Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011 17957
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)(B)
Anlagen
Jung und Alt“ (Tagesordnungspunkt 4)Waltraud
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
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Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Aigner, Ilse CDU/CSU 15.12.2011
Bätzing-Lichtenthäler,
Sabine
SPD 15.12.2011
Dörflinger, Thomas CDU/CSU 15.12.2011
Fischer (Karlsruhe-
Land), Axel E.
CDU/CSU 15.12.2011
Freitag, Dagmar SPD 15.12.2011
Friedhoff, Paul K. FDP 15.12.2011
Hempelmann, Rolf SPD 15.12.2011
Herlitzius, Bettina BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
15.12.2011
Höferlin, Manuel FDP 15.12.2011
Höger, Inge DIE LINKE 15.12.2011
Knoerig, Axel CDU/CSU 15.12.2011
Kolbe, Manfred CDU/CSU 15.12.2011
Dr. Koschorrek, Rolf CDU/CSU 15.12.2011
Dr. Lauterbach, Karl SPD 15.12.2011
Lay, Caren DIE LINKE 15.12.2011
Lindner, Christian FDP 15.12.2011
Mücke, Jan FDP 15.12.2011
Müller-Sönksen,
Burkhardt
FDP 15.12.2011
Nešković, Wolfgang DIE LINKE 15.12.2011
Poß, Joachim SPD 15.12.2011
Schlecht, Michael DIE LINKE 15.12.2011
Dr. Schwanholz, Martin SPD 15.12.2011
Spahn, Jens CDU/CSU 15.12.2011
Süßmair, Alexander DIE LINKE 15.12.2011
Werner, Katrin DIE LINKE 15.12.2011
Wolff (Wolmirstedt), SPD 15.12.2011
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Anlagen zum Stenografischen Bericht
nlage 2
Antwort
es Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die
rage der Abgeordneten Caren Marks (SPD) (148. Sit-
ung, Drucksache 17/8101, Frage 8):
Wann legt die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag
einen Gesetzentwurf zur Unterstützung der Maßnahmen für
eine künstliche Befruchtung vor, damit die im Haushalt 2012
vorgesehenen 7 Millionen Euro freigegeben werden, und wel-
che Personen sollen anspruchsberechtigt sein?
Das Bundesministerium für Familie, Senioren,
rauen und Jugend prüft derzeit intensiv verschiedene
odelle zur Ausgestaltung einer Förderrichtlinie, die
ine bessere finanzielle Unterstützung ungewollt kinder-
ser Paare durch Bund und Länder beinhalten wird. Da-
ei orientieren wir uns am Anspruchskreis des § 27 a des
ünften Buches Sozialgesetzbuch. Die Länder haben be-
its jetzt die Möglichkeit, Regelungen zu treffen, die
ber die dort beschriebene Personengruppe hinausgehen.
Wichtig ist uns dabei, dass die bessere finanzielle Un-
rstützung in ein effektives Gesamtkonzept zum Thema
inderwunsch eingebettet wird.
Dazu zählt eine bessere Aufklärung über Ursachen
und Folgen der ungewollten Kinderlosigkeit, und
dazu zählt die Frage der Verbesserung der psychoso-
zialen Beratung,
dazu zählt aber auch, dass wir die geltenden Adop-
tionsregelungen überprüfen,
und uns verstärkt Maßnahmen zur besseren Verein-
barkeit von Familiengründung und Studium bzw. Fa-
miliengründung und Ausbildung zuwenden wollen.
Unser Ziel ist es, das Thema ungewollte Kinderlosig-
eit zu enttabuisieren und betroffenen Paaren wirksame
nterstützungsangebote an die Hand zu geben.
Zudem kann die Unterstützung kinderloser Paare mit
em Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen
der gesetzlichen Krankenversicherung, GKV-Versor-
ungsstrukturgesetz, verbessert werden, das der Deutsche
undestag am 1. Dezember 2011 beschlossen hat. Danach
ann die Krankenkasse in ihrer Satzung zusätzliche Leis-
ngen im Bereich der künstlichen Befruchtung vorsehen.
nlage 3
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke,
Maria Klein-Schmeink, Uwe Kekeritz, Monika
Lazar, Agnes Krumwiede, Agnes Brugger,
Dorothea Steiner, Sylvia Kotting-Uhl und Thilo
Hoppe (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu den
Abstimmungen über die Entschließungsanträge
der Fraktionen der SPD (Drucksache 17/8150)
und Die Linke (Drucksache 17/8151) zu der Gro-
ßen Anfrage „Rente erst ab 67 – Risiken für
17958 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011
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Die Rente mit 67 allein wird den vielfältigen Anfor-
derungen an eine sozialverträgliche Alterssicherung
nicht gerecht, sondern bedeutet unter den jetzigen Be-
dingungen für viele eine Rentenkürzung durch die Hin-
tertür. Insofern teilen wir die in den Entschließungs-
anträgen ausgeführten Einschätzungen und sprechen uns
gegen eine vorbehaltlose Umsetzung der Rente mit 67 ab
2012 aus. Darüber hinaus kommen wir aber zu anderen
Schlussfolgerungen und Forderungen. Die ersatzlose
Rücknahme der Rente mit 67 ist für uns kein gangbarer
Weg, und die Koppelung der Einführung an die Beschäf-
tigungsquote von Älteren reicht nicht aus. Deshalb wer-
den wir den beiden Entschließungsanträgen nicht zu-
stimmen, uns aber enthalten.
Nach der jüngsten Bevölkerungsvorausberechnung
wird die durchschnittliche Lebenserwartung bis zum
Jahr 2030 um weitere drei Jahre steigen. Die steigende
Lebenserwartung und die sinkende Geburtenrate werden
dazu führen, dass sich das Verhältnis der Alten zu den
Jungen in den nächsten Jahrzehnten stark erhöht. Das
stellt die Gesellschaft und die Rentenversicherung vor
große Herausforderungen. Es braucht daher Reformen,
die dafür sorgen, dass unser Alterssicherungssystem
auch unter den sich verändernden Bedingungen nachhal-
tig funktioniert. Längeres Arbeiten muss die Verschie-
denheit der Lebens- und Erwerbsbiografien berücksich-
tigen und ebenso die unterschiedlichen Belastungen in
der Arbeitswelt. Eine Rentenreform muss sicherstellen,
dass bei der Rente die Verschiedenheit der Lebens- und
Erwerbsbiografien besser als bisher berücksichtigt wer-
den, denn es macht einen Unterschied, ob jemand lange
Zeit am Bau, in der Altenpflege oder Universitätslehre
tätig war und ob jemand mit 15 Jahren oder erst mit
30 Jahren in das Berufsleben eingestiegen ist.
Dem Wandel der Erwerbsarbeit mit prekären und aty-
pischen Beschäftigungsverhältnissen muss ebenso Rech-
nung getragen werden, damit niemand im Alter ein
Leben in Armut fürchten muss. Eine Reform des Alters-
sicherungssystems muss auch den speziellen Bedarfen
von Frauen gerecht werden. Gleichzeitig muss darauf
geachtet werden, dass keine Generation einseitig belastet
wird, nicht die heutigen und zukünftigen Beitragszahler
und Beitragszahlerinnen, nicht die aktuellen und zukünf-
tigen Rentenbezieher und Rentenbezieherinnen.
Die vorliegenden Daten weisen darauf hin, dass die
Anhebung der Regelaltersgrenze für einen nennenswer-
ten Anteil von älteren Arbeitnehmern und Arbeitnehme-
rinnen bereits ab 2012 ein erhöhtes Risiko für Einkom-
menseinbußen und Altersrenten mit Rentenabschlägen
mit sich bringt. Dies wiegt umso schwerer, als dass we-
sentliche gesetzliche Regelungen, die einen Rentenein-
tritt ermöglichen, der dem individuellen Leistungsver-
mögen und den jeweiligen Arbeitsmarktgegebenheiten
gerecht wird, von der damaligen großen Koalition nicht
geschaffen bzw. sogar verschlechtert wurden. Die Ein-
führung der Rente mit 67 ohne flankierende Reformen
und Maßnahmen wird damit für Teile der Gesellschaft
zur Rentenkürzung. Die diesbezüglichen Sorgen und
Ängste der Menschen sind berechtigt.
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Die Anhebung der Regelaltersgrenze ist deshalb nur
ertretbar, wenn durch fließende Übergänge in den Ruhe-
tand die unterschiedlichen Erwerbsbiografien berück-
ichtigt und gleichzeitig flankierende Maßnahmen in den
ereichen des Arbeitsschutzes, der betrieblichen Ge-
undheitsförderung sowie in den arbeits- und sozialversi-
herungsrechtlichen Regelungen ergriffen werden, um
ngere Beschäftigungen zu ermöglichen und damit Ar-
ut im Alter zu vermeiden.
Wir brauchen ein ganzes Bündel an Maßnahmen und
eformen, um den Menschen und deren Erwerbsmög-
chkeiten gerecht werden zu können. Wir wollen Mög-
chkeiten schaffen, dass diejenigen, die gute Arbeitsbe-
ingungen haben und gesund sind, auch länger arbeiten
önnen. Den anderen müssen aber Wege offen stehen,
üher in Rente zu gehen. Die Arbeitsbelastung ist indi-
iduell und auch entlang der verschiedenen Branchen
nd Berufsgruppen sehr unterschiedlich. Deshalb muss
ine solidarische Rentenversicherung die individuelle
eistungsfähigkeit und gesundheitliche Belastbarkeit be-
cksichtigen.
Das Erreichen einer abschlagsfreien Rente kann nicht
nterschiedslos für alle ausgestaltet werden. Im Rahmen
ines Gesamtkonzepts kann die Einführung der Rente
it 67 einen Baustein für einen Teil der Gesellschaft
arstellen. Wir setzen uns aber auch dafür ein, dass die
egelaltersgrenze für die abschlagsfreie Erwerbsminde-
ngsrente wieder herabgesetzt wird. Aber auch wer
icht als erwerbsgemindert anerkannt ist, soll als lang-
hrige Beitragszahlerin und langjähriger Beitragszahler
orzeitig in Rente gehen können. In Zukunft sollen Be-
chäftigte nach 45 Versicherungsjahren unabhängig vom
lter eine Rente ohne Abschläge beziehen können. Wir
ollen auch die Möglichkeiten der Teilrente insbesondere
r Geringverdienende verbessern und eine Garantierente
inführen, die für langjährige Beitragszahlerinnen und
eitragszahler und bei unterbrochenen Erwerbsbiogra-
en eine Rente oberhalb der Grundsicherung sicher-
tellt. Auch die Weiterentwicklung zu einer Bürgerversi-
herung ist eine wichtige Stellgröße für die Finanzierung
er Rentenversicherung in der Zukunft.
Darüber hinaus ist es notwendig, dass die Menschen
öglichst ausreichende eigene Ansprüche aufbauen. Ge-
de atypische Beschäftigte, Frauen und Soloselbststän-
ige leiden nicht nur unter ihren unsicheren Jobs, son-
ern auch unter ihrer lückenhaften Absicherung. Soziale
bsicherung darf nicht mehr nur ein Privileg des „Nor-
alarbeitsverhältnisses“ sein. Der Niedriglohnsektor
uss verringert werden, insbesondere durch die Einfüh-
ng eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns.
rekäre und atypische Beschäftigungsverhältnisse sind
inzudämmen.
Vor allem gilt es, Arbeit, Arbeitsinhalte und Arbeits-
eiten alters- und alternsgerecht zu gestalten und insbe-
ondere psychische Belastungen und Stress am Arbeits-
latz beim Arbeitsschutz zu verankern, damit ältere
eschäftigte die Chance erhalten, länger zu arbeiten. Be-
iebliche Gesundheitsförderung, ein langfristig angeleg-
s Personalmanagement und eine passgenaue Arbeits-
latzgestaltung sind dafür wichtige Eckpunkte. Um die
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011 17959
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)(B)
Beschäftigten länger in den Arbeitsprozess einbinden zu
können, müssen die Unternehmen die Arbeit für ältere
Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen der geänderten
Leistungsfähigkeit anpassen. Eine Gesellschaft, die die
Herausforderung der Alterung bewältigen muss und die
von der Bevölkerung eine längere Lebensarbeitszeit als
in den letzten zwanzig Jahren erwartet, darf den erhöh-
ten Verschleiß von Beschäftigten nicht weiterhin in Kauf
nehmen.
Anlage 4
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Mechthild Dyckmans, Jörg
van Essen und Gudrun Kopp (alle FDP) zur
Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes
zur Förderung der Mediation und anderer Ver-
fahren der außergerichtlichen Konfliktbeile-
gung (Tagesordnungspunkt 5)
Mit der heutigen Verabschiedung des „Gesetzes zur
Förderung der Mediation und anderer Verfahren der au-
ßergerichtlichen Konfliktbeilegung“ wird die gerichtli-
che Mediation abgeschafft. Dies fördert nicht die Media-
tion, sondern wird sie im Ergebnis schwächen.
Die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses
weicht leider erheblich von dem im ersten Entwurf fest-
gehaltenen Ziel – dem Nebeneinander von außergericht-
licher und gerichtsinterner Mediation – ab. Aus unserer
Sicht sind beide in gleichem Maße zur Streitbeilegung
geeignet und notwendig. Dennoch wird nunmehr allein
die außergerichtliche, vornehmlich durch Anwälte erfol-
gende Mediation geregelt und die gerichtsinterne Media-
tion abgeschafft.
Die gerichtsinterne Mediation ist in vielen Bundes-
ländern seit vielen Jahren fester Bestandteil einer moder-
nen und bürgernahen Justiz geworden. Sie führt auch ge-
rade in umfangreichen und komplizierten Verfahren zu
raschen und nachhaltigen Lösungen.
Insbesondere die von einem Richtermediator geleitete
Mediation ist in den letzten Jahren ein Erfolgsmodell ge-
wesen. Nachweislich wird von den Parteien die fachli-
che Qualifikation, die Unabhängigkeit und vor allem
Unparteilichkeit der Richter als Mediatoren besonders
geschätzt. Gerichtsinterne und außergerichtliche Media-
tion sind einander ergänzende Konfliktlösungsverfahren.
Dies wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens nicht
nur von Richtern und Parteien selbst, sondern gerade
auch von den in die Verfahren eingebundenen Rechtsan-
wälten bestätigt. Auch die Justizministerkonferenz hat
sich am 9. November 2011 ausdrücklich für eine gesetz-
liche Verankerung der gerichtlichen Mediation bei Bei-
behalt der Methodenvielfalt ausgesprochen.
Im Laufe der Jahre haben sich viele Richter – teils auf
eigene Kosten – fortgebildet, um im Sinne der Parteien
eine optimale Mediation anbieten zu können.
Mit dem jetzt zu beschließenden Gesetz wird diese
Expertise nutzlos, da es eine gerichtsinterne Mediation
nicht mehr geben wird. Das an ihrer Stelle normierte Gü-
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richtermodell kann die Abschaffung nicht auffangen.
ie bereits jetzt nach § 278 ZPO vorgesehene Gütever-
andlung erweist sich in den allermeisten Fällen als
loße Durchgangsstation zur streitigen Verhandlung. Sie
t nicht im Ansatz mit einer Mediation zu vergleichen,
der der Richter gerade nicht als Streitentscheider, son-
ern als Moderator tätig wird.
Es bleibt zu hoffen, dass die Bundesländer einen Weg
nden, die heutige Entscheidung zugunsten der Bürge-
nnen und Bürger zu korrigieren.
nlage 5
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Antrags: Folgen von Kassen-
schließungen – Versicherte und Beschäftigte
schützen, Wettbewerb stärken, Zusatzbeiträge
abschaffen (Tagesordnungspunkt 10)
Erwin Rüddel (CDU/CSU): Beim vorliegenden An-
ag der SPD-Fraktion haben wir es wieder einmal mit
em Versuch zu tun, unser Gesundheitswesen ohne Not
s Gerede zu bringen und die Menschen im Land zu
erunsichern.
Das ist ja leider auch das Markenzeichen der Erklä-
ngen und Interviews, mit denen der Kollege
auterbach uns sozusagen im Wochenrhythmus beglückt
nd damit die gesetzlich Krankenversicherten in Angst
nd Schrecken versetzt. Wie sieht die Wirklichkeit aus?
Mit ihren Reformen hat die bürgerlich-liberale Koali-
on unser Gesundheitssystem dauerhaft auf ein solides
undament gestellt und für eine nachhaltige Finanzie-
ng gesorgt. Wir haben ein zu erwartendes Defizit von
is zu 11 Milliarden Euro in einen Überschuss verwan-
elt! Der Gesundheitsfonds verfügt heute über eine mil-
ardenschwere Reserve. Die Krankenkassen werden da-
er in absehbarer Zukunft keinerlei Zusatzbeiträge von
ren Versicherten verlangen müssen, und das gilt auch
r Zeiten einer etwaigen konjunkturellen Eintrübung.
it dem GKV-Finanzierungsgesetz und dem Gesetz zur
euordnung des Arzneimittelmarktes haben wir er-
icht, dass keine höheren Eigenleistungen und keine
bstriche vom Leistungskatalog erforderlich wurden.
as unterscheidet gerade unsere Reformen von früheren
eformen im Gesundheitswesen!
Wir haben die unabhängige Patientenberatung gesetz-
ch verankert. Wir sorgen mit dem Infektionsschutz-
esetz für eine durchgreifende Verbesserung der Kran-
enhaushygiene. Und wir haben soeben mit dem
ersorgungsstrukturgesetz die Grundlagen für eine dau-
rhaft gute, wohnortnahe und flächendeckende Versor-
ung der Menschen mit medizinischen Leistungen ge-
chaffen. Aufgrund der soliden finanziellen Basis der
KV und der damit gegebenen Planungssicherheit für
lle Beteiligten haben wir überhaupt den Gestaltungs-
pielraum für dieses Versorgungsgesetz gewonnen, das
ndlich die Bedürfnisse der Patienten in den Mittelpunkt
tellt und nicht nur Kostendämpfung.
17960 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011
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)(B)
Mit unserem Versorgungsgesetz werden im Übrigen
die Versicherten im Fall von Kasseninsolvenzen und
Kassenschließungen gezielt geschützt. Hierzu gehören
die Wahrung des Versicherungsschutzes beim Wechsel
der Versicherung, die Leistungsgewährung sowie – als
Sanktion bei grober Pflichtverletzung – die Möglichkeit
der Amtsenthebung von Vorstandsmitgliedern. Damit
wird etwaigen künftigen Versuchen, ältere und kranke
Versicherte auf skandalöse Weise abzuwimmeln, konse-
quent ein Riegel vorgeschoben.
Deshalb wird es sich künftig jede Kasse dreimal über-
legen, ob sie sich ihren eindeutigen gesetzlichen Ver-
pflichtungen entziehen will. Wer dagegen verstößt, wird
zur Räson gebracht. Denn die gesetzlich Versicherten
brauchen Vertrauen und haben einen Anspruch auf Si-
cherheit.
Unsere erfolgreiche Gesundheitspolitik werden wir
im kommenden Jahr mit einem Patientenrechtegesetz
abrunden, das die Patientinnen und Patienten weiter stär-
ken und sie in das Zentrum unseres Gesundheitswesens
stellen wird, also auf den Platz, der ihnen zusteht.
Zugleich werden wir die Patientenrechte übersichtlich
und verständlich zusammenfassen, und zwar so – das
füge ich ausdrücklich hinzu –, dass das notwendige Ver-
trauensverhältnis zwischen Arzt und Patient nicht zer-
stört wird.
Die Menschen in Deutschland wissen, dass sie sich
auf ein Gesundheitswesen verlassen können, das zu
Recht als eines der besten der Welt gilt und das im
Krankheitsfall allen Bürgerinnen und Bürgern unabhän-
gig von Einkommen, Alter, Geschlecht, Herkunft oder
Vorerkrankung die medizinische Behandlung zusichert,
die notwendig ist.
Gestatten Sie mir jetzt einige Bemerkungen zu mei-
nen Vorrednern. Im Januar forderte Kollege Lauterbach
mit Blick auf den absehbaren Überschuss im Gesund-
heitsfonds eine sofortige Senkung der Kassenbeiträge.
Es sei ein „Skandal“ und eine Verschwendung von Bei-
tragsmitteln, dass die Kassen eingeladen würden, „nicht
zu sparen“. Erfahrungsgemäß werde „das Geld im Nu
verschwunden“ sein, wenn man jetzt nicht sofort die
Beiträge senke. Seltsamerweise sagte er dann aber An-
fang September zum gleichen Thema im Südwestrund-
funk, er halte es für falsch, die Beiträge zu senken. Man
müsse stattdessen an die Zusatzbeiträge heran. Apropos
Zusatzbeiträge: Das Kölner Institut für Gesundheitsöko-
nomie prophezeite Anfang März, bereits Ende dieses
Jahres werde der Zusatzbeitrag im Schnitt bei 9 Euro, im
kommenden Jahr bei 21 Euro pro Monat liegen. Für
2013 gehe man von 33 Euro aus. Aber Kollege
Lauterbach hat das noch getoppt: „Zusatzbeitrag wird
auf bis zu 70 Euro steigen“, hieß es Mitte Mai in den
Medien. „Ich gehe davon aus, dass der Zusatzbeitrag in
den nächsten fünf Jahren auf 50 bis 70 Euro pro Monat
steigen wird“, so wörtlich in einem Interview. Fakt ist:
Der Zusatzbeitrag liegt bei 0 Euro.
Bereits im Februar hat unter anderem die Süddeutsche
Zeitung berichtet, die SPD wolle Ärzte empfindlich be-
strafen, die Privatpatienten bevorzugt behandelten. In ei-
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em entsprechenden Gesetzentwurf würden dafür Geld-
ußen von bis zu 25 000 Euro für Mediziner vorgesehen,
ie Kassenpatienten zu lange auf einen Behandlungster-
in warten ließen. Auch ein Entzug der Zulassung von
is zu zwei Jahren sei geplant. Quelle dieser Meldung:
ollege Lauterbach. Er wird dann weiter mit dem Vor-
chlag zitiert, den Kassen das Recht einzuräumen, durch
ngierte Testanrufe in den Praxen zu überprüfen, ob Pri-
atpatienten schneller an einen Termin kämen. Auf die-
en Gesetzentwurf warten wir allerdings bis heute.
Anfang September erklärte Kollege Lauterbach in der
annoverschen Allgemeinen Zeitung, es sei falsch, mit
trafen gegen zu lange Wartezeiten für Kassenpatienten
orzugehen. Wörtlich: „Niemand wird dem jeweiligen
rzt nachweisen können, dass er tatsächlich noch einen
ermin frei gehabt hätte.“ Das macht uns nun ratlos. Es
rängt sich nur eine Schlussfolgerung auf: Seriös ist das
lles nicht. Und seriös ist leider auch das nicht, was die
PD soeben auf ihrem Parteitag beschlossen hat. Die
ievielte Variante Ihrer sogenannten Bürgerversiche-
ng war das nun eigentlich? Welche Version folgt als
ächstes? Das Problem ist offenkundig: Ihre Rechnung
eht nicht auf. Deshalb ist auch die bislang letzte Vari-
nte Ihres Konzepts nicht besser geworden als ihre Vor-
ängerinnen. Sie zielen unverändert auf die Vernichtung
es bewährten dualen Versicherungssystems. Sie haben
twas gegen Wahlfreiheit und Selbstbestimmung im Ge-
undheitswesen. Dabei wissen Sie ganz genau, dass
urch die Privatpatienten die Versorgung der Kassen-
atienten in hohem Maß quersubventioniert wird. Ohne
iese Mittel könnten viele Praxen gar nicht existieren.
a, ich weiß, Sie zaubern die fehlenden Milliarden aus
em Hut und versprechen den Ärzten einen warmen Re-
en durch eine neue Gebührenordnung. Und woher
ommt das Geld? Sie sagen, es komme vor allem vom
rbeitgeberbeitrag auf die Lohnsumme. Das ist eine
aßnahme, die Arbeitsplätze vernichtet und die den Ab-
au von Beschäftigung geradezu belohnt!
Diese neue Gesundheitssteuer wird auch nicht da-
urch besser, dass ausgerechnet die Arbeitgeber zusätz-
ch belastet werden, die besonders viele hochqualifi-
ierte Mitarbeiter beschäftigen. Eine groteske Idee mit
lick auf den Hightechstandort Deutschland und die vie-
n klugen Köpfe, die wir in Zukunft benötigen. Fährt
er Zug einmal in die falsche Richtung, sind alle Statio-
en falsch. Mit den Modellen der Opposition werden wir
ie Probleme des demografischen Wandels und der Alte-
ng der Gesellschaft ganz bestimmt nicht lösen. Sollen
och mehr Betriebe und Arbeitsplätze ins Ausland ge-
en?
Wir müssen weg von der reinen Umlagefinanzierung
nseres Gesundheitswesens. Wir müssen eine weitere
elastung des Faktors Arbeit mit der Folge des Abbaus
ozialversicherungspflichtiger Beschäftigung vermei-
en. Unsere Politik ist auch gerechter, als den Sozialaus-
leich fast ausschließlich auf dem Rücken der abhängig
eschäftigten und ihrer Arbeitgeber stattfinden zu las-
en. Denn die Zusatzbeiträge werden aus Steuermitteln
ozial abgefedert, und das bedeutet: Durch die Steuer-
nanzierung leistet jeder nach seiner Leistungsfähigkeit
einen Beitrag, auch mit zusätzlichen Einkünften aus
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011 17961
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Unternehmensgewinnen und Kapitalerträgen und auch
mit Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungs-
grenze und mit den Einkünften von Privatversicherten.
Auf diese Weise werden wir die Kostensteigerungen der
Zukunft auffangen, wobei die Entkopplung von Arbeits-
kosten und steigenden Gesundheitskosten zugleich
Wachstum und Beschäftigung fördern wird.
Das ist unser Weg, um in Zukunft der demografischen
Herausforderung und den steigenden Kosten in einer al-
ternden Gesellschaft zu begegnen. Sie sind fixiert auf
das Modell der Einheitsversicherung. In Großbritannien
können Sie besichtigen, was medizinischer Sozialismus
im Gesundheitswesen angerichtet hat, nämlich schlechte
Leistungen für alle und bessere Leistungen nur für die,
die aus eigener Tasche zahlen können. Das nenne ich
Zweiklassenmedizin, und die wollen wir in Deutschland
nicht.
Wir haben ein Gesundheitswesen, das im internatio-
nalen Maßstab vorbildlich ist. Wir wollen es erhalten
und zukunftsfest machen – und wir werden alles daran
setzen, um zu verhindern, dass es durch eine lebens-
fremde Ideologie ruiniert wird.
Bärbel Bas (SPD): Uns allen sind die Schließung
der City BKK und die Folgen für Versicherte und Be-
schäftigte noch gut in Erinnerung. In der Folge dieser
Schließung lieferten sich die gesetzlichen Krankenkas-
sen im Juni einen skandalösen Wettbewerb darum, wie
man Versicherte der City BKK von einem Eintritt in die
eigene Kasse abhalten kann.
Dieser Umgang der Krankenversicherungen mit den
Versicherten der City BKK hat das Vertrauen in die Soli-
darität innerhalb des Gesundheitssystems erschüttert,
und deshalb konnten wir nicht einfach zur Tagesordnung
übergehen.
Aus diesem Grund hat die SPD-Fraktion den heute zu
beratenden Antrag in den Bundestag eingebracht. Der
Antrag mag zwar vom Juli 2011 sein, die Ursachen und
Folgen der Kassenschließungen sind aus unserer Sicht
aber noch lange nicht gelöst und vor allem aktuell, da
zum Jahreswechsel erneut eine Kassenschließung bevor-
steht.
Ziel einer verantwortungsvollen Politik aber muss es
sein, weder Versicherte noch Beschäftigte mit den Fol-
gen der Kassenschließungen alleine zu lassen.
Es sollte vielmehr Aufgabe dieser Regierung sein,
Versicherte und Beschäftigte vor Kassenschließungen zu
bewahren.
Was aber machen die Bundesregierung und ihr Ge-
sundheitsminister? Sie machen genau das Gegenteil. Sie
behandeln Symptome statt Ursachen und sind nicht in
der Lage, Versicherte vor Kassenschließungen und -in-
solvenzen zu schützen.
Dabei hatte der Bundesgesundheitsminister in den
ersten Tagen seiner Amtszeit noch verkündet, die Regeln
und Vorgaben für Kassenschließungen zu überprüfen.
