmens oder Ver-
bandes stehen) gesonderte Regeln gelten und diese deshalb
nicht in dem Bericht des Bundesministeriums des Innern auf-
gelistet werden, wenn diese Mitarbeiter von Körperschaften
des öffentlichen Rechts entsandt werden, und gelten diese
Sonderregeln neben Krankenkassen beispielsweise auch für
die Kassenärztliche Bundesvereinigung?
Externe Personen sind keine Lobbyisten (auch nicht in
der Regel), sondern gemäß Ziffer 1.2 der Allgemeinen
Verwaltungsvorschrift zum Einsatz von außerhalb des öf-
fentlichen Dienstes Beschäftigten in der Bundesverwal-
tung (nachfolgend VV-externe Personen) vom 17. Juli
2008 Personen, die außerhalb des öffentlichen Dienstes
stehen und unter Aufrechterhaltung ihres bisherigen Ar-
beitsverhältnisses vorübergehend in der Bundesverwal-
tung tätig sind. Zum öffentlichen Dienst im Sinne dieser
Vorschrift zählt die Tätigkeit im Dienste des Bundes, ei-
nes Landes, einer Gemeinde oder anderer Körperschaf-
ten, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts
oder ihrer Verbände. Der Tätigkeit im öffentlichen
Dienst steht eine Tätigkeit in einer juristischen Person,
Gesellschaft oder anderen Personenvereinigung gleich,
die sich ausschließlich in öffentlicher Hand befinden.
Die AOK, der GKV-Spitzenverband aber auch die
Kassenärztliche Bundesvereinigung sind öffentlich-
rechtliche Köperschafte (§ 29 Abs. 1 SGB IV, § 217 a
Abs. 2 SGB V bzw. § 77 Abs. 5 SGB V.). Für diese Mit-
arbeiter gelten keine Sonderregelungen, stattdessen fal-
len sie per definitionem nicht unter den Anwendungsbe-
reich der VV-externe Personen. Deren Mitarbeiter sind
nicht in die Berichte über externe Personen aufzuneh-
men.
Für Personen, die nicht unter den Anwendungsbe-
reich der VV-externer Personen fallen, gelten auch nicht
deren Tätigkeitsbeschränkungen nach Ziffer 2.5, etwa
dem Verbot der Mitwirkung an Gesetzentwürfen oder
die Betrauung mit leitenden Funktionen. Die Mitarbeit
von Personen dieser öffentlich-rechtlichen Körperschaf-
ten an Gesetz- und Verordnungsentwürfen ist vom Ge-
setz zudem ausdrücklich gewünscht (§ 30 Abs. 3 Satz 1
SGB IV, bzw. § 77 Abs. 4 Satz 2 SGB V).
Anlage 43
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Fragen
der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9351, Fragen 66 und 67):
Welche Maßnahmen hat das Bundesministerium der Justiz
eingeleitet, um den bereits im November 2010 erlassenen
Europäischen Haftbefehl gegen den in Ingolstadt wohnhaften
und in den Niederlanden rechtskräftig verurteilten NS-Kriegs-
verbrecher Klaas Carel Faber durchzusetzen, und welche Me-
chanismen existieren, um die zuständigen bayerischen Lan-
desstellen gegebenenfalls zum Vollzug zu drängen?
Warum sind seit Ausstellung des Europäischen Haftbe-
fehls bereits mehr als 15 Monate ergebnislos verstrichen, und
wann ist mit einer Vollstreckung des Europäischen Haftbe-
fehls zu rechnen?
Zu Frage 66:
Der Auslieferungsverkehr auf der Grundlage eines
Europäischen Haftbefehls findet auf dem direkten Ge-
schäftsweg zwischen den Justizbehörden der betroffenen
Mitgliedstaaten Niederlande und Deutschland statt. Die
Bundesregierung hat grundsätzlich keine Möglichkeit
der Einflussnahme auf die Durchsetzung bzw. den Voll-
zug eines Europäischen Haftbefehls.
Die niederländischen Behörden haben mit dem Euro-
päischen Haftbefehl um Auslieferung des Klaas Carel
Faber zur Strafvollstreckung ersucht. Dem war eine An-
regung des Bundesministeriums der Justiz an das nieder-
ländische Justizministerium vorausgegangen, die Aus-
stellung eines Europäischen Haftbefehls zu prüfen.
Die Auslieferung von Herrn Faber auf der Grundlage
des niederländischen Europäischen Haftbefehls wurde
jedoch vom Oberlandesgericht München mit Beschluss
vom 16. Mai 2011 mit der Begründung abgelehnt, Herr
Faber sei deutscher Staatsangehöriger und mit seiner
Auslieferung zur Strafvollstreckung nicht einverstanden.
Deutsche Staatsangehörige können nach § 80 Abs. 3
IRG grundsätzlich nur mit ihrer Zustimmung zur Straf-
vollstreckung ausgeliefert werden.
