Rede:
ID1710814800

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 10
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Kollege: 1
    6. Oliver: 1
    7. Krischer: 1
    8. fürBündnis: 1
    9. 90/Die: 1
    10. Grünen.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/108 Kontrollgremiums gemäß Artikel 45 d des Grundgesetzes (Drucksache 17/5754) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 1: Vereinbarte Debatte: zum Hilfsantrag Portu- gals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) . . . . . . . . Oliver Luksic (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Rolf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Breil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothee Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dirk Becker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 12288 B 12288 D 12293 B 12289 A 12289 A 12291 B 12293 C 12308 A 12309 A 12310 D 12312 C 12313 B 12314 B 12315 C 12317 B 12319 C 12321 A 12322 A Deutscher B Stenografisc 108. Si Berlin, Donnerstag I n h a Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Gabriele Lösekrug-Möller, Heinz Paula und Dr. Ilja Seifert . . . . . . . . . . . . . . . Wahl der Abgeordneten Christine Lambrecht als ordentliches Mitglied im Ge- meinsamen Ausschuss und im Vermitt- lungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 18 und 26 Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . Tagesordnungspunkt 3: Wahl eines Mitglieds des Parlamentarischen 12287 A 12287 B 12287 B 12288 B 12288 B Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12295 A 12297 D undestag her Bericht tzung , den 12. Mai 2011 l t : Norbert Barthle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Michael Meister (CDU/CSU) . . . . . . . . . Michael Stübgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Ingrid Nestle, Hans- Josef Fell, Dr. Anton Hofreiter, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Modernisierung der Strom- netze – Bürgernah, zügig, für erneuerbare Energien (Drucksache 17/5762) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12299 C 12301 A 12302 C 12304 A 12305 A 12306 C 12308 A Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 12324 A 12325 C II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 Zusatztagesordnungspunkt 2: Eidesleistung des Bundesministers für Ge- sundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Präsident Dr. Norbert Lammert . . . . . . . . . . . Daniel Bahr, Bundesminister BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 29: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Infektionsschutz- gesetzes und weiterer Gesetze (Drucksache 17/5708) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Zehn- ten Gesetzes zur Änderung des Bundes- Immissionsschutzgesetzes – Privilegie- rung des von Kindertageseinrichtun- gen und Kinderspielplätzen ausgehen- den Kinderlärms (Drucksache 17/5709) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Vorschlag der Europäischen Kommission vom 14. Dezember 2010 für einen Beschluss des Rates zur Fest- legung eines Standpunkts der Union im Stabilitäts- und Assoziationsrat EU-ehe- malige jugoslawische Republik Maze- donien im Hinblick auf die Beteiligung der ehemaligen jugoslawischen Repu- blik Mazedonien im Rahmen von Arti- kel 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 168/2007 des Rates als Beobachter an den Arbeiten der Agentur der Euro- päischen Union für Grundrechte und die entsprechenden Modalitäten ein- schließlich Bestimmungen über die Mit- wirkung an den von der Agentur einge- leiteten Initiativen, über finanzielle Beiträge und Personal (Drucksache 17/5710) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Günter Gloser, Dietmar Nietan, Johannes Pflug, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Für eine wirkungsvolle interparlamen- tarische Begleitung der Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik im Geiste des Vertrages von Lissabon (Drucksache 17/5389) . . . . . . . . . . . . . . . . e) Antrag der Abgeordneten Anton Schaaf, Gabriele Hiller-Ohm, Josip Juratovic, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: DDR-Altübersiedler und -Flücht- linge vor Rentenminderungen schützen – Gesetzliche Regelung im SGB VI veran- kern (Drucksache 17/5516) . . . . . . . . . . . . . . . . 12327 A 12327 A 12327 A 12327 C 12327 C 12327 D 12328 A 12328 A f) Unterrichtung durch die deutsche Delega- tion in der Parlamentarischen Versamm- lung der OSZE: 19. Jahrestagung der Parlamentarischen Versammlung der OSZE vom 6. bis 10. Juli 2010 in Oslo, Norwegen (Drucksache 17/4453) . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 3: a) Antrag der Abgeordneten René Röspel, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans- Peter Bartels, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Kampf gegen wis- senschaftliches Fehlverhalten aufneh- men – Verantwortung des Bundes für den Ruf des Forschungsstandortes Deutschland wahrnehmen (Drucksache 17/5758) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Kriterien und Anforderungen für eine parlamentarische Beteiligung an der Gemeinsamen Außen- und Sicher- heitspolitik der EU (Drucksache 17/5771) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 30: a) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 1. Dezember 2009 zwi- schen der Bundesrepublik Deutschland und der Islamischen Republik Pakistan über die Förderung und den gegenseiti- gen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 17/5264, 17/5564) . . . . . . . b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung gewerbe- rechtlicher Vorschriften (Drucksachen 17/5312, 17/5795) . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Regelungen (Drucksache 17/5707) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin Dörmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 12328 A 12328 B 12328 B 12328 C 12328 D 12329 A 12329 B 12330 A 12331 D 12333 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 III Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Martin Dörmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) . . . . . . . . . . . Dr. Erik Schweickert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Johanna Voß (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Bernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: Große Anfrage der Abgeordneten Ute Kumpf, Sönke Rix, Petra Crone, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD: Engagement- politik im Dialog mit der Bürgergesell- schaft (Drucksachen 17/3712, 17/5135) . . . . . . . . . . Markus Grübel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Ute Kumpf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heinz Golombeck (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Harald Koch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Riegert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Sönke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Bernschneider (FDP) . . . . . . . . . . . . . Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Demonstration und Anwendung von Technologien zur Abscheidung, zum Transport und zur dauerhaften Speicherung von Kohlendioxid (Drucksache 17/5750) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Katrin Kunert, Wolfgang Nešković, weiteren Abgeordne- ten und der Fraktion DIE LINKE einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zum Verbot der Speicherung von Kohlendi- oxid in den Untergrund des Hoheitsge- bietes der Bundesrepublik Deutschland (CO2-Speicher-Verbotsgesetz – CSpVG) (Drucksache 17/5232) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Jens Koeppen, Marie-Luise Dött, Peter Altmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Horst Meierhofer, Michael Kauch, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und 12334 B 12335 C 12336 C 12337 C 12338 D 12339 D 12340 C 12341 D 12341 D 12343 C 12345 C 12346 C 12347 D 12349 B 12350 C 12351 D 12352 D 12353 D 12354 A der Fraktion der FDP: Umfassende Da- tenbasis für Nutzungsmöglichkeiten des Untergrunds schaffen (Drucksache 17/3056) . . . . . . . . . . . . . . . Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Becker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Becker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Koeppen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Breil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . Tagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Raju Sharma, Jan Korte, Sevim Dağdelen, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Grund- rechte der Beschäftigten von Kirchen und kirchlichen Einrichtungen stärken (Drucksache 17/5523) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Raju Sharma (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . Ottmar Schreiner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Raju Sharma (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Bildung, Forschung und Tech- nikfolgenabschätzung – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Stefan Kaufmann, Dr. Heinz Riesenhuber, Albert Rupprecht (Weiden), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Martin Neumann (Lausitz), Patrick Meinhardt, Dr. Peter Röhlinger, weiterer 12354 A 12354 B 12355 C 12357 A 12358 A 12359 A 12359 A 12359 C 12360 B 12361 C 12362 C 12362 D 12363 D 12364 B 12364 D 12365 C 12365 D 12367 A 12368 B 12368 D 12370 C 12371 C 12372 B IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Gestaltung der zukünftigen europäi- schen Forschungsförderung der EU (2014–2020) – zu dem Antrag der Abgeordneten René Röspel, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Krista Sager, Sylvia Kotting-Uhl, Birgitt Bender, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Stärkung des Europäi- schen Forschungsraums – Die Vorberei- tung für das 8. Forschungsrahmenpro- gramm in die richtigen Bahnen lenken – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Agnes Alpers, Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Europäische For- schungsförderung in den Dienst der so- zialen und ökologischen Erneuerung stellen (Drucksachen 17/5492, 17/5449, 17/5386, 17/5802) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . Michael Gerdes (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinz Riesenhuber (CDU/CSU) . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: a) Antrag der Abgeordneten Frank Schwabe, Dirk Becker, Gerd Bollmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Nach Cancún – Europäische Union muss ihr Klimaschutzziel anheben (Drucksache 17/5231) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Vor Cancún – Mit Glaubwürdigkeit zu einem globalen Klimaschutzab- kommen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Ott, Bärbel Höhn, Thilo Hoppe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Internationaler Klimaschutz vor Cancún – Mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten zum Ziel 12373 C 12373 C 12374 D 12376 C 12377 C 12378 D 12380 A 12381 B 12382 B 12384 B – zu dem Antrag der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Dr. Barbara Höll, Ralph Lenkert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: EU- Klimaschutzziel erhöhen (Drucksachen 17/3998, 17/4016, 17/4529, 17/5402) c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Ab- geordneten Dr. Hermann Ott, Bärbel Höhn, Hans-Josef Fell, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Europäisches Klimaschutz- ziel für 2020 anheben (Drucksachen 17/2485, 17/4069) . . . . . . . Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Jung (Konstanz) (CDU/CSU) . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Josef Göppel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: Unterrichtung durch den Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung: Europäi- sche Nachhaltigkeitsstrategie (Drucksache 17/5295) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tankred Schipanski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Franz Müntefering (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Jung (Konstanz) (CDU/CSU) . . . . . Tagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Caren Marks, Petra Crone, Christel Humme, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD: Neuen „Krip- pengipfel“ einberufen – Ausbau der früh- kindlichen Bildung und Betreuung voranbringen (Drucksache 17/5518) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Caren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU) . . Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Caren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stefan Schwartze (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 12384 C 12384 D 12384 D 12386 B 12387 C 12388 C 12389 C 12390 C 12390 D 12391 D 12393 B 12394 B 12395 A 12396 A 12396 A 12397 D 12399 C 12400 C 12401 C 12401 D 12402 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 V Tagesordnungspunkt 12: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Arbeit- nehmerüberlassungsgesetzes und des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (Drucksache 17/5761) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Ilja Seifert, Kathrin Senger-Schäfer, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Anti-D-Hilfegesetzes (Drucksache 17/5521) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Karin Maag (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Steffen-Claudio Lemme (SPD) . . . . . . . . . . . Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 4: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bun- desversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften (Drucksachen 17/5311, 17/5793) . . . . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/5796) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Birgitt Bender, Kai Gehring, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Rehabilitierung und Entschädi- gung der nach 1945 in Deutschland wegen homosexueller Handlungen Verurteilten (Drucksache 17/4042) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12403 D 12403 D 12405 A 12407 A 12407 D 12408 B 12408 D 12409 C 12411 A 12411 B 12412 A 12413 D 12415 A 12415 D 12415 D 12416 A Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Zu dem Vorschlag für eine Verord- nung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der technischen Vorschriften für Überweisungen und Last- schriften in Euro und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 924/2009 vom 16. De- zember 2010 – KOM(2010) 775 endg. Europäischen Zahlungsverkehr bürger- freundlich gestalten (Drucksache 17/5768) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2009/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 zur Verein- fachung der Bedingungen für die innerge- meinschaftliche Verbringung von Verteidi- gungsgütern (Drucksachen 17/5262, 17/5794) . . . . . . . . . . Erich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . Rolf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP) . . . . . . . . Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 19: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem An- trag der Abgeordneten Dr. Marlies Volkmer, Karin Roth (Esslingen), Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Gesundheit ist ein globales öffentliches Gut – Rolle der Weltgesundheitsorganisation WHO in der „Global Health Governance“ stär- ken (Drucksachen 17/5486, 17/5800) . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für wirtschaftliche Zusammen- arbeit und Entwicklung zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Dr. Harald Terpe, Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: „Global Health Governance“ stärken – Gesundheitsver- sorgung in Entwicklungs- und Schwel- lenländern voranbringen (Drucksachen 17/3437, 17/5801) . . . . . . . in Verbindung mit 12416 B 12416 C 12416 D 12417 D 12418 D 12419 C 12420 A 12421 A 12421 A VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Sylvia Kotting-Uhl, Dr. Harald Terpe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Vertrag zwischen IAEO und WHO vom Mai 1959 kündigen – Für eine unabhängige und effektive WHO (Drucksache 17/5769) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Erika Steinbach, Arnold Vaatz, Ute Granold, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/CSU so- wie der Abgeordneten Marina Schuster, Pascal Kober, Serkan Tören, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Situation der Sinti und Roma in Europa verbessern (Drucksache 17/5767) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Angelika Graf (Rosenheim) (SPD) . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 20: Antrag der Abgeordneten Roland Claus, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Staatsminister für Ostdeutschland bestellen (Drucksache 17/5522) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Behrens (Börde) (CDU/CSU) . . . . . Dagmar Ziegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: a) Antrag der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Stephan Kühn, Dr. Anton Hofreiter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Neue Netzstruktur für Wasserstraßen präzisieren und die Wasser- und Schiff- fahrtsverwaltung reformieren (Drucksache 17/5056) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Herbert Behrens, Eva Bulling-Schröter, Roland Claus, weiterer Abgeordneter und der 12421 B 12421 C 12421 D 12422 D 12423 D 12424 C 12425 B 12426 B 12426 C 12427 C 12428 A 12429 B 12430 A 12430 C Fraktion DIE LINKE: Kein Personalab- bau bei der Wasser- und Schifffahrts- verwaltung – Aufgaben an ökologischer Flusspolitik ausrichten (Drucksache 17/5548) . . . . . . . . . . . . . . . Matthias Lietz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Hans-Werner Kammer (CDU/CSU) . . . . . . . . Gustav Herzog (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Torsten Staffeldt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: Antrag der Abgeordneten Katrin Werner, Annette Groth, Jan van Aken, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Vom Anspruch zur Wirklichkeit: Menschen- rechte in Deutschland schützen, respektie- ren und gewährleisten (Drucksache 17/5390) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Serkan Tören (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katrin Werner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch, Birgitt Bender, Ulrike Höfken, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Einsatz von Nanosilber in ver- brauchernahen Produkten zum Schutz von Mensch und Umwelt stoppen (Drucksache 17/3689) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) . . . . . . . . . . Dr. Lutz Knopek (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 12430 D 12431 A 12431 D 12432 D 12434 A 12434 D 12435 D 12436 D 12437 A 12437 A 12438 D 12439 A 12440 A 12441 B 12441 C 12442 A 12443 A 12444 C 12445 C 12446 B 12447 C 12449 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 VII Anlage 2 Namensverzeichnis der Mitglieder des Deut- schen Bundestages, die an der Wahl der Mit- glieder des Parlamentarischen Kontrollgre- miums gemäß Art. 45 d des Grundgesetzes teilgenommen haben (Tagesordnungspunkt 3) Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Veronika Bellmann (CDU/CSU) zur Abstim- mung über den Entschließungsantrag zu der vereinbarten Debatte zum Hilfsantrag Portu- gals (Zusatztagesordnungspunkt 1) . . . . . . . . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Alexander Funk, Dr. Peter Gauweiler, Manfred Kolbe, Klaus-Peter Willsch und Christian Hirte (alle CDU/CSU) zur Abstim- mung über den Entschließungsantrag zu der vereinbarten Debatte zum Hilfsantrag Portu- gals (Zusatztagesordnungspunkt 1) . . . . . . . . Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Frank Schäffler, Jens Ackermann und Dr. h. c. Jürgen Koppelin (alle FDP) zur Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der verein- barten Debatte zum Hilfsantrag Portugals (Zusatztagesordnungspunkt 1) . . . . . . . . . . . . Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Unterrichtung: Europäische Nachhaltigkeits- strategie (Tagesordnungspunkt 10) Johannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP) . . . . . . Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung: – Antrag: Nach Cancún – Europäische Union muss ihr Klimaschutzziel anheben – Beschlussempfehlung und Bericht: – Antrag: Vor Cancún – Mit Glaubwür- digkeit zu einem globalen Klima- schutzabkommen – Antrag: Internationaler Klimaschutz vor Cancún – Mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten zum Ziel – Antrag: EU-Klimaschutzziel erhöhen 12450 A 12452 A 12453 B 12454 A 12454 C – Beschlussempfehlung und Bericht: Euro- päisches Klimaschutzziel für 2020 anhe- ben (Tagesordnungspunkt 11 a bis c) Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (Tages- ordnungspunkt 12) Gabriele Molitor (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Neuen „Krippengipfel“ einberufen – Ausbau der frühkindlichen Bildung und Betreu- ung voranbringen (Tagesordnungspunkt 13) Miriam Gruß (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Anti-D-Hilfegesetzes (Tagesordnungspunkt 15) Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) . . . . . . Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Rehabilitierung und Entschädi- gung der nach 1945 in Deutschland wegen homosexueller Handlungen Verurteilten (Ta- gesordnungspunkt 17) Ansgar Heveling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Beschlussempfehlung und Bericht: Ge- sundheit ist eine globales öffentliches Gut – Rolle der Weltgesundheitsorganisation WHO in der „Global Health Governance“ stärken 12456 A 12456 D 12458 A 12458 D 12459 C 12460 A 12460 C 12461 D 12462 B VIII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 – Beschlussempfehlung und Bericht: „Glo- bal Health Governance“ stärken – Ge- sundheitsversorgung in Entwicklungs- und Schwellenländern voranbringen – Antrag: Vertrag zwischen IAEO und WHO vom Mai 1959 kündigen – Für eine unabhängige und effektive WHO (Tagesordnungspunkt 19 a und b, Zusatzta- gesordnungspunkt 6) Stephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Sabine Weiss (Wesel I) (CDU/CSU) . . . . . . . . Dr. Marlies Volkmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Karin Roth (Esslingen) (SPD) . . . . . . . . . . . . Helga Daub (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften (Zusatztagesordnungspunkt 4) Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD) . . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Tempel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 14 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: zu dem Vorschlag für eine Ver- ordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der technischen Vor- schriften für Überweisungen und Lastschrif- ten in Euro und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 924/2009 vom 16. Dezember 2010 – KOM (2010) 775 endg. Europäischen Zahlungsverkehr bürgerfreund- lich gestalten (Zusatztagesordnungspunkt 5) Peter Aumer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Harald Koch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 12463 A 12464 B 12465 C 12466 A 12466 C 12467 B 12468 A 12469 D 12470 B 12471 A 12471 C 12472 C 12473 D 12474 D 12475 D 12476 C Frank Heinrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 12469 B Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12477 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 12287 (A) (C) (D)(B) 108. Si Berlin, Donnerstag Beginn: 9