Sie versprachen den Versicherten Besserung und den
klammen Kassen Abhilfe.
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Ein halbes Jahr und ein aufgeblasenes Gesetzge-
ungsverfahren später hat sich an den Ursachen der Pro-
leme nichts geändert. Zum 1. Januar 2012 wird die
ächste Krankenkasse geschlossen. Gerüchte über wei-
re Wackelkandidaten machen wöchentlich die Runde.
Daran werden auch die im Versorgungsstrukturgesetz
eänderten Paragrafen zur Leistungsgewährung beim
ersicherungswechsel und einer Amtsenthebung von
orstandsmitgliedern bei grober Pflichtverletzung nichts
ndern.
Dabei liegen die Ursachen klar auf der Hand.
Es gibt nach wie vor Anreize, Versicherte nach ihren
esundheitlichen Risiken zu beurteilen und auszuwäh-
n. Und der Wettbewerb zwischen den Krankenkassen
t nicht auf Qualität und Wirtschaftlichkeit ausgerichtet,
ondern auf die Vermeidung von Zusatzbeiträgen. Ihre
opfpauschale treibt die Kassen in einen ruinösen Preis-
ettbewerb.
Ja, der Gesundheitsfonds hat derzeit hohe Einnahmen
u verzeichnen. Was Sie aber immer vergessen, zu er-
ähnen, ist, wie viel von dem Geld der Versicherten und
rbeitgeber, die mit ihren Beiträgen für diese hohen Ein-
ahmen sorgen, tatsächlich bei den Krankenkassen an-
ommt.
Offenbar muss ich Ihnen wirklich erklären, dass sich
ie Zuweisungen an die Kassen nach dem Morbiditäts-
eschehen und den durchschnittlichen Leistungsausga-
en richten. Das ganze heißt Morbiditätsorientierter Ri-
ikostrukturausgleich, kurz Morbi-RSA genannt.
Das bedeutet ganz konkret, dass zwar mehr Geld im
esundheitsfonds ist, aber damit nicht automatisch die
uweisungen an die Kassen steigen. Das Geld kommt
icht da an, wo es benötigt wird. Aber genau hier hätten
ie handeln können.
Sie hatten die Gelegenheit, den Verteilungsmechanis-
us – also den sogenannten Morbi-RSA – zu ändern.
ier hätte eine Anweisung an das Bundesversicherungs-
mt ausgereicht.
Jedes Jahr im Herbst wird dort die Verordnung über
en RSA des Folgejahrs beschlossen. Vorschläge gab es
enug. Sie sahen aber wieder einmal keinen Handlungs-
edarf. Frei nach dem Motto: Augen zu und durch.
Durch ihr Nichthandeln verschärfen Sie aber bei vie-
n Krankenkassen den finanziellen Druck.
Schlimmer noch, mit Ihrer Interpretation, es gebe kei-
erlei Handlungsbedarf, stehen Sie weitgehend alleine
a. So hat der von Ihnen einberufene Wissenschaftliche
eirat bereits mehrfach die Praxis des Bundesversiche-
ngsamtes kritisiert, dass unvollständige Versicherten-
pisoden etwa bei Neumitgliedern, Kassenwechslern
nd Verstorbenen unterschiedlich behandelt werden.
ier sind Sie ausdrücklich zum Handeln aufgefordert
orden, aber Sie tun nichts!
Ja, ich weiß, das ist etwas für gesundheitspolitische
einschmecker, aber hinter diesen scheinbar rein techni-
chen Veränderungen stecken erhebliche finanzielle Ver-
ilungswirkungen, die sehr wohl mit der Zielgenauig-
17962 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011
(A) )
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keit der Zuweisungen für die Kassen zu tun haben. Sie
sollten sich deshalb der Tragweite ihres Nichtstuns be-
wusst sein.
Über den Risikostrukturausgleich werden Milliarden
verteilt und auch umverteilt. Würden Sie es wirklich
ernst meinen, den klammen Kassen zu helfen und Verun-
sicherungen bei den Versicherten zu verhindern, dann
gäbe es durchaus Handlungsbedarf beim Morbi-RSA.
Sie handeln aber nicht, Herr Minister, und deshalb
wird es zu weiteren Kassenschließungen kommen. Unter
Ihrer Aufsicht, Herr Bahr, schließt das Bundesversiche-
rungsamt am 1. Januar bereits die zweite Krankenkasse –
und das, obwohl es den § 172 im SGB V gibt. Der ist
überschrieben mit „Vermeidung der Schließung oder In-
solvenz von Krankenkassen“. Hier werden die Auf-
sichtsbehörden ausdrücklich dazu ermächtigt, zur Ver-
meidung der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung
einer Kasse Vorschläge für eine Fusion zu machen und
diese auch durchzusetzen.
An dieser Stelle muss die Frage erlaubt sein, ob das
Bundesversicherungsamt Fusionen der City BKK oder
der BKK für Heilberufe mit anderen Krankenkassen
wirklich ernsthaft in Betracht gezogen hat.
Hat das Bundesgesundheitsministerium gegenüber
dem Bundesversicherungsamt überhaupt darauf hinge-
wiesen, dass nicht nur der Grundsatz „Schließung vor
Fusion“, sondern insbesondere „Fusion vor Schließung“
steht?
Kassenschließungen scheinen in Ihren Augen das
kleinere Übel zu sein und Priorität zu haben.
Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass die Ver-
sicherten oder die Beschäftigten der Krankenkassen das
auch so sehen.
Werfen wir einmal einen Blick auf die Situation der
Beschäftigten. Ihnen scheint auch hier nicht bewusst zu
sein, dass die konkreten Auswirkungen einer Schließung
auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter je nach Be-
schäftigungsgruppe sowie je nach Kassenart sehr unter-
schiedlich sind.
Die erste Kassenschließung der City BKK hat die Re-
gelungslücken hier deutlich aufgezeigt. Für einen Teil
der Beschäftigten gibt es weder einen gesetzlichen oder
tariflichen Kündigungsschutz noch Sonderkündigungs-
schutzrechte, zum Beispiel bei Schwangeren, oder gar
Sozialpläne, während es diese Regelungen für andere
Kassenarten jedoch gibt.
Auch hier handeln Sie nicht. Sie übernehmen keine
Verantwortung für die Beschäftigen. Sie tun nichts, um
die unterschiedliche Behandlung der Angestellten bei
Kassenschließungen zu lösen.
Für die Beschäftigten müssen bei Schließungen die
gleichen Regeln gelten. Gesetzliche oder tarifliche Kün-
digungsschutzregelungen dürfen nicht durch das SGB V
außer Kraft gesetzt werden.
Deshalb sind die zentralen Forderungen unseres An-
trages auch heute noch aktuell. Die Zusatzbeiträge sind
abzuschaffen und durch eine paritätische Finanzierung
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u ersetzen. Der Morbiditätsorientierte Risikostruktur-
usgleich ist weiterzuentwickeln und zielgenauer auszu-
estalten. Lücken im Versicherungsschutz oder im Leis-
ngsbezug sind zu schließen. Die arbeitsrechtliche
leichbehandlung der Beschäftigten ist zu gewährleis-
n.
Das Verhalten dieser Bundesregierung bei Kassen-
chließungen passt nahtlos ins Gesamtbild ihrer Gesund-
eitspolitik. Dort, wo Sie entscheiden könnten, ducken
ie sich weg, wiegeln ab oder verschieben die Probleme
uf das Jahr 2013, dem Jahr, in dem Ihr gesundheitspoli-
scher Blindflug endlich durch die Wählerinnen und
ähler ein Ende finden wird.
Heinz Lanfermann (FDP): Wir diskutieren heute
ber einen Antrag der SPD mit dem Datum 6. Juli 2011,
er in den meisten Punkten völlig überholt ist. Was auf-
rund der Erfahrungen bei der Schließung der City-BKK
u regeln war, stand zu diesem Zeitpunkt – 6. Juli –
ereits im Referentenentwurf des Versorgungsstruktur-
esetzes und ist in der letzten Sitzungswoche hier als
esetz verabschiedet worden.
Was den Risikostrukturausgleich angeht, kommen sie
uch zu spät. Wir haben uns an die Empfehlungen der
achverständigen Experten gehalten und werden jetzt
eine Änderungen vornehmen. Es gibt also keinen
rund, warum wir heute hier noch einmal darüber reden
ollten. Viel interessanter und aktueller, liebe Kollegin-
en und Kollegen von der SPD, ist doch Ihre sogenannte
ürgerversicherung, die Sie auf Ihrem Parteitag vor eini-
en Tagen beschlossen haben. Zwar haben Sie, nachdem
ie uns fast zehn Jahre lang angekündigt haben, es müss-
n auch Zins- und Mieteinnahmen mit Beiträgen zur
rankenversicherung belegt werden, endlich von diesem
ngerechten und bürokratischen Unsinn Abstand ge-
ommen, aber nach wie vor gilt: Die Bürgerversiche-
ng der SPD ist und bleibt ein Abzockemodell. Sie
ollen die Beitragsbemessungsgrenze beim Arbeitge-
erbeitrag aufheben. Ein solcher Lohnsummenbeitrag
ernichtet Arbeitsplätze, und zwar die meisten beim
ückgrat der deutschen Wirtschaft, nämlich den mittel-
tändischen Betrieben mit vielen Facharbeitern und
ochqualifiziertem Personal.
Sie wollen das in Deutschland bewährte duale Kran-
enversicherungssystem aufgeben. Sie führen einen
reuzzug gegen 9 Millionen privat versicherte Bürger,
inen Kreuzzug vor allem gegen Selbstständige und Be-
mte. Sie wollen es diesen Menschen in Zukunft verbie-
n, sich privat zu versichern, und wollen sie alle in ihre
ogenannte Bürgerversicherung zwingen. Neuversiche-
ngen wären nur noch in dieser Einheitsversicherung
öglich. Die Private Krankenversicherung soll faktisch
bgeschafft werden. Dadurch steigen die Versicherungs-
rämien für Bestandskunden in den PKV-Tarifen. Für
iele Versicherte, gerade für Beamte des mittleren
ienstes, wären solche Prämienerhöhungen untragbar.
Geradezu wie ein Täuschungsmanöver wirkt dann
re Forderung nach der Angleichung der Arzthonorare
r Kassen- und Privatpatienten. Damit wollen Sie die
rzteschaft umschmeicheln, allerdings ohne genau zu
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011 17963
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definieren, wie Sie das denn genau regeln wollen. Nur
Herr Lauterbach ist da in seiner Äußerung etwas offener
und suggeriert eine Anhebung der GKV-Honorare auf
PKV-Niveau Sie wissen genau, dass das illusorisch ist.
Die dafür benannten Mehrkosten von 3 Milliarden Euro
sind viel zu niedrig angesetzt. Tatsächlich wäre es ein
Vielfaches davon im zweistelligen Milliardenbereich.
Das Ergebnis wären natürlich erhebliche Beitragserhö-
hungen für alle Versicherten.
Die Bürgerversicherung ist eben unausgegoren und
unterfinanziert. Zur Gegenfinanzierung Ihrer Ideen
macht die SPD keine Angaben. Am Ende stehen Kosten-
explosionen und damit letztlich erhebliche Einschrän-
kungen in der Gesundheitsversorgung aller Bürger.
Für die größte Verwirrung hat die SPD aber bei den
Apothekern gesorgt. Die Vertreter der Sozialdemokratie
treten auf Apothekertagen freundlich auf und bekunden
ihre Unterstützung für die inhabergeführte Apotheke.
Wenige Wochen später beschließen sie auf ihrem Partei-
tag das Gegenteil; indem sie sich für neue Strukturen auf
den Vertriebswegen aussprechen. Das konnte jeder wirk-
lich nur als Plädoyer für die Zulassung von Apotheken-
ketten verstehen. Als sich das dann herumgesprochen
hat, brach auf der Spielerbank der sozialdemokratischen
Gesundheitsmannschaft das reine Chaos aus. Nun wollte
es keiner gewesen sind. Frau Reimann sagte gegenüber
der Presse: „Wir sind gegen Apothekerketten“. Der be-
kennende Kettenfreund Lauterbach ließ über sein Büro
mitteilen, dass er damit nichts zu tun habe. Und die Kol-
legin Volkmer hatte zwar wohl die Brisanz gesehen,
schaffte es aber aus Formgründen nicht, auf dem Partei-
tag noch einen Änderungsantrag einzubringen. Alles in
allem war das ein trauriges Bild. Und so verwundert es
denn auch nicht, dass die SPD-Fraktion es nicht ge-
schafft hat oder wohl auch gar nicht schaffen wollte, statt
des überholten Antrags vom 6. Juli heute am 15. Dezem-
ber einen aktuellen Antrag vorzulegen.
Harald Weinberg (DIE LINKE): Die SPD will, dass
Krankenversicherte und Beschäftigte nicht unter Pleiten
von Krankenkassen leiden sollen. Auch die Koalition
will das mit ihrem letzten Gesetz erreichen. Deswegen
fordern beide Regeln für den Fall, dass eine Kasse plei-
tegeht. So weit, so gut.
Nur, bis vor wenigen Jahren gab es dieses Problem
gar nicht. Die SPD hat gemeinsam mit der Union dieses
Problem der Kasseninsolvenzen mit den Reformen von
2007 und 2010 erst geschaffen. Nur deshalb mussten
und müssen sich die Versicherten bei City BKK und
BKK für Heilberufe eine neue Krankenkasse suchen.
Und es gab diese unschönen Szenen mit Schlangen vor
den Geschäftsstellen und abgewiesenen Versicherten.
Für die SPD – genau wie für die schwarz-gelbe Seite
hier im Haus – sind Krankenkassen in erster Linie nor-
male Unternehmen, die pleitegehen sollen, wenn die Bi-
lanzen nicht stimmen, egal ob die Ursache tatsächlich
schlechtes Management und Verschwendung ist oder ob
schlichtweg viele alte und kranke oder schwangere Ver-
sicherte in einer Kasse die Bilanz in die roten Zahlen
drücken.
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Unser Ansatz ist ein anderer: Die Kassen sollen nicht
leitegehen können, sondern im Zweifel fusionieren,
enn die Linke sieht – in großer Übereinstimmung übri-
ens mit dem Bundesverfassungsgericht – in Kranken-
assen einen Teil des Sozialstaats. So war das auch jahr-
ehntelang geregelt, und diese Regelung war gut. Wir
ind gegen den ruinösen Wettbewerb, den Ulla Schmidt
nd die Herren Rösler und Bahr den Kassen aufgezwun-
en haben.
Dieser Wettbewerb dreht sich derzeit nur um eine
rage: Wie kann eine Kasse um alles in der Welt Zusatz-
eiträge vermeiden? Die Kasse hat dazu nur eine Mög-
chkeit: Sie streicht erst alle freiwilligen Leistungen zu-
ammen und bewilligt dann möglichst wenig Anträge
er Versicherten.
Und wenn das nicht klappt, wird dann die Kasse ge-
chlossen, und die Versicherten müssen sich eine neue
asse suchen; die Beschäftigten landen auf der Straße.
Dieser Wettbewerb ist ein Leistungsvermeidungs-
ettbewerb. Er schadet den Patientinnen und Patienten.
r schadet übrigens auch den Beschäftigten bei den
rankenkassen. Denn hier werden ohne Not Arbeits-
lätze gefährdet, die zuvor sicher waren, Arbeitsplätze
on Menschen, die keinerlei Schuld an der Kassenpleite
nd die erst recht keine Schuld an den marktradikalen
esetzen der Bundesregierung haben.
Natürlich gibt es auch Misswirtschaft in den Kassen.
as muss Folgen haben für die, die die Verantwortung
afür tragen. Aber genau das verhindert die Bundesre-
ierung an anderer Stelle. So listet der Bundesrech-
ungshof alljährlich Fälle von Verschwendung auf. Hier
eht es um überhöhte Mietverträge und Vorstandsgehäl-
r. Der Bundesrechnungshof fordert die Bundesregie-
ng auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der ihm er-
öglicht, diese Verschwendungen zu unterbinden. Aber
enau das lehnt die Bundesregierung ab, wie sie mir in
iner Antwort auf eine schriftliche Frage bestätigte. Und
as ist skandalös!
Auch die neuesten Vorschläge zur Praxisgebühr in
orm eines Eintrittsgeldes in die Arztpraxis reihen sich
ier ein. Da wird überlegt, wie man mit der Praxisgebühr
ine sogenannte Steuerungswirkung erzielen kann. Eine
lumige Umschreibung. Im Klartext bedeutet das: Die
ranken Versicherten sollen sich dreimal überlegen, ob
ie sich den Arztbesuch leisten können. Denn nur wenn
ie nicht zum Arzt gehen, weil die Praxisgebühr sie da-
n hindert, obwohl sie gerne würden oder müssten,
ann hat die Praxisgebühr eine Steuerungswirkung. Das
t soziale Selektion! Das ist eine Ausgrenzung der ärms-
n Versicherten, obwohl genug Geld da ist. Die Praxis-
ebühr gehört ersatzlos gestrichen!
Mit dem derzeitigen Überschuss von rund 6 Milliar-
en Euro und den Finanzreserven von rund 16 Milliar-
en Euro könnte man die Einnahmeausfälle ohne Pro-
leme über Jahre finanzieren.
Und wenn Sie, liebe Bundesregierung, dieses Geld
icht anrühren und die Abschaffung der Praxisgebühr
egenfinanzieren wollen, warum erhöhen Sie dann nicht
ie Beitragsbemessungsgrenze? Das würde Einnahmen
17964 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011
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bringen und wäre gerecht! Dann würden Gutverdiener,
wie zum Beispiel wir Parlamentarier, ein wenig mehr
Solidarität leisten müssen. Das würde uns nicht wehtun,
aber der Lidl-Verkäuferin und dem Leiharbeiter die Pra-
xisgebühr ersparen.
Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer
Realsatire mag, dem sei ein nachträglicher Blick in das
im letzten Jahr verabschiedete GKV-Finanzierungsge-
setz empfohlen. In dem hieß es damals wörtlich: „Der
einkommensunabhängige Zusatzbeitrag wirkt als trans-
parentes Preissignal. Er verleiht den gesetzlichen Kran-
kenkassen Spielräume, um gute Verträge zu gestalten
und regionalen Besonderheiten gerecht werden zu kön-
nen.“ Daran, dass diese Koalition ihre selbstgesteckten
Ziele nicht erreicht, haben wir uns ja fast schon gewöhnt.
Aber dass sie genau das Gegenteil von dem bewirkt, was
sie angeblich erreichen will, ist doch bemerkenswert.
Von mehr Transparenz durch den Zusatzbeitrag kann
keine Rede sein. Denn dieser sagt über die Qualität und
die Wirtschaftlichkeit einer Krankenkasse nichts aus. Ob
sie ihn erheben muss, ist vor allem von der Zufälligkeit
des Wohnorts ihrer Versicherten abhängig. Wenn diese
mehrheitlich in überversorgten und damit besonders teu-
ren Regionen leben, ist die Wahrscheinlichkeit hoch,
dass die Kasse eine zusätzliche Kopfprämie verlangen
muss. Damit vergrault sie aber ausgerechnet ihre gesun-
den und mobilen Mitglieder. Dann setzt eine Abwärts-
spirale ein – und wohin die führt, haben wir in diesem
Jahr am Beispiel der Pleite der City BKK gesehen.
Solche Wettbewerbsverzerrungen ließen sich verhin-
dern, wenn die Bundesregierung gewillt wäre, etwas ge-
gen Überversorgung zu unternehmen. Doch das ist sie
nicht. Stattdessen hat sie das Vorhaben, zur Steuerung des
ärztlichen Niederlassungsverhaltens Honorarzuschläge
in unter- und Honorarabschläge in überversorgten Regio-
nen einzuführen, wieder gestrichen. Die gewaltigen Ver-
sorgungsungleichgewichte in Deutschland werden von
ihr stillschweigend akzeptiert. Dazu passt auch, dass der
Bundesgesundheitsminister das Expertengutachten, das
diesen Zusammenhang beleuchtet, erst nach Monaten
und nach massivem öffentlichem Druck herausgerückt
hat.
Die Krankenkassen reagieren auf ihre Weise rational
auf dieses Politikversagen. Sie sparen, um bloß keine
Zusatzbeiträge nehmen zu müssen. So ist aus dem leb-
haften Beitragswettbewerb zwischen den Kassen ein
Wettbewerb um die Nichterhebung von Zusatzbeiträgen
geworden. Damit findet in der gesetzlichen Krankenver-
sicherung faktisch kein Preiswettbewerb mehr statt.
Doch dabei bleibt es nicht. Denn mit der Eindämmung
des Preiswettbewerbs wird der Qualitätswettbewerb zwi-
schen den Kassen gleich mit abgeräumt. Da alle Kassen
ihren Haushalt auf Kante nähen müssen, herrscht das
Spardiktat. Viele Verträge zur Integrierten Versorgung
wurden gekündigt.
Vor allem aber fehlt es an den Anreizen, in solche
neuen Versorgungsformen zu investieren, die sich finan-
ziell erst nach einer Anlaufphase rechnen. Das ist aber
bei Investitionen in die Prävention oder auch beim Auf-
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au großer regionaler Gesundheitsverbünde fast immer
er Fall.
Wenn Kassen im Wettbewerb scheitern und deshalb
eschlossen werden, ist das nicht per se ein Problem, vo-
usgesetzt, ihre Versicherten erhalten problemlos Kran-
enversicherungsschutz in einer anderen Kasse und die
echte der Beschäftigten werden beachtet, vorausgesetzt
ber auch, dass das Schicksal einer Kasse nur von der Ge-
undheitseffizienz abhängig ist, die sie bietet – und nicht
om Alter, Geschlecht oder Wohnort ihrer Versicherten.
ür solch einen auf die Qualität und Wirtschaftlichkeit
er Gesundheitsversorgung ausgerichteten Wettbewerb
raucht es unter anderem die Beitragssatzautonomie der
assen, einen leistungsfähigen Risikostrukturausgleich
nd die faire Beteiligung aller an der Finanzierung des
ystems. Zur Schaffung einer solchen leistungsfähigen
nd solidarischen Wettbewerbsordnung ist diese Bundes-
gierung offensichtlich weder bereit noch in der Lage.
nlage 6
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung: Beschlussempfehlung und Be-
richt zu dem Antrag: Bei der Vergabe von Ex-
portkreditgarantien auch menschenrechtliche
Aspekte prüfen (Tagesordnungspunkt 12)
Erich G. Fritz (CDU/CSU): Mit diesem Antrag set-
en wir eine lange Debatte fort, in deren Folge das Prüf-
strumentarium für Exportkreditgarantien immer aus-
efeilter und treffsicherer gemacht worden ist. Große
ebatten über aus unterschiedlichen Aspekten frag-
ürdige Vorhaben, für deren Belieferung deutsche Ex-
orteure Garantien beantragt haben, haben auch die Auf-
erksamkeit von Bundestag und Öffentlichkeit
eschärft. Über einzelne Maßnahmen sind sogar mehr-
hrige Diskussionen geführt worden, sodass sich eine
ochentwickelte Form von Expertise bei Nichtregie-
ngsorganisationen entwickelt hat, die sowohl die Ge-
chwindigkeit der öffentlichen Debatte wie auch den
echtfertigungszwang auf die Garantiegewährer erhöht
nd damit die Transparenz verbessert hat.
In Deutschland wird seit Jahren bei den vom Wert her
icht herausragenden Garantiewünschen ein Screening
ngewendet, das sich außerordentlich bewährt hat und
uch im Ablauf so gestaltet ist, dass es nicht zu einem
ürokratischen Monstrum geworden ist. Es war
eutschland, das seit den 90er-Jahren daran gearbeitet
at, dass die Bedingungen für Exportkreditgarantien
nerhalb der Gemeinschaft der Industrieländer OECD
llmählich angeglichen wurden. Zunächst ging es um
ettbewerbsfördernde statt wettbewerbsstörender Ge-
ührensysteme – also um die Frage eines Level Playing
ield für deutsche Unternehmen im Vergleich zu Kon-
urrenten zum Beispiel in Frankreich und den USA.
ann kamen immer mehr Ansprüche dazu, die sich aus
en Anforderungen an eine nachhaltige Entwicklung
nd der besonderen Verantwortung der Industrieländer
r eine zukunftsfähige Entwicklung der Welt, die Scho-
ung von Ressourcen und die Wahrung menschlicher
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011 17965
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Würde ergab. So hat nicht nur die Bundesrepublik heute
ein Instrumentarium, das im Interministeriellen Aus-
schuss bei Entscheidungen ein Einvernehmen von
BMWi, BMF, AA und BMZ erfordert, sodass die in dem
SPD-Antrag geforderten Aspekte regelmäßig im IMA
Entscheidungsgrundlage sind.
Im Jahre 2003 haben sich dann die Mitgliedstaaten
der OECD erstmals auf Common Approaches geeinigt.
Das war ein erster wichtiger Schritt. Schon 2007, das ist
für eine solche internationale Organisation sehr bemer-
kenswert, wurden sie bereits ein erstes Mal weiter entwi-
ckelt, und seit 2009 werden sie bereits wieder neu über-
arbeitet, und die Bundesregierung hat sich daran
konstruktiv beteiligt und ist an einem Abschluss interes-
siert. Ich nehme an, dass die Kollegen der SPD-Fraktion,
die diesen Antrag eingebracht haben, mit den gleichen
NGO-Vertretern gesprochen haben, die auch mir ihre
Vorstellungen vorgetragen haben. Dabei wurde auch der
Vorwurf erhoben, dass die Bundesregierung sowohl bei
den Verhandlungen wie auch in der damals beabsichtig-
ten Stellungnahme Anfang Dezember 2011 eine Weiter-
entwicklung blockieren wolle. Dem bin ich mit Freuden
nachgegangen und habe sowohl bei der OECD anläss-
lich der Sitzung des Wirtschaftsausschusses der Parla-
mentarischen Versammlung des Europarates in Paris wie
bei Gesprächen mit Vertretern der Bundesregierung er-
fahren, dass das Gegenteil der Fall ist. Zwar gibt es in
den Verhandlungen wie immer auch Konfliktfelder, weil
naturgemäß die Interessen der Mitgliedstaaten unter-
schiedlich sind. Das Ziel sind aber eine Verbesserung der
Standards und ein zügiger Abschluss der Verhandlungen.
Da können wir ganz optimistisch sein. Ich nehme an,
dass bei den zwischenzeitlich in Paris mehrfach stattge-
fundenen Konsultationen der Nichtregierungsorganisa-
tionen sich auch bei deren Vertretern das Bild gewandelt
hat. Ich erwarte nicht, dass nun plötzliches Lob für die
Bundesregierung in dieser Sache durch die NGOs und
die Opposition verbreitet wird, aber es könnte schon eine
kleine Anerkennung der Bemühungen der Regierung ge-
ben.
Es ist natürlich eine übliche, der Fraktionsstrategie
geschuldete Unterstellung, bisher würde in deutschen
Entscheidungen für Garantien Menschenrechte als Krite-
rium nicht einbezogen. Die Verfahren sind aber wie im
praktischen Leben immer davon geprägt, dass eine Viel-
zahl unterschiedlicher Interessen, Werte und Gesichts-
punkte berücksichtigt und abgewogen werden müssen.
Keine Bundesregierung wird vor diesem Dilemma gefeit
sein. Wir sollten als Bundestag nicht so tun, als ob wir,
sollten wir entscheiden müssen, nicht in der gleichen
Lage wären. Die Regierung kann diese Abwägungen
viel rationaler treffen als es im Parlament in der öffentli-
chen, Gesichtspunkten der Konkurrenz ausgesetzten De-
batten getan werden könnte. Es ist deshalb nicht unsin-
nig, auch hier genau die Trennungslinie zwischen
Legislative und Exekutive zu berücksichtigen und zu
wahren und die Einzelentscheidungen über Hermesde-
ckungen wie im Bundeshaushaltsgesetz vorgesehen der
Regierung zuzuordnen.