Es besteht keine Einflussnahmemöglichkeit der Bun-
desregierung auf die bayerische Landesjustiz, die für den
Vollzug des niederländischen Europäischen Haftbefehls
zuständig ist. Die Landesjustizverwaltung ist gegenüber
der Bundesregierung nicht weisungsgebunden. Im Übri-
gen ist die Frage der Zulässigkeit der Auslieferung eine
solche, die ein unabhängiges deutsches Gericht zu prü-
fen hat. Eine Einflussnahme der Bundesregierung auf
ein Gericht verbietet sich.
Zu Frage 67:
Auf der Grundlage des Europäischen Haftbefehls er-
ging im gerichtlichen Verfahren am 16. Mai 2011 eine
Entscheidung des Oberlandesgerichts München, dass die
Auslieferung zur Strafvollstreckung unzulässig ist. Eine
Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls ist daher
nicht mehr möglich. Das Auslieferungsverfahren ist im
Hinblick auf den Europäischen Haftbefehl abgeschlos-
sen.
Die Niederlande haben im Anschluss an die abge-
lehnte Auslieferung um Übernahme der Strafvollstre-
ckung ersucht. Zuständig für die Entscheidung über die
Übernahme der Strafvollstreckung ist das Landgericht
Ingolstadt. Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt hat am
2. Januar 2012 bei der Strafvollstreckungskammer des
Landgerichts Ingolstadt beantragt, die Vollstreckung aus
dem niederländischen Urteil für zulässig zu erklären und
entsprechend dem niederländischen Urteil eine lebens-
lange Freiheitsstrafe festzusetzen. Eine Entscheidung
des Landgerichts Ingolstadt steht noch aus.
20596 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. April 2012
(A) (C)
(D)(B)
Anlage 44
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Fragen
des Abgeordneten Ulrich Kelber (SPD) (Drucksache
17/9351, Fragen 68 und 69):
Welche konkreten gesetzlichen Regelungen plant die Bun-
desregierung, um Internetnutzerinnen und -nutzer mit eigenen
gesicherten WLAN-Netzen vor überhöhten Abmahnungen bei
vermeintlichen Urheberrechtsverletzungen – Filesharing-Ab-
mahnungen – zu schützen, und wann wird der entsprechende
Gesetzentwurf vorgelegt?
Welche konkreten gesetzlichen Regelungen plant die Bun-
desregierung, um die Anbieter von offenen WLAN-Netzen in
Gaststätten und Hotels vor massenhaften Abmahnungen we-
gen angeblicher Urheberrechtsverletzungen durch Kunden zu
schützen, und welche Sicherheitsvorkehrungen vor unerlaub-
ten Downloads durch die Kunden müssen diese Anbieter aus
Sicht der Bundesregierung treffen?
Zu Frage 68:
Die Frage berührt zwei Themenfelder. Zum einen die
der Verantwortlichkeit und Risikoverteilung, wenn es zu
Missbrauch gesicherter WLAN-Netze durch Dritte
kommt. Zum anderen geht es um Abmahnungen wegen
Urheberrechtsverletzungen. Das erste Thema kann nach
Auffassung der Bundesregierung weiterhin der Recht-
sprechung überlassen bleiben, die sich bereits damit be-
fasst hat. Was die Abmahnungen betrifft, ist zunächst
festzuhalten, dass es sich hierbei um ein außergerichtli-
ches Instrument der Rechtsdurchsetzung handelt, das
sich grundsätzlich bewährt hat. Abmahnungen helfen, zu
vermeiden, dass in jedem Verdachtsfall ein für alle Be-
teiligten potenziell kostenträchtiges Gerichtsverfahren in
Gang gesetzt wird. Leider wird dieses Instrument teil-
weise missbraucht. Das Bundesministerium der Justiz
hat im März den Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse
Geschäftspraktiken vorgelegt, der auch Regelungen zur
Bekämpfung von missbräuchlichen Abmahnungen im
Urheberrecht enthält. Der Entwurf wird derzeit zwischen
den Ressorts abgestimmt. Ein konkreter weiterer Zeit-
plan steht derzeit nicht fest.
Zu Frage 69:
Die Bundesregierung plant derzeit keine Regelungen
hinsichtlich Abmahnungen gegen die Anbieter von offe-
nen WLAN-Netzen in Hotels oder Gaststätten. Die
Frage, welche Sicherheitsvorkehrungen solche Anbieter
gegen unerlaubte Downloads treffen müssen, sollte aus
Sicht der Bundesregierung wie bisher der Rechtspre-
chung überlassen bleiben.
Anlage 45
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage
des Abgeordneten Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP)
(Drucksache 17/9351, Frage 70):
Welche Unterschiede bestehen zwischen dem Steuerab-
kommen Österreich-Schweiz und dem Steuerabkommen
Deutschland-Schweiz?
Die beiden genannten Abkommen sind weitgehend
identisch.
Zur Sicherung des Abkommenszwecks enthält Art. 32
des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens eine
Kontrollmöglichkeit für die zuständige deutsche Be-
hörde, sodass künftig unversteuerte Vermögensanlagen
in der Schweiz entdeckt werden können. Diese Kontroll-
möglichkeit schafft ein unkalkulierbares Entdeckungs-
risiko. Eine solche Regelung ist im österreichisch-
schweizerischen Steuerabkommen nicht enthalten.