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 12449 (A) (C) (D)(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Ahrendt, Christian FDP 12.05.2011 Kekeritz, Uwe BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.05.2011 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bögel, Claudia FDP 12.05.2011 Bonde, Alexander BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.05.2011 Bosbach, Wolfgang CDU/CSU 12.05.2011 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 12.05.2011 Dr. Danckert, Peter SPD 12.05.2011 Dött, Marie-Luise CDU/CSU 12.05.2011 Ernst, Klaus DIE LINKE 12.05.2011 Friedhoff, Paul K. FDP 12.05.2011 Dr. Friedrich, (Hof) Hans-Peter CDU/CSU 12.05.2011 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 12.05.2011 Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 12.05.2011 Gutting, Olav CDU/CSU 12.05.2011 Hardt, Jürgen CDU/CSU 12.05.2011 Hermann, Winfried BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.05.2011 Dr. Höll, Barbara DIE LINKE 12.05.2011 Klimke, Jürgen CDU/CSU 12.05.2011 Korte, Jan DIE LINKE 12.05.2011 Koschyk, Hartmut CDU/CSU 12.05.2011 Kramme, Anette SPD 12.05.2011 Leutert, Michael DIE LINKE 12.05.2011 Ludwig, Daniela CDU/CSU 12.05.2011 Dr. Luther, Michael CDU/CSU 12.05.2011 Dr. Miersch, Matthias SPD 12.05.2011 Pau, Petra DIE LINKE 12.05.2011 Ploetz, Yvonne DIE LINKE 12.05.2011 Schlecht, Michael DIE LINKE 12.05.2011 Schnurr, Christoph FDP 12.05.2011 Senger-Schäfer, Kathrin DIE LINKE 12.05.2011 Vogler, Kathrin DIE LINKE 12.05.2011 Werner, Katrin DIE LINKE 12.05.2011 Wieczorek-Zeul, Heidemarie SPD 12.05.2011 12450 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 (A) (C) (D)(B) Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Anlage 2 der Mitglieder des Deuts Kontrollgremiums gemä CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Michael Frieser Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Peter Gauweiler Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Namensve chen Bundestages, die an de ß Art. 45 d des Grundgesetze Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Peter Hintze Christian Hirte Robert Hochbaum Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Joachim Hörster Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Manfred Kolbe Dr. Rolf Koschorrek Thomas Kossendey Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers rzeichnis r Wahl der Mitglieder des Pa s teilgenommen haben (Tage Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Bernd Neumann (Bremen) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Wolfgang Schäuble rlamentarischen sordnungspunkt 3) Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 12451 (A) (C) (D)(B) Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Marco Bülow Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Ingo Egloff Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Lars Klingbeil Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Ullrich Meßmer Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Andrea Nahles Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Mechthild Rawert Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Marianne Schieder (Schwandorf) Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Uta Zapf Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries FDP Jens Ackermann Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Ernst Burgbacher Marco Buschmann Sylvia Canel Helga Daub Reiner Deutschmann Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Dr. Edmund Peter Geisen Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Werner Simmling Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Dr. Daniel Volk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) DIE LINKE Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Nicole Gohlke Annette Groth Dr. Gregor Gysi Inge Höger Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Ulla Lötzer Thomas Lutze Ulrich Maurer Dorothee Menzner Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Jens Petermann Richard Pitterle Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Raju Sharma Dr. Petra Sitte 12452 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 (A) (C) (D)(B) – Anteil Deutschlands 147 Milliarden Euro inklusive zu- sätzlicher Garantieermächtigungen –, die bereits wenige Tage nach dem Griechenlandpaket beschlossen wurden, Quelle der Hilfeleistung wenig Stringenz zu erkennen ist, wie soll es dann erst bei der Durchsetzung der belas- habe ich nicht zugestimmt, wegen schwerer rechtlicher ken enthalten. Wenn also der temporare nes Erachtens gegen geltende gilt das logischerweise auch Leistungen. Insofern bestim stimmungsverhalten aus dem vorherigen Gesetzen zum Eu Die Vorstellung, die prekä zelner Mitgliedstaaten der Eu liardengarantien und Kredite der Euro gestärkt werden, ha das Portugal-Hilfspaket wird finanzen nicht sanieren, sond Selbst die kurzfristige Ab tions- und Nervositätsdynam sondern mich der Stimme und ökonomischer Beden- Euro-Rettungsschirm mei- s EU-Recht verstößt, dann für alle daraus finanzierten mt sich mein jetziges Ab- Abstimmungsverhalten zu ro-Stabilitätsmechanismus. re finanzielle Situation ein- ro-Gruppe könne mit Mil- n abgewendet und dadurch lte ich für illusorisch. Auch die portugiesischen Staats- ern vielmehr schwächen. schwächung der Spekula- ik an den Finanzmärkten tenden Auflagen werden? Ei ten Reformkurses – dessen E nes Erachtens allesamt nicht auf Konsolidierung und W richtet, sondern lediglich po „Herunterschrumpfungsmaßn vorprogrammiert. Die bereit konzessionen und Streckung wohin die Reise gehen wird Nachforderungen in Griech dass die strikte Konditiona Schritt für Schritt verschwin Salbe, um die nationalen Parl zur Zustimmung für Hilfsp wird die Währungsunion ab union, und zwar nur, weil m gliedstaaten eine Umschuld cut für die Gläubiger mit alle Dabei ist das die einzig vernü n Aufweichen des verlang- inzelmaßnahmen sind mei- dual, also nicht gleichzeitig ettbewerbsfähigkeit ausge- litisch kaum durchsetzbare ahmen“ – ist schon jetzt s jetzt eingeräumten Zins- der Konsolidierung zeigt, . Nachverhandlungen und enland und Irland zeigen, lität der Hilfsprogramme den wird. Sie ist nur weiße amente der Mitgliedstaaten akete zu bewegen. Damit er endgültig zur Transfer- anche Regierung der Mit- ung/Restrukturierung/Hair- r Macht verhindern wollen. nftige Lösung und im Übri- Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Johanna Voß Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Harald Weinberg Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Viola von Cramon-Taubadel Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Anna Klein-Schmeink Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Veronika Bellmann (CDU/ CSU) zur Abstimmung über den Entschlie- ßungsantrag zu der vereinbarten Debatte zum Hilfsantrag Portugals (Zusatztagesordnungs- punkt 1) Ich kann dem vorliegenden Antrag nicht zustimmen. Den Griechenlandhilfen – Finanz- und Garantieum- fang für Deutschland 22 Milliarden Euro zuzüglich Zins- risiken – habe ich am 7. Mai 2010 nur zugestimmt, weil die Zeit für die Erarbeitung einer in den EU-Verträgen fehlenden Rechtsgrundlage für ein geordnetes Restruk- turierungsverfahren/Regeln für Staatsinsolvenzen an- geblich gefehlt hat. Den Stabilisierungs- und Gewährleistungsgesetzen Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Monika Lazar Nicole Maisch Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Ingrid Nestle Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Dr. Hermann Ott Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Krista Sager Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass durch eine der- artige Ad-hoc-Politik langfristig mehr Vertrauen zerstört und keine echte Stabilisierung erzielt werden kann. Die Inanspruchnahme des Rettungsschirms durch Portugal ist ein weiterer Schritt von der Stabilitätsgemeinschaft der Euro-Zone hin zu einer Schulden-, Haftungs- und Transfergemeinschaft. Das ist ein weiterer Grund, dass sich an den Märkten auf Dauer kaum Vertrauen herstel- len lassen wird. Wenig vertrauenerweckend ist außerdem, dass es zu- mindest für die erste Tranche der Zahlungen aus dem Rettungsschirm keinen eindeutigen Adressaten gibt. Wenn es den Portugiesen wirklich ernst wäre, dann wür- den sie schon heute zusichern, dass unmittelbar nach der Wahl das neue Parlament/die neue Regierung in Sonder- sitzungen das Auflagenprogramm beschließt. Bisher gibt es aber nur recht vage Ankündigungen der verschiede- nen Parteien. Wenn also schon zur begünstigenden Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 12453 (A) (C) (D)(B) gen eine weit weniger die Währungsstabilität gefähr- dende Angelegenheit als ein Austritt von Staaten aus dem Euro-Raum. Er würde die Marktdisziplin der Euro- Staaten stärken, einen Neustart ermöglichen und der EU eine Transferunion weitestgehend ersparen. Insofern ist das, was wir mit dem Rettungsschirm und den Hilfspa- keten für einzelne Mitgliedstaaten machen, Insolvenz- verschleppung, an der ich mich nicht beteiligen möchte. Deshalb kann ich auch getrost bei meiner Überzeu- gung bleiben, die ich bereits im Zuge der Verabschie- dung des Griechenlandpakets geäußert habe, dass die privaten Gläubiger viel zu wenig am Rettungspaket be- teiligt wurden. Auch mit der heutigen Entscheidung hilft Deutsch- land seinen Konkurrenten am Kapitalmarkt, der die Hauptlast der Gewährleistung zu tragen hat, sich wieder billiger zu verschulden. Die europäische Schuldenblase wird weiter aufgeblasen. Der temporäre Rettungsschirm, alle Maßnahmen da- raus, sowie der permanente Rettungsschirm in der vor- liegenden Form sind die falsche Antwort auf die Krise, die keine des Euro ist, sondern eine Schulden- und Strukturkrise mancher Euro-Staaten. Es gibt Alternati- ven zu diesen angeblich „alternativlosen“ Notstands- maßnahmen; darin sehe ich mich mit an die 200 namhaf- ten Wissenschaftlern einig. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Alexander Funk, Dr. Peter Gauweiler, Manfred Kolbe, Klaus-Peter Willsch und Christian Hirte (alle CDU/CSU) zur Ab- stimmung über den Entschließungsantrag zu der vereinbarten Debatte zum Hilfsantrag Portugals (Zusatztagesordnungspunkt 1) Mit der Zustimmung zu Kreditbürgschaften für Portu- gal in Höhe von 78 Milliarden Euro setzt die Bundesre- gierung ihren nach unserer festen Überzeugung falschen Weg des Umgangs mit der europäischen Staatsschulden- krise fort. In der logischen Konsequenz unserer Ablehnung der Bürgschaften für Griechenland und Irland, aber auch des EFSF insgesamt, und unserer massiven Bedenken gegen die Einrichtung eines dauerhaften Schuldentransferme- chanismus lehnen wir den Antrag der Bundesregierung hiermit ab. Die formaljuristischen und insbesondere makroökono- mischen Kritikpunkte, die vom Gros der deutschen Volks- wirtschaftslehre geteilt werden – angefangen von der Aus- hebelung des Bail-out-Verbotes bis hin zur Aussetzung markteigener Sanktionsmechanismen (steigende Zins- spreads, CDS-Anstieg) –, haben wir seit der Griechen- landbürgschaft im Mai 2010 immer wieder dargelegt. Indes übertrifft die Verschlimmerung der Schulden- krise in der europäischen Peripherie und die Geschwin- digkeit mit der sich die getroffenen Maßnahmen als wei- testgehend wirkungslos erweisen, selbst unsere Erwartungen vom Mai 2010: Während wir vor der Ent- scheidung stehen, Portugal Bürgschaften zu gewähren, wird schon von neuen „Stabilisierungsmaßnahmen“ für Griechenland gesprochen. Das Beispiel Griechenland mahnt uns, unsere Verant- wortung für die Interessen des deutschen Steuerzahlers wahrzunehmen und ökonomischen Sachverstand nicht zugunsten immer neuer Beschwörungen von sogenann- ter europäischer Solidarität auszublenden. Der Optimis- mus, mit dem die Anpassungsmaßnahmen in Griechen- land bei Gewährung der Bürgschaften als aussichtsreich und realisierbar dargestellt worden sind, ist bereits ein Jahr später verflogen. Dies wird sich nach unserer Überzeugung auch in Portugal wiederholen. Wie könnte es auch anders sein? Ein weiterer Kapitaltransfer konterkariert gerade jene Konsolidierungsbemühungen und Anstrengungen zur Absenkung des Leistungsbilanzdefizits, die zu fördern er vorgibt. Die betroffenen Länder verlieren Zeit für ihre notwendige ökonomische Restrukturierung; der angebli- che Zeitgewinn erweist sich als teuer erkauft durch Bürgschaften, für die unsere Bürger in Haftung genom- men werden. Bei den Hilfsmaßnahmen für Portugal zeigt sich ein ähnlicher Optimismus in neuem Gewand: Selbst unter den – sehr günstigen – Basisdaten des vorliegenden Konzeptes wird die Schuldenquote Portugals von jetzt 93 Prozent des BIP auf 108,6 Prozent im Jahr 2013 an- steigen. Als Zielprognose für 2040 werden 75 Prozent erlaubt – immerhin noch 15 Prozentpunkte über der zu- lässigen Höchstgrenze des Stabilitätspaktes! Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen portugiesi- schen Regierungskrise und der völlig offenen Positionie- rung der portugiesischen Regierung nach den Wahlen zweifeln wir nicht nur an, dass diese Zielmarken zu einer Rückgewinnung des verlorenen Marktvertrauens und ei- ner Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit führen könnten, sondern auch, dass ihre Erreichung realistisch ist. Es mag uns Warnung für alle Verhandlungen im Zu- sammenhang mit Bürgschaftsübernahmen sein: Die por- tugiesische Regierung erläutert selbst freimütig und of- fen, welche Kürzungen und Privatisierungen bis hin zur Veräußerung der hohen Goldbestände in den Verhand- lungen vermieden werden konnten. Für uns und für unsere Verantwortung gegenüber Deutschland und seinen Bürgern macht es aber einmal mehr deutlich, dass die Bewältigung des Schuldendesas- ters der Euro-Peripherie durch Kreditbürgschaften öko- nomisch fragwürdig und haushälterisch mit hohen Risi- ken für unser Land verbunden ist. 12454 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 (A) (C) (D)(B) Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Frank Schäffler, Jens Ackermann und Dr. h. c. Jürgen Koppelin (alle FDP) zur Abstimmung über den Entschlie- ßungsantrag zu der vereinbarten Debatte zum Hilfsantrag Portugals (Zusatztagesordnungs- punkt 1) Nach denen an Griechenland und Irland soll nun ein weiterer Milliardenbetrag fließen. Die Portugiesische Republik hat einen Antrag auf finanzielle Unterstützung im Rahmen des Europäischen Finanzstabilisierungsme- chanismus gestellt. Von der angefragten Kreditsumme in Höhe 78 Milliarden Euro werden 26 Milliarden Euro durch die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität, EFSF, zur Verfügung gestellt. Die Kredite sind dabei an Auflagen geknüpft. Portugal wird einem Anpassungs- programm unterworfen, das von der EU-Kommission, dem Internationalen Währungsfonds und der EZB zu- sammen mit Portugal erstellt worden ist. Portugal soll seinen Haushalt sanieren und das überbordende Defizit senken. Zwei Drittel des Defizitabbaus sollen aus der Verringerung von Ausgaben, ein Drittel aus Steuererhö- hungen stammen. Man hofft also, dass Portugal seine Rezession trotz gleichzeitiger Steuererhöhungen über- windet. Steuererhöhungen in einer Krise waren noch nie ein Erfolgsrezept für einen Aufschwung. Im Gegenteil verlängern sie die Rezession. Die Wahrscheinlichkeit, dass Portugal auf diese Weise zeitplangerecht saniert wird, ist gering. Der neuerliche Finanzbedarf Griechen- lands belegt das. Überdies halten wir uns nicht einmal an unsere eige- nen Gesetze. § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus setzt voraus, dass die Über- nahme von Gewährleistungen nur erfolgen darf, „um die Gefährdung der Zahlungsfähigkeit des betreffenden Mit- gliedstaates des Euro-Währungsgebietes abzuwenden.“ Portugal ist überschuldet, nicht zahlungsunfähig! Portu- gal steckt nicht in einer Liquiditätskrise, sondern in einer Überschuldungskrise! Auf eine Überschuldungskrise der Staaten berufen sich fast alle namhaften Ökonomen, weil sie nur so das institutionelle Scheitern des Euro be- streiten können. Sie behaupten, statt einer Euro-Krise hätten wir eine Überschuldungskrise der Staaten, die ganz leicht in den Griff zu bekommen sei, wenn sich die Regierungen nur zu einem harten Sparprogramm durch- ringen könnten. In Wahrheit hängen Überschuldungskrise und Euro- Krise zusammen. Unter dem Regime eines Banksys- tems, das Banken ein die Einlagenhöhe übersteigendes Kreditvergabevolumen einräumt, gehen der verschwen- derische Staat und die gewinnorientierten Banken eine sich gegenseitig befruchtende Verbindung ein. Die Ge- schäftsbanken kaufen Staatsanleihen mit Mitteln, die sie sich bei der Zentralbank quasi zum Nulltarif besorgen können. Die Staaten nehmen dieses Geld von den Ban- ken gern an. Sie finanzieren damit die vielfältigen Wün- sche der Interessengruppen. Das wäre nicht möglich, wenn die Zentralbanken in Kollaboration mit den Geschäftsbanken nicht Geld aus dem Nichts schöpfen könnten. Die Schöpfung dieses Scheingelds zur Subven- tionierung Portugals wird bei uns selbstverständlich zu stärkerer Inflation führen. Die Verbraucher werden deut- lich merken, dass sie mit ihren Einkommen weniger kaufen können als zuvor. Die kalte Progression wird ihr Übriges tun. Während wir neue Rekorde bei den Steuer- einnahmen feiern, bezahlt die große Mehrheit aus der Schicht der Bezieher mittlerer Einkommen die Zeche. Die Anleihegläubiger werden auf Kosten der Steuer- zahler gerettet. Die Steuerzahler müssen bluten, während im Gegenzug die institutionellen Anleger, die auf portu- giesische Staatsanleihen gesetzt haben, verschont wer- den. Niemand soll dem Antrag zustimmen und sich spä- ter über die Steuerlast der Bürger, über ausufernde Staatsverschuldung und Inflation beklagen. Die Portu- gal-Subventionierung und ihre Konsequenzen für Staats- verschuldung und Inflation ist nur möglich durch das Teilreservesystem. Dass dieses System kein Perpetuum mobile ist, haben erst Griechenland, dann Irland und nun Portugal schmerzlich erfahren müssen. Es werden noch weitere Staaten folgen, wenn wir dem jetzt nicht Einhalt gebieten. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Unterrichtung: Europäische Nachhaltigkeitsstrategie (Tagesordnungspunkt 10) Johannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP): Seit fast zwei Wochen genießen unsere mittel- und osteuropäi- schen Nachbarn nun endlich eine entscheidende Freiheit: die Freiheit, dort in der Europäischen Union zu arbeiten, wo sie es selbst wollen – auch bei uns. Es ist kein Ruh- mesblatt für die gesamte deutsche Politik gewesen, dass wir zusammen mit Österreich die Einzigen gewesen sind, die sämtliche Möglichkeiten ausgeschöpft haben, um dies hinauszuzögern. Jetzt können endlich alle Men- schen aus den am 1. Januar 2004 beigetretenen EU-Mit- gliedstaaten auch in Deutschland nach einer Stelle su- chen, wenn sie es denn wollen. Ich möchte das noch einmal festhalten, weil es mir persönlich wichtig ist: Alle diejenigen, die Ängste geschürt und nebulös vor ei- ner Gefahr aus dem Osten gewarnt haben, sollten sich schämen. Das war unanständig! Gut, dass damit jetzt Schluss ist. Freizügigkeit ist eine der vier Grundfreihei- ten der Europäischen Union, wir sollten sie achten und uns darüber freuen, dass wir sie haben. Wir als FDP tun das vorbehaltlos. Die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit ist eine Chance und kein Grund, um Panik zu verbreiten. Wir sollten sie als solche sehen und nicht Gefahren herbeifabulieren. Es dürfen jetzt mehr Menschen selbst entscheiden, wo und wie sie ihr Leben verbringen wollen, und wir als Politi- ker sollten den Menschen diesbezüglich vertrauen, an- statt unnötige Hürden aufzubauen. Als Europapartei be- grüßt die FDP die Einigung des Kontinents, und wir Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 12455 (A) (C) (D)(B) begrüßen auch die fleißigen polnischen, tschechischen und lettischen Menschen oder woher aus der Europäi- schen Union sie auch kommen wollen, um hier zu arbei- ten. Weil das ein so wichtiges Thema ist, zitiere ich noch einmal das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsfor- schung, also das IAB, das in seiner Stellungnahme für die Anhörung wirklich eindeutig gewesen ist. Das IAB sagt klipp und klar: „Mit gravierenden negativen Aus- wirkungen auf Arbeitsmarkt und Gesamtwirtschaft ist demnach nicht zu rechnen.“ Das wusste auch jeder, der sich vorher ernsthaft mit dem Thema beschäftigt hatte. Angesichts dessen sind Ihre Panikanträge, liebe Kolle- ginnen und Kollegen von der SPD und von der Linken, nichts weiter als ein unrühmlicher Versuch, auf einer Angstwelle mitzuschwimmen, die Sie teilweise selbst zu verantworten haben. Wenn wir zum Beispiel nach Groß- britannien schauen, wo die Freizügigkeit bereits seit 2004 gilt, kann man überhaupt nicht von Arbeitsmarkt- problemen reden. Und kommen Sie mir jetzt bloß nicht mit dem Mindestlohnargument, denn für unseren nörd- lichen Nachbarn, für Dänemark, gilt genau dasselbe, und einen gesetzlichen Mindestlohn haben die nicht. Soziale Verwerfungen? Fehlanzeige! Apropos Anhörung: Die Sachverständigen waren ja ausgesprochen klar in ihren Aussagen. Leider hat die Opposition offensichtlich nicht zugehört. Sie hätten et- was lernen können über die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Das IAB geht insgesamt von einem positiven Effekt für unsere Wirtschaft aus. Die Geschichte der echten Ar- beitsmigration zeigt uns, dass Zuwanderer aus den neuen Mitgliedstaaten vor allem jung, gut ausgebildet und hochmotiviert sein dürften. Genau solche Menschen brauchen wir in Deutschland, gerade wegen des Fach- kräftemangels. Hierbei rechnet das IAB mit einer Netto- zuwanderung zwischen 100 000 und 140 000 jährlich. Das lindert den Fachkräftemangel ein bisschen, beseitigt ihn aber keinesfalls. Vor allem wird diese Zahl aber nicht unseren Arbeitsmarkt beschädigen. Abgesehen davon sind wesentliche Teile Ihrer An- träge inzwischen vollkommen überholt. Bei der Zeitar- beit hat die Bundesregierung kühlen Kopf bewiesen und vorgesorgt. Ihre Hauruckmethoden hätten allen gescha- det und keinem genützt. Dass Sie allen Ernstes die Ar- beitnehmerfreizügigkeit zum Anlass genommen haben, um Ihrem üblichen Zerstörungswahn gegenüber der Zeitarbeitsbranche freien Lauf zu lassen, ist wirklich un- angemessen. In dieser Branche sind heute fast eine Million Men- schen beschäftigt. Die Zeitarbeit hat wie keine andere Branche Menschen eine Perspektive auf dem Arbeits- markt eröffnet. Die konjunkturelle Entwicklung wird sich im Übrigen jetzt wieder abflachen. Ich vermute, dass sich die Beschäftigtenzahlen in der Branche stabili- sieren werden. Schon jetzt hören wir ja davon, dass es die Zeitarbeit schwer hat, neue Mitarbeiter zu finden. Kurzum, hier tritt genau das ein, was wir immer voraus- gesagt hatten. Und das, was Sie immer vorausgesagt hat- ten, tritt genau nicht ein. Ich bin der festen Überzeugung, dass Zeitarbeit nicht zur Abwicklung von Stammbelegschaften führen darf – das tut sie aber auch nicht. Beim Thema Equal Pay wird ja schon dort an einer Lösung gearbeitet, wo dies auch gemacht werden soll, nämlich in der Branche selbst. Auch da bin ich optimistisch, dass wir bald einen guten Kompromiss sehen werden. Ich halte dies für eine ver- nünftige und liberale Lösung. Wir waren auf die Arbeit- nehmerfreizügigkeit gut vorbereitet. Wirklich witzlos ist dann schließlich Ihre Verknüpfung der Arbeitnehmer- freizügigkeit mit der Mindestlohnfrage. Das ist einfach ein völlig herbeikonstruierter Zusammenhang. Wir ha- ben ein gut funktionierendes Tarifsystem. Das zeigt sich ja auch gerade dort, wo besonders niedrige Löhne ge- zahlt werden und auch keine höheren zu erwirtschaften sind, beispielsweise bei den Gebäudereinigern. Aber das wissen Sie ja besser als ich. Liebe Kolleginnen und Kol- legen von der SPD, ihre neueste Auftragsstudie zum Thema war ja wieder einmal eine Offenbarung. Eine neue Runde im fröhlichen Mindestlohndreisatz. Be- schäftigungseffekte lieber einmal ausgespart, wer will sich dazu schon Gedanken machen. Ich sage Ihnen: Das ist Arbeitsmarktpolitik aus der linken Mottenkiste – kommen Sie lieber mal in der Gegenwart an. Bei uns sieht man jetzt, was im Endeffekt rauskommen kann: neue Chancen, weniger Bürokratie und vernünftige Maßnahmen für den Arbeitsmarkt, da, wo sie notwendig sind. Aber: Bis zum Jahr 2025 werden uns fünf bis sechs Millionen Erwerbstätige fehlen. Schon heute suchen Fir- men händeringend nach Fachkräften, vor allem in mathe- matischen, technischen sowie naturwissenschaftlichen Berufen. Und ich sage Ihnen: Ein fehlender Ingenieur im Betrieb gefährdet weitere Arbeitsplätze. Deswegen müs- sen wir alle inländischen Potenziale ausschöpfen und bei der Steuerung der Zuwanderung besser werden. Wir brauchen mehr Zuwanderung, sonst kommen wir ein- fach in Teufels Küche. Nur wenn wir gleichzeitig im In- land wie im Ausland nach qualifizierten Fachkräften su- chen, werden wir die entsprechende Lücke schließen können. Zum Schluss möchte ich noch mal auf die Chancen der Freizügigkeit zurückkommen. Durch die Europäi- sche Union profitiert Deutschland immens. Wir können aber nicht auf der einen Seite Nutznießer sein wollen und uns auf der anderen Seite abschotten. Genau diesen Geist atmen aber Ihre Anträge, das hat für mich auch die Diskussion im Ausschuss gezeigt. Deswegen bleibt es auch dabei: Wir lehnen Ihre Anträge ab. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung: – Antrag: Nach Cancún – Europäische Union muss ihr Klimaschutzziel anheben – Beschlussempfehlung und Bericht: – Antrag: Vor Cancún – Mit Glaubwürdig- keit zu einem globalen Klimaschutzab- kommen 12456 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 (A) (C) (D)(B) – Antrag: Internationaler Klimaschutz vor Cancún – Mit unterschiedlichen Ge- schwindigkeiten zum Ziel – Antrag: EU-Klimaschutzziel erhöhen – Beschlussempfehlung und Bericht: Europäi- sches Klimaschutzziel für 2020 anheben (Tagesordnungspunkt 11 a bis c) Michael Kauch (FDP): Deutschland ist und bleibt Vorreiter beim Klimaschutz. Wir als christlich-liberale Koalition haben Klimaschutzziele beschlossen, wie sie noch keine Bundesregierung zuvor beschlossen hat: 40 Prozent unkonditioniert bis 2020, 80 bis 95 Prozent bis 2050. Das ist international vorbildlich. Dies ist auch die Grundlage für den Weg in das Zeitalter der erneuer- baren Energien. Diesen gehen wir realistisch, seriös und fachlich fundiert an. Der schnellere Ausstieg aus der Kernkraft darf nicht zu einer Aufweichung unserer Kli- maschutzziele führen. Die globale Energiewende ist bis 2050 möglich. Sie ist auch wirtschaftlich machbar, wenn wir sie richtig an- gehen. Allerdings sind bis dahin noch viele Hausaufga- ben zu machen, denn nur wenn alle an einem Strang zie- hen und ihr Möglichstes tun, wird es gelingen, neben dem Ausstieg aus der Kernkraft den Anteil an fossilen Brennstoffen zur Energiegewinnung massiv zu verrin- gern. Deutschland hat sich verpflichtet, eine 40-prozentige CO2-Minderung bis 2020 und eine Minderung um 80 bis 95 Prozent bis 2050 zu erreichen, national und einseitig, ohne internationale Zugeständnisse. Das ist ein Signal der Glaubwürdigkeit Deutschlands insbesondere gegen- über den Schwellen- und Entwicklungsländern. Aber klar ist auch: Wir brauchen im internationalen Klimaschutz Mitstreiter; denn allein national werden wir nicht die Erfolge erzielen, die wir erzielen müssen. „2 Grad“ als Perspektive werden wir nur dann schaffen, wenn wir andere Länder – die großen Emittenten dieser Welt – ins Boot holen. Deutschland allein kann nur einen Akzent setzen. Die anderen europäischen Staaten sind gefordert, ein vergleichbares Signal zu geben. Die Einigung von Cancún war ein Teilerfolg. Wir ha- ben eine Einigung erreicht, nach der die Industriestaaten bis 2020 eine Minderung der CO2-Emissionen um 25 bis 40 Prozent erreichen sollen. Wenn wir den Schwellen- und Entwicklungsländern signalisieren wollen, dass der Beschluss von Cancún mehr als schöne Worte bedeutet, und wenn wir sie zu weiterer Kooperation bewegen wol- len, dann muss sich die EU bewegen. Sie sollte ihr bis- heriges Ziel der Verringerung der CO2-Emissionen um 20 Prozent noch in diesem Jahr anheben. Allerdings wäre ein einseitiges Anheben auf 30 Prozent ein zu gro- ßer Schritt, denn dann würde die EU ihre Verhandlungs- position schon aufgeben, obwohl Cancún eben nur ein Teilerfolg war. Der Mittelweg, den die Kommission vor- sieht, erscheint mir eine sinnvolle Größenordnung vor- zunehmen. Außerdem sprechen auch binnenwirtschaftliche Gründe für Bewegung beim 20-Prozent-Ziel. Bliebe es beim 20-Prozent-Ziel der EU und beim 40-Prozent-Ziel Deutschlands, so müssten in Deutschland vorrangig die Sektoren, die nicht vom Emissionshandel erfasst werden, die Emissionseinsparungen erbringen; denn der Emis- sionshandel ist europäisch bestimmt, die anderen Sekto- ren national. Am Ende würden vor allem die privaten Haushalte, das kleine Gewerbe und die Verkehrswirt- schaft die Lasten zu schultern haben. Wir sagen: Wir brauchen eine Balance der Anstrengungen von Industrie und privaten Haushalten. Dabei müssen Produktionsverlagerungen in energiein- tensiven Branchen vermieden werden. Es ist wichtig, hier einen für alle gangbaren Weg zu finden. Produktionsver- lagerungen in Länder, die es mit dem Klimaschutz nicht ernst meinen, helfen niemandem, der Umwelt nicht und schon gar nicht den Arbeitsplätzen in Deutschland. Des- halb müssen wir ambitionierte Klimaschutzziele gegebe- nenfalls mit Kompensationen für diejenigen energiein- tensiven Unternehmen verbinden, die im internationalen Wettbewerb stehen. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgeset- zes und des Schwarzarbeitsbekämfungsgeset- zes (Tagesordnungspunkt 12) Gabriele Molitor (FDP): Der Arbeitsmarkt in Deutschland hat sich nach der Wirtschaftskrise exzellent entwickelt. Laut Statistischem Bundesamt vom 28. April 2011 waren im März 2,73 Millionen Menschen erwerbs- los; das sind 6,5 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr sind eine halbe Million Menschen mehr erwerbstätig. Das ist eine gute Nachricht. Der Zeitarbeitsbranche gehen die Mitarbeiter aus. Das belegt, dass die wirtschaftliche Entwicklung in Deutsch- land dazu führt, dass Menschen direkt in den Unterneh- men Anstellung finden. Dieses Faktum zeigt auch, dass die Zeitarbeit für Unternehmen die Möglichkeit bietet, in einer noch nicht stabilen guten Auftragslage Beschäf- tigte zu gewinnen. Bei einer möglichen Abschwächung der Geschäftslage stehen dann die Zeitarbeitsunterneh- men in der Verantwortung für die Mitarbeiter. Im Fe- bruar 2011 waren über 870 000 Arbeitnehmer in der Zeitarbeit tätig, mit steigender Tendenz – IW- Zeitarbeitsindex. Will die Zeitarbeit die Nachfrage wei- ter befriedigen, so muss sie noch stärker dahin gehend aktiv werden, bislang arbeitslose Menschen zu beschäf- tigen. Beide Seiten können so voneinander profitieren. Menschen, die schon lange Arbeit suchen, aber keine finden, haben nun die Chance, wieder im Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Die Unternehmen der Zeitarbeit können ihre personellen Engpässe ausgleichen, indem sie das ungenutzte, aber vorhandene Potenzial an Arbeitskräften Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 12457 (A) (C) (D)(B) ausschöpfen. Darüber hinaus wird aber in Deutschland in den kommenden Jahren auch der Fachkräftemangel ein wirkliches Problem auf dem Arbeitsmarkt sein. Fachkräfte aus dem Ausland werden dringend ge- braucht. Das ist nichts Neues. Diese Aussage hört man in den letzten Monaten immer häufiger. Dies sagte gestern auch der Verbandspräsident Volker Enkerts vom Bun- desarbeitgeberverband der Personaldienstleister gegen- über der Zeitung Die Welt vom 11. Mai 2011. Um dem Fachkräftemangel und dem demografischen Wandel der Gesellschaft entgegenzuwirken, gibt es zwei Möglichkeiten, die beide genutzt werden müssen: Zum einen muss das Potenzial von Menschen im eigenen Land und zum anderen aus dem Ausland besser genutzt werden. Die Politik hat das Thema aufgegriffen: Die Bundesregierung hat ein Konzeptpapier vorgelegt zur „Fachkräftesicherung“, eine neue parteiübergreifende 13-köpfige Kommission will bis zum Herbst Lösungs- vorschläge erarbeiten. Das Konzeptpapier „Fachkräftesicherung“ der Bun- desregierung stellt fest, dass das Potenzial an Erwerbs- personen, also an Menschen, die arbeiten können, bis 2025 um 6,5 Millionen sinken wird. Ungenutzte Reser- ven möglicher Arbeitskräfte müssen jetzt also schleu- nigst aktiviert werden. Hierzu gehören: – junge Leute ohne Schulabschluss – junge Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbil- dung – in Teilzeit arbeitende Frauen und Mütter – Menschen mit Behinderung Insgesamt könnten 3,8 Millionen zusätzliche Arbeits- kräfte mobilisiert werden. Wir sind auf Fachkräfte aus dem Ausland angewie- sen. Wenn die Wirtschaft sich in den kommenden Jahren weiterhin so positiv entwickelt, wie es momentan der Fall ist, können wir den Bedarf an Arbeitskräften nicht allein mit inländischen Bewerberinnen und Bewerbern decken. Wir Liberalen haben immer betont, dass wir nicht erwarten, dass sich die volle Arbeitnehmerfreizü- gigkeit negativ auf den deutschen Arbeitsmarkt auswir- ken wird. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Zahl ausländischer Zeitarbeitnehmer in Deutschland überschaubar bleiben wird. Laut einer vor zwei Wochen vorgelegten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, IAB, – zum Stichtag 1. Mai 2011 – über die in Deutschland gültige Arbeitnehmerfreizügigkeit für alle EU-Staaten wird davon ausgegangen, dass zunächst jährlich zwi- schen 100 000 und 140 000 Menschen aus den Beitritts- ländern zusätzlich nach Deutschland kommen werden. In den folgenden Jahren sinken diese Zahlen. Für das Jahr 2020 wird prognostiziert, dass bis zu 900 000 zu- sätzliche Migranten aus den acht Beitrittsländern in Deutschland leben. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einführung einer Lohnuntergrenze in der Zeitarbeit liegen bereits vor. Im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, AÜG, ist vor- gesehen, dass das Bundesministerium für Arbeit und So- ziales durch Erlass einer Rechtsverordnung einen tarif- vertraglichen Mindestlohn festsetzen kann. Wir gehen davon aus, dass die Verordnung zum Juli 2011 in Kraft treten kann. Die Höhe der Lohnuntergrenze wird sich nach einem gemeinsamen Vorschlag der in der Zeitarbeit geltenden tariflichen Mindestlöhne richten. Um zu gewährleisten, dass die geltenden Lohnunter- grenzen auch eingehalten werden, sind Kontrollen nötig, die in die Zuständigkeit der Zollverwaltung fallen. Im Ersten Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlas- sungsgesetzes konnten diese Fragen nicht mitgeregelt werden, da die vereinbarte sinngemäße Übertragung der Kontroll- und Sanktionsvorschriften vom Arbeitnehmer- Entsendegesetz in das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz einer sorgfältigen Prüfung bedurfte, die das Gesetzge- bungsverfahren zur Ermöglichung einer Lohnunter- grenze unnötig verzögert hätte. Der vorliegende Gesetzentwurf überträgt nun die be- währten Kontroll- und Sanktionsmechanismen aus dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz in das Arbeitnehmerüber- lassungsgesetz. Damit unterstützt die FDP die im Ver- mittlungsverfahren zu den Hartz-IV-Regelsätzen getrof- fenen Vereinbarungen zur Lohnuntergrenze in der Zeitarbeit. Stimmt der Bundesrat dem Gesetzentwurf zu, wird das Gesetzgebungsverfahren rechtzeitig vor Erlass der Verordnung für die Lohnuntergrenze in der Zeitar- beit in Kraft treten. Wichtig festzuhalten ist mir der folgende Punkt: Mit der Einführung einer Lohnuntergrenze in der Zeitarbeit konnten wir der Sorge der Tarifpartner in der Zeitarbeit, von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften entge- genwirken, dass durch ein Überangebot von Arbeitsu- chenden aus dem europäischen Ausland Lohndruck ent- steht und die Zeitarbeit erneut in Verruf gerät. Das Verfahren zur Festlegung der Lohnuntergrenze ist im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz geregelt, und zwar auf der Grundlage der in der Zeitarbeit geltenden unters- ten tarifvertraglichen Entgelte. Für die deutschen Be- schäftigten in der Zeitarbeit wird sich dadurch kaum et- was ändern, denn bereits heute gelten die Tarifverträge in der Zeitarbeit für fast alle Beschäftigten der Branche. Entscheidend ist, dass ausländische Tarifverträge vom Grundsatz des Equal Pay nur bis zu der in Deutschland geltenden Lohnuntergrenze abweichen können. Lohn- dumping kann somit vermieden werden. Zeitarbeit ist ein flexibles Instrument am Arbeits- markt. Wir Liberale wollen dieses Instrument erhalten und stärken, weil es gerade geringqualifizierten Arbeits- kräften und Langzeitarbeitslosen zugutekommt. Die christlich-liberale Koalition hat nunmehr die ge- setzlichen Voraussetzungen geschaffen, um missbräuch- lichen Entwicklungen in der Zeitarbeit entgegenzutreten. Dies ist der Fall, wenn Zeitarbeit zum Zwecke der Lohn- differenzierung nach unten eingesetzt wird und Stamm- belegschaften systematisch durch Zeitarbeitskräfte ersetzt werden. Mit der Lohnuntergrenze werden eventu- elle Missbräuche durch Zeitarbeitskräfte, die aus dem Ausland nach Deutschland entsendet werden, verhindert. Zudem wollen wir abwarten, ob sich die Tarifpartner auch auf eine Regelung zur Geltung des Equal Pay ver- ständigen können. 12458 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 (A) (C) (D)(B) Ich bin überzeugt, dass all diese Maßnahmen dazu beitragen, dass die Zeitarbeit ihre eigentliche Aufgabe als Brücke in Beschäftigung noch besser wahrnehmen kann als bisher. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Neuen „Krippengip- fel“ einberufen – Ausbau der frühkindlichen Bildung und Betreuung voranbringen (Tages- ordnungspunkt 13) Miriam Gruß (FDP): Sie wissen ja: Ich habe selbst schon mehrfach einen neuen Krippengipfel gefordert. Da der letzte Krippengipfel vier Jahre zurückliegt, müssen sich Bund und Länder unbedingt wieder zusam- mensetzen. Sobald der Rechtsanspruch auf einen Krip- penplatz greift, soll schließlich alles reibungslos funktio- nieren. Sie sprechen also ein ganz richtiges Anliegen an – aber die Schwerpunkte müssen anders liegen, und des- halb lehnen wir Ihren Antrag ab. Seit unserem Antrag vom letzten November „Faire Teilhabechancen von Anfang an“ hat sich einiges be- wegt. Das Familienministerium wird demnächst aktuelle Zahlen veröffentlichen. Im Rahmen des Investitionspro- gramms „Kinderbetreuungsfinanzierung“ gibt der Bund bis 2013 gut 2,15 Milliarden Euro aus, um Investitionen der Länder und Gemeinden in Tageseinrichtungen und Tagespflege für Kinder unter drei Jahren zu finanzieren. Das fruchtet – wir werden bis 2013 den Mittelwert von 35 Prozent Betreuungsquote erreichen. Der quantitative Ausbau kommt voran. Der Fachkräftemangel ist ein anderer Punkt. Wir haben darauf in unserem Antrag selbst aufmerksam gemacht: Bis 2013 werden rund 35 000 bis 40 000 Vollzeitstellen in Tageseinrichtungen und rund 25 000 Tagespflegeperso- nen benötigt. Da ein Großteil des pädagogischen Perso- nals über 50 Jahre alt ist, wird der Mangel bald sogar noch größer sein. Ich frage mich nur: Wieso nehmen Sie als SPD das erst jetzt in den Blick? Wieso haben Sie die letzte Regierungsbeteiligung nicht dazu genutzt, die Weichen zu stellen? Qualifiziertes Personal fällt schließlich nicht vom Himmel, sondern wird über Jahre hinweg ausgebildet. Erst die christlich-liberale Koalition hat sich dieser Pro- blematik angenommen. Wir sind auch die ersten, die die Attraktivität der Erziehungsberufe für Männer steigern wollen. Schwarz-Gelb hat die Programme „MEHR Män- ner in Kitas“ und den Boys’ Day ins Leben gerufen. Vor allem in den Köpfen muss sich etwas ändern – und das dauert. Ihre letzte Regierung hat da wertvolle Zeit ver- schenkt, um den Mentalitätswandel einzuleiten. Leider wird aus Ihrem Antrag deutlich, dass Sie mal wieder den typischen SPD-Ansatz wählen: Mehr Staat! Ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung und staatli- che Betreuungsangebote können aber nicht der einzige Weg sein, um die Betreuung auszubauen. Ich lehne das nicht nur aus finanziellen, sondern auch aus ideellen Gründen ab. Wichtig ist ein vielseitiges Betreuungsange- bot, also ein Mix aus staatlichen, privaten und gewerbli- chen Anbietern. Jede Familie soll selbst entscheiden können, welche Art von Betreuung sie wählt. Eine Ver- staatlichung der Erziehung lehnen wir Liberalen in aller Deutlichkeit ab! Was wir wollen, ist Flexibilität in der Lebensplanung. Die Großfamilie aus dem Allgäu braucht ein anderes Betreuungsangebot als die Berliner Patchworkfamilie, und dafür müssen wir passgenaue Lö- sungen finden. Die Betreuungsquote von 35 Prozent ist im Übrigen ja von vornherein als Mittelwert angesetzt gewesen. Das müssten Sie besser wissen als ich, schließlich wurde es unter Ihrer Regierungsbeteiligung beschlossen. Natür- lich ist der Bedarf in Ballungsgebieten höher als in länd- lichen Gebieten, wo Betreuungsangebote traditionell weniger in Anspruch genommen werden. Auch der Un- terschied zwischen Ost und West muss kein Problem sein – solange alle, die Betreuung brauchen, dazu die Chance bekommen. Beides muss möglich sein: dass man seine Kinder zu Hause betreut oder dass man sie in Betreuung gibt. Aber in diesem zweiten Fall – und das ist mir ganz wichtig! – muss das Angebot nicht einfach nur vorhanden sein, sondern es muss auch eine gute Betreuung sein. Mich stört an Ihrem Antrag, dass Sie nur die Quanti- tät, aber weniger die Qualität im Blick haben. Kinder sollen ja nicht nur verwahrt werden, sondern in der Be- treuungszeit auch aktiv gefördert werden. Darauf muss der nächste Krippengipfel seinen Schwerpunkt legen: Wie können wir 2013 garantieren, dass Eltern ihre Kin- der mit gutem Gewissen in die Betreuung geben? Denn wir alle wissen: Gerade in den ersten Lebensjahren wer- den die Weichen für ein erfülltes und erfolgreiches Le- ben gelegt. In einer guten Betreuung können Kinder ihre Sprachkenntnisse verbessern, sie üben sich im kreativen Arbeiten und lernen die berühmten Social Skills. Ein solches hochwertiges, flexibles Betreuungsange- bot kann es nur geben, wenn wir eine Vielzahl an Anbie- tern haben. Wir Liberale wollen kein Muss, sondern ein Kann. Nicht alles muss über den Staat laufen, und auch nicht immer im Zuge eines Rechtsanspruchs. Deshalb setze ich auf den Dreiklang aus staatlichen, privatge- werblichen und betrieblichen Betreuungsangeboten. Wir sind auf dem Weg in eine Gesellschaft, in der sich jede Familie selbst flexibel ihr Betreuungsmodell aus- wählen kann. Dafür leistet die christlich-liberale Koali- tion wichtige Arbeit, die das finanziell Machbare voll ausschöpft. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Anti-D-Hilfegesetzes (Tagesord- nungspunkt 15) Christine Aschenberg-Dugnus (FDP): Die FDP- Bundestagsfraktion bedauert es sehr, dass in den Jahren 1978/1979 in der DDR mehrere Tausend Frauen bei ei- ner gesetzlich vorgeschriebenen Anti-D-Immunprophy- laxe zum Schutz neugeborener Kinder mit dem Hepati- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 12459 (A) (C) (D)(B) tis-C-Virus infiziert worden sind. Selbstverständlich muss auch gut drei Jahrzehnte später gewährleistet wer- den, dass den Betroffenen eine angemessene Hilfe zuteil wird. Sie alle kennen sicherlich den Werdegang des zum 1. Januar 2000 in Kraft getretenen Gesetzes über die Hilfe durch Anti-D-Immunprophylaxe mit dem Hepati- tis-C-Virus infizierte Personen, das sogenannte Anti-D- Hilfegesetz. Das Anti-D-Hilfegesetz stellt eine eigen- ständige Rechtsgrundlage dar und ist nicht Bestandteil des sozialen Entschädigungsrechts im Sinne des § 5 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch. Ich bin der Auffassung, dass mit diesem Gesetz ein angemessenes Prozedere geschaffen worden ist. Das Ge- setz sieht Einmalzahlungen und die Zahlung von monat- lichen Renten vor, die sich in der Höhe nach dem Grad der Schädigungsfolgen bestimmen. Die Einmalzahlun- gen, die vom Bund in vollem Umfang getragen werden, sind zum größten Teil im Jahr 2000 an die betroffenen Frauen ausgezahlt worden. Der Bundesanteil an den Rentenzahlungen beträgt 50 Prozent. Die medizinische Behandlung der Schädigungsfolgen wird ausschließlich von den Ländern getragen. Ich bin der Überzeugung, dass das bestehende Hilfe- system wohlaustariert ist und den Interessen derer ge- recht wird, die unter den Vorfällen der Jahre 1978/1979 zu leiden haben. Gleichwohl kann man natürlich prüfen, was im Antrag der Linken thematisiert wird: Ist es ange- messen geregelt, wie mit denjenigen umgegangen wer- den soll, bei denen die Versorgungsämter Einmalzahlun- gen und monatliche Renten abweisen, weil die Geschädigten offenbar nicht nachweisen können, dass ihre Schädigungen Folgen der durch die Anti-D-Immun- prophylaxe entstandenen Hepatitis-C-Virus-Infektion sind? Ich glaube nicht, dass wir diese Frage hier und heute abschließend beantworten können. Die FDP-Bun- destagsfraktion und auch das Bundesgesundheitsministe- rium werden aber ihren Teil dazu beitragen, zu einer trag- fähigen Lösung für die Betroffenen zu gelangen, wenn sich erweisen sollte, dass das jetzige System Mängel auf- weist. Eine Absage erteile ich Ihnen jedoch, wenn wir über einen generelle Beweislastumkehr debattieren. Sie fordern, dass die Betroffenen in Zukunft nicht mehr nach- weisen müssen, dass die Wahrscheinlichkeit des ursäch- lichen Zusammenhangs zwischen der Schädigungsfolge und der Hepatitis-C-Virus-Infektion besteht. Sie leiten dann aus einer grundsätzlichen Vermutung, dass das schon so gewesen sein muss, einen generellen Rechtsan- spruch auf Zahlungen ab. Das ist keine zielführende He- rangehensweise. Die von Ihnen geforderte Beweislast- umkehr wird es mit uns nicht geben. Denn wir stehen für eine vernünftige Beweislastverteilung. Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Rehabilitierung und Entschädigung der nach 1945 in Deutschland wegen homosexueller Handlungen Verurteilten (Tagesordnungspunkt 17) Ansgar Heveling (CDU/CSU): Uns liegt ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Entschädigung nach 1945 in Deutschland wegen homosexueller Hand- lungen Verurteilter vor, der in ähnlicher Form bereits un- zählige Male Gegenstand der Verhandlungen war. Es sei an dieser Stelle vorangestellt, dass Homosexuelle in Deutschland viele Jahre in höchstem Maße diskriminiert und stigmatisiert wurden. Diese schreckliche Realität steht hier völlig außer Frage, und diesbezüglich hat der Bundestag in einer Entschließung, in der er sich mit der Strafverfolgungspraxis nach 1945 befasste (Bundestags- drucksache 14/4894), sein Bedauern ausgedrückt. Es geht aber in der Diskussion um etwas anderes, nämlich ob man rückwirkend die deutsche Rechtsordnung und damit unsere Rechtsstaatlichkeit aushebeln darf. So fordert nun die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einfallsreich beinahe wortgleich zu ihrem Antrag aus der vergangenen Legislaturperiode eine pauschale Aufhe- bung der nach dem Kriegsende in der Bundesrepublik Deutschland und in der DDR erfolgten Verurteilungen wegen Verstoßes gegen die §§ 175 ff. StGB sowie eine Entschädigung für die nach diesen Vorschriften Verur- teilten, wie dies bereits für die entsprechenden Urteile in der NS-Zeit im Gesetz zur Aufhebung nationalsozialisti- scher Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege erfolgt ist. Im Kern kann man also sagen: Sie fordern die Aufhe- bung unseres im Grundgesetz normierten Gewaltentei- lungsprinzips, namentlich die Verpflichtung, die Staats- akte der jeweils anderen Staatsgewalten als rechtsgültig anzuerkennen. Damit nehmen sie eine folgenschwere Absage an unsere Rechtssicherheit in Kauf. Das kann wohl kaum ein ernstgemeinter Schachzug ihrerseits sein, schon gar nicht vor dem Hintergrund der Ablehnung des im Jahr 2000 von der PDS eingebrachten Antrags mit ähnlicher Forderung, den sie als Koalitionspartner da- mals mit eben genannter Begründung ablehnten. Mehr- fach hat sich der Deutsche Bundestag bereits mit der Aufarbeitung der strafrechtlichen Verfolgung von Ho- mosexuellen in der NS-Zeit befasst. Mit dem 2. NS-Auf- hebungsgesetz wurden die insoweit ergangenen Urteile pauschal aufgehoben und Betroffene rehabilitiert. Zuvor hat der Bundestag aber auch, in deutlichem Unterschied zur staatsterroristischen Verfolgung der NS-Zeit, ent- schieden, die nach 1945 ergangenen Urteile nicht aufzu- heben, weil das BVerfG im Jahre 1957 die in der Bun- desrepublik Deutschland bis 1969 gültige Fassung der §§ 175 ff. StGB als verfassungskonform bewertet hat. Natürlich erscheint es aus heutiger Sicht unvereinbar mit dem Grundgesetz, einvernehmliche gleichge- schlechtliche Handlungen unter Strafe zu stellen. Und selbstverständlich muss unsere Rechtsordnung unserer gesellschaftlichen Weiterentwicklung Rechnung tragen. Die Veränderungen können und dürfen aber auf keinen Fall dazu führen, Entscheidungen des demokratischen Rechtsstaates und seiner Gerichte pauschal als Unrecht zu bewerten. Damit würde unserer rechtsstaatlichen Ordnung jegliche Berechtigungsgrundlage entzogen. 12460 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 (A) (C) (D)(B) Sonja Steffen (SPD): Wir reden heute über einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur gesetz- lichen Rehabilitierung der nach 1945 verurteilten homo- sexuellen Männer. Vor fast genau neun Jahren hat der Deutsche Bundes- tag eine Ergänzung der NS-Aufhebungsgesetze beschlos- sen: Urteile, die in der NS-Zeit nach den §§ 175 und 175 a RStGB gegen Homosexuelle und Wehrmachtsde- serteure ergangen waren, wurden aufgehoben. Vollkom- men richtig hat die Gesetzesbegründung diese Urteile als Unrechtsurteile bezeichnet, die – ich zitiere – „typischer Ausdruck nationalsozialistischen Gedankengutes“ seien. Außer Acht gelassen wurde bislang jedoch, dass die am 28. Juni 1935 vom nationalsozialistischen Regime be- schlossene Verschärfung des Gesetzes für alle Verurtei- lungen bis zur großen Strafrechtsreform am 25. Juni 1969 in der Bundesrepublik Deutschland weiter gültig waren. Zwischen 1949 und 1969 kam es in Westdeutsch- land zu etwa 50 000 rechtskräftigen Verurteilungen nach dem § 175, die bis heute Gültigkeit besitzen. Auch in der früheren DDR kam es zu Verurteilungen, auch wenn dort die in der NS-Zeit vorgenommene Verschärfung des § 175 bereits 1950 zurückgenommen wurde. Erstmalig 1981 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seiner Rechtsprechung die Aufrecht- erhaltung strafrechtlicher Sanktionen für einvernehmli- che sexuelle Kontakte unter Männern als Verstoß gegen Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention ge- kennzeichnet. Folge dieses Urteils hätte eine endgültige Abschaffung des § 175 StGB bedeuten müssen. Völlig gestrichen wurde die Vorschrift jedoch erst am 31. Mai 1994. Der Deutsche Bundestag hat damals anerkannt, dass durch die nach 1945 weiter bestehende Strafandro- hung homosexuelle Bürger in ihrer Menschenrechts- würde verletzt worden sind. Nach geltender Rechtslage jedoch sind die nach 1945 erfolgten Verurteilungen we- gen einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher sexueller Handlungen zwischen erwachsenen Menschen kein Un- recht. Erforderlich wäre daher die Feststellung des Ge- setzgebers, dass es sich bei den erfolgten Verurteilungen aus gegenwärtiger Perspektive tatsächlich um Unrecht handelt. Der Bundestag als Gesetzgeber müsste zunächst anerkennen, dass strafrechtliches Unrecht auch in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland geschehen ist, und er müsste sich zu entsprechenden Konsequenzen bereitfinden, beispielsweise in der Aufhebung sämtli- cher Urteile durch den Gesetzgeber in der Form eines Aufhebungsgesetzes. Allerdings bestehen hier verfassungsrechtliche Be- denken, über die im Rahmen der parlamentarischen De- batte nachzudenken sein wird: Aus dem grundgesetzlich normierten Gewaltenteilungsprinzip folgt, dass jede der drei Staatsgewalten grundsätzlich verpflichtet ist, die von den anderen beiden Staatsgewalten erlassenen Staatsakte anzuerkennen und als rechtsgültig zu behan- deln. Auch das Bundesverfassungsgericht hat darauf hingewiesen, dass Gesetze, die rückwirkend in die Rechtskraft von Gerichtsentscheidungen eingreifen, den Grundsatz der Gewaltenteilung berühren. Daher wird hier sorgfältig zu prüfen sein, ob ein Abweichen von die- sem Prinzip aus zwingenden Gründen gerechtfertigt ist. Hier wird abzuwägen sein zwischen dem Grundsatz der Gewaltenteilung und dem ebenfalls rechtsstaatlich ga- rantierten Grundsatz der Rechtssicherheit auf der einen Seite und dem Recht der freien Entfaltung der Persön- lichkeit und der Menschenwürde auf der anderen Seite; denn dieses Recht schließt auch das Recht auf die sexu- elle Identität mit ein. Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass die SPD bereits 1927 auf ihrem Parteitag die „Abschaf- fung der Bestrafung des Ehebruchs und widernatürlichen Verkehrs“ in ihr Parteiprogramm aufgenommen hat. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion wurde dement- sprechend aufgefordert, „eine gründliche Umgestaltung im Sinne der sozialdemokratischen Forderungen durch- zusetzen.