Nach meinen Erfahrungen kann ich Ihnen von insge-
samt sechs Bundeskabinetten sagen, dass die deutsche
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undesregierung Menschenrechten im Rahmen der Au-
enwirtschaftsförderung große Beachtung schenkt. Aber
iemand hat bisher die große Matrix erfunden, die allge-
eingültig, unzweifelhaft und unabhängig von nationa-
n, europäischen und vielen anderen Gesichtspunkten
in Menschenrechtskriterium als Ausschlusskriterium
ingebaut hätte. Ich bin der Meinung, und ich nehme an
enauso alle anderen Kollegen hier, dass die Vollstre-
kung der Todesstrafe eine massive Menschenrechtsver-
tzung ist, trotzdem habe ich auch von den Oppositions-
arteien noch nicht den Antrag gesehen, generell die
irtschaftliche Zusammenarbeit mit Staaten einzustel-
n, in denen es noch die Todesstrafe gibt. Es muss also
uch bei Ihnen noch weitere, offensichtlich relativie-
nde Aspekte in der Abwägung geben. Dann sollte man
er Ehrlichkeit halber aber auch in Anträgen nicht so
n, als sei es anders machbar.
Menschenrechtliche Aspekte finden bereits heute bei
er Übernahme von Exportkreditgarantien durch OECD-
taaten besondere Berücksichtigung. Ich finde es auch
inen gewaltigen Fortschritt, dass gerade die Diskussion
nter den OECD-Mitgliedstaaten dazu geführt hat, dass
er Austausch und die Kooperation zwischen den Behör-
en und den Exportkreditversicherern sehr intensiv ge-
orden ist. Die Bundesregierung setzt sich für eine ex-
lizite Erwähnung von Menschenrechten sowohl in der
räambel als auch in den Zielen des Common Approach
in. Der aktuelle Textentwurf sieht unter anderem einen
ezug zu den ILO-Kernarbeitsnormen vor. Wer die De-
atten der 80er- und 90er-Jahre noch in Erinnerung hat,
er kann nur erstaunt feststellen, wie weit die in
eutschland und in Europa geführten Debatten mittler-
eile den Rahmen ausgeweitet haben. Das sollten wir
lle gemeinsam begrüßen und die Bundesregierung da-
ei unterstützen, auf diese Weise nachhaltige Wettbe-
erbsbedingungen weltweit durchzusetzen.
Ein typisches Beispiel dafür, wie intensiv die Kon-
ollfunktion solcher Regeln funktioniert, ist die Aus-
inandersetzung um Lieferungen für den Ilisu-Stau-
amm in der Türkei, wo sowohl menschenrechtliche
spekte, Fragen der Umsiedlung und Entschädigung,
es kulturellen Erbes und des Umgangs mit nationalen
inderheiten eine große Rolle spielten. Die dann begon-
enen Verhandlungen haben die Standards für das Pro-
kt immer weiter angehoben, auch wenn sie nicht zu un-
erer Zufriedenheit abgeschlossen werden konnten. Als
ann klar war, dass die erwarteten Standards nicht zu er-
ichen waren, haben sich die Kreditversicherer Öster-
ichs, der Schweiz und Deutschlands gemeinsam aus
en Projekten zurückgezogen.
Wenn wir unter dem Stichwort „Nachhaltigkeit“
eute auch von ILO-Normen und Menschenrechten ne-
en den Umweltaspekten und der wirtschaftlichen Be-
eutung von Handelsgeschäften reden und eine Stan-
arddiskussion führen, so muss es immer eine sein, in
er der Bundestag durch Debatten und allgemeine Ge-
etze Ansprüche erhebt und dann die Bundesregierung
iese Gesetze durchführen und in Verwaltungshandeln um-
tzen muss. Dabei wird gewährleistet, dass bei einzel-
llbezogenen Risikoprüfungen relevante Menschen-
chtsauswirkungen in Betracht gezogen werden.
17966 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011
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Durchgeführt wird die Risikoprüfung zunächst durch die
Nachhaltigkeitsabteilung des beauftragten Mandatarkon-
sortiums Euler Hermes/PWC. Die konkrete Deckungs-
entscheidung wird im Interministeriellen Ausschuss,
IMA, im Einvernehmen von BMWi, BMF, AA und
BMZ getroffen. Im Rahmen der Überarbeitung der
OECD-Umweltleitlinien setzt sich die Bundesregierung
für eine stärkere Bedeutung der Menschenrechte ein. Die
im Interministeriellen Ausschuss für Exportkreditgaran-
tien vertretenen Ressorts BMWi, BMZ, AA und BMF
haben eine ausgewogene deutsche Verhandlungsposition
zur Überarbeitung der Common Approaches entwickelt.
Diese wird den menschenrechtspolitischen Zielen der
Bundesregierung, den gestiegenen internationalen Ver-
pflichtungen als auch den Informations- und Einfluss-
möglichkeiten der Exporteure und Banken gerecht.
Die Forderungen aus dem Antrag der SPD-Fraktion
wurden hierbei bereits weitestgehend berücksichtigt. Die
Fraktion müsste auch hier der Regierung eigentlich
Dank sagen.
Die Bundesregierung setzt sich für eine stärkere An-
wendung der IFC-Performance-Standards ein. Die von
den IFC-Performance-Standards umfassten Regelungen,
Arbeits- und Sozialbedingungen, setzen allerdings vo-
raus, dass der Exporteur wesentlichen Einfluss auf das
Projekt im Ausland hat. Dies ist bei Projektfinanzierun-
gen und vergleichbaren Transaktionen der Fall. Daher
soll in diesem Bereich eine Anwendung befürwortet
werden, für das übliche hermesgedeckte Geschäft, bei
denen der Einfluss der Exporteure begrenzt ist, das aber
weder praktikabel noch sinnvoll ist.
Im Bereich der Hermesdeckungen gibt es bereits eine
sehr weitgehende Information an den Deutschen Bun-
destag, die den Ansprüchen auf Geschäftsgeheimnisse
gerecht wird und trotzdem jederzeit bei großen Projekten
eine Nachfrage und die nötige Kontrolle möglich macht.
Der Haushaltsausschuss wird darüber regelmäßig unter-
richtet, und somit kann jeder Kollege sich, wenn er es
denn will, ein Bild machen, die Fraktionen insgesamt
ohnehin.
Was nun die wirtschaftliche Handhabbarkeit von Re-
geln angeht, so sollte man folgende Punkte mindestens
mit bedenken: Ich gebe hier den von mir völlig geteilten
Standpunkt der Bundesregierung wieder. Es ist zu be-
rücksichtigen, dass bei der Übernahme von Export-
kreditgarantien Vertragspartner der Bundesrepublik
Deutschland deutsche Exporteure bzw. die das Export-
geschäft finanzierenden Kreditinstitute sind und nicht
das ausländische Unternehmen. Die Informations- und
Einflussmöglichkeiten des Exporteurs auf das Projekt
und den ausländischen Besteller sind häufig – etwa auf-
grund eines oft kleinen Lieferanteils am Gesamtprojekt –
nur sehr gering. Bei Exportgeschäften beliefern Expor-
teure einen ausländischen Besteller mit einem Export-
gut, sind aber nachfolgend nicht in den Betrieb des Be-
stellers eingebunden. Insofern ist eine handhabbare und
auch für die Exporteure darstellbare menschenrechtliche
Prüfung der Exportgeschäfte wichtig. Des Weiteren be-
reitet es der Bundesregierung zunehmend Sorge, dass
die wichtigsten Schwellenländer bisher nicht an die in-
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rnationalen Regelungen der OECD für die Übernahme
on Exportkreditgarantien gebunden sind. Die Bundes-
gierung misst den Bemühungen zur Einbindung der
icht-OECD-Staaten in die Disziplin für die staatlich
nterstützen Exportkredite größte Bedeutung bei.
Ich kann im Rahmen dieser Debatte nicht auf alle As-
ekte des SPD-Antrages eingehen, möchte nur, weil es
usdrücklich angesprochen ist, erwähnen, dass die Bun-
esregierung auch dem Gesichtspunkt der Abstimmung
nterschiedlicher internationaler Regelwerke eine be-
ondere Aufmerksamkeit widmet. Es macht keinen Sinn,
n vielen Stellen Regeln zu entwickeln, immer mehr
onventionen und Vereinbarungen zu treffen, wenn sie
achher in der Praxis keine Wirkung entfalten, weil sie
icht kompatibel sind oder sogar zu ständigen Zielkon-
ikten führen, klare Entscheidungen also eher behindern
nd erschweren als transparenter zu machen und zu er-
ichtern.
Deshalb hat die Bundesregierung bei den Verhandlun-
en in der OECD natürlich darauf geachtet, dass der
extentwurf Bezug auf die Guiding Principles on Busi-
ess and Human Rights des UN-Sonderbeauftragten für
enschenrechte und transnationale Unternehmen
immt, also die Ruggie-Position unterstützt.
Sie sehen also, dass der Antrag mehr in die Abteilung
ppositionskampf gehört als in die Klasse Weiterent-
icklung guten Regierens in Deutschland und global.
ie Bundesregierung und die Koalitionsmehrheit im
undestag muss zur Weiterentwicklung von Standards
nter Berücksichtigung der Bedürfnisse der deutschen
irtschaft und der Arbeitsplätze nicht ermuntert wer-
en. Wie achten allerdings auf gleiche Wettbewerbs-
hancen und legen deshalb größten Wert darauf, dass,
ie das der Generaldirektor der OECD, Angel Guerra,
ktiv unterstützt, auch die neuen großen Wettbewerber
eutschlands auf den Weltmärkten nachvollziehen und
icht auf Dauer Wertedumping die Preise bestimmt.
Weil wir sicher sind, dass das Anliegen der SPD-
raktion bei der Bundesregierung in guten Händen ist,
önnen wir den Antrag der SPD-Fraktion wie vom fe-
erführenden Ausschuss vorgeschlagen ablehnen.
Christoph Strässer (SPD): Unser derzeitiger
ußenminister hat es vor längerer Zeit angesprochen, es
teht im 9. Menschenrechtsbericht der Bundesregierung,
nd man kann es in dem Strategiepapier „Menschen-
chte in der deutschen Entwicklungspolitik“ des BMZ
achlesen. Der Einsatz für Menschenrechte ist – ich
itiere Herrn Dr. Westerwelle – „eine wichtige Quer-
chnittsaufgabe, die sich durch alle Politikfelder zieht“.
s gebe, so seine weiteren Ausführungen, heute keine
enschenrechtsfreien Politikbereiche mehr. Und in dem
trategiepapier des BMZ heißt es dazu konkret: „Men-
chenrechte sind Leitprinzip deutscher Entwicklungs-
olitik. Sie sind Maßgeblich für die Ziele, Programme
nd Vorgehensweise der deutschen Entwicklungspolitik
der Zusammenarbeit mit Partnerländern und auf inter-
ationaler Ebene.“ Diesen Ansatz, dass es grundsätzlich
eine deutsche Politik im Innen- sowie im Außenbereich
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011 17967
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)(B)
geben darf, die den Menschenrechtsstandards widerspre-
chen, möchten wir ausdrücklich unterstützen.
Da sich die Einhaltung der Menschenrechte laut
Herrn Westerwelle auf alle Politikbereiche bezieht,
betrifft das natürlich auch unsere Außenwirtschaftsför-
derung. Dabei dient die deutsche Außenwirtschaftsför-
derung natürlich auch der Förderung der einheimischen
Wirtschaft und der Sicherung von Arbeitsplätzen. Des-
halb ist es auch nicht verwunderlich, dass für die meisten
Menschen in diesem ökonomischen Zusammenhang die
Menschenrechte kaum oder gar nicht wichtig sind. Diese
Einstellung ist – ich verweise erneut auf die oben zitier-
ten Dokumente der Bundesregierung – eine Fehlein-
schätzung, die im Ernstfall zu gravierenden Verstößen
gegen elementare Grund- und Menschenrechte führen
kann. Denn Staaten nehmen faktisch gerade durch die
Förderung von Exporten und die Absicherung von Aus-
landsinvestitionen direkten und indirekten Einfluss auf
die Achtung, die Gewährleistung und den Schutz von
Menschenrechten in anderen Ländern. Dies trifft sowohl
im positiven Sinne zu, etwa durch die Förderung von
Entwicklung durch Direktinvestitionen deutscher Unter-
nehmen. Ebenso können aber Projekte negative soziale
oder ökologische Konsequenzen im Zielland haben.
Kommt es im Zuge derartiger Projekte zu Verstößen
gegen die Menschenrechte, so muss die Unterstützung
durch die Außenwirtschaftsförderung als Beihilfe des
deutschen Staates zu solchen Menschenrechtsverletzun-
gen gewertet werden. Insofern betont auch der Sonder-
beauftragte des Generalsekretärs der Vereinten Natio-
nen, VN, für Wirtschaft und Menschenrechte, John
Ruggie, die Bedeutung von Exportkreditagenturen für
die Wahrung der Menschenrechte. Er fordert die Regie-
rungen auf, sicherzustellen, dass sie auch bei der Ver-
gabe von Exportkrediten ihre menschenrechtlichen Ver-
pflichtungen achten – und er hat Recht damit.
Die Bundesregierung entscheidet hierbei Jährlich
über eine Vergabe von Exportgarantien von bis zu
25 Milliarden Euro. Diese Gewährleistung darf auf kei-
nen Fall, auch nicht indirekt, zur Begünstigung von
Menschenrechtsverletzungen führen. Wollen wir unse-
ren selbst gesetzten Zielen in der Außenpolitik gerecht
werden, die ja nach allen Verlautbarungen wertegebun-
den sein soll, so müssen wir uns deshalb zum Ersten an
die gegebenen Menschenrechtstandards auch und gerade
bei der Vergabe von Exportgarantien halten und zum
Zweiten daran arbeiten, diese Standards so weiterzuent-
wickeln, dass sie auch tatsächlich nicht dazu beitragen,
gegen die Würde der Menschen in den jeweiligen Län-
dern zu verstoßen. In diesem Sinne kritisieren zivil-
gesellschaftliche Organisationen sowie Menschenrechts-
expertinnen und – experten seit längerem, dass in der
staatlichen Außenwirtschaftsförderung, namentlich bei
der Vergabe von Hermesbürgschaften, Investitionsgaran-
tien und ungebundenen Finanzkrediten, keine umfas-
sende Prüfung der Auswirkungen der geförderten oder
gesicherten Projekte auf die Menschenrechtssituation in
den Zielländern stattfindet. Dazu können menschen-
rechtliche Risikoanalysen dienen, die sicherstellen, dass
Projekte von Unternehmen keine negativen Auswirkun-
gen auf die Menschenrechtssituation haben.
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In diesem Jahr hat die dritte Überprüfung der soge-
annten Common Approaches der OECD begonnen und
teht wohl kurz vor dem Abschluss. Nach der Erarbei-
ng der der neuen Richtlinien der OECD, in denen zum
rsten Mal der Schutz der Menschenrechte mit einem
igenen Kapitel prominent vertreten ist, und der
nnahme des sogenannten Ruggie-Berichts über die
enschenrechtliche Verantwortung multinational tätiger
nternehmen im Menschenrechtsrat der Vereinten
ationen handelt es sich hierbei um die dritte große
äule der Implementierung menschenrechtlicher Stan-
ards im Bereich der internationalen Ökonomie. Wir for-
ern deshalb gerade jetzt, da die Common Approaches
er OECD einer dritten Revision unterzogen werden,
enschenrechtliche Prüfkriterien mit in sie zu integrie-
n. Denn bisher sind in diesen Richtlinien, die als Emp-
hlungen der OECD für Exportkreditgeschäfte dienen,
diglich Umwelt- und Sozialaspekte enthalten. Diese
ind ebenfalls von fundamentaler Bedeutung. Aber um
nserem Anliegen, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte
nd Demokratie in der Welt stärken zu wollen, gerecht
erden zu können, sollten wir diese an das mächtigste
ittel binden, das es gibt, nämlich die Geldgeschäfte.
enn nur so betreibt man eine effektive, menschen-
chtsorientierte und vor allem glaubwürdige Außen-
olitik im Interesse aller Beteiligten, auch unserer deut-
chen Unternehmen.
Gerade mit unseren Bürgschaften und Kreditgarantien
ind wir in der Lage, direkt und indirekt auf die Ach-
ng, den Schutz und die Gewährleistung der Menschen-
chte im Zielland einzuwirken. Und das sollte wirklich
nsere Aufgabe sein. Zum Ersten, weil sich auch die
undesregierung dazu verpflichtet hat, die Menschen-
chte als Querschnittsaufgabe in allen Politikbereichen
u verankern. Und zum Zweiten und umso wichtiger:
er behauptet, demokratische Standards weltweit vo-
ntreiben und demokratische Bestrebungen der Men-
chen in anderen Ländern unterstützen zu wollen, muss
as zumindest auch in seinem Geschäftsgebaren bewei-
en und vormachen. Alles andere ist unglaubwürdig und
uft einer demokratischen, rechtstaatlichen, den Men-
chenrechten entsprechenden Politik zuwider. Denn die
irtschaft kann eben nicht die Voraussetzungen schaf-
n, die sie zum Wirtschaften braucht. Das wusste bereits
ontesquieu, der deshalb schon im 18. Jahrhundert in
einem wegweisendem Werk Vom Geist der Gesetze
sthielt: „Die Freiheit des Handels ist nicht etwa eine
en Kaufleuten eingeräumte Erlaubnis, zu machen, was
ie wollen. Das würde vielmehr die Knechtschaft des
andels bedeuten. Was den Handelsmann behindert,
ehindert deshalb noch nicht den Handel.“
In genau in diesem Geiste bitten wir um Zustimmung
u eigentlich selbstverständlichen Forderungen wie der
tegration von Menschenrechtsstandards und der ILO-
ernarbeitsnormen in die Common Approaches und
ach mehr Corporate Social Responsibility für die inter-
ationale Wirtschaft. Eine solche Strategie wird sich am
nde des Tages nicht als ein betriebswirtschaftlicher
ostenfaktor, sondern als positiver Standortfaktor für
nsere Unternehmen erweisen.
17968 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011
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Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Die SPD-Frak-
tion fordert in ihrem Antrag, menschenrechtliche As-
pekte stärker in den OECD-Umweltleitlinien, aber auch
in der gelebten Praxis zu verankern. Menschenrechtliche
Aspekte finden allerdings bereits heute bei der Über-
nahme von Exportkreditgarantien durch OECD-Staaten
Berücksichtigung. Dies erfolgt zum einen über die anzu-
wendenden Prüfstandards, die die wesentlichen hier re-
levanten Menschenrechte abdecken, zum Beispiel im
Hinblick auf Umsiedlungen, Schutz des Kulturerbes,
Schutz der indigenen Bevölkerung. Zum anderen wer-
den schon bislang in einer einzelfallbezogenen Risiko-
prüfung relevante Menschenrechtsauswirkungen in Be-
tracht gezogen.
Im Rahmen der Überarbeitung der OECD-Umweltleit-
linien setzt sich die Bundesregierung für eine stärkere
Bedeutung der Menschenrechte ein. Die im Interministeri-
ellen Ausschuss für Exportkreditgarantien vertretenen
Ressorts haben eine ausgewogene deutsche Verhandlungs-
position zur Überarbeitung der Common Approaches ent-
wickelt. Diese wird den menschenrechtspolitischen Zielen
der Koalition, den gestiegenen internationalen Verpflich-
tungen als auch den Informations- und Einflussmöglich-
keiten der Exporteure und Banken gerecht.
Die Forderungen aus dem Antrag der SPD-Fraktion
werden hierbei bereits weitestgehend berücksichtigt.
Ebenso hat sich die Beteiligung des Bundestages im bis-
herigen Umfang bei Entscheidungen über die Außen-
wirtschaftsförderung bewährt. Um das Instrument hand-
habbar zu halten, wäre es praktisch kaum möglich, alle
Anträge auf Hermesdeckungen dem Bundestag vorzule-
gen. Es bedarf auch zukünftig einer klaren Trennung von
Befugnissen der Exekutive und der Legislative. Dem
Antrag der SPD-Fraktion kann daher meine Fraktion
nicht zustimmen.
Ulla Lötzer (DIE LINKE): Die universelle Geltung
der Menschenrechte darf vor den Unternehmenstoren
nicht Halt machen. Da ist es ein Skandal, wenn 75 Pro-
zent aller Hermesdeckungen Geschäfte mit Menschen-
rechtsverletzungen absichern. Ja, es ist unbedingt
notwendig, die Einhaltung der Menschenrechte zur Be-
dingung für Exportkreditgarantien zu machen. Ihre For-
derungen, Kolleginnen und Kollegen der SPD, gehen da-
bei aber leider nicht weit genug. Ob Empfehlungen der
OECD oder die Richtlinienvorschläge von John Ruggie,
alle kranken daran, dass sie keinen verbindlichen Cha-
rakter haben. Ohne Verbindlichkeit und wirksame Sank-
tionsmechanismen werden Erklärungen für die Einhal-
tung der Menschenrechte zu bloßen Absichtserklärungen
oder gar Feigenblättern für die Öffentlichkeit.
Sie nehmen in ihrem Antrag Bezug auf die Perfor-
mance Standards. Darin sind auch die ILO-Kernarbeits-
normen enthalten. Leider hat die Bundesregierung die
ILO-Konvention 169 zum Schutz der indigenen Völker
immer noch nicht ratifiziert, weder unter Schwarz-Gelb
noch unter Rot-Grün, übrigens ebenso wenig wie die
Konvention zum Schutz der Wanderarbeiter. Das muss
dringend geändert werden, wenn Menschenrechte ge-
schützt werden sollen. Sie bleiben die Antwort schuldig,
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as passiert, wenn sie nach Gewährung der Kreditversi-
herung doch gegen Menschenrechte verstoßen.
Sofern geförderte Projekte Menschenrechtsverletzun-
en nach sich ziehen, müssen die Betroffenen die Mög-
chkeiten haben, dagegen auch zu klagen. Wer durch
eutsche Unternehmen oder ihre Subunternehmen und
ulieferer geschädigt wurde, muss Zugang zum Rechts-
chutz in Deutschland bekommen, auch wenn er oder sie
ein deutscher Staatsbürger ist. Menschenrechtsverlet-
ungen müssen zu Schadensersatzverpflichtungen ge-
enüber den Geschädigten und gegenüber dem Staat
hren, der die Exportkreditgarantien gegeben hat und
etäuscht wurde. All das fehlt leider in ihrem Antrag.
Eine wichtige Sofortmaßnahme zum Schutz von
enschenrechten wäre das Verbot von Hermeskrediten
r Rüstungsgeschäfte. 2010 wurden allein sieben Rüs-
ngsgeschäfte in Höhe von 32 Millionen Euro darüber
bgesichert. Gestern war im Bundestag auf Einladung
er Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Le-
ensqualität“ Frau Professor Nussbaum aus Chicago hier
Bundestag, um ihr Konzept der zentralen menschli-
hen Fähigkeiten vorzustellen. Dieses Konzept ist
rundlage vieler Arbeiten der UN zu Fragen der Men-
chenrechte. Dazu gehören das Recht auf Leben, die Fä-
igkeit, „ein menschliches Leben normaler Dauer bis
um Ende zu leben; nicht frühzeitig zu sterben und nicht
u sterben, bevor dieses Leben so eingeschränkt ist, dass
s nicht mehr lebenswert ist“. Recht hat sie. Hermes-
ürgschaften für Rüstungsexporte verletzen massiv das
echt auf Leben Tausender von Menschen. Sie versto-
en auch gegen das Recht auf Gesundheit oder Bildung
nd viele andere mehr. Denn selbst wenn die Waffen
icht zum Einsatz kommen, gehen sie oft in arme Län-
er, denen dadurch das Geld für andere wichtige Ausga-
en wie Gesundheit und Bildung fehlt. Deshalb muss
ndlich Schluss sein mit staatlichen Exportbürgschaften
r solche Geschäfte.
Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Seit dem
4. November wird in Paris über die Neufassung der
ECD-Common-Approaches verhandelt. Die Überar-
eitung ist die Chance, einen stärkeren Menschenrechts-
ezug in der Außenwirtschaftsförderung zu verankern.
erade die Bundesregierung, die sich ja stets ihres ganz-
eitlichen Menschenrechtsansatzes rühmt, könnte hier
iel bewegen. Tut sie aber nicht. Denn was uns aus dem
isherigen Überarbeitungsprozess zugetragen wird, geht
die falsche Richtung: Die Bundesregierung tritt in
uncto Menschenrechte als Bremserin auf. Das nehmen
ir nicht hin.
Wir wissen bislang nicht, wo genau die Bundesregie-
ng den Änderungsbedarf bei den Common Approa-
hes sieht bzw. wie sie den Menschenrechten zu mehr
irksamkeit verhelfen will. In den aktuellen Konsulta-
onsprozess waren wir Parlamentarierinnen nicht einbe-
ogen. Damit hat die Bundesregierung – und hier richte
h mich insbesondere an das Bundeswirtschaftsministe-
um – an Glaubwürdigkeit verloren.
Einen systematischen Menschenrechtsbezug bei der
ergabe der deutschen Exportkreditgarantien gibt es bis-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011 17969
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her nicht. Es ist mehr als bedauernswert, dass Menschen-
rechte in der Außenwirtschaftspolitik der meisten
OECD-Staaten eine eher marginale Rolle spielen. Dabei
sind wir doch durch die staatlichen Bürgschaften und
Kreditgarantien in der Lage, direkt und indirekt auf die
Achtung, den Schutz und die Gewährleistung der Men-
schenrechte im Zielland einzuwirken. Für die Vergabe
von Exportgarantien brauchen wir daher ein systemati-
sches menschenrechtliches Screening der Situation im
Zielland.
Bereits im Juli 2010 fragten wir die Bundesregierung
in einer Kleinen Anfrage, Drucksache 17/2693, inwie-
weit Menschenrechtsaspekte bei der Vergabe von Her-
mesbürgschaften, Investitionsgarantien und ungebunde-
nen Finanzkrediten geprüft werden. Auf unsere Frage
nach den Prüfkriterien im Menschenrechtsbereich ant-
wortete die Bundesregierung, dass diese durch die Refe-
renzstandards der Weltbank Safeguard Policies bzw. die
IFC Performance Standards abgedeckt seien. Das reicht
aber nicht aus! Wir meinen, und da stimmen wir der For-
derung des SPD-Antrages zu, dass die Prüfkriterien in
den Common Approaches selbst verankert werden müs-
sen.
Im Juni dieses Jahres fragten wir die Bundesregierung
erneut in einer Kleinen Anfrage, Drucksache 17/6374,
ob vor unternehmerischen Tätigkeiten und Investitionen
im Ausland nicht eine menschenrechtliche Risikoana-
lyse sinnvoll wäre, insbesondere bei der Vergabe von
Exportkrediten und Hermesbürgschaften. Die Antwort
war genauso dürftig wie inhaltslos: „Bei der Übernahme
von Exportkreditgarantien prüft die Bundesregierung die
Umwelt- und sozialen Auswirkungen von Auslandspro-
jekten auf der Grundlage der OECD-Common-Approa-
ches.“ Das ist zwar richtig, bietet aber nur dann einen
wirksamen menschenrechtlichen Schutz, wenn in den
Common Approaches wirksame Menschenrechtskrite-
rien verankert sind.
Die Menschenrechtsorientierung der Bundesregie-
rung ist zu dürftig, das reicht nicht aus. Referenz für die
Leitsätze der deutschen Außenwirtschaftsförderung
müssen die Menschenrechtskonventionen sein. Wir
brauchen mehr menschenrechtliche Expertise in den Ex-
portkreditagenturen. Wir brauchen ein geeignetes Instru-
mentarium zur Umsetzung der menschenrechtlichen
Sorgfaltspflichten. Sinnvoll wäre es, dabei auf das lang-
jährige Fachwissen von Nichtregierungsorganisationen
wie Amnesty International, Urgewald, Gegenströmung
oder Germanwatch, die sich für eine stärkere soziale und
menschenrechtliche Verantwortung von Unternehmen
einsetzen, zurückzugreifen.
Der Antrag der SPD ist gut und kommt zur rechten
Zeit – gerade während wir hier über die Common Ap-
proaches debattieren, wird in Paris darüber verhandelt.
Wir werden dem Antrag daher zustimmen. In einem
Punkt aber gehen wir noch weiter, als es die SPD mit ih-
rem Antrag fordert: Wir fordern die Bundesregierung
auf, ein Gesetz über die Vergabe von Hermesbürgschaf-
ten vorzulegen, in dem menschenrechtliche Prüfkriterien
verankert sind. Denn nur auf diese Weise können die
Menschenrechtskriterien bei dieser Form der Exportkre-
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itvergabe endlich überprüfbar und justiziabel werden.
nd dafür wird es höchste Zeit.
nlage 7
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Antrags: Begleitgesetzgebung
zum Vertrag von Lissabon konsequent anwen-
den – Mitwirkungsrechte des Bundestages in
Angelegenheiten der Europäischen Union weiter
stärken (Zusatztagesordnungspunkte 7 und 8)
Jürgen Hardt (CDU/CSU): Vor zwei Jahren ist der
issabon-Vertrag in Kraft getreten. Die Begleitgesetzge-
ung zum Vertrag hat die Mitwirkungsrechte des Bun-
estages und im Übrigen auch des Bundesrates deutlich
usgeweitet. Der Evaluierungsbericht der Bundestags-
erwaltung vom Juni 2011 zieht eine grundsätzlich posi-
ve Bilanz der Umsetzung des Mitwirkungsrechts.
