Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012 19183
(A) (C)
(D)(B)
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Anlage 2
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die
Frage der Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 3):
Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Höhe
ausstehender Forderungen vonseiten der Firma ThyssenKrupp
AG oder deren Tochtergesellschaften gegenüber dem griechi-
schen Staat wegen der Bestellung bzw. Lieferung von U-Boo-
ten?
Die U-Boot-Lieferungen der ThyssenKrupp-Gesell-
schaft Howaldtswerke – Deutsche Werft GmbH, HDW,
an Griechenland basieren ausschließlich auf Privatrecht-
lichen Vereinbarungen. Zu diesen äußert sich die Bun-
desregierung nicht.
Anlage 3
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die
Fragen des Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIE
LINKE) (Drucksache 17/8723, Frage 6):
Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über eine
unzureichende wohnortnahe Versorgung mit Gütern des täg-
lichen Bedarfs in dünner besiedelten, ländlichen Regionen
insbesondere hinsichtlich der sozialen und ökologischen
Wirkungen, und welchen Stellenwert hat nach Ansicht der
Bundesregierung die flächendeckende Versorgung mit Gütern
des täglichen Bedarfs bei der Rettung und Fortführung des
Unternehmens Schlecker?
Die Bundesregierung hat keine Erkenntnisse über
eine unzureichende wohnortnahe Versorgung mit Gütern
des täglichen Bedarfs. Auf Länderebene gibt es diverse
Untersuchungen und Initiativen zur Nahversorgung.
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Bär, Dorothee CDU/CSU 29.02.2012
Beck (Reutlingen),
Ernst-Reinhard
CDU/CSU 29.02.2012
Binder, Karin DIE LINKE 29.02.2012
Bluhm, Heidrun DIE LINKE 29.02.2012
Bracht-Bendt, Nicole FDP 29.02.2012
Brinkmann
(Hildesheim),
Bernhard
SPD 29.02.2012
Burchardt, Ulla SPD 29.02.2012
Friedhoff, Paul K. FDP 29.02.2012
Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 29.02.2012
Golze, Diana DIE LINKE 29.02.2012
Heinen-Esser, Ursula CDU/CSU 29.02.2012
Humme, Christel SPD 29.02.2012
Kaczmarek, Oliver SPD 29.02.2012
Kelber, Ulrich SPD 29.02.2012
Keul, Katja BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
29.02.2012
Kipping, Katja DIE LINKE 29.02.2012
Körper, Fritz Rudolf SPD 29.02.2012
Korte, Jan DIE LINKE 29.02.2012
Luksic, Oliver FDP 29.02.2012
Marks, Caren SPD 29.02.2012
Menzner, Dorothée DIE LINKE 29.02.2012
Meßmer, Ullrich SPD 29.02.2012
Mücke, Jan FDP 29.02.2012
Nahles, Andrea SPD 29.02.2012
Nord, Thomas DIE LINKE 29.02.2012
Nouripour, Omid BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
29.02.2012
Pitterle, Richard DIE LINKE 29.02.2012
Pronold, Florian SPD 29.02.2012
Rupprecht (Weiden),
Albert
CDU/CSU 29.02.2012
Senger-Schäfer, Kathrin DIE LINKE 29.02.2012
Dr. Troost, Axel DIE LINKE 29.02.2012
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Anlagen
19184 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012
(A) (C)
(D)(B)
Wenn der stationäre Einzelhandel sich aus ländlichen
Gebieten zurückzieht, gibt es alternative Angebots- und
Versorgungsformen wie zum Beispiel mobile Händler,
den klassischen Versandhandel, e-Commerce, Tankstel-
lenshops, Wochenmärkte, Bauernmärkte, Hofläden,
Nachbarschaftsläden und soziale Dienste. Die Bundes-
regierung stellt keine hypothetischen Überlegungen zu
eventuellen Förderanfragen von Unternehmen an.
Anlage 4
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die
Frage der Abgeordneten Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 12):
Wie sieht nach Einschätzung der Bundesregierung der
Zeitplan für die Beratung der EU-Energieeffizienzrichtlinie
auf EU-Ebene aus – hier insbesondere die Frage, ob die Bun-
desregierung darauf hinwirken wird, dass ein Beschluss noch
während der dänischen EU-Ratspräsidentschaft erfolgt –, und
liegen der Bundesregierung Informationen darüber vor, wie
der deutsche Vorschlag von anderen EU-Staaten bewertet
wird?
Der Plan der dänischen Ratspräsidentschaft, den
Kommissionsvorschlag für eine EU-Energieeffizienz-
richtlinie innerhalb des laufenden Halbjahres zu verab-
schieden, ist ehrgeizig. Ob dies gelingen kann, wird
maßgeblich von den anstehenden Verhandlungen mit
dem Europäischen Parlament abhängen. Diese haben
noch nicht begonnen. Die Bundesregierung hat der däni-
schen Ratspräsidentschaft ihre Unterstützung für die ge-
plante schnelle Verabschiedung zugesagt.
Anlage 5
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die
Frage der Abgeordneten Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 13):
Können nach dem neuen Konzept der Bundesregierung
auch Einsparungen, die im Rahmen bestehender Programme
– zum Beispiel des CO2-Gebäudesanierungsprogramms –
durch bereits vor Inkrafttreten der EU-Energieeffizienzrichtli-
nie durchgeführte konkrete Maßnahmen – zum Beispiel Wär-
medämmung eines Einfamilienhauses – erzielt wurden, auf
die Zielerreichung des vorgeschlagenen 4,5-Prozent-Ziels zur
Senkung des Energieverbrauchs bzw. des 6,3-Prozent-Ziels
zur Steigerung der Energieeffizienz angerechnet werden, und,
falls ja, bis zu welchem Jahr sollen bereits durchgeführte
Maßnahmen rückwirkend auf die zukünftigen Einsparziele
angerechnet werden können?
Die Ausgestaltung der formulierten Ziele zur Energie-
verbrauchsminderung bzw. Energieeffizienzsteigerung
im Detail wird die Bundesregierung im weiteren Verlauf
der Verhandlungen auch im Dialog mit anderen Ver-
handlungspartnern auf EU-Ebene konkretisieren. Maß-
nahmen aus bereits existierenden Programmen, die nach
Inkrafttreten der Richtlinie durchgeführt werden, fließen
in jedem Falle ein.
Anlage 6
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die
Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 14):
Auf welcher Grundlage basieren die beiden Energieeffi-
zienzziele von einer Steigerung der Energieeffizienz von
6,3 Prozent innerhalb von drei Jahren bzw. der Senkung des
Energieverbrauchs von 4,5 Prozent innerhalb von drei Jahren
– bezogen auf eine jeweils vorlaufende Referenzperiode –,
und wie passen diese Ziele in das von der Bundeskanzlerin
Dr. Angela Merkel 2007 formulierte Ziel der Steigerung der
Energieeffizienz bzw. der Reduzierung des Primärenergie-
verbrauchs um 20 Prozent bis 2020?
Das Ziel zur Energieeinsparung von 4,5 Prozent in-
nerhalb von drei Jahren beruht auf dem Kommissions-
vorschlag (Art. 6 Abs. 1, 9), das Ziel zur Steigerung der
Energieeffizienz um 6,3 Prozent innerhalb von drei Jah-
ren auf dem Energieeffizienzziel der Bundesregierung.
Die vorgeschlagenen nationalen verbindlichen Ziele
tragen zur Erreichung des indikativen EU-Ziels, die
Energieeffizienz in der EU bis 2020 um 20 Prozent zu
verbessern, bei.
Anlage 7
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die
Frage der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723,
Frage 16):
Wie viele Anträge auf sogenannte Hermesdeckungen sind
seit dem 1. Januar 2007 ausschließlich aufgrund einer negativ
verlaufenen Umweltprüfung des Exportgeschäftes abgelehnt
worden, und wie viele sind trotz einer nicht völlig unbedenkli-
chen Umweltprüfung im gleichen Zeitraum zustande gekom-
men (bitte jeweils Anträge mit Datum der Antragstellung, mit
Angabe der Höhe des Antrags, des Ziellandes sowie des Da-
tums der Ablehnung für die erste Teilfrage bzw. des Datums
der Abwicklung für die zweite Teilfrage auflisten)?
Die Gründe für die Ablehnung eines Antrags auf
Übernahme einer Exportkreditgarantie – Hermesde-
ckung – sind in der Regel vielfältig. Die Nichteinhaltung
von Umweltanforderungen kann hierzu gehören. Eine
gesonderte Erfassung nach den Ablehnungsgründen er-
folgt jedoch nicht.
Es werden nur Lieferungen zu Projekten in Deckung
genommen, bei denen das Ergebnis der Umweltprüfung
erwarten lässt, dass das Projekt aus Umweltgesichts-
punkten unbedenklich ist. Maßstab der Prüfung der Bun-
desregierung sind die internationalen Standards, wie sie
in den Umweltleitlinien der OECD –Common Approa-
ches – festgelegt sind.
Anlage 8
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der
Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) (Druck-
sache 17/8723, Frage 17):
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012 19185
(A) (C)
(D)(B)
Hat sich die Menschenrechtslage in Libyen nach Auffas-
sung der Bundesregierung zum jetzigen Zeitpunkt gegenüber
der Situation vor einem Jahr – Januar 2011 – eher verbessert
oder verschlechtert, und wie begründet sie diese Bewertung?
Aus Sicht der Bundesregierung sind in Libyen klare
Verbesserungen in der Menschenrechtslage feststellbar.
Die systematische Überwachung der libyschen Bevölke-
rung und daraus resultierende Repressionen durch
Staatsorgane – wie unter dem Gaddafi-Regime – sind
beendet. Es herrscht heute im Gegensatz zu früher Mei-
nungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit.
Zudem besteht heute insgesamt eine größere Transpa-
renz hinsichtlich der Menschenrechtslage in Libyen.
Ausländische Menschenrechtsorganisationen und Me-
dien haben ungleich bessere Möglichkeiten zu recher-
chieren als dies bis Anfang 2011 der Fall war. Damals
hat häufig schon die Erlangung eines Einreisevisums ein
unüberwindbares Hindernis dargestellt.
Problematisch ist heute vor allem, dass es circa
8 000 Häftlinge gibt, die überwiegend willkürlich fest-
genommen wurden – und dass es für sie bislang keine
geregelten Gerichtsverfahren und häufig keinen Rechts-
beistand gibt. Zudem gibt es Berichte über Folter und
Misshandlungen von Gefangenen. Im Gegensatz zu frü-
her ist die Zahl der Häftlinge bekannt und das Internatio-
nale Komitee vom Roten Kreuz hat Zugang zu ihnen.
Außerdem bekennen sich der Nationale Übergangsrat
und die Übergangsregierung im Gegensatz zum
Gaddafi-Regime zur Einhaltung der Menschenrechte
und der Vermeidung von Straflosigkeit. Die Effektivität
des Regierungshandelns ist jedoch aufgrund fehlender
gesamtstaatlicher Strukturen eingeschränkt, dies betrifft
etwa die Kontrolle über die zahlreichen Milizen und
lokalen Selbstverwaltungen. Da viele Gefangene in den
Händen von Milizen sind, vertritt die Bundesregierung
den Standpunkt, dass die libysche Übergangsregierung
weitere Anstrengungen unternehmen muss, um die Kon-
trolle über alle Gefangenen in Libyen zu erlangen und
somit die Einhaltung der Menschenrechte besser ge-
währleisten zu können.
Anlage 9
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der
Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) (Drucksache
17/8723, Frage 18):
Wie bewertet die Bundesregierung die Menschenrechts-
situation von Migranten aus Subsahara-Afrika in Libyen im
Vergleich zum Januar 2011 (bitte mit Begründung)?
Die Menschenrechtslage von Migranten aus Subsa-
hara-Afrika ist differenziert zu betrachten. Der weit
überwiegende Teil von ihnen hat seit Anfang 2011 Li-
byen verlassen. Eine nicht näher bekannte Anzahl befin-
det sich unter den circa 8 000 Gefangenen in Libyen,
weil sie verdächtigt werden, als Söldner für Gaddafi tä-
tig gewesen zu sein. Für sie gelten die Einschränkungen
wie in der Antwort zu Ihrer ersten Frage ausgeführt.
Über die Zahl weiterer Migranten aus Subsahara-
Afrika, die sich in Libyen aufhalten, liegen der Bundes-
regierung keine Erkenntnisse vor. Die Bundesregierung
sieht das Risiko, dass diese möglicherweise einem Gene-
ralverdacht unterliegen, Söldner Gaddafis gewesen zu
sein – und deshalb in Furcht vor Repressalien leben. An-
dererseits haben sie im Gegensatz zu Anfang 2011 bes-
sere Aussicht auf Betreuung durch internationale Hilfs-
organisationen wie das Hohe Flüchtlingskommissariat
der Vereinten Nationen, UNHCR, oder das Amt für hu-
manitäre Hilfe, ECHO.
Anlage 10
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der
Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) (Drucksache 17/8723, Frage 28):
Inwiefern beteiligt sich die Bundesregierung konzeptio-
nell, personell und finanziell an der Errichtung eines EU-Ope-
rationszentrums für das Horn von Afrika, und was erwartet sie
von diesem Zentrum für die laufenden und geplanten EU-
Missionen und -Operationen am Horn von Afrika?
