Rede von
Veronika
Bellmann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen
und Kollegen! Zweifelsohne leben wir in einer politi-
schen Zeitenwende. Europa steht nicht an einem Schei-
deweg, sondern Europa steht an einem Entscheideweg:
Ja zu mehr Europa oder Ja zu weniger Europa? Kollege
Schockenhoff hat diese Frage für die CDU/CSU-Frak-
tion schon beantwortet: Ja zu mehr Europa.
Haushalterisch bzw. vom Einsatz der Finanzmittel her
gesehen war die Finanz- und Wirtschaftskrise wohl eine
Art Jahrhunderthochwasser. Die Bewältigung der Staats-
schuldenkrise kommt einem Tsunami gleich. Einige kri-
tische Vorhersagen von Sachverständigen vor Einfüh-
rung des Euro sind jetzt eingetreten. Auch derzeit gibt es
wieder Sachverständige und Experten, die Entwick-
lungsszenarien aufzeigen und alternative Handlungsan-
sätze zu den von den Euro-Staaten installierten Ret-
tungsschirmen vortragen. Die Vorschläge reichen von
einer neuen europäischen Verfassung, also vom Staaten-
bund zum Bundesstaat, über ein Kerneuropa, also Auf-
spaltung in einen Nord- und in einen Süd-Euro, bis zu ei-
nem Schuldenschnitt und einem Austritt aus der
Währungsunion.
Manchen Experten scheinen die Gipfelbeschlüsse
zwar realpolitisch sinnvoll, aber ökonomisch manchmal
zweifelhaft, Beispiel Griechenland-Paket. Mit einem er-
weiterten EFSF sollen Staatsdefizite finanziert und Zeit
für Strukturreformen gekauft werden. Wurde diese Zeit
bisher genutzt? Wurde tatsächlich gerettet? So lautet
auch das Fazit eines Ökonomen des Bundesverbandes
der mittelständischen Wirtschaft: Sicher ist nur, dass
volkswirtschaftliche Realitäten langfristig immer stärker
sind als realpolitisches Wunschdenken. – Diese Diskre-
panz, die es zwischen diesen beiden Punkten immer wie-
der gibt, hat den Akzeptanzschwund und den Vertrau-
ensverlust der Bürger gegenüber Europa verstärkt.
Vorbei ist die Euphorie über ein freizügiges Europa, über
Reisen ohne Grenzkontrollen.
Zu selbstverständlich ist auch der Frieden geworden,
der Gott sei Dank schon 60 Jahre in Europa herrscht.
Angesichts der Zukunftsängste spielt das bei den Bür-
gern leider keine große Rolle mehr. So manche Richt-
linie aus der Europäischen Union und so manche Stan-
dards – wir können die Stichpunkte ja nennen:
Glühbirnenverbot oder Krümmungsgrad der Gurke; Sie
alle wissen, dass es viele ähnliche Dinge gibt – haben die
Bürger als Schikane der europäischen Bürokratie emp-
funden. Der Umgang mit der Staatsschuldenkrise kommt
bei vielen noch hinzu. Dabei ist europäische Integration
nicht auf Gedeih und Verderb mit einer Währungsunion
verbunden, wie erfolgreiche europäische Länder ohne
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enn diese nehmen den letzten wirtschaftlichen Anreiz
r solides Haushalten. Ich möchte auch erst dann eine
irtschafts-, Währungs-, Fiskal- und Sozialunion und
as damit verbundene Abtreten nationaler Souveränitäts-
chte, wenn sich die EU durch das Einhalten ihrer eige-
en Verträge und Vereinbarungen dafür würdig erwiesen
at. Diesen Beweis ist die Gemeinschaft bisher noch
chuldig geblieben.
Deshalb ist es richtig, einen kritischen Blick auf die
uropäische Union zu behalten, die starke Mitwirkung
es Deutschen Bundestages – auch ohne ein Urteil des
undesverfassungsgerichts, das übrigens soeben alle
lagen und Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen
at – bei allen europäischen Entscheidungen einzufor-
ern und realpolitische Entscheidungen zu treffen, die in
erantwortung für künftige Generationen ökonomisch
ernünftig und vertretbar sind. Es gibt immer einen An-
ng für das Bessere. Um mit Wolfgang Schäuble zu
prechen: Europa muss man richtig machen.
Danke.