Aus Sicht eines Mitgliedes des Ausschusses für die
ngelegenheiten der Europäischen Union kann ich dies
estätigen. Europapolitische Themen nehmen in den
usschüssen des Deutschen Bundestages und auch hier
Plenum breiteren Raum ein denn je zuvor. Wir wer-
en jeweils auf Kanzler-, Minister- oder Staatssekretärs-
bene über wichtige Entscheidungen unterrichtet, so-
ohl vorher als auch nachher. Der Bundestag hat
ehrfach in Entschließungen den Rahmen für Verhand-
ngen der Bundesregierung vorgegeben. Und es ist
uch nichts Irritierendes, dass die Opposition immer
ieder einmal beklagt, nicht umfassend und rechtzeitig
formiert worden zu sein. Es ist auch nicht verwunder-
ch, dass es über die Einzelfälle durchaus unterschiedli-
he Rechtsauffassungen geben kann. Es ist auch zuge-
tanden, dass die Opposition mit dem einen oder anderen
inwurf nicht völlig unrecht hat. Aber: Die Regierung
ommt ihrer Pflicht nach.
Der heute von den Fraktionen der CDU/CSU und der
DP vorgelegte Entschließungsantrag wird in den Aus-
chüssen Grundlage für die Diskussion über den Stand
nd die Weiterentwicklung der Mitwirkungsrechte des
eutschen Bundestages in der Europapolitik sein. Ange-
ichts der jüngsten Entwicklungen und der notwendigen
eteiligung des Parlaments bei der Umsetzung der Be-
chlüsse des Gipfels vom vergangenen Freitag wird an
erschiedenen Stellen eine Präzisierung sinnvoll sein.
ie Koalitionsfraktionen laden die Fraktionen der Oppo-
ition ein, an der Erarbeitung des endgültigen Beschlus-
es mitzuwirken. Ideal wäre es aus unserer Sicht, wenn
s für die Weiterentwicklung der Mitwirkungsrechte des
eutschen Bundestages eine breite Mehrheit des Hohen
auses gäbe.
Tagtäglich erleben wir, dass Entscheidungen auf euro-
äischer Ebene das Leben der Menschen in unserem
ande direkt beeinflussen und bestimmen – heute mehr
enn je.
Zwei Dinge sind für die Bürger dabei essenziell: ers-
ns, dass die Bundesregierung in den Verhandlungen und
ntscheidungen auf europäischer Ebene stark genug und
17970 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011
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frei ist, europäische und deutsche Interessen kraftvoll zu
vertreten. Sie kann deshalb nicht mit detailverliebt for-
mulierten Beschlüssen des Bundestages in Verhandlun-
gen gehen. Sie muss Handlungsfreiheit und Verhand-
lungsspielraum haben, damit sie im Sinne des deutschen
Volkes und aller Europäer das Beste erreicht.
Zweitens muss aber die demokratische Legitimation
von Entscheidungen auf europäischer Ebene gewährleis-
tet sein. Dort, wo die Kolleginnen und Kollegen im Eu-
ropäischen Parlament aufgrund der Ausgestaltung der
europäischen Verträge diese demokratische Kontroll-
funktion nicht oder nicht alleine wahrnehmen, sind die
nationalen Parlamente gefordert. Dies gilt für die Mit-
wirkung der Bundesregierung bei der europäischen Ge-
setzgebung im Rat, bei der Primärgesetzgebung und na-
türlich, so finde ich, auch bei intergouvernementalen
Vereinbarungen, an denen Deutschland beteiligt ist. Alle
Überlegungen früherer Jahre und auch heute bewegen
sich in diesem Spannungsfeld zwischen notwendiger
Verhandlungsfreiheit einerseits und demokratischer Le-
gitimierung andererseits. Der Präsident des Bundesver-
fassungsgerichts, Professor Andreas Voßkuhle, hat es
wie folgt formuliert: Es gehe darum, den Ausgleich zu
finden zwischen der Mitwirkung des Parlaments und der
Notwendigkeit, effektiv zu verhandeln.
Der vorliegende Entschließungsantrag beinhaltet im
Kern die Aussage, dass wir den Kreis der Anwendungs-
felder von Art. 23 Grundgesetz – das ist der Artikel über
die parlamentarische Mitwirkung in Angelegenheiten
der EU – auch angewendet wissen wollen auf Fälle, in
denen zwar formal kein Mitwirkungsrecht existiert, in
denen aber die zu regelnden Angelegenheiten aufs
Engste mit der Fortentwicklung der Europäischen Union
verbunden sind, sodass also im politischen Sinne ein un-
mittelbarer Zusammenhang zwischen der Institution Eu-
ropäische Union und dem zu regelnden Gegenstand be-
steht.
Diese Frage wird gerade im Zusammenhang mit der
vorgesehenen Gestaltung des Vertrages zur Fiskalunion
eine besondere Bedeutung erlangen. Denn die Fiskal-
union ist angelegt mit dem Ziel, eines Tages Bestandteil
der regulären EU-Verträge zu werden. So hat es Bundes-
kanzlerin Merkel ja gestern auch in ihrer Regierungser-
klärung nochmals betont. Die Regierung sollte wissen,
dass wir als Parlament den wirklich wegweisenden Be-
schluss vom vergangenen Freitag als gewichtige Weiter-
entwicklung – ja, ich sage: als Vertiefung – der Europäi-
schen Union ansehen. Die Umsetzung der Beschlüsse
sollte im Bundestag also entsprechend ebenso behandelt
werden wie die eigentlichen EU-Angelegenheiten nach
Art. 23 des Grundgesetzes.
Wenn wir nun den Entschließungsantrag in den Aus-
schüssen beraten, werden wir noch weitere Klarheit über
den rechtlichen und politischen Charakter dieses nun zu
schließenden Vertrages über die Fiskalunion bekommen.
Es wird dann zu entscheiden sein, wie wir damit umge-
hen und ob wir das Mitwirkungsgesetz vielleicht sogar
ändern müssen. Für die CDU/CSU-Fraktion möchte ich
hier Offenheit in der Diskussion signalisieren. In diesem
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inne lassen Sie uns gemeinsam an diesem wichtigen
hema arbeiten.
Alois Karl (CDU/CSU): Wenn wir uns heute auf
ntrag unserer Koalitionsfraktionen mit der Begleit-
esetzgebung zum Vertrag von Lissabon befassen, dann
ind wir uns von vornherein alle in diesem hohen Haus
ber manches einig: Einigkeit besteht gewiss darüber,
ass wir mit den Begleitgesetzen zum Lissabon-Vertrag
eutlich mehr Mitwirkungsrechte unseres Parlaments,
es Deutschen Bundestages, erreicht haben. Einig sind
ir uns gewiss auch darüber, dass wir mit dem Erreich-
n nicht am Ende des Weges angelangt sind. Diese
bereinstimmung ergibt sich hoffentlich nicht nur
egen des bald einkehrenden vorweihnachtlichen Frie-
ens, sondern gerade daraus, dass wir selbstbewusste
arlamentarier sind. Wir wollen – und auch darüber
timmen wir gewiss überein – dass wir als Parlamenta-
er möglichst frühzeitig, möglichst umfassend, dazu
auerhaft und fortlaufend über die Entwicklungen in
uropa informiert werden.
Unser Informationsrecht betrifft nicht nur Vorlagen
Zusammenhang mit völkerrechtlichen Verträgen
nter den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union, es
reift nicht nur beim Abschluss von Gesetzgebungsver-
hren. Wir wollen auch, dass sich unsere Informations-
chte auf informelle Treffen der Minister, der Staats-
nd Regierungschefs erstrecken. Wir wissen genau, dass
ie Verhandlungen über die Zukunft Europas sehr häufig
icht in Gremien gefasst werden, die alle 27 Mitglied-
taaten abdecken. Häufig geben Gremien den Ausschlag,
ie weniger als diese 27 Staaten umfassen. Konkret spre-
he ich zum Beispiel die Euro-Gruppe an. Die hier zu-
ammengefassten 17 Staaten fassen tagtäglich weitrei-
hende Beschlüsse. Diese wirken für lange Zeiträume
nd greifen tief in unsere Wirtschaftspolitik, unsere
inanz- und Steuerpolitik ein. Aus diesem Grund ist es
r uns unabdingbar, dass wir in unserem Antrag konse-
uenterweise fordern, dass diesbezüglich das Gesetz
ber die Zusammenarbeit von Bundesregierung und
eutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäi-
chen Union, EUZBBG, auch dann Anwendung findet,
ei intergovernmentaler Zusammenarbeit oder dann,
enn Politikbereiche befasst sind, denen nicht alle
7 EU-Mitgliedstaaten angehören. Ich spreche explizit
en § 5 Abs. 4 EUZBBG an. Dieser verlangt von der
undesregierung lediglich, dass die zuständigen Aus-
chüsse des Bundestages mündlich informiert werden.
ir sind der Auffassung, dass sich gerade hier etwas
ndern muss, dass gerade hier Korrekturbedarf besteht.
ie im § 5 EUZBBG genannten Dokumente, Berichte
der Mitteilungen müssten auch auf die Euro-Gruppe
nwendung finden.
Dies vorausgeschickt, erkennen wir aber durchaus,
ass die jetzige Evaluierung der Begleitgesetze zum Lis-
abon-Vertrag, neben dem EUZBBG auch das Gesetz
ber die Integrationsverantwortung von Bundestag und
undesrat – IntVG, dass dieser Evaluationsbericht vom
uni diesen Jahres zu durchaus positiven Ergebnissen
ommt. Für den Teil des Integrationsverantwortungsge-
etzes ist das problemlos, „die Vorgaben in allen Anwen-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011 17971
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dungsfällen seien erfüllt worden“ schreibt der Bericht.
Die Beurteilung des EUZBBG ist zwar nicht ganz so
euphorisch, nicht ausschließlich positiv. Dennoch stellt
sich auch gerade hier die Frage nach der optimistischen
oder pessimistischen Sicht der Dinge. Ist das Glas nun
halb voll oder ist das Glas halb leer?
Wenn Sie bedenken, dass der Evaluationsbericht der
die Jahre 2009 bis 2011, also 2 Jahre umfasst, dass er
29 298 EU-Dokumente unter die Lupe genommen hat,
dann ist es nicht ungewöhnlich, dass sich vereinzelte
Kritikpunkte ergeben. Für einen akribischen Bericht-
erstatter über fast 30 000 Dokumente ist es doch gar
nicht anders möglich, als dass er nicht auch den einen
oder anderen Ansatzpunkt für Kritik findet. Ein Revisor
wäre ja geradezu fehl am Platz, wenn er bei 30 000 Prü-
fungen nicht auch die eine oder andere Beanstandung
fände. Der betreffende Revisor würde da ja gerade sei-
nen eigenen Arbeitsplatz selbst wegrationalisieren. Das
kann man von einem Beamten nicht erwarten.
Wichtig ist aber, dass wir das Große und Ganze nicht
aus den Augen verlieren. Wichtig ist doch, dass wir die
Mainpoints erkennen. Wichtig ist, dass wir die Kunst der
Unterscheidung immer noch haben und zwar zwischen
dem, was „wichtig und dem, was peripher ist“. Wichtig
für mich ist, dass neben dem Integrationsverantwor-
tungsgesetz auch die Unterrichtung über die gemein-
same Außen- und Sicherheitspolitik, die Unterrichtung
über die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungs-
politik sich bewährt haben. Im Evaluationsbericht wird
dies alles durchaus positiv bewertet. Gerade dies finde
ich außerordentlich bemerkenswert. Selbst bei großer
Eilbedürftigkeit, so drückt es der Evaluationsbericht aus,
wurden Unterrichtungspflichten in vollem Umfang
gewahrt. Ich nenne nur ein einziges Beispiel. Der Antrag
Irlands auf finanzielle Unterstützung aus dem Europäi-
schen Rettungsschirm, ESFS, musste ohne lange Vorbe-
reitung im Euro-Raum beraten werden. Ich selbst bin
Mitglied auch im Haushaltsausschuss – und ich kann
Ihnen sagen, dies war eine dramatisch knappe Kiste.
Trotzdem waren wir völlig ausreichend informiert.
Peinlich wirkt in diesem Zusammenhang geradezu
der jetzige Antrag der Linken. Der spricht davon, dass
die Rechte des Bundestages gerade beim Thema Irland
„systematisch umgangen worden seien“. Im Fall Irland,
so führen die Linken aus, sei wegen der „angeblichen
Eilbedürftigkeit“ keine ausreichende Zeit für sorgfältige
parlamentarische Befassung gewesen. Gerade das
Gegenteil ist der Fall. Ihr Antrag ist diesbezüglich an
Scheinheiligkeit nicht zu überbieten. Sie haben als Linke
und als einzige Fraktion im Bundestag der Hilfeleistung
für Irland von vornherein und auch grundsätzlich wider-
sprochen. Auf Eilbedürftigkeit oder sonstig vorgescho-
bene Gründe ist es Ihnen damals nie angekommen. Tat-
sache ist, dass sie unseren europäischen Partnern von
vornherein nicht helfen wollten. Sie wollten den Iren in
ihrer Notlage gerade nicht zur Hilfe kommen. Heute so
zu tun, als wäre nicht ausreichend Zeit zur Beratung
gewesen, das ist ja an Scheinheiligkeit nicht mehr zu
überbieten. Wer sich so verhält, der sollte hier ganz ruhig
sein und den Mund halten! Für die Regierungsfraktionen
kann ich feststellen, dass gerade an diesem Beispiel sich
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ezeigt hat, dass das Zusammenspiel zwischen Unter-
chtungsplichten der Bundesregierung und den Beteili-
ungsrechten des Parlamentes sehr klug austariert sind
nd sich sehr gut bewährt haben. Durch die Begleitge-
etze sind die Rechte der legislativen Gewalt, des Bun-
estages, und die der exekutiven Gewalt, der Bundesre-
ierung, außerordentlich fein und klug ausgewogen. Mit
en genannten Begleitgesetzen hat sich der Bundestag
tarke Waffen in die Hand gegeben. Gerade die frühzei-
ge Unterrichtung des Parlamentes, die Möglichkeit,
ühzeitig Stellungnahmen abzugeben und sie zur
rundlage für die Verhandlungen der Bundesregierung
u machen, auch die Pflicht zur Einlegung eines Parla-
entsvorbehaltes, all dies repräsentiert das Selbstbe-
usstsein des Parlaments. Diese Begleitgesetze sind
ine deutliche Fortentwicklung hin zu mehr Parlaments-
chten, hin zu mehr Beteiligung, hin zu mehr Einfluss-
ahme und damit hin zu mehr Demokratie. Diese
egleitgesetze haben sich bewährt. Der Evaluations-
ericht hat das bestätigt. Auch dies ist ein Grund zur
reude. Das war nicht immer so im deutschen Parlament.
enn Sie bei Konrad Adenauer in dessen Memoiren
achlesen, dann schreibt er: „Die Bundesregierung ver-
andelt mit bestem Wissen und Gewissen mit ausländi-
chen Staaten … Die Bundesregierung legt das Ergebnis
em Parlament vor, das Parlament kann die gefassten
eschlüsse und Vereinbarungen akzeptieren oder sie
blehnen. Im Ablehnungsfall genießt die Regierung das
ertrauen des Parlaments nicht mehr, sie hat daraufhin
urückzutreten.“
Wie haben sich die Dinge doch positiv verändert: Die
ühzeitige Parlamentsbeteiligung, die Informations-
chte, die Möglichkeiten der Stellungnahme oder der
arlamentsvorbehalt, all dies hat die verfassungsrecht-
che Entwicklung dramatisch geändert – und zwar ver-
essert.
Wir wissen allerdings, dass die Parlamentsbeteiligung
icht statisch, nicht festgeschrieben ist. Außer den zehn
eboten ist nichts dauerhaft! Die Parlamentsbeteiligung
t ein sich entwickelnder Prozess. Dieser Prozess ist im
ange und längst nicht abgeschlossen. Panta rhei! Auch
ie heutig geltenden gesetzlichen Bestimmungen sind
icht abschließend, sie sind nicht statisch. Wenn es um
ie Anwendung des Art. 23 Abs. 2 des Grundgesetzes
eht, nämlich darum, dass „der Bundestag in den Ange-
genheiten der Europäischen Union mitwirkt“, dann
ind wir uns einig darüber, dass zu den Angelegenheiten
er Europäischen Union natürlich auch das intergovern-
entale Handeln der Mitgliedstaaten gehört. Auch § 3
bs. 1 des EUZBBG, der sich mit den „Vorhaben der
uropäischen Union“ befasst, ist in sich nicht abge-
chlossen. Er ist für Erweiterungen zugänglich. Die Auf-
ählungen dort haben nur deklaratorischen Charakter.
ies ergibt sich schon daraus, dass der Gesetzestext
diglich 14 einzelne Beispiele explizit aufzählt, was
Vorhaben der Europäischen Union“ sind.
Auch über die Beteiligungsrechte hinsichtlich der Sit-
ungen der Euro-Gruppe – sie sind im § 5 Abs. 4 des
UZBBG ausgeführt – besteht Einigkeit darüber, dass
uch diese Unterrichtungen nicht bloß mündlich, son-
ern wie bei allen anderen schriftlich zu erfolgen haben.
17972 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011
(A) )
)(B)
Dies steht auch problemlos im Einklang mit der jetzigen
Verfassungsrechtsprechung. Gerade in den letzten Ent-
scheidungen des Bundesverfassungsgerichtes vom
30. Juni 2009 und vom 7. September 2011 lässt sich dies
problemlos ableiten. Das Bundesverfassungsgericht hat
darin die Rolle des Parlamentes deutlich gestärkt. Bei
den Entscheidungen wird festgehalten, dass die Entfal-
tung der demokratischen Willensbildung wesentliche
Gestaltungsräume bei fortschreitender Integration zu
erhalten sind. Das Gericht stellt klar, dass der parlamen-
tarische Einfluss sehr groß sein muss gerade dann, wenn
es um die Art und Weise der Verwendung von Bundes-
finanzmittel für die europäische Solidarität geht. Der
Bundestag – so führt das Gericht aus – ist „nicht nur
über die Grundentscheidung zu beteiligen, sondern ist
fortlaufend und dauerhaft zu beteiligen“. Der Bundestag
und seine Gremien sind gerade über Vorlagen und
Beschlüsse auch in der Euro-Gruppe zu informieren. Als
Annex möchte ich hier einfügen, dass Differenzen über
die Beteiligung des Bundestages hier in diesen parla-
mentarischen Gremien ausgetragen werden sollen. Poli-
tische Entscheidungen sollten noch immer hier gefällt
werden, nicht in Karlsruhe, nicht beim Bundesverfas-
sungsgericht.
Ich kritisiere die augenblicklichen Anträge der Grü-
nen in einem Organstreitverfahren beim Bundesverfas-
sungsgericht. Ich halte das für falsch. Das Parlament
muss selbstbewusster auftreten. Das Verfassungsgericht
ist nicht Obergesetzgeber.
Abschließend kann festgehalten werden, dass die
Beteiligungsrechte durch die Begleitgesetze zum Lissa-
bon-Vertrag außerordentlich gestärkt worden sind. Der
Evaluationsbericht kommt zu insgesamt außerordentlich
positiven Einschätzungen. Natürlich ist „nichts so gut …,
als dass es nicht auch noch verbessert werden könnte“.
Hierzu gehören unstreitig unsere heutigen Anträge. Sie
führen auf eine Ausdehnung der Beteiligungsrechte des
Parlaments hin – und das ist gut so. Ich füge noch hinzu,
dass die Unterrichtungen auch in deutscher Sprache er-
folgen müssen, dass die Vorlagen bei uns auch nicht nur
rechtzeitig, sondern auch auf gut Deutsch ankommen
müssen. In diesem Hause ist möglicherweise der Satz
„In Europa wird wieder deutsch gesprochen“ von man-
chem missverstanden worden. Er wird nicht von jedem
akzeptiert. Wir sind uns aber doch einig darüber, dass
wir uns bei unseren Beratungen mit den englischen Fas-
sungen aus Brüssel oder sonst woher nicht zufriedenge-
ben können. Auch das widerspricht unserem Selbstbe-
wusstsein als Parlament, wir sind eben der Deutsche
Bundestag.
Dr. Eva Högl (SPD): Zunächst möchte ich Ihnen
nicht vorenthalten, dass ich von dem Vorgehen der Ko-
alitionsfraktion schwer enttäuscht bin und es mir völlig
unverständlich ist, wie dieses wichtige Thema in der
letzten Sitzungswoche zu diesem Zeitpunkt überra-
schend auf die Tagesordnung gesetzt worden ist. Damit
wird eine Chance vertan, dieses wichtige Thema zur
Kernzeit zu debattieren. Außerdem wurde die Chance
vertan, gemeinsam fraktions- und parteiübergreifend ein
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tarkes Signal für die Beteiligung des Deutschen Bun-
estages zu senden.
Im Juni wurde vereinbart, gemeinsam über Verbesse-
ngen des EUZBBG und seiner Anwendung zu spre-
hen und Vorschläge zu erarbeiten. Die Lektüre Ihres
ntrages zeigt, dass wir uns sicher auf die wesentlichen
lemente einer Überarbeitung des EUZBBG und eine
erbesserung der Anwendung des Gesetzes hätten ver-
tändigen können. Es ist mir unbegreiflich, warum Ihnen
er Wille und die Souveränität fehlen, dieses wichtige
hema mit allen Fraktionen zu beraten und zu regeln.
ir haben mehrfach das Angebot gemacht, das ohne Be-
ründung und trotz mehrfacher Nachfrage auf Ableh-
ung stieß. Hier wurde nicht nur eine Chance vertan,
ondern das ist auch ein ganz, ganz schlechter Stil.
Die Beteiligung des Deutschen Bundestages ist ein
ernthema bei der Debatte über die Entwicklung der Eu-
päischen Union. Dies gilt für die Diskussionen anläss-
ch der aktuellen Krise und auch generell für die An-
endung des Europarechts, die Gestaltung Europas und
ie Weiterentwicklung der Europäischen Union. Es be-
tehen gute und in ihrem Regelungsumfang auch ausrei-
hende Grundlagen für die Beteiligung des Deutschen
undestages an den Angelegenheiten der Europäischen
nion. Art. 12 des Vertrags über die Europäische Union
tärkt seinem Wortlaut nach unmissverständlich die na-
onalen Parlamente und weist ihnen bei der Gestaltung
es Europarechts eine herausragende Rolle zu. Die sich
us dieser Rolle ergebenen Aufgaben wollen und müs-
en wir im Deutschen Bundestag nicht nur sehr ernst
ehmen, sondern auch umfassend wahrnehmen.
Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum
ertrag von Lissabon und nach der Überarbeitung der
esetzlichen Grundlagen für die Beteiligung des Bun-
estages haben wir hervorragende und im Übrigen ge-
einsam erarbeitete Grundlagen für die Zusammenar-
eit zwischen Bundesregierung und Bundestag in der
uropapolitik. Durch die veränderte Rechtslage wurden
eue Maßstäbe im Hinblick auf die Mitwirkungsrechte
es Bundestages in den Angelegenheiten der Europäi-
chen Union gesetzt. Das Integrationsverantwortungs-
esetz und das Gesetz über die Zusammenarbeit von
undesregierung und Deutschem Bundestag in Angele-
enheiten der Europäischen Union bilden die Grund-
gen für das ausgewogenes Verhältnis von Gestal-
ngsspielraum der Bundesregierung einerseits und den
eteiligungsrechten des Bundestages andererseits.
Der am 17. Juni 2011 von der Bundestagsverwaltung
orgelegte Evaluierungsbericht zeigt deutlich, an wel-
hen Stellen die Bundesregierung ihren Beteiligungs-
flichten nachgekommen ist und wo Verbesserungsbe-
arf besteht. Der Bericht kommt zum Schluss, dass sich
ie Gesetze gut zwei Jahre nach ihrem Inkrafttreten im
esentlichen bewährt haben und konstatiert rechtstech-
ischen Verbesserungsbedarf nur an wenigen Stellen,
em jedoch durch die Anpassung einiger Formulierung
bgeholfen werden kann. Deutlicher Verbesserungsbe-
arf besteht jedoch bei der Anwendung dieser Gesetze.
er Bundesregierung fehlt es bis heute an dem entschei-
enden politischen Willen, den Bundestag frühestmög-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011 17973
(A) )
)(B)
lich und fortlaufend zu informieren, so wie es das Gesetz
vorschreibt. Immer wieder sehen sich Parlamentarier
und Parlamentarierinnen in der Pflicht, die Bundesregie-
rung an die Einhaltung ihrer Unterrichtungsgrundsätze
zu erinnern. Der Bundesregierung mangelt es an Eigen-
initiative und vor allem an der notwendigen Einsicht,
dass die Beteiligung des Parlaments nicht nur demokra-
tiefördernd, sondern auch impulsgebend für die Europa-
politik ist. Die beim Bundesverfassungsgericht anhängi-
gen Organklagen sind der beste Beweis für die
unzureichende Beteiligung des Bundestages in der Pra-
xis. Fest steht, dass eine ordnungsgemäße und rechtzei-
tige Beteiligung des Bundestages im Vorfeld den Gang
nach Karlsruhe entbehrlich gemacht hätte. Es ist zu er-
warten, dass es mal wieder das Bundesverfassungsge-
richt sein wird, das Frau Merkel an die besondere Be-
deutung des Parlaments in unserer demokratischen
Grundordnung erinnern muss.
Aus konkretem Anlass möchte ich auf einen weite-
ren Punkt aufmerksam machen, der für uns Parlamenta-
rier und Parlamentarierinnen besonders wichtig ist und
der auch Gegenstand des vorliegenden Antrags der Ko-
alitionsfraktion geworden ist. Das ist die Einbeziehung
intergouvernementalen Handelns in die Informations-
und Beteiligungspflicht der Bundesregierung. Mit Be-
dauern stellen wir fest, dass bei den Vereinbarungen der
Europäischen Räte sowohl die nationalen Parlamente als
auch das Europäische Parlament zunehmend in den Hin-
tergrund gedrängt werden. Es entspricht weder unseren
Vorstellungen von demokratischer Legitimation noch
den verbindlichen Vorgaben des Vertrags von Lissabon,
dass wir uns auf dem Weg zu einem Europa der Regie-
rungen befinden. Dies ist eine gezielte und bewusste Ab-
kehr vom Gemeinschaftsrecht. Die Folge ist, dass die
europäischen Institutionen bewusst geschwächt und die
gemeinschaftlichen Verfahren außer Kraft gesetzt wer-
den, eine Tendenz, die wir mit aller Deutlichkeit ableh-
nen.
Der letzte Europäische Rat am 9. Dezember stellt dies
sehr anschaulich unter Beweis. Im Gegensatz zu den
Vereinbarungen vor 20 Jahren in Maastricht, als Groß-
britannien bei der Sozialpolitik keine weitergehenden
Vereinbarungen mittragen wollte, konnte damals immer-
hin über ein Protokoll und ein Abkommen zur Sozial-
politik gewährleistet werden, dass die weitergehenden
Vereinbarungen der anderen Mitgliedstaaten im Rahmen
des Gemeinschaftsrechts formuliert wurden. Auf dem
Gipfel des Europäischen Rates vor wenigen Tagen
wurde dieser Erfolg für die Integration in die Europäi-
sche Union nicht erzielt und es scheint, als habe die Bun-
desregierung dieses Ziel mit zu wenig Nachdruck ver-
folgt.
