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    Plenarprotokoll 17/163 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 163. Sitzung Berlin, Freitag, den 2. März 2012 I n h a l t : Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum besseren Schutz der Ver- braucherinnen und Verbraucher vor Kos- tenfallen im elektronischen Geschäftsver- kehr (Drucksachen 17/7745, 17/8805) . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechthild Heil (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Erik Schweickert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: Erste Beratung des von den Abgeordneten Christine Lambrecht, Burkhard Lischka, Dr. Eva Högl, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs ei- nes Strafrechtsänderungsgesetzes – Be- kämpfung der Abgeordnetenbestechung (Drucksache 17/8613) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Andrea Astrid Voßhoff (CDU/CSU) . . . . . . . Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . Raju Sharma (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ansgar Heveling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Burkhard Lischka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Lange (Backnang) (SPD) . . . . . . . . 19375 A 19375 B 19375 C 19376 C 19377 B 19379 A 19380 C 19382 A 19383 C 19384 C 19385 C 19386 C 19388 B 19388 B 19389 D 19390 C 19392 C 19392 B 19395 D 19396 D 19398 C 19399 B 19401 B 19403 B 19404 C 19405 C 19407 D 19408 D 19409 B 19410 D Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2012 Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau der kalten Progression (Drucksache 17/8683) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Holger Krestel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . Nicolette Kressl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Daniel Volk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 28: a) Antrag der Abgeordneten Klaus Ernst, Herbert Behrens, Heidrun Bluhm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Pendlerpauschale in sozial ge- rechtes Pendlergeld umwandeln und er- höhen (Drucksache 17/5818) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Klaus Ernst, Ulrich Maurer, Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Preiserhöhungswelle an den Tankstellen stoppen – Gesetzliche Ben- zinpreiskontrolle einführen (Drucksache 17/8786) . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Nicolette Kressl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Daniel Volk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Mücke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Mücke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 30: Bericht des Rechtsausschusses gemäß § 62 Absatz 2 der Geschäftsordnung zu dem An- trag der Abgeordneten Katja Dörner, Ingrid Hönlinger, Monika Lazar, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gemeinsames elterliches Sorge- recht für nicht miteinander verheiratete Eltern (Drucksachen 17/3219, 17/8555) . . . . . . . . . . Stephan Thomae (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Burkhard Lischka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Caren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Bundesmittel zur Fi- nanzierung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung 1 : 1 an Kommunen weiterreichen (162. Sitzung, Tagesordnungspunkt 21) Dr. Peter Tauber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19411 D 19412 A 19413 B 19414 A 19415 C 19416 B 19417 C 19419 A 19421 A 19422 B 19423 C 19424 B 19425 B 19425 B 19425 C 19426 C 19424 A 19428 A 19429 B 19429 D 19431 B 19432 B 19432 C 19433 A 19434 A 19435 A 19435 A 19436 C 19437 D 19440 A 19440 D 19441 C 19442 C 19443 A 19444 A 19445 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2012 19375 (A) (C) (D)(B) 163. Sitzung Berlin, Freitag, den 2. März 2012 Beginn: 9.01 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2012 19443 (A) (C) (D)(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bär, Dorothee CDU/CSU 02.03.2012 Beck (Reutlingen), Ernst-Reinhard CDU/CSU 02.03.2012 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 02.03.2012 Brinkmann (Hildesheim), Bernhard SPD 02.03.2012 Brunkhorst, Angelika FDP 02.03.2012 Burchardt, Ulla SPD 02.03.2012 Freitag, Dagmar SPD 02.03.2012 Friedhoff, Paul K. FDP 02.03.2012 Dr. Friedrich, Hans- Peter CDU/CSU 02.03.2012 Dr. Fuchs, Michael CDU/CSU 02.03.2012 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 02.03.2012 Dr. Geisen, Edmund FDP 02.03.2012 Gerster, Martin SPD 02.03.2012 Göring-Eckardt, Katrin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.03.2012 Gruß, Miriam FDP 02.03.2012 Dr. Harbarth, Stephan CDU/CSU 02.03.2012 Dr. Heider, Matthias CDU/CSU 02.03.2012 Heinen-Esser, Ursula CDU/CSU 02.03.2012 Juratovic, Josip SPD 02.03.2012 Kaczmarek, Oliver SPD 02.03.2012 Kelber, Ulrich SPD 02.03.2012 Kipping, Katja DIE LINKE 02.03.2012 Körper, Fritz Rudolf SPD 02.03.2012 