“ Auch der 39. Deutsche Juristentag 1951 in Stuttgart gab die Empfehlung ab, homosexuelle Hand- lungen zwischen erwachsenen Männern für straflos zu erklären. Anknüpfungspunkt des Deutschen Juristenta- ges waren die liberalen Weimarer Reformansätze und die damalige Empfehlung des 21. Strafrechtsausschusses aus dem Jahre 1929. Ich freue mich auf weitere Diskus- sionen. Jörg van Essen (FDP): Anfang der 90er-Jahre war ich Berichterstatter des Deutschen Bundestages, als wir den § 175 viel zu spät aufgehoben haben. Ich war auch Berichterstatter im Jahre 2000, als wir uns einvernehm- lich darauf geeinigt haben, hinsichtlich des nachkonsti- tutionellen Rechts der Bundesrepublik Deutschland eine andere Vorgehensweise als bei den Terrorurteilen des Naziregimes zu wählen. Uns war es nämlich wichtig, beides unterschiedlich zu behandeln. Ich lege weiterhin Wert darauf, dass wir das auch tun. Auch 2009 war ich Berichterstatter, als Sie schon einmal diesen Antrag ge- stellt haben. Ich stimme immer noch der Aussage in dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zu, dass in Deutsch- land auch nach 1945 die strafrechtliche Verfolgung von Homosexuellen ein Klima der Angst und der Einschüch- terung erzeugte. Ich stimme auch der Aussage zu, dass die strafrechtliche Verfolgung einherging mit einer ge- sellschaftlichen Ächtung von Homosexualität. In meinem Beruf als Oberstaatsanwalt habe ich sehr viele Urteile aus den 50er-Jahren gesehen. Ich muss ge- stehen, dass mir die Haare nicht nur bei den Urteilen nach § 175 zu Berge gestanden haben, sondern ich fest- stellen musste, dass auch in vielen anderen Bereichen Urteile gefällt worden sind, für die wir uns heute ehrlich schämen müssen. Ich will nicht nur die homosexuellen Menschen ansprechen, sondern in diesem Zusammen- hang beispielsweise auch den Straftatbestand der Kuppe- lei. Die FDP-Bundestagsfraktion hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass die Urteile von deutschen Gerichten in den 50er-Jahren aus heutiger Sicht auf völliges Unver- ständnis stoßen müssen. So hat das Bundesverfassungs- gericht noch in einem Urteil von 1957 festgestellt, dass die gleichgeschlechtliche Betätigung eindeutig gegen das Sittengesetz verstößt. Eine strafrechtliche Verfolgung und eine Verurteilung wegen einer Tat nach § 175 StGB war geeignet, ganze Lebensbiografien zu zerstören. Für die Betroffenen hatte Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 12461 (A) (C) (D)(B) eine derartige Verurteilung weitreichende Konsequenzen in alle Lebensbereiche hinein. Es war daher richtig und notwendig, dass der Deutsche Bundestag bereits in der 14. Wahlperiode einmütig bekundet hat, dass die in der BRD und DDR fortbestehende Strafandrohung für ho- mosexuelle Männer die Betroffenen in ihrer Menschen- würde verletzt hat. Der Bundestag hat bekräftigt, dass die Verfolgung einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher Beziehungen gegen die Europäische Menschenrechts- konvention und nach heutigem Verständnis auch gegen das freiheitliche Menschenbild des Grundgesetzes ver- stößt. Der Bundestag hat damit einen Weg gefunden, um den Opfern ihre Ehre wiederzugeben und sich bei all de- nen zu entschuldigen, die im Namen des Staates zu lei- den hatten und denen Unrecht widerfahren ist. Ich stimme dem vorliegenden Antrag dennoch nicht zu. Aus meiner Sicht machen es sich die Antragsteller zu einfach, wenn sie die Aufhebung der wegen § 175 StGB ergangenen Urteile nach 1945 fordern. Mit Stolz schauen wir auf unsere Verfassung und unsere freiheitlich-demo- kratische Grundordnung. Über 60 Jahre Grundgesetz be- deuten mehr als 60 Jahre Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Vor diesem Hintergrund ist es rechts- systematisch höchst bedenklich, die Forderung nach Aufhebung von Urteilen der Gerichte nach 1945 zu stel- len. Es ist schon ein elementarer Unterschied, über die Aufhebung von Urteilen zu diskutieren, die während ei- nes Unrechtsregimes oder jene, die von unabhängigen Gerichten in einem demokratischen Rechtsstaat ergan- gen sind. Die Urteile wegen § 175 Reichsstrafgesetz- buch sind vom Gesetzgeber in der 14. Wahlperiode durch das NS-Aufhebungsgesetz zu Recht aufgehoben worden. Die Maßstäbe, die seinerzeit an das Aufhe- bungsgesetz angelegt wurden, können nicht in gleicher Weise für die Urteile gelten, die nach 1945 ergangen sind. Es hat, insbesondere in den 50er-Jahren, in der BRD eine Reihe von strafgerichtlichen Entscheidungen gegeben, die heute auf völliges Unverständnis stoßen. Insbesondere Verurteilungen wegen Kuppelei sind mit dem heutigen Rechtsempfinden nicht vereinbar. Es hat zahlreiche Urteile gegeben, wo die Gerichte unter ande- rem mit Blick auf das Sittengesetz wegen kleinster Ver- gehen hohe Strafen ausgesprochen haben. Auch solche Entscheidungen sind aus heutiger Sicht nur schwer nach- zuvollziehen. Würde man den vorliegenden Anträgen folgen, würden den Verurteilungen nach § 175 StGB weitere Urteile folgen müssen, bei denen zu überlegen wäre, sie nachträglich aufzuheben. Die isolierte Betrach- tung der Urteile wegen § 175 StGB führt zu einer will- kürlichen Ungleichbehandlung gegenüber all denjenigen Opfern, gegen die Urteile wegen ähnlicher Vergehen er- gangen sind. Wer in diesem Zusammenhang eine Ent- scheidung trifft, muss sich fragen lassen – gerade weil homosexuelle Menschen zu Recht sehr viel Wert darauf legen, dass sie gleich behandelt werden –, warum wir hier gegebenenfalls eine Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen herbeiführen, die beispielsweise wegen Ver- stoßes gegen den Kuppeleiparagrafen verurteilt worden sind. Diese Frage müssen sich heute die Antragsteller ebenfalls stellen. Es bleibt daher bei der grundsätzlichen Frage, ob der Gesetzgeber gut beraten ist, wenn er nachkonstitutionel- les Recht unter Geltung des Grundgesetzes aufhebt. In einer Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses, Pet 4-16-07-4500-011779, wird richtig ausgeführt: „Eine Anhebung nachkonstitutioneller Urteile durch Gesetz widerspräche ferner dem Rechtsstaatsprinzip. Es enthält als wesentlichen Bestandteil die Gewährleistung von Rechtssicherheit; diese verlangt einen geregelten Verlauf des Rechtsfindungsverfahrens und auch einen Ab- schluss, dessen Rechtsbeständigkeit gesichert ist. Stün- den rechtskräftige Urteile zur Disposition des Gesetzge- bers, wäre die Sicherheit dieses Rechts nicht mehr gewährleistet“. Ich bin der Meinung, der Gesetzgeber hat in der 14. Wahlperiode einen angemessenen Weg ge- funden, um die Ehre der Opfer wiederherzustellen. Ein weiteres Handeln des Gesetzgebers ist daher nicht mehr erforderlich. In dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen werden die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte angesprochen. Es ist berechtigt, die Frage aufzuwerfen, wie der Gesetzgeber mit den Wir- kungen von Urteilen des Europäischen Menschenge- richtshofs umgeht. Diese Frage ist jedoch allgemein zu diskutieren und nicht auf die Verurteilungen nach § 175 StGB zu beschränken. Es ist ein allgemeines Problem, dass die Staaten bezüglich der Entschädigung häufig säumig sind. Die Probleme, die um diesen Sachverhalt kreisen, sind vielschichtig und müssen an anderer Stelle diskutiert werden. Ulla Jelpke (DIE LINKE): Die Verfolgung Homo- sexueller gehört zu den größten Menschenrechtsverlet- zungen in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Bundesrepublik Deutschland hat den § 175 in der von den Nazis verschärften Fassung einfach übernom- men und circa 50 000 Männer deswegen in den Knast geworfen, und zwar nicht etwa wegen Gewalttaten, son- dern nur, weil sie schwul waren und sogar bereits dann, wenn ihnen lediglich homosexuelle Kontakte unterstellt wurden. In der DDR hat es 3 000 bis 4 000 Verurteilun- gen gegeben, in der Regel auf der Basis der früheren Weimarer Gesetzesfassung, die auch schon schlimm ge- nug war. Die massiven Verfolgungen endeten in der DDR gegen Ende der 1950er-Jahre, in der BRD erst 1969. Wir meinen: Die Homosexuellenverfolgung in Ost und West war Unrecht, und die Homosexuellen müssen entschädigt werden! Es gibt vereinzelt das rechtssystematische Bedenken, man könne Urteile eines Rechtsstaates nicht so einfach aufheben wie die Urteile der Nazijustiz. Aber man muss sich klarmachen: Die Urteile gegen Homosexuelle ent- sprangen geradezu dem Ungeist und teilweise dem Wortlaut des Nazisystems. Für die Homosexuellen sei das Dritte Reich noch nicht zu Ende, hatte schon 1963 der Historiker Hans-Joachim Schoeps gemahnt. Und wenn in einem deutschen Strafgesetzbuch noch nach der Befreiung vom Faschismus typisches Naziunrecht fort- geschrieben wurde, dann reicht es nicht, dieses Unrecht nur zu bedauern, wie es der Deutsche Bundestag erst- mals im Jahre 2000 machte. Es muss vielmehr auch eine 12462 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 (A) (C) (D)(B) materielle Entschädigung erfolgen; denn man muss sich die Konsequenzen dieses Unrechts vor Augen führen: Im Namen des Gesetzes wurden ganze Biografien zer- stört. Schon die über 100 000 Ermittlungsverfahren, die es in der BRD gab, bedeuteten für die Betroffenen häu- fig genug den sozialen Tod, auch ohne gerichtliches Ur- teil. Es genügte der Verdacht, schwul zu sein, um Woh- nung, Arbeitsplatz und gesellschaftliche Stellung zu verlieren. Das kann man nicht mit Worten wiedergutma- chen. Schwule Männer mussten sich selbst verleugnen, sie mussten sich verstecken, sie mussten in permanenter Angst vor Verfolgung, Inhaftierung und Diffamierung leben. Es ging letztlich darum, sie im intimsten Kernbe- reich ihrer Persönlichkeit zu brechen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat bereits klargestellt, dass es sich hier um schwerste Menschenrechtsver- letzungen gehandelt hat. In diesem Geiste sehen wir üb- rigens auch die Entscheidung des Europäischen Ge- richtshofes von dieser Woche, dass homosexuelle Lebensgemeinschaften finanziell und rentenpolitisch gleichberechtigt sind. Das ist eine berechtigte Ohrfeige für alle, die Lesben und Schwule benachteiligen wollen. Das Grundanliegen des vorliegenden Antrags ist ganz klar berechtigt. In einem Punkt widerspreche ich aller- dings: Das Ansinnen, die Abwicklung von Entschädigun- gen dem Magnus-Hirschfeld-Institut zu überlassen, ist kontraproduktiv. Das Institut ist ein Forschungsinstitut. Es kann und soll auch das Ausmaß der Homosexuellen- verfolgung ergründen, aber ihm die konkrete Entschädi- gungsarbeit aufzubürden, brächte eine bürokratische Be- lastung mit sich, die die Forschungsarbeit ersticken würde. Darüber können wir uns hoffentlich noch verstän- digen. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir sind uns einig, dass es eine Menschenrechtsverlet- zung war, schwule Männer bis 1994 nach dem berüch- tigten § 175 zu verurteilen, obwohl sie nichts falsch ge- macht haben. Ihr vermeintliches Verbrechen war es, anders zu lieben als die Mehrheit in unserem Land. Es bleibt aber ein Skandal, dass in der Bundesrepublik Deutschland weiterhin Männer mit dem Stigma leben müssen, vorbestraft zu sein, weil sie schwul sind. In der Bundesrepublik galt bis 1969 der von den Nazis ver- schärfte § 175 unverändert fort. Für schwule Männer brachte die Befreiung von 1945 deswegen nicht die Frei- heit. Statt ins Konzentrationslager ging es nun in ein de- mokratisch legitimiertes Gefängnis. Es blieb die Angst vor Denunziation und Razzien. Bis zu 60 000 Männer wurden Schätzungen zufolge in den Jahren von 1945 bis 1969 aufgrund des § 175 verurteilt. Das bedeutete auch das Ende von Karrieren, häufig eine Entfremdung von den Familien und die Zerstörung von Lebensglück. Mit der Strafrechtsreform 1969 wurde der § 175 entschärft, aber nicht beseitigt. Noch einmal wurden 3 545 Menschen ver- urteilt, bis 1994 die endgültige Abschaffung erfolgte. Auch in der DDR wurden Schwule verfolgt, wenn auch in geringerem Ausmaße. Die gesellschaftliche Ausgrenzung und Ächtung bestand aber auch im SED-Staat, im sozia- listischen Teil Deutschlands fort. Der Deutsche Bundestag hat bereits im Jahr 2000 in einer einstimmig angenommenen Resolution deutlich gemacht, dass „die Verfolgung gleichgeschlechtlicher Beziehungen gegen die Europäische Menschenrechtsch- arta und nach heutigem Verständnis auch gegen das frei- heitliche Menschenbild des Grundgesetzes verstoßen“ habe. Alle Fraktionen stimmten damals bereits überein, dass „homosexuelle Bürger in ihrer Menschenwürde verletzt wurden“. Diese Position ist Konsens im Hohen Haus, und ich fordere Sie auf, diese Position heute zu bestätigen und die Konsequenzen daraus zu ziehen. Im Jahr 2002 wurden dann diejenigen Opfer des § 175 reha- bilitiert, die unter der NS-Diktatur verfolgt und verurteilt wurden. Für die Opfer aber, die nach 1945 nach demsel- ben Unrechtsparagrafen verurteilt wurden, steht dies aus. Die Kolleginnen und Kollegen von der Union und der FDP argumentierten in dieser Frage in der Vergangen- heit mit dem Rechtsstaatsprinzip. Einmal erlassene Ur- teile dürften ihrer Meinung nach nicht zur Disposition gestellt werden; denn die Verfassung garantiere Rechts- sicherheit. Mit dieser Argumentation verkennen Sie den Sinn der Rechtsstaatsgarantie: Ziel ist es, die Bürgerinnen und Bürger vor Willkürentscheidungen des Staates und sei- ner Institutionen zu schützen und sicherzustellen, dass sie nicht in ihren Rechten im Nachhinein durch neue Ge- setzgebung beschnitten werden. In diesem Fall geht es aber darum, vom Staat selbst begangenes Unrecht auch Unrecht zu nennen und wiedergutzumachen. Ich frage Sie: Können wir es wirklich vertreten, zu sagen, dass menschenrechtswidrige Urteile nur wiedergutgemacht werden, wenn sie von einer Diktatur verhängt wurden? Wie können wir einem Opfer des § 175 in die Augen se- hen und ihm sagen: Es tut mir leid, Sie wurden zu spät verurteilt! – Liegt es nicht gerade im Wesen der Demo- kratie, dass sie in der Lage ist, begangene Fehler zu be- kennen und aus ihnen zu lernen? Meine Fraktion legt heute einen Antrag zur Debatte vor, der sich genau die- ses zum Ziel setzt. Wir wollen, dass die Unrechtsurteile aufgehoben, die Betroffenen rehabilitiert und entschä- digt werden. Es ist höchste Zeit: denn wieder einmal dauert die Diskussion viel zu lange, sodass viele Betrof- fene schon nicht mehr am Leben sind. Wenn die Bundes- regierung die beabsichtigte Markus-Hirschfeld-Stiftung auf den Weg bringt, sollte es eine ihrer ersten Aufgaben sein, die Opfer dieser menschenrechtswidrigen Strafver- folgung zu entschädigen. Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Beschlussempfehlung und Bericht: Gesund- heit ist eine globales öffentliches Gut – Rolle der Weltgesundheitsorganisation WHO in der „Global Health Governance“ stärken – Beschlussempfehlung und Bericht: „Global Health Governance“ stärken – Gesundheits- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 12463 (A) (C) (D)(B) versorgung in Entwicklungs- und Schwel- lenländern voranbringen – Antrag: Vertrag zwischen IAEO und WHO vom Mai 1959 kündigen – Für eine unab- hängige und effektive WHO (Tagesordnungspunkt 19 a und b, Zusatztages- ordnungspunkt 6) Stephan Stracke (CDU/CSU): Ich begrüße es, dass sich die Fraktionen der SPD und der Grünen mit ihren Anträgen für eine Stärkung der WHO aussprechen. Die WHO ist als Sonderorganisation der Vereinten Nationen für den Bereich Gesundheit unverzichtbar. Gerade der Globalisierungsprozess und die damit einhergehende Verknüpfung von gesundheitspolitischen Fragestellun- gen mit anderen Politikfeldern verdeutlicht, vor welchen Herausforderungen die Welt steht. Diese Entwicklungen machen auch vor der WHO nicht halt. Deshalb hat die WHO-Generaldirektorin Dr. Margaret Chan Anfang 2010 eine Reformdiskussion angestoßen, die die WHO neu ausrichten soll. Dabei soll die WHO in ihrer Rolle als übergeordneter und koordinierender Akteur in der globalen Gesundheitspolitik gestärkt werden. Sowohl die Bundesregierung als auch die christlich- liberale Koalition unterstützen diesen Reformprozess. Schwerpunkt der Reformdiskussion aus deutscher Sicht ist es, die Rolle der WHO auf ihre Kernfunktionen zu konzentrieren. Ziel ist es dabei, eine klare Aufgabentei- lung zu erreichen, die die Abgrenzung der WHO zu den anderen Akteuren der globalen Gesundheitspolitik deut- lich macht. Dies bedeutet, dass sich die WHO in Zukunft auf Standardisierung und Normsetzung, Koordinierung sowie Evaluierung konzentrieren sollte. Die Bereiche der Finanzierung und operativen Umsetzung sollten da- gegen anderen Akteuren überlassen werden. Im Ergebnis werden dadurch Ineffizienzen und Dopplungen vermie- den. Hierfür bringt sich Deutschland wie kaum ein anderer Mitgliedstaat in den offiziellen WHO-Gremien kon- struktiv ein. Beispielhaft genannt seien die Gespräche zwischen der Generalsekretärin Dr. Chan und den Bun- desministern Dr. Rösler und Niebel im November 2010 sowie eigene Veranstaltungen wie der viel beachtete Workshop am Rande des Exekutivrats im Januar 2011. All das zeigt: Die vorliegenden Anträge beinhalten in- haltlich im Wesentlichen nichts Neues. Die Aufforde- rung zum Handeln geht ins Leere; denn offensichtlich wollte oder konnte die Opposition nicht wahrnehmen, welche Aktivitäten die Bundesregierung im Zuge der Reformdebatte bereits entfaltet hat. Noch eine Anmer- kung zur WHO-Finanzierung: Die Bundesregierung be- gleitet auch diesen Reformprozess auf das Intensivste und bringt sich zielgerichtet mit ein. Im Unterausschuss Gesundheit für Entwicklungsländer kam aus den Reihen der Grünen natürlich stereotyp zunächst einmal die For- derung, dass die WHO mit mehr finanziellen Mitteln auszustatten sei. Einer solchen Forderung hat selbst die WHO-Generaldirektorin Dr. Chan eine Absage erteilt. Ihr ist es wichtig, dass die vorhandenen Mittel effizienter eingesetzt werden. Genau das entspricht auch der Linie der Bundesregierung. Nun wird in den vorliegenden Anträgen gefordert, die Regulärbeiträge im Verhältnis zu den freiwilligen Beiträ- gen kurzfristig wesentlich zu erhöhen. Dies stellt keine realistische Forderung dar: Denn den Mitgliedstaaten geht es zunächst einmal darum, zu wissen, für welche Maßnahmen das von ihnen zur Verfügung gestellte Geld verwendet wird. Da sind wir wieder beim Thema der Transparenz und der effizienten Verwendung von Geld- mitteln. Daneben fordern SPD und Grüne, die bewährte Zusammenarbeit zwischen WHO und IAEO aufzukündi- gen. Aber dabei geht es Ihnen primär gar nicht um die WHO. Vielmehr geht es Ihnen darum, aus tagesaktuel- lem Anlass gegen die Kernkraft Stimmung zu machen. Dies ist ein ganz durchsichtiger Zweck! Hier und heute ist aber die falsche Plattform dafür; denn heute muss die WHO im Zentrum stehen. Dies gilt umso mehr, als wir alle wissen, dass die Bundesregierung zurzeit intensiv daran arbeitet, den Umstieg in die erneuerbaren Energien schneller zu bewerkstelligen als bislang vorgesehen. Aus offenkundigen Gründen wird versucht, ein Ge- geneinander von WHO und IAEO aufzubauen. Natürlich hat in diesem Ihrem Spiel die IAEO die Rolle des Böse- wichts. Und diese Rolle wird ihr allein deshalb zugewie- sen, weil sie sich satzungsgemäß mit Kernenergie be- fasst. Dabei fällt selbstverständlich unter den Tisch, dass die IAEO im Jahre 2005 den Friedensnobelpreis erhalten hat. In Ihren Anträgen erwecken Sie den Eindruck, als sei die WHO in ihrer Unabhängigkeit durch ein Abkommen aus dem Jahr 1959 mit der IAEO beschränkt. Auch das ist falsch. Zunächst einmal handelt es sich hier nicht um ein irgendwie geartetes Sonderabkommen, sondern um ein Standardabkommen, wie es zwischen den Institutio- nen der Vereinten Nationen und anderen internationalen Organisationen gänzlich üblich ist. Es dient lediglich dem allgemeinen Zweck, die Arbeitsfelder der betroffe- nen Organisationen aufeinander abzustimmen und Inef- fizienzen zu vermeiden. Zudem entsprechen die Feststel- lungen der Grünen in drei wesentlichen Punkten nicht der Realität: Erstens. Mir ist völlig unklar, wie Sie zu der An- nahme kommen, das Abkommen zwischen der IAEO und der WHO sei 40 Jahre lang geheim gehalten wor- den. Das Abkommen wurde 1959 von der Weltgesund- heitsversammlung, also der Gesamtheit der WHO-Mit- gliedstaaten, verabschiedet. Glauben Sie ernsthaft, dass die Mitgliedstaaten nicht wussten, was sie da verab- schiedeten? Es ist ein Popanz, den Sie hier aufbauen. Der einzige Bereich, in dem Stillschweigen vereinbart wurde, betrifft das Thema des Datenschutzes. Dass die Grünen die Gewährleistung von Datenschutz kritisieren, ist ein erstaunlicher Vorgang. Zweitens. Das Abkommen steht in keinerlei Weise ei- ner unabhängigen Forschung und Bewertung durch die WHO entgegen. Dies ergibt sich schon aus der Ausge- staltung als Rahmenabkommen. Dessen einziger Zweck ist es, Doppelarbeit zu vermeiden. Auch aus dem Text des Abkommens ergibt sich nicht, dass die WHO in ir- 12464 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 (A) (C) (D)(B) gendeiner Weise untergeordnet oder weisungsgebunden ist. Die Regelungen lassen weder den Schluss zu, dass die Vereinbarung die von der Satzung der WHO vorge- schriebene Unabhängigkeit und Unparteilichkeit beein- trächtigt, noch ergibt sich daraus, dass sich die WHO ei- ner anderen Organisation in einem ihrer Arbeitsfelder unterwerfen muss. Dies hat die WHO selbst in einer Stellungnahme aus dem Jahr 2001 umfassend bestätigt. Weder rechtlich noch praktisch entsteht durch das Ab- kommen irgendeine Beeinträchtigung der unabhängigen Arbeit der WHO. Drittens. Die Grünen kritisieren, dass die WHO an- geblich im Rahmen der Katastrophe von Fukushima ihre Aufgaben nicht wahrgenommen und insbesondere aus Personalmangel keine eigenständigen Messungen der Strahlenwerte vorgenommen habe. Auch diese Behaup- tung entbehrt jeglicher Grundlage. Die WHO nutzt be- kanntlich weltweit ein internationales Netzwerk von 40 Kollaborationszentren – zwei davon in Hiroshima und Nagasaki. Das ist äußerst sinnvoll und nicht zu kriti- sieren. Jetzt gebe ich den Grünen einmal einen Tipp: Be- vor Sie das nächste Mal wieder meinen, auf die Schnelle irgendeinen Antrag zu irgendeinem Thema in die Welt setzen zu müssen, böte es sich an, sich im Vorfeld da- rüber zu informieren, ob Ihre Thesen auch zutreffen. Ich habe bei der WHO nachgefragt, warum sie denn derzeit in Fukushima nicht vor Ort ist. Von dort höre ich dann, dass dies nichts, aber auch gar nichts mit der behaupte- ten mangelnden Personalausstattung zu tun habe. Im Gegenteil: In der WHO herrscht kein Personalmangel. Vielmehr sollten aus guten Gründen kurz nach einer Ka- tastrophe nicht zu viele Menschen vor Ort sein, um die Rettungsaktionen nicht zu behindern. Zudem steht kurz nach einer Katastrophe eher die strukturelle Arbeit im Vordergrund. Die WHO befasst sich vor allem mit der wissenschaftlichen Aufarbeitung. Hierfür benutzt sie viele verschiedene Quellen, im Fukushima-Fall zum Beispiel die von Tepco, der japanischen Regierung und anderen Organisationen. Das zeigt: Die WHO nimmt ihre Aufgaben kraftvoll wahr. Die von SPD und Grünen vorgebrachten Bedenken ei- ner Beschränkung der WHO durch die Zusammenarbeit mit der IAEO gehen ins Leere. Einen Handlungsbedarf kann ich daher derzeit nicht erkennen. Es ist bedauerlich, dass die Opposition nicht die notwendige Reformdiskus- sion zur Zukunft der WHO in den Mittelpunkt stellt, son- dern auf Nebenschauplätze setzt. Wir, die christlich-libe- rale Koalition, befassen uns weiterhin mit dem Wichtigen: der Neuaufstellung der WHO. Wir wollen eine starke WHO. Hierfür setzt sich die Bundesregierung schon seit langem intensiv und auf allen Ebenen ein. Wir wünschen ihr bei den anstehenden Verhandlungen viel Erfolg. Sabine Weiss (Wesel I) (CDU/CSU): „Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts.“ Wie wahr dieses Zitat ist, weiß jeder, der schon einmal ernsthaft erkrankt ist oder eine schwere Krankheit im na- hen Umfeld miterlebt hat. Bei uns in Deutschland greift im Krankheitsfall ein gut funktionierendes Gesundheits- system – inklusive gut ausgebildetem medizinischen Personal und in der Regel bestmöglicher Versorgung. In anderen Teilen der Welt bedeutet Krankheit aber oft einen Fall ins Bodenlose, für den Kranken persön- lich, aber auch für die gesamte Familie, die neben der psychischen Belastung die ökonomischen Folgen der Krankheit wie Behandlungskosten und entgangenes Ein- kommen schultern muss. Sehr viele Krankheiten, unter denen Menschen in Entwicklungsländern zu leiden haben, sind armutsbe- dingt und in den Industrienationen schon lange kein Thema mehr bzw. nie gewesen. HIV/Aids, Tuberkulose, Malaria und die vernachlässigten und armutsbedingten Krankheiten nehmen Milliarden Menschen weltweit in ihre furchtbare Geiselhaft. Nicht funktionierende oder nicht existente nationale Gesundheitssysteme erschwe- ren bzw. behindern die Befreiung von diesen Krank- heitslasten. Kurzum gesprochen: Sehr vielen Menschen ist ihr Grundrecht auf den höchstmöglich zu erreichen- den Gesundheitsstand verwehrt. Es ist nun aber nicht so, als würde die Welt tatenlos zusehen. Weltweit haben Regierungen und die Zivilge- sellschaft dieser himmelschreienden Ungerechtigkeit den Kampf angesagt und engagieren sich vorbildlich für mehr globale Gesundheit und damit mehr globale Ge- rechtigkeit. Aber leider ist gut gemeint nicht immer bis in die letzte Konsequenz gut gemacht. Mittlerweile gibt es allein im Gesundheitssektor 100 weltweite Partnerschaf- ten, die alle ihre eigenen Bereitstellungsmethoden, Eva- luierungssysteme und Zeitrahmen haben. Damit sind die Gesundheitsministerien der Entwicklungsländer in zu- nehmendem Maße überfordert. Ich kann mir nicht helfen, aber vor meinem geistigen Auge entsteht das Bild von unzähligen Organisationen und Partnerschaften, die zwar alle mit nachvollziehbaren, richtigen und hehren Ansprü- chen auftreten, aber im Ergebnis aufgrund der Vielzahl wie ein Heuschreckenschwarm über die jeweiligen Ge- sundheitsministerien herfallen. Sie binden mit ihren je- weiligen unterschiedlichen Anforderungen die Ressour- cen, die dann an anderer Stelle für die Bewältigung der immensen Probleme im Gesundheitsbereich fehlen. Des- wegen, liebe Frau Roth, lieber Herr Kekeritz, sind wir uns, glaube ich, alle einig: Nur mit mehr Koordination und Kooperation in der globalen Gesundheitsarchitektur wird die Hilfe im Gesundheitssektor nachhaltig besser und effizienter werden. Wenn ich dann in Ihrem Antrag, liebe Frau Roth, lese, dass allein in dem kleinen Land Haiti 450 NGOs im Ge- sundheitsbereich mehr oder weniger unkoordiniert und unkontrolliert vor sich hin wursteln, dann bestärkt das meine Forderung nach mehr Koordination, und zwar möglichst schnell. Darum, liebe Kolleginnen und Kolle- gen der Opposition, sollten wir uns vorrangig kümmern, und wir sollten dies nicht nur einfach niederschreiben. Wir sollten auch nicht – wie in Ihren Anträgen gesche- hen – Forderungen aufstellen, die tatsächlich schon längst Regierungshandeln sind. Die WHO ist die einzig universell legitimierte Organisation in der globalen Ge- sundheitspolitik, die bei der Koordination der Hilfe im Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 12465 (A) (C) (D)(B) Gesundheitsbereich mehr Verantwortung übernehmen sollte – ja, sogar muss. Allein die WHO kann diese übergeordnete Koordinie- rungsrolle übernehmen, um Dopplungen und Ineffizien- zen bei den Akteuren im globalen Gesundheitsbereich zu verhindern. Was die heute im Bundestag beratenen An- träge zur Rolle der WHO angehen, so werden wir diese ablehnen, da sie überflüssig sind. Die Bundesregierung setzt bereits einen großen Teil der Forderungen zum Thema WHO umfassend um. Das, was Sie fordern, ist also bereits Regierungshandeln. Die Bundesregierung muss hier nicht mehr durch An- träge der Opposition überzeugt werden; denn die Haupt- forderungen der Anträge hat sie sich längst schon auf die Fahnen geschrieben. Es ist aber schön, Anträge der Op- position zu lesen, die in weiten Teilen das aktuelle Re- gierungshandeln beschreiben. Das ist nun beileibe nicht immer so! Wären dies hier keine Anträge, sondern wäre dies eine Resolution gewesen, hätten sich sicherlich alle Fraktionen dieser inhaltlich anschließen können. Voraus- setzung wäre natürlich gewesen, dass die Einleitung mit einem Lob an die Bundesregierung begonnen hätte, da die Forderungen fast vollständig das bisherige Handeln der Bundesregierung wiedergeben. Es zeigt mir aber, dass viel Einigkeit über die Rolle der WHO besteht. Erstens. Die WHO muss die globale Koordinations- rolle in der weltweiten Gesundheitsarchitektur überneh- men. Zweitens. Die Gesundheitssystemstärkung muss weiterhin bei der WHO ganz oben auf der Agenda ste- hen. Drittens. Die Finanzierung der WHO muss refor- miert werden. Viertens. Die Entscheidungsprozesse der WHO müssen transparenter werden. Ich will nur einige Punkte nennen, für die die Bundes- regierung sich im Rahmen der WHO-Reform einsetzt. Ziel dieser Reform ist eine Stärkung der Weltgesund- heitsorganisation insgesamt. Mit dieser Stärkung wird auch der Einfluss der WHO als Anwältin der öffentli- chen Gesundheit auf andere Politikbereiche spürbar ge- stärkt werden. Was die Forderung im SPD-Antrag und den Antrag der Grünen zur Unabhängigkeit der WHO von der Internationalen Atomenergie-Organisation an- geht, so halte ich diese für unbegründet. Ich kann keine Anhaltspunkte erkennen, dass die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der WHO beeinträchtigt wären oder dass sich die WHO einer anderen Organisation unter- werfen müsse. Dies hat die WHO auch in einer Stellung- nahme bestätigt. Aus diesem Grund lehnen wir auch den Antrag der Grünen, der eine Aufkündigung des Vertra- ges zwischen der Internationalen Atomenergie-Organi- sation und der WHO fordert, ab. „Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts“ – Wir brau- chen eine starke WHO, damit weniger Menschen auf- grund von Krankheit ins Nichts fallen und weltweit mehr Menschen zu ihrem Recht auf das für sie erreichbare Höchstmaß an Gesundheit kommen. Die WHO muss bei der Koordination der globalen Gesundheitsarchitektur die Führungsrolle innehaben. Ich bin froh, dass die Bundesregierung sich aktiv und inten- siv in die Reformdebatte der WHO einbringt und sich für eine Stärkung der Weltgesundheitsorganisation einsetzt. Dr. Marlies Volkmer (SPD): In der nächsten Woche werden in Genf auf der Weltgesundheitsversammlung die Weichen für eine Reform der Weltgesundheitsorgani- sation (WHO) gestellt, ein Ereignis von immenser Be- deutung für uns und für die Menschen auf der ganzen Welt. Aber leider ist die Regierungskoalition, insbeson- dere die FDP, so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass man sich um solche Dinge nicht kümmern kann. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Regierungskoalition, um Ihnen noch einmal kurz zu verdeutlichen, worum es geht: Die WHO war es, die beispielsweise die Pocken weltweit ausgerottet hat. Noch in den 1950er-Jahren gab es in Europa Pockenepidemien, die Tote forderten. 1980 konnte dann die WHO bekannt geben, dass die Pocken weltweit ausgerottet seien. Die Gefahren, die von Infek- tionskrankheiten ausgehen sowie Gesundheitsfragen, zum Beispiel im Zusammenhang mit Atomkraft, sind in unserer globalisierten Welt ungleich größer, als sie noch im vergangenen Jahrhundert waren. Nationalstaatliches Handeln reicht nicht mehr aus. Deswegen ist die WHO als weltumspannende Organisation unverzichtbar. Doch die Regierungskoalition ist zu beschäftigt mit Personal- fragen. Da hat man keine Zeit für Menschheitsfragen. Mit der Gründung der WHO hat sich die Weltgemein- schaft bereits 1948 als weitsichtig erwiesen. Heute, über 60 Jahre später, ist die Organisation so notwendig wie damals. Jedoch hat sich der Rahmen verändert. Eine Re- form der Organisation ist notwendig, damit sie auch in Zukunft ihren Aufgaben vollumfänglich gerecht werden kann. Einer grundsätzlichen Reform bedarf die Finanzie- rung der WHO. In den vergangenen Jahren hat sich der Anteil der freiwilligen, aber zweckgebundenen Mittel immer weiter erhöht. Nach dem Motto „Wer die Musik zahlt, sucht sie auch aus“ haben sich die Geber in zuneh- mendem Maße nur noch an von ihnen definierten Aufga- ben der WHO beteiligt. Dies hat dazu geführt, dass die unterschiedlichen Abteilungen der WHO in Konkurrenz zueinander stehen, statt sich abgestimmt den Kernauf- gaben der WHO zu widmen. Das muss sich ändern. Die WHO muss finanziell in die Lage versetzt werden, ihren Aufgaben als unabhängiges Gremium nachzukommen. Ein zweiter wesentlicher Punkt der Reform muss ein erhöhtes Maß an Transparenz sein. Die Zivilgesellschaft muss an den Entscheidungsfindungen ebenso beteiligt werden wie die Industrie. Nur so kann gewährleistet werden, dass niemandes Interessen auf Kosten der ande- ren durchgesetzt werden. Die WHO selbst vermeidet so, in den Verdacht einseitiger Interessenvertretung zu gera- ten. Der von den Grünen vorgelegte Antrag ist von der In- tention her nicht schlecht, aber er konzentriert sich aus- schließlich auf die Entwicklungs- und Schwellenländer und spart das Thema Finanzierung fast vollständig aus. Die Koalition ist mit sich beschäftigt und hat, wie immer bei den großen internationalen Themen, keine Ideen oder Vorstellungen. Unser Antrag zeigt den richtigen Weg. Stimmen Sie unserem Antrag zu. 12466 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 (A) (C) (D)(B) Karin Roth (Esslingen) (SPD): Dass wir heute über drei Anträge zum selben Thema beraten, die aus unter- schiedlichen Ausschüssen kommen, zeigt bereits einen Teil der Herausforderung, der wir uns stellen. Und auch das Nichtvorliegen irgendwelcher Ideen seitens der Re- gierungskoalition sagt einiges sehr deutlich. Aber im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent- wicklung konnten wir von unseren Kolleginnen der Re- gierungskoalition vernehmen, dass sie inhaltlich unse- rem Antrag gerne zugestimmt hätten. Wir müssen also annehmen, dass ihre Ablehnung rein parteitaktische Gründe hatte. Die Weltgesundheitsorganisation, ihre Aufgaben und ihre Aktivitäten betreffen heutzutage in besonders starker Weise die Länder, deren Gesundheits- systeme noch nicht so weit entwickelt sind. Das ist rich- tig. Aber, und das ist der entscheidende Punkt: Gesund- heit ist ein globales öffentliches Gut. Alle Fragen der Vorsorge und Interventionen im Bereich Gesundheit tref- fen uns in gleichem Maße. Deswegen greift es viel zu kurz, wenn man eine Reform der WHO rein aus dem ent- wicklungspolitischen Blickwinkel angehen möchte. Ich sage dies, auch wenn ich Entwicklungspolitikerin bin. Aber ohne beispielsweise eine grundlegende Finanzre- form, wie meine Kollegin Marlies Volkmer sie angespro- chen hat, hat die WHO keine Zukunft. Aus entwicklungs- politischer Sicht gibt es mehrere Bereiche, in denen Reformen notwendig sind. Um die WHO im Geflecht der zahlreichen Akteure in internationalen Gesundheitsfra- gen zu stärken und ihr die – schon bei der Gründung zu- gedachte – Führungsrolle wiederzugeben, muss die WHO als normsetzende Organisation festgeschrieben werden, auch in Grundsatzfragen von Gesundheitssyste- men. Es ist wenig zielführend, wenn alle möglichen Or- ganisationen und Staaten zwar guten Willens sind, sich aber gegenseitig blockieren, statt sich zu koordinieren. Als bestehende Organisation ist die WHO geradezu prä- destiniert für diese Aufgabe. Gleichzeitig sollte sie zu ei- ner „One Stop Agency“ ausgebaut werden. Nur so kön- nen in Zukunft eine bessere Geberkoordination erreicht, die Überforderung vorhandener Strukturen vermieden und ein effizienter Aufbau von Gesundheitssystemen ge- währleistet werden. Ein entscheidendes Thema für die Zukunft der WHO wird die Transparenz sein, mit der künftig Entscheidun- gen getroffen werden. Gerade in jüngster Zeit geriet die WHO in die Kritik, weil ihr eine zu starke Einfluss- nahme der Pharmaindustrie unterstellt wurde. Es muss also für die Zukunft ein Mechanismus installiert werden, der eine Beteiligung auch der Zivilgesellschaft garan- tiert. Glaubwürdigkeit und Akzeptanz steigen mit Betei- ligung und Transparenz. Wenn alle überzeugt sind, dass ihre Bedürfnisse zumindest wahrgenommen werden, werden wir mithilfe der WHO einen großen Schritt zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation auf der ge- samten Welt schaffen. Tragen Sie zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation aller Menschen bei. Stimmen Sie für unseren Antrag. Zum Schluss sei noch ange- merkt, dass es gut ist, dass die Grünen nun auch das Thema der atomaren Gefahren und die Rolle der WHO aufgegriffen haben, welches sie noch gestern im Aus- schuss als überflüssig diskreditierten. Sie hätten sich die Nachtschicht sparen können, wenn Sie, entgegen der Abstimmung im Ausschuss, jetzt unserem Antrag zu- stimmen. Helga Daub (FDP): Dr. Margaret Chan, die General- direktorin der WHO, hat sich auf der Sitzung des Execu- tive Board am 22. Januar dieses Jahres noch einmal sehr deutlich zu der dringend notwendigen Reform der WHO geäußert und dies auch hier im Unterausschuss Gesund- heit in Entwicklungsländern vorgetragen. Gewohnt sind wir eigentlich, dass sich Organisationen gerne zieren, wenn es um Veränderungen im eigenen Hause geht. Dr. Chans Forderungen nach einer Stärkung der WHO als „Global Health Governance“ gehen Hand in Hand mit ihren Bestrebungen, sowohl die Finanzierung als auch das Management zu reformieren. Die konkreten Vorschläge wird Dr. Chan auf der 64. Sitzung der World Health Assembly, WHA, vorstellen, die vom 16. bis 24. Mai in Genf stattfindet. Dies wird ein weiterer wich- tiger Diskussionsbaustein sein, wenn wir als Bundestag über diesen Tag hinaus über die Rolle der WHO debat- tieren. Zum Antrag der Grünen, den wir im Oktober letzten Jahres bereits in diesem Haus debattiert haben, liegt nun auch die Beschlussempfehlung des AWZ vor. Wie Sie wissen, konnten wir als FDP-Fraktion trotz vieler Ge- meinsamkeiten in der Zielsetzung dem Antrag im Aus- schuss nicht zustimmen. Gerne möchte ich noch einmal auf einige Aspekte eingehen, die auch den Antrag der SPD-Fraktion mit einbeziehen. Die globale Gesundheitspolitik ist immer komplexer geworden, was eine Neuausrichtung der Rolle der WHO in der globalen Gesundheitsarchitektur unabdingbar macht. Wir als Liberale freuen uns über die im März be- schlossene engere Kooperation zwischen EU-Kommis- sion und WHO. Ich denke, auch dies ist ein wichtiger Schritt, die Stärkung der globalen Gesundheitszusam- menarbeit voranzutreiben, und ein Anstoß, die nötigen Reformen zu unterstützen. Im letzten Jahr – hier sei auch ein Lob über die Fraktionsgrenzen erlaubt – haben Sie in Ihrem Antrag wichtige Punkte angesprochen und sach- lich und fachlich richtig aufgezeigt. Wir sind in vielen Bereichen einer Meinung. So betonen auch wir den Handlungsbedarf bezüglich der Koordination, Über- sichtlichkeit und Effizienz der WHO und ihre künftige Rolle betreffend. Was die Kooperation mit anderen Insti- tutionen angeht, habe ich eben bereits die Europäische Kommission erwähnt, aber auch die Zusammenarbeit mit der WTO, WIPO und UNCTAD muss weiter ver- stärkt werden. Wir stimmen mit der Bundesregierung in der Einschätzung überein, dass sich die WHO auf ihre Kernfunktionen, also Normsetzung, Koordinierung und Evaluierung, konzentrieren sollte. Finanzierung und operative Umsetzung sollte sie hauptsächlich anderen Akteuren der globalen Gesundheitspolitik überlassen. Es ist die normative Funktion der WHO, die bei der Stär- kung von Gesundheitssystemen eine herausgehobene Rolle spielt. Die Konzentration auf die Kernfunktionen bedeutet für die WHO auch, dass eine inhaltliche Kon- zentration vorangebracht werden soll. Weniger krank- heitsspezifisch, mehr hin zu einer systemischen Ausrich- tung. Die Bundesregierung betont zu Recht die Relevanz Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 12467 (A) (C) (D)(B) des horizontalen Ansatzes der Gesundheitssystemstär- kung, der Themen wie Prävention und Gesundheitsför- derung in Bezug auf alle Krankheitstypen integriert. Mit einer Straffung der Kernkompetenzen würde auch eine Begrenzung des Finanzbedarfs der WHO erreicht, was die Organisation in ihrer Handlungsfähigkeit stärkt. Wir können bezüglich der WHO und im Hinblick auf die Anträge sowohl der Grünen für den entwicklungspo- litischen Bereich als auch für den gesundheitspolitischen Antrag der SPD viele Gemeinsamkeiten im Grundsatz finden. Was die konkrete Ausgestaltung angeht, haben wir nicht nur in den entsprechenden Ausschüssen, son- dern auch heute die Unterschiede debattiert. Als Entwicklungspolitikerin möchte ich einen Punkt noch einmal aufgreifen, der für die FDP-Fraktion von hoher Bedeutung ist und bleibt. Es ist nicht neu, dass wir als Liberale und als Koalition großen Wert darauf legen, auch bilaterale Unterstützung im Gesundheitsbereich zu leisten. Der Antrag zeigt eine zu hohe, einseitige Kon- zentration auf die WHO, selbst wenn Reform- und Stär- kungsprozess perfekt verlaufen würden. Für die Verbesserung der Gesundheitssysteme vor Ort sind die Länder unabdingbare Partner. Die Zusammenar- beit mit den Partnerländern, mit NGOs und dem Privat- sektor – sowohl in Deutschland als auch im jeweiligen Land – ist zentral für den Erfolg unserer Politik. Die WHO hat eine sehr wichtige Rolle, die durch einen ge- lungenen Reformprozess weiter gefestigt werden muss. Wir sehen gespannt den weiteren Reformschritten entgegen, vor allem auch der Vorstellung der Reform- pläne durch Margaret Chan in Genf. Deutschland hat sich an der informellen Konsultation „Zukunft der WHO-Finanzierung“ beteiligt und wird auch den weite- ren Reformprozess in den WHO-Gremien konstruktiv begleiten. Die FDP-Fraktion wird, ebenso wie die Bun- desregierung, in dieser Weiterentwicklung ein verlässli- cher Partner sein. Niema Movassat (DIE LINKE): Als die Welt- gesundheitsorganisation WHO vor 63 Jahren als Sonder- organisation der Vereinten Nationen gegründet wurde, um das internationale öffentliche Gesundheitswesen zu koordinieren, machte sie auch gleich Furore mit ihrer Definition von Gesundheit: Denn Gesundheit ist dem- nach „ein Zustand des vollständigen körperlichen, geisti- gen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen“. Das war damals sozial und revolutionär. In Entwicklungs- und Schwellenlän- dern ist Gesundheit in dieser Definition bis heute eine Utopie: So wird es auch bleiben, wenn wir uns nicht stärker dafür einsetzen, dass die Gesundheitsversorgung in diesen Ländern grundlegend verbessert wird. Wir soll- ten daher alle gemeinsam das Ziel haben, diese Utopie Wirklichkeit werden zu lassen. Somit unterstützt Die Linke das Ziel des SPD-Antrags, die WHO als Koordi- natorin im Bereich Global Health Governance und somit vor allem die armutsorientierte Krankheitsbekämpfung zu stärken. Einen Meilenstein für die Entwicklung der Weltge- sundheit bildete die WHO-Strategie „Gesundheit für alle im 21. Jahrhundert“. „Gesundheit für alle“ als wesent- licher Bestandteil der menschlichen Entwicklung, das ist ein hehres Ziel, für dessen Umsetzung nach wie vor un- endlich viel getan werden muss, wenn man bedenkt, dass mindestens 1,2 Milliarden Menschen keinen Zugang zu Gesundheitsversorgung haben, da sie in extremer Armut leben. Doch warum sind wir eigentlich so weit weg vom Ziel „Gesundheit für alle“? Der Grund liegt in der neo- liberalen Politik der letzten Jahrzehnte: Denn sie bedeu- tet für Milliarden Menschen Armut, Hunger, Krieg und soziale Missstände, wodurch ihnen gesunde Lebensbe- dingungen vorenthalten werden. Der Neoliberalismus hat auch vor den Toren der WHO nicht halt gemacht. Auf dem Papier sieht es zwar schön aus, dass im Ent- scheidungsgremium jeder Staat genau eine Stimme hat. Die Realität ist leider anders: Der größte Finanzgeber, die USA, aber auch etliche europäische Staaten, geben ihre Beiträge nur noch projektgebunden und können so- mit diktieren, was mit diesem Geld geschieht. Wer am meisten Geld hat, bestimmt also auch die Aktivitäten der Weltgesundheitsorganisation. Das kann nicht im Sinne der WHO-Verfassung sein. Hier brauchen wir eine Rückkehr zu einer verlässlichen und nicht zweckgebun- den Finanzierung der regulären Aufgaben der WHO. Ebenso dringend benötigt die WHO eine Reform ih- rer Struktur. Die SPD fordert in ihrem Antrag mehr Transparenz bei den Entscheidungen, und das unterstützt die Linke. Schwieriger wird es allerdings mit der SPD- Forderung, auch die Pharmakonzerne stärker zu beteili- gen. Damit bekommen diese mehr Einfluss auf die WHO. Diese Forderung der SPD dient damit letztlich nur den Interessen der Pharmalobby und wird von uns abgelehnt. Die WHO als zentrale Koordinierungsstelle der globalen Gesundheitssysteme steht ohnehin schon im Fokus der Interessen gieriger Unternehmen. Unrühm- liche Publicity erlangte die WHO im Rahmen der Schweinegrippe. Die Ausrufung der Pandemie-Gefahr sicherte vor allem zwei Konzernen Milliarden Profit: GlaxoSmithKline, dem als Hersteller des Impfstoffs Pandemrix somit die Abnahme durch viele Länderregie- rungen garantiert war, und Roche, der das Grippemittel Tamiflu produziert. Genau diese beiden Konzerne gaben große Geldbe- träge an mehrere Wissenschaftler, die mit der Erarbei- tung der WHO-Richtlinien betraut waren. Und die WHO mauert und weigert sich, sämtliche Kontakte ihrer Bera- ter mit der Pharmaindustrie offenzulegen, ja zum Teil deckt die Organisation noch nicht einmal deren Namen auf. Wenn hier nicht schnellstens Transparenz geschaf- fen wird, verspielt die WHO das Vertrauen insbesondere bei den Menschen, die auf ihre Hilfe angewiesen sind. Wenn die Struktur der WHO nun geändert werden soll, dann muss dies einer Rückkehr zu ihren ursprünglichen Zielen sozialer und ökonomischer Gerechtigkeit dienen. Jegliche Interessenskonflikte innerhalb der WHO blen- det die SPD in ihrem Antrag völlig aus. Daher wird Die Linke dem SPD Antrag nicht zustimmen. Auch plädie- ren wir im Gegensatz zur SPD für mehr Eigenverantwor- tung der Länder: Die Menschen in den einzelnen Län- 12468 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 (A) (C) (D)(B) dern und die nationalen Regierungen sollen die Zielsetzung der Gesundheitspolitik vorgeben, über die WHO können diese koordiniert und gemeinsame Stan- dards definiert werden. Eine Stärkung der Ownership der Entwicklungs- und Schwellenländer fordert auch der Antrag von Bünd- nis 90/Die Grünen. Darüber hinaus setzt er sich für die Beseitigung der ineffizienten Vielfalt von gesundheits- bezogenen Initiativen ein, welche die selbstbestimmte Umsetzung nationaler Gesundheitsstrategien behindern. Daher stimmt die Linke dem Antrag von Bündnis 90/ Die Grünen zu. Ebenso stimmen wir dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zu, den Vertrag zwischen der IAEO und der WHO vom Mai 1959 zu kündigen, denn nur mit einer unabhängigen WHO können wir uns dem Ziel, die Global Health Governance zu stärken, annä- hern. Das Bestreben, die WHO als Koordinatorin der Glo- bal Health Governance effektiver und transparenter zu gestalten, scheint stark zu sein. Es darf jedoch nicht bei Reformansätzen bleiben. Die globalen Anstrengungen, eine bestmögliche gesundheitliche Versorgung für alle Menschen weltweit zu schaffen, müssen erhöht werden. Im 21. Jahrhundert darf eine bestmögliche gesundheit- liche Versorgung kein Luxusgut bleiben. Denn Gesund- heit ist und bleibt ein elementares Menschenrecht. Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Unterausschuss für Gesundheit in Entwicklungsländern beleuchtet immer wieder die dortige Gesundheitssitua- tion. Es sind sehr viele positive Entwicklungen zu sehen, wenngleich wir noch unendlich weit weg sind von einer zufriedenstellenden Gesundheitsversorgung in diesen Ländern. Ein Kernproblem einer nachhaltigen und sozial angemessenen Gesundheitsversorgung stellt das Fehlen von verlässlichen, finanzierbaren und bedarfsgerechten Gesundheitsstrukturen dar. In den letzten Jahren sind viele Ideen entwickelt worden. Einige Länder haben an- gefangen, Systeme zu etablieren und sie möchten ihre Ansätze ausweiten. Die Frage, welches Gesundheitssys- tem angemessen ist, müssen die Länder letztlich selbst entscheiden. Wichtig ist allerdings, dass durch seriöse Mindeststandardsetzung den Ländern ein Orientierungs- rahmen gegeben wird, an der sich die Politik orientieren muss. Die einzige Organisation, die die Standardsetzung übernehmen kann, ist die WHO. Sie ist aufgrund ihrer völkerrechtlichen Sonderrolle hierfür legitimiert und von der Völkergemeinschaft vorgesehen. Voraussetzung da- für sind aber Reformen, um auch die Kompetenzen bei der WHO wieder oder neu zu schaffen. Unser Antrag zielt darauf ab, die derzeitigen undurchsichtigen und in- effizienten Strukturen bei den globalen Gesundheitsini- tiativen überschaubar und transparenter zu gestalten. Die zentrale Rolle bei der Koordination der Akteure der glo- balen Gesundheitspolitik wie UNAIDS, GAVI, der Glo- bale Fonds, Weltbank, UNICEF, UNFPA, Bill-und- Melinda-Gates-Stiftung, aber auch christlich getragene Organisationen, die seit Jahrzehnten im Gesundheitsbe- reich aktiv sind, kann nur die WHO übernehmen. Nur durch eine planmäßige, allgemein akzeptierte Koordination können die Gesundheitssysteme in den Partnerländern zu effizienten und wirksamen Instrumen- ten umgebaut werden. Alle Welt spricht von Globalisie- rung. Unabhängig von der Bewertung der Globalisie- rung ist unbestritten, dass Globalisierung begleitet und auch im Sinne einer fairen und sozial gerechten Ent- wicklung gesteuert werden muss. Die Freiheitsrechte und das „Ownership“ der Partnerländer werden dadurch nicht beeinträchtigt. Damit die WHO diese Aufgabe übernehmen kann, muss dringend eine WHO-Reform durchgeführt werden. Transparenz, Unabhängigkeit, auskömmliche Finanzie- rung, Einbeziehung der Gesundheitsinitiativen, gute Koordination und Herstellung von Kohärenz zwischen den Programmen und Partnern gehören unbedingt dazu. Hierzu könnte ein neu zu schaffendes „Komitee C“ ein geeigneter organisatorischer Rahmen sein. In den letzten Jahrzehnten hat die Bedeutung der WHO ständig abge- nommen, private Player haben oftmals ihre Rolle über- nommen. Die Erreichung der MDGs im Gesundheitsbe- reich ist von einer gestärkten, von den internationalen Gesundheitsinitiativen akzeptierten WHO abhängig. Deshalb muss Politik heute im Interesse der Menschen in Entwicklungsländern massiv dazu beitragen, dass die WHO die beschriebene Aufgabe auch tatsächlich über- nehmen kann. Die WHO muss ihre Unabhängigkeit zu- rückgewinnen. Im Zusatzantrag fordern wir die Kündi- gung des 1959 geschlossenen Vertrages zwischen WHO und IAEO. Fukushima hat gezeigt, dass im Falle von nu- klearen Katastrophen eine unabhängige Bewertung der Situation vor Ort absolut notwendig ist. Die vom Betrei- ber des AKW Fukushima, Tepco, durchgeführten Mes- sungen wurden gefälscht, von der japanischen Regie- rung ungeprüft übernommen und auch von der IAEO nicht hinterfragt. Bald stellte sich heraus, dass die Veröf- fentlichungen der Messungen geschönt waren und die Bevölkerung belogen wurde. Die Bundesregierung meint zwar, dass es nicht Auf- gabe der WHO sei, Messungen durchzuführen sowie diese zu veröffentlichen und Verhaltensempfehlungen abzugeben. Wir sehen das grundsätzlich anders. Die Menschen vor Ort, aber auch die Weltöffentlichkeit ha- ben einen Anspruch auf nicht gefälschte Informationen. Deshalb ist die WHO auch nach ihrem eigenen Verständ- nis natürlich für die Veröffentlichung zuständig. Aller- dings verhindert der Vertrag zwischen WHO und IAEO eine unabhängige und objektive Berichterstattung und angemessene Empfehlungen. Der Vertrag sieht vor, dass Veröffentlichungen und Untersuchungen zu den Auswir- kungen ionisierender Strahlung nur nach Absprache und im Einvernehmen mit der IAEO erfolgen sollen. Die rechtliche Bedeutung des Modalverbs „sollen“ ist ein- deutig. Gleichzeitig bestätigt dieser Satz auch, dass die WHO die Aufgabe hat, Erkenntnisse, Messungen und Empfehlungen im Ernstfall zu veröffentlichen. Wie stark der Einfluss der IAEO auf die WHO ist, wurde durch die Tschernobyl-Katastrophe dokumentiert. Es wurden etwa 700 Studien zu den Auswirkungen erstellt. Davon konnte die WHO allerdings nur zwölf veröffentlichen. Der damalige Generalsekretär der WHO, Nakashima, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 12469 (A) (C) (D)(B) begründete dies mit dem enormen Druck, den sich die WHO durch die IAEO ausgesetzt sah. Jeder Vertrag muss nach einer bestimmten Laufzeit auf seinen Inhalt und seine Sinnhaftigkeit überprüft werden. Die Aufga- bengebiete der WHO und IAEO sind grundverschieden. Die Aussage der Bundesregierung, dass es einfach sinn- voll sei, Absprachen zwischen UN-Organisationen zu treffen, kann nur teilweise akzeptiert werden. Sobald die eigentliche Aufgabenstellung ad absurdum geführt wird, ist so ein Vertrag nur noch als grotesk zu bezeichnen. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, ihre Stel- lung und ihren Sitz in der Weltgesundheitsversammlung Mitte Mai dieses Jahres und im Exekutivrat der WHO zu benutzen, um die notwendigen Reformen voranzutreiben und insbesondere die Kündigung des Vertrages zwischen WHO und IAEO zu beantragen. Ob ein neuer Vertrag zwischen den beiden Organisationen sinnvoll ist, braucht hier nicht diskutiert zu werden. Das müssen diese Einrichtungen selbst entscheiden. Eine Dominanz des einen über den anderen darf es nicht geben. Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften (Zusatztagesordnungs- punkt 4) Frank Heinrich (CDU/CSU): Zu dem heute in zwei- ter und dritter Lesung zu debattierenden Gesetzentwurf herrscht erfreulicherweise fraktionsübergreifend weitest- gehend Zustimmung. Der Änderungsantrag der Koali- tionsfraktionen auf Ausschussdrucksache 17(11)529 wurde einstimmig angenommen, der Gesetzentwurf in der Fassung des genannten Änderungsantrages mit den Stimmen der CDU/CSU, SPD und FDP bei Stimmenthal- tung der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grü- nen. Die Hinweise, die der Weiße Ring im Rahmen der Debatten eingebracht hat, nehmen wir gleichwohl ernst und werden sie auch in Zukunft mit bedenken. Der Änderungsantrag hat vor allem klarstellenden Charakter und setzt den Beschluss des Bundesrates vom 18. März 2011 um. Damit wird nun sichergestellt, dass die Ost-West-Anpassung allen Berechtigten zugute- kommt und dass der Stichtag für den zeitlichen Gel- tungsbereich des Opferentschädigungsgesetzes, OEG, in den neuen Ländern korrekt benannt ist. Darüber hinaus haben wir als Regierungskoalition mit dem Änderungsantrag ein Versprechen eingelöst, das das Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder in Familien, die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II bzw. Sozialhilfe nach dem SGB XII beziehen, betrifft: Die Frist für die Beantragung rückwirkender Leistungen aus diesem Bildungspaket wurde bis zum 30. Juni 2011 verlängert. Mit dieser Regelung wird eine zwischen Bund, Ländern und Kommunen getroffene Vereinbarung umgesetzt. Es freut mich sehr, dass dieser Konsens er- reicht wurde. Es ist ganz in meinem Sinne, dass die an- spruchsberechtigten Familien unser größtmögliches Ent- gegenkommen erhalten, um die ihnen zustehende Förderung auch abzurufen. Aus meinem Wahlkreis und aus meiner Arbeit als Heilsarmeeoffizier kenne ich diese Familien sehr gut, und ich weiß, wie knapp es finanziell bei vielen zugeht. Die Empfänger der Bildungsgutscheine taten sich zu- nächst schwer, die Anträge zu stellen und die Mittel ab- zurufen. Die Medien haben das lautstark angeprangert. Wie ich denke, war diese Kritik teilweise überzogen, und es wurde zu Unrecht skandalisiert; denn nicht das Gesetz an sich ist schlecht gemacht, sondern die spe- zielle Zielgruppe ist schwer zu erreichen. Ich denke an Alleinerziehende – die müssen ihre Kinder versorgen, gehen vielfach einem Beruf nach, erledigen den Haus- halt und dann kommt zu allem anderen noch der – ich sage es mal so salopp – „Behördenkrams“ obendrauf. Da dauert es manchmal einfach länger, alles zu erledigen. Ich denke an kranke Menschen, seien sie körperlich krank, seien sie psychisch behindert oder vielleicht suchtkrank. Das ist nicht ihre Schuld. Aber es ist auch kein Fehler des Gesetzes. Diese Menschen brauchen passgenaue Hilfen und Unterstützung – und das wie- derum braucht Zeit. Insofern sind es absolut normale Startschwierigkei- ten, mit denen diese neue Förderung zu kämpfen hat, ge- rade wenn sie alle Beteiligten mitnehmen will. Für eine Bewertung der Maßnahmen ist es noch viel zu früh, doch sie kommen immer besser an, werden ver- mehrt abgerufen. In meiner Heimatstadt Chemnitz wird berichtet, dass dies schon über ein Drittel der Anspruchs- berechtigten getan hat. Das ist übrigens der positive Ne- beneffekt der Medienschelte: Bürger haben ihre Ansprü- che erkannt und fordern sie nun ein. Das ist gut und richtig, und es ist im Sinne des Erfinders – oder besser der Erfinderin: Ursula von der Leyen. Und diese wiederum steht stellvertretend für die Familien- und Sozialpolitik der Bundesregierung und der CDU/CSU-Fraktion: Bil- dung für Kinder, dafür machen wir uns stark. Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD): Die Beratungen zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Bundesver- sorgungsgesetzes im Ausschuss für Arbeit und Soziales waren sehr konstruktiv. Bedenken der Expertenver- bände, die von den Oppositionsfraktionen thematisiert worden sind, sind ernsthaft diskutiert worden. Dazu gehört beispielsweise der Punkt, der insbeson- dere vom Verein Weißer Ring angesprochen worden ist: Kann es dadurch, dass Ansparungen aus Leistungen des sozialen Entschädigungsrechtes als Vermögen einzusetzen sind, zu unzulässigen Härten bei den Betroffenen kommen? Einhellig wurde im Ausschuss diskutiert, dass dies nicht sein dürfe. Ich begrüße es daher, dass der sozialpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Herr Schiewerling, zu- gesagt hat, dass dieser Sachverhalt außerhalb dieses Gesetz- gebungsverfahrens geprüft werden solle. Wir begrüßen dies ausdrücklich, weil es eine Verschlechterung für die Betrof- fenen nicht geben darf. Wir alle wissen, dass es sich mittlerweile nicht mehr überzeugend vermitteln lässt, warum unterschiedliche 12470 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 (A) (C) (D)(B) Leistungshöhen im sozialen Entschädigungsrecht oder unterschiedliche Rentenberechnungssysteme in Ost und West existieren. Es ist ein wichtiges Anliegen unserer Fraktion, dass Opfer in Ost und West nicht länger be- nachteiligt werden. Es wird mit diesem Entwurf der Re- gierung klargestellt, dass es keine Wertigkeit von Opfern geben kann. Auch die Umsetzung des EuGH-Urteils in der Aus- landsversorgung ist richtig. Hier wäre es nicht verständ- lich gewesen, wenn zukünftig nunmehr alle Leistungs- berechtigten mit Wohnsitz in EU-Mitgliedstaaten die gleichen Leistungen erhalten hätten, aber weiterhin eine Schlechterstellung für Leistungsberechtigte mit Wohn- sitz außerhalb der EU gegeben wäre. Zukünftig erfolgt eine einheitliche Auslandsversorgung und -fürsorge für alle Berechtigten im Ausland. Als Behindertenbeauftragte der SPD-Fraktion be- grüße ich zudem die Klarstellungen zum Persönlichen Budget sowie den Erweiterungen beim Assistenzpflege- bedarfsgesetz, wobei für die Zukunft weitere Verbesse- rungen bei der bedarfsgerechten Assistenz notwendig sind. Die Erweiterung der Frist für die nachträgliche Bean- tragung von Leistungen aus dem Bildungs- und Teilha- bepaket haben wir als SPD gefordert – nun wird sie mit diesem Gesetz endlich umgesetzt. Das Paket wird bundesweit ganz unterschiedlich angenommen; dies sieht man an der Zahl der Antrags- eingänge: Sind es in dem einen Kreis gerade einmal 2 Prozent der Anspruchsberechtigten, die Leistungen be- antragt haben, sind es in einer anderen Region zwischen 20 und 30 Prozent. Die Umsetzung braucht eine längere Anlaufphase, deshalb ist es gut, wenn die Menschen jetzt zwei Monate länger Zeit haben, ihre Ansprüche rückwir- kend geltend zu machen. Wir begrüßen diese Fristver- längerung daher ausdrücklich. Der Entwurf ist somit zustimmungsfähig. Pascal Kober (FDP): Mit dem heute zu beratenden Gesetzentwurf verfolgt die Regierungskoalition das Ziel, Änderungen in zwei Themenfeldern umzusetzen. Zum einen wollen wir das Bundesversorgungsgesetz 20 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung der Realität in Deutschland anpassen. Daher sieht der Gesetzentwurf vor, dass es eine Angleichung der Rentenleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz geben wird. Wir kom- men damit einer langjährigen Forderungen der Betroffe- nen und vieler Verbände nach. Es sind von dieser Ände- rung zwar „nur“ 40 000 Personen betroffen, für diese ist es jedoch ein deutlicher Fortschritt und ein Stück mehr Gerechtigkeit. Wir machen damit einen weiteren Schritt hin zu einheitlichen Rechtsverhältnissen in ganz Deutschland und damit letzten Endes zur Verwirkli- chung der deutschen Einheit. Zusätzlich vereinfachen wir die Berechnung des Be- rufsschadensausgleiches, wobei in Bestandsfällen die Vergleichseinkommen zu einem Stichtag festgestellt und dann in den Folgejahren um den Faktor der Rentenan- passung erhöht werden. Eine Besitzstandsregelung stellt sicher, dass künftig niemand eine geringere Leistung als bisher erhalten wird. Zudem verändern wir die Aus- landsversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz, wie sie nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 4. Dezember 2008 notwendig geworden ist. Die ak- tuellen Regelungen zur Versorgung von Kriegsopfern in ost- und südosteuropäischen Mitgliedstaaten der Euro- päischen Union verstoßen nach dem Urteil gegen EU- Recht. Durch die vorgesehene Änderung wird das Recht der Auslandsversorgung sowohl vereinfacht und entbü- rokratisiert als auch mit dem Ziel einer einheitlichen Auslandsversorgung, auch außerhalb der Europäischen Union, verbunden. Zudem enthält der Teil zur Änderung des Bundesver- sorgungsgesetzes noch einige redaktionelle Änderungen, die durch die Änderung anderer Gesetze sowie durch Rechtsprechung notwendig geworden sind. Ein zweiter Punkt des Gesetzes steht jedoch mehr im Fokus der Öf- fentlichkeit und zeigt auch, wie handlungsfähig Politik ist. Es geht dabei um die Fristen für die Anträge von Leistungen aus dem Bildungspaket. Mit dem Beschluss der Leistungsreform im SGB II haben wir erstmals den Bildungs- und Teilhabebedarf von Kindern, deren Eltern in ALG-II-Bezug sind, be- rücksichtigt. Für die Beantragung der Leistungen für Bildung und Teilhabe wurde damals eine erste Frist bis zum 30. April dieses Jahres eingeräumt. Zuständige An- sprechpartner für die Anträge sind die Kommunen, die durch die Jobcenter die Verwaltung und Durchführung des Bildungspakets in der Hand haben. Mitte April mussten wir jedoch vernehmen, dass es je nach Kommune sehr unterschiedliche Zahlen über die Anzahl der Antragstellungen gab. Ich möchte an dieser Stelle jedoch auch betonen, dass die in den Medien kur- sierende geringe Zahl von 2,5 Prozent der Eltern, die Mittel des Bildungspakets beantragt hätten, so nicht stimmt. Viele Kommunen hatten deutlich höhere An- tragszahlen zu vermelden. Wir haben jedoch vor der Tatsache, dass die Nach- frage nach dem Bildungspaket bisher noch nicht zufrie- denstellend ist, die Augen nicht verschlossen, weil wir wollen, dass die Leistungen auch zum Wohle der Kinder abgerufen werden. Daher hat die Regierung schnell ge- handelt und am 21. April 2011 einen runden Tisch unter Beteiligung der Länder und der Kommunen einberufen. Dabei wurde vereinbart, die Frist bis zu der die ersten Leistungen beantragt und rückerstattet werden können, bis zum 30. Juni 2011 zu verlängern. Ich halte dies für ein gutes und unbürokratisches Vorgehen. In der Zwi- schenzeit werden sowohl die Kommunen als auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales noch einmal eine Informationsoffensive zum Bildungspaket starten. Schon die letzten Tage und Wochen haben gezeigt, dass die Zahl der Anträge deutlich nach oben gegangen ist. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir in einigen Wochen eine zufriedenstellende Zahl an Anträgen haben werden und das Bildungs- und Teilhabepaket damit zu einem Er- folg wird. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 12471 (A) (C) (D)(B) Frank Tempel (DIE LINKE): Die Linke begrüßt aus- drücklich, dass 20 Jahre nach der Wiedervereinigung die Leistungen im sozialen Entschädigungsrecht angegli- chen werden sollen. Das ist ein wichtiger Schritt. Trotz- dem gibt es noch einiges zu tun: Ich erinnere nur an die von allen Bundesregierungen verschleppte, längst über- fällige Angleichung der Renten in Ostdeutschland auf das Westniveau. Es ist zudem dringend geboten, die Ur- teile des Europäischen Gerichtshofs, EuGH, zur Aus- landsversorgung gesetzlich umzusetzen. Die Entschädi- gung bei einem Wohnsitz im Ausland soll vereinfacht werden. Obwohl der Gesetzentwurf insgesamt akzepta- bel ist, müssen wir ihn an einigen Stellen klar kritisieren. Hier muss nachgebessert werden: Erstens. Durch den neugefassten § 87 des Bundesver- sorgungsgesetzes, BVG, wird das Vergleichseinkommen, das zur Berechnung der Entschädigungsleistung heran- gezogen wird, vereinheitlicht und zukünftig anhand der Entwicklung der gesetzlichen Renten und nicht der Be- amtenbesoldung fortgeschrieben. Damit bleibt die Ent- schädigung aufgrund der Dämpfungsfaktoren in der ge- setzlichen Rentenversicherung hinter der Inflation zurück. Welche Auswirkungen die vereinheitlichten Ver- gleichseinkommen hätten, ist ohne die Berufsschadens- ausgleichsverordnung allerdings nicht absehbar. Zweitens. Der Entwurf sieht eine Ausweitung des persönlichen Budgets vor. Unter den gegebenen Um- ständen finden wir dies bedenklich, da so ein Anreiz auf schlechte Beschäftigung und Bezahlung gegeben wird. Drittens. Bisher sind Grundrenten nicht bei der Be- darfsprüfung als Einkommen angerechnet worden. Seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im Jahr 2010 gilt das auch für Vermögen, das aus Grundrenten ange- spart worden ist. Künftig soll nun das aus Grundrenten angesparte Vermögen angerechnet werden. Der Weiße Ring greift zu Recht eine wichtige Feststellung aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Mai 2010 auf. Das Gericht betont insbesondere den immateriellen Zweck der Beschädigtengrundrente. Es ist – ich zitiere – „davon auszugehen, dass die Beschädigtengrundrente nach § 31 BVG wesentlich von der Vorstellung des ide- ellen Ausgleichs eines vom Einzelnen für die staatliche Gemeinschaft erbrachten gesundheitlichen Sonderopfers geprägt wird.“ (BVerwG 5 C 7.09, Rz 26). Die Linke schließt sich der Forderung des Weißen Rings an, dass das aus der Grundrente gebildete Vermögen anrech- nungsfrei bleiben muss. Auf den Änderungsantrag aus den Fraktionen der CDU/CSU und FDP möchte ich gesondert eingehen. Die Schwierigkeiten, die bei der Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets entstanden sind, waren ganz ohne hellseherische Fähigkeiten vorhersehbar. Es ist und bleibt ein Irrsinn, die Leistungen über individuell zu be- antragende Gutscheine zu organisieren. Das ohnehin aus Sicht der Linken eher mickrige Paketchen droht im büro- kratischen Nirwana zu versacken. Es dient eher der poli- tischen Propaganda als der Aufklärung, wenn Werbung in Kinos ausgestrahlt wird, deren Eintrittsgeld sich Hartz-IV-Betroffene traurigerweise oft gar nicht leisten können. Selbstverständlich begrüßen wir die Fristverlän- gerung für die rückwirkende Inanspruchnahme der Leis- tungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket. Das ist ein Akt konstruktiver Schadensbegrenzung, der aus Sicht der Fraktion Die Linke jedoch nicht ausreicht, um die grundrechtlich verbürgten Ansprüche der betroffenen Kinder tatsächlich durchzusetzen. Die Linke fordert des- halb, dass als Sofortmaßnahme die für die Monate Ja- nuar bis April 2011 im Budget vorgesehenen Mittel des Bildungspakets ohne Vorlage eines Nachweises pauschal an alle leistungsberechtigten Kinder ausgezahlt werden. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass die In- formationen über das Bildungs- und Teilhabepaket auch tatsächlich bei den betroffenen Familien ankommen. Deshalb müssen alle leistungsberechtigten Familien an- geschrieben und umfassend über ihre Rechte aufgeklärt werden. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie bereits in meiner Rede zur ersten Beratung des Gesetz- entwurfes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften betont, begrüßen wir im Gro- ßen und Ganzen die von der Bundesregierung vorge- schlagenen Änderungen. Auch der zur abschließenden Beratung in den federführenden Arbeits- und Sozialaus- schuss eingebrachte Änderungsantrag der Koalitions- fraktionen findet unsere Unterstützung. Bevor ich jedoch noch einmal detaillierter auf die positiven gesetzlichen Neuerungen eingehe, möchte ich Ihnen erklären, warum die grüne Bundestagsfraktion dem vorgelegten Gesetz- entwurf letztlich nicht zustimmen wird und sich ihrer Stimme enthält: Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, dass an- gesparte oder nachgezahlte Leistungen nach dem Bun- desversorgungsgesetz und damit auch Grundrenten auf das Vermögen angerechnet werden sollen. Dies soll dann eintreten, wenn der Bedarf nicht ausschließlich schädi- gungsbedingt ist. Eine solche Ungleichbehandlung halten wir für äußerst ungerecht und gravierend, geht sie doch am eigentlichen Zweck der Entschädigungen nach dem Bundesversorgungsgesetz und dessen Nebengesetzen (Opferentschädigungsgesetz, Strafrechtliches Rehabili- tierungsgesetz, Verwaltungsrechtliches Rehabilitierungs- gesetz, Soldatenversorgungsgesetz, Zivildienstgesetz) vorbei. Zudem sind die Voraussetzungen zum Nachweis eines „ausschließlich schädigungsbedingten Bedarfs“ recht hoch. So definierte das Bundesverwaltungsgericht am 28. Juni 1995, dass gemäß § 25 c Abs. III 2 Bundes- versorgungsgesetz ein „ausschließlicher“ schädigungs- bedingter Bedarf einen besonders engen kausalen Zu- sammenhang zwischen den gesundheitlichen Folgen der Schädigung und dem gegenständlichen Bedarf (zum Beispiel Erholungshilfe) bezeichnete. Danach würde es nicht ausreichen, dass die Schädigungsfolgen nur annä- hernd gleichwertige Bedingungen oder nicht unerhebli- che Mitbedingungen für das Entstehen des Bedarfs seien. Daraus ergibt sich, dass die Leistung nur dann ge- währt wird, wenn ein unmittelbarer Bedarf geltend ge- macht wird. Das Ansparen von Leistungen ist in diesen Fällen fast ausgeschlossen. Zwar ist es richtig, dass die bisherige Praxis, auch ge- stützt auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsge- 12472 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 (A) (C) (D)(B) richts, davon ausging, angesparte bzw. nachgezahlte Leistungen, sofern sie nicht ausschließlich schädigungs- bedingter Natur waren, auf das Vermögen anzurechnen. Da aber solche Leistungen nicht nur dem Zweck des ma- teriellen Schadensausgleiches dienen, sondern in zuneh- mendem Maße immer auch eine Genugtuungsfunktion für erlittenes Unrecht bzw. Leid darstellen, ist es unserer Auffassung nach nicht mehr gerechtfertigt, eigenes Ver- mögen einzusetzen. Erhält beispielsweise ein Opfer von Straftaten Leistungen nach dem Opferentschädigungsge- setz, die nach vorgesehener gesetzlicher Lage nicht aus- schließlich schädigungsbedingter Natur sind, sehen CDU, CSU und FDP nicht vor, dass die betroffene Per- son Entschädigungsleistungen ansparen kann, um mögli- che spätere Investitionen, etwa für besondere Hilfsmit- tel, zu tätigen. Der zunehmend wichtigen Entschädigung für die Beeinträchtigung der körperlichen Integrität, etwa als Genugtuung für erlittenes Unrecht, wird von dieser Bundesregierung keine Rechnung getragen. Die geplante Regelung widerspricht zudem einer Ent- scheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Mai 2010 (BVerwG 5 C 7.09). Das Gericht vertritt die Auf- fassung, dass durch das Ansparen etwa die zum Vermö- gen gewordene Beschädigtengrundrente zwei Zwecke erfülle. So heißt es: „Sie ist nämlich eine Sozialleistung, die zwar einerseits typisierend und pauschalierend einen besonderen schädigungs- oder behinderungsbedingten Mehrbedarf abdecken soll (BSG, Urteil vom 28. Juli 1999 – B 9 VG 6/98 R – FEVS 51, 202), andererseits aber maßgeblich dadurch geprägt ist, dass sie als Ent- schädigung für die Beeinträchtigung der körperlichen In- tegrität immateriellen (ideellen) Zwecken wie der Ge- nugtuung für erlittenes Unrecht dient.“ Letzteres gelte insbesondere für Opfer von Straftaten, „die gerade auch deshalb entschädigt werden, weil sie einen (erheblichen) Schaden an immateriellen Rechtsgütern erlitten haben“. Ähnlich äußert sich der Weiße Ring in seiner schrift- lichen Stellungnahme an den Arbeits- und Sozialaus- schuss. Die Grundrente etwa verfolge immaterielle Zwe- cke und stelle den Ausgleich für erlittenes Leid dar. Ein Zugriff auf diese Beträge, so der Weiße Ring, könne aus Opferschutzgesichtspunkten nicht akzeptiert werden. Die Bewertung des Bundesverwaltungsgerichts würde auch von der Literatur geteilt, heißt es weiter. Ich finde es insgesamt sehr bedauerlich, dass die Ko- alitionsfraktionen diesen Argumenten in den parlamen- tarischen Verhandlungen nicht zugänglich waren. Ich hoffe, wir können diese Regelung – wie von der Unions- fraktion angekündigt – auf die genannten Punkte hin überprüfen. Darüber hinaus schreibt der Gesetzentwurf wie ge- sagt durchaus positive Regelungen fest. Die volle An- gleichung der Höhe der Entschädigungs- und Renten- leistungen stellt hingegen einen wichtigen Schritt zur Herstellung einheitlicher Rechtsverhältnisse in ganz Deutschland dar und ist daher zu begrüßen. In den neuen Ländern profitieren hiervon rund 40 000 Menschen. Es ist gut, dass die Koalitionsfraktionen mit dem vorgeleg- ten Änderungsantrag die Stellungnahme des Bundesrates aufgenommen haben. Eine Besitzstandsregelung ge- währleistet, dass durch die Neuordnung des Berufsscha- densausgleiches niemand in Zukunft geringere Leistun- gen erhalten wird. Der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen unter 3. stellt zudem fest, dass die Antragsfrist für rückwir- kende Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bis zum 30. Juni 2011 verlängert werden. Diese Ände- rungen sind ganz in unserem Sinne. Anlage 14 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parla- ments und des Rates zur Festlegung der techni- schen Vorschriften für Überweisungen und Lastschriften in Euro und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 924/2009 vom 16. Dezem- ber 2010 – KOM (2010) 775 endg. Europäischen Zahlungsverkehr bürgerfreund- lich gestalten (Zusatztagesordnungspunkt 5) Peter Aumer (CDU/CSU): Der Begriff Einheitlicher Euro-Zahlungsverkehrsraum – in Englisch: Single Euro Payments Area, abgekürzt SEPA – bezeichnet im Bank- wesen das Projekt eines europaweit einheitlichen Zah- lungsraums für Transaktionen. In diesem Zahlungsraum sollen für Kunden keine Unterschiede mehr zwischen nationalen und grenzüberschreitenden Zahlungen er- kennbar sein. Dieses Projekt wird in den kommenden Wochen in eine Verordnung münden, was die christlich- liberale Koalition begrüßt. Jedoch berücksichtigt der Vorschlag der Europäischen Kommission noch nicht in ausreichendem Maße die deutschen Interessen. Das deutsche Lastschriftverfahren ist in seiner Art eu- ropaweit einzigartig. In keinem anderen europäischen Land wird dieses Verfahren angewandt. Andererseits wird in keinem anderen Land mittels Lastschriftverfah- ren mehr Geld umgesetzt wie in Deutschland. Mit 8 Mil- liarden Lastschrifttransaktionen pro Jahr ist es das wich- tigste Zahlverfahren der Europäischen Union. Das hat auch die Europäische Union erkannt, weswegen es mit dem Verordnungsvorschlag auch ein SEPA-Lastschrift- verfahren einführen wird. Wir begrüßen dies als christ- lich-liberale Koalition. Für die Umsetzung – Migration – der dauerhaft bestehenden 700 Millionen Einzugser- mächtigungen in Deutschland benötigen wir jedoch eine rechtssichere und aus Sicht der Verbraucher einfache und kontrollierbare Lösung. Denn letztendlich ist es der Verbraucher als Endnutzer, von dessen Konto Lastschrif- ten abgebucht werden, sei es die monatliche Telefon- rechnung, die Miete, die Kosten für Strom, Gas oder auch der Mitgliedsbeitrag des Sportvereins. Die Migra- tion muss für den Verbraucher erkennbar und transparent sein. Im bisherigen deutschen Lastschriftverfahren hat der Verbraucher Rechtssicherheit durch sein sechswöchiges Widerspruchsrecht. Der Verbraucher kann nach Eingang Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 12473 (A) (C) (D)(B) der Lastschrift ohne Angabe von Gründen dieser wider- sprechen. Das Geld wird damit sofort auf dem Konto des Verbrauchers wieder gutgeschrieben. Zwar wird es die- ses Produkt auch auf europäischer Ebene geben, jedoch ist es nur ein Basisprodukt. Das heißt, dass es in Zukunft Lastschriftprodukte geben kann, die ein kostenloses Er- stattungsrecht des Kunden nicht vorsehen. Um die Rechte der Verbraucher zu wahren, fordert die Union da- her, dass dem einzelnen Mitgliedstaat die Möglichkeit eingeräumt werden soll, selber zu entscheiden, ob in die- sem Land diese Produkte angeboten werden dürfen. Da- mit soll sichergestellt werden, dass das bisher beste- hende voraussetzungslose Erstattungsrecht auch weiterhin für den deutschen Verbraucher beibehalten wird. Es gibt noch eine weitere Einzigartigkeit, das soge- nannte ELV, das elektronische Lastschriftverfahren. Die- ses Verfahren wurde vom deutschen Handel entwickelt und hat sich in Deutschland bewährt. Das ELV ist ein kostengünstiges Lastschriftverfahren, bei dem der Kunde mittels seiner Bankkarte bezahlt und der Zahlbe- trag von seinem Konto abgebucht wird. Zwar soll es in Zukunft auch ein vergleichbares europäisches Produkt geben; jedoch steht noch nicht fest, wann dieses auf dem Markt angeboten wird. Die christlich-liberale Koalition setzt sich deswegen dafür ein, dass für den Übergangs- zeitraum das deutsche ELV erhalten bleibt. Aber nicht nur die Bundesregierung soll durch diesen Entschließungsantrag aufgefordert werden, sich für die deutschen Verbraucherinteressen in Europa einzusetzen, sondern auch die Kreditwirtschaft. Der Verbraucher wird den Umstellungsprozess nur akzeptieren, wenn dieser Prozess transparent verläuft. Die SEPA-Produkte bzw. das SEPA-Format müssen durch eine am Kunden orien- tierte Aufklärungskampagne vorangetrieben werden. Die Kreditwirtschaft soll aufgefordert werden, dem Ver- braucher anschaulich und unverzüglich verständlich zu machen, dass durch die Umstellung dem Kunden keine Nachteile entstehen, seine Rechte nicht geschmälert werden und er sich auch bezüglich der Kosten nicht schlechterstellt als vorher. Daher fordert die christlich-liberale Koalition die Bundesregierung dazu auf, sich in den Ratsverhandlun- gen von den bisher dargestellten Überlegungen leiten zu lassen und dafür einzutreten, dass für das Überweisungs- verfahren und das Lastschriftverfahren einheitliche Übergangsfristen von 48 Monaten festgelegt werden, die Verbraucher für inländische Überweisungen in Deutsch- land die ihnen geläufigen Kundenkennungen, die kurz und dadurch verbraucherfreundlich sind, auch nach dem Enddatum noch nutzen können, zugunsten von Verbrau- chern Zahlungsdienstleister in Deutschland ausschließ- lich Lastschriften zur Einlösung annehmen dürfen, bei denen ein voraussetzungsloses Erstattungsrecht des Zah- lungspflichtigen vorgesehen ist und das bewährte elek- tronische Lastschriftverfahren für einen Übergangszeit- raum weiter genutzt werden kann, der erst endet, wenn ein mit dem ELV vergleichbares europäisches Produkt durch die Kreditwirtschaft am Markt angeboten wird. Darüber hinaus fordern wir die Kreditwirtschaft dazu auf, den Umstellungsprozess auf SEPA transparent zu gestalten und Informationsdefizite auf der Nutzerseite schon jetzt aktiv durch begleitende Informationsmaß- nahmen sowie durch eine am Kunden ausgerichtete Auf- klärungskampagne zu beheben, eine Umstellung beste- hender Einzugsermächtigungen auf das SEPA-Mandat im Wege einer Änderung der Allgemeinen Geschäftsbe- dingungen selbstständig, rechtssicher und innerhalb der nächsten zwölf Monate ab Beschluss dieses Antrages herbeizuführen sowie unmittelbar die für diese Lösung notwendigen Vorbereitungen zu treffen und die Beteilig- ten, insbesondere auch den Deutschen Bundestag, über die Maßnahmen und den genauen Zeitplan hinreichend zu informieren, um gegebenenfalls gesetzgeberischen Handlungsbedarf so frühzeitig vor dem Enddatum zu er- kennen, dass diesem im Gesetzgebungsverfahren nach- gekommen werden kann, verbraucherfreundliche Kon- vertierungsmöglichkeiten – mittels derer inländische Kundenkennungen rechtssicher auf das SEPA-Format überführt werden – am Markt kostenfrei anzubieten, da- mit die Verbraucher in Deutschland für inländische Überweisungen auch in Zukunft die ihnen geläufigen Kundenkennungen verwenden können, zugunsten der Verbraucher in Deutschland auch weiterhin ausschließ- lich Lastschriftverfahren am Markt anzubieten oder zu verwenden, bei denen ein voraussetzungsloses Erstat- tungsrecht des Zahlungspflichtigen vorgesehen ist, und mit dem European Payments Council zeitnah ein mit dem elektronischen Lastschriftverfahren vergleichbares kostengünstiges europäisches Produkt zu entwickeln. Nur durch eine bürgerfreundliche Gestaltung des eu- ropäischen Zahlungsverkehrs werden die neuen Formate angenommen. Die Kinder von heute sollen morgen in ei- nem grenzenlosen Europa leben, an dem auch im euro- päischen Zahlungsverkehr der Euro an den Grenzen nicht mehr haltmacht. Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Der vorliegende Entschließungsantrag begrüßt die Initiative der Europäi- schen Kommission zur Verwirklichung des einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums. Der einheitliche Euro-Zahlungsverkehrsraum, das heißt SEPA, wird kommen. Das ist gut und richtig. SEPA ist ein wichtiger Bestandteil des Binnenmarktes und hilft auf Dauer, unnötige Kosten durch einen zer- splitterten Zahlungsverkehrsraum in Europa zu ver- meiden. Die Kommission ist aktiv geworden, weil der Umstellungsprozess nicht in der Geschwindigkeit vo- rangetrieben wurde, wie wir es uns gewünscht hätten. Europaweit liegt beispielsweise der Anteil von SEPA- Überweisungen bei unter 10 Prozent aller Euro-Über- weisungen. Die deutschen Werte liegen noch deutlich darunter. In anderen europäischen Staaten ist die Um- stellung dagegen teilweise schon weit fortgeschritten. Ich hätte es besser gefunden, wenn die Kreditwirtschaft selbst – auf freiwilliger Basis – diesen Umstellungspro- zess entschiedener und schneller vorangetrieben hätte. Leider ist es dazu nicht gekommen. Deswegen ist es nur konsequent, dass die Kommission auf das Tempo drückt. Allerdings sind mit dem Vorschlag der Kommission auch einige Nachteile verbunden. Um Umstellungspro- bleme, einen unnötigen bürokratischen Aufwand und eine mangelnde Akzeptanz bei den Nutzern zu vermei- 12474 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 (A) (C) (D)(B) den, ist es daher wichtig, neben den berechtigten Interes- sen der Kreditwirtschaft insbesondere die Interessen der Verbraucher in den Mittelpunkt zu stellen. Aufzuhalten ist der SEPA-Prozess, wie bereits ausgeführt, nicht. Da- her geht es jetzt darum, diesen Prozess angesichts der Besonderheiten des deutschen Zahlungsverkehrs ver- nünftig zu gestalten. Und genau das möchten wir mit un- serem Entschließungsantrag auf den Weg bringen. Fol- gende Punkte erscheinen uns dabei besonders wichtig: Erstens. Es ist richtig, verbindliche Enddaten für das Weiterbestehen der nationalen Überweisungs- und Last- schriftsysteme einzuführen, um Planungs- und Rechts- sicherheit zu schaffen. Für eine erfolgreiche Umstellung auf SEPA-Überweisungen und -Lastschriften ist aber eine deutlich längere Frist erforderlich. Dies böte auch die Gelegenheit, Verbraucher und Endnutzer besser zu informieren. Zweitens. Angesichts des hohen Anteils von Last- schriftzahlungen in Deutschland ist es von besonderem Interesse, bestehende Lastschriftaufträge so einfach wie möglich auf das neue SEPA-Lastschriftverfahren zu übertragen. Daher fordern wir die Kreditwirtschaft auf, eine Umstellung durch eine praktische und rechtssichere Änderung ihrer AGB zu ermöglichen. Drittens. In Deutschland sollen weiterhin lediglich Lastschriftverfahren angeboten werden, bei denen ein voraussetzungsloses Erstattungsverfahren möglich ist. Diese Erstattungsmöglichkeit hat wesentlich zur Akzep- tanz und Verbreitung dieses Zahlungsverkehrsinstru- ments beigetragen. Durch eine Umstellung auf SEPA- Lastschriften sollte dieses Verbraucherrecht nicht beein- trächtigt werden. Viertens. Das im Handel weit verbreitete elektroni- sche Lastschriftverfahren sollte für einen Übergangszeit- raum erhalten bleiben, bis ein vergleichbares europäi- sches Produkt angeboten wird. Fünftens. Im Interesse der Verbraucher ist es auch, die gewohnten Kontonummern und Bankleitzahlen nach ei- ner Umstellung auf SEPA-Überweisungen weiter nutzen zu können. Wir fordern die Bundesregierung daher auf, sich für eine Weiternutzungsmöglichkeit einzusetzen. Die Kreditwirtschaft ist aufgefordert, eine verbraucher- freundliche, kostenlose Konvertierungsmöglichkeit an- zubieten. Sechstens. Für den Erfolg und die Akzeptanz der neuen Zahlungsverkehrsprodukte wird eine deutlich bes- sere Information der Endnutzer und Verbraucher über die anstehenden Änderungen entscheidend sein. Wir er- warten daher von der Kreditwirtschaft, dass sie ihre Kunden über die anstehenden Änderungen ausreichend aufklärt; denn die Verunsicherung ist immer noch sehr groß. Beispielsweise wird die Gefahr, alle Aufträge neu erteilen zu müssen, angesichts des übereinstimmenden Willens aller Beteiligter auf europäischer und nationaler Ebene, eine einfache Migration der Aufträge zu ermögli- chen, eher überschätzt. Auch wird zum Beispiel der Vor- teil der in die IBAN eingebauten Prüfziffern bisher kaum wahrgenommen. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich für diese Anliegen in den anstehenden Verhandlun- gen einzusetzen. Aber nicht nur die Regierung ist gefor- dert. Die Kreditwirtschaft wird einen wesentlichen Bei- trag leisten müssen, um die Umstellung auf einheitliche europäische Zahlungsverkehrsprodukte in Deutschland zu einem Erfolg zu machen. So liegt es vor allem im Verantwortungsbereich der Kreditwirtschaft, eine einfa- che Migration der Lastschriftaufträge sicherzustellen, ihre Kunden zu informieren und einfache Konvertie- rungsmöglichkeiten für die Weiternutzung der bisheri- gen Kontonummern anzubieten. Ich bin zuversichtlich, dass die Umstellung auf die einheitlichen Zahlungsverkehrsinstrumente bei Berück- sichtigung unserer Forderungen Vorteile für Verbraucher und Kreditwirtschaft bietet. Für die Übergangsperiode muss unnötige Bürokratie vermieden und eine prakti- kable Lösung für Handel und Verbraucher gefunden werden. Letztlich wollen wir alle einen europäischen Binnenmarkt. Wenn wir das ernst meinen, dann müssen wir konsequenterweise akzeptieren, dass nicht alle Re- gelungen eins zu eins den bisher gewohnten deutschen Regelungen entsprechen. Regelungen zum europäi- schen Binnenmarkt können nicht allen deutschen Beson- derheiten gerecht werden; denn diese europäischen Re- gelungen, ob Verordnungen oder Richtlinien, sind immer ein Kompromiss – und eben nicht die Übertragung von deutschen Vorschriften auf die europäische Ebene. Und ich glaube, das ist auch gut so. Daher lohnt es sich, sich in den Verhandlungen auf die wesentlichen Interessen zu konzentrieren und nicht an jeder Stelle „deutsche“ Be- sitzstände zu verteidigen, so gerechtfertigt und nachvoll- ziehbar dies im Einzelfall auch sein mag. Ich denke, dem kommen wir mit unserem Entschließungsantrag nach. Ich freue mich, dass auch die SPD und die Grünen die Anliegen unseres Antrages unterstützen. Damit senden wir ein deutliches Zeichen in die Beratungen des Euro- päischen Parlaments und geben der Bundesregierung Rückhalt für die Verhandlungen im Europäischen Rat. Martin Gerster (SPD): Es ist schon etwas Besonde- res, wenn Zahlen und Nummern einen Eigennamen be- kommen. So etwas kennt man normalerweise eher aus der Mathematik als aus der Politik. Und gerade im nor- malerweise recht nüchternen Bereich der Finanzpolitik dürfte es vermutlich noch seltener vorkommen, dass der- art abstrakte Dinge unter hochemotionalen Spitznamen abgehandelt werden. Im Zuge der Einführung der SEPA, des einheitlichen europäischen Zahlungsraums, haben wir es nun mit ge- nau so einem Fall zu tun: Die Nummer, um die es nun geht, hat 22 Stellen und soll vereinzelt „IBAN die Schreckliche“ getauft worden sein. Gleich vorweg: Ich halte die Aufregung, mit der zum Teil über die seit län- gerem anstehende Einführung der 22-stelligen Konto- nummern diskutiert wird, für übertrieben. Auch halte ich es für falsch, die SEPA-Einführung auf die Durchset- zung des IBAN-Standards zu verkürzen. Hinter SEPA steht das Bestreben, künftig einheitliche Verfahren und Standards im Euro-Zahlungsverkehr zu schaffen und so- mit einen einheitlichen Binnenmarkt in diesem Sektor zuermöglichen. Unterschiedliche nationale Lastschrift- und Überweisungsverfahren stehen dieser Idee im Wege. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 12475 (A) (C) (D)(B) Es hat sich gezeigt, dass die gesteckten Ziele auf dem Wege der freiwilligen Einführung kaum zu erreichen sein würden. Deshalb hat die EU-Kommission im De- zember 2010 vorgeschlagen, auf dem Wege einer Ver- ordnung verbindliche Übergangsfristen für die Nutzung der IBAN einzuführen. Was verspricht man sich davon? Gelingt die flächen- deckende Einführung der SEPA-Standards, werden vor allem Auslandsüberweisungen schneller und einfacher. Lastschriften können im Rahmen der SEPA grenzüber- schreitend erteilt werden. Davon profitieren wir auch in Deutschland und das nicht nur im Bereich multinationa- ler Unternehmen. Richtig ist aber auch, dass die Men- schen in Deutschland nicht im gleichen Umfang von den Vorzügen des neuen Systems profitieren werden, wie es in kleineren Länder, zum Beispiel den Beneluxstaaten, der Fall sein dürfte. Denn hier geht ein merklich größe- rer Anteil von Überweisungen ins benachbarte Ausland. Deutschland ist der größte Zahlungsmarkt innerhalb der EU und greift am intensivsten auf Lastschriftverfahren zurück. Deshalb müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die anstehende Umsetzung der Verordnung unsere Verbrau- cher, unsere Unternehmen und die Kreditwirtschaft vor einige Herausforderungen stellen wird. Viele können nicht nachvollziehen, warum ein gut etabliertes Last- schriftsystem wie das deutsche elektronische Lastschrift- verfahren, ELV, im Zuge einer solchen Europäisierung aufgegeben werden soll. Insgesamt ist SEPA hierzulande noch kaum im Bewusstsein der Menschen angekommen. Statt solider Information herrscht tendenziell Verunsi- cherung, und nach meiner Auffassung reichen die bishe- rigen Bemühungen nicht aus, über die Funktionsweise oder die Vor- und Nachteile von SEPA und der damit verbundenen Richtlinien aufzuklären. Vor allem steht nach wie vor die Angst im Raum, dass es nicht möglich sein wird, erteilte Einzugsermächtigungen problemlos in SEPA-Mandate umzuwandeln. Um einmal den Maßstab der Umstellung zu verdeutlichen: Wir sprechen hier von einer Zahl von 700 Millionen erteilter Abbuchungser- laubnisse. Speziell Vereine und gemeinnützige Organisa- tionen fürchten, von ihren Mitgliedern neue SEPA-kom- patible Einzugsermächtigen einholen zu müssen. Diese Belastung wäre finanziell und organisatorisch unzumut- bar. Zwar sind wir optimistisch, dass es auf diesem Feld gelingen wird, eine unbürokratische Lösung zu finden und diese gemeinsam mit der deutschen Kreditwirtschaft umzusetzen. Dennoch ist es wichtig, bei den in Brüssel anstehenden Verhandlungen deutliche Zeichen zu set- zen, dass die abschließende Regelung möglichst allen Besonderheiten der deutschen Situation gerecht wird. Das bezieht sich zunächst auf die Frage hinreichend langer Übergangsfristen, die für die erfolgreiche Umset- zung – und letztlich die Akzeptanz – der SEPA-Regelun- gen essenziell wichtig sind. Ideal wäre es natürlich, den Verbraucherinnen und Verbrauchern auch nach der Um- stellung zu ermöglichen, die alten Kontonummern und Bankleitzahlen zu verwenden, wenn es um inländische Überweisungen geht. Ebenso sollte das deutsche ELV so lange weiter angewandt werden dürfen, bis auf euro- päischer Ebene eine vergleichbare SEPA-kompatible Lö- sung gefunden ist. Überdies wäre es sehr hilfreich, das kundenfreundlichere deutsche Widerspruchsrecht gegen eingezogene Lastschriften zu erhalten. Man wird sehen müssen, was die Bundesregierung im Zuge der Verhand- lungen im Rat und im Europäischen Parlament erreichen kann. Innerhalb Europas fehlt es Deutschland in dieser Frage an Verbündeten. Umso wichtiger ist das Signal, das wir mit dem heute zur Abstimmung vorliegenden Antrag setzen wollen. Einen ähnlichen Schritt hatte ich schon Anfang Februar im Zuge der Ausschussberatun- gen angeregt. Damals meinte ich über alle Fraktions- grenzen hinweg Interesse an der gemeinsamen Formulie- rung einer parlamentarischen Initiative zu erkennen, die unsere Position im Verhandlungsprozess stärken könnte. Doch trotz aller anders lautenden Bekundungen haben Bundesregierung und Koalition bis in letzter Minute die Chance nicht genutzt, uns als Opposition ernsthaft einzu- binden. Während die Kolleginnen und Kollegen im EU- Parlament offensichtlich proaktiv auf dem Laufenden ge- halten wurde, hielten es Bundesregierung und Koalition bis kurz vor Toresschluss offenbar nicht für erforderlich, die parlamentarische Opposition im Deutschen Bundes- tag in Sachen Information und Mitsprache mit einzube- ziehen. Schade. Bis Montagnachmittag gab es keinerlei Anzeichen, dass überhaupt eine Entschließung in Vorbereitung ist. Erst am Dienstagnachmittag wurde uns die Vorlage des Textes zugestellt, über den wir ohne Beratung in den zu- ständigen Gremien hätten abstimmen sollen. Als Sozial- demokraten freut es uns natürlich, dass wir letztendlich doch die Gelegenheit hatten, uns spontan in die inhaltli- che Weiterentwicklung des Antrags einzubringen. Aber es hätte Ihnen besser zu Gesicht gestanden, rechtzeitig mit allen Seiten in Kontakt zu treten und eine anständige Beratung des Antrags zu ermöglichen. Die ernsthafte und aufrichtige Suche nach fraktionsübergreifender Un- terstützung aus den Reihen der Opposition sieht meiner Meinung nach anders aus, als Sie es hier vorgemacht ha- ben. Mit Blick auf das Ergebnis: Uns war es wichtig fest- zuschreiben, dass die Bundesregierung klar in der Pflicht ist, die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher nicht nur bei den Verhandlungen in Brüssel, sondern auch im Zusammenspiel mit der deutschen Kreditwirt- schaft zu vertreten. Denn es ist entscheidend, dass auch von Regierungsseite alles dafür getan wird, die Öffent- lichkeit ausreichend über die Hintergründe der SEPA- Umstellung aufzuklären und dem verbreiteten Miss- trauen entgegenzuwirken, wo es richtig und notwendig ist. Mit dieser Klarstellung können wir dem Antrag zu- stimmen und wünschen ihm möglichst breite Unterstüt- zung aus allen Fraktionen des Hauses. Frank Schäffler (FDP): Wir geben der Regierung für die schon Ende des Monats auf europäischer Ebene stattfindenden Verhandlungen eine wichtige Handrei- 12476 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 (A) (C) (D)(B) chung mit auf den Weg, mit der wir die Bedeutung der Schaffung eines einheitlichen Euro-Zahlungsraums un- terstreichen. Aus unserer Sicht wäre die erstbeste Lö- sung gewesen, wenn wir die Vereinheitlichung dem Markt überlassen hätten können. Die großen deutschen Privatbanken und zunehmend auch ihre kleineren Bran- chenkollegen verstehen sich eher als europäisch denn als deutsch handelnde Unternehmen. Sie sind im Binnen- markt nicht weniger zu Hause als in Deutschland, sie agieren in Paris, London und Frankfurt gleichermaßen. Früher oder später wäre es daher zu einem marktgetrie- benen Vereinheitlichungsprozess auf europäischer Ebene gekommen. Das hat historische Vorbilder. So gibt es etwa für das deutsche System aus Kontonummer und Bankleitzahl keine gesetzliche Grundlage. Die Banken selbst haben mit innovativer Kraft einen einheitlichen Zahlungsraum in Deutschland geschaffen. Im Laufe der Zeit hätten sich auch die europäischen Banken auf ein einheitliches Sys- tem geeinigt. Nicht immer braucht es den Staat. Der im- merwährende Kostendruck, dem gewinnorientierte Un- ternehmen ausgesetzt sind, treibt die Unternehmen dazu an, sich auf sinnvolle Lösungen zu einigen. Nun hat sich die Kommission entschlossen, dem marktgetriebenen Prozess zuvorzukommen. Mit ihrem Vorhaben beabsichtigt sie, einheitliche Standards zu set- zen, an deren Ausarbeitung die wichtigen Interessenver- bände der europäischen Banken intensiv beteiligt waren. Diese einheitlichen Standards werden erhebliche Kosten- einsparungen für die Banken mit sich bringen. Insofern haben wir mit dem Vorhaben der Kommission eine zweitbeste Lösung. Nichtsdestotrotz ist dies eine gute Lösung; denn das wesentliche Ziel der Kosteneinsparun- gen bei der Abwicklung innereuropäischer Zahlungen wird erreicht. Die Regelung auf europäischer Ebene bringt aber – das ist ein typisches Problem – Schwierig- keiten im Hinblick auf unsere nationalen Besonderheiten mit sich. Unsere Lastschriftverfahren haben sich über die Jahre herausgebildet. Sie funktionieren außerordent- lich gut. Sie genießen eine hervorragende Akzeptanz in der Bevölkerung. Es existiert eine sehr hohe Rechtssi- cherheit für Banken und Kunden durch eine über die Jahre gewachsene Rechtsprechung. Die Vorteilhaftigkeit des Systems zeigt sich an seiner millionenfachen Ver- wendung. Zu dieser kommt es nur, weil Banken und Kunden gleichermaßen davon profitieren. Die Abkehr von diesem System wird den Verbrauchern schwerfallen. Es ist daher die Aufgabe der Branche, für die Akzeptanz ihrer neuen SEPA-Produkte zu sorgen. Um den Über- gang zu erleichtern, fordern wir weiter von der Bundes- regierung eine lange Übergangsperiode, während derer die Verbraucher von den alten bewährten Verfahren Ge- brauch machen können. Das ist sinnvoll, stärkt die Akzeptanz des neuen Verfahrens und sorgt für eine rei- bungslose Umstellung. Wichtigster Punkt ist die Beibehaltung des von der Rechtsprechung entwickelten Schutzniveaus. Die Rück- gabe von Lastschriften ist für die Verbraucher in langen Fristen und gebührenfrei möglich. Wir wollen nicht, dass über den europäischen Umweg dieses Schutzniveau abgeschafft wird. Man stelle sich den Unmut vor, wenn wir ein solches Gesetz im Bundestag beschlössen. Daher ist es richtig, dass wir die Bundesregierung auffordern, für den übergangsweisen Erhalt der deut- schen Lastschriftverfahren einzutreten. Ebenso richtig ist es, dass wir die Kreditwirtschaft zur Entwicklung ei- nes Produkts auffordern, das den deutschen Lösungen vergleichbar ist. Harald Koch (DIE LINKE): Das Ziel, einen einheit- lichen Euro-Zahlungsverkehrsraum (SEPA) zu schaffen, also bargeldlose Zahlungsverfahren in den Teilnehmer- ländern zu standardisieren, sodass es für Bankkunden keine Unterschiede zwischen nationalen und grenzüber- schreitenden Zahlungen mehr gibt, begrüßen wir. Doch sollte man berücksichtigen, dass der grenzüberschrei- tende Zahlungsverkehr nur einen sehr geringen Prozent- satz des gesamten Zahlungsverkehrs ausmacht. In allen Mitgliedstaaten waren Ende 2010 weniger als 10 Prozent aller Überweisungen und weniger als 0,1 Prozent der Lastschriften SEPA-Produkte. Dies zeugt auch davon, dass SEPA-Verfahren wenig anerkannt sind und die Nachfrage mäßig ist. Für die Masse der Verbraucherinnen und Verbraucher hat der inländische Zahlungsverkehr und seine Ausge- staltung die größte Bedeutung. Hierauf muss man auch bei der Errichtung eines europäischen Zahlungsverkehrs- binnenmarktes Rücksicht nehmen. Die Kundenkennun- gen in Deutschland, Kontonummer und Bankleitzahl, sind vertraut, anerkannt, relativ kurz und verbraucher- freundlich. Mit der 22-stelligen europäischen Kontonum- mer IBAN und der bis zu 11-stelligen Bankleitzahl BIC werden die Bankkunden, gerade ältere Menschen, schnell überfordert. Die Zahlen- und Buchstabenflut ist sehr feh- leranfällig; Zahlendreher gehen letztlich zulasten des Verbrauchers. Auch das in Deutschland vom Handel entwickelte elektronische Lastschriftverfahren ist ein Erfolgsmo- dell. Wie die Verbraucherzentralen befürchtet die Linke, dass durch Nivellierung der rechtlichen und technischen Standards im Zuge der SEPA-Lastschrift sinnvolle und kostengünstige Errungenschaften über Bord geworfen werden. Der Wegfall des bewährten Lastschriftverfah- rens würde dazu führen, dass viele Vereine, Verbände, Bürgerinitiativen, aber auch Firmen bei ihren Mitglie- dern und Kunden Unterschriften neu einfordern müssen. Dieser Aufwand mit allen dazugehörigen Unwägbarkei- ten wie zusätzliche Kosten ist überflüssig und darf den Betroffenen nicht zugemutet werden. Es leuchtet insge- samt nicht ein, warum die gut funktionierenden inländi- schen Zahlungsarten, ohne intensiv mögliche Folgen zu bedenken, abgeschafft oder dramatisch verschlechtert werden sollen! Insofern ist der Antrag von Union und FDP nicht schlecht und greift einige wichtige Forderun- gen auf. Die Linke will ebenfalls die Voraussetzungen dafür schaffen, auch nach Ende der Übergangsfrist Kontonum- mer und Bankleitzahl weiter nutzen zu können. Ein zwingendes voraussetzungsloses Erstattungsrecht – das heißt, bei erteilter Einzugsermächtigung hat der Zah- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 12477 (A) (C) (D)(B) lungspflichtige das Recht, der Kontobelastung fristge- mäß ohne Angabe von Gründen zu widersprechen – se- hen wir als dringend geboten an. Hier sollten aus unserer Sicht einzelne Mitgliedstaaten nicht ausscheren und Pro- dukte ohne Erstattungsrecht verwenden dürfen. Die Linke begrüßt zugleich, dass sich die Bundesre- gierung zumindest an dieser Stelle nicht komplett zum willfährigen Handlanger der Kreditwirtschaft machen lässt und so unter anderem von ihr verbraucherfreundli- che, entgeltfreie Konvertierungsmöglichkeiten fordert. Damit sollen inländische Kundenkennungen rechtssicher auf das SEPA-Format überführt werden. Es ist an der Zeit, dass die Kreditwirtschaft die zweifelsohne vorhan- denen technischen Möglichkeiten auch nutzt. Uns hätten im Antrag an dieser Stelle noch explizite Hinweise auf Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestim- mungen sowie auf Schutzmaßnahmen gegen Betrug, zum Beispiel Sicherheitssysteme mit Prüfzifferverfah- ren, gefreut. Die Antragssteller fordern schließlich, dass das elek- tronische Lastschriftverfahren für eine Übergangszeit weitergenutzt werden kann, die dann endet, wenn ein vergleichbares europäisches Produkt durch die Kredit- wirtschaft angeboten wird. An dieser Stelle ist Ihr Antrag viel zu schwammig. Sie hätten schon die Alternative genauer ausführen müs- sen. Man muss sich fragen, ob im Endeffekt die Pro- dukte wirklich vergleichbar sind oder letztlich doch für die Verbraucherinnen und Verbraucher ein kostenpflich- tiges Produkt auf den Markt gebracht wird. Im Antrag ist an einer Stelle die Rede von einem „kostengünstigen“ Produkt. Das gibt zu denken, wenn man berücksichtigt, dass bislang das elektronische Lastschriftverfahren für die Endkunden kostenfrei war. Alles in allem wird die Branche mit der Einführung von SEPA Effizienzgewinne in Milliardenhöhe verbu- chen können. Sorgen Sie dafür, dass diese nicht einfach „eingesackt“, sondern an die Verbraucherinnen und Ver- braucher weitergegeben werden! Im Zuge des SEPA-Verfahrens fallen einem dann noch zwei weitere Dinge auf: Zum einen ist es verwun- derlich, dass die Kreditbranche hier nicht in der Lage ist, Fragen des Zahlungsverkehrs, der einer ihrer Kernberei- che ist, intern und selbstständig zu klären und stattdessen der Staat eingreifen muss. Zum anderen zeigt sich wie- der einmal allzu deutlich, dass die auf der EU-Ebene an- gestrebte Harmonisierung oftmals zulasten der Verbrau- cherinteressen geht. Abschließend bedauere ich, dass dieser Antrag nicht regulär im Finanzausschuss aufgesetzt und behandelt wurde. Dadurch fand keine vernünftige Beratung statt, und viele Fragen blieben unbeantwortet im Raum ste- hen. Union und FDP wollten dies alles alleine durchzie- hen. Gemeinsames Handeln mit den Oppositionsfraktio- nen hätte Fragezeichen verschwinden und den Antrag besser machen können. Aus den genannten Gründen ent- hält sich die Fraktion Die Linke bei diesem Antrag. Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zunächst zum Verfahren. Dass wir hier einen Antrag zu dem Vorschlag der Europäischen Kommission für eine „Verordnung des Europäischen Parlaments und des Ra- tes zur Festlegung der technischen Vorschriften für Überweisungen und Lastschriften in Euro und zur Ände- rung der Verordnung (EG) Nr. 924/2009“ diskutieren, ist gut. Unverständlich ist, warum wir ihn ohne inhaltliche Ausschussberatung heute abstimmen müssen. Dass es jetzt so eilt, kann bei einer europäischen Gesetzgebungs- initiative, die seit Monaten bekannt ist, nur auf Versäum- nisse in den Reihen der Koalition zurückgehen. Und noch unverständlicher ist es, dass die Koalitionsfraktio- nen noch nicht einmal versucht haben, zu einem gemein- samen Antrag mit der Opposition zu kommen, wie wir das in der Vergangenheit häufig erfolgreich gemacht ha- ben und nachdem in einer früheren Befassung zum Thema im Finanzausschuss große Übereinstimmungen erkennbar waren. Schließlich gibt es Stellungnahmen des Bundestags zu europäischen Themen ein besonderes Gewicht, wenn wir gemeinsam vorgehen. Inhaltlich kön- nen wir dem Antrag der Koalitionsparteien zustimmen. Wir Grünen befürworten die zugrunde liegende Ziel- setzung der Kommission, den europäischen Zahlungsver- kehr durch einen einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrs- raum, Single Euro Payments Area, im Sinne einer Harmonisierung des europäischen Binnenmarktes zu ver- einfachen. Allerdings bringt die im Verordnungsvor- schlag vorgesehene komplette Umstellung auf den ein- heitlichen Euro-Zahlungsraum in der derzeitigen Fassung für die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutsch- land Nachteile mit sich. Aus diesem Grund fordern wir die Bundesregierung auf, sich im Rahmen der Ratsver- handlungen im Sinne der folgenden Überlegungen einzu- setzen: Zunächst muss man feststellen, dass der Verord- nungsvorschlag einige Probleme nicht berücksichtigt, die sich im Lichte der Umstellung von dem nationalen auf das europäische Zahlungsregelungsregime ergeben. So ist die Vorgabe von Fristen für das Weiterbestehen der nationalen Überweisungs- und Lastschriftverfahren zwar erforderlich, um Planungs- und Rechtssicherheit für Ver- braucherinnen und Verbraucher als auch für Zahlungs- dienstleister zu schaffen. Gleichzeitig muss aber sicher- gestellt werden, dass es für das Überweisungs- und Lastschriftverfahren einen gemeinsamen Endtermin so- wie eine angemessene Übergangsfrist gibt. Das ist not- wendig, um den Übergangsprozess vom nationalen Rechtsrahmen hin zu SEPA-Produkten für Verbrauche- rinnen und Verbraucher so transparent wie möglich zu gestalten. Gleichzeitig muss darauf hingewirkt werden, dass in den Verordnungsvorschlag aufgenommen wird, dass Verbraucherinnen und Verbraucher für inländische Zah- lungen in Deutschland die ihnen bisher vertrauten und im Verhältnis zur IBAN, International Bank Account Number, bzw. BIC, Bank Identifier Code, kurzen Kun- denkennungen, Kontonummer und Bankleitzahl, auch weiterhin nutzen können. Die bisher im Verordnungs- entwurf vorgesehene verpflichtende Angabe der IBAN (A) (C) (D)(B) im Überweisungsauftrag durch den Verbraucher ist un- nötig. Zugleich sollte der Zahlungsdienstleister für die Um- wandlung von Kontonummer und Bankleitzahl in IBAN, für die schon heute automatische und kostengünstige Programme bestehen, Verbrauchern kein Entgelt in Rechnung stellen dürfen. Des Weiteren muss im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher dafür Sorge getragen werden, dass kos- tengünstige und bewährte Zahlungsverkehrsprodukte weiterhin Bestand haben können. Das kartengestützte und kostengünstige elektronische Lastschriftverfahren soll so lange erhalten bleiben, bis ein vergleichbares eu- ropäisches Produkt am Markt angeboten wird. Eine Ab- schaffung des elektronischen Lastschriftverfahrens brächte eine nicht wünschenswerte Verringerung des Wettbewerbs unter den Zahlungsverkehrsprodukten mit sich. Gleichfalls ist zu berücksichtigen, dass das Einzugs- ermächtigungsverfahren bislang das Recht vorsieht, der Belastung des Kontos innerhalb einer Frist ohne Nen- nung eines Grundes zu widersprechen, und damit einen effektiven Schutz vor unberechtigten Abbuchungen ge- währt. Diese Widerspruchsmöglichkeit als Korrektiv für unberechtigte Belastungen muss erhalten bleiben. Um einen effektiven Schutz vor unberechtigten Zahlungen zu gewährleisten, braucht es effektive Kundenrechte. Weiterhin muss sich die Bundesregierung mit Nach- druck dafür einsetzen, dass die Kreditwirtschaft die Um- stellung bestehender Einzugsermächtigungen auf SEPA- Lastschriftmandate rechtzeitig vornimmt und dafür ver- braucherfreundliche und praxisnahe Lösungen schafft. Falls hier gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestehen sollte, muss das dem Bundestag rechtzeitig mitgeteilt werden. In diesem Zusammenhang fordern wir von der Kreditwirtschaft, rechtzeitig vor der Umstellung auf die SEPA-Produkte die Verbraucherinnen und Verbraucher im Rahmen einer Informationskampagne aktiv aufzuklä- ren. Immerhin zeigte sich erst kürzlich im Rahmen der Einführung der Kraftstoffsorte E 10, welche Unsicher- heit und Unzufriedenheit eine ausbleibende bzw. ver- fehlte Informationspolitik seitens Bundesregierung und Wirtschaft bei Verbraucherinnen und Verbrauchern er- zeugen kann. Abschließend möchte ich betonen, dass dringend si- chergestellt werden muss, dass es künftig faire Kosten für SEPA-Produkte gibt. Jedenfalls sollten Verbrauche- rinnen und Verbraucher keine höheren Gebühren zu zah- len haben, als sie diese für vergleichbare Überweisungen und Lastschriften nach bisherigem Regelungsregime ge- zahlt hätten. Gewährleistet werden kann das, indem in Art. 6 des Verordnungsvorschlags eine entsprechende Höchstpreisgrenze eingefügt wird. Damit wäre zugleich sichergestellt, dass keine Umstellungskosten auf Ver- braucherinnen und Verbraucher abgewälzt werden. Offsetdruc sellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Kö k 2 12478 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 erei, Bessemerstraße 83–91, 1 ln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 2 108. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 12. Mai 2011 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Eva-Maria Bulling-Schröter