Eine weitere wesentliche Unterscheidung in den bei-
den Abkommen liegt in der Höhe des Steuersatzes für
die sogenannte Nachversteuerung. Unversteuerte Ver-
mögenswerte deutscher Steuerpflichtiger in der Schweiz
werden auf der Grundlage des deutsch-schweizerischen
Steuerabkommens mit einem Steuersatz in Höhe von
21 bis 41 Prozent auf das Kapital nachversteuert. Der
Steuersatz im österreichisch-schweizerischen Steuerab-
kommen beträgt für die Nachversteuerung hingegen
15 bis 38 Prozent.
Zwischen dem Steuerabkommen Österreich-Schweiz
und dem Steuerabkommen Deutschland-Schweiz beste-
hen zudem Unterschiede, die den unterschiedlichen
Steuerregimen und verfahrensrechtlichen Vorschriften in
dem jeweiligen Staat geschuldet sind.
Dies betrifft die Höhe des Steuersatzes auf künftige Er-
träge, wonach Art. 17 Abs. 2 des österreichisch-schweize-
rischen Steuerabkommens lediglich 25 Prozent vorsieht.
Das deutsch-schweizerische Steuerabkommen bildet hin-
gegen die deutsche Rechtslage ab, sodass noch der Solida-
ritätszuschlag und auf Antrag der betroffenen Person die
Kirchensteuer erhoben werden – vergleiche Art. 18 Abs. 3
und 6 des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens.
Das österreichisch-schweizerische Steuerabkommen
verzichtet auf die Einbeziehung der Erbschaftsteuer so-
wie auf eine Vorauszahlung durch schweizerische Zahl-
stellen, die für Deutschland entscheidende Punkte in den
Verhandlungen mit der Schweiz waren.
Das deutsch-schweizerische Steuerabkommen ent-
hält als Anhang II eine sogenannte Konkordanztabelle.
Eine solche Konkordanztabelle ist im österreichisch-
schweizerischen Steuerabkommen nicht enthalten. Viel-
mehr wurde in die Schlussakte eine gemeinsame Erklä-
rung der Vertragsstaaten zur Umsetzung von Teil 3 des
Abkommens aufgenommen. Danach erklären die Ver-
tragsstaaten, dass sie nach der Unterzeichnung eine Kon-
kordanztabelle zur praktischen Anwendung des Abkom-
mens vereinbaren werden.
Abschließend ist auch darauf hinzuweisen, dass die
deutschen und die österreichischen Verfahrensvorschrif-
ten anders ausgestaltet sind, sodass es diesbezüglich un-
terschiedliche Formulierungen in den jeweiligen Ab-
kommen gibt.
Anlage 46
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage
der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9351, Frage 71):
Können nach dem am 21. September 2011 unterzeichnete
Steuerabkommen mit der Schweiz – inklusive Ergänzungs-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. April 2012 20597
(A) (C)
(D)(B)
protokoll – weiterhin Daten über Kapitalanlagen deutscher
Steuerpflichtiger in der Schweiz durch die deutsche Finanz-
verwaltung aus der Schweiz angekauft werden, und welche
Haltung vertritt die Bundesregierung hierzu im Fall eines In-
krafttretens des besagten Steuerabkommens mit der Schweiz?
Die Bundesregierung hat anlässlich der Unterzeich-
nung des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens er-
klärt, dass sich die deutschen Finanzbehörden nicht aktiv
um den Erwerb von bei Banken in der Schweiz entwen-
deten Kundendaten bemühen werden.
Mit Inkrafttreten des deutsch-schweizerischen Steuer-
abkommens können die betroffenen Personen, deren Da-
ten auf den erworbenen CDs gespeichert waren, sich auf
Art. 17 Abs. 1 des deutsch-schweizerischen Steuerab-
kommens berufen.
Steuerstraftaten oder Steuerordnungswidrigkeiten, die
vor Unterzeichnung des deutsch-schweizerischen Steu-
erabkommens von Beteiligten begangen worden sind,
werden grundsätzlich nicht verfolgt. Dies gilt jedoch
dann nicht, wenn der zuständigen deutschen Behörde
zum Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Abkommens
zureichende tatsächliche Anhaltspunkte im Sinne des
§ 152 Abs. 2 der Strafprozessordnung für eine Beteili-
gung an der Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrig-
keit vorgelegen haben und die Beteiligten dies wussten
oder bei verständiger Würdigung der Sachlage klar da-
mit rechnen mussten.
Daher stellt sich nach Ansicht der Bundesregierung
nicht mehr die Frage eines Erwerbs von steuererhebli-
chen Daten über Kapitalanlagen in der Schweiz. Das
deutsch-schweizerische Steuerabkommen stellt sicher,
dass nach seinem Inkrafttreten zunächst keine unversteu-
erten Vermögenswerte in der Schweiz sind. Kapitaler-
träge werden in der Zukunft wie in Deutschland versteu-
ert. Sollten unversteuerte Vermögensanlagen nach
Inkrafttreten in der Schweiz angelegt werden, so sichert
die Kontrollmöglichkeit nach Art. 32 des deutsch-
schweizerischen Steuerabkommens, dass auch diese un-
versteuerten Vermögensanlagen entdeckt werden kön-
nen. Diese Kontrollmöglichkeit schafft ein unkalkulier-
bares Entdeckungsrisiko, das dem Entdeckungsrisiko
von Datenerwerben gleichkommt.