Korte, Jan DIE LINKE 02.03.2012 Krellmann, Jutta DIE LINKE 02.03.2012 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.03.2012 Laurischk, Sibylle FDP 02.03.2012 Dr. Lauterbach, Karl SPD 02.03.2012 Dr. Lotter, Erwin FDP 02.03.2012 Ludwig, Daniela CDU/CSU 02.03.2012 Luksic, Oliver FDP 02.03.2012 Lutze, Thomas DIE LINKE 02.03.2012 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.03.2012 Mattheis, Hilde SPD 02.03.2012 Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 02.03.2012 Nord, Thomas DIE LINKE 02.03.2012 Ortel, Holger SPD 02.03.2012 Pieper, Cornelia FDP 02.03.2012 Ploetz, Yvonne DIE LINKE 02.03.2012 Pronold, Florian SPD 02.03.2012 Dr. Ruppert, Stefan FDP 02.03.2012 Rupprecht (Weiden), Albert CDU/CSU 02.03.2012 Schlecht, Michael DIE LINKE 02.03.2012 Staffeldt, Torsten FDP 02.03.2012 Süßmair, Alexander DIE LINKE 02.03.2012 Tillmann, Antje CDU/CSU 02.03.2012 Dr. Troost, Axel DIE LINKE 02.03.2012 Ulrich, Alexander DIE LINKE 02.03.2012 Vogler, Kathrin DIE LINKE 02.03.2012 Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 02.03.2012 Zimmermann, Sabine DIE LINKE 02.03.2012 Zypries, Brigitte SPD 02.03.2012 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 19444 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2012 (A) (C) (D)(B) Anlage 2 Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Bundesmittel zur Finanzierung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung 1 : 1 an Kommunen wei- terreichen (162. Sitzung, Tagesordnungspunkt 21) Dr. Peter Tauber (CDU/CSU): Der Antrag der Frak- tion Die Linke zeigt einmal mehr, dass Sie aus der euro- päischen Staatsschuldenkrise nichts gelernt haben. Wie- der soll Geld durch den Bund ausgegeben werden, das nicht zur Verfügung steht. Statt die solide Haushaltspoli- tik der Bundesregierung zu unterstützen, schreien Sie wieder nach neuen Mitteln. Noch viel schlimmer ist, dass Sie den Erfolg für die Kommunen leugnen und nach Luftbuchungen schreien. Hierzu komme ich später. Es trifft zu, dass die Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung die Kommunen erheb- lich belasten. Doch schauen wir uns einmal den Gesetz- gebungsprozess an. Ein solides und nachhaltiges Gesetz wurde auch unter Mitwirkung des von Ihnen mitregier- ten Landes Brandenburg im Bundesrat verhindert. Das gehört auch zur Wahrheit, wenn Sie schon den Vermitt- lungsausschuss ins Spiel bringen. Sie picken sich, wie ein wählerisches Huhn, einen Aspekt des Gesetzes zur Stärkung der Finanzkraft der Kommunen heraus. Das ist typisch, denn mit diesem Fo- kus können sie wieder geistig brandstiften und den So- zialneid schüren. Fakt ist aber, dass die christlich-libe- rale Koalition auf breiter Front die Kommunen stärkt und entlastet. Halten wir uns doch die wichtigsten Aspekte noch einmal vor Augen: Die Kommunen werden zusammen mit den Mitteln des Bildungs- und Teilhabepaketes bis 2020 in einer Größenordnung von mehr als 50 Milliar- den Euro entlastet. Eine einseitige und dauerhafte Kom- munalentlastung in dieser Größenordnung – ohne Über- tragung neuer kostenträchtiger Aufgaben und sonstiger Ausgabenpflichten – ist in der Geschichte der Bundesre- publik Deutschland einmalig. Flankiert wird diese Aus- gabenreduktion von steigenden Einnahmen. Denn die solide und weitsichtige Wirtschafts- und Arbeitsmarkt- politik der christlich-liberalen Koalition führt zu spru- delnden Mehreinnahmen in den meisten deutschen Kommunen. In den ersten drei Quartalen 2011 lagen die Mehreinnahmen der Kommunen bei fast sieben Prozent. Das sind knapp 135 Milliarden Euro mehr für die Ge- meinden. Alleine die Steuereinnahmen der Gemeinden stiegen dabei um elf Prozent auf knapp 47 Milliarden Euro. Auch die von der christlich-liberalen Koalition ge- plante Einkommensteueränderung wird sich positiv auf die Kommunen auswirken. Wenn die Bürgerinnen und Bürger mehr Geld in den Taschen haben, geben Sie es erfahrungsgemäß auch aus. Hierdurch werden die Kom- munen alleine bei der Gewerbesteuer Mehreinnahmen verzeichnen können. Sie sehen, wir denken global und machen keine einseitige Klientelpolitik wie Sie so oft. Wir, die christlich-liberale Koalition, haben die Kom- munen sicher durch die Krisenjahre begleitet. In der Fi- nanzmarkt- und Wirtschaftskrise der Jahre 2009 und 2010 stammte jeder sechste in den Kommunen inves- tierte Euro aus den Mitteln des Konjunkturpaketes. Wir haben hierdurch Arbeitsplätze gesichert und Unterneh- men vor der Insolvenz bewahrt. Ohne die konjunkturel- len Maßnahmen des Bundes und der Länder hätten die Investitionen der Kommunen sowohl 2009 als auch im Jahr 2010 als Folge der kritischen Finanzlage deutlich abgenommen. Die Bauausgaben der Kommunen stiegen aufgrund unseres Konjunkturpaketes alleine 2010 um 10,5 Prozent auf 18,6 Milliarden Euro. Auch hier haben die Kommunen in die Zukunft investiert. Sie haben mehrheitlich in Bildungsinfrastruktur investiert. Bildung ist der Schlüssel zu einer