Der Rat für Auswärtige Angelegenheiten hat am
23. Januar 2012 die Aktivierung des EU-Operationszen-
trums beschlossen. Derzeit werden die Einzelheiten der
Aktivierung im Hinblick auf das GSVP-Engagement am
Horn von Afrika noch beraten. Das Operationszentrum
soll unter anderem den Zivilen Operationskommandeur
der EU bei der operativen Planung und der Führung der
möglichen zukünftigen GSVP-Mission zum regionalen
Aufbau maritimer Kapazitäten, Regional Maritime
Capacity Building, sowie den Missionskommandeur der
EU-Trainingsmission in Somalia, EUTM Somalia, in
militärischen Fragen unterstützen. Zudem soll es die
strategische Koordination zwischen EUTM Somalia und
den anderen GSVP-Aktivitäten am Horn von Afrika ver-
bessern. Die zivil-militärischen Synergien sollen ge-
stärkt, die Verbindungen zur Operation EUNAVOR
ATALANTA gehalten und der Austausch zwischen den
Missionen und der Operation mit den Brüsseler EU-
Strukturen erleichtert werden.
Bei der Aktivierung des Operationszentrums handelt
es sich um den ersten Schritt zur Umsetzung des Anlie-
gens der Initiative des Weimarer Dreiecks zur Stärkung
der zivil-militärischen Planungs- und Führungsfähigkeit
der EU. Eine deutsche Beteiligung wird gemäß der wäh-
rend des Aktivierungsprozesses angeforderten Expertise
zu prüfen sein.
Anlage 11
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der
Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 29):
Welche Anzeichen hat die Bundesregierung dafür, dass
ihre Bemühungen, die Regierung Usbekistans zu einer Zu-
stimmung zu einer IAO-Beobachtermission (IAO: Internatio-
nale Arbeitsorganisation) bei der Baumwollernte zu bewegen,
19186 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012
(A) (C)
(D)(B)
dieses Jahr erfolgreicher sein werden als in den letzten Jahren,
und aus welchen Gründen setzt sie sich nicht für eine Untersu-
chungskommission nach Art. 26 des IAO-Statuts ein?
Usbekistan hat 2008 die Konventionen 138 und 182
der Internationalen Arbeitsorganisation, IAO, ratifiziert.
2011 konnte die örtliche Vertretung des Kinderhilfs-
werks der Vereinten Nationen, UNICEF, erstmals unan-
gekündigt Beobachtergruppen für die Baumwollernte
punktuell in verschiedene Landesteile entsenden. Über
die Ergebnisse ist die UNICEF in einen vertraulichen
Dialog mit der usbekischen Regierung getreten. Usbeki-
stan zeigt damit im Vergleich zu den Vorjahren eine er-
höhte Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit internationa-
len Organisationen mit Blick auf die Kinderarbeit,
allerdings bislang auf die UNICEF begrenzt.
Die Einsetzung einer Untersuchungskommission
nach Art. 26 der IAO-Verfassung kann nicht von einem
einzigen Mitgliedstaat allein, sondern nur vom Verwal-
tungsrat entschieden werden. Der Verwaltungsrat der
IAO besteht aus 28 Regierungsvertretern sowie je
14 Vertretern der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorgani-
sation. Bislang hat es im Verwaltungsrat keine Mehrheit
für die Einsetzung einer Untersuchungskommission ge-
geben. Der Einsetzung einer Untersuchungskommission
geht in der Regel das Beschwerdeverfahren nach Art. 24
IAO-Verfassung voraus. Im Rahmen des noch laufenden
Beschwerdeverfahrens ist gegenüber Usbekistan die
Forderung nach Einladung einer IAO-Mission erhoben
worden.
Es ist vorgesehen, dass Usbekistan bei der nächsten
Sitzung der Internationalen Arbeitskonferenz der IAO
im Juni 2012 hierzu Stellung nimmt. Die Bundesregie-
rung wird diese Forderung auch weiterhin gegenüber
Usbekistan aufrechterhalten und mit Nachdruck für die
Beseitigung von Kinderarbeit eintreten.
Anlage 12
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der
Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIE LINKE)
(Drucksache 17/8723, Frage 30):
Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor,
dass deutsche Staatsbürger als Angestellte der italienischen
Botschaft und Konsulate in Deutschland bei den am 5. März
2012 anstehenden Wahlen zur betrieblichen Arbeitnehmerver-
tretung nicht wahlberechtigt sind, und, falls dem so ist, sieht
die Bundesregierung politischen Handlungsbedarf, um für
den betroffenen Personenkreis einen Zugang zur betrieblichen
Mitbestimmung zu ermöglichen?
Der Bundesregierung liegen keine diesbezüglichen
Erkenntnisse vor.
Ausländischen Botschaften und Konsulaten in Deutsch-
land kommt eine besondere gesandtschaftsrechtliche Stel-
lung zu, die sich aus den Wiener Übereinkommen über
diplomatische und über konsularische Beziehungen,
WÜD und WÜK, ergibt. Nach dem den Auslandsvertre-
tungen zustehenden Recht auf innere Organisationsfrei-
heit aus Art. 7 WÜD ist der Entsendestaat bei der Gestal-
tung der Arbeitsverhältnisse von Ortskräften gemäß
Art. 41 WÜD bzw. Art. 55 WÜK lediglich an die Einhal-
tung der arbeits- und sozialrechtlichen Mindeststandards
des Empfangsstaates und der übrigen einschlägigen ge-
setzlichen Bestimmungen gebunden. In diesem Rahmen
kann der Entsendestaat die Personalangelegenheiten sei-
ner Missionen im Ausland eigenständig regeln. Wahlen
zur betrieblichen Arbeitnehmervertretung sind für Orts-
kräfte aufgrund der besonderen gesandtschaftsrechtli-
chen Stellung der Mission nicht vorgesehen. Das deut-
sche Betriebsverfassungsgesetz findet insoweit keine
Anwendung.
Anlage 13
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des
Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (DIE LINKE)
(Drucksache 17/8723, Frage 31):
Welche Angaben macht die Bundesregierung zur derzeiti-
gen Sicherheitslage in Afghanistan und zur Zuverlässigkeit
der afghanischen Sicherheitskräfte sowie zu den Erfolgen bei
der Gewinnung der Herzen der Afghanen angesichts der seit
Tagen andauernden landesweiten Unruhen unter Parolen wie
„Tod der NATO“, „Tod den Ausländern“ und des Überlaufens
von Sicherheitskräften mit ihren Waffen zu den Demonstran-
ten, nachdem die Bundesregierung noch in ihrem Sicherheits-
bericht Ende letzten Jahres behauptet hatte, die Sicherheits-
lage sei besser geworden, und welche Schlussfolgerungen
zieht die Bundesregierung aus diesen Ereignissen für ihre Pro-
gnose für Ende 2014, nach der dann die Sicherheitslage die
vollständige Übergabe der Verantwortung für die Sicherheit
im ganzen Land allein an die afghanischen Sicherheitskräfte
erlauben werde?
Die Verbrennung von religiösen Schriften durch An-
gehörige des US-Luftwaffenstützpunktes Bagram hat
umgehend zu öffentlichen Klarstellungen und Bitten um
Entschuldigung durch den Kommandeur der Internatio-
nalen Sicherheitsunterstützungstruppe, ISAF, General
Allen, den Sondergesandten der Vereinten Nationen, Jan
Kubiš, den US-Verteidigungsminister, Leon Panetta, und
auch durch US-Präsident Barack Obama geführt. Die
US-Regierung hat eine eingehende Untersuchung des
Vorfalls zugesichert.
Der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido
Westerwelle, hat nach Ausbruch der Proteste die Bestür-
zung der Bundesregierung über die anschließenden Ge-
walttaten, bei denen Afghanen und ISAF-Soldaten getö-
tet und verletzt wurden, zum Ausdruck gebracht und
öffentlich zu Mäßigung, Zurückhaltung und Gewaltlo-
sigkeit aufgefordert, um weiteres Blutvergießen zu ver-
meiden.
Die Bundesregierung sieht aufgrund der jüngsten Ge-
walttaten in Afghanistan keine grundsätzliche Änderung
der Sicherheitslage. Auch in der Vergangenheit hat es
durch Ausschreitungen, Anschläge und in Einzelfällen
auch durch die Hand fehlgeleiteter afghanischer Sicher-
heitskräfte Todesopfer und Verwundete gegeben. Das ist
leider immer noch die Realität in Afghanistan: Der mili-
tärische wie zivile Einsatz dort ist und bleibt gefährlich.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012 19187
(A) (C)
(D)(B)
Wir haben hohen Respekt vor denen, die sich dieser Ge-
fahr stellen, um ihren Auftrag zu erfüllen.
Die Bundesregierung bleibt bei ihrer Einschätzung,
dass sich die Lage in Afghanistan in den letzen Monaten
insgesamt eher verbessert hat – auch wenn sich aktuell
zeigt, dass die Lage fragil bleibt. Die afghanischen Si-
cherheitskräfte – das haben sie auch bei den genannten
Zwischenfällen bewiesen – sind immer besser in der
Lage, ihren Aufgaben gerecht zu werden. Der 2010 ver-
einbarte und zuletzt bei der Afghanistan-Konferenz in
Bonn bekräftigte Zeitplan für die Übergabe der Sicher-
heitsverantwortung und den schrittweisen Abzug der In-
ternationalen Schutztruppe bis 2014 steht nicht infrage.
Anlage 14
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der
Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Drucksa-
che 17/8723, Frage 33):
Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über die
Prüfung und Planung einer militärischen Intervention in den
einzelnen NATO-Staaten – insbesondere USA, Türkei, Frank-
reich und Großbritannien – gegen Syrien bzw. über die Vorbe-
reitung einer gemeinsamen militärischen Intervention der
Koalition „Freunde Syriens“, zu der sich die USA, Großbri-
tannien, Frankreich und die Arabische Liga nach dem Veto
Chinas und Russlands im UN-Sicherheitsrat zusammenge-
schlossen haben, vor, die nach dem Vorbild der sogenannten
Koalition der Willigen im völkerrechtswidrigen Krieg gegen
Irak vorgehen soll, und über die bisherige Beteiligung des
NATO-Mitgliedstaates Türkei an dem Bürgerkrieg in Syrien,
die sich besonders durch die Bewaffnung, Ausbildung und
Unterstützung einer Bürgerkriegspartei, der „Freien Syrischen
Armee“, kennzeichnet (vergleiche www.tagesanzeiger.ch/aus
land/naher-osten-und-afrika/Blauhelme-und-Waffenlieferun
gen/story/31275263?dossier_id=965)?
Der Bundesregierung sind keine Planungen einer mi-
litärischen Intervention in Syrien durch NATO-Staaten
bekannt. Die genannten Partner haben sich in einer Viel-
zahl von Gesprächen für eine diplomatische Lösung des
Konflikts ausgesprochen. Die „Gruppe der Freunde des
syrischen Volkes“ hat sich am 24. Februar 2012 bei ih-
rem Treffen in Tunis ausdrücklich zum Ziel einer politi-
schen Lösung der Krise in Syrien bekannt.
Über die Bewaffnung, Ausbildung und Unterstützung
der „Freien Syrischen Armee“ liegen keine gesicherten
Erkenntnisse vor.
Anlage 15
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage
des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE)
(Drucksache 17/8723, Frage 34):
Auf welcher gesetzlichen Grundlage informiert das Bun-
desamt für Verfassungsschutz, BfV, ausländische Geheim-
dienste über Reisen einer Gruppe deutscher Staatsangehöriger
als angebliche Terrorismusunterstützer ins Ausland, wie es
der Schriftsteller Raul Zelik über eine Reisegruppe von 2005
nach Kolumbien berichtete (http://tinyurl.com/6ub2ek9), und
inwiefern stellte die Bundesregierung in diesem Einzelfall,
aber auch in anderen Fällen sicher, dass durch diese Praxis
nicht Leib und Leben ihrer Staatsangehörigen gefährdet wer-
den, zumal der damalige Chef des kolumbianischen Geheim-
diensts DAS, mit dem das BfV kooperierte, als Hardliner ge-
gen Linke und Unterstützer paramilitärischer Gruppen
bekannt war, was letztes Jahr mit einer Verurteilung zu
25 Jahren Gefängnis geahndet wurde, da ihm nachgewiesen
wurde, dass er in seiner Amtszeit den Todesschwadronen Lis-
ten zu ermordender Gewerkschafter zuspielte?
Das Bundesamt für Verfassungsschutz, BfV, hat we-
der den kolumbianischen noch einen anderen auslän-
dischen Nachrichtendienst im Wege des Austauschs per-
sonenbezogener Daten über die in der Frage erwähnte
Reise einer Gruppe deutscher Staatsangehöriger nach
Kolumbien informiert. Weder zur Person des Raul Zelik
noch zu dessen Umfeld hat das BfV jemals personenbe-
zogene Daten an den kolumbianischen Nachrichten-
dienst übermittelt.
Anlage 16
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage
des Abgeordneten Alexander Ulrich (DIE LINKE)
(Drucksache 17/8723, Frage 35):
Inwiefern sind die Bundesregierung oder andere EU-Mit-
gliedstaaten durch den Ratsbeschluss vom 16. Dezember 2011
hinsichtlich der geplanten Ratifizierung des ACTA-Abkom-
mens (ACTA: Anti-Counterfeiting Trade Agreement) eine
rechtliche Verpflichtung zur Umsetzung von ACTA eingegan-
gen, wie es am 10. Februar 2012 im Handelspolitischen Aus-
schuss von der EU-Kommission behauptet wurde, und welche
internationale Verantwortung, wie es die EU-Kommission im
Handelspolitischen Ausschuss ebenfalls vorträgt, ist nach
Auslegung der Bundesregierung damit verbunden?
Der Beschluss des Rates über die Unterzeichnung
vom 16. Dezember 2011 genehmigt die Unterzeichnung
des sogenannten ACTA-Abkommens im Namen der Eu-
ropäischen Union. Eine rechtliche Verpflichtung zur Ra-
tifikation des Abkommens ist damit weder für die Union
noch für die Mitgliedstaaten verbunden.