Anlage 47
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage
der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9351, Frage 72):
Ist der Bundesregierung bekannt, dass es zu einem ver-
mehrten Einsatz von erbschaftsteuerlichen Gestaltungsmodel-
len kommt, bei denen die erbschaftsteuerlichen Verscho-
nungsregeln genutzt werden, indem liquide Mittel aus dem
Privatvermögen in eine neu gegründete Unternehmung trans-
feriert werden und durch Ausnutzung von unternehmerischen
Verschachtelungen insgesamt dieses originäre Privatvermö-
gen infolge der Anwendung von § 13 a des Erbschaftsteuerge-
setzes, ErbStG, nicht mehr der Erbschaftsteuer unterliegt, und
sieht die Bundesregierung in diesen in der Praxis vermehrt
aufkommenden Fällen eine nicht vom Gesetzgeber gewollte
Steuervermeidungsstrategie, die dringend unterbunden wer-
den muss?
Die Bundesregierung verfügt über keine Erkenntnisse
darüber, dass die geschilderten Gestaltungsmodelle tat-
sächlich vermehrt für eine Ausnutzung der Verschonungs-
regelungen der §§ 13 a und b Erbschaftsteuergesetz,
ErbStG, gewählt werden. Die Erhebung der Erbschaft-
und Schenkungsteuer obliegt den Finanzverwaltungen
der Länder, denen auch das Aufkommen der Steuer zu-
fließt. Die Bundesregierung plant derzeit keine Ände-
rungen der Verschonungsregelungen.
Anlage 48
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage
des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Druck-
sache 17/9351, Frage 73):
Welche Position vertritt die Bundesregierung bei der Zu-
bemessung der sogenannten Unternehmereigenschaft (nach
§ 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes) an Forschungsorganisa-
tionen im Hinblick auf divergierende öffentliche Äußerungen
von Vertretern des Bundesministeriums der Finanzen, des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie und des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung („Fiskus be-
droht Deutschlands Spitzenforschung“, Financial Times
Deutschland vom 19. April 2012), und bis wann beabsichtigt
die Bundesregierung, gegebenenfalls eine Initiative um die
Begünstigung der Wissenschaftsorganisationen auch weiter-
hin verlässlich zu gewährleisten?
Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass sich die
Unternehmereigenschaft von Forschungseinrichtungen
nach den allgemeinen Regelungen des § 2 des Umsatz-
steuergesetzes richtet.
Diese nationalen Regelungen sind an das Unionsrecht
und insbesondere die Mehrwertsteuersystem-Richtlinie
gebunden. Forschungseinrichtungen pauschal, das heißt
ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Verhältnisse im
Einzelfall, als Unternehmer zu behandeln, stünde im Wi-
derspruch zu diesen unionsrechtlichen Vorgaben.
Forschungseinrichtungen sind insoweit Unternehmer,
als ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, nachhaltig entgelt-
liche Lieferungen oder sonstige Leistungen zu bewirken.
Der unternehmerische Bereich umfasst dabei die ge-
samte zur Ausführung der entgeltlichen Leistungen ent-
faltete Tätigkeit einschließlich aller unmittelbar hierfür
dienenden Vorbereitungen. Maßgeblich sind die Um-
stände des Einzelfalls.
Anlage 49
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage
des Abgeordneten Dr. Axel Troost (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9351, Frage 74):
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus,
dass nach Presseberichten (vergleiche Financial Times
Deutschland vom 19. April 2012, „Fiskus bedroht Deutsch-
lands Spitzenforschung“) diverse Grundlagenforschungsein-
richtungen mit einer Rückzahlung erstatteter Umsatzsteuer im
dreistelligen Millionenbereich konfrontiert sind, und sieht die
Bundesregierung in diesen Fällen Handlungsbedarf, damit
Einrichtungen der Grundlagenforschung per se als umsatz-
steuerliche Unternehmen mit Berechtigung zum Vorsteuerab-
zug gewertet werden können?
20598 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. April 2012
(A) (C)
(D)(B)
Die Bundesregierung trifft grundsätzlich keine Aussa-
gen zu den steuerlichen Verhältnissen einzelner Steuer-
pflichtiger.
Die Unternehmereigenschaft von Forschungseinrich-
tungen richtet sich nach den allgemeinen Regelungen
des § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes. Diese nationa-
len Regelungen sind an das Unionsrecht und insbeson-
dere die Mehrwertsteuersystem-Richtlinie gebunden.
Forschungseinrichtungen pauschal, das heißt ohne
Rücksicht auf die tatsächlichen Verhältnisse im Einzel-
fall, als Unternehmer zu behandeln, stünde im Wider-
spruch zu diesen unionsrechtlichen Vorgaben.
Forschungseinrichtungen sind insoweit Unternehmer,
als ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, nachhaltig entgelt-
liche Lieferungen oder sonstige Leistungen zu bewirken.