gerechten Gesellschaft, nicht Gleichmacherei und Ideologie wie in Ihrer kleinen Welt. Auch 2012 werden sich nach den Steuerschätzungen vom November 2011 die gemeindlichen Steuereinnah- men positiv entwickeln. Die Steuereinnahmen steigen um fast 5 Prozent. Das sind fast vier Milliarden Euro mehr. Genauso positiv zeichnet sich die Entwicklung für den Zeitraum 2013 bis 2016 ab. Hier prognostizieren die Steuerexperten einen weiteren Anstieg von 4 Prozent jährlich. Das bedeutet aber auch, dass in diesen positiven Zeiten die Kommunen gefordert sind. Sie müssen Rück- lagen bilden, wenn dies möglich ist, oder Schulden ab- bauen. Das Bundesfinanzministerium hat errechnet, dass die Kommunen ohne Defizit auskommen können. Das ist ambitioniert, der Generationengerechtigkeit und der in unserem Grundgesetz festgeschrieben Schulden- bremse jedoch auch geschuldet. Die CDU/CSU-Fraktion steht für solide Haushalts- politik. Wir machen keine Luftbuchungen, wie es Ihre Fraktion hier fordert. Es ist sinnvoll, dass vorvorletzte Kalenderjahr als Berechnungsgrundlage zu nehmen. Dieses Kalenderjahr ist nämlich dann nicht nur abge- schlossen, sondern auch abgerechnet. Wir verbinden mit dieser Berechnungsgrundlage zwei wichtige Prinzipien: Dies sind die Solidarität auf der einen Seite, aber auch die Subsidiarität auf der anderen Seite. Wir wissen, dass die Kommunen die steigenden Kosten der Grundsiche- rung im Alter und bei Erwerbsminderung nicht alleine stemmen können. Deswegen erstatten wir ihnen in die- sem Jahr 45 Prozent, im Jahr 2013 75 Prozent und 2014 dann 100 Prozent der Kosten. Wir zeigen uns solida- risch. Gleichzeitig, und das ist das Element der Subsidia- rität, sehen wir die Kommunen in der Bringschuld. Sie müssen nachweisen, welche Kosten tatsächlich entstan- den sind. Keine Kommune hätte etwas davon, wenn eine Überzahlung erfolgte. Diese wäre an den Bund zurück- zuzahlen. Ein Mehr an Bürokratie. Dieses Vorgehen würde die Entlastung konterkarieren. In den Kämme- reien wäre ein Personalmehraufwand erforderlich, um die Rückbuchungen ordentlich und zeitnah abzuwickeln. Auch auf der Bundesebene würde dies zu einer Verzöge- rung des Haushaltsabschlusses führen. Das kann auch nicht in Ihrem Interesse sein, werte Kolleginnen und Kollegen. Außerdem, tun Sie nicht so, als sei dieser Zweijahres- rhythmus eine Erfindung des Vermittlungsausschusses. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2012 19445 (A) (C) (D)(B) Auch in den Ländern werden die Steuereinnahmen in der Regel erst zwei Jahre nach Vereinnahmung an die Kom- munen ausgeschüttet. Sie können hier bei Ihren Kolle- gen in den Ländern nachfragen. In Brandenburg regieren Sie ja noch mit. Hier können Sie sehr zeitnah zu einer Veränderung beitragen. Und die Beendigung Ihrer Re- gierungsbeteiligung in Berlin liegt auch noch nicht so lange zurück. Hier können Sie sicherlich auch Erfah- rungswerte abfragen. Mit Ihrem Antrag unterstreichen Sie wieder, warum Sie auf Bundesebene keine Regierungsverantwortung tragen. Sie können nicht mit Geld umgehen und haben als Patentrezept die Gießkanne in der Hand. Deshalb werden Sie, meine Damen und Herren der Linksfraktion, auch dauerhaft in der Opposition bleiben. Denn die über- wältigende Mehrheit der Deutschen unterstützt die Spar- anstrengungen dieser Bundesregierung. Seien Sie versi- chert, dass ich auch weiterhin aufzeigen werde, wie Sie Steuermittel verschwenden wollen und Halbwahrheiten als Skandale verkaufen wollen. Ihr Antrag ist Polemik. Deshalb und weil er unausgegoren ist, ist er abzulehnen. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 892. Sitzung am 10. Fe- bruar 2012 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Ab- satz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Gesetz zur Änderung des Rechts der Verbrau- cherinformation – Gesetz zur Änderung des Düngegesetzes, des Saatgutverkehrsgesetzes und des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches – Gesetz zur Einrichtung und zum betrieb eines bundesweiten Hilfetelefons „Gewalt gegen Frauen“ (Hilfetelefongesetz – HilfetelefonG) – Zweites Gesetz zur Umsetzung eines Maßnah- menpaktes zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Zweites Finanzmarktstabilisierungsgesetz – 2. FMStG) Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschlie- ßung gefasst: 1. Der Bundesrat unterstützt die Zielsetzung des Geset- zes, die Funktionsfähigkeit des Finanzsystems ge- währleisten zu wollen. In der aktuellen Situation sieht er die Notwendigkeit, im Rahmen des abge- stimmten Vorgehens auf EU-Ebene die Stabilität des Banken- und Finanzsektors durch geeignete Maß- nahmen zu bewahren und die bankenaufsichtsrechtli- chen Befugnisse zu stärken. 