Die Zeichnung eines Übereinkommens führt zur Fest-
legung des authentischen Textes und zu der Verpflich-
tung, Ziel und Zweck des Vertrags nicht zu vereiteln.
Nach Auslegung der Bundesregierung ist dies die inter-
nationale Verantwortung, auf die die Kommission im
Handelspolitischen Ausschuss verwiesen hat.
Anlage 17
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Fragen
des Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Fra-
gen 36 und 37):
Wie ist die augenblickliche inhaltliche Position der Bun-
desregierung bezüglich des Anti-Counterfeiting Trade Agree-
ment – auch vor dem Hintergrund der jüngsten Entscheidung
der Europäischen Kommission, das Abkommen durch den
Europäischen Gerichtshof überprüfen lassen zu wollen –, und
19188 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012
(A) (C)
(D)(B)
wie wird der weitere Ratifizierungsprozess in Deutschland in
zeitlicher Hinsicht aussehen?
Wird sich die Bundesregierung, die ja bereits vor gerau-
mer Zeit der Friends-of-Transparency-Initiative beigetreten
ist, gegenüber den Verhandlungspartnern für eine Offenle-
gung sämtlicher Dokumente, die im Zusammenhang der ein-
zelnen Verhandlungsrunden erstellt wurden, einsetzen?
Zu Frage 36:
Das ACTA-Abkommen soll die weltweite Bekämp-
fung der Produktpiraterie verbessern, weil die unerlaubte
Nachahmung von Produkten die deutsche Wirtschaft
schädigt und Risiken für die Verbraucher hat. Bezüglich
der Regelungen zum Internet hat ACTA allerdings Be-
sorgnis und Widerstände in der Öffentlichkeit ausgelöst,
die Beachtung verdienen. Einige Staaten haben bereits
angekündigt, die Zeichnung bzw. das Ratifikationsver-
fahren auszusetzen. Auch im Europäischen Parlament
gibt es eine Debatte über die Auswirkungen von ACTA.
Die Europäische Kommission wird das Abkommen dem
Europäischen Gerichtshof zur Prüfung vorlegen. Das
Bundeskabinett hat am 30. November 2011 der Zeich-
nung von ACTA durch die Bundesrepublik Deutschland
zugestimmt. Ein konkreter Zeichnungstermin und zeitli-
che Planungen zum Ratifikationsverfahren stehen der-
zeit nicht fest.
Zu Frage 37:
Deutschland hat sich zusammen mit anderen Mit-
gliedstaaten der Europäischen Union für eine Offenle-
gung der Verhandlungsdokumente eingesetzt (Friends of
Transparency). Dies hat dazu beigetragen, dass die ent-
scheidenden Dokumente zu ACTA offengelegt worden
sind. Hierzu zählt die Veröffentlichung der Verhand-
lungstexte aus dem April 2010, vom 2. Oktober 2010
und vom 15. November 2010 sowie des endgültigen Ver-
tragstextes vom 3. Dezember 2010. Eine weitere Offen-
legung ist entsprechend der allgemeinen Praxis bei
Verhandlungen von Freihandelsabkommen nur im Ein-
vernehmen mit den Beteiligten möglich. Die Wahrung
der Vertraulichkeit entspricht der allgemeinen Praxis bei
Freihandelsabkommen.
Anlage 18
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage
der Abgeordneten Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 38):
Wie begründet es die Bundesregierung, dass davon auszu-
gehen ist, dass es, nachdem die Bundesministerin der Justiz,
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, in ihrer Videobotschaft
zu ACTA vom 8. Februar 2012 gesagt hat, dass die Bundes-
regierung keinen Gesetzgebungsbedarf zur Änderung des Ur-
heberrechts sehe, den lange angekündigten sogenannten drit-
ten Korb der Urheberrechtsreform nicht mehr geben wird?
Die Bundesministerin der Justiz hat mit ihrer Erklä-
rung vom 8. Februar 2012 lediglich zum Ausdruck ge-
bracht, dass das Anti-Counterfeiting Trade Agreement,
ACTA, keinen Gesetzgebungsbedarf für eine Änderung
des Urheberrechtsgesetzes begründet. Eine Aussage zu
dem sogenannten dritten Korb der Urheberrechtsreform
war hiermit nicht verbunden.
Anlage 19
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Fragen
des Abgeordneten Burkhard Lischka (SPD) (Drucksa-
che 17/8723, Fragen 39 und 40):
Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass das in der
„Vergleichenden Studie über Modelle zur Versendung von
Warnhinweisen durch Internet-Zugangsanbieter an Nutzer bei
Urheberrechtsverletzungen“ vorgeschlagene „vorgerichtliche
Mitwirkungsmodell“ als eine Kooperationsmöglichkeit anzu-
sehen ist, die der Verpflichtung in ACTA entspricht, „Koope-
rationsbemühungen im Wirtschaftsleben zu fördern, die da-
rauf gerichtet sind, Verstöße gegen Marken, Urheberrechte
oder verwandte Schutzrechte wirksam zu bekämpfen“?
Wird die Bundesregierung im Rahmen des dritten Korbes
zur Novellierung des Urheberrechtsgesetzes eine Regelung
für ein solches Warnhinweismodell vorschlagen, und wann ist
mit der Vorlage des dritten Korbes zu rechnen?
Zu Frage 39:
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technolo-
gie hat eine Studie zu den innerhalb der Europäischen
Union diskutierten Modellen zur Versendung von Warn-
hinweisen in Auftrag gegeben. Diese Studie liegt nun-
mehr vor und soll die Grundlage für die weitere Diskus-
sion zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen im
Internet sein. Die Bundesregierung wird die Studie zu-
nächst mit den im Wirtschaftsdialog beteiligten Rechte-
inhabern und Diensteanbietern erörtern. Dabei werden
die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, die
europäische Rechtslage im Übrigen und verfassungs-
rechtliche Aspekte selbstverständlich berücksichtigt.
ACTA enthält keine Regelungen zu Warnhinweisen
oder Internetsperren. Es sind auch keine Verpflichtungen
der Provider zur Kontrolle oder Filterung des Datenver-
kehrs vorgesehen.
Die Bundesregierung wird keine Initiativen für Inter-
netsperren bei Urheberrechtsverletzungen ergreifen.
Zu Frage 40:
Die Arbeiten an dem Referentenentwurf für ein Drit-
tes Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Infor-
mationsgesellschaft sind im Bundesministerium der Jus-
tiz noch nicht abgeschlossen. Daher kann auch noch
keine Aussage über den Inhalt getroffen werden. Rege-
lungen für ein Warnhinweismodell wird der Entwurf je-
denfalls nicht enthalten.
Anlage 20
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage
des Abgeordneten Ingo Egloff (SPD) (Drucksache
17/8723, Frage 41):
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012 19189
(A) (C)
(D)(B)
Wie bewertet die Bundesregierung – vor dem Hintergrund,
dass sich die Fraktion der CDU/CSU bereits für ein Warnhin-
weismodell bei Urheberrechtsverletzungen ausgesprochen
und der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister
für Wirtschaft und Technologie Hans-Joachim Otto Provider
und Rechteinhaber aufgefordert hat, sich zügig auf ein prakti-
kables Warnhinweismodell zu einigen, da sonst die Bundes-
regierung in der Pflicht sei, eine gesetzliche Regelung vorzu-
schlagen, während die Bundesministerin der Justiz, Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, unter Berufung auf den Koali-
tionsvertrag erklärt hat, dass es in Deutschland keine Sper-
rung von Internetzugängen wegen Urheberrechtsverletzun-
gen und keine Warnhinweise geben werde – entsprechende
Warnhinweismodelle sowie das vorgerichtliche Mitwirkungs-
modell, und wird die Bundesregierung Initiativen ergreifen,
um entsprechende Modelle umzusetzen?
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technolo-
gie hat eine Studie zu den innerhalb der Europäischen
Union diskutierten Modellen zur Versendung von Warn-
hinweisen in Auftrag gegeben. Diese Studie liegt nun-
mehr vor und soll die Grundlage für die weitere Diskus-
sion zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen im
Internet sein. Die Bundesregierung wird die Studie zu-
nächst mit den im Wirtschaftsdialog beteiligten Rechte-
inhabern und Diensteanbietern erörtern.
Anlage 21
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Fragen
des Abgeordneten Siegmund Ehrmann (SPD) (Druck-
sache 17/8723, Fragen 42 und 43):
Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass ein Warn-
hinweismodell bei Urheberrechtsverletzungen als verhältnis-
mäßig anzusehen ist und dass ein solches Modell einen wirk-
samen Beitrag zur Bekämpfung von Rechtsverstößen leisten
kann?
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass bereits
heute anstelle kostenintensiver Abmahnungen Warnhinweise
verschickt werden könnten und dass es hierzu keiner In-
pflichtnahme der Internetzugangsanbieter bedürfte, und wel-
che Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, warum
nicht bereits heute – wenn die Vermeidung von Abmahnungen
das Ziel eines solchen vorgerichtlichen Mitwirkungsmodells
sein soll – vor einer Abmahnung eine aufklärende Warnung
verschickt wird?
Zu Frage 42:
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technolo-
gie hat eine Studie zu den innerhalb der Europäischen
Union diskutierten Modellen zur Versendung von Warn-
hinweisen in Auftrag gegeben. Diese Studie liegt nun-
mehr vor und soll die Grundlage für die weitere Diskus-
sion zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen im
Internet sein. Die Bundesregierung wird die Studie zu-
nächst mit den im Wirtschaftsdialog beteiligten Rechte-
inhabern und Diensteanbietern erörtern.
Zu Frage 43:
Die Bundesregierung teilt die Auffassung, dass der
Rechteinhaber bereits heute anstelle der Abmahnung ei-
nen Hinweis an den Anschlussinhaber schicken könnte.
Die Bundesregierung hat keine Erkenntnisse dazu, wa-
rum dies nicht geschieht.
Anlage 22
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Fragen
des Abgeordneten Martin Dörmann (SPD) (Drucksa-
che 17/8723, Fragen 44 und 45):
Welche Konsequenzen wird die Bundesregierung aus dem
kürzlich veröffentlichten Gutachten zu Warnhinweisen bei
Urheberrechtsverletzungen ziehen, und wie bewertet sie die
Ergebnisse der vergleichenden Studie hinsichtlich der Er-
kenntnisse und Auswirkungen entsprechender Modelle zur
Aussendung von Warnhinweisen bei Urheberrechtsverletzun-
gen durch Internetzugangsanbieter in anderen EU-Mitglied-
staaten?
Wie bewertet die Bundesregierung das mit dieser Studie
vorgeschlagene vorgerichtliche Mitwirkungsmodell aus
rechtspolitischer Perspektive, und wie bewertet die Bundesre-
gierung ein solches Modell im Hinblick auf seine verfas-
sungsrechtliche und europarechtliche Vereinbarkeit?
Zu Frage 44:
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technolo-
gie hat eine Studie zu den innerhalb der Europäischen
Union diskutierten Modellen zur Versendung von Warn-
hinweisen in Auftrag gegeben. Diese Studie liegt nun-
mehr vor und soll die Grundlage für die weitere Diskus-
sion zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen im
Internet sein. Die Bundesregierung wird die Studie zu-
nächst mit den im Wirtschaftsdialog beteiligten Rechte-
inhabern und Diensteanbietern erörtern.
Zu Frage 45:
Der Europäische Gerichtshof hat mit seinem Urteil zu
Scarlet Extended (Rs C-70/10) entschieden, dass eine in-
nerstaatliche Maßnahme nicht mit dem Unionsrecht ver-
einbar ist, wenn sie einen Internetzugangsprovider ver-
pflichten würde, sämtliche Daten jedes einzelnen seiner
Kunden aktiv und auf seine eigenen Kosten zu überwa-
chen, um jeder künftigen Verletzung von Rechten des
geistigen Eigentums vorzubeugen. Zugleich hat der
EuGH in dieser Entscheidung wiederholt, dass es den
nationalen Gerichten möglich bleiben muss, Vermittlern
Maßnahmen aufzugeben, die nicht nur mittels ihrer
Dienste bereits begangenen Verletzungen an Rechten des
geistigen Eigentums beenden, sondern auch neuen Ver-
letzungen vorbeugen. Diese Grundsätze der einen
Access-Provider betreffenden Entscheidung hat der
EuGH in seiner Entscheidung Sabam (Rs. C-360/10)
auch für Host-Provider bestätigt. Inwieweit die in beiden
Entscheidungen entwickelten Grundsätze auf ein etwai-
ges vorgerichtliches Warnhinweismodell zu übertragen
wären, hinge von der konkreten Ausgestaltung eines sol-
chen Modells ab.
Anlage 23
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Fragen
der Abgeordneten Brigitte Zypries (SPD) (Druck-
sache 17/8723, Fragen 46 und 47):
Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass ein Warn-
hinweismodell bei Urheberrechtsverletzungen bzw. ein vor-
19190 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012
(A) (C)
(D)(B)
gerichtliches Mitwirkungsmodell angesichts der damit einher-
gehenden Grundrechtseingriffe auf freiwilliger Basis im
Rahmen einer Selbstregulierung umgesetzt werden könnte,
oder teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass dies
– sollte sich der Gesetzgeber tatsächlich dafür entscheiden –
allenfalls auf gesetzlicher Grundlage erfolgen kann?
Welche rechtlichen Vorgaben müssten nach Auffassung
der Bundesregierung hierfür geschaffen oder geändert werden
und in welcher Form?
Zu Frage 46:
Bereits im Zuge der Diskussion um die zunächst auf
vertraglicher Basis zwischen dem Bundeskriminalamt
und den Internetzugangsanbietern geplante Einführung
von Sperren gegen kinderpornografische Seiten im Inter-
net ist deutlich geworden, dass Beeinträchtigungen der
von den Grundrechten geschützten Freiheitsbereiche
auch im Verhältnis zwischen Privaten nicht ohne weite-
res zulässig sind. Eine sogenannte Vertragslösung ohne
gesetzliche Grundlage kommt jedenfalls dann nicht in
Betracht, wenn eine Beschränkung durch Private auf ei-
nem der öffentlichen Gewalt zurechenbaren Verhalten
beruht. Dies war bei den Sperrlisten der Fall, die das
Bundeskriminalamt erstellen und auf deren Grundlage
die Zugangsanbieter Sperren errichten sollten.
Ob dies für ein ohne staatliche Mitwirkung freiwillig
zwischen Zugangsanbietern und Rechtsinhabern verein-
bartes und durchgeführtes Warnhinweismodell, das aus-
drücklich keine Internetsperren vorsieht, gleichermaßen
gälte, hinge von der konkreten Ausgestaltung eines
Warnmodells bzw. eines vorgerichtlichen Mitwirkungs-
modells ab.
Zu Frage 47:
Die Bundesregierung wird zunächst die vergleichende
Studie über Modelle zur Versendung von Warnhinwei-
sen durch Internetzugangsanbieter an Nutzer bei Urhe-
berrechtsverletzungen mit den am Wirtschaftsdialog be-
teiligten Rechteinhabern und Diensteanbietern erörtern
und dann über weitere Schritte entscheiden. Davon
hängt auch die weitere rechtliche Bewertung ab.
Anlage 24
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Fragen
des Abgeordneten Lars Klingbeil (SPD) (Drucksache
17/8723, Fragen 48 und 49):
Wie bewertet die Bundesregierung die Notwendigkeit
eines Warnhinweismodells zur Bekämpfung von Urheber-
rechtsverletzungen bzw. eines vorgerichtlichen Mitwirkungs-
modells, wie es die Studie des Bundesministeriums für Wirt-
schaft und Technologie vorschlägt, vor dem Hintergrund der
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zum
Beispiel in seiner Entscheidung „Scarlet Extended“
(Rs. C-70/10), und teilt die Bundesregierung die Auffassung,
dass ein solches Modell nach den Vorgaben des Europäischen
Gerichtshofes europarechtswidrig wäre?
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass eine derar-
tige Inpflichtnahme von Internetzugangsprovidern als „Hilfs-
sheriffs“ auf eine Privatisierung der Rechtsdurchsetzung hin-
ausläuft, und ist die Bundesregierung der Auffassung, dass
dies aus verfassungsrechtlicher Sicht zulässig ist?
Zu Frage 48:
Der Europäische Gerichtshof hat mit seinem Urteil zu
„Scarlet Extended“ (Rs. C-70/10) entschieden, dass eine
innerstaatliche Maßnahme nicht mit dem Unionsrecht
vereinbar ist, wenn sie einen Internetzugangsprovider
verpflichten würde, sämtliche Daten jedes einzelnen sei-
ner Kunden aktiv und auf seine eigenen Kosten zu über-
wachen, um jeder künftigen Verletzung von Rechten des
geistigen Eigentums vorzubeugen. Zugleich hat der
EuGH in dieser Entscheidung wiederholt, dass es den
nationalen Gerichten möglich bleiben muss, Vermittlern
Maßnahmen aufzugeben, die nicht nur mittels ihrer
Dienste bereits begangenen Verletzungen an Rechten des
geistigen Eigentums beenden, sondern auch neuen
Verletzungen vorbeugen. Diese Grundsätze der einen
Access-Provider betreffenden Entscheidung hat der
EuGH in seiner Entscheidung „Sabam“ (Rs. C-360/10)
auch für Host-Provider bestätigt. Inwieweit die in beiden
Entscheidungen entwickelten Grundsätze auf ein etwai-
ges vorgerichtliches Warnhinweismodell zu übertragen
wären, hinge von der konkreten Ausgestaltung eines
solchen Modells ab.
Zu Frage 49:
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Techno-
logie hat eine Studie zu den innerhalb der Europäischen
Union diskutierten Modellen zur Versendung von
Warnhinweisen in Auftrag gegeben. Diese Studie liegt
nunmehr vor und soll die Grundlage für die weitere Dis-
kussion zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzun-
gen im Internet sein. Die Bundesregierung wird die
Studie zunächst mit den im Wirtschaftsdialog beteiligten
Rechteinhabern und Diensteanbietern erörtern.
Anlage 25
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage
der Abgeordneten Doris Barnett (SPD) (Drucksache
17/8723, Frage 50):
Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus dem Gut-
achten des Europäischen Gerichtshofes, EuGH, vom 8. März
2011, welcher zu dem Schluss kommt, ein geplantes EU-Pa-
tentgericht würde gegen europäisches Recht verstoßen, und
welche Anstrengungen hat die Bundesregierung unternom-
men, um dafür Sorge zu tragen, dass bei einer Errichtung des
EU-Patentgerichtes der Sitz in Deutschland angesiedelt wird?
Der Gerichtshof war in seinem Gutachten A-1/09 zu
der Überzeugung gelangt, dass die ihm vorgelegte Fas-
sung des Übereinkommensentwurfs nicht vollständig
den Vorgaben des Unionsrechts entsprach. Die Kritik des
EuGH betrifft im Wesentlichen eine Beeinträchtigung
der Garantiefunktion nationaler Gerichte bei der Wah-
rung des Unionsrechts. Diese werde untergraben, wenn
das zur Streitentscheidung berufene Fachgericht – wie
seinerzeit geplant – als internationales Gericht unter Be-
teiligung von Drittstaaten ausgestaltet würde.
Die an den Verhandlungen beteiligten Mitgliedstaaten
beabsichtigen diesem Einwand des Gerichtshofes da-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012 19191
(A) (C)
(D)(B)
durch Rechnung zu tragen, dass das Europäische Patent-
gericht nicht – wie ursprünglich geplant als internationa-
les Gericht mit Drittstaatenbeteiligung – sondern als
gemeinsames Gericht ausschließlich der beteiligten
EU-Mitgliedstaaten errichtet wird. Auf diese Weise soll
das Gericht in die bestehende europäische Justizstruktur
eingebunden werden. Unionsrechtliche Pflichten wie
zum Beispiel die Durchführung eines Vorabentschei-
dungsverfahrens nationaler Gerichte zur Auslegung des
Unionsrechts durch den Gerichtshof gelten auch für das
gemeinsame Europäische Patentgericht.
Die Bundesregierung setzt sich in den Verhandlungen
mit Nachdruck für München als Sitz der Zentralkammer
ein, die nach deutschem Vorbild insbesondere für Patent-
nichtigkeitsverfahren zuständig sein soll. München ist
als europäische Patenthauptstadt am besten als zentraler
Sitz des Patentgerichts geeignet. Das Europäische Pa-
tentamt, das das EU-Patent erteilen soll, hat hier seinen
Sitz. Die erforderliche Fachkompetenz der Richter und
Anwaltschaft ist hier in besonderem Maße vorhanden.
Auch Frankreich hat sich um den Sitz beworben (Paris).
Eine Gesamteinigung hängt im Wesentlichen von dieser
Sitzfrage ab. Die Bundesregierung wird sich weiterhin
auf allen Ebenen für München als Zentralkammersitz
einsetzen.
Die dezentrale Struktur des Gerichts sieht vor, dass
Patentverletzungsverfahren vor den in den Mitgliedstaa-
ten angesiedelten Lokal- oder Regionalkammern geführt
werden. Es ist davon auszugehen, dass auf die in
Deutschland ansässigen Lokalkammern ein beträchtli-
cher Anteil am Gesamtvolumen der Streitigkeiten entfal-
len wird.
Anlage 26
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Fragen
des Abgeordneten Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Fragen 51 und 52):
Hat die Bundesregierung, beispielsweise aufgrund von
Mitteilungen der portugiesischen Regierung, der Europäi-
schen Zentralbank, des Internationalen Währungsfonds oder
der EU-Kommission, Hinweise darauf, dass zusätzliche Un-
terstützung für Portugal oder eine Anpassung der bisherigen
Hilfsmaßnahmen für Portugal notwendig werden könnten,
und, wenn ja, seit wann?
Hat der Bundesminister der Finanzen, Dr. Wolfgang
Schäuble, Mitgliedern der portugiesischen Regierung gegen-
über Aussagen über die Haltung der Bundesregierung zu einer
möglichen zusätzlichen Unterstützung für Portugal oder zu ei-
ner möglichen Anpassung der bisherigen Hilfsmaßnahmen
gemacht?
Zu Frage 51:
Vonseiten der EZB, des IWF und der EU-Kommis-
sion wurde bislang die planmäßige Umsetzung der Vor-
gaben des Anpassungsprogramms bestätigt. Den Abwei-
chungen beim Haushalt 2011 wurde durch strukturelle
Maßnahmen im Haushalt 2012 Rechnung getragen.
Ebenso liegt die portugiesische Regierung bei der Um-
setzung von strukturellen Reformen des Haushaltsrah-
mens im Plan. Das Risiko fiskalischer Abweichungen
wird somit verringert. Auch finanziert sich Portugal wei-
terhin mit kurzfristigen Papieren erfolgreich am Markt.
Dementsprechend ist nach derzeitigem Stand von kei-
nem zusätzlichen Programmbedarf auszugehen. Das
Programm geht davon aus, dass Portugal sich ab Mitte
2013 wieder teilweise am Markt mit mittel- und langfris-
tigen Papieren finanziert. Das derzeitige Renditeniveau
der am Sekundärmarkt gehandelten portugiesischen
Staatsanleihen ist anderthalb Jahre vor der geplanten
Rückkehr an den Markt noch kein Indikator für die Er-
folgsaussichten dieses Vorhabens. Vielmehr ist entschei-
dend, dass Portugal weiterhin die strukturelle Reform-
agenda sowie die Konsolidierungsvorgaben der Troika
strikt umsetzt. Dies wird letztendlich auch die Märkte
überzeugen.
Zu Frage 52:
Sofern sich die Frage auf ein vom portugiesischen
Fernsehsender TVI aufgezeichnetes Gespräch zwischen
dem Bundesminister der Finanzen und dem portugiesi-
schen Finanzminister am Rande des Treffens der Euro-
Finanzminister am 9. Februar 2012 in Brüssel bezieht,
weise ich ausdrücklich darauf hin, dass es sich hierbei
um ein persönliches Gespräch handelte und diese Auf-
zeichnung zumindest als rechtlich problematisch einzu-
schätzen ist.
Die in Rede stehende Videoaufzeichnung hat überdies
eine Aussage sinnentstellend aus dem Zusammenhang
gerissen: Es wurde in diesem Gespräch über ein allge-
meines Verständnis in der Euro-Gruppe gesprochen und
keine Aussagen über ein konkretes Programm für Portu-
gal getroffen. Soweit ein Land seine Konsolidierungs-
anstrengungen konsequent fortsetzt – und genau hierum
hat der Bundesminister der Finanzen den portugiesi-
schen Finanzminister gebeten – und ihre Programmver-
pflichtungen einhalten, so kann bei nicht absehbaren
Schwierigkeiten von einer höheren Bereitschaft der an-
deren Mitgliedstaaten der Euro-Zone zu einer Hilfestel-
lung – zum Beispiel im Sinne einer Programmanpas-
sung – ausgegangen werden.
Der Bundesminister der Finanzen hat dem portugiesi-
schen Finanzminister indes keine Zusagen für ein zweites
Anpassungsprogramm für Portugal gemacht. Portugal hat
mehrfach erklärt, dass es kein zweites Programm brau-
chen wird oder beantragen will. Die am 27. Februar zu
Ende gegangene Mission der Troika zur dritten Überprü-
fung Portugals bestätigte erneut den trotz eingetrübter
Wirtschaftsentwicklung insgesamt planmäßigen Verlauf
des Programms. Demzufolge gibt es keinen absehbaren
Bedarf zur Anpassung der Programmziele.
Bislang hat die Regierung durch die entschlossene
Umsetzung der Maßnahmen gezeigt, dass sie sich den
Programmzielen verpflichtet fühlt. Daher stellt sich die
Frage nach einer Flexibilisierung der Programmziele
derzeit nicht.
19192 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012
(A) (C)
(D)(B)
Anlage 27
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Fra-
gen des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723,
Frage 53):
Wie wird die Bundesregierung sicherstellen, dass die
neuen Finanzhilfen für Griechenland über mindestens
130 Milliarden Euro nur ausgezahlt werden, wenn der zuge-
sagte Schuldenschnitt aller Privatgläubiger einschließlich der
Hedgefonds über mindestens 53 Prozent diesmal auch tat-
sächlich vollzogen wird, nachdem die Finanzhilfen für Grie-
chenland vom Mai 2010 in Höhe von 110 Milliarden Euro
weitgehend ausgezahlt wurden, ohne dass der damals fest ver-
einbarte Schuldenschnitt von 21 Prozent für Privatgläubiger
bis heute realisiert wurde, und nachdem rechtsverbindliche
schriftliche Zusagen bisher wieder nicht vorliegen und bis zu
den Iden des März vermutlich nicht vorliegen werden, und
aus welchen Gründen hält die Bundesregierung ausgerechnet
deutsche Bundesminister – insbesondere den Bundesminister
der Finanzen – für besonders geeignet, der griechischen Re-
gierung und dem griechischen Volk ultimativ Auflagen anzu-
kündigen und zu machen, wie das aufgezwungene radikale
Sparpaket vor allem zulasten der sozial Schwachen in Grie-
chenland durchgesetzt und dies sogar mittels EU-Verwalter
und Sperrkonto abgesichert werden soll?