Der unternehmerische Bereich umfasst dabei die ge-
samte zur Ausführung der entgeltlichen Leistungen ent-
faltete Tätigkeit einschließlich aller unmittelbar hierfür
dienenden Vorbereitungen. Maßgeblich sind die Um-
stände des Einzelfalls.
Anlage 50
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage
des Abgeordneten Dr. Axel Troost (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9351, Frage 75):
Plant die Bundesregierung nach der Kritik des Bundes-
rechnungshofes (in: Bemerkungen des Bundesrechnungshofes
2011 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes –
Weitere Prüfungsergebnisse, Bundestagsdrucksache 17/9250),
wonach in Deutschland ansässige Seeleute auf Schiffen unter
liberianischer Flagge infolge des geltenden Doppelbesteue-
rungsabkommens, DBA, nicht besteuert werden, diese Steuer-
ausfälle durch Neuverhandlung des DBA zu beseitigen, und
mit welchen Staaten bestehen DBA, durch die es zu vergleich-
baren Steuerausfällen kommen kann?
Für Vergütungen des Bordpersonals von Seeschiffen
im internationalen Verkehr enthalten die meisten deut-
schen Doppelbesteuerungsabkommen, DBA, eine dem
Art. 15 Abs. 3 des OECD-Musterabkommens entspre-
chende Sonderregelung. Nach dieser steht dem Staat das
Besteuerungsrecht zu, in dem sich die Geschäftsleitung
des Schifffahrtunternehmens befindet. Abweichend hier-
von regelt das deutsch-liberianische DBA vom 25. No-
vember 1970 die Zuweisung des Besteuerungsrechts für
die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von Seeleu-
ten nicht gesondert. Diese Einkünfte können daher
grundsätzlich in der Republik Liberia besteuert werden,
wenn die Tätigkeiten auf hoher See oder im Hoheitsge-
biet von Liberia an mehr als 183 Tagen innerhalb von
12 Monaten ausgeführt werden. Liberia besteuert jedoch
Arbeitslöhne von Seeleuten nicht. Dadurch werden die
Arbeitslöhne in keinem der Vertragsstaaten besteuert.
Um insoweit eine Änderung herbeizuführen, ist beab-
sichtigt, eine Einigung mit Liberia zu einer Teilrevision
des DBA anzustreben.
Eine vergleichbare Situation besteht nach hiesigen Er-
kenntnissen im Verhältnis zu anderen Staaten nicht.
Anlage 51
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Fra-
gen des Abgeordneten Siegmund Ehrmann (SPD)
(Drucksache 17/9351, Fragen 76 und 77):
Wie wird die Bundesregierung bis zum 28. April 2012 die
Aufforderung der Europäischen Kommission, die Anwendung
des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf Lieferungen von
Kunstgegenständen und Sammlungsstücken in Deutschland
entsprechend den Vorgaben der europäischen Mehrwert-
steuer-Systemrichtlinie einzuschränken, Stellung nehmen, um
das bereits eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren zu been-
den, und inwieweit werden dabei die von allen Fraktionen im
Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages
formulierten Forderungen an die Bundesregierung (siehe
Pressemitteilung vom 7. März 2012, verfügbar unter: www.
bundestag.de/presse/pressemitteilungen/2012/PM_1203071.html)
berücksichtigt werden?
Weche konkreten Kompensationsleistungen – bezugneh-
mend auf eine Pressemeldung der dpa vom 17. April 2012 –
schlägt die Bundesregierung vor, um die von ihr offensicht-
lich als unabwendbar erachtete Anhebung des Umsatzsteuer-
satzes für den Kunsthandel in Deutschland auszugleichen,
und inwieweit sind diese Vorschläge mit den davon Betroffe-
nen, unter anderem den Vertretern des Kunsthandels und den
bildenden Künstlerinnen uns Künstlern sowie den Ländern,
abgestimmt, damit sich die wirtschaftliche Situation der
Künstlerinnen und Künstler wie auch vieler kleiner Kunst-
handlungen und Galerien nicht, wie von diesen befürchtet,
verschlechtert?
Zu Frage 76:
Es wird der Europäischen Kommission voraussicht-
lich mitgeteilt werden, dass ein Entwurf zur Beseitigung
der Unionsrechtswidrigkeit gegenwärtig noch innerhalb
der Bundesregierung abgestimmt wird und voraussicht-
lich im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2013 umge-
setzt wird.
Das Bundesfinanzministerium wird einen Gesetzes-
vorschlag erarbeiten, in dem der ermäßigte Steuersatz
auf Kunstgegenstände unter Ausschöpfung der unions-
rechtlichen Möglichkeiten beibehalten wird.
Zu den von allen Fraktionen im Ausschuss für Kultur
und Medien des Deutschen Bundestages formulierten
Forderungen an die Bundesregierung möchte ich Ihnen
mitteilen:
Die Begründung der Europäischen Kommission
wurde eingehend geprüft. Die von der Europäischen
Kommission getroffene Feststellung ist zutreffend, dass
die deutschen Regelungen hinsichtlich des ermäßigten
Steuersatzes für den Verkauf, den innergemeinschaft-
lichen Erwerb und die Vermietung von Kunstgegenstän-
den und Sammlungsstücken gegenüber der Mehrwert-
steuer-Systemrichtlinie, MwStSystRL, zu weit gefasst
sind.
Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse da-
rüber vor, dass andere Mitgliedstaaten mit einem ähnli-
chen Vertragsverletzungsverfahren zu rechnen haben.
Die für alle Mitgliedstaaten verbindliche Mehrwert-
steuersystemrichtlinie sieht vor, dass der ermäßigte
Mehrwertsteuersatz neben der Einfuhr nur für Verkäufe
von Kunstgegenständen durch ihren Urheber selbst (und
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. April 2012 20599
(A) (C)
(D)(B)
ihre Rechtsnachfolger) sowie auf Gelegenheitsverkäufe
Anwendung finden darf. Diese Möglichkeiten des
Unionsrechts sollen im Rahmen des zu erarbeitenden
Gesetzesvorschlags ausgeschöpft werden.
Zu Frage 77:
Die Bundesregierung prüft derzeit, mit welchen Maß-
nahmen die sich aus der notwendigen Steueränderung
ergebenden Mehrbelastungen für den Kunstsektor aus-
geglichen werden können. Zum einen soll der ermäßigte
Steuersatz auf Kunstgegenstände unter Ausschöpfung
der unionsrechtlichen Möglichkeiten beibehalten wer-
den. Der Kunstbranche steht zudem die Anwendung der
Differenzbesteuerung offen. Daneben werden die fol-
genden Maßnahmen diskutiert: Senkung des Abgabesat-
zes für die Künstlersozialkasse unter Anhebung des
Bundeszuschusses, Anhebung von Ankaufstiteln, Erhö-
hung des Etats der Initiative Kultur und Kreativwirt-
schaft. Die Bundesregierung hat sich noch nicht ent-
schieden, sie steht dabei in engem Kontakt mit der
Kunstbranche und den Ländern.
Anlage 52
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage
des Abgeordneten Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9351, Frage 78):
Was ist der Grund dafür, dass das von der Hypo Real
Estate Holding auf die FMS Wertmanagement AöR im Okto-
ber 2010 übertragene Griechenland-Portfolio zu Werten über
Nominalvolumen übertragen wurde (vergleiche Vermerk des
Bundesministeriums der Finanzen „Auswirkungen des grie-
chischen Schuldenschnitts auf die Abwicklungsanstalten“
vom 12. April 2012), und wie hoch war der Marktwert dieses
Portfolios zum Übertragungszeitpunkt?
Die FMS-WM hatte die Vermögensgegenstände,
Rückstellungen, Verbindlichkeiten, Rechnungsabgren-
zungsposten sowie schwebende Verträge mit Wirkung
zum 1. Oktober 2010 erworben. Die Buchwerte der ab-
gebenden HRE-Gruppe bildeten die Anschaffungskosten
der FMS-WM. Grundsätzlich betrug der Übertragungs-
wert 100 Prozent des Nominalwerts. Die Wertpapiere – so
auch das Griechenlandportfolio – wurden von der HRE-
Gruppe in der Regel aber als ein „Asset Swap Paket“,
bestehend aus einem Wertpapier und einem zugehörigen
Zinssicherungsderivat, übernommen.
Die Übertragungssystematik bei den „Asset Swap Pa-
keten“ führte dazu, dass die Anleihen (als Teil des Pake-
tes) über pari übernommen wurden. Diesen Teilbeträgen
über den Nominalwerten standen grundsätzlich in glei-
cher Höhe negative Marktwerte der dabei übernomme-
nen Derivate gegenüber. Beides beruhte auf einem
Rückgang des Zinsniveaus nach Erwerb der Anleihen
durch die HRE, aber vor der Übertragung. Der Übertra-
gungswert des jeweiligen „Asset Swap Pakets“ betrug
damit per Saldo grundsätzlich 100 Prozent bezogen auf
das jeweilige Nominal.
Die Marktwerte der Wertpapiere des übernommenen
Griechenland-Portfolios betrugen zum 1. Oktober 2010
angabegemäß rund 4,0 Milliarden Euro, die verbunde-
nen Stillen Lasten lagen bei 4,5 Milliarden Euro. Die
Stillen Lasten wurden damals im Buchwert nicht berück-
sichtigt, weil man davon ausging, dass es keine Ausfälle
auf europäische Staatsanleihen geben würde.
Anlage 53
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die
Frage der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE)
(Drucksache 17/9351, Frage 79):
Wie genau, insbesondere mit Bezug auf welche Quelle
bzw. statistische Größe zum durchschnittlichen Bruttojahres-
gehalt, hat die Bundesregierung errechnet, dass die künftig
nach § 41 a der Beschäftigungsverordnung zu erfüllende Min-
destgehaltsgrenze den Vorgaben der sogenannten Bluecard-
Richtlinie der EU entspricht (vergleiche Gesetzentwurf auf
Bundestagsdrucksache 17/8682, dessen Begründung zu Nr. 8,
Abs. 1 und 2 keine klaren Darlegungen enthält), und warum
wurde an einem Prozentsatz der allgemeinen Beitragsbemes-
sungsgrenze zur Rentenversicherung statt an das durchschnitt-
liche Bruttojahresgehalt angeknüpft, obwohl hierdurch in der
Zukunft regelmäßige Gesetzesänderungen erforderlich sein
könnten, wenn die Entwicklung der Beitragsbemessungs-
grenze hinter der Gehaltsentwicklung zurückbleibt?