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Ihnen liegen heute zwei Gesetzentwürfe vor: einer, in
    dem Regeln für die geplante Abscheidung und unterirdi-
    sche Verpressung von Kohlendioxid aufgestellt werden,
    und ein zweiter, in dem eine solche Verpressung verbo-
    ten wird. Die Linksfraktion hat den zweiten eingebracht.
    Wir sind nämlich der Meinung, dass CCS eine Sack-
    gasse ist; diese Technologie ist ein gefährlicher und teu-
    rer Irrweg.


    (Beifall bei der LINKEN)


    CCS wird, wenn überhaupt, frühestens 2030 groß-
    technisch verfügbar sein. Dann aber werden die erneuer-
    baren Energien schon deutlich billiger sein als eine fos-
    sile Stromerzeugung mit CCS. Da dies so ist, müsste
    CCS gegenüber regenerativen Energien schon jetzt mas-
    sive Vorteile haben; denn sonst könnten wir es ja gleich
    bleiben lassen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Hat CCS also solche Vorteile, etwa bei der Sicherheit?
    Wohl kaum!

    Schauen wir uns allein das Drama um die Asse an.
    Die abenteuerlichen Fehleinschätzungen von Wissen-
    schaftlern und Unwahrheiten der Politiker verschlagen
    einem hier förmlich den Atem. Mit den strahlenden Erb-
    lasten dessen, was angeblich Hunderttausende von Jah-
    ren sicher sein sollte, werden sich noch Generationen he-
    rumschlagen.

    Milliarden Tonnen von CO2 sollen ewig sicher sein
    und in der Erde bleiben. Wem, bitte schön, wollen Sie
    diesen Unsinn erzählen? Das glaubt einfach niemand.
    Wie sich Klüfte und Störungen tief in der Erde exakt ver-
    halten, wenn aggressive Gase unter hohem Druck ver-
    presst werden, kann ernsthaft niemand sicher voraussa-
    gen.

    In Schleswig-Holstein sickern aufgrund natürlicher
    Prozesse schon jetzt extrem salzhaltige Wässer nach
    oben. Etwa ein Drittel der Trinkwasserreservoire sind
    deshalb nicht mehr nutzbar. Was ist, wenn der hohe
    CCS-Verpressungsdruck diese Salzpampe auch in ande-
    ren Gegenden irgendwann nach oben drückt? Das Süß-
    wasser wäre dann für riesige Gebiete unwiederbringlich
    unnutzbar. Überdies: Kohlendioxid ist zwar nicht giftig
    wie Kohlenmonoxid, wenn man aber bei Unfällen daran
    erstickt, weil es die Luft verdrängt, dann nützt das herz-
    lich wenig.

    Dass die Erneuerbaren all diese Risiken nicht haben,
    ist klar. Bei Sonne und Wind haben wir auch keine Res-
    sourcenprobleme. Setzen wir dagegen weiter in großem
    Umfang auf Kohle, so machen wir uns – insbesondere
    bei der Steinkohle – abhängig von bedenklichen Impor-
    ten. Im Zusammenhang mit der Braunkohle zerstören
    wir mit Landschaft und Siedlungen nicht nur unsere Hei-
    mat, sondern auch den Wasserhaushalt.

    CCS wirkt dabei wie ein Turbogenerator. Wegen der
    miesen Effizienz der Technik brauchen wir je Kilowatt-
    stunde ein Drittel mehr Brennstoff. Dazu habe ich von
    Ihnen noch nichts gehört.





    Eva Bulling-Schröter


    (A) (C)



    (D)(B)

    Macht CCS wenigstens Sinn, weil die Großkraft-
    werke länger Grundlaststrom liefern können? Das ist ge-
    nauso Unfug; denn die schwankende Einspeisung von
    erneuerbaren Energien muss in ein flexibles System von
    Erzeugung, Verbrauch und Speicherung eingebettet sein.
    2030 wird sicher noch Platz für schnelle Gaskraftwerke
    sein – heute Vormittag wurde darüber diskutiert –, nicht
    aber für eine Armada von trägen Kohlekraftwerken mit
    angeschlossenem Chemiewerk zur CO2-Reinigung.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Bliebe noch die Mär von CCS als Hilfsbringer für
    kaum vermeidbare Prozessemissionen in der Industrie,
    etwa für Stahlwerke oder Zementfabriken. Das ist ja das
    Totschlagargument gegen grundsätzliche CCS-Kritiker,
    ähnlich wie das absurde Technologieversprechen der
    Biomasse-CCS, mit dem irgendwann Treibhausgase aus
    der Atmosphäre gemolken werden sollen, um sie unter
    der Erde verschwinden zu lassen.

    Ich darf dazu anmerken, dass die Industrie selbst gar
    nicht an CCS allein für Stahl und Kalk glaubt, und zwar
    nicht nur wegen der horrenden Kosten, sondern auch
    deshalb, weil es ohne die Infrastruktur für Kohle-CCS
    auch kein Industrie-CCS geben wird. Allein wegen der
    Prozessemissionen wird niemand ein eigenes Pipeline-
    und Speichersystem aufbauen, und Biomasse ist dem
    Wesen nach dezentral zu ernten. Wer hier CCS einsetzen
    möchte, der erzeugt entweder gigantische Verkehrs-
    ströme oder Monokulturen.

    Was bleibt also von CCS? Die anvisierten geologi-
    schen Formationen könnten rechnerisch im besten Fall
    die Emissionen einer halben Kraftwerksgeneration auf-
    nehmen. Danach ist sowieso Schluss. Dafür hinterlassen
    wir unseren Enkeln ein neues Endlagerproblem für Tau-
    sende Generationen. Das Ganze rechnet sich nicht, und
    energiewirtschaftlich behindert es die Energiewende.

    Warum also wollen Sie CCS? Allein um die Laune
    weniger Konzerne zu bedienen, mit Subventionen noch
    ein paar Jahrzehnte länger Kohle verstromen zu können?
    Ich frage Sie: Reicht dies als Begründung aus?


    (Beifall bei der LINKEN)




Rede von Katrin Dagmar Göring-Eckardt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Kollege Oliver Krischer für

Bündnis 90/Die Grünen.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Oliver Krischer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Liebe Kollegin Bulling-Schröter, Sie haben gerade ei-
    nige durchaus berechtigte und richtige Kritikpunkte in
    Bezug auf CCS aufgezählt


    (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


    und legen hier einen Gesetzentwurf vor, der CCS kom-
    plett ausschließen soll. Reist man aber durch das Land
    Brandenburg, stellt man fest, dass CCS dort ein konkre-
    tes Thema ist. An der dortigen Landesregierung ist Ihre
    Partei beteiligt. Man trifft auf einen Wirtschaftsminister,
    den ich als den größten CCS-Befürworter in Deutsch-
    land wahrnehme.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


    Sie sollten wenigstens in dieser Debatte ehrlich zuge-
    ben, dass auch Sie da einen riesigen internen Konflikt
    haben und Diskussionen führen. Anderenfalls ist das,
    was Sie hier machen, Populismus und nicht mehr.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


    Herr Kauch, Sie haben sich eben ein bisschen ober-
    lehrerhaft hier hingestellt und angekündigt,


    (Otto Fricke [FDP]: Was machen Sie jetzt gerade?)


    Sie würden jetzt prozessbedingte Emissionen erklären
    und sagen, wie das alles zu laufen habe. Dann führten
    Sie als Beispiel die Aluminiumindustrie an. Es mag sein,
    dass ich mich täusche; aber ich habe noch nie davon ge-
    hört, dass in der Aluminiumindustrie prozessbedingte
    CO2-Emissionen entstehen. Das ist bei der Stahlindustrie
    und der Zementindustrie der Fall. Wenn Sie sich schon
    hier hinstellen, dann erklären Sie das bitte auch richtig.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dirk Becker [SPD])


    Von Frau Reiche habe ich eben fast die gleiche Rede
    gehört wie vor zwei Jahren:


    (Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Das war eine gute Rede!)


    Weltweit setze man auf CCS-Technologie; das alles
    finde weltweit statt. Schauen Sie doch einmal genau hin:
    In Europa wird im Moment kein einziges CCS-Projekt
    durchgeführt. Wir haben eine Richtlinie, die 27 Staaten
    vorschreibt, sich mit diesem Thema zu beschäftigen.
    Realität ist aber, dass erst eine Handvoll von Staaten
    diese Richtlinie umgesetzt hat und viele mittlerweile
    auch erklären, dass das für sie kein Thema ist. Keine
    Spur mehr von der Euphorie, die wir da vor zwei Jahren
    hatten!


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dirk Becker [SPD])


    Das einstige Musterland Norwegen, das bei CCS
    weltweit Vorreiter sein wollte und auch einige Versuche
    unternommen hat, hat alle Projekte eingestellt – erst vor
    kurzem in Mongstad, weil man dort Probleme mit dem
    Stoff hatte, der das CO2 aus dem Rauchgas abscheidet,
    weil er hochgiftig ist.

    All das sollte dazu führen, dass wir das Thema CCS
    sehr viel realistischer und sehr viel nüchterner betrach-
    ten, als das noch vor einigen Jahren der Fall war.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Es ist kein Wunder, dass die Euphorie vorbei ist; denn
    CCS löst keine Probleme, sondern verlagert die Pro-
    bleme nur an eine andere Stelle. CCS ist eine End-of-
    Pipe-Technologie und wird – auch das ist eben schon an-
    geklungen – erst in 10 bis 15 Jahren zur Verfügung ste-
    hen, wenn überhaupt. Man kann Zweifel daran haben, ob





    Oliver Krischer


    (A) (C)



    (D)(B)

    es überhaupt dazu kommen wird. Aber falls diese Tech-
    nologie zur Verfügung stehen wird, dann wird das erst in
    10 bis 15 Jahren der Fall sein. Das Ganze wird ein Drit-
    tel mehr Kohle verbrauchen und damit unwirtschaftlich
    sein.

    Das heißt, die Erneuerbaren sind zu diesem Zeitpunkt
    die wesentlich bessere Klimaschutzalternative. CCS in
    der Energiewirtschaft hat deutschlandweit und europa-
    weit überhaupt keine Perspektive.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dirk Becker [SPD] und Wolfgang Nešković [DIE LINKE])


    Sie können den Menschen in Brandenburg doch über-
    haupt nicht erklären, dass man auf der einen Seite ein
    Riesenloch gräbt, um Kohle abzubauen, und dafür Land-
    schaften zerstört und Menschen umgesiedelt werden
    müssen, während auf der anderen Seite 30 Kilometer
    weiter CO2 in die Erde gepresst wird, womit man den
    Menschen dort ebenfalls Probleme macht und Sorgen
    bereitet. So etwas ist nicht zukunftsfähig. Das ist einfach
    keine nachhaltige Politik.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Wolfgang Nešković [DIE LINKE])


    Es ist nicht so, dass bei diesem Thema der Widerstand
    hauptsächlich aus den Umweltverbänden, von den Grü-
    nen usw. käme. Wenn ich mir die Stellungnahmen aus
    Schleswig-Holstein, aus Niedersachsen und aus Meck-
    lenburg-Vorpommern anschaue, stelle ich fest, dass auch
    Christdemokraten und Freidemokraten das Ganze kri-
    tisch sehen und Widerstand leisten. Das ist auch der
    Grund dafür, dass Sie, nachdem die Große Koalition vor
    zwei Jahren einen ersten Anlauf unternommen hat und
    nachdem die Bundeskanzlerin in ihrer ersten Regie-
    rungserklärung nach der Wahl gesagt hat, sie werde noch
    vor Weihnachten 2009 einen CCS-Gesetzentwurf vorle-
    gen, erst zwei Jahre später damit kommen. Sie haben in-
    tern Konflikte, die Sie letztendlich nicht gelöst bekom-
    men.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dirk Becker [SPD])


    Dann haben Sie, um Akzeptanz für Ihren Gesetzent-
    wurf zu gewinnen, eine Länderklausel erfunden, die es
    den Ländern ermöglichen soll, komplett aus dem Thema
    CCS auszusteigen. Der Kollege Becker hat es eben
    schon gesagt: Wenn wir das zum Regelfall bei Gesetzen
    machen, dann gute Nacht! Hier sehe ich große Schwie-
    rigkeiten. Das Interessante ist aber, dass man diese Län-
    derklausel auch so interpretieren kann, dass das Ganze
    gar nicht funktioniert, dass die Länder das gar nicht leis-
    ten werden und es Ihnen nur darum geht, den Schein zu
    wahren, indem Sie Schleswig-Holstein und Niedersach-
    sen überzeugen, dabei mitzumachen, und so die Mehr-
    heit im Bundesrat sichern.

    Ich würde Ihnen empfehlen: Tun Sie mit diesem Ge-
    setzentwurf das einzig Richtige:


    (Zuruf von der LINKEN: Ab in die Tonne!)

    Führen Sie ihn einem sinnvollen Zweck zu, nämlich dem
    Papierrecycling! Das hat dieser Gesetzentwurf verdient.
    Gehen Sie zurück auf Los! Machen Sie, wenn überhaupt,
    ein reines CCS-Forschungsgesetz! Stecken Sie die vie-
    len 100 Millionen Euro, die wir von der EU für dieses
    Thema bekommen, in die erneuerbaren Energien!