Es soll nicht in Abrede gestellt werden, dass intergou-
vernementales Handeln nicht auch ein Fortschritt für die
Europäische Union sein kann. Die Erfolge intergouver-
nementalen Handelns sind historisch durch die Einfüh-
rung des Euro und des Schengen-Abkommens belegt
worden. Allerdings brauchen wir eine dringende Klar-
stellung, dass intergouvernementales Handeln, das als
Weiterentwicklung der Europäischen Union dient, als
Angelegenheit der Europäischen Union im Sinne von
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rt. 23 Grundgesetz zu klassifizieren ist. Daher ist drin-
end eine Klarstellung erforderlich, die der Bundes-
gierung keinen Interpretationsspielraum lässt. Inter-
ouvernementales Handeln rechtfertigt nicht, dass die
undesregierung die parlamentarischen Beteiligungs-
chte außer Kraft setzt oder mutwillig ignoriert.
Ich möchte noch einmal an die im Vorfeld des jüngs-
n Gipfels stattgefundene Debatte über die Vertragsän-
erungen erinnern. Die Parlamentarier und Parlamenta-
erinnen des Ausschusses für die Angelegenheiten der
uropäischen Union haben die Erklärung von Bundes-
inister Westerwelle als unfassbare Provokation emp-
nden, dass das Papier des Auswärtigen Amts zu den
ertragsänderungen schon in Brüssel diskutiert wurde,
hne dass zuvor eine förmliche Zuleitung des Papiers an
ie Abgeordneten stattgefunden hat. Eine Brüskierung
es Parlaments! Diese Fallbeispiele zeigen, dass wir im
UZBBG unmissverständlich klarstellen müssen, dass
olche Vorschläge, Papiere und Überlegungen dem
eutschen Bundestag frühzeitig und ordnungsgemäß zu-
eleitet werden und er darüber offiziell in Kenntnis ge-
etzt wird. Als unmittelbar demokratisch gewählte
olksvertreter und Volksvertreterinnen sind wir es leid,
tändig um einen gesetzesgemäßen Informationsfluss
itten zu müssen und notfalls durch die Hilfe der Kolle-
en und Kolleginnen anderer Parlamente an die Doku-
ente zu gelangen.
Von besonderer Wichtigkeit für uns alle sind auch die
formationen über die Beratungen der Euro-Gruppe,
ie ebenfalls in dem vorliegenden Antrag thematisiert
erden. Auch diese mündliche Unterrichtungspflicht
uss durch Zuleitung der relevanten Beratungsunterla-
en und Dokumente erweitert werden. Darüber hinaus
öchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf einen weiteren
ichtigen Punkt lenken: die Umsetzung von Richtlinien.
a sich die Bundesregierung der Einsicht verweigert,
ass auch eine fehlerhafte bzw. von der Europäischen
ommission kritisierte Umsetzung von Richtlinien eine
nterrichtungspflicht des Bundestages durch die Bun-
esregierung auslöst, brauchen wir hier eine Klar-
tellung. Es ist nicht länger hinnehmbar, dass die Bun-
esregierung sich auf den Standpunkt stellt, eine
nterrichtungspflicht bestehe nur bei Nichtumsetzung
iner Richtlinie, nicht aber bei fehlerhafter Umsetzung.
einer Ansicht nach geht es hier nicht um eine fehlende
ichtlinienumsetzung, sondern um das Fehlen eines kla-
n politischen Willens, den Bundestag einzubeziehen.
enn es an dem politischen Willen, eine fehlerhafte
msetzung als eine teilweise Nichtumsetzung anzuse-
en, mangelt, dann ändern wir eben die Formulierung
es § 4 Nr. 4 EUZBBG. Für den Bundestag ist es not-
endig, bei Vertragsverletzungsverfahren das Mahn-
chreiben der Europäischen Kommission zu erhalten.
Ausdrücklich loben möchte ich, dass in Ihrem Antrag
ine förmliche Zuleitung in englischer Sprachfassung
nthalten ist. Auch sind wir damit einverstanden, dass es
ie Einflussnahme und die Beratungen des Bundestages
rleichtern würde, wenn wir möglichst frühzeitig rele-
ante Unterlagen bekommen und schon einmal einen
lick in die englischen Fassungen werfen könnten –
hne dass dies ein Verzicht auf die deutsche Fassung be-
17974 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011
(A) )
)(B)
deutet. Genauso wie Sie sehe ich außerdem Verbesse-
rungsbedarf bei den Berichten der Bundesregierung, der
umfassenden Bewertung insbesondere im Hinblick auf
die Prüfung der Subsidiarität und der Verhältnismäßig-
keit, die für uns als Bundestag von besonderer Bedeu-
tung sind, sowie bei der Frühwarnung, den Drahtberich-
ten, der Einbeziehung unserer Stellungnahmen in die
Verhandlungen sowie bei dem Verlauf und dem Ab-
schluss der Verhandlungen im Rat.
Alles in allem ist erheblicher Handlungsbedarf bei der
Verbesserung der Information und Beteiligung des Bun-
destages durch die Bundesregierung gegeben. Wir for-
dern eine Beachtung der Rechte des Bundestages und ich
appelliere an die Bundesregierung, dies nicht als lästige
Pflicht zu sehen, sondern als große Chance zu verstehen,
mit der umfassenden und rechtzeitigen Beteiligung des
Bundestages die Europapolitik auf eine breite Basis zu
stellen und das Parlament zu stärken. Die lobenden
Worte, die der hier vorliegende Antrag für die „reibungs-
lose Praxis der Unterrichtung“ der Bundesregierung fin-
det, entsprechen nicht der Realität. Wir müssen uns als
Parlament ernst nehmen. Die vornehmste Aufgabe des
Parlaments ist die Kontrolle der Regierung, und der Zu-
gang zu Informationen ist die erste und wichtigste Vo-
raussetzung für die Ausübung dieser Kontrolle. Die Tat-
sache, dass unser Bundestagspräsident das immer wieder
anmahnen muss, sollte auch der Bundesregierung zu
denken geben. Leider ist heute die Chance vertan wor-
den, ein starkes Signal für mehr und bessere Beteiligung
des Bundestages zu senden. Ich betone noch einmal,
dass ich mich gefreut hätte – und dass es den Bundestag
ausgezeichnet hätte –, wenn wir dies zu einer anderen
Zeit und auf Grundlage gemeinsamer Vorstellungen dis-
kutiert hätten. Das hätte uns gestärkt, und das wäre unse-
rer Rolle und unseren Aufgaben gerecht geworden.
Dr. Stefan Ruppert (FDP): Die Zusammenarbeit
von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in eu-
ropäischen Angelegenheiten ist eine immer wichtiger
werdende Frage. Die Antwort auf diese Frage lautet
grundsätzlich, dass das Gleichgewicht zwischen Exeku-
tive und Legislative in der europäischen Politik gewahrt
werden muss. Dies gilt vor allem in einer Zeit, in der
sich die Europäische Union selbst stark wandelt. Die ge-
wohnte Tendenz der verstärkten Integration und Supra-
nationalisierung wird zunehmend aufgebrochen. Zwi-
schenstaatliche Vereinbarungen – das haben nicht nur
der Rettungsschirm, sondern auch die jüngsten Gipfelbe-
schlüsse gezeigt – gewinnen immer stärker an Bedeu-
tung. Aufgrund dieser Entwicklung ist es wichtig, dass
wir die Begleitgesetze, die die Zusammenarbeit von
Exekutive und Legislative in EU-Fragen regeln, konti-
nuierlich evaluieren und anpassen. Denn eines ist klar:
Der notwendige Spielraum für die Bundesregierung in
Angelegenheiten der Europäischen Union darf nicht so
groß werden, dass das Parlament in seinen grundsätzli-
chen Mitwirkungs- und Kontrollrechten beschnitten
wird. Dies würde dem Demokratieprinzip widerspre-
chen.
Der eigentliche Anknüpfungspunkt für die heutige
Debatte ist der sogenannte Monitoringbericht der Bun-
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estagsverwaltung, der dem Bundestag seit dem
ommer vorliegt. An dieser Stelle möchte ich den Ver-
ntwortlichen meinen Dank aussprechen für die sehr
ndierte und umfangreiche Zusammenstellung in dem
ericht. Zusammen mit dem EU-Ausschuss leistet die
undestagsverwaltung auch im parlamentarischen All-
g in der Beschaffung, Priorisierung, Bewertung und
erteilung der Dokumente mit EU-Bezug sehr gute Ar-
eit. Der Monitoringbericht kommt zu dem wesentlichen
rgebnis, dass die Zusammenarbeit zwischen Bundes-
gierung und Parlament in europäischen Fragen im
esentlichen gut funktioniert. Im Bereich des IntVG
ind die Vorgaben in allen bisherigen Anwendungsfällen
rfüllt worden. Eine Novellierung des Gesetzes muss
eswegen nicht erfolgen. Im Anwendungsbereich des
UZBBG hat sich ebenfalls eine weitgehend reibungs-
se Praxis der förmlichen Zuleitung und Unterrichtung
tabliert. Allerdings weichen einige Punkte von diesem
ositiven Befund ab. Diese Problemfälle hat die Koali-
on im vorliegenden Antrag thematisiert.
Die Frage ist nun, wie man mit diesen Fällen im
UZBBG weiter verfährt. Hier muss man einerseits un-
rscheiden zwischen den gesetzlichen Vorgaben, die das
arlament gegenüber der Bundesregierung in einem Ent-
chließungsantrag noch einmal klarstellen sollte. Das ha-
en wir im vorliegenden Antrag auch schon getan. Da-
nter fallen beispielsweise Punkte wie die teils sehr
nterschiedliche inhaltliche Qualität und Ergiebigkeit
er Berichtsbögen der Bundesregierung oder auch die
icht immer zufriedenstellende Unterrichtung des Bun-
estages über den Erfolg seiner Stellungnahmen. Ande-
rseits gibt es auch solche Regelungen im EUZBBG,
ei denen bestehende Unklarheiten in der Auslegung des
esetzes einfach zu groß sind. Zu nennen ist hier zum
eispiel die Auslegung des § 5 Abs. 4 EUZBBG, in der
s um die Berichte aus der Euro-Gruppe geht. Die Bun-
esregierung muss dem Bundestag auch die entspre-
henden Dokumente aus den Sitzungen der Euro-Gruppe
eiterleiten, da sich die mündliche Unterrichtungs-
flicht nur auf Informationen über die Sitzung bezieht.
aneben müssen wir auch auf die neuen zwischenstaatli-
hen Vereinbarungen auf EU-Ebene reagieren und das
UZBBG entsprechend anpassen. Wichtig ist in diesem
usammenhang beispielsweise eine Erweiterung des
orhabenkatalogs nach § 3 Abs. 1 EUZBBG. Dieser Ka-
log ist zwar grundsätzlich nicht abschließend. Aller-
ings sollten hier im Sinne von Rechtsklarheit einige
ntwicklungen gerade im intergouvernementalen Be-
ich stärker berücksichtigt werden. In der Summe spre-
hen wir Liberalen uns deshalb dafür aus, das EUZBBG
einigen wenigen Punkten zu ändern. Wir laden auch
ie Oppositionsfraktionen zum gemeinsamen Dialog in
ieser Frage ein.
Abschließend noch ein paar Bemerkungen zum vor-
egenden Antrag der Fraktion Die Linke. Ich sehe es
rundsätzlich positiv, dass sich wichtige Punkte unseres
ntrags auch in ihrem Vorschlag widerspiegeln. Das
eigt mir, dass in den weiteren Beratungen in den Aus-
chüssen die Grundlage für einen gemeinsamen inter-
aktionellen Antrag besteht. Ein Zustandekommen
ürde ich sehr begrüßen, da die Mitwirkungs- und Kon-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011 17975
(A) )
)(B)
trollrechte des Parlaments als Querschnittsaufgabe alle
Fraktionen gleichermaßen betreffen. Zwei kritische An-
merkungen zum Antrag der Fraktion Die Linke möchte
ich dennoch machen. Erstens deute ich die Formulierun-
gen in ihrem Antrag so, als müsste die Bundesregierung
vor jeglichem Handeln auf europäischer Ebene verbind-
lich und vollständig durch den Bundestag festgelegt wer-
den. Eine solche Herangehensweise scheint in der Praxis
schwer umsetzbar. Ein gewisser Verhandlungsspielraum
muss für die Bundesregierung in Angelegenheiten der
EU bestehen bleiben. Sonst wären Verhandlungen zwi-
schen den Mitgliedstaaten wohl nur sehr schwer erfolg-
reich abzuschließen. Wichtig ist jedoch, dass der Bun-
destag umfassend und frühestmöglich über neue
Entwicklungen auf europäischer Ebene informiert wird.
Nur so kann er mit einer Stellungnahme die grundle-
gende Richtung des Handelns der Bundesregierung fest-
legen.
Zweitens erwähnen Sie in Ihrem Antrag, dass direkt-
demokratische Elemente wichtig zur Behebung des De-
mokratiedefizits der EU sind. Dem stimme ich grund-
sätzlich zu. Wir sind mit der Einigung auf die
europäische Bürgerinitiative in dieser Frage auch schon
einen Schritt weitergekommen. Ich glaube dennoch, dass
es gerade die nationalen Parlamente sind, die einen
wichtigen Beitrag zur Legitimität des europäischen Inte-
grationsprozesses leisten können und leisten müssen.
Ich begrüße es ausdrücklich, dass wir mit der heuti-
gen Debatte einen Prozess anstoßen können, an dessen
Ende die Mitwirkungs- und Kontrollrechte des Bundes-
tages in europäischen Angelegenheiten noch weiter ge-
stärkt werden. Ich freue mich ebenso auf den weiteren
Dialog mit allen Fraktionen in dieser Frage.
Andrej Hunko (DIE LINKE): Wir diskutieren heute
über die Mitwirkungsrechte des Bundestages in EU-An-
gelegenheiten, konkret über die Begleitgesetzgebung
zum Vertrag von Lissabon. Und da muss man daran erin-
nern, dass die in diesen Begleitgesetzen verankerten
Mitwirkungsrechte erst nach Klagen vor dem Bundes-
verfassungsgericht, an der wir als Linksfraktion einen
großen Anteil hatten, ermöglicht wurden.
Wir reden also über die Frage der Demokratie in Eu-
ropa, und da sieht es gegenwärtig alles andere als gut
aus: Darf ich daran erinnern, welcher Aufschrei quer
durch die EU-Eliten ging, als ein griechischer Minister-
präsident auf die Idee kam, seine Bevölkerung über eine
weitreichende Entscheidung per Referendum abstimmen
zu lassen? Papandreou wurde umgehend zum Rapport
bestellt und musste wenige Tage später zurücktreten.
Jetzt ist ein Banker Regierungschef, und Rechtspopulis-
ten sitzen in der Regierung.
Ich kann hier nur Jürgen Habermas zustimmen, der
den Vorgang wie folgt beschreibt: „Die Hauptdarsteller
auf der Bühne der EU- und Euro-Krise, die seit 2008 an
den Drähten der Finanzindustrie zappeln, plustern sich
empört gegen einen Mitspieler auf, der es wagt, den
Schleier über dem Marionettencharakter ihrer Muskel-
spiele zu lüften.“ Der „zynische Sinn dieses griechischen
Dramas“ enthülle „weniger Demokratie ist besser für die
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ärkte“. Und das griechische Drama geht ja weiter: Nun
oll auch noch der vereinbarte Termin von Neuwahlen
m 19. Februar 2012 verschoben werden, weil dies „die
ärkte beunruhigen könne“.
Und auch die jüngsten Gipfelergebnisse der Bildung
iner „Fiskalunion“ sind unter dem Demokratieaspekt
öchst fragwürdig, und man wird sehen, ob sie vor dem
undesverfassungsgericht oder den demokratischen Er-
ngenschaften anderer EU-Mitgliedsländer Bestand ha-
en werden.
Unter diesen Bedingungen sind die Beteiligungs-
chte des Bundestages eben auch eine Errungenschaft,
ie den Interessen der Finanzindustrie nicht geopfert
erden darf.
Der Bundestag ist jedoch bis heute nicht fähig, die eu-
päische Politik der Regierung zu kontrollieren. Das
egt aber weniger an dem Begleitgesetz oder der Regie-
ng, sondern am fehlenden politischen Willen der Ko-
lition, aber auch der SPD und Grünen. Ihnen fehlt der
olitische Wille, diese Rechte wirklich umfänglich in
nspruch zu nehmen. Nicht die Regierung hält sich ein
arlament, sondern das Parlament bestimmt und kontrol-
ert die Regierung.
Und mit diesem Antrag bezeugt die Koalition, dass
ie nicht auf die Einhaltung der Rechte des Bundestages
esteht. Es grenzt ja schon an Realsatire, dass Sie in Ih-
m Antrag von einer „weiteren Stärkung“ der Rechte
es Parlaments schreiben. Man sollte sich das vor Augen
hren: Wir erleben die massivste Entdemokratisierung
der Geschichte der Europäischen Union, und den Ko-
litionsfraktionen fällt nicht mehr ein, als die völlige
issachtung der Rechte des Parlaments schönzureden.
Die Europapolitik der Bundeskanzlerin in der EU-
rise hat den Bundestag geradezu vorgeführt:
Mit dem großen Druck der Krise drückt Frau Merkel
rst die angebliche Griechenlandhilfe, die in Wirklich-
eit eine Bankenhilfe ist, durch – und präsentiert sie als
inmalige Ausnahme.
Dann wird eine Finanzstabilisierungsfazilität, EFSF,
ingerichtet, die aber ganz bestimmt nur eine temporäre
onstruktion für die Euro-Krise darstellen solle. Und
ieder folgt die Parlamentsmehrheit brav.
Dann wird mit dem ESM eine ständige Institution ne-
en der EU geschaffen. Diesen Vorgang hat der ehema-
ge belgische Premierminister und heutige Liberale im
uropäischen Parlament, Guy Verhofstadt, zutreffend als
Merkels Putsch gegen die EU“ bezeichnet.
Da diese vom Bundestag so nicht geforderte Institu-
on nicht Teil der EU ist, kann die Bundesregierung be-
aupten und bis jetzt darauf bestehen, dass die Parla-
entsrechte nach dem Begleitgesetz nicht anwendbar
eien. Denn diese Begleitgesetze beschränken sich auf
ie EU – das gilt auch für die zukünftigen Entscheidun-
en.
Ich gebe Ihnen dafür auch ein einfaches Beispiel,
ebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, CSU und
DP: Gemäß Ihrem Antrag vom Februar fordert der
17976 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011
(A) )
)(B)
Bundestag die Bundesregierung auf, dass der ESM alle
Maßnahmen nur einstimmig auslösen darf. Letztes Wo-
chenende hat die Bundeskanzlerin nun das Gegenteil
durchgesetzt. Hatte sie dazu ein politisches Mandat des
Bundestages, oder hat sie ihn vorher über die Gründe in-
formiert, weshalb sie von seiner Forderung abgewichen
ist? Oder wenigstens im Nachhinein?
Nein, das hat sie nicht – und sie sieht sich dazu auch
nicht verpflichtet!
Dieses Parlament begleitet tatsächlich die angebliche
Euro-Rettung – der Ort der politischen Willensbildung
liegt allerdings im Kanzleramt hinter verschlossenen Tü-
ren. Der Wille der Bundeskanzlerin wird in diesem Haus
erst nach der Verhandlung mit den anderen Regierungen
und nach der Verkündung in der Presse nachvollzogen.
So hatte die Bundesregierung dem EU-Ausschuss vor
dem entsprechenden Gipfel auch jede Information zum
Euro-Plus-Pakt verweigert.
Das Problem wird insbesondere bei der jetzt geplan-
ten, sogenannten „Fiskalunion“ deutlich, die wiederum
außerhalb der Verträge eingerichtet werden soll. Dabei
wird nicht nur der Deutsche Bundestag, sondern auch
das Europäische Parlament entmachtet, während die
Exekutiven – demokratisch nicht legitimiert und kontrol-
liert – die Arbeits-, Sozial- und Haushaltspolitik steuern
wollen. Doch was uns als gemeinsame Wirtschafts- und
Finanzpolitik verkauft werden soll, ist im Wesentlichen
eine Sanktionsunion – gerichtet gegen die Verlierer des
Euro.
Die Bundesregierung gibt vor, mit ihrer Krisenpolitik
zur Rettung des Euro beizutragen. Tatsächlich scheint
ihr Hauptinteresse aber darin zu liegen, die deutsche Do-
minanz in Europa weiter auszubauen. Was wir erleben,
ist eine Übertragung der Schuldenbremse, der unsozia-
len Agenda 2010, der ganzen deutschen Austeritätslogik
auf ganz Europa. Geopfert wird dabei das, was an De-
mokratie noch übrig geblieben ist.
Die Fiskalunion soll die politische und wirtschaftliche
Architektur Europas verändern – für die Lösung der
Euro-Krise tut sie absolut nichts. So sind nur zwei Tage
nach dem letzten und angeblich erfolgreichen Gipfel die
Zinsen für Italiens Anleihen auf ein Rekordhoch gestie-
gen.
Das Problem dieser deutschen Transformation der EU
ist nicht die Gefahr einer Transferunion, wie sie manche
im Bundestag befürchten. Das Problem ist die Transition
der parlamentarischen Demokratien in eine autoritäre
Eurokratie, die nicht nur die parlamentarische Haus-
haltssouveränität aufhebt, sondern auch unsere Verfas-
sungsidentität als Demokratie und Sozialstaat bedroht!
Dies verstößt so ziemlich gegen alle Prinzipien, die
das Bundesverfassungsgericht in seiner jahrelangen
Rechtsentwicklung formuliert hat. Das widerspricht üb-
rigens auch dem jüngsten CDU-Parteitagsbeschluss zu
Europa, der unter anderem verkündet: „Jede Übertra-
gung von zusätzlichen Kompetenzen an die Europäische
Union muss deshalb mit einem Mehr an Handlungsfä-
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igkeit, demokratischer Legitimation und Transparenz
inhergehen.“
Wenn dieser Antrag angenommen wird, ist das eine
ymbolische Kapitulation des Deutschen Bundestags vor
er Exekutive.
Ich fordere daher alle Kolleginnen und Kollegen auf:
ehmen Sie Ihre Arbeit als Abgeordnete und Vertretung
er Bevölkerung und der legislativen Gewalt ernst.
bernehmen Sie Verantwortung für eine demokratische
uropäische Union, für die Rechte dieses Parlaments
nd nicht zuletzt für die Identität unserer Verfassung, die
owohl die Demokratie als auch den Sozialstaat garan-
ert!
Abschließend möchte ich noch einen Gedanken mit
nen teilen, der vielleicht auch andere Parlamentarier
teressieren könnte. Die absolute Konzentration der
xekutiven im ESM wie auch in der neuen Fiskalunion
chließt die Parlamente von wichtigen Entscheidungen
us, genau wie von den Entscheidungen im Europäi-
chen Rat.
Vielleicht sollten wir daher die Bundesregierung für
ie bevorstehende „Wahl“ auffordern, einen Kandidaten
r den Präsidenten des Europäischen Rates vorzuschla-
en, der die Rolle der Parlamente stärkt. Wie wäre es
um Beispiel mit dem nächsten Präsidenten des Europäi-
chen Parlaments?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, eine mei-
er letzten Reden hier im Bundestag hatte ich mit den
orten abgeschlossen: Europa wird sozial sein, oder es
ird nicht sein. Heute sage ich zum Abschluss: Europa
ird demokratisch sein, oder es wird nicht sein.
Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Et-
as verwundert war ich doch, dass die Koalition dann
och heute diesen Antrag vorlegt. Aber um es gleich
orweg zu sagen: Ich freue mich, dass es in den Reihen
er Koalition in der Frage der Mitwirkungsrechte des
undestages offenbar einen Paradigmenwechsel gibt.
uch wenn es bei Ihnen lange gedauert hat und sie im
erfahren verpasst haben, von Anfang an einen inter-
aktionellen Weg zu suchen.
Der Bundestag muss sich entscheiden: Gestehen wir
er Bundesregierung die Möglichkeit zu, das Parlament
Angelegenheiten der Europäischen Union zu umge-
en? Oder pochen wir auf unser Recht, ohne Ausnahme
allen Angelegenheiten der Europäischen Union betei-
gt zu werden? Die Koalition scheint sich offenbar jetzt
r die zweite Möglichkeit zu entscheiden. Das begrüßen
ir. Wir haben nicht erst seit dieser Krise für stärkere
itwirkungsrechte des Bundestages gekämpft. Es freut
ich, dass sie mit ihrem Antrag dieses Anliegen unter-
tützen wollen.
Warum aber heute und warum so spät? Der Monito-
ngbericht liegt ja schon eine Weile vor. Warum nicht
or ein paar Wochen, als ihr Antrag schon einmal auf der
agesordnung stand und wieder abgesetzt wurde? Das
ar vor der mündlichen Verhandlung unserer Klage ge-
en die Bundesregierung vor dem Bundesverfassungsge-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011 17977
(A) )
)(B)
richt. Wollten Sie Ihrer Regierung nicht in den Rücken
fallen? Und warum warten Sie jetzt nicht auf das Urteil
des Gerichts? Ist das vorauseilender Gehorsam? Verlas-
sen Sie jetzt das sinkende Schiff der falschen Rechtsauf-
fassung der Bundesregierung? Sei es drum: Wichtig und
richtig ist, dass Sie unsere Auffassung in diesen Fragen
teilen.
Meine zweite Frage: Warum ein Antrag? Warum kein
Gesetzentwurf? Die im Antrag genannten Beispiele zei-
gen doch ganz klar: Die Bundesregierung versucht das
EUZBBG in Fragen des Euro und der Euro-Rettung in
ihrem Sinne auszulegen. Sie versucht, den Bundestag
auch dort außen vor zu lassen, wo der aktuelle Gesetzes-
text entsprechende Interpretationsspielräume lässt oder
sie bewusst mit Fehlinterpretationen arbeitet. Appelle
sind gut, reichen aber nicht aus. Was wir brauchen ist ein
Änderungsgesetz. Wir müssen das EUZBBG an einigen
Stellen klarstellen und an anderen Stellen ändern und er-
gänzen. Wir sind gerne bereit, in der Frage der Mitwir-
kungsrechte des Bundestages mitzuarbeiten und eine ge-
meinsame Lösung zu finden. Die Bereitschaft, das
EUZBBG zu ändern, muss aber die Grundlage dieser
Zusammenarbeit sein. Wir wollen also nicht nur „be-
stehende Unklarheiten in der Auslegung des Gesetzes
beseitigen“, sondern für Klarheit im Gesetz selbst sor-
gen. Das muss deutlich in Ihren Antrag rein. Kollege
Ruppert, der diesen Antrag für die FDP mitgeschrieben
hat, wird heute in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
deutlicher: Ein Novellierung des EUZBBG sei nötig.
Schreiben Sie es nicht in der FAZ, schreiben Sie es in Ih-
ren Antrag.
Ich möchte aber auch zu den inhaltlichen Fragen und
zum Monitoringbericht selbst ein paar Dinge sagen. Der
Monitoringbericht liegt uns seit April vor. Die Koali-
tionsfraktionen müssen sich schon die Frage gefallen
lassen, warum sie erst jetzt auf diesen Bericht reagieren
und den Prozess im EU-Ausschuss immer wieder blo-
ckiert haben. Der Bericht stellt fest, dass zwei Jahre nach
Inkrafttreten des EUZBB und des IntVG beide Gesetze
gut und angemessen sind, aber in Punkten klargestellt
und an neue Entwicklungen angepasst werden müssen.
Diese Einschätzung teilen wir. Umso kritischer sehen
wir aber, dass der Bundesregierung noch immer der poli-
tische Wille fehlt, den Bundestag eigeninitiativ, frühest-
möglich, fortlaufend und umfassend zu unterrichten. Das
gilt insbesondere für die Einbindung dieses Hauses bei
Angelegenheiten der Europäischen Union, die auf inter-
gouvernementaler Ebene geregelt werden.
Ein Beispiel ist der Europäische Stabilisierungsme-
chanismus ESM. Die Bundesregierung ist hier der Mei-
nung, dass der ESM nicht unter das EUZBBG fällt. Die
hanebüchene Begründung: Der Euro-Rettungsschirm sei
keine Angelegenheit der Europäischen Union, da es sich
um einen völkerrechtlichen Vertrag handele. Zu dieser
Frage habe ich schon viel gesagt, und das Bundesverfas-
sungsgericht wird in Kürze dazu Stellung beziehen. Nur
zwei Punkte: Erstens. Die Liste der Vorhaben im
EUZBBG ist nicht abschließend. Sie ist bewusst offen
für neue Entwicklungen. Entscheidend ist – und das
müssen wir klarstellen –, ob es sich um eine Angelegen-
heit der Europäischen Union handelt oder nicht. Wenn
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, dann muss die Bundesregierung umgehend eigeniniti-
tiv, frühestmöglich, fortlaufend und umfassend unter-
chten und dürfen nicht – wie in der Vergangenheit – die
arlamentsrechte mit Füßen treten.