Die Gehaltsgrenzen im neuen § 41 a der Beschäfti-
gungsverordnung orientieren sich an den durchschnittli-
chen Bruttolöhnen und -gehältern in den Volkswirt-
schaftlichen Gesamtrechnungen.
Die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen
Rentenversicherung wurde als Anknüpfungsmaßstab ge-
wählt, weil sie bereits in § 19 Aufenthaltsgesetz bei der
Berechnung der dort vorgesehenen Gehaltsgrenze als
Referenzgröße herangezogen wird und dadurch gewähr-
leistet wurde, dass innerhalb desselben Gesetzes keine
unterschiedlichen Maßstäbe genutzt werden.
Ein weiterer Vorteil der Bezugnahme besteht darin,
dass die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen
Rentenversicherung jährlich zum Ende des Vorjahres
durch Rechtsverordnung der Bundesregierung bestimmt
und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird und damit
die Vorgabe der Richtlinie erfüllt wird, die Gehalts-
schwelle jährlich öffentlich bekannt zu machen.
Die gewählten prozentualen Anteile der Beitragsbe-
messungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung
entsprechen dem entsprechenden Wert des 1,5-Fachen
bzw. 1,2-Fachen der durchschnittlichen Bruttolöhne und
-gehälter nach den Volkswirtschaftlichen Gesamtrech-
nungen. Damit werden die Vorgaben der EU-Richtlinie
erfüllt.
Für die Entwicklung in den Folgejahren gilt, dass die
jährliche Anpassung der Beitragsbemessungsgrenze in
der allgemeinen Rentenversicherung berücksichtigt, wie
sich die durchschnittlichen Bruttolöhne und -gehälter je
Arbeitnehmer im Vorjahr im Verhältnis zum Vorvorjahr
entwickelt haben (§§ 159 und 160 Nr. 2 in Verbindung
mit § 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialge-
setzbuch – SGB VI). Durch diesen Anpassungsmecha-
nismus ist gewährleistet, dass sich auch die Gehaltsgren-
zen der Blauen Karte in den Folgejahren entsprechend
20600 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. April 2012
(A) (C)
(D)(B)
der Entwicklung der durchschnittlichen Bruttolöhne und
-gehälter in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnun-
gen anpassen.
Anlage 54
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die
Fragen der Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIE
LINKE) (Drucksache 17/9351, Fragen 80 und 81):
Was sind die zehn Berufsgruppen mit den meisten Er-
werbstätigen mit aufstockenden Leistungen nach dem Zwei-
ten Buch Sozialgesetzbuch, SGB II – wenn möglich, nach
Anzahl und Anteil aufführen –, und inwiefern werden diese
Berufsgruppen von Mindestlohnregelungen erfasst (bitte im
entsprechenden Fall die Mindestlohnregelung nennen)?
Wie hoch sind in den oben genannten Berufsgruppen je-
weils die monatlichen Ausgaben für die aufstockenden Leis-
tungen – wenn möglich, bitte insgesamt sowie je Erwerbstäti-
gen –, und wie hoch ist in diesen Berufsgruppen jeweils der
Anteil der Beschäftigten, die zu Niedriglöhnen arbeiten?
Zu Frage 80:
Die Antwort nimmt Bezug auf erwerbstätige Arbeits-
losengeld-II-Bezieher, also erwerbsfähige Leistungsbe-
rechtigte, die Leistungen aus der Grundsicherung für Ar-
beitsuchende und gleichzeitig Bruttoeinkommen aus
abhängiger oder selbstständiger Erwerbstätigkeit bezie-
hen. Auswertungen zu Berufsgruppen sind nicht für alle,
sondern nur für sozialversicherungspflichtig und gering-
fügig beschäftigte Arbeitslosengeld-II-Bezieher möglich.
Im Juni 2011 waren die meisten sozialversicherungs-
pflichtig beschäftigten Arbeitslosengeld-II-Bezieher in
folgenden Berufsgruppen tätig: Reinigungsberufe, Waren-
kaufleute, Hilfsarbeiter ohne nähere Tätigkeitsangabe,
Bürofach- und -hilfskräfte, Speisenbereiter, Landver-
kehrsberufe, Lagerverwalter, Lager- und Transportarbei-
ter, übrige Gesundheitsdienstberufe, Gästebetreuer so-
wie sozialpflegerische Berufe. Absolute Zahlen und
Anteile – auch differenziert nach sozialversicherungs-
pflichtig und ausschließlich geringfügig Beschäftigte –
stelle ich Ihnen in einer tabellarischen Übersicht zur Ver-
fügung.
