Rede:
ID1709601200

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 10
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. nun: 1
    5. der: 1
    6. Kollege: 1
    7. Volker: 1
    8. Kauder: 1
    9. für: 1
    10. dieCDU/CSU-Fraktion.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/96 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin: zur aktuellen Lage in Ja- pan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Erste Beratung des von den Abgeordneten Jürgen Trittin, Renate Künast, Sylvia Kotting- Uhl, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes und zur Wie- derherstellung des Atomkonsenses DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Erika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmungen . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: 10882 D 10909 B 10910 B 10911 D 10912 D 10913 D 10914 D 10915 A, B, C 10921 A, 10923 B 10926 A, 10928 B 10930 B, 10933 A 10935 B Deutscher B Stenografisc 96. Sit Berlin, Donnerstag, I n h a Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Dr. Lukrezia Jochimsen und Edelgard Bulmahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begrüßung der neuen Abgeordneten Helmut Heiderich und Ingo Egloff . . . . . . . . . . . . . . Wahl des Abgeordneten Peter Wichtel als Schriftführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 27 d und 30 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . Tagesordnungspunkt 5: 10881 A 10881 B 10881 B 10881 C 10882 B 10882 B (Drucksache 17/5035) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10882 D 10883 A undestag her Bericht zung den 17. März 2011 l t : Sigmar Gabriel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Michael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) . . . . . . . . Michael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . Dr. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 10889 D 10893 D 10896 B 10898 D 0000 A10901 B 10901 C 10901 D 10903 C 10905 A 10905 C 10907 C Erste Beratung des von den Abgeordnete Volker Beck (Köln), Ingrid Hönlinger, Mem Kilic, weiteren Abgeordneten und der Fra tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eing n et k- e- II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 brachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Än- derung des Bundeswahlgesetzes (Drucksache 17/4694) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Günter Krings (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Stefan Ruppert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 32: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 und zur Neuordnung bestehender Aus- und Durchführungs- bestimmungen auf dem Gebiet des in- ternationalen Unterhaltsverfahrensrechts (Drucksache 17/4887) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die vorläufige Durchführung unmittelbar geltender Vorschriften der Europäischen Union über die Zulas- sung oder Genehmigung des Inverkehr- bringens von Pflanzenschutzmitteln (Drucksache 17/4985) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Ulrich Lange, Dirk Fischer (Hamburg), Arnold Vaatz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Patrick Döring, Werner Simmling, Oliver Luksic, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Sicherheit im Eisen- bahnverkehr verbessern – Strecken- netz mit Sicherungssystemen ausstatten (Drucksache 17/5046) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Martin Gerster, Sönke Rix, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Rechtsextremistische Einstellungen im Sport konsequent bekämpfen – Tole- ranz und Demokratie nachhaltig för- dern (Drucksache 17/5045) . . . . . . . . . . . . . . . . 10915 D 10916 A 10917 B 10938 A 10941 A 10941 C 10943 D 10946 A 10948 A 10949 A 10949 B 10949 B 10949 C Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Agnes Krumwiede, Dr. Konstantin von Notz, Jerzy Montag, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Zugang zu verwais- ten Werken erleichtern (Drucksache 17/4695) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 33: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des BVL-Gesetzes (Drucksachen 17/4381, 17/5034) . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Technologie zu der Verordnung der