Zweitens. Eine Angelegenheit der EU entscheidet
ich nicht an der Frage, ob es sich um Gemeinschafts-
cht, eine intergouvernementale Vereinbarung oder ei-
en völkerrechtlichen Vertrag handelt. Der Maßstab ist
as Grundgesetz. Erklären Sie den Bürgerinnen und
ürgern mal, warum es sich beim Euro-Rettungsschirm
icht um eine Angelegenheit der EU handeln sollte? Für
en ESM schaffen wir gerade eine gesetzliche Grund-
ge in den europäischen Verträgen, in seinen Verfahren
pielen EU-Organe wie die Europäische Kommission
der die Europäische Zentralbank eine Schlüsselrolle,
it dem ESM wollen wir Stabilität in der Euro-Zone
chaffen. Wenn es hier nicht um eine Angelegenheit der
uropäische Union handelt, wo dann?
Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt eingehen:
aut § 10 des EUZBBG soll die Bundesregierung vor
itiativen zur Aufnahme von Verhandlungen zur Ände-
ngen der vertraglichen Grundlage der EU Einverneh-
en mit dem Bundestag herstellen. Das ist beim ESM,
lso bei der Ergänzung des Art. 136 des Vertrages über
ie Arbeitsweise der Europäischen Union, nicht passiert.
invernehmen wurde erst hergestellt, als ein konkreter,
bgestimmter Vorschlag auf dem Tisch lag. Das hat mit
eteiligung des Bundestages wenig zu tun. Wir wollen
m Anfang des Prozesses unsere Vorstellung der Regie-
ng mit auf den Weg geben und nicht erst am Ende vor
er Wahl stehen: Friss oder stirb.
Zum Neuen fiskalpolitischen Pakt von letzter Woche
t bereits alles gesagt. Klar ist: Vertragsänderungen sind
amit nicht vom Tisch. Sie stehen weiter auf der Tages-
rdnung. Für Vertragsänderungen brauchen wir ein
emokratisches, transparentes und bürgerfreundliches
erfahren, wir brauchen einen europäischen Konvent.
usammen mit den Grünen im Europaparlament werden
ir im Februar einen solchen Dialog mit Vertreterinnen
nd Vertretern der Zivilgesellschaft proben und zeigen,
ie richtige Mitwirkung und Beteiligung geht.
nlage 8
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung: Beschlussempfehlung und Be-
richt zu dem Antrag: Widerruf der gemäß § 8
des Parlamentsbeteiligungsgesetzes erteilten Zu-
stimmungen zu den Anträgen der Bundesregie-
rung vom 28. Januar 2011 und 23. März 2011 –
Bundeswehr aus Afghanistan abziehen (Tages-
ordnungspunkt 14)
Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU): Ich weiß nicht, ob ei-
ige von Ihnen die Politiksatire „Der Krieg des Charlie
ilson“ mit Tom Hanks in der Hauptrolle gesehen ha-
en, in dem es um den Krieg zwischen Mudschaheddin
nd Russen in den 80er-Jahren in Afghanistan geht. In
em Film – der auf einer wahren Geschichte beruht – ge-
17978 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011
(A) )
)(B)
lingt es dem texanischen Kongressabgeordneten Charlie
Wilson, das Budget für Operationen in Afghanistan von
5 Millionen US-Dollar auf schließlich 500 Millionen
US-Dollar zu verhundertfachen. Nach der Niederlage
der Russen versucht Wilson, 1 Million für den Aufbau in
Afghanistan bewilligt zu bekommen. Das Geld wird ihm
vom Kongress jedoch verweigert. Die Begründung: Nie-
mand interessiere sich für Schulen in dem fernen Land.
Das Film endet mit einem Zitat von Charlie Wilson:
„These things happened. They were glorious and they
changed the world … and then we messed up the end
game.“ Frei übersetzt: „Solche Dinge passieren. Sie wa-
ren großartig und haben die Welt verändert. Und dann
haben wir am Ende, als es darauf ankam, versagt.“
Nun könnte man sagen: Hollywood ist eine Sache, die
Realität in Afghanistan eine ganz andere. Warum erzähle
ich das also? Zwar glaube ich nicht, dass die internatio-
nale Staatengemeinschaft so blauäugig ist, diesen Fehler
zu wiederholen, das „Endspiel“ also komplett in den
Sand zu setzen. Auf der Bonn-II-Konferenz vor zehn Ta-
gen haben sich die Geber zu einem weiteren zivilen
Engagement im Rahmen der Transformationsdekade
von 2015 bis 2024 bekannt, Verpflichtungen, die in den
kommenden zwei Jahren konkretisiert werden müssen.
Dieses Zeichen war aus meiner Sicht absolut notwendig,
denn die Menschen in Afghanistan haben Sorge, dass die
Taliban den Truppenabzug 2014 abwarten, um erneut
nach der Macht zu greifen.
Dennoch treibt mich die Sorge um, dass der eine oder
andere die Meinung vertreten könnte, dass 2014 der
Hauptteil der Arbeit getan sei und der Rest der Arbeit
nunmehr von einigen Gutmenschen aus der NGO-Com-
munity übernommen werden kann. Dies wäre ein großer
Fehler! Wir dürfen uns nichts vormachen: 2014 markiert
den Beginn des vielleicht sogar noch mühsameren Ab-
schnitts unseres Afghanistan-Engagements: Friedenssi-
cherung und nachhaltiger Wiederaufbau werden mehr
denn je im Vordergrund stehen, um eine tragfähige wirt-
schaftliche Entwicklung zu erreichen. Denn erst eine ei-
genständige wirtschaftliche Entwicklung wird der afgha-
nischen Regierung die Anerkennung in der Bevölkerung
schaffen, ohne die politische Stabilität unmöglich sein
wird.
Wie also fällt die Zwischenbilanz aus? Wir neigen in
Deutschland gerne dazu, Schwarz-Weiß-Bilder zu zeich-
nen. Das ist gerade bei einem so schwierigen Thema wie
Afghanistan äußerst problematisch. Wenn wir uns die Si-
cherheitslage und das Erreichte im zivilen Bereich an-
schauen, so ist das Glas durchaus halb voll! Und darüber
sprechen wir zu wenig. Auf der Habenseite steht der
Ausbau der Bildungseinrichtungen für beide Geschlech-
ter und alle Altersgruppen. Dies stellt eine absolut not-
wendige Investition in die Zukunft Afghanistans dar.
Während der Herrschaft der Taliban von 1996 bis 2001
wurde Frauen jede Bildung vorenthalten, Schulbildung
konnte nur im Geheimen stattfinden. Zehn Jahre später
stellen Mädchen heute rund ein Drittel der insgesamt
8 Millionen Schülerinnen und Schüler. Dies ist ein nicht
zu unterschätzender Erfolg.
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Gleiches gilt für die medizinische Grundversorgung:
ie ist – trotz aller Mängel – erstmals für ein Großteil
er Bevölkerung zugänglich. Sogar im Bereich der Si-
herheit gibt es Fortschritte: Auch wenn es immer noch
inige Regionen gibt, in denen die Sicherheitslage fragil
t, so gingen die sogenannten sicherheitsrelevanten
wischenfälle im Zeitraum Juni bis Oktober 2011 im
ergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 20 Prozent
urück. Dieser Rückgang ist insofern besonders bemer-
enswert, da die internationalen und afghanischen Si-
herheitskräfte mit einer Stärke von insgesamt rund
40 000 Mann einen Höchststand erreichten. Sie operie-
n weiter in der Fläche, und rein statistisch wäre daher
ine Zunahme von gewaltsamen Zwischenfällen zu er-
arten gewesen. Die über die Jahre zu beobachtende
orrelation zwischen Truppenaufwuchs und einem An-
tieg der Zwischenfälle ist damit durchbrochen. Auch
as sollten die Antragsteller von der Fraktion Die Linke
ur Kenntnis nehmen – denn im ihrem Antrag behaupten
ie das Gegenteil.
Auch die rege und engagierte afghanische Zivilgesell-
chaft macht mir Mut. Zwei ihrer Vertreter haben im
ahmen der jüngsten Bonn-Konferenz eine Vision der
fghanischen Zivilgesellschaft für die Zukunft ihres
andes präsentiert. Dabei standen vor allem der Aufbau
iner Infrastruktur für Transport, Energie, Trinkwasser
nd Bewässerung im Fokus, um dadurch eine Basis für
ngfristige Einkommens- und Beschäftigungsmöglich-
eiten in Landwirtschaft, Handel und Bewirtschaftung
er bisher weitgehend ungenutzten Bodenschätze zu er-
ffnen. Denn Afghanistan muss es schaffen, in der
chwierigen Phase der Transition Wertschöpfung im ei-
enen Land und dadurch Steueraufkommen zu generie-
n. Die Gehaltskosten der Sicherheitskräfte, Lehrer und
erwaltungsmitarbeiter übersteigen zurzeit die Steuer-
innahmen Afghanistans um ein Vielfaches. Daher muss
fghanistan vor allem seine bedeutenden Rohstoffe zu-
ünftig besser nutzen. Dies bietet erhebliches Potenzial
nd soll Afghanistan langfristig unabhängiger von inter-
ationalen Geberzuwendungen machen. Die afghani-
chen Rohstoffvorkommen werden bisher aber kaum ge-
utzt, weil Investoren vor der Bedrohungslage und
angelnden Rechtssicherheit in Afghanistan zurück-
chrecken. Auch das gehört zu den Wahrheiten, wenn
ir über Afghanistan diskutieren und sollte von den Kol-
ginnen und Kollegen der Linken zur Kenntnis genom-
en werden. Denn: Die erheblichen wirtschaftlichen
nd sozialen Fortschritte in Afghanistan seit 2001 sind
ur durch internationale Unterstützung und Sicherheits-
räfte möglich geworden.
In diesem Zusammenhang müssen wir aber auch un-
er Engagement und der internationalen Gemeinschaft
uf den Prüfstand stellen. Die Experten sind sich in einer
rage einig: Die internationale Hilfe für Afghanistan
uss unter dem Stichwort „aid effectiveness“ besser ge-
utzt werden, um die befürchteten wirtschaftlichen Aus-
irkungen der Transition abzufedern. Besonders wirk-
am wäre eine Steigerung der lokalen Wertschöpfung
er internationalen Transfers. Nach Schätzungen der
eltbank kommen weniger als 20 Prozent der von den
ebern direkt umgesetzten Unterstützung im Sicher-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011 17979
(A) )
)(B)
heitsbereich der afghanischen Volkswirtschaft zugute.
Daher müssen wir unsere Unterstützung zielgerichteter
einsetzen und die Entwicklung, dass die Ausgaben
schneller als die Einnahmen wachsen, durchbrechen.
In dieser entscheidenden Phase den unverzüglichen
Abzug der Bundeswehr zu fordern, ist nicht nur naiv,
sondern vor allem verantwortungslos, da dadurch alles
bisher Erreichte infrage gestellt wird. Die Übergabe der
Verantwortung für die eigene Sicherheit kann nur dann
erfolgen, wenn die afghanischen Sicherheitskräfte in der
Lage sind, ein sicheres Umfeld für die Menschen dieses
Landes zu gewährleisten. So weit sind sie aber noch
nicht. Daher würde ein sofortiger Abzug Menschenleben
gefährden und nicht retten, wie der Antrag zynisch sug-
geriert. Wenn es im Antrag heißt, dass jeder weitere Tag
Krieg in Afghanistan Menschenleben und Gesundheit
kostet, dann zeigt das ziemlich deutlich die krude Sicht-
weise der Linken auf die Realität, nämlich dass eben je-
ner Einsatz auch vielen Menschen das Leben gerettet
hat. Und wenn die Vertreter der Linken den NGO-Ver-
tretern beim zivilgesellschaftlichen Forum, das der Bon-
ner Afghanistan-Konferenz vorgeschaltet war, zugehört
hätten, dann wüssten sie, dass deren größte Sorge ist,
was kommt, wenn 2014 die internationalen Truppen aus
Afghanistan abziehen. Insofern bin ich fast schon er-
leichtert, dass alle Fraktionen im Bundestag außer den
Linken diese zynische und realitätsferne Sichtweise auf
Afghanistan ablehnen und gegen den Antrag stimmen.
Florian Hahn (CDU/CSU): Der Antrag der Links-
partei zeigt nicht nur, wie verbohrt die Genossinnen und
Genossen ihren parteipolitischen Zielsetzungen nachja-
gen, sondern gleichzeitig offenbart er auch den in ihren
Reihen eingetretenen Verlust von Realitätssinn und ein
mangelndes, vielleicht sogar nicht einmal mehr vorhan-
denes Verantwortungsbewusstsein für unser Land. Keine
Sekunde denken Sie offenbar an die Folgen ihres Han-
delns, wenn Sie so einen Antrag stellen. Es ist allgemein
bekannt, dass die Abgeordneten der Linkspartei den Ab-
zug aus Afghanistan wie ein Mantra vor sich hertragen.
Dies ist nicht neu. Dass Ihre Fraktion dabei aber jede
langfristige Folgenbetrachtung außen vor lässt, ist abso-
lut fahrlässig. Ihr Handeln schadet einem Land, seinen
Menschen und den internationalen Verbündeten. Die Be-
gründung Ihres Antrags ist keine Sachverhaltsdarstel-
lung, sondern eine Aneinanderreihung von Textbaustei-
nen aus Ihrem Parteiprogramm. Ihr Antrag wird damit in
keiner Weise der realen Situation in Afghanistan gerecht.
Ich war seit 2009 zweimal selbst vor Ort, um mir ein
Bild von der Lage machen zu können. Ich treffe meine
Entscheidungen nämlich gerne nach Faktenlage, nicht
nach parteipolitischem Wunschdenken. Ich habe gese-
hen, dass wir in Afghanistan in den letzten zehn Jahren
viele wichtige Erfolge erzielen konnten. Auf diesen Er-
folg können wir in der internationalen Gemeinschaft
stolz sein. Und ich gebe natürlich dazu, dass vieles noch
im Argen liegt. Aber genau deswegen dürfen wir jetzt
nicht überstürzt aus Afghanistan abziehen. All unsere
Erfolge, all unsere Investitionen, als unsere Bemühun-
gen wären verloren und das Land dem Untergang, sprich
der Machtübernahme der Taliban, ausgeliefert.
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Was würde denn passieren, wenn wir dem Antrag der
inkspartei stattgeben? Wir würden die bisher erreichten
ortschritte preisgeben, wir würden Elend, Hunger,
achtmissbrauch und Willkür wieder die Türe öffnen
nd den Wunsch nach Frieden und Freiheit vor Ort mit
en Füßen treten. Deutschland ist seiner Verantwortung
orbildlich gerecht geworden, nicht zuletzt bei der Af-
hanistankonferenz am 5. Dezember 2011. Wir stehen
is 2014 mit unseren Truppen der Demokratisierung zur
eite, weil wir an ein chancen- und zukunftsreiches Af-
hanistan für kommende Generationen glauben. Doch
uch darüber hinaus lassen wir das Land nicht im Stich,
ondern wir haben unsere langfristige Unterstützung zu-
esagt. Deutschland ist vor dem Hintergrund seiner
eschichte, aber auch mit dem gelebten Anspruch, Vor-
iter für Frieden und Stabilität zu sein, bei der Bevölke-
ng hoch anerkannt.
Die Arbeit unserer Soldatinnen und Soldaten wird
ort ebenso dankbar angenommen wie die der zivilen
räfte. Die Menschen wissen, dass sie auf uns zählen
önnen und dass Deutschland zu seiner Verantwortung
teht. Das alles blendet die Linke aus, wenn sie auf dem
ücken von Frieden und Freiheit Politik gegen Humani-
t und Chancengleichheit macht, nur weil es ihr innen-
olitisch zur Besänftigung der eigenen Klientel geboten
cheint.
Gerade jetzt vor Weihnachten darf die Politik nicht
it Ängsten spielen. Wir dürfen bei der afghanischen
evölkerung keinen Zweifel aufkommen lassen, dass sie
uf uns und unsere Truppen zählen kann. Parallel dürfen
ir bei den Familien und Freunden unserer Soldatinnen
nd Soldaten nicht den Eindruck erwecken, diese ge-
hrliche Mission wäre gar überflüssig. Der Antrag der
inkspartei streut all denen Sand in die Augen, die in
roßer Sorge um ihre Männer und Frauen, Brüder und
chwestern oder Kinder im Einsatz sind. Die Linkspartei
iskreditiert damit die großen Leistungen, die unsere
oldatinnen und Soldaten vor Ort erbringen und auf die
ie stolz sein können. Wir im Hohen Haus wollen und
erden das weiter anerkennen. Wir werden mit den uns
nvertrauten Menschen und ihren Sorgen verantwor-
ngsvoll umgehen und klarmachen, dass wir hinter ih-
en stehen. Diesen Anspruch der Koalition verbinde ich
it dem Dank an alle, die in Afghanistan ihren Dienst
n, und wünsche ihnen und ihren Familien alles Gute,
in frohes Weihnachtsfest und Gottes Segen für das neue
ahr.
Lars Klingbeil (SPD): Lassen Sie mich ein paar per-
önliche Worte sagen, bevor ich auf den Antrag der Lin-
en eingehe. In der letzten Woche war ich in Afghanis-
n. Ich habe dort die Soldatinnen und Soldaten aus
einem Wahlkreis besucht. Was die Frauen und Männer
ort jeden Tag leisten, verdient unseren höchsten Re-
pekt. Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. Es ist
ie Aufgabe von uns Abgeordneten, dafür zu sorgen,
ass unsere Bevölkerung versteht, was die Soldatinnen
nd Soldaten in Afghanistan machen. Bei meinem Be-
uch war ich beeindruckt von der hohen Motivation und
on der Selbstverständlichkeit, mit der unsere Soldatin-
en und Soldaten dort ihren Dienst leisten. Diesem gro-
17980 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011
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ßen persönlichen Einsatz gebührt unsere vollste Aner-
kennung.
Der Antrag der Linken ist populistisch. Wir können
die Bundeswehr nicht von heute auf morgen aus Afgha-
nistan abziehen. Wir haben der afghanischen Bevölke-
rung unser Wort gegeben, und wir haben Verpflichtun-
gen gegenüber unseren internationalen Partnern. Aber
was viel wichtiger ist und was der Fortschrittsbericht
Afghanistan bestätigt, ist, dass der Trend der Verschlech-
terung der Sicherheitslage in Afghanistan durchbrochen
ist. Von einer stabilen Lage kann sicherlich trotzdem
noch nicht die Rede sein, aber die Entwicklung des letz-
ten Jahres gibt Hoffnung.
Zusammen mit unseren Partnern haben wir uns das
Ziel gesetzt, dass von Afghanistan nie wieder eine Ge-
fahr für die Welt ausgehen darf. Die Afghanen müssen
wieder selbst entscheiden können, wie sie ihre Gesell-
schaft und ihren Staat gestalten wollen. Wenn wir heute
die Truppen abziehen würden, bestünde die realistische
Gefahr, dass die Taliban das Land wieder übernehmen.
Dies würde zum einen für die afghanische Bevölkerung
eine Rückkehr in mittelalterliche Verhältnisse bedeuten;
zum anderen würde der internationale Terrorismus wie-
der einen sicheren Ausgangspunkt finden.
Es ist unser Ziel, zusammen mit unseren Partnern den
Militäreinsatz im Jahr 2014 zu beenden. Mit dieser Pla-
nung signalisieren wir dem afghanischen Volk: Wir las-
sen euch nicht allein! Aber wir werden auch nicht für
immer hier sein. Es ist also an der Zeit, dass ihr Verant-
wortung übernehmt.
Dies funktioniert bisher recht gut. Schrittweise haben
die afghanischen Sicherheitskräfte in einem Drittel des
Landes die Sicherheitsverantwortung übernommen. Nun
gilt es diese Entwicklung zu stabilisieren und nachhaltig,
zusammen mit dem afghanischen Volk und unseren Part-
nern, zu gestalten.
Auch wenn wir nun langsam beginnen, den Abzug zu
planen, dürfen wir eins nie vergessen: Priorität muss im-
mer die Ausrüstung und die Ausbildung unserer Solda-
tinnen und Soldaten haben. Daher möchte ich hier auch
noch einmal auf die Hubschraubersituation im Norden
Afghanistans eingehen. Bisher standen uns unsere ame-
rikanischen Freunde hilfreich zur Seite, wenn es um den
Transport oder die Evakuierung durch Hubschrauber
ging. Der Abzug eines Teils der amerikanischen Truppe
stellt diese Unterstützung aber nun infrage. Das Verteidi-
gungsministerium muss daher nun dringend alle nötigen
Schritte unternehmen, damit im Notfall die Evakuierung
unser Soldatinnen und Soldaten gewährleistet ist.
Dr. Bijan Djir-Sarai (FDP): Zum zweiten Mal an
diesem Tag diskutieren wir über Afghanistan, über die
Zukunft des Landes und über die vorgeschlagenen
Handlungsmöglichkeiten. In dem vorliegenden Antrag
der Linken wird vorgeschlagen, Soldatinnen und Solda-
ten sofort aus Afghanistan abzuziehen. Das würde be-
deuten: Wenn wir heute diesem Antrag zustimmen, zie-
hen morgen deutsche Soldaten aus Afghanistan ab.
Schon morgen würden wir alles stehen und liegen las-
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en, die Menschen in Afghanistan einfach vom einen auf
en anderen Tag im Stich lassen. Das kann doch nicht
r Ernst sein, meine lieben Kollegen und Kolleginnen
on der Linken.
Wollen Sie wirklich die Erfolge der letzten Jahre zu-
ichtemachen? Wollen Sie, dass Chaos ausbricht wegen
ieser Kurzschlusshandlung?
Uns allen hier im Haus ist doch klar, dass es in kei-
em Fall um einen direkten Abzug aller Soldatinnen und
oldaten gehen darf. Das ist keine ernsthafte Option.
enn ein sofortiger Abzug wäre sehr unklug.
Von allen Seiten wurde mir bestätigt, dass ein kopflo-
er Abzug unserer Soldaten unsere bisherigen Erfolge
ernichten würde und für viele Menschen vor Ort eine
atastrophe wäre.
Auch wenn es immer wieder Rückschläge gibt – und
uch in Zukunft geben wird –, trägt die aktuelle Strategie
u einer tatsächlichen Verbesserung der Situation im
and bei.
Wir sehen: Insgesamt hat sich seit 2001 etwas Positi-
es in Afghanistan getan. Daher stehen wir jetzt vor der
uten Aussicht auf den Abzug der militärischen Hilfe.
ngeduld zahlt sich jedoch nicht aus.
Zum ersten Mal nach zehn Jahren Einsatz lässt die Si-
herheitslage einen schrittweisen Abzug der internatio-
alen Truppen zu. Damit beginnen wir direkt 2012 und
erden diese Entwicklung bis 2014 fortsetzen.
Deutschland steht jetzt und auch in Zukunft an der
eite der afghanischen Bevölkerung.
Vergangenes Wochenende nahm ich in Bonn am Zi-
ilgesellschaftlichen Forum Afghanistan teil. So konnte
h zwei Tage vor der Außenministerkonferenz auf dem
etersberg mit Vertreterinnen und Vertretern der afgha-
ischen Zivilgesellschaft diskutieren. Zum großen Teil
idenschaftlich stellten sie mir ihre Vorschläge zur Zu-
unft Afghanistans vor.
In einem intensiven landesweiten Abstimmungs- und
eratungsprozess hatten vorher zahlreiche NGO und
ertreter der Zivilgesellschaft eigene politische Vor-
chläge erarbeitet. Ich bin dankbar dafür, dass es mög-
ch war, dass sie diese Empfehlungen in Bonn präsentie-
n konnten.
In diesem Bereich steht uns noch viel Arbeit bevor,
ie wir mit den Afghanen zusammen angehen müssen
nd werden. Wir müssen weiter erklären, wie wir die Zi-
ilgesellschaft von morgen in Afghanistan konkret un-
rstützen können!
Allein auf dem Gebiet der Frauenrechte gibt es bereits
norme Erfolge, die mit einem Schlag vernichtet wür-
en, wenn wir unsere Truppen sofort sämtlich abziehen
ürden. Darüber müssen wir uns Gedanken machen.
Das ist nur ein Beispiel von vielen. In Afghanistan
ntwickelt sich gerade eine kraftvolle Zivilgesellschaft.
ies wurde mir auch auf der Afghanistan-Konferenz in
onn bestätigt. Jetzt muss Afghanistan selbst aktiv wer-
en. Zusagen der internationalen Gemeinschaft müssen
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011 17981
(A) )
)(B)
daher mit verstärkten Forderungen nach Bekämpfung
von Drogenhandel und Korruption sowie nach Stärkung
der Menschenrechte verbunden werden.
Ich möchte noch einmal versichern, dass sich
Deutschland auch nach dem Abzug der militärischen
Hilfe weiter am zivilen Wiederaufbau Afghanistans be-
teiligen wird.
Bei den Entscheidungen über die Zukunft des deut-
schen militärischen Engagements in Afghanistan geht es
nicht um Tage, sondern es geht um wichtige Weichen-
stellungen für die Zukunft. Entscheidend ist die Frage,
wie das Afghanistan von morgen aussehen kann.
Statt hier mit wüsten Abzugsplänen um uns zu wer-
fen, sollten wir daher lieber erklären, wie wir die Zivil-
gesellschaft von morgen in Afghanistan konkret unter-
stützen können. Die Zivilgesellschaft ist die Zukunft
Afghanistans.
Stefan Liebich (DIE LINKE): Die Bundeswehr ist
eine Parlamentsarmee. So kontrovers unsere Debatten zu
Auslandseinsätzen auch sind – der intensive öffentliche
Diskurs über den Einsatz der Bundeswehr in diesem Par-
lament ist eine demokratische Errungenschaft. Übrigens
ist dies auch eine Errungenschaft, die es unter kompli-
zierteren Bedingungen des Agierens in Bündnissen oder
im Rahmen der Gemeinsamen Außenpolitik der Euro-
päischen Union zu erhalten gilt, selbst wenn andere Län-
der diese Tradition des Parlamentsvorbehalts nicht ken-
nen.
Der Bundestag hat sich hierfür 2005 ein Instrument
geschaffen: das Gesetz über die parlamentarische Betei-
ligung bei der Entscheidung über den Einsatz bewaffne-
ter Streitkräfte im Ausland. Das Parlamentsbeteiligungs-
gesetz enthält einen § 8. Dort heißt es: „Der Bundestag
kann die Zustimmung zu einem Einsatz bewaffneter
Streitkräfte widerrufen.“ Das Rückholrecht des Parla-
mentes ist ein politisch schwerwiegendes und zentrales
Recht des Parlaments und begrenzt die Handlungsmög-
lichkeit der Regierung. Wenn sich die Regierung in einer
Sackgasse befindet, dann kann das Parlament für eine
Umkehr sorgen.
Darum geht es uns heute. Unsere Fraktion möchte
dieses parlamentarische Recht nun erstmalig in An-
spruch nehmen, um einen Beitrag zum Frieden zu leisten
und um unsere Soldatinnen und Soldaten nach einem
viel zu langen Einsatz wieder nach Hause zu holen.
Heute morgen wurde schon mit Blick auf das lau-
fende und von der Regierung zur Verlängerung vorge-
schlagene Mandat für den Afghanistan-Einsatz inhaltlich
argumentiert. Außenminister Westerwelle sagte, die
Fortsetzung des Krieges sei nötig für die Kinder in Af-
ghanistan, aber auch für unsere eigene Sicherheit hier in
Deutschland. Wir bestreiten das. Die Strategie der US-
Armee der Bekämpfung von Aufständen verbunden mit
gezielten Tötungen führt nicht zu mehr Sicherheit oder
zu besseren Voraussetzungen für die Übergabe in Ver-
antwortung. Im Gegenteil!
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Die andauernde Präsenz ausländischer Truppen ist
ehr und mehr Teil des Problems und weniger die Lö-
ung. Darauf verweisen auch Teile der afghanischen Zi-
ilgesellschaft. Auf die Verletzungen von humanitärem
nd Kriegsvölkerrecht wurde schon verwiesen.
Der Afghanistan-Krieg ist der längste deutsche
riegseinsatz. Er hat sich von seinem Ursprung, der Re-
ktion auf die Terroranschläge von 9/11, längst gelöst,
nd die immer wieder vorgegebenen Ziele lassen sich
icht mehr erreichen.