Hinweisen will ich darauf, dass erwerbstätige Arbeits-
losengeld-II-Bezieher sowohl Personen sein können, für
die ein Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung
oder gegebenenfalls aus einer anderen Teilzeiterwerbs-
tätigkeit eher eine Ergänzung der Leistungen der Grund-
sicherung ist, als auch Personen, deren Einkommen aus
Vollzeitbeschäftigung nicht ausreicht um den Lebensun-
terhalt zu sichern, sodass es durch die Grundsicherung
aufgestockt werden muss. Ursache für ergänzende
Grundsicherungsleistungen bei Vollzeitbeschäftigung ist
jedoch nicht zwangsläufig ein niedriger Lohn, sondern
auch der Haushaltskontext, also der Grundsicherungsbe-
darf der gesamten Bedarfsgemeinschaft, kann ursächlich
sein.
Zur Frage, inwiefern diese Berufsgruppen von Min-
destlohnregelungen erfasst werden, kann keine Aussage
gemacht werden. Bei Mindestlöhnen nach dem Arbeit-
nehmer-Entsendegesetz, AentG, handelt es sich um
Branchenmindestlöhne. Sie sind nicht an spezifische Be-
rufe geknüpft.
Zu Frage 81:
Zur Bestimmung der Geldleistungen für erwerbstä-
tige Arbeitslosengeld-II-Bezieher für die unterschiedli-
chen Beschäftigungsformen (insbesondere für sozialver-
sicherungspflichtig und geringfügig Beschäftigte) nach
Berufsgruppen sind komplexe und aufwendige statisti-
sche Auswertungen der Bundesagentur für Arbeit, BA,
notwendig, die aufgrund der Kürze der zur Beantwor-
tung verfügbaren Zeit nicht durchgeführt werden konn-
ten.
Grundlage für die Beantwortung der zweiten Teil-
frage ist die Entgeltstatistik der BA. Auswertungen lie-
gen derzeit bis 2010 vor.
Um den unteren Lohnbereich abzugrenzen, muss zu-
nächst definiert werden, wer als geringverdienend zählt.
In Anlehnung an die Definition der OECD gilt hier als
geringverdienend, wer als sozialversicherungspflichtig
Vollzeitbeschäftigter (ohne Auszubildende) weniger als
zwei Drittel des Medianentgelts aller sozialversiche-
rungspflichtig Vollzeitbeschäftigten (ohne Auszubil-
dende) erzielt. Die Einschränkung auf Vollzeitbeschäf-
tigte erfolgt deshalb, weil in der Beschäftigungsstatistik
nur Angaben zu Bruttomonatsentgelten und keine Anga-
ben zu Stundenlöhnen vorliegen und die Berücksichti-
gung von Teilzeitbeschäftigten oder Auszubildenden zu
Verzerrungen führen würde.
Für Deutschland berechnet sich so für 2010 eine
Schwelle im unteren Lohnbereich von 1 802 Euro im
Monat.
Bezogen auf die in Beantwortung von Frage 80 ge-
nannten zehn Berufsgruppen ist der Anteil der Beschäf-
tigten im unteren Lohnbereich an allen Beschäftigten bei
Gästebetreuern (68,1 Prozent) und bei Hilfsarbeitern
(64,3 Prozent) besonders hoch. Auch hier stelle ich Ih-
nen die vollständige Auswertung der Statistik der Bun-
desagentur für Arbeit in Form einer tabellarischen Über-
sicht zur Verfügung.
Anlage 55
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die
Fragen der Abgeordneten Jutta Krellmann (DIE
LINKE) (Drucksache 17/9351, Fragen 82 und 83):
Wie ist der Zeitplan der Bundesregierung für die Einfüh-
rung eines gesetzlichen Mindestlohns, und bis wann soll es
einen gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland geben?
Welche Konzepte werden derzeit innerhalb des Bundes-
ministeriums für Arbeit und Soziales bezüglich der Einfüh-
rung eines gesetzlichen Mindestlohns diskutiert (Festset-
zungsmechanismen, Reichweite, Ausnahmemöglichkeiten,
Verbindlichkeit), und wie bewertet die Bundesregierung die
Dringlichkeit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns?
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. April 2012 20601
(A) (C)
(D)(B)
Zu Frage 82:
Grundlage des Handelns der Bundesregierung sind
die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages.
Zu Frage 83:
Die CDU hat auf ihrem Bundesparteitag am 14. No-
vember 2011 beschlossen „eine allgemeine verbindliche
Lohnuntergrenze in den Bereichen einzuführen, in denen
ein tarifvertraglich festgelegter Lohn nicht existiert.“
Über die Möglichkeiten einer Umsetzung dieses Be-
schlusses wird derzeit innerhalb der Fraktion der CDU/
CSU beraten. Es ist nicht Aufgabe des Bundesministe-
riums für Arbeit und Soziales oder der Bundesregierung,
innerhalb von Fraktionen des Deutschen Bundestags
stattfindende Diskussionen zu kommentieren.
174. Sitzung
Inhaltsverzeichnis
TOP 1Befragung der Bundesregierung
TOP 2Fragestunde
ZP 2Aktuelle Stunde aus der Fragestunde zur Beantwortung der Frage 16
Anlagen