Ein Schuldenschnitt von 21 Prozent ist im Mai 2010
nicht vereinbart worden. Griechenland hat am 24. Fe-
bruar 2012 das offizielle Angebot zum Anleihetausch
abgegeben. Bis zum 8. März 2012 haben die Anleihe-
gläubiger nun Zeit, verbindlich ihre Teilnahme zu signa-
lisieren. Am 9. März 2012 wird Griechenland dann ge-
meinsam mit der Euro-Gruppe beschließen, ob eine
ausreichende Teilnahmequote erreicht wurde und der
freiwillige Tausch durchgeführt wird. Ein erfolgreicher
Abschluss des Anleihetausches ist eine notwendige Be-
dingung für eine Entscheidung über das zweite Hilfspro-
gramm für Griechenland.
Die Auflagen des Hilfsprogramms werden von den
Experten der Troika aus Internationalem Währungs-
fonds, Europäischer Zentralbank und Europäischer
Kommission mit Griechenland ausgehandelt und nicht
durch die Finanzminister der Euro-Zone. Erst im An-
schluss an die Einigung zwischen Griechenland und der
Troika haben dann auch die Finanzminister der Euro-
Zone als Vertreter der Geber dem Maßnahmenpaket ihre
Zustimmung signalisiert.
Am 21. Februar 2012 haben die Finanzminister der
Euro-Zone zusammen mit Griechenland zudem verein-
bart, dass die Kontrollmechanismen im Rahmen des Pro-
gramms intensiviert werden sollen.
Anlage 28
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage
der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE)
(Drucksache 17/8723, Frage 54):
Mit welchen fiskalischen Belastungen durch den Sonder-
fonds für Finanzmarktstabilisierung, Soffin, infolge von
Abschreibungen auf griechische Staatsanleihen bei der
FMS Wertmanagement AöR nach der Einigung der Finanz-
minister zu einem Schuldenschnitt für Griechenland rechnet
die Bundesregierung, und teilt die Bundesregierung weiterhin
die Aussage des Bundesministers der Finanzen, Dr. Wolfgang
Schäuble: „Alle Maßnahmen, mit denen wir es Griechenland
ermöglicht haben, für einige Jahre nicht die Finanzmärkte in
Anspruch nehmen zu müssen und an der Gesundung seiner
Wirtschaft zu arbeiten, haben den deutschen Steuerzahler bis-
her nichts gekostet“ (Der Spiegel vom 15. August 2011)?
Vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Ent-
wicklungen hat die FMS Wertmanagement bereits im
vergangenen Jahr auf ihr Griechenland-Engagement von
rund 9 Milliarden Euro eine Risikovorsorge von knapp
6 Milliarden Euro zum dritten Quartal 2011 gebildet.
Die FMS Wertmanagement kann das Volumen der Ab-
schreibungen auf ihr Griechenland-Engagement noch
nicht endgültig beziffern: Hierfür müssen zunächst die
finanziellen Auswirkungen der jüngst vereinbarten PSI-
Bedingungen – die wichtigste ist ein Schuldenschnitt
von 53,5 Prozent des Nominalvolumens – im Einzelnen
berechnet und der Jahresabschluss 2011 finalisiert wer-
den. Daran wird intensiv gearbeitet. Es ist jedoch davon
auszugehen, dass sich die Abschreibungen erhöhen wer-
den.
Wie Sie wissen, ist der Sonderfonds für Finanzmarkt-
stabilisierung, Soffin, ein Sonderfonds, gegenüber dem
die FMS Wertmanagement einen Ausgleichsanspruch
hat. Es muss daher ausdrücklich darauf hingewiesen
werden, dass etwaige Kosten für den Steuerzahler erst
bei der Endabrechung des Soffin festzustellen wären.
Vorher kann hierzu keine abschließende Aussage getrof-
fen werden. Die Verluste der FMS Wertmanagement ha-
ben bisher keine Auswirkungen auf den Haushalt ge-
habt.
Anlage 29
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage
der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE)
(Drucksache 17/8723, Frage 55):
Welche Risiken sieht die Bundesregierung infolge der ak-
tuell sinkenden Steuereinnahmen für die Einhaltung der
Schuldenbremse auch vor dem Hintergrund der beabsichtig-
ten Steuerentlastung durch das Gesetz zum Abbau der kalten
Progression, und welcher Vorgang führte zu dem einmaligen
Sondereffekt, der nach Berichten der Süddeutschen Zeitung
vom 23. Februar 2012 das Steueraufkommen zunächst um
1,6 Milliarden Euro erhöht habe, der aber im Laufe dieses
Jahres zu einer Rückerstattung in gleichem Umfang führe?
Die Schuldenbremse ermöglicht eine nachhaltige und
jederzeit konjunkturgerechte Finanzpolitik. Bei der Er-
mittlung der zulässigen Neuverschuldung werden über
die Konjunkturkomponente die konjunkturbedingten
Veränderungen von Einnahmen und Ausgaben berück-
sichtigt. Konjunkturbedingte Veränderungen von Ein-
nahmen und Ausgaben führen somit zu entsprechenden
zusätzlichen oder geringeren Spielräumen bei der Netto-
kreditaufnahme, NKA.
Nach der außerordentlich positiven Haushaltsent-
wicklung im letzten Jahr werden wir auch mit dem Bun-
deshaushalt 2012 die zulässige Neuverschuldung deut-
lich unterschreiten und die Schuldenbremse zuverlässig
einhalten (Soll-Nettokreditaufnahme: 26,1 Milliarden
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012 19193
(A) (C)
(D)(B)
Euro; zulässige Nettokreditaufnahme gemäß Schulden-
bremse: 40,5 Milliarden Euro). Dies gilt auch für den ge-
planten Nachtragshaushalt 2012. Darüber hinaus werden
wir neue politische Prioritäten – ebenso in Einklang mit
den Vorgaben der Schuldenbremse – bei den Eckwerten
zum Bundeshaushalt 2013 und neuen Finanzplan bis
2016 berücksichtigen.
Wie bereits für das vergangene Haushaltsjahr wird die
Bundesregierung auch für den laufenden Haushalt und
alle zukünftigen Haushalte die Konjunkturkomponente
entsprechend der tatsächlichen wirtschaftlichen Ent-
wicklung anpassen. Dadurch werden konjunkturbe-
dingte Veränderungen, die sich insbesondere bei den
Steuereinnahmen im Haushaltsvollzug ergeben können,
im Rahmen der Schuldenbremse berücksichtigt.
Der im Januar 2012 zu Mehreinnahmen von circa
1,6 Milliarden Euro führende Sondereffekt wird durch
eine Ausschüttung im Konzernverbund verursacht. Be-
troffen sind hiervon die unter den nicht veranlagten
Steuern vom Ertrag verbuchte Kapitalertragsteuer und
der darauf entfallende Solidaritätszuschlag.
Die auf eine Ausschüttung gezahlte Kapitalertrag-
steuer ist beim Empfänger der Ausschüttung auf die
Körperschaftsteuerschuld anrechenbar, was zu einer ent-
sprechenden Minderung des Körperschaftsteueraufkom-
mens zuzüglich des darauf entfallenden Solidaritätszu-
schlags führt. Da diese Anrechnung erst im Rahmen der
noch ausstehenden Veranlagung des Ausschüttungsemp-
fängers erfolgt, erhöhte dieser Fall im Januar zunächst
das Steueraufkommen insgesamt.
Der Zeitpunkt der Erstattung ist unter anderem abhän-
gig von der Abgabe der Steuererklärung durch den
Ausschüttungsempfänger. Aufgrund der Höhe der Er-
stattungsansprüche ist sehr wahrscheinlich, dass die Ver-
anlagung noch im Jahr 2012 stattfindet. Damit würde
das zu erwartende Jahressteueraufkommen insgesamt
durch diesen Sonderfall nicht verändert, da den Mehr-
einnahmen im Januar entsprechende Mindereinnahmen
später im Jahr gegenüberstehen.
Anlage 30
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die
Frage des Abgeordneten Heinz Paula (SPD) (Drucksa-
che 17/8723, Frage 56):
Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die
berufsspezifischen Risiken und Gefährdungen der langjährig
Beschäftigten bei den Werkfeuerwehren in der chemischen
Industrie vor, und inwieweit sind die Regelungen in Zusam-
menhang mit der Anhebung des Renteneintrittsalters auf die
Situation dieser Berufsgruppe abgestimmt?
Der Bundesregierung liegen keine speziellen Er-
kenntnisse über die berufsspezifischen Risiken und Ge-
fährdungen bei den längjährigen Beschäftigten der
Werkfeuerwehren in der chemischen Industrie vor.
Vor dem Hintergrund der steigenden Lebenserwar-
tung hat die Bundesregierung mit der schrittweisen An-
hebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf
67 Jahre bis zum Jahr 2029 ein verbindliches Signal an
die Gesellschaft und die Wirtschaft gesetzt, auf die
Potenziale der älteren Arbeiternehmer stärker zurückzu-
greifen.
Die Schaffung einer vorzeitigen und abschlagsfreien
Altersrente für die Beschäftigten bestimmter Berufs-
gruppen, beispielsweise der Feuerwehr, würde zunächst
die beschlossene Anhebung der Altersgrenzen konterka-
rieren.
Im geltenden Rentenrecht bestehen berufsbezogene
Sonderbestimmungen nur zugunsten der Bergleute im
Rahmen der knappschaftlichen Rentenversicherung.
Dieser Versicherungszweig weist aber – nicht zuletzt
auch wegen der besonderen Altersgrenze für Bergleute –
ein spezielles Beitragsrecht auf. Neben einer höheren
Beitragsbemessungsgrenze gilt auch ein höherer Bei-
tragssatz.
Die allgemeine Rentenversicherung kennt derartige
Vergünstigungen nicht. Eine entsprechende Regelung
wäre nicht mit dem Gedanken der Beitragsgerechtigkeit
vereinbar. Sie würde dazu führen, dass zwar für alle
versicherungspflichtig Beschäftigten der gleiche Bei-
tragssatz gilt, jedoch die Beschäftigten bestimmter Be-
rufsgruppen durch eine vorzeitige Rentenzugangsmög-
lichkeit privilegiert würden.
Es ist unbestritten, dass die tägliche Arbeit eines Be-
schäftigten bei der Feuerwehr besondere Anforderungen
stellt. Es gibt aber auch weitere Berufsgruppen mit be-
sonderen Belastungen, wie zum Beispiel Berufspiloten,
Schichtarbeiter, Stahlarbeiter in der 1. und 2. Hitze, im
Pflegedienst Beschäftigte usw. Die Prüfung derartiger
Forderungen nach berufsgruppenbezogenen Lösungen
führten stets zum Ergebnis, dass der Ausschluss ver-
gleichbarer Personengruppen (Taucher, Berufskraftfah-
rer, Lokomotivführer und Ähnliche) kaum zu rechtferti-
gen wäre, sodass mit einer ständigen Ausweitung
gerechnet werden müsste.
Anlage 31
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die
Frage des Abgeordneten Heinz Paula (SPD) (Drucksa-
che 17/8723, Frage 57):
Ist der Hinweis von kommunaler Seite zutreffend, dass bei
der Personalkostenerstattung für städtische Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter in den Jobcentern mit § 16 der Verwaltungs-
kostenfeststellungsverordnung – in Kraft getreten zum 1. Ja-
nuar 2012 – finanzielle Lasten für Versorgungsaufwendungen
der Beamten vom Bund auf die Kommunen abgewälzt wer-
den, und wie wird diese Änderung zulasten der Kommunen
vonseiten des Bundes sachlich begründet?
Die zwischen Bund, BA, Ländern und kommunalen
Spitzenverbänden abgestimmte Verordnung zur Fest-
stellung der Gesamtverwaltungskosten der gemeinsa-
men Einrichtung (Verwaltungskostenfeststellungsver-
ordnung – VKFV, BGBl I 2011, Seite 1714) regelt, nach
welchen Maßstäben die Gesamtverwaltungskosten der
gemeinsamen Einrichtung, die für die Berechnung des
Finanzierungsanteils des Bundes nach § 46 Abs. 3 Satz 1
19194 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012
(A) (C)
(D)(B)
des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) maßgeb-
lich sind, zu bestimmen sind. Sie war erforderlich, da die
Abrechnung der Verwaltungskosten für die gemeinsa-
men Einrichtungen nach § 44 b SGB II anders als für die
zugelassenen kommunalen Träger zuvor nicht einheit-
lich geregelt war.
Die Verordnung soll eine einheitliche, für die Träger
transparente und rechtssichere Praxis bei der Bestim-
mung der Gesamtverwaltungskosten ermöglichen.
Grundsätzlich werden bei der Bestimmung der Ge-
samtverwaltungskosten der gemeinsamen Einrichtung
die im Rahmen des gesetzlichen Auftrags entstehenden
Ist-Kosten der beiden Träger Bundesagentur und Kom-
mune nach dem SGB II berücksichtigt. Aus verwal-
tungsökonomischen Gründen wurde daneben unter an-
derem eine Pauschale für die Versorgungsaufwendungen
der Beamtinnen und Beamten (§§ 7, 16 VKFV) bis zu
30 Prozent festgelegt. Diese Regelung erfolgte in Anleh-
nung an die seit April 2008 geltende Kommunalträger-
Abrechnungsverwaltungsvorschrift zur Abrechnung der
Verwaltungskosten durch die zugelassenen kommunalen
Träger. Dieser Wert ist wiederum angelehnt an den vom
Bundesministerium der Finanzen in seinem jährlich he-
rausgegebenen Schreiben zur Berücksichtigung der Per-
sonal- und Sachkostensätze in dieser Höhe angeführten
Richtwert für die Berücksichtigung der Versorgungsauf-
wendungen für Beamtinnen und Beamte.
Um insbesondere die Auskömmlichkeit der Pauscha-
len zu überprüfen, wurde in § 21 VKFV vorgesehen, die
Umsetzung der Regelungen der VKFV mittels eines Mo-
nitorings zu begleiten. Die Ergebnisse des Monitorings
sollen in einen Bericht münden, der basierend auf den
Daten des Jahres 2012 erstellt wird.
Anlage 32
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die
Fragen der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm (SPD)
(Drucksache 17/8723, Fragen 58 und 59):
Welche Position vertritt die Bundesregierung in den Ver-
handlungen auf EU-Ebene zur Überarbeitung der Modernisie-
rungsrichtlinie (2003/51/EG) in Bezug auf gesetzliche Offen-
legungspflichten für Unternehmen hinsichtlich der sozialen
und ökologischen Bedingungen entlang der Produktions- und
Lieferketten, insbesondere vor dem Hintergrund der im ARD-
Magazin Monitor vom 2. Februar 2012 erschienenen Aussa-
gen der Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Dr. Ursula
von der Leyen, dass Diskussionen mit der EU-Kommission
geführt werden, „für welche Bereiche es Berichtspflichten ge-
ben soll“, und dass die Bundesministerin für den Dialog „of-
fen“ sei?
Welche Schlussfolgerungen hat die Bundesregierung aus
der Mitteilung der EU-Kommission „Eine neue EU-Strategie
(2011-14) für die soziale Verantwortung der Unternehmen
(CSR)“ (KOM(2011) 681 endgültig) gezogen, und welche
Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, damit Unterneh-
men ihrer Verantwortung entlang der Produktions- und Liefer-
ketten verstärkt nachkommen?
Zu Frage 58:
Die Bundesregierung begrüßt grundsätzlich die ak-
tuelle CSR-Initiative der Europäischen Kommission und
ist an einem konstruktiven Fortgang der Umsetzung ei-
ner europäischen CSR-Strategie interessiert. Auf der
Grundlage des im Oktober 2010 verabschiedeten Natio-
nalen Aktionsplans CSR setzt die Bundesregierung auf
das Primat der Freiwilligkeit von CSR-Aktivitäten und
spricht sich vor diesem Hintergrund gegen neue gesetzli-
che Berichtspflichten zu nichtfinanziellen (das heißt so-
zialen und ökologischen) Informationen im Rahmen von
CSR aus. Solche gesetzlichen Berichtspflichten würden
eine Abkehr vom Prinzip der Freiwilligkeit bedeuten
und wären mit erheblichem Bürokratieaufwand insbe-
sondere für kleine und mittlere Unternehmen in
Deutschland, aber auch für alle anderen Unternehmens-
gruppen verbunden.
In Gesprächen mit der Europäischen Kommission ist
vereinbart worden, dass zunächst vonseiten der Europäi-
schen Kommission eine Konkretisierung der Pläne erfol-
gen soll und dabei die berechtigten Belange der Unter-
nehmen zu berücksichtigen sind.
Im Sinne der von Bundesministerin Dr. Ursula von
der Leyen gegenüber der Presse dargelegten Absicht ei-
ner offenen Diskussion mit der Europäischen Kommis-
sion hat die Bundesregierung keine Vorfestlegung von
Kriterien zur Beurteilung getroffen. Insoweit wird von-
seiten der Bundesregierung zum gegenwärtigen Zeit-
punkt dazu auch kein gesetzgeberischer Handlungsbe-
darf gesehen.
Zu Frage 59:
Die Bundesregierung begrüßt grundsätzlich die ak-
tuelle CSR-Initiative der Europäischen Kommission und
unterstützt die Stärkung gesellschaftlich verantwortungs-
voller Unternehmensführung (Corporate Social Respon-
sibility, CSR). Das soziale Engagement von Unterneh-
men im Hinblick auf Lieferketten kann insbesondere
darin zum Ausdruck kommen, dass Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer fair behandelt und beteiligt und in der
internationalen Wertschöpfungskette die Menschen-
rechte geachtet werden. Mit dem Nationalen Aktionsplan
CSR will die Bundesregierung verantwortungsbewusste
Unternehmen unterstützen, nachhaltiges Wirtschaften in
die Breite tragen und Transparenz herstellen, damit Ver-
braucher und Verbraucherinnen CSR einfordern bzw. be-
lohnen und sich die Marktkräfte dadurch im Sinne einer
nachhaltigen Entwicklung besser entfalten können.
Im Übrigen verfügt Deutschland über weitreichende
rechtliche Regelungen zu sozial- und ökologischen Stan-
dards, wie beispielsweise die ILO-Kernarbeitsnormen
und das Kioto-Protokoll. Darüber hinaus hat sich die
Bundesregierung zur Umsetzung der OECD-Leitsätze
für multinationale Unternehmen verpflichtet. Diese ent-
halten Grundsätze und Maßstäbe für gute Praktiken auch
im Bereich der Produktions- und Lieferketten im Ein-
klang mit dem geltenden Recht und international aner-
kannten Standards. Die Beachtung der Leitsätze durch
die Unternehmen beruht auf dem Prinzip der Freiwillig-
keit und hat keinen rechtlich zwingenden Charakter. Al-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012 19195
(A) (C)
(D)(B)
lerdings können einige Fragen, die unter die Leitsätze
fallen, auch auf der Ebene des nationalen Rechts oder in-
ternationaler Verpflichtungen geregelt werden.
Anlage 33
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Peter Bleser auf die Frage des
Abgeordneten Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 60):
Wird die Bundesregierung unter der Voraussetzung, dass
der Bundesrat dem am 23. Februar 2012 im Bundesratsaus-
schuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz beschlossenen
Antrag zur Übergangsfrist für bestehende Kleingruppenhal-
tungen bei Legehennen ebenfalls zustimmt, diesen Beschluss
in einer Verordnung umsetzen?
Aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsge-
richts vom 12. Oktober 2010 sind die Regelungen der
Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zur Kleingrup-
penhaltung von Legehennen ab dem 1. April 2012 nicht
mehr anwendbar. Die resultierende Rechtslage ist für die
Vollzugsbehörden wie für die betroffenen Tierhalter
nicht befriedigend und schwächt den Tierschutz.
Vor diesem Hintergrund begrüßt die Bundesregierung
die Bemühungen des Bundesrates, zu einer Lösung zu
kommen. Der erwähnte Antrag begegnet jedoch erhebli-
chen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Bundes-
regierung appelliert daher an den Bundesrat, dem Antrag
in der vorliegenden Form im Interesse des Tierschutzes
nicht zuzustimmen.
Anlage 34
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Peter Bleser auf die Frage des
Abgeordneten René Röspel (SPD) (Drucksache
17/8723, Frage 61):
Hat der im Februar 2011 vom Parlamentarischen Staatsse-
kretär Dr. Gerd Müller in der Antwort zu der schriftlichen
Frage 59 auf Bundestagsdrucksache 17/4813 der Abgeordne-
ten Cornelia Behm, Bündnis 90/Die Grünen, angekündigte
Runde Tisch zur Aquakultur inzwischen stattgefunden und,
falls ja, mit welchem Ergebnis?
Am 29. und 30. Juni 2011 fand unter Leitung des
BMELV der „Runde Tisch Aquakultur“ statt. BMELV
kam damit der Bitte des Präsidenten des Bundesmarkt-
verbandes der Fischwirtschaft, BMV, im Rahmen des
fischereipolitischen Gesprächs des BMV an Frau Bun-
desministerin Aigner nach.
An dem Gespräch nahmen die Bundesressorts
BMELV und BMU, die Fischereireferenten der Länder
und Vertreter der betroffenen Fischerei-, Umwelt- und
Naturschutzverbände teil.
Schwerpunkt der Diskussion waren alle die Aquakul-
tur berührenden Themen, wie unter anderem die Ver-
besserung der Rahmenbedingungen für die Aquakultur,
Fragen des Tierschutzes, Fischseuchenfragen und insbe-
sondere die Rolle der Aquakultur im Rahmen der Re-
form der Gemeinsamen Fischereipolitik.
Konkrete Beschlüsse wurden nicht gefasst.
Anlage 35
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage
des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE)
(Drucksache 17/8723, Frage 62):
Welche weiter gehenden Überlegungen oder Absprachen
wurden zur Beschaffung von weiteren High-Altitude-Long-
Endurance-Imagery-Intelligence-Drohnen „HALE IMINT“ für
den NATO-Verband Alliance Ground Surveillance angestellt
bzw. getroffen, wie es die Bundesregierung in der Bundes-
tagsdrucksache 17/8893 in einem Nebensatz vorträgt, und
inwiefern wäre bei der beabsichtigten Stationierung in
Sigonella/Sizilien hierzu die Bewilligung der italienischen
Regierung einzuholen, zumal es sich nach Angaben der Bun-
desregierung um eine „nationale Beistellung“ handelt, die
Drohnen also von der Bundeswehr stationiert und betrieben
werden?
Alliance Ground Surveillance, AGS, soll aus einem
NATO-eigenen Anteil, dem sogenannten AGS Core, be-
stehen und gegebenenfalls durch Aufklärungsergebnisse,
die durch nationale Aufklärungsmittel gewonnen wer-
den, ergänzt werden. Im Rahmen dieser Ergänzungsop-
tion beabsichtigt Deutschland, AGS Core durch eine in-
teroperable nationale Beistellung von HALE IMINT zu
ergänzen. Hierbei handelt es sich lediglich um Planun-
gen. Eine konkrete Beschaffungsentscheidung steht der-
zeit nicht an. Es gibt bisher keinerlei Überlegungen, eine
solche nationale Beistellung im Ausland zu stationieren.
Anlage 36
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage
des Abgeordneten Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE)
(Drucksache 17/8723, Frage 63):
Welche Unterstützungsleistungen hat das European Air
Transport Command, EATC, für die NATO-Operation Unified
Protector in welchem Zeitraum erbracht, und welchen Anteil
hatte die Bundeswehr daran?
Das European Air Transport Command, EATC, hat
für die NATO-Operation Unified Protector koordinie-
rende und logistische Unterstützungsleistungen für die
Partnernationen Belgien, Frankreich und Niederlande
während des Konflikts erbracht. Das EATC hat diese
Partnernationen durch Planung und Führung von insge-
samt circa 360 Missionen unterstützt. Dabei wurden ins-
gesamt circa 4 160 Flugstunden durchgeführt. Die logis-
tische Unterstützung zum Transport von alliierten
Passagieren und Fracht durch Lufttransportkräfte der
Bundeswehr erstreckte sich auf 30 Missionen mit insge-
samt circa 520 Flugstunden, das bedeutet einen Anteil
von circa 8 Prozent an den einzelnen Missionen bzw.
circa 13 Prozent an den Flugstunden. Keiner dieser
Flüge führte jedoch in das Einsatzgebiet über Nord-
afrika.
19196 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012
(A) (C)
(D)(B)
Der Anteil der Bundeswehr an der Planungs- und
Führungsleistung des EATC ist nicht unmittelbar zu be-
rechnen. Von den derzeit 181 Dienstposten im EATC be-
setzt die Bundeswehr 72 Dienstposten. Dies entspricht
einem Anteil von circa 40 Prozent.
Anlage 37
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die
Frage der Abgeordneten Heidrun Dittrich (DIE LINKE)
(Drucksache 17/8723, Frage 64):
Wie stellt sich die Belegungsstatistik – Zugänge, Entlas-
sungen und Todesfälle – in den Jahren 1950, 1955, 1960, 1965
und 1970 in deutschen Kinderheimen – Bundesrepublik
Deutschland und Deutsche Demokratische Republik zusam-
men – dar, und welche Gründe für die Todesfälle sind der
Bundesregierung bekannt (inklusive Todesfälle von Kindern,
die aus Heimen in Krankenhäuser gebracht wurden und dort
verstorben sind)?
Der Bundesregierung liegen weder eine Belegungssta-
tistik mit diesen Informationen noch statistische Angaben
zu Todesfallzahlen noch Informationen zu Gründen für
mögliche Todesfälle in der stationären Heimunterbrin-
gung der Bundesrepublik Deutschland bzw. der DDR in
den hinterfragten Zeiträumen vor.
Anlage 38
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die
Frage der Abgeordneten Heidrun Dittrich (DIE
LINKE) (Drucksache 17/8723, Frage 65):
Wie viele Anträge für den „Fonds Heimerziehung“ wur-
den bislang gestellt, und wie stellt sich deren Aufschlüsselung
nach abgeschlossenen, abgelehnten und unbearbeiteten
Vorgängen dar (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)?
Der Fonds „Heimerziehung in der Bundesrepublik
Deutschland in den Jahren 1949 bis 1975“ ermöglicht
eine niedrigschwellige und unbürokratische Umsetzung
der Fondsziele gegenüber den betroffenen ehemaligen
Heimkindern.
Die Betroffenen stellen keine Anträge, auf die sie
dann Bescheide erhalten, sondern es werden unmittelbar
in den Anlauf- und Beratungsstellen Vereinbarungen
über den notwendigen Hilfebedarf geschlossen. Diese
werden dann durch die Fondsverwaltung nur noch auf
Schlüssigkeit geprüft. Nach erfolgter Prüfung werden
die benötigten finanziellen Mittel entweder zur Finanzie-
rung des Hilfebedarfs zur Verfügung gestellt oder als
entschädigungsähnliche Leistung zum Ausgleich der
Folgen nicht bezahlter Sozialversicherungsbeiträge in
der Rentenversicherung ausbezahlt.
Aktueller Sachstand:
Derzeit liegen der Fondsverwaltung 21 Vereinbarun-
gen von Anlauf- und Beratungsstellen vor: 20 Verein-
barungen aus Niedersachsen und eine Vereinbarung aus
Hessen. In zwei Fällen sind positive Schlüssigkeits-
prüfungen erfolgt; die übrigen Vereinbarungen befinden
sich noch in Bearbeitung. Abgelehnte Vereinbarungen
gibt es keine.