Wir wissen auch, dass durch den Abzug der Bundes-
ehr allein kein friedliches Afghanistan entsteht. Aber
ir sind uns sicher: Ohne ihn endet der Krieg nie.
Natürlich muss so ein Abzug geordnet und verant-
ortungsbewusst erfolgen, aber er darf auch nicht mit
nerfüllbaren Kriterien bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag
erschoben werden. Genau das steht nach den Anträgen
er Bundesregierung zu befürchten. Wenn Verteidi-
ungsminister de Maizière in der Debatte heute Vormit-
g betont, dass der Abzug nur in dem Maße erfolgen
ann, wie die Soldaten nicht gefährdet werden, halte ich
em entgegen, dass die Soldatinnen und Soldaten in
eutschland am sichersten wären.
Natürlich muss das zivile Engagement in Afghanistan
eitergehen und sogar verstärkt werden. Aber die Bun-
eswehr sollte dabei keine Rolle mehr spielen. Einige
ndere Staaten sind schon gegangen, andere planen den
bzug. Dem kann auch Deutschland Rechnung tragen.
ie Bundeswehrtruppen sollten in diesem Prozess nicht
ie letzten sein. Unser Rückholantrag ist daher die fried-
che Alternative zur Mandatsverlängerung der Bundes-
gierung.
Der BundeswehrVerband und der von Herrn Robbe
oderierte Runde Tisch haben uns zu Weihnachtsgrüßen
n die Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan eingela-
en. Viele von ihnen stellen sich gerade in diesen Tagen
ie Sinnfrage über das, was sie dort in unserem Auftrag
n. Mein Wunsch wäre daher: Feiert Weihnachten da-
eim! Dem soll unser Rückholantrag dienen.
Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Auch
ieses Jahr werde ich der Beteiligung Deutschlands am
insatz in Afghanistan zustimmen, auch wenn, wie jedes
ahr, ich damit anders abstimme als die Mehrheit meiner
raktion. Denn der Einsatz in Afghanistan war 2001
chtig, und er ist heute richtig, und zwar aus vier Grün-
en:
1. Wer eine multilaterale Außenpolitik will, kann sich
inem Einsatz mit UN- und NATO-Mandat nicht entzie-
en. Deutschland ist ein aktives und verantwortungsvol-
s Mitglied der VN, der NATO und der EU und darf
ich nicht isolieren.
2. Kein Land darf Hinterland und sicherer Hafen für
ternationale Terroristen sein. Insofern und nur insofern
eht es in Afghanistan auch um unsere Sicherheit.
3. Die Afghanen waren Opfer eines unerträglichen
errorregimes und haben um unsere Hilfe nach 30 Jah-
n Krieg und Bürgerkrieg gebeten. Gerade die Zivilge-
17982 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011
(A) )
)(B)
sellschaft, die Menschenrechtsverteidiger, Frauenrecht-
lerinnen und freien Journalisten haben uns erst vor zehn
Tagen in Bonn wieder gebeten: Lasst uns nicht noch ein-
mal – wie 1989 – allein.
4. Afghanistan liegt in der Nachbarschaft von unruhi-
gen, hochgerüsteten Staaten. Diese Nachbarschaft ver-
trägt keinen Failed State Afghanistan.
Es ist eine Illusion zu glauben, dass diese vier Ziele
erreicht werden könnten, ganz ohne sich militärisch zu
engagieren. Die afghanischen Sicherheitskräfte sind
noch lange auf finanzielle Unterstützung und Ausbil-
dung angewiesen. Ich hätte mir das Augenmerk, das alle
Welt seit einem Jahr auf die Polizeiausbildung richtet,
schon vor zehn Jahren gewünscht. Das hätte viele Mili-
täreinsätze später erübrigt.
Heute haben wir allerdings einen Punkt erreicht, an
dem die Kampfeinsätze ausländischer Soldaten Afgha-
nistan nicht mehr viel sicherer machen können. Die Af-
ghanen vertrauen ihren eigenen Sicherheitskräften in-
zwischen deutlich mehr. Sie wollen und können die
Geschicke ihres Landes selbst in die Hand nehmen. Des-
wegen war es gut, das Abzugsdatum 2014 durch die
Bonner Konferenz zu bestätigen. Die Konferenz hat aber
auch gezeigt, dass die afghanische Zivilgesellschaft ge-
rade in der letzten Zeit stärker und selbstbewusster ge-
worden ist.
Die zivilgesellschaftlichen Vertreter hatten zwei klare
Botschaften an die Außenminister, Staatschefs und auch
an uns. Die eine ist die wiederholte Bitte um dauerhafte,
zuverlässige Unterstützung und Integration in die inter-
nationale Staatengemeinschaft. Die zweite Botschaft
war: Fördert Institutionen, nicht Personen.
An diesen beiden Botschaften der afghanischen Zivil-
gesellschaft sollte sich unsere Afghanistan-Politik orien-
tieren. Wir wollen ein sicheres, demokratisches und zivi-
les Afghanistan, in dem die Menschenrechte aller
gewahrt werden. Dieses Ziel erreichen wir nur dann,
wenn die Afghaninnen und Afghanen ihrem Staat ver-
trauen können und sich für ihr Land und ihr Gemeinwe-
sen einsetzen.
In den nächsten zehn Jahren sollte deutsche Hilfe des-
wegen darauf zielen, die Institutionen der afghanischen
Zivilgesellschaft zu stärken. Soldaten, Bauten und Beton
helfen dabei nicht so viel wie ein verstärkter Ausbau von
Bildungsangeboten. Denn Bildung stärkt das Zivile in
einem Land und eröffnet politische, soziale und wirt-
schaftliche Perspektiven. Know-how-Transfer, Ausbil-
dung und Bildungszusammenarbeit sind nicht nur das,
was die Afghaninnen und Afghanen von uns erwarten,
sondern auch das, was Deutschland am besten kann.
Die Menschen in Afghanistan wollen Frieden, Men-
schenrechte und die Verantwortung für ihr Land über-
nehmen. Die internationale Gemeinschaft hat sich mehr-
fach verpflichtet, sie dabei zu unterstützen. Noch für ein
paar Jahre bis 2014 gehört zu dieser Unterstützung auch
der Einsatz der Bundeswehr. Es gibt viele Gründe, Tak-
tik und Strategie des Einsatzes zu kritisieren, aber es gibt
keinen Grund, das grundsätzliche Mandat für diesen
Einsatz abzulehnen.
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nlage 9
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur
Streichung des Doktorgrads aus dem Passge-
setz, dem Gesetz über Personalausweise, dem
Aufenthaltsgesetz und den dazugehörigen Ver-
ordnungen (Tagesordnungspunkt 16)
Tankred Schipanski (CDU/CSU): Man könnte den-
en, Karneval steht vor der Tür und nicht Weihnachten.
inen solchen Gesetzentwurf im Zeitalter der Bildungs-
publik Deutschland in dieses Hohe Haus einzubringen,
ann man selbst mit Humor nicht nachvollziehen. Die
treichung des Doktortitels aus dem Personalausweis ist
as Ziel des hier eingebrachten Gesetzentwurfs. Hinter-
rund sind, und das machen die Interviews aus dem
ommer dieses Jahres von der Ideengeberin dieses An-
ags, Kollegin Sager, deutlich, die Plagiatsvorwürfe ge-
enüber unserem ehemaligen Verteidigungsminister. Sie
öchten prominente Einzelfälle in der öffentlichen Dis-
ussion halten und wir müssen uns daher mit derartigen
chaufensteranträgen befassen.
Dass Sie in dieser Debatte auch noch auf eine Anhö-
ng im Wissenschaftsausschuss verweisen, um Ihre
een zu untermauern, ist mehr als fragwürdig. Eine ein-
ige Sachverständige hat dort nebenbei angemerkt, dass
ie sich vorstellen könnte, dass auch die gesellschaftli-
he Reputation des Doktortitels in der besonderen Form
er Eintragung in den Personalausweis oder Pass Anreiz
r Personen sein könnte, den akademischen Abschluss
es Doktors zu erwerben. Diese Einzelmeinung, die we-
er bewiesen, evaluiert noch fundiert ist, als Aufhänger
r einen Gesetzentwurf zu nehmen, ist einfach nur
benteuerlich.
In Ihrem Antrag unterstellen Sie unseren Wissen-
chaftlerinnen und Wissenschaftlern, den Doktorgrad als
itel vorrangig zur Steigerung der gesellschaftlichen Re-
utation zu nutzen und nicht als Nachweis wissenschaft-
cher Qualifikation. Der akademische Grad des Doktors
t eben wesentlich mehr als der „normale“ wissen-
chaftliche Abschluss eines Bachelor, Master, Magisters
der Diploms. Er ist eben gerade nicht der berufsqualifi-
ierende Abschluss, sondern eine wissenschaftliche Zu-
atzqualifikation, welche ausschließlich durch eine ei-
enständige wissenschaftliche Arbeit erreicht werden
ann. Dies unterscheidet ihn maßgeblich von den Ab-
chlüssen wie Bachelor oder Master, die sich immer pri-
är aus Prüfungsleistungen zusammensetzen. Auch der
kademische Titel eines Professors ist nicht ausschließ-
ch durch eine eigene wissenschaftliche Arbeit zu errei-
hen, sondern bedarf immer einer Berufung. Von daher
ird der akademische Grad eines Doktors traditionsge-
äß besonders behandelt. Die sehr gute deutsche akade-
ische Ausbildung ist und bleibt Garant für die hohe
ualität des Doktorgrades. Diese Ausbildung zu opti-
ieren, ist Aufgabe der Politik. Die CDU/CSU-Bundes-
gsfraktion macht dies unter anderem durch die Ein-
ringung eines Antrags zum wissenschaftlichen
achwuchs oder auch mit der Anhörung im Ausschuss
um Thema Qualität wissenschaftlichen Arbeitens.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011 17983
(A) )
)(B)
Der Gesetzentwurf der Grünen schadet nicht nur der
hohen Reputation unserer akademischen Abschlüsse,
sondern er beschädigt auch die Ehre unserer Wissen-
schaftlerinnen und Wissenschaftler. Für uns Wissen-
schaftler ist das Streben nach Wissen Anreiz und nicht
die Steigerung gesellschaftlicher Reputation. Die hohe
gesellschaftliche Reputation des Doktortitels ist faktisch
Nebenwirkung der hohen wissenschaftlichen Reputation
unserer Abschlüsse. In Deutschland steht der Doktortitel
eben nicht nur für wissenschaftliche Qualifikation, son-
dern auch für eine ausgezeichnete Allgemeinbildung.
Dies zeigt die richtige Verankerung unserer Wissen-
schaftler in der Gesellschaft.
Der akademische Doktorgrad ist ob der hohen Quali-
tätsanforderung eben nicht nur akademisches Merkmal,
sondern auch ehrenvolle Kennzeichnung einer Person.
Eine Doktorprüfung ist immer verbunden mit einem Ri-
gorosum oder Disputation. Hierbei muss der Doktorand
eben auch fachfremde Kenntnis darlegen. Das ist auch
Grund für die hohe Reputation dieses Titels.
Die überwältigende Mehrheit der Doktoranden in
Deutschland promoviert aus akademischen Gründen und
nicht aus Statuserwägungen. Eine große Gruppe wird
durch den Gesetzentwurf für die Verfehlungen Einzelner
in Haftung genommen. Aber auch die kleine Gruppe der
Doktoranden, die angeblich lediglich aus Statusgründen
promoviert, wird sich von einer Streichung des Doktor-
grades aus dem Personalausweis und dem Reisepass
nicht von der Promotion abbringen lassen. Die Strei-
chung des Doktorgrades greift somit viel zu kurz, um zu
einem Mentalitätswandel in dieser kleinen Gruppe bei-
zutragen, und versucht, der überwältigenden Mehrheit
der Doktoranden, die aus wissenschaftlichen oder beruf-
lichen Erwägungen heraus promovieren, das Recht zu
nehmen, ihren Titel so wie bisher freiwillig eintragen zu
lassen und sich für ihre jahrelange Mühe zu belohnen.
Die im Zuge der Plagiatsfälle zutagegetretenen Pro-
bleme bei der Qualitätssicherung der Promotion werden
durch die vorgeschlagene Gesetzesänderung nicht ein-
mal ansatzweise gelöst. Vielmehr wird die junge Gene-
ration von Doktoranden bewusst schlechter gestellt. Es
ist ein Zeichen von Aktionismus und ein reiner Schau-
fensterantrag und verdient damit abgelehnt zu werden.
Vielmehr sind – wie in der Begründung des Gesetz-
entwurfs (auf Seite 8) richtigerweise bemerkt wird – tief-
greifendere Veränderungen im Wissenschaftsbereich
notwendig. Seit den Plagiatsfällen haben die Wissen-
schaftsorganisationen und die Politik sehr viel zur
Qualitätssicherung der Promotion unternommen, insbe-
sondere: Positionspapier des Wissenschaftsrats vom
11. November 2011, in Rekordzeit vorgelegt, zu den
Kerninhalten verweise ich auf dieses Papier, die Anhö-
rung im Ausschuss für BuF zur Qualität wissenschaftli-
cher Arbeiten vom 29. November 2011, zu den Ergeb-
nissen verweise ich auf die Protokolle, wobei
ausdrücklich die hier vorgeschlagene Maßnahme nicht
benannt wird, weitere Maßnahmen des BMBF und der
Allianz der Wissenschaftsorganisationen wie den Om-
budsmann der DFG. Den geplanten Antrag der CDU/
CSU-Bundestagsfraktion zur Verbesserung der Karriere-
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erspektiven der Nachwuchswissenschaftler habe ich
ereits erwähnt. Es ist aber nicht zu vergessen, dass die
auptzuständigkeit für die Qualitätssicherung der Pro-
otion bei den Hochschulen liegt.
Lassen Sie mich am Ende der Rede auf Österreich bli-
ken. Hier kann man nicht nur den Doktorgrad in ein
mtliches Dokument eintragen lassen, sondern auch aka-
emische Titel wie Magister oder Dipl.-Ing. Keiner
äme hier auf die Idee, diese Titel zu diskreditieren.
ielmehr sind unsere Landsleute in Österreich stolz auf
eiterführende Bildung. Wir sollten auch stolz auf die
ute Reputation unserer akademischen Grade sein und
icht der Phrase der Grünen folgen, die uns eine gesell-
chaftliche Überhöhung der Doktorgrades unterstellen.
ies ist unredlich, unrichtig und beschädigt die akade-
ische Kultur in der Bildungsrepublik Deutschland.
Gabriele Fograscher (SPD): Wir beraten heute in
rster Lesung einen Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die
rünen, der zum Ziel hat, den Doktorgrad aus allen Per-
onaldokumenten zu streichen. Wir halten dieses Vorha-
en für richtig; denn nach der Rechtsprechung des Bun-
esgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts ist
er Doktortitel ein akademischer Grad und kein Na-
enszusatz oder Namensbestandteil. Er ist auch der ein-
ige akademische Titel, der in den Personalausweis oder
eisepass eingetragen werden kann. Diese Regelung
ibt es sonst nur in Österreich und Tschechien. In allen
nderen Ländern der Welt ist diese Regelung unüblich.
Das Anliegen, den Doktortitel aus dem Personalaus-
eis, dem Reisepass und anderen Dokumenten zu strei-
hen, ist nicht neu. In der vergangenen Legislaturperiode
atte die Große Koalition im Zusammenhang mit der
inführung biometrischer Daten in Pass und Reisedoku-
ente eine entsprechende Regelung in einem Gesetzent-
urf mit dem Titel „Entwurf eines Gesetzes zur Än-
erung des Passgesetzes und weiterer Vorschriften“
undestagsdrucksache 16/4138) eingebracht. Darin
ieß es: „Zum anderen sind die Pass-, Personalausweis-
nd Meldebehörden dadurch zu entlasten, dass die Ein-
agung eines Doktorgrades sowie Ordens- und Künst-
rnamens in den Pass und in den Personalausweis sowie
die jeweiligen Register, einschließlich des Melde-
gisters, abgeschafft werden.“
Diese Regelung ist auf Wunsch des Bundesrates aus
em Gesetzentwurf herausgenommen worden. Im In-
enausschuss des Bundesrates hatten Bayern und Thü-
ngen beantragt, den Doktortitel weiterhin in die Perso-
aldokumente eintragen zu lassen. Dieser Antrag ist mit
er Mehrheit der Länder abgelehnt worden. Im Plenum
es Bundesrates haben sich die Länder dann allerdings
och für die Beibehaltung der Eintragung des Doktor-
rades in die Personaldokumente ausgesprochen. Die-
em Anliegen ist der Deutsche Bundestag gefolgt. Aus
Rücksicht auf die deutschsprachige Kulturtradition“, so
eißt es in der Beschlussempfehlung des Innenausschus-
es des Bundestages (Bundestagsdrucksache 16/5445),
urde entschieden, die jahrzehntelange Praxis beizube-
alten.
17984 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011
(A) )
)(B)
Von jahrzehntelanger Tradition kann aber nicht die
Rede sein; denn es ist erst seit 1988 möglich, den Dok-
tortitel als einzigen akademischen Grad in die Doku-
mente eintragen zu lassen. Wäre der damalige Innen-
minister Schäuble und die CDU/CSU bei ihrer Haltung,
die im Gesetzentwurf formuliert wurde, geblieben,
müssten wir heute nicht erneut über dieses Thema disku-
tieren.
Für die Behörden bedeutet die derzeitige Regelung ei-
nen hohen bürokratischen Aufwand, vor allem bei der
Anerkennung ausländischer Promotionen.
Die Eintragung widerspricht auch internationalen Ge-
pflogenheiten. Derartige Eintragungen sind weder Stan-
dard für maschinenlesbare Reisedokumente noch ent-
spricht es den Vorgaben für eine einheitliche Gestaltung
der Pässe innerhalb der Europäischen Union.
Der Doktortitel führt auch zu Verwirrungen im Reise-
verkehr und bei Grenzkontrollen. Oftmals werden die
Buchstaben „DR“ für die Anfangsbuchstaben des Fami-
liennamens gehalten.
Das alles sind gute Argumente für die Streichung des
Doktortitels aus dem Pass. Wir als SPD-Bundestagsfrak-
tion werden dem Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die
Grünen zustimmen.
Manuel Höferlin (FDP): Der Antrag der Grünen
greift eine Frage auf, die bereits vor vier Jahren disku-
tiert wurde, nämlich die, ob ein Doktorgrad in ein Aus-
weisdokument gehören sollte – eine Frage, die durchaus
kritische Würdigung verdient. Doch halte ich die
Gründe, mit denen die Grünen hier versuchen, ihrem
Antrag Gewicht zu verleihen, für falsch.
So schreiben Sie von einer Verknüpfung des Doktor-
grades mit dem Nachnamen, obwohl dieser nicht Be-
standteil des Namens sei. So weit, so gut. Auch mir sind
die einschlägigen Gerichtsurteile dazu bekannt. Doktor-
titel und Name haben nichts miteinander zu tun.
Doch gerade in diesem Licht erscheint mir Ihre Pro-
blematisierung, liebe Kolleginnen und Kollegen der
Grünen, völlig widersinnig. Wieso soll der Doktorgrad
das Risiko der Verwechselungsgefahr oder einer falschen
Identifizierung erhöhen? Der Doktorgrad als zusätzliche
Information in offiziellen Dokumenten reduziert doch ge-
nau dieses Risiko. Ihre Aussage ist widersprüchlich,
liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen. Und
dann schreiben Sie als Erläuterung zu dieser Behauptung
– ich zitiere –: „Die Praxis der Eintragung […] sorgt für
Verwirrung, wenn zum Beispiel die Buchstaben ,Dr.‘ für
die Anfangsbuchstaben des Familiennamens gehalten
werden“. Das ist grober Unfug, den Sie da zusammen-
schreiben. Oder können Sie diese Hypothese etwa mit
Beispielen unterlegen? Ich habe den Eindruck, Sie ver-
suchen hier einen Sachverhalt zu konstruieren. Das
Ganze wirkt für mich wie der Witz mit dem Kollegen
„Übertrag“.
Aber damit ist leider noch nicht das Ende Ihrer Aus-
führungen erreicht. So problematisieren Sie in Ihrem
Antrag, dass der Doktorgrad angeblich in jüngster Ver-
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angenheit immer wieder „nicht als Nachweis wissen-
chaftlicher Qualifikation“ erlangt wird, sondern von
en Inhabern des akademischen Grades genutzt wird,
re gesellschaftliche Reputation zu verbessern. Was
itte hat diese These mit dem Personenstandsrecht und
en damit verbundenen Verfahrensfragen zu tun? Wenn
ie eine gesellschaftliche Debatte über die Rolle und die
edeutung akademischer Abschlüsse führen wollen,
ann sollten Sie diese Debatte mit und in der Gesell-
chaft führen und nicht durch irgendwelche Fragen zum
assgesetz.
Dass Sie – wenn Sie schon die Verwendung von Dok-
rtiteln im gesellschaftlichen Kontext austreten – natür-
ch das Wort „Plagiat“ einbringen, überrascht dann auch
icht mehr, und dass das Thema „Plagiate“ fast eine
albe Seite Ihres Antrages in Anspruch nimmt, entlarvt
ie. Die Frage, was mit Leuten passiert, die unrechtmä-
ig einen akademischen Titel führen oder diesen rechts-
idrig erwerben, ist im Strafgesetzbuch geregelt. Mit
em Personenstandsrecht hat dies nichts zu tun. Überlas-
en Sie die Verfolgung von Urkundenfälschern und
chummlern der Justiz.
Glauben Sie ernsthaft, dass die Leute, auf die Sie hier
nspielen, ihren Personalausweis vorlegen, wenn Sie ih-
n Titel zu Markte tragen? Nein, das kann nicht Ihr
rnst sein. Hier geht es um die Frage, ob Persönlich-
eitsrechte gewahrt bleiben, ob Informationen nützlich
ind zur Feststellung der Identität einer Person, und da-
m, wie wir Verfahren gestalten, die möglichst effizient
nd unbürokratisch sind. Sehr geehrte Damen und Her-
n, den Antrag der Grünen lehne ich ab. Der Doktor-
rad ist eine zusätzliche Information, die bei der Fest-
tellung der Identität einer Person hilfreich ist – nicht
ehr und nicht weniger. Ihn ohne Not aus Ausweisdoku-
enten zu tilgen, halte ich aus diesem Grund für falsch –
rst recht, wenn die Begründung so aussieht, wie bei Ih-
en. Sie wären gut beraten, diesen Antrag zurückzuzie-
en.
Nicole Gohlke (DIE LINKE): So wie die Klimafor-
cher die verschiedenen Schichten des arktischen Eises
ntersuchen und darin die Zusammensetzung der Luft
us verschiedenen Zeitaltern analysieren, so lassen sich
uch im deutschen Wissenschaftssystem Spuren seiner
hrhundertealten Geschichte finden. Trotz vielfältiger
eformbemühungen hat das Beharrungsvermögen der
kademia doch erstaunliche Reliquien aus grauer Vor-
eit konserviert. Dazu gehört etwa die Verbeamtung von
ochschullehrerinnen und -lehrern, denen Verfassungs-
erichte trotz ihres ständig schrumpfenden Anteils am
esamtsystem nach wie vor zuschreiben, alleinige Trä-
er der Wissenschaftsfreiheit zu sein. Auch das Organi-
ationsprinzip „Lehrstuhl“ samt abhängiger Schar von
ssistentinnen und Assistenten, die auf befristeten Stel-
n bis in ihre 50er-Lebensjahre hinein als „Nachwuchs“
ezeichnet werden, kann nicht als zeitgemäß gelten. Und
ur historischen Überlieferung gehört auch der Status
on Privatdozenten und -dozentinnen, die schon lange
icht mehr von Hörergeldern leben, oder die „Vorle-
ung“ als Lehrveranstaltungsform.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011 17985
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Heute befassen wir uns hier mit einem weiteren Re-
likt: der Eintragungsfähigkeit des Doktorgrades in ge-
kürzter Form in die Personaldokumente. Der Doktor ist
– anders als landläufig angenommen – kein Namensbe-
standteil. Niemand hat ein Recht darauf, mit diesem
Qualifikationsgrad angeredet zu werden, genau so wenig
wie Magistras und Magister oder Diplomierte, wie staat-
lich geprüfte Fachkräfte und Meister. Auch Professorin-
nen und Professoren haben dieses Recht nicht, denn da-
bei handelt es sich um eine Amtsbezeichnung.
Akademische Grade und Amtsbezeichnungen sind ei-
gentlich nur für das jeweilige Berufsumfeld von Inte-
resse. Auch für die Eintragung in Personaldokumente
sind akademische Grade nicht vorgesehen – bis auf die
Ausnahme des Doktors. Aber auch dabei werden nicht
alle gleich behandelt. Im Ausland erworbene Grade,
etwa der PhD, sind in der Regel nicht eintragungsfähig.
Sucht man nach Erklärungen für das hartnäckige
Überleben dieses Ausnahmeprivilegs, wird man schnell
fündig. Der „Dr.“ ist ein Reputationsheber. Er wertet
seine Trägerin, seinen Träger gesellschaftlich auf. Das
schlägt sich in Karrierechancen, im Ansehen und nicht
zuletzt im Gehalt nieder. Eine viel zitierte Studie der
Personalberatung Kienbaum sieht ein Plus für Promo-
vierte von mindestens 8 000 Euro gegenüber Menschen
mit einem Universitätsabschluss.
Es ist vor diesem Hintergrund unverständlich, warum
sich konservative Bundesländer 2007 gegen die vom da-
maligen Innenminister Schäuble vorgeschlagene Ab-
schaffung der zusätzlichen rechtlichen Privilegien für
Promovierte gewehrt haben und mit diesem Widerstand
auch noch erfolgreich waren. Denn eine Promotion – die
Medizin sei hier außen vor – beweist im Idealfall vor al-
lem, dass der oder die Betreffende sich im akademischen
Umfeld bewährt hat. Dazu gehört, eigenständig eine
komplexe Fragestellung zu bearbeiten, die Ergebnisse
darzustellen und sich idealerweise auch in der Lehre be-
tätigt zu haben. Eine Promotion ist die Voraussetzung für
die Berufungsfähigkeit auf eine Professur und damit der
höchste akademische Grad.
Über Qualitäten in anderen Berufsfeldern außerhalb
der Wissenschaft ist damit jedoch nichts gesagt. Über so-
ziale Kompetenzen erst recht nichts. Wir erleben sogar
den Effekt, dass in Zeiten schwacher Arbeitsmärkte für
Hochschulabsolventinnen und -absolventen die Zahlen
von Promovierenden ansteigen und das Verfassen einer
Dissertation als Überbrückungsmaßnahme und zur eige-
nen Weiterbildung genutzt wird. Es gibt keinen sachli-
chen Grund, diesen auf den akademischen Raum zuge-
schnittenen Qualifikationsgrad gegenüber anderen
außerakademischen Qualifizierungsgraden rechtlich zu
bevorzugen. Denn die Schattenseiten der Titelhuberei
auf die Qualität der zugrunde liegenden Arbeiten – Titel-
kauf, Plagiate, Ghostwriting – sind nicht zu übersehen.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Fast alle Dis-
sertationen vermehren unser Wissen und bereichern die
Debatte. Das Niveau heutiger Promotionsschriften ist im
Schnitt sehr hoch. Jede wissenschaftliche Leistung ist
von der Gesellschaft zu würdigen, erst recht, wenn sie
unter häufig widrigen Arbeitsbedingungen zustande ge-
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ommen ist. Und der Stolz auf seinen eigenen Beitrag
um Wissensbestand sei jedem Promovierten gegönnt.
enn diese Leistung ist kein Selbstzweck. Sie dient ei-
er Wissenschaft, die im Dialog mit der Gesellschaft
teht. Dazu gehört auch der Wechsel aus anderen Berufs-
ldern an die Hochschule und wieder zurück. Wir wis-
en, dass nicht alle Promovierenden in der Wissenschaft
leiben wollen und können. Aber gerade dieser Aus-
usch gebietet den gegenseitigen Respekt für unter-
chiedlichste Qualifikationswege und eine Begegnung
it außerakademisch Qualifizierten auf Augenhöhe.