2. Der Bundesrat erkennt an, dass der Bundestag wich- tige Länderanliegen – wie etwa die Stärkung der Kompetenz der BaFin gegenüber der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) – aufgegriffen hat. Er beanstandet aber, dass schwerwiegende Bedenken im Gesetzgebungsverfahren nicht berücksichtigt worden sind. 3. Der Bundesrat lehnt aus folgenden Gründen die wei- tere Mithaftung der Länder für Garantien und Reka- pitalisierungsmaßnahmen des Finanzmarktstabilisie- rungsfonds ab: – Es gibt erhebliche verfassungsrechtliche Zwei- fel, ob die im Gesetz vorgesehene Mischfinanzie- rung von Bund und Ländern im Rahmen der Las- tenverteilung des Fonds mit dem Grundgesetz vereinbar ist. – Die im Herbst 2008 von den Ländern im Rahmen des ersten Finanzmarktstabilisierungsgesetzes über- nommenen Ausfallrisiken erstrecken sich ledig- lich auf Maßnahmen der Finanzmarktstabilisie- rungsanstalt (FMSA), die bis Ende des Jahres 2010 ergriffen wurden. Die vorgesehene zeitliche und finanzielle Erweiterung der Ermächtigungen der FMSA ist von der damaligen Entscheidung nicht gedeckt. – Der Bund hat durch die FMSA die alleinige Ver- waltungs- und Entscheidungskompetenz über Stabilisierungsmaßnahmen. Den Ländern steht – abgesehen von dem von ihnen benannten Mit- glied des Leitungs sowie des Lenkungsausschus- ses – kein signifikanter Einfluss zu. Eine solche Konstellation, in der Bund und Länder haften, der Bund aber die alleinige Entscheidungsbefugnis hat, muss auf die damalige Ausnahmesituation beschränkt bleiben und darf nicht durch wieder- holte Übung zur Regel erhoben werden. – Den Ländern ist – angesichts der Spar- und Kon- solidierungszwänge in den öffentlichen Haushal- ten, die sich insbesondere aus der Befolgung der Schuldenbremsen ergeben – eine weitere Belas- tung durch neue Garantien und Rekapitalisierun- gen nicht mehr zuzumuten. Für die Risiken aus neuen Rettungsmaßnahmen muss daher der Bund alleine einstehen, nachdem er sich dafür entschie- den hat, den Finanzmarktstabilisierungsfonds mit aufgestockten Ermächtigungen als aktuelles Kri- seninstrument einzusetzen. 4. Der Bundesrat hat erhebliche Zweifel an der Auffas- sung, dass das Gesetz nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf: – Nach Artikel 105 Absatz 3 des Grundgesetzes be- dürfen Bundesgesetze über Steuern, deren Auf- kommen den Ländern oder den Gemeinden (Ge- meindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, der Zustimmung des Bundesrates. Das Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabili- sierung des Finanzmarktes, das mit dem vorlie- genden Gesetz geändert werden soll, war unter anderem deshalb zustimmungspflichtig, weil es in § 14 FMStFG eine Befreiung des Finanzmarkt- stabilisierungsfonds von der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer enthält. 19446 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2012 (A) (C) (D)(B) – Da es sich bei dem vorliegenden Gesetz im We- sentlichen um die Wiedereinsetzung des Finanz- marktstabilisierungsfonds handelt, der nicht ohne die Steuerbefreiung beurteilt werden kann, wirkt die Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabili- sierung des Finanzmarktes für das vorliegende Gesetz fort. 5. Angesichts der besonderen Bedeutung des Gesetzes für die Stabilität des Finanzsystems sieht der Bun- desrat von der Anrufung des Vermittlungsausschus- ses ab. Dieser Schritt ist an die Erwartung geknüpft, dass die Bundesregierung die durch die weitere Mit- haftung den Ländern entstehenden Belastungen an anderer Stelle entsprechend zum Ausgleich bringt. – Gesetz zur Unterstützung der Fachkräftegewin- nung im Bund und zur Änderung weiterer dienst- rechtlicher Vorschriften – Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 211/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Bürger- initiative Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschlie- ßung gefasst: Der Bundesrat bedauert, dass die Hinweise seiner Stellungnahme in Bundesratsdrucksache 523/11 (Be- schluss), denen – ausgenommen zu Ziffer 2 – die Bun- desregierung laut Gegenäußerung (Anlage 4 zum Geset- zesentwurf Bundestagsdrucksache 17/7575) zugestimmt hatte, vom Bundestag offenbar ignoriert worden sind. Der Bundesrat weist die Bundesregierung nachdrück- lich darauf hin, dass ein Zugriff des Bundesverwaltungs- amtes im Wege des automatisierten Abrufverfahrens auf zentrale Meldedatenbestände der Länder rechtlich unzu- lässig und entsprechend abzulehnen wäre. Die Bundesregierung wird gebeten, zu prüfen, ob eine entsprechende Änderung möglicherweise in einem Arti- kelgesetz zeitnah doch noch auf den Weg gebracht wer- den kann. Begründung: Die Länder mit zentralen Meldedatenbeständen dürfen den vom Gesetz beabsichtigten Zugriff des Bundes- verwaltungsamtes darauf im Wege des automatisierten Abrufverfahrens nicht gewähren. Die Schaffung der notwendigen gesetzlichen Erlaubnistatbestände ist parallel zum Inkrafttreten des Bundesmeldegesetzes im Jahr 2014 geplant. Der Gesetzeswortlaut verpflichtet die Länder, dem Bundesverwaltungsamt prioritär einen automatisier- ten Abruf aus zentralen Meldedatenbeständen zu ermöglichen, sofern es