Nach Rückfrage in den regionalen Anlauf- und Bera-
tungsstellen sind aktuell in jedem Bundesland zwischen
80 und 140 Vereinbarungen für konkrete materielle
Bedarfe in Bearbeitung. Insgesamt befinden sich damit
bundesweit derzeit circa 1 300 Vorgänge in der Bearbei-
tung.
Aufgrund der unterschiedlichen Bearbeitungsstände
in den Bundesländern ist eine genaue Aufschlüsselung
nicht möglich.
Anlage 39
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage
der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 66):
Wann plant die Bundesregierung, nachdem sie am 28. Fe-
bruar 2012 in Genf im Rahmen des High Level Segment des
UN-Menschenrechtsrates an der Unterzeichnerzeremonie teil-
genommen hat und nachdem die Bundesministerin für Fami-
lie, Senioren, Frauen und Jugend, Dr. Kristina Schröder, im
Rahmen dessen für Deutschland das Zusatzprotokoll zur UN-
Kinderrechtskonvention, die Individualbeschwerde betref-
fend, unterzeichnet hat, einen Gesetzentwurf zur Ratifizierung
dieses Zusatzprotokolls in den Deutschen Bundestag einzu-
bringen?
Frau Bundesministerin Dr. Kristina Schröder hat ges-
tern gemeinsam mit dem Deutschen Botschafter und
Ständigen Vertreter bei den Vereinten Nationen in Genf,
Herrn Dr. Hanns Heinrich Schumacher, das neue Fakul-
tativprotokoll zur VN-Kinderrechtskonvention für
Deutschland unterzeichnet. Nach der nun erfolgten
Unterzeichnung wird die Bundesregierung das Verfahren
zur Ratifizierung einleiten. In diesem Zusammenhang
wird auch über einen konkreten Zeitplan entschieden
werden.
Anlage 40
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf
die Fragen des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE
LINKE) (Drucksache 17/8723, Fragen 67 und 68):
Welche Erfahrungen und Ergebnisse gibt es aus Sicht der
Bundesregierung im Zusammenhang mit dem im Sommer
2009 verabschiedeten Gesetz zur Regelung des Assistenzpfle-
gebedarfs im Krankenhaus für Menschen mit Behinderung,
und inwieweit sieht die Bundesregierung hinsichtlich der
Ausweitung auf Einrichtungen nach § 107 des Fünften Bu-
ches Sozialgesetzbuch sowie des betroffenen Personenkreises
und der Nachjustierung von Durchführungsbestimmungen
Änderungs- bzw. Ergänzungsbedarf?
Wie viele Menschen mit Behinderung haben seit dem In-
krafttreten des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebe-
darfs im Krankenhaus für Menschen mit Behinderung ent-
sprechende Assistenzleistungen beim Aufenthalt im
Krankenhaus, in Rehaeinrichtungen sowie bei stationären Ku-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012 19197
(A) (C)
(D)(B)
ren in Anspruch genommen, und welche Mehrkosten waren
damit für die öffentliche Hand verbunden?
Zu Frage 67:
In einem Expertengespräch des Ausschusses für Ge-
sundheit des Deutschen Bundestages, 34. Sitzung am
23. März 2011, Ausschussprotokoll 17/34, wurde von
den anwesenden Experten mehrheitlich die Auffassung
vertreten, dass die praktische Durchführung des Geset-
zes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Kran-
kenhaus vom 30. Juli 2009 Änderungsbedarf aufgezeigt
habe. Insbesondere sei die pflegerische Versorgung der
Pflegebedürftigen, die ihre Pflege durch von ihnen selbst
beschäftigte besondere Pflegekräfte organisieren, wäh-
rend eines Aufenthalts in einer stationären Vorsorge-
oder Rehabilitationseinrichtung nicht ausreichend si-
chergestellt.
Eine entsprechende Ausweitung der Assistenzpflege
auf stationäre Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtun-
gen bedürfte einer Änderung der bisherigen Rechtslage.
Die Bundesregierung arbeitet derzeit an denkbaren Vari-
anten einer entsprechenden Anpassung.
Zu Frage 68:
Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse da-
rüber vor, in welchem quantitativen Ausmaß Menschen
mit Behinderungen, die ihre Pflege durch von ihnen be-
schäftigte besondere Pflegekräfte sicherstellen, nach In-
krafttreten des Assistenzpflegebedarfsgesetzes entspre-
chende Assistenzleistungen nach dem Fünften, Elften
und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch beantragt und in
Anspruch genommen haben und welche Mehrkosten da-
mit für die öffentliche Hand verbunden waren.
Anlage 41
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Fragen
des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Fragen 69 und 70):
Wohin und mit welchen Zielen hat der Bundesminister für
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer, in
dieser Legislaturperiode dienstliche Auslandsreisen unter-
nommen?
Wie teuer waren diese Reisen, und wie hoch ist das Bud-
get für solche Reisetätigkeiten der politischen Leitung des
Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung?
Zu Frage 69:
Die Aufgaben eines Regierungsmitglieds in einer par-
lamentarischen Demokratie beschränken sich nicht nur
auf die Führung eines Ressorts, sondern werden auch
wesentlich durch die Repräsentation der Bundesrepublik
Deutschland im In- und Ausland geprägt. Diese Aufgabe
ist notwendigerweise mit der Durchführung von Dienst-
reisen verbunden. Insbesondere mit Auslandsdienstrei-
sen werden auch diplomatische, politische und kulturelle
Beziehungen zu anderen Staaten der Welt gepflegt.
Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadt-
entwicklung hat eine Außenwirtschaftsstrategie entwor-
fen. Ein Ziel der Strategie ist es, im ständigen Dialog mit
der Wirtschaft die Eigeninitiativen von Unternehmen im
Ausland aktiv zu begleiten und politisch zu unterstützen.
Die für diese Märkte relevanten Zielländer sind insbe-
sondere Brasilien, China, Indien, die Golfstaaten mit den
Vereinigten Arabischen Emiraten.
Es liegt zudem im besonderen Interesse von Herrn
Bundesminister Dr. Ramsauer, persönlich an den turnus-
mäßigen Räten der Europäischen Verkehrsministerinnen
und Verkehrsminister in Brüssel oder Luxemburg, den
Informellen Ministerräten im Land der jeweiligen Rats-
präsidentschaft und den Regierungskonsultationen mit
Frankreich, Italien, Polen, Russland, Spanien, Israel und
Indien teilzunehmen. Aber auch zu den europäischen
Nachbarn in Wien, Budapest, London, Den Haag oder
Prag werden intensive Kontakte gepflegt.
Weitere Auslandsreisen führten Herrn Bundesminis-
ter Dr. Ramsauer seit seinem Amtsantritt am 28. Oktober
2009 Jahren in die Vereinigten Staaten, die Türkei, die
Islamische Republik Afghanistan und die Mongolei.
Zu Frage 70:
Die reisekostenrechtlichen Regelungen für die Mit-
glieder der Bundesregierung sind in § 12 Abs. 4 und 5
des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Bundesre-
gierung (Bundesministergesetz) und in den dazu erlasse-
nen Ausführungsbestimmungen des Bundesministe-
riums der Finanzen enthalten.
Ausgabemittel für Dienstreisen der politischen Lei-
tung des Bundesministeriums sind im Bundeshaushalt
nicht gesondert veranschlagt oder ausgewiesen.
Im Kapitel 1201 – Titel 52701 werden die Dienstrei-
sen (sowohl für In- und Ausland) aller Beschäftigten
veranschlagt und abgerechnet.
Der jährliche Sollansatz wurde in den Jahren 2009 bis
2011 überschritten. Die Gründe dafür liegen in der ver-
stärkten bilateralen Zusammenarbeit der Ressorts (hier:
auf Fachebene) für den weiteren Auf- und Ausbau part-
nerschaftlicher Beziehungen.
Anlage 42
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Frage
des Abgeordneten Gustav Herzog (SPD) (Drucksache
17/8723, Frage 71):
Rechnet die Bundesregierung mit der Zulassung der Tech-
nik der sogenannten LL-Sohle (Low Noise, Low Friction) bis
zur Einführung eines lärmabhängigen Trassenpreissystems
zum Fahrplanwechsel 2012/2013, und welche Maßnahmen
ergreift sie, um diesen Termin zu halten?
Der internationale Eisenbahnverband UIC hat im Jahr
2005 der Anwendung von LL-Sohlen an Güterwagen
des internationalen Verkehrs zugestimmt. Die Gültigkeit
der Entscheidung wurde zunächst befristet und zuletzt
19198 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012
(A) (C)
(D)(B)
bis zum 30. Juli 2012 verlängert. Die Bundesregierung
erwartet eine Verlängerung der Entscheidung, die auch
zukünftig eine Umrüstung von Güterwagen mit LL-Soh-
len ermöglicht. Darüber hinaus erwartet die Bundesregie-
rung auch alsbald die endgültige Zulassung der LL-Soh-
len.
Anlage 43
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Frage
des Abgeordneten Gustav Herzog (SPD) (Drucksache
17/8723, Frage 72):
Wird die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Ab-
schaffung des Schienenbonus noch vor der parlamentarischen
Sommerpause 2012 vorlegen und, wenn nein, warum nicht?
Der Koalitionsvertrag sieht die stufenweise Absen-
kung des Schienenbonus mit dem Ziel der Abschaffung
vor. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadt-
entwicklung hat zur Umsetzung dieses Ziels aktuell kein
Gesetz vorgesehen, sondern eine Änderungsverordnung
zur Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV), de-
ren Entwurf sich derzeit in der Hausabstimmung des
Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwick-
lung befindet.
Anlage 44
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage
der Abgeordneten Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 73):
Was unternimmt die Bundesregierung, um die Bayerische
Staatsregierung dazu zu bewegen, der Nordwestdeutschen
Forstlichen Versuchsanstalt, NW-FVA, doch noch die Daten
und Zahlen zu liefern, die sie aus Bayern braucht, um das For-
schungs- und Entwicklungsvorhaben „Natürliche Waldent-
wicklung als Ziel der Nationalen Strategie zur biologischen
Vielfalt (NWE5)“ im Auftrag der Bundesregierung abschlie-
ßen zu können?
Die Frage der Datenbereitstellung zu dem Vorhaben
„Natürliche Waldentwicklung 5 Prozent“ soll sowohl auf
der nächsten Länderarbeitsgemeinschaft-Naturschutz-
(LANA)-Sitzung am 15./16. März 2012 in Lüneburg
wie auf der nächsten Forstchefkonferenz, FCK, am
19./20. April 2012 in Nordrhein-Westfalen behandelt
und der Freistaat Bayern erneut um Unterstützung gebe-
ten werden.
Anlage 45
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die
Fragen der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 74):
Welche gemeinsamen Erklärungen, Vereinbarungen oder
Ähnliches wurden kürzlich zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und Kasachstan im Nuklearbereich abgegeben
bzw. getroffen – insbesondere in Bezug auf Ressourcen,
Abfallstoffe, Technologien oder Forschung; gegebenenfalls
bitte mit Angabe des betreffenden Bundesministeriums und
Datums –, und welche derartigen Erklärungen, Vereinbarun-
gen oder Ähnliches wurden nach Kenntnis der Bundesregie-
rung kürzlich zwischen Kasachstan und deutschen Wirt-
schaftsvertretern abgegeben bzw. getroffen?
Die im Rahmen des Arbeitsbesuches des kasachi-
schen Präsidenten Nasarbajew am 8. Februar 2012 in
Berlin unterzeichneten Regierungsvereinbarungen be-
treffen nicht den Nuklearbereich.
Nach Kenntnis der Bundesregierung trifft dies
auch auf alle am 8. Februar 2012 im Bundesministerium
für Wirtschaft und Technologie unterzeichneten 45 Wirt-
schaftsvereinbarungen zu.
Anlage 46
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 75):
Wie sieht das Arbeitsprogramm der Reaktor-Sicherheits-
kommission, RSK, für die weiteren Untersuchungen und die
Erarbeitung neuer Sicherheitsanforderungen nach der ersten
RSK-Stellungnahme zum Stresstest der deutschen Atomkraft-
werke aus, das die RSK seit letztem Sommer bis dato verfolgt
hat, und wie ihr entsprechendes weiteres Arbeitsprogramm
(bitte differenzierte Angaben nach Themen-/Arbeitsberei-
chen mit Terminplan und kurzer Erläuterung machen)?
Die Reaktor-Sicherheitskommission hatte in ihrer ers-
ten Stellungnahme vom Mai 2011 eine Robustheitsbe-
wertung der Kernkraftwerke für ausgewählte wesentli-
che Aspekte vorgelegt. Danach hat sie zunächst das Ziel
verfolgt, ihre anlagenspezifische Sicherheitsüberprüfung
aufgrund nachgereichter Unterlagen zu aktualisieren.
Ende 2011 wurde dann festgestellt, dass die nachge-
reichten Unterlagen eine Überarbeitung der RSK-Sicher-
heitsüberprüfung nicht rechtfertigen würden. Die RSK
führt daher derzeit ausschließlich zu den Forschungsre-
aktoren eine anlagenspezifische Bewertung entspre-
chend ihrer Vorgehensweise bei der Sicherheitsüberprü-
fung der Kernkraftwerke durch.
Anlagenübergreifend führt die RSK seit dem Herbst
2011 Beratungen zu den Themen durch, die sie im Rah-
men ihrer Sicherheitsüberprüfung als besonders relevant
identifiziert hat. Hierzu zählen beispielsweise ein lang-
fristiger Stromausfall, ein Ausfall der Kühlwasserversor-
gung, Erdbeben, Hochwasser oder eine anlageninterne
Überflutung. Besonderes Augenmerk liegt auch auf den
anlageninternen Notfallmaßnahmen, die bei Eintritt ei-
nes Unfalls größere Freisetzungen radioaktiver Stoffe
verhindern oder mindern sollen.
Aufgrund thematischer und personeller Überschnei-
dungen sowie der hohen Arbeitsbelastung der RSK-Mit-
glieder insgesamt können konkrete Terminpläne für die
einzelnen Themenbereiche nicht aufgestellt werden. Die
RSK plant jedoch ihre abschließende Stellungnahme zu
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012 19199
(A) (C)
(D)(B)
den genannten Fragestellungen im Herbst 2012 zu ver-
abschieden.
Anlage 47
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage
der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 76):
Werden analog zur angekündigten Absenkung der Grenz-
werte für die radioaktive Belastung von Lebensmitteln in
Japan auch die EU-Grenzwerte herabgesetzt, und wenn dies
nicht automatisch geschieht, wird sich die Bundesregierung
für deren Anpassung nach unten auf das neue japanische
Niveau einsetzen?
Der Bundesregierung liegen Informationen vor, nach
denen das japanische Gesundheitsministerium plant, die
derzeit in Japan geltenden Vorsorgegrenzwerte für Nah-
rungsmittel deutlich herabzusetzen. Im Einzelnen ist
eine Verringerung für allgemeine Lebensmittel auf ein
Fünftel, für Milch und Milchprodukte auf ein Viertel und
für Trinkwasser auf ein Zwanzigstel der derzeit gelten-
den Werte vorgesehen. Die Änderung soll in Japan ab
April gelten. Die Anpassung in Europa geschieht nicht
automatisch, sondern bedarf eines formellen Verfahrens
zur Änderung der europäischen „Durchführungsverord-
nung zum Erlass von Sondervorschriften für die Einfuhr
von Lebens- und Futtermitteln, deren Ursprung oder
Herkunft Japan ist, nach dem Unfall von im Kernkraft-
werk Fukushima“ (derzeit geltende Fassung vom
21. Dezember 2011). Eine Änderung wäre, wie auch bis-
her, verbindlich für alle EU-Mitgliedstaaten.
Eine Absenkung der Grenzwerte analog zum Vorge-
hen in Japan wird derzeit von der EU-Kommission dis-
kutiert. Da aus radiologischer Sicht keine Bedenken ge-
gen eine solche Vorgehensweise bestehen, spricht sich
die Bundesregierung für eine Angleichung der europäi-
schen Grenzwerte an die vorgesehenen japanischen
Werte aus. Damit wird gesichert, dass im internationalen
Handel nach einheitlichen Maßstäben agiert wird.
Die Bundesregierung wird diese Position in die Bera-
tungen bei der EU-Kommission einbringen.
Die Bundesregierung stützt sich in ihrer Bewertung
auf folgende Quellen: Die aktuelle (Stand 31. Dezember
2011) von der EU-Kommission vorgelegte Zusammen-
fassung der Messergebnisse der Mitgliedstaaten sagt aus,
dass von etwa 2000 analysierten Nahrungsmittelproben
aus Japan und etwa 400 Fischproben aus der Pazifik-
region insgesamt rund 20 Proben messbare Ergebnisse
zeigten, von denen lediglich 3 Proben die Höchstwerte
überschritten. Dabei handelte es sich um grünen Tee, der
an der Außengrenze der EU angehalten wurde.
Deutschland hat bisher 264 Proben vermessen
(206 Produkte aus Japan und 58 Fischproben aus den pa-
zifischen Fanggebieten). Alle Messwerte lagen im Be-
reich der natürlichen Strahlenbelastung und waren damit
unkritisch.
Anlage 48
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage
der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 77):
Wie beurteilt die Bundesregierung die angekündigte Ab-
senkung des Grenzwertes für die innere Strahlenbelastung
von 5 Millisievert pro Jahr auf 1 Millisievert pro Jahr in
Japan, und welche Grenzwerte gelten in Deutschland?
In Auswertung der umfangreichen Lebensmittelüber-
wachungen in Japan schätzen die japanischen Behörden
derzeit eine mittlere Strahlendosis für den Verzehr belas-
teter Produkte in der Höhe von 0,04 Millisievert pro Jahr
für eine Person in Japan ab, also eine Strahlenbelastung
weit unterhalb des derzeit geltenden Dosiswertes. Das
gilt nach Angaben der japanischen Behörden auch für
besonders sensitive Personengruppen, zum Beispiel für
Säuglinge und Schwangere.
Die Bundesregierung sieht die Absenkung der zuläs-
sigen Strahlendosis auf 1 Millisievert pro Jahr, die bei
Ableitung der Grenzwerte zugrunde gelegt wird, als ge-
rechtfertigt an.
In Deutschland ist das Gefahrenpotenzial durch radio-
aktiv kontaminierte Lebensmitteln die aus Japan impor-
tiert wurden, äußerst gering. Die vorgeschriebenen Kon-
trollen bei der Einfuhr landwirtschaftlicher Produkte aus
Japan zeigten, dass nur in sehr wenigen Fällen eine
messbare Kontamination nachgewiesen wurde.
In Deutschland gibt es keine Grenzwerte für einen zu-
lässigen Gehalt von Radioaktivität in Lebensmitteln. Ge-
mäß Strahlenschutzverordnung ist der Zusatz von radio-
aktiven Stoffen zu Lebensmitteln und Futtermitteln
grundsätzlich nicht gestattet. Für Situationen nach kern-
technischen Unfällen gelten jedoch europaeinheitliche
Sondervorschriften, wie die Verordnungen zur Einfuhr
landwirtschaftlicher Produkte nach dem Unfall in
Tschernobyl und nach dem Unfall in Japan, die in ihrer
Gültigkeit jedoch zeitlich begrenzt sind.
Anlage 49
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Fra-
gen des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Fragen 78 und 79):
Soll die jährliche Absenkung des Ausbaukorridors in
Höhe von 400 Megawatt für Photovoltaikanlagen über 2017
hinaus fortgeführt werden und, falls ja, wie hoch wäre der
Ausbaukorridor dann im Jahr 2020?
Mit welchen Vermarktungserlösen rechnet die Bundesre-
gierung für Strom aus Photovoltaikanlagen in den nächsten
20 Jahren, und wie hoch sind dieses Jahr insgesamt die Vergü-
tungsabsenkungen für Photovoltaikanlagen der Größenord-
nung größer als 10 bis zu 30 Kilowatt (bitte Angabe zwischen
reiner Vergütungsabsenkung sowie unter Berücksichtigung ei-
nes Vermarktungsanteils von 10 Prozent ohne Eigenverbrauch
differenzieren)?
19200 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012
(A) (C)
(D)(B)
Zu Frage 78:
Der Gesetzentwurf beschreibt den Ausbaukorridor
nur bis zum Jahr 2017 und lässt den weiteren Verlauf of-
fen.
Zu Frage 79:
Die Vermarktungserlöse hängen davon ab, welche Di-
rektvermarktungsmodelle durch die Akteure entwickelt
werden. Möglich ist die direkte Belieferung von Haus-
halten, Gewerbe, Industrie mit Solarstrom oder der Ver-
kauf an der Börse. Die Erlöse in diesen verschiedenen
Marktsegmenten reichen von derzeit 23 ct/kWh als Preis
für den durchschnittlichen Haushaltsstrom (ohne Grund-
preis) bis zu etwa 6 ct/kWh als durchschnittlicher Bör-
senpreis. In welchem Umfang Möglichkeiten zur Direkt-
vermarktung genutzt werden, wird durch den Markt und
die Marktteilnehmer bestimmt. Die genaue Entwicklung
ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, weshalb
eine Quantifizierung derzeit nicht möglich ist.
Die Vergütungsabsenkung für Photovoltaikanlagen
mit einer Größe von 10 bis 30 kW zum 9. März 2012 im
Vergleich zum 1. Januar 2012 beträgt rund 32 Prozent.
Wird ein Anteil von 90 Prozent des Stromertrags mit
16,5 ct/kWh vergütet und 10 Prozent des Stromertrags
an der Börse mit etwa 6 ct/kWh verkauft, beträgt die Ab-
senkung 37 Prozent. Wird ein Teil des Stroms selbst ge-
nutzt, fällt die Vergütungsabsenkung geringer aus, da der
Strompreis sowohl im Haushaltsbereich mit 23 ct/kWh
als auch im landwirtschaftlichen Bereich mit etwa 18 bis
20 ct/kWh bereits deutlich über der Vergütung für die
Netzeinspeisung liegt. Mit zunehmendem Eigenver-
brauch steigt die Rendite des Anlagenbetreibers daher
an. Die Vergütungsabsenkung von 32 Prozent kann teil-
weise kompensiert werden. Die Regelung sorgt also da-
für, dass in Zukunft Anlagen zunehmend dort realisiert
werden, wo eine rentable Nutzung des Stroms erfolgen
kann. Die ungeregelte Einspeisung fernab von Stromver-
brauchern wird unattraktiver.
Anlage 50
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage
des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 80):
Mit welcher Begründung hat die Bundesregierung den
Vorschlag der EU-Kommission vom 4. Oktober 2011 zur Um-
setzung des Art. 7 a der Kraftstoffqualitätsrichtlinie, welcher
eine Berücksichtigung der Lebenszyklustreibhausgasemissio-
nen von Kraftstoffen vorsieht, im Komitologieverfahren nicht
unterstützt, und welche Position wird die Bundesregierung bei
den weiteren Verhandlungen zur Umsetzung in diesem Punkt
der Richtlinie vertreten vor dem Hintergrund ihrer eigenen
Klimaschutzbemühungen und des weiterhin offenen Aus-
gangs nach der Überweisung an den EU-Umweltrat?
Deutschland hat sich bei der Abstimmung im Aus-
schuss für Kraftstoffqualität am 23. Februar 2012 über
den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie zur
Konkretisierung der Anforderungen von Art. 7 a der
Kraftstoffqualitätsrichtlinie enthalten. Einer Zustim-
mung stand entgegen, dass zum Teil Bedenken hinsicht-
lich der Auswirkungen des Kommissionsvorschlags ge-
sehen wurden.
Die Bundesregierung wird sich für eine sachgerechte,
praktikable und dem Klimaschutz dienende Lösung ein-
setzen.
Anlage 51
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage
der Abgeordneten Veronika Bellmann (CDU/CSU)
(Drucksache 17/8723, Frage 81):
Wann werden die Beratungsstellen für Beratungsleistun-
gen im Rahmen der „Bildungsprämie“ – Erstveröffentlichung
am 2. Dezember 2011 – zertifiziert, damit die beschlossenen
Prämiengutscheine durch die betroffenen Bürgerinnen und
Bürger eingelöst werden können?
Im Dezember 2011 hat die zweite Förderphase der
Bildungsprämie begonnen – Laufzeit bis 30. November
2013 –, für die gemäß zuwendungsrechtlicher Bestim-
mungen eine Neubewilligung der Beratungsstellen not-
wendig ist.
Circa 600 Beratungsstellen haben einen Förderantrag
gestellt, 432 Stellen wurden bereits bewilligt. Bevor die
bewilligten Beratungsstellen Gutscheine ausgeben kön-
nen, müssen sie unter anderem verschiedene Erklärun-
gen wie zur Qualifikation der Beraterinnen und Berater
sowie zum Datenschutz abgeben. Eine tagesaktuelle
Übersicht mit Kontaktdaten der Beratungsstellen in sei-
ner Nähe findet jeder Antragsteller im Internet.
Anlage 52
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Fragen
des Abgeordneten Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 82):
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der
aktualisierten „Vorausberechnung der Studienanfängerzahlen
2012 bis 2025“, die die Kultusministerkonferenz, KMK, am
10. Februar 2012 veröffentlicht hat und die allein für die
Laufzeit der zweiten Phase des Hochschulpaktes bis 2015 von
zusätzlichen 357 000 Sudienanfängern ausgeht bzw. von rund
749 000 in der Zeitspanne 2011 bis 2020, und wann wird die
Bundesregierung gemäß dem Beschluss der Gemeinsamen
Wissenschaftskonferenz vom 29. März 2011, der auf der Kon-
ferenz der Regierungschefinnen und der Regierungschefs der
Länder mit der Bundeskanzlerin am 9. Juni 2011 in Berlin
ausdrücklich begrüßt wurde, weitere Gespräche mit den Län-
dern aufnehmen, um eine Ausweitung des Hochschulpaktes
nach Maßgabe der oben genannten aktualisierten KMK-Pro-
gnose auf den Weg zu bringen?
Bund und Länder haben in der Gemeinsamen Wissen-
schaftskonferenz beschlossen, dass sie für den Fall, dass
die zusätzlichen Studienanfänger der zweiten Programm-
phase die vereinbarten 320 540 bis 334 940 zusätzlichen
Studienanfänger übersteigen, rechtzeitig Gespräche zu
sich daraus ergebenden Folgerungen aufnehmen werden.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012 19201
(A) (C)
(D)(B)
Bisher hat das Statistische Bundesamt die Schnellmel-
dung für das Studienjahr 2011 veröffentlicht. Demnach
sind rund 153 500 zusätzliche Studienanfänger zu ver-
zeichnen. Eine baldige Überschreitung der im Hoch-
schulpakt vereinbarten Obergrenze für die Jahre 2011 bis
2015 ist derzeit nicht zu erwarten.
161. Sitzung
Inhaltsverzeichnis
TOP 1 Befragung der Bundesregierung
TOP 2 Fragestunde
ZP 1 Aktuelle Stunde zur geplanten Kürzung der Solarvergütung
Anlagen