Die Streichung der Eintragungsfähigkeit des Doktor-
rades in Pässen und Ausweisen ist überfällig. Uns allen
ollte jedoch auch bewusst sein, dass dies nur ein kleiner
nd eher unbedeutender Schritt ist, um die Promotion
on ihrer für die wissenschaftliche Qualität nicht immer
rderlichen Eigenschaft als Statussymbol zu befreien.
ie Öffnung hierarchischer und geschlossener universi-
rer Strukturen gehört dabei zu den schwierigeren, aber
otwendigen Aufgaben, um die Promotion auf ihre ei-
entliche Aufgabe zu fokussieren: der transparente und
ochqualitative Nachweis wissenschaftlicher Kompe-
nz.
Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In
eutschland ist es möglich, den akademischen Doktor-
rad auf Wunsch in den Pass oder Personalausweis ein-
agen zu lassen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf
chlagen wir vor, sich nun endlich von dieser Praxis zu
erabschieden. Sie ist nämlich eine überflüssige, auf-
endige und überholte Konvention, die nur zu unnöti-
en Missverständnissen führt. Der Doktor ist weder ein
itel noch ein Namensbestandteil. Er ist schlicht der
achweis einer besonderen wissenschaftlichen Qualifi-
ation. In einem Personaldokument hat der Doktor ge-
auso wenig zu suchen wie andere Qualifikationsbe-
eichnungen, sei es der Professor, Master oder Meister,
ie schließlich auch nicht eingetragen werden. Mit der
intragungspraxis steht Deutschland international weit-
ehend isoliert da – wenn man mal von Österreich ab-
ieht, wo man offenkundig auch gerne an längst über-
üssigen Konventionen festhält. Mit der Identifizierung
iner Person hat der Doktorgrad nichts zu tun. Beim
renzübertritt kann der Doktor aber zu Missverständnis-
en führen, weil er manchmal für einen Teil des Namens
ehalten wird.
Darauf hat das Bundesinnenministerium schon 2007
ingewiesen, bei dem Vorstoß zur Abschaffung der Ein-
agungspraxis. Es ist bedauerlich, dass der damalige
undesinnenminister Wolfgang Schäuble sich mit die-
em Beitrag zum Bürokratieabbau nicht durchsetzen
onnte. Denn es handelt sich in der Tat um einen Mehr-
ufwand für die zuständigen Behörden, auf den man sehr
ut verzichten könnte. Noch aufwendiger und schwieri-
er wird die Sache dadurch, dass die Gleichwertigkeit
usländischer Abschlüsse mit dem deutschen Doktor von
en Kultus- und Wissenschaftsministerien nicht mehr ge-
rüft wird. Nun müssen sich also Behörden, die für Pässe
nd Personalpapiere zuständig sind, damit herumschla-
en, wenn jemand einen ausländischen Abschluss in ei-
em deutschen Personaldokument als Doktor eingetragen
17986 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011
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haben möchte. Hier kann die Regierungskoalition also
mal zeigen, wie ernst es ihr mit dem Bürokratieabbau ist.
Im Zusammenhang mit der Diskussion über eine
Reihe prominenter Plagiatsfälle gab und gibt es auch aus
der Wissenschaft verstärkt die Forderung, den akademi-
schen Doktorgrad von unangemessenen gesellschaftli-
chen Überhöhungen zu befreien und ihn auf seinen
Kerngehalt zurückzuführen, nämlich den Nachweis zur
Befähigung, einen eigenständigen originären Beitrag
zum Fortschritt der wissenschaftlichen Erkenntnis leis-
ten zu können.
Als wissenschaftspolitische Sprecherin hat es mich
erleichtert und erfreut, dass der Wissenschaftsbereich
sich erfolgreich gegen alle Versuche zur Wehr gesetzt
hat, wissenschaftliches Fehlverhalten zu bagatellisieren
und als Kavaliersdelikt abzutun. Dabei geht es auch da-
rum, den hervorragenden Ruf deutscher Promotionen zu
verteidigen. Es gibt eine ganze Reihe von Vorschlägen
und Ansätzen, wie die Qualitätssicherung im Bereich
wissenschaftlichen Arbeitens verbessert werden kann.
Im zuständigen Ausschuss haben wir uns damit gründ-
lich unter anderem in einem Fachgespräch befasst. Es ist
allerdings deutlich geworden, dass es in Deutschland of-
fenkundig Anreize und Versuchungen gibt, den Doktor-
grad nicht als Nachweis wissenschaftlicher Qualifikation
zu erlangen, sondern zur Steigerung der persönlichen ge-
sellschaftlichen Reputation.
Im Fachgespräch zur „Qualität wissenschaftlicher Ar-
beiten“ sprach Professor Hornbostel vom Institut für
Forschungsinformation und Qualitätssicherung von ei-
nem „bürgerlichen Adelstitel“, und die Expertin Profes-
sor Debora Weber-Wulff von der Hochschule für Tech-
nik und Wissenschaft forderte, die Verwendung von
wissenschaftlichen Graden im zivilen Lebens ganz abzu-
schaffen. Der Präsident der Leibniz-Gemeinschaft, Pro-
fessor Karl Ulrich Mayer, wies auf einem Symposium
der DFG darauf hin, dass es abgeschafft gehöre, dass der
Doktor wie ein Bestandteil des bürgerlichen Namens be-
handelt wird.
Die Eintragung des Doktors in die Personaldoku-
mente leistet dem Missverständnis Vorschub, dass es
sich dabei um eine Art ehrenvolle Kennzeichnung der
Person handelt statt um einen Qualifikationsnachweis.
Auch dies ist ein Grund, die Eintragungspraxis zu been-
den.
Anlage 10
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Antrags: Freiwilligendienste
aller Generationen verstetigen – Engagement
ohne Altersgrenzen stärken (Tagesordnungs-
punkt 19)
Norbert Geis (CDU/CSU): Wir gehen davon aus,
dass im Jahre 2050 in Deutschland jeder dritte Mensch
über 60 Jahre alt sein wird. Dieser Wandel in der Bevöl-
kerungsstruktur stellt unsere Gesellschaft vor zahlreiche
Herausforderungen. Ohne intakte Familien und eine
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ktive Bürgergesellschaft werden wir diese Herausforde-
ngen nicht bewältigen können. Vor diesem Hinter-
rund stimme ich mit einigen der Ausführungen zum
ürgerschaftlichen Engagement im Antrag der SPD voll-
ommen überein.
Zweifellos gibt es viele rüstige Rentner, die längst
icht am Ende ihres aktiven Lebens stehen. Nachdem
er Druck des Berufes von ihnen abgefallen ist, haben
ie die Zeit, das zu tun, was sie sich schon immer vorge-
ommen hatten. Richtig ist auch, dass unsere Gesell-
chaft auf die Erfahrung und die Kompetenz dieser älte-
n Generation nicht verzichten kann. Deshalb sind alle
berlegungen zu begrüßen, die Anreize für ältere Men-
chen schaffen, sich für das Gemeinwesen zu engagieren
nd einzusetzen.
Es gibt aber auch die andere Seite des Alters. Es gibt
eute viele alte Menschen, die verlassen sind, für die
eine Familie sorgt, die keine Freunde haben, die ohne
nschluss sind. Tagaus, tagein leben diese Einzelgänger
llein und ausgegrenzt in ihrer Wohnung in irgendeinem
ochhaus. Johannes Paul II. zählte dieses Problem
ereits zur Jahrtausendwende in seinem Apostolischen
chreiben „Novo Millenio Ineunte“ zu den drängenden
erausforderungen für die Industriegesellschaften, in
enen die Zahl der Singles ständig wächst. Natürlich
elfen die karitativen Organisationen und die kirchlichen
emeinden mit ihren Seniorentreffs. Auch die Mehr-
enerationenhäuser erfüllen eine wichtige Funktion.
ichtig ist aber auch eine kreative Kommunalpolitik,
m diese Menschen aus ihrem Schneckenhaus heraus-
uholen und sie für einen Dienst am Gemeinwesen zu
egeistern.
Die Bundesregierung hat die Herausforderungen
es demografischen Wandels längst erkannt und ent-
prechende Maßnahmen ergriffen. Dazu zählt die
ente mit 67, die Förderung der Mehrgenerationenhäu-
er und die Aussetzung der Wehrpflicht.
Es ist ein Verdienst dieser Bundesregierung, die
chwierige Aufgabe der Aussetzung der Wehrpflicht und
es Zivildienstes zügig und ohne größere Probleme
elöst zu haben. Für diese erfolgreiche Arbeit gebührt
er Bundesministerin und den Verantwortlichen im Bun-
esfamilienministerium Dank und Anerkennung!
Mit der Einführung des Bundesfreiwilligendienstes
urde ein neues Kapitel bei der Förderung von bürger-
chaftlichem Engagement aufgeschlagen. Mit 350 Mil-
onen Euro stellt der Bund heute so viel Geld wie noch
ie zuvor für bürgerschaftliches Engagement bereit. Die
ördermittel für die bereits vorhandenen Freiwilligen-
ienste FSJ und FÖJ wurden verdoppelt. Hinzu kommen
eitere Förderprogramme wie das Folgeprogramm für
ie Mehrgenerationenhäuser. Der Bundesfreiwilligen-
ienst steht allen Menschen egal welchen Geschlechts
nd welchen Alters offen und kann in viel mehr Einrich-
ngen absolviert werden, als das im Zivildienst möglich
ar.
Innerhalb des gesamten bürgerschaftlichen Engage-
ents muss es eine klare Trennung zwischen Ehrenamt
nd Freiwilligendienst geben. Das klassische Ehrenamt
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2011 17987
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wird nicht erst seit gestern millionenfach und unentgelt-
lich ausgeübt. Die im Antrag geforderten „niederschwel-
ligen Angebote“ gibt es schon längst. Gerade ältere
Menschen bevorzugen oft Formen des Engagements, bei
denen sie keine vertraglichen Verpflichtungen eingehen
müssen.
Jede Bundesfreiwilligendienststelle wird monatlich
mit bis zu 550 Euro gefördert. In Sonderfällen sogar mit
600 Euro. Über ihre jeweiligen Trägereinrichtungen
bekommen die Bundesfreiwilligen ein monatliches
Taschengeld von bis zu 330 Euro. Zudem sind sie sozial-
versichert und bis zum Alter von 25 Jahren kindergeld-
berechtigt. Der Dienst muss in Vollzeit, also mit 40 Stun-
den pro Woche, absolviert werden. Ab 27 Jahren können
die Freiwilligen auch in Teilzeit mit mindestens 20 Wo-
chenstunden arbeiten.
Diese Schwelle zwischen Ehrenamt und Freiwilligen-
dienst hat sich in der Praxis bewährt. Eine Vermischung
der unterschiedlichen Formen bürgerschaftlichen Engage-
ments könnte negative Effekte auf das in Deutschland
millionenfach ausgeübte klassische Ehrenamt haben,
indem unerfüllbare Ansprüche geweckt werden.
Der FDaG bewegt sich zwischen dem Ehrenamt und
den anderen Freiwilligendiensten. Mit einer Mindestzahl
von acht bis zwölf Wochenstunden müssen die Freiwilli-
gen in diesem Dienstformat deutlich weniger arbeiten.
Deshalb erhalten die Freiwilligen kein Taschengeld,
haben allerdings einen Anspruch auf eine Haftpflicht-
und Unfallversicherung über den Träger, eine fachliche
Begleitung und kostenlose Qualifizierung.
Die mittlerweile knapp 7 000 Freiwilligen und
1 200 Einsatzstellen des FDaG zeigen, dass mit diesem
Modellprogramm eine erfolgreiche Entwicklung in
Gang gesetzt werden konnte. Zu einer Dauerförderung
ohne entsprechende gesetzliche Grundlage ist der Bund
jedoch nicht berechtigt. Das FDaG-Programm läuft nun
planmäßig zum 31. Dezember 2011 aus.
Damit komme ich an den Punkt, an dem ich mit dem
Antrag der SPD nicht mehr übereinstimme. Der Antrag
kritisiert „ungeregelte Rahmenbedingungen“ beim Bun-
desfreiwilligendienst, die große Unsicherheit verursa-
chen würden. Auch könnten die Erwartungen an den
Bundesfreiwilligendienst nicht erfüllt werden. Das ist
falsch.
Die SPD geht in ihrem Antrag von einem völlig veral-
teten Sachstand aus. Die Regelungen beim Bundesfrei-
willigendienst sind längst klar. Sonst gäbe es heute nicht
über 25 000 unterschriebene Verträge. Täglich kommen
Hunderte neuer Verträge hinzu. Wir können davon aus-
gehen, dass wir sogar früher als geplant die Zielmarke
von 35 000 Bundesfreiwilligen erreichen werden. Hinzu
kommen die vorhandenen 35 000 Freiwilligen im FSJ
und FÖJ.
Diesen bald 70 000 Freiwilligen sind wir zu großem
Dank verpflichtet. Ebenso gilt unser Dank den Millionen
Menschen, die sich außerhalb der staatlich geförderten
Freiwilligendienste selbstständig ehrenamtlich engagie-
ren. Es wäre vermessen, anzunehmen, dass der Antrieb
für bürgerschaftliches Engagement die staatliche Förde-
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ng ist. Vielmehr ist das Verantwortungsbewusstsein
er Bürgerinnen und Bürger für die Gesellschaft und
re Mitmenschen das ausschlaggebende Element.
Beim Bundesfreiwilligendienst hat die Bundesregie-
ng auf dieses Verantwortungsbewusstsein der Bürge-
nnen und Bürger vertraut und recht behalten.
Die SPD fordert in ihrem Antrag, man solle den Bun-
esfreiwilligendienst nur noch Menschen unter 27 Jah-
n anbieten. Ältere sollten sich nur noch im Rahmen
es FDaG engagieren dürfen. Dieser Vorschlag geht an
en Bedürfnissen der Freiwilligen und der Trägerorgani-
ationen vorbei. Von den insgesamt 25 000 Bundesfrei-
illigen sind heute, also gerade einmal sechs Monate
ach der Einführung des Bundesfreiwilligendienstes,
eit über 5 000 älter als 27 Jahre. Das zeigt, dass die
egelungen des Bundesfreiwilligendienstes sehr wohl
ie unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten der Men-
chen abdecken.
Ganz bewusst wurde beim Bundesfreiwilligendienst
uf eine möglichst unbürokratische und wenig zentralis-
sche Ausgestaltung geachtet. Anstatt den Trägern und
en Freiwilligen vorzuschreiben, ab welchem Alter wel-
her Dienst zu absolvieren ist, steht der Bundesfreiwilli-
endienst allen Menschen offen, egal wie alt sie sind.
er starke Zulauf bestätigt, dass dieses weitgefasste
ngebot richtig ist.
Der FDaG kann aufgrund des geringeren Zeitaufwan-
es eine sinnvolle Ergänzung zum Bundesfreiwilligen-
ienst darstellen. Die Verankerung des FDaG im SGB VII
nd im Kindergeldrecht bleibt daher erhalten. Die
50 Mehrgenerationenhäuser, die nun im Rahmen des
olgeprogramms für weitere drei Jahre vom Bund geför-
ert werden, bieten gute Anknüpfungspunkte, um Frei-
illigendienstlern ebenso wie Ehrenamtlichen entspre-
hende Angebote machen zu können. Schon heute
eisen rund 20 Prozent der FDaG-Stellen Verknüpfun-
en zu Mehrgenerationenhäusern auf.
Mit dem Bundesfreiwilligendienst, FSJ, FÖJ, den
ternationalen Freiwilligendiensten und dem FDaG gibt
s heute eine Vielzahl von staatlich geförderten Formen
es bürgerschaftlichen Engagements. Durch die massive
ufstockung der Bundesförderung wurden diese Engage-
entformen stark aufgewertet. Was man nun auf keinen
all tun sollte, ist, die einzelnen Dienste gegeneinander
uszuspielen. Genau das passiert aber in dem Antrag der
PD. Der FDaG wird gegen den Bundesfreiwilligen-
ienst ausgespielt. Stattdessen sollte vor dem Hinter-
rund der angespannten Haushaltslage genau geprüft
erden, in welcher Form der FDaG in das weitreichende
ystem der Bundesförderung integriert werden kann. So
ann der Bundesfreiwilligendienst sinnvoll ergänzt wer-
en, und die Freiwilligen können selbst entscheiden,
elches Dienstformat zu ihnen passt.
Florian Bernschneider (FDP): Der vorliegende
ntrag der SPD-Fraktion beschreibt zwar recht zutref-
nd die Herausforderungen einer Gesellschaft des lan-
en Lebens – er zieht aber wie so oft die falschen
chlussfolgerungen für die Freiwilligendienste. Es ist
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zwar richtig, die „Zeit der gewonnenen Jahre“ sowohl
für die lebensälteren Menschen als auch für unsere Ge-
sellschaft nutzbar zu machen. Falsch ist aber, jede er-
denkliche Form von bürgerschaftlichem Engagement in
ein eigenes Dienstformat zu stecken.
Der FDaG war ein Anlauf, Menschen unterschiedli-
chen Lebensalters im Engagement zusammenzubringen.
Entstanden sind der FDaG und das Vorläuferprogramm
GüF zu einer Zeit, in der generationenübergreifende
Engagementkonzepte noch in den Kinderschuhen steck-
ten. Der demografische Wandel war damals gerade erst
im Begriff, sich seinen Weg in das Bewusstsein von
Politik und Gesellschaft zu bahnen. Heute aber haben
wir diese Konzepte: Die Mehrgenerationenhäuser sind
zu einer zentralen Anlaufstelle für intergenerationale
Engagement- und Hilfeangebote geworden. Der neue
Bundesfreiwilligendienst eröffnet Menschen jeden Al-
ters die Möglichkeit zu einem Freiwilligendienst – egal
ob 18 oder 78. Darum ist es nur folgerichtig, den FDaG
in diesen deutlich breiter angelegten Strukturen aufge-
hen zu lassen. Denn bei allen positiven Ansätzen, die der
FDaG verfolgt hat, bleibt doch eines klar – und Sie ha-
ben es in Ihrem Antrag ja selbst formuliert –: Die Zivil-
gesellschaft hat es auch in mittlerweile x Projektjahren
nicht geschafft, den FDaG der breiten Bevölkerung be-
kannt zu machen. Der BFD dagegen ist heute schon in
aller Munde, und das gerade einmal fünf Monate nach
dem Start. Wenn Sie für den mangelnden Bekanntheits-
grad des FDaG aber die Projektförderung verantwortlich
machen, darf ich Sie auf Folgendes hinweisen: Wenn ich
mich nicht täusche, haben Sie in der großen Koalition
den FDaG doch selbst beschlossen. Zu dieser Zeit wäre
Ihre große Chance gewesen, endlich nachhaltig in Ihre
vielbeschworenen „ermöglichenden Infrastrukturen“ zu
investieren. Dazu hätte zum Beispiel gehört, das Koope-
rationsverbot in diesem Bereich anzugehen und den
Kommunen zu ermöglichen, das heißt, sie in die finan-
zielle Lage zu versetzen, dauerhafte Infrastrukturen zu
schaffen. Stattdessen haben Sie nur erneut ein Projekt
geschaffen, von dem Sie schon damals genau wussten,
dass es aufgrund der eingeschränkten Förderkompetenz
des Bundes nur zeitlich befristet sein konnte. Also wer-
fen Sie uns keine Projektruinen vor, Sie haben sie selbst
geschaffen.
Sie feiern den FDaG in Ihrem Antrag weiterhin als
niedrigschwelliges und passgenaues Angebot und for-
dern die Verstetigung der Förderung. Damit fördern Sie
aber genau jene Doppelstrukturen, die Sie bei der Ein-
führung des Bundesfreiwilligendienstes durchaus zu-
recht kritisiert haben – aus diesem Grund haben wir uns
ja auch dazu entschlossen, den BFD für Erwachsene je-
den Alters zu öffnen und kein zweites „Bundes-FSJ“ zu
schaffen. Sie aber wollen scheinbar genau das, wenn Sie
in Ihrem Antrag fordern, das Freiwilligendienstangebot
für Erwachsene über 27 Jahre aus dem Bundesfreiwilli-
gendienst abzuschaffen. Hier zeigt sich mal wieder die
Doppelzüngigkeit Ihrer Argumentation. Dabei hat sich
gerade der BFD für über 27-Jährige mit einer Unter-
grenze von 20 Wochenstunden voll und ganz bewährt.
Eine weitere Absenkung der Stundengrenze ist hier völ-
lig unsinnig. Ab einer gewissen Stundenzahl muss man
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ich ganz einfach fragen, ob ein Engagement in Form ei-
es geregelten Dienstes noch sinnvoll ist. Auch die
ohlfahrtsverbände sagen uns immer wieder, dass wir
ine klare Grenze zwischen Freiwilligendienst und Eh-
namt brauchen. Denn eine unnötige Formalisierung
es Ehrenamtes in Form von Diensten zerstört am Ende
ehr Engagement als sie schafft.
Sie dagegen, meine sehr geehrten Damen und Herren
on der SPD, scheinen das Heil des bürgerschaftlichen
ngagements in immer spezielleren Dienstformaten zu
uchen. Und es ist ja auch schön, wenn 44 Prozent der
ienstleistenden im FDaG zum ersten Mal ein Engage-
ent leisten. Aber es darf doch die Frage erlaubt sein,
as zuerst da war: der Dienst oder die Bereitschaft zum
ngagement? Und ich gehe jede Wette mit Ihnen ein: In
er übergroßen Mehrzahl ist es die Bereitschaft zum En-
agement. Am Anfang der Geschichte steht immer der
ensch, der für sich beschließt, sich zu engagieren.
iese Bereitschaft ist unabdingbar – für bürgerschaftli-
hes Engagement braucht es Herzlichkeit und die Über-
eugung, das Richtige für sich und die Mitmenschen zu
n. Erst danach stellt sich die Frage nach dem geeigne-
n Rahmen. Und das heißt im Klartext: Wenn die Be-
itschaft zum Engagement da ist, dann hätten sich die
4 Prozent auch ohne den FDaG engagiert, so einfach ist
as.
Wir müssen den Bürgern die Möglichkeit zu einem
rmalisierten Engagement dort geben, wo es angemes-
en ist, aber gleichzeitig genügend Raum für non-forma-
s Engagement belassen. Das ist das liberale Verständ-
is der Bürgergesellschaft, das sich im Übrigen auch in
nserem Freiwilligendienstkonzept widerspiegelt und
as wir auch in Zukunft weiterverfolgen werden.
Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
as Ende des Programms der Freiwilligendienste aller
enerationen ist symptomatisch für eine Politik der
undesregierung, die wenig Zukunftsweisendes für die
örderung bürgerschaftlich engagierter Menschen vor-
eisen kann. Trotz des großen Erfolgs des Programms
die Zahl der erstmalig Engagierten liegt bei 44 Pro-
ent; mehr als 7 000 Freiwillige haben während der drei
ahre einen Freiwilligendienst aller Generationen geleis-
t – ist die Bundesregierung nicht bereit, das Programm
angemessener Form fortzuführen. Der Bundesfreiwil-
gendienst und die Mehrgenerationenhäuser sind doch
icht dazu geeignet, die Besonderheiten des Freiwilli-
endienstes aller Generationen fortzuführen. Ich will Ih-
en gerne kurz erläutern, warum.
Die überwiegende Mehrheit der Menschen im Frei-
illigendienst aller Generationen engagiert sich zwi-
chen 8 und 16 Stunden. Eine Fortführung im Bundes-
eiwilligendienst, der mindestens 20 Wochenstunden
erlangt, ist unrealistisch und entspricht nicht den Be-
ürfnissen derer, die sich engagieren. Ebenso wenig
ann man davon ausgehen, dass Mehrgenerationenhäu-
er ein zusätzliches Angebot bereitstellen können; sie
aben häufig andere Schwerpunkte und sind räumlich
oanders angesiedelt.
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Gerade die zeitliche und örtliche Flexibilität, die
Möglichkeit der Qualifizierung, die besondere Betreu-
ungsleistung und direkte Ansprache machen den Frei-
willigendienst aller Generationen attraktiv. Besonders
engagementfernere Menschen und Ältere fühlten sich
vom Freiwilligendienst aller Generationen angespro-
chen. 64 Prozent der Freiwilligen sind älter als 50 Jahre.
Mehrgenerationenhäuser dagegen sind häufig aus-
schließlich in ihrem Stadtteil präsent und können weni-
ger aktive Ansprache und individuelle Begleitung leis-
ten; und an einen Bundesfreiwilligendienst ist der
Einzelne noch stärker gebunden.
Der Freiwilligendienst aller Generationen war ein
Programm, das endlich weniger homogen war, sondern
heterogen auch Nischen zulässt und besetzt hat. Im An-
schluss an bereits bestehende lokale Projekte konnten
viele Organisationen das Programm für sich nutzen. Mo-
bile Teams leisteten direkte Beratung vor Ort, die sehr
wirkungsvoll war. Dadurch hatte das Programm beson-
dere Multiplikatorwirkung, und es entwickelte sich En-
gagementbewusstsein und -kultur, so die zahlreichen
Rückmeldungen aus der Praxis.
Wenn der Freiwilligendienst aller Generationen endet
bzw. der Bundesfreiwilligendienst durch sehr starre Pro-
gramme fortgeführt werden soll, dann können weder zi-
vilgesellschaftliche Organisationen noch engagementbe-
reite Menschen davon wirklich profitieren.
Mir ist unverständlich, wie die Bundesregierung an-
gesichts des Programmendes den Erfolg des Freiwilli-
gendienstes aller Generationen feiert, wie vergangene
Woche in Erfurt. Mir ist ebenso unverständlich, warum
die Bundesregierung in öffentlichkeitswirksamen Kon-
gressen und Konferenzen über Altersbilder sich bemüht
zeigt, ältere Menschen zu integrieren und zu aktivieren
und gleichzeitig Chancen, Ältere erfolgreich an Engage-
ment heranzuführen, nicht ergreift.
Wir finden den Antrag der SPD absolut unterstützens-
wert! Wir finden es richtig, eine passgenauere Unterstüt-
zung für ältere bürgerschaftlich engagierte Menschen zu
fordern und das Trägerprinzip vor die staatliche Organi-
sation von Freiwilligendiensten zu stellen.
Wir schließen uns der Forderung nach der Vorlage ei-
nes Freiwilligendienstestatusgesetzes ausdrücklich an.
Die vielen verschiedenen Freiwilligendienste und -pro-
gramme brauchen eine gemeinsame Basis. Seit die Bun-
desregierung 2009 in ihrem Koalitionsvertrag ein Frei-
willigendienstestatusgesetz angekündigt hat, warten wir
auf dessen Vorlage. Aber auch hier wurde wie in vielen
anderen Politikfeldern nicht geliefert.
149. Sitzung
Inhaltsverzeichnis
TOP 3 Regierungserklärung zur Perspektive für Afghanistan
TOP 4 Rente ab 67
TOP 33, ZP 3 Überweisungen im vereinfachten Verfahren
TOP 34, ZP 4 Abschließende Beratungen ohne Aussprache
ZP 5 Vermittlungsausschuss Bundeskinderschutzgesetz
ZP 6 Aktuelle Stunde zur Demokratiebewegung inRussland
TOP 5 Außergerichtliche Konfliktbewältigung
TOP 6 Geschlechtergerechtigkeit in der Wissenschaft
TOP 7 Verbraucherschutz im Internet
TOP 8 Bürokratie im Bildungs- und Teilhabepaket
TOP 11 Fachkräftegewinnung im Bund
TOP 10 Folgen von Kassenschließungen
TOP 9 Bedingungen in griechischen Flüchtlingslagern
TOP 12 Menschenrechtliche Aspekte bei Exportgarantien
ZP 7 u. 8 Mitwirkungsrechte in EU-Angelegenheiten
TOP 14 Bundeswehr aus Afghanistan abziehen
TOP 13 UNESCO-Übereinkommen zum Kulturerbe
TOP 16 Streichung des Doktorgrads aus Ausweisen
TOP 17 EU-Verordnung zur Bürgerinitiative
TOP 18 Vertragsgesetz zurWahl-Zugewinngemeinschaft
TOP 19 Freiwilligendienste ohne Altersgrenzen
TOP 20 Luftverkehrsgesetz
TOP 21 Duisburger Hafen
TOP 22 Aufbewahrungsfrist von DDR-Lohnunterlagen
TOP 23 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz
TOP 24 Südkaukasus
TOP 25 Qualität von Integrationskursen
TOP 26 Rettung einheimischer Rebsorten
TOP 27 Pestizidwirkstoff Glyphosat
Anlagen