solche zentralen Registerfüh- rungen gibt. Das Wahlrecht, aus welchem Meldeda- tenbestand der Abruf erfolgen soll (zentral oder aber dezentral bei den Meldebehörden), obliegt dem Bun- desverwaltungsamt. Hierin liegt eine gesetzeskompe- tenzrechtliche Überschreitung. – Gesetz zur dem Protokoll vom 17. Mai 2011 zur Änderung des Abkommens vom 3. Mai 2006 zwi- schen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Slowenien zur Vermeidung der Doppel- besteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Ein- kommen und vom Vermögen – Gesetz zu dem Abkommen vom 4. Februar 2010 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft – Gesetz zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts Der Bundesrat hat ferner beschlossen, die folgende Entschließung zu fassen: E n t s c h l i e ß u n g Der Bundesrat hält einen praxisgerechten Vollzug des § 3 des künftigen Kreislaufwirtschaftsgesetzes im Hinblick auf die Frage, ob es sich bei tierischen Ausscheidungen, die als Wirtschaftsdünger vor ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung in einer Biogas- anlage vergoren werden, um Abfall handelt oder nicht, für unverzichtbar. Im Zuge der Energiewende ist es sinnvoll und erwünscht, im Sinne einer Kaska- dennutzung Wirtschaftsdünger zunächst zur Energie- gewinnung und anschließend als Düngemittel einzu- setzen. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, insbeson- dere das BMELV und das BMU, gemeinsam mit den Ländern Muster-Vollzugshinweise zu erarbeiten, durch die ein möglichst einheitlicher und praxisge- rechter Vollzug der vorgenannten Frage unter Be- rücksichtigung der düngerechtlichen Vorgaben für organische Düngemittel sichergestellt wird. – Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtli- cher Regelungen Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parla- mentarischen Versammlung der NATO Frühjahrstagung der Parlamentarischen Versammlung der NATO vom 28. Mai bis 1. Juni 2010 in Riga, Lett- land – Drucksachen 17/7762, 17/8406 Nr. 1.2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 163. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2012 19447 (A) (C) (D)(B) Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2011 Mitteilung gemäß § 37 Absatz 4 der Bundeshaushalts- ordnung über die Einwilligung in eine überplanmäßige Ausgabe bei a) Kapitel 60 67 Titel 636 42 – Erstattung an Sozial- versicherungsträger für Rentenleistungen an Ange- hörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee und ihre Hinterbliebenen - bis zu Höhe von 14,44 Mio. Euro und b) Kapitel 60 67 Titel 636 45 – Erstattungen an Sozial- versicherungsträger für Rentenleistungen an Ange- hörige des aufgelösten MfS/AfNS und ihre Hinter- bliebenen – bis zur Höhe von 3,56 Mio. Euro – Drucksachen 17/8288, 17/8406 Nr. 1.4 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2011 Mitteilung gemäß § 37 Absatz 4 der Bundeshaushalts- ordnung über die Einwilligung in eine überplanmäßige Aus-gabe bei Kapitel 11 10 Titel 632 51 – Kriegsopfer- fürsorgeleistungen und gleichartige Leistungen - bis zur Höhe von 7 Mio. Euro – Drucksachen 17/8315, 17/8406 Nr. 1.5 – Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Gewährleistung der Sicherheit der Eisenbahnen in Deutschland – Drucksachen 17/5576, 17/5820 Nr. 7 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unions- dokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- tung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 17/8426 Nr. A.1 Ratsdokument 18383/11 Drucksache 17/8515 Nr. A.1 EuB-BReg 1/2012 Drucksache 17/8515 Nr. A.4 EuB-BReg 3/2012 Drucksache 17/8515 Nr. A.6 EP P7_TA-PROV(2011)0582 Drucksache 17/8515 Nr. A.7 Ratsdokument 18154/11 Drucksache 17/8515 Nr. A.12 Ratsdokument 18725/11 Innenausschuss Drucksache 17/8227 Nr. A.10 Ratsdokument 17205/11 Drucksache 17/8227 Nr. A.12 Ratsdokument 17429/11 Drucksache 17/8227 Nr. A.13 Ratsdokument 17430/11 Drucksache 17/8426 Nr. A.8 Ratsdokument 18209/11 Finanzausschuss Drucksache 17/8426 Nr. A.13 EP P7_TA-PROV(2011)0513 Ausschuss für Arbeit und Soziales Drucksache 17/8227 Nr. A.34 EP P7_TA-PROV(2011)0453 Drucksache 17/8227 Nr. A.35 Ratsdokument 16923/11 Verteidigungsausschuss Drucksache 17/8515 Nr. A.40 EP P7_TA-PROV(2011)0574 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 17/8227 Nr. A.38 Ratsdokument 16939/11 Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Drucksache 17/8426 Nr. A.43 Ratsdokument 18007/11 Drucksache 17/8426 Nr. A.45 Ratsdokument 18009/11 Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Drucksache 17/7918 Nr. A.20 EP P7_TA-PROV(2011)0392 163. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 25 Kostenfallen imelektronischen Geschäftsverkehr TOP 26 Bekämpfung der Abgeordnetenbestechung TOP 7 Abbau der kalten Progression TOP 28 Pendlerpauschale TOP 30 Elterliches Sorgerecht nicht verheirateter Eltern Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Klaus-Peter Flosbach


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

    Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in Deutschland
    ein kompliziertes Steuersystem, und es gibt nicht immer
    Zustimmung zu diesem Steuersystem. Es gibt zu einem
    Bereich des Steuersystems große Zustimmung, nämlich
    dazu, dass wir einen großen Teil der Bevölkerung von
    der Lohn- und Einkommensteuer freistellen – das sind
    fast 40 Prozent – und dass diejenigen, die ein gutes bzw.
    ein hohes Einkommen haben, entsprechend höher belas-
    tet werden.

    Das nennen wir Progression nach der Leistungsfähig-
    keit. Das heißt, jemand, der ein hohes Einkommen hat,
    wird mit 45 Prozent Lohnsteuer oder Einkommensteuer
    belastet. Dazu kommen der Solidaritätszuschlag und die
    Kirchensteuer, und so erreicht man fast 50 Prozent.


    (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei uns sind es 42 Prozent!)


    Hier gibt es eine hohe Übereinstimmung darin, dass
    die Leistungsfähigen für die anderen mitzahlen, und
    heute ist es so, dass die oberen 10 Prozent der Leistungs-
    fähigen 55 Prozent der gesamten Lohn- bzw. Einkom-
    mensteuer zahlen.

    Was die Bevölkerung aber nicht akzeptiert, ist, dass
    man nicht automatisch 3 Prozent mehr in der Tasche hat,
    wenn man eine Gehaltserhöhung von 3 Prozent be-
    kommt. Aufgrund unseres Steuertarifs müssen für jeden
    Euro, der mehr verdient wird, mehr Steuern gezahlt wer-
    den. Das nennen wir kalte Progression. Nicht nur die
    Bürgerinnen und Bürger, sondern auch wir von der Ko-
    alition akzeptieren das nicht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Pro Jahr nimmt der Staat – also Bund, Länder und Ge-
    meinden – durch diese kalte Progression etwa 3 Milliar-
    den Euro mehr ein. Sie wurde nicht gesetzlich festgelegt;
    sie kommt nur durch die die Inflation ausgleichenden
    Gehaltserhöhungen zustande. Das heißt, mit jedem Euro
    zusätzlich zahlt man automatisch mehr Steuern. Mittlere
    Einkommen in Höhe von 2 000 bis 3 000 Euro brutto im
    Monat zahlen nach der Grundtabelle auf jeden zusätzli-
    chen Euro 30 Prozent Steuern. Das heißt, für jeden Euro,
    den die Bezieher solcher Einkommen zusätzlich verdie-
    nen, werden, wenn man die 20 Prozent Sozialabgaben
    hinzunimmt, 50 Prozent abgezogen. Das kann auf Dauer
    nicht akzeptiert werden, und wir wollen das auch nicht
    akzeptieren. Im Koalitionsvertrag haben wir festgehal-
    ten, was wir nach der Wahl tun werden. Jetzt tun wir,
    was wir gesagt haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Wir haben schon öfter über den Einkommensteuerta-
    rif diskutiert. In der Großen Koalition haben wir damals
    im Rahmen des Konjunkturpaketes II eine Tarifanpas-
    sung vorgenommen.


    (Joachim Poß [SPD]: Das war richtig!)


    Wir haben 2010 zu Beginn der christlich-liberalen Ko-
    alition die Familien mit 5 Milliarden Euro unterstützt,
    weil es sich um Leistungsträger der Gesellschaft handelt.


    (Dr. Daniel Volk [FDP]: So ist es!)


    Außerdem haben wir Gesetze im unternehmerischen Be-
    reich sozusagen entschärft, damit die Wirtschaft wieder
    Schwung aufnimmt und die Konjunktur gestärkt wird.
    Diesen Effekt können wir heute erleben. Denn im Zeit-
    raum von 2010 bis 2013 gibt es Steuermehreinnahmen in
    Höhe von 83 Milliarden Euro für Bund, Länder und Ge-
    meinden. Davon wollen wir den Bürgern jetzt 6 Milliar-
    den Euro zurückgeben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Sie alle wissen, dass im Spätherbst der neue Existenz-
    minimumbericht erscheint. Das heißt, wir werden beim
    Grundfreibetrag ohnehin eine Anpassung vornehmen.
    Aber wir wollen auch den Tarif anpassen. Da muss ich
    insbesondere die Kolleginnen und Kollegen der SPD fra-
    gen: Wo sind Sie eigentlich angelangt, dass Sie untere
    und mittlere Einkommen nicht mehr entlasten wollen?


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Quatsch! – Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fangen Sie endlich damit an, die unteren Einkommen zu entlasten!)


    Ich verstehe ja, dass Sie nicht allem zustimmen. Aber
    hier geht es um 6 Milliarden Euro, die als Einnahmen für
    Bund, Länder und Gemeinden nicht eingeplant waren.
    Der Finanzminister hat allen, also auch Ihnen, angebo-
    ten, die Kosten für die Veränderungen des Tarifverlaufs
    zu übernehmen. Das ist nichts anderes als eine Kosten-
    übernahme des Bundes. Dennoch lehnen Sie eine Sen-
    kung der Steuern für untere und mittlere Einkommen ab.

    Sie haben deutlich gemacht, dass es nach Ihrer Über-
    zeugung einen höheren Spitzensteuersatz geben müsste.
    Der Spitzensteuersatz in Höhe von 42 Prozent wird
    schon bei einem Jahreseinkommen von 53 000 Euro er-
    reicht. Plus Solidaritätszuschlag ergibt sich eine Steuer-
    belastung von fast 47 Prozent. Wer zusätzlich noch die
    Reichensteuer zahlen muss, liegt bei fast 50 Prozent
    Steuern.

    Sie sollten einmal deutlich sagen, dass Sie auch bei
    Jahreseinkommen ab 53 000 Euro brutto über eine Steuer-
    belastung von 47 Prozent hinausgehen wollen. Zusätz-
    lich zu den Sozialabgaben müssten die Betroffenen dann
    über 50 Prozent Steuern zahlen.


    (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist auch nicht richtig! 80 000!)


    Von der Linkspartei rede ich in diesem Zusammenhang
    gar nicht erst. Sie wollen möglicherweise wie Hollande
    in Frankreich in Richtung 75 Prozent gehen.

    Sie müssen aber wissen: Wenn Sie den Spitzensteuer-
    satz – wir nennen ihn die Reichensteuer – um einen Pro-
    zentpunkt anheben, dann fließen in die Kassen von
    Bund, Ländern und Gemeinden 300 Millionen Euro zu-
    sätzlich. Auf den Bund entfallen dabei 128 Millionen
    Euro. Das ist exakt 1 Promille unseres Sozialhaushaltes.
    Sie werden erleben, dass dann die mittelständische Wirt-
    schaft, die familiengeprägt ist, und die Personenunter-
    nehmen, die Einkommensteuer zahlen, Investitionen zu-
    rückfahren.





    Klaus-Peter Flosbach


    (A) (C)



    (D)(B)


    Heute erleben wir einen Aufschwung in Deutschland.
    Damit liegen wir weltweit an der Spitze. Wir haben
    durch unsere Maßnahmen im Jahre 2010 und auch im
    Zeitraum bis heute unsere Wirtschaft gestärkt. Wir erle-
    ben einen Boom, weil wir darauf geachtet haben, die Un-
    ternehmen stark zu machen und die Familienbetriebe bei
    der Erbschaftsteuer zu entlasten, damit auch die nächste
    Generation Arbeitsplätze in Deutschland schafft.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Wir haben immer an den Ausgleich zwischen kleineren
    und größeren Einkommen, zwischen Privatpersonen und
    Unternehmen gedacht. Das haben die Gesetze des Jahres
    2010 geschaffen. Wir haben übrigens auch kleine und
    mittlere Unternehmen entlastet, indem wir zum Beispiel
    die Istbesteuerung verändert haben, damit kleine und
    mittlere Unternehmen mehr Liquidität bekommen, um
    damit Arbeitsplätze zu schaffen.

    Herr Poß, Sie haben von Verschuldung gesprochen.
    Man kann aber keine Steuersenkung vornehmen, weil
    die Verschuldung so hoch ist. Sie sind lange genug da-
    bei. Sehen Sie sich einmal die Jahre von 1998 bis 2005
    an. Sie haben in jedem Jahr mehr Schulden aufgenom-
    men als wir im Jahr 2011.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Da gab es keine Krise.

    Wir haben eine Schuldenbremse eingeführt. Wir ha-
    ben beim Haushalt des Bundesministers gesehen: Wir
    haben eine Neuverschuldung in Höhe von 48 Milliarden
    Euro geplant. Wir sind bei 17 Milliarden Euro angelangt.
    Wir sind der stabile Faktor in Deutschland.

    Wir sind bei der ersten Lesung dieses Gesetzes. Es
    geht darum, Motivation nicht nur für Unternehmen, für
    Leistungsträger, für Hochverdiener zu schaffen, sondern
    es geht insbesondere darum, Motivation bei Arbeitneh-
    mern mit unterem oder mittlerem Einkommen zu schaf-
    fen. Motivation ist der Kernbereich für die Leistungsfä-
    higkeit dieser Gesellschaft. Deswegen kann ich nur
    sagen: Unterstützen Sie die Bundesregierung. Unterstüt-
    zen Sie die Koalitionsparteien, dass zu viel gezahlte
    Steuern von unteren und mittleren Einkommen zurück-
    gefahren werden.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Das Wort hat nun Nicolette Kressl für die SPD-Frak-

tion.


(Beifall bei der SPD)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Nicolette Kressl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen

    und Kollegen! Wenn man die Debatte verfolgt hat, so ist
    einem heute aufgefallen, dass aufseiten der FDP eine
    ganz ungewohnte Mischung aus Nervosität und Aggres-
    sion vorhanden war. Daraus kann ich nur schließen, dass
    dieser Gesetzentwurf wieder für das symptomatisch ist,

    was die Koalition in den letzten Jahren im Steuerbereich
    anzupacken versucht hat, was nie gelungen ist.

    Auch dieser Gesetzentwurf ist davon geprägt, weil er
    etwas vorgibt, was er nicht ist. Sie haben am Anfang gar
    nicht gewusst, was Sie vorhaben.


    (Dr. Volker Wissing [FDP]: Sie haben es nicht gewusst!)


    Wenn man sich einmal die Historie anschaut, dann stellt
    man fest: Aus der ganz großen Steuerentlastung ist eine
    witzige Melange entstanden. Wenn man die Presse ver-
    folgt hat, dann weiß man, dass es einen großen Konflikt
    gab. Wir haben Finanzminister Schäuble noch dabei un-
    terstützt, als er gesagt hat: Wir haben für die 24 Milliar-
    den Euro kein Entlastungspotenzial. Dann wurde die
    Höhe der Entlastung immer kleiner. Inzwischen haben
    Sie sich entschieden, zu sagen, das, was erst eine abge-
    schmolzene Entlastung war und jetzt etwas wird, was nie
    geplant war, sei verfassungsnotwendig.

    Was sagen Sie denn jetzt? Sie sagen: Wir bräuchten
    jetzt die Erhöhung des Existenzminimums. Sie verges-
    sen dabei völlig, dass es eigentlich ein geregeltes Verfah-
    ren gibt, wie wir uns gemeinsam immer auf eine Erhö-
    hung des Grundfreibetrages geeinigt haben, um das
    Existenzminimum eines erwachsenen Menschen steuer-
    frei zu stellen.

    Ich finde aber, Sie sollten zugeben: Wenn Sie die
    Werte einfach so greifen, ohne auf die Berechnungen zu
    warten, dann ist es eine politische Entscheidung, die da-
    raus folgt, dass Sie die Melange, die ich beschrieben
    habe, irgendwie zufriedenstellen müssen. Es wäre ein
    normales Verfahren, zu sagen: Wir sehen uns die Zahlen
    an. Übrigens, Herr Volk, das hat mit Inflation nichts zu
    tun. Die Berechnungen des Existenzminimumsberichts
    ergeben sich nicht einfach aus einer Hochrechnung der
    Inflation, sondern kommen in einem wissenschaftlich
    geregelten Verfahren zustande. Wir haben immer gesagt:
    Wenn die Zahlen vorliegen, sind wir bereit – das ist eine
    verfassungsrechtliche Vorgabe –, dies mitzutragen. Aber
    Sie verbrämen sozusagen diese verfassungsrechtliche
    Notwendigkeit mit einer – aus Ihrer Sicht, nicht aus un-
    serer Sicht – viel zu klein geratenen Steuerentlastung.
    Dann kommt so ein – ich weiß nicht, was – Mix heraus.


    (Beifall bei der SPD)


    Sie ziehen mit Ihrem Gesetzentwurf keine konse-
    quente Linie und setzen keine klaren Prioritäten. Sie
    können sich zwischen Steuerentlastung und dem Not-
    wendigen nicht entscheiden. Für uns Sozialdemokraten
    hätten Sie Mut bewiesen, wenn Sie Prioritäten gesetzt
    hätten.

    Unsere Prioritäten sind: Der Schuldenabbau ist not-
    wendig, weil er dem Sicherheitsbedürfnis der Menschen
    entspricht. Das ist die erste Priorität.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Die zweite Priorität ist: Wir wollen eine Sicherheits-
    reserve für schwierige Zeiten schaffen. Ich finde es wit-
    zig, zu sehen, dass Sie inzwischen so tun, als ob es aus-





    Nicolette Kressl


    (A) (C)



    (D)(B)


    schließlich einen Zusammenhang zwischen der
    Überwindung der Krise und Ihrem Wachstumsbeschleu-
    nigungsgesetz gäbe. Zu Beginn dieser Legislaturperiode
    waren Sie noch ehrlich und haben zugegeben, dass das
    auf die Krisenpakete zurückzuführen ist, die wir gemein-
    sam in der Großen Koalition auf den Weg gebracht ha-
    ben. Inzwischen geht es ausschließlich um das Wachs-
    tumsbeschleunigungsgesetz.


    (Beifall bei der SPD)


    Das finde ich lustig. Entweder ist das Ausdruck von Ge-
    dächtnisverlust, oder es ist Strategie. Aber das lassen wir
    Ihnen natürlich nicht durchgehen.

    Weil wir damals dem Schuldenabbau Vorrang gege-
    ben haben, hatten wir Geld, um Ausgaben im Zusam-
    menhang mit der Krisenbekämpfung – ich erwähne als
    Beispiel nur die Kurzarbeiterregelung – zu decken.


    (Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Als wir mit in die Regierung gingen, gingen die Schulden zurück! Das ist richtig!)


    Das machen Sie im Moment nicht. Das hat bei Ihnen
    keine Priorität.

    Die dritte Priorität ist: Da wir auf die Chancengerech-
    tigkeit in unserem Staat achten müssen, setzen wir Mittel
    vorrangig für Bildung und Betreuung ein.

    Wenn diese Prioritäten beachtet sind, können wir über
    Steuerentlastungen reden. Die Menschen wissen das in-
    zwischen auch; Herr Poß hat das schon angesprochen.
    Laut Umfragen können sich die Menschen eine Steuer-
    entlastung sehr gut vorstellen, aber nur, wenn die Rei-
    henfolge der von mir eben beschriebenen Prioritäten ein-
    gehalten wird. Eine solche Prioritätensetzung lassen Sie
    aber vermissen.


    (Beifall bei der SPD)


    Ich möchte eine letzte Anmerkung machen. Ich finde
    Ihre Volte fast schon waghalsig, vielleicht in Zukunft ei-
    nen automatischen Ausgleich für die kalte Progression
    zu schaffen. Wir sind uns sicherlich einig, dass es einen
    solchen Automatismus in den letzten Jahren nicht gab.
    Sie tun so, als ob es sich nicht um eine politische Ent-
    scheidung handelte, sondern als ob es schon geradezu
    verfassungswidrig wäre, die Steuereinnahmen aufgrund
    der kalten Progression einzubehalten. An dieser Stelle
    finde ich Ihre Argumentation nicht logisch; denn wenn
    dem so wäre, dann dürften Sie nicht alle zwei Jahre eine
    Überprüfung der Wirkung der kalten Progression vor-
    nehmen, sondern dann müssten Sie einen Automatismus
    einbauen. Sonst passt das alles nicht.


    (Beifall bei der SPD – Joachim Poß [SPD]: Tarif auf Rädern!)


    Sie versuchen, das zu verbrämen, durchdenken es
    aber nicht logisch. Wir wünschten uns mehr Mut, Priori-
    täten zu setzen. Sie sollten nicht so viel verpacken und
    Maßnahmen auf den Weg bringen, die Sie so gar nicht
    geplant haben. Dann könnten wir gemeinsam reden.
    Aber so handelt es sich nicht um eine Grundlage, auf der
    wir vernünftig und sachlich miteinander diskutieren kön-
    nen.


    (Beifall bei der SPD – Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Das ist eine sehr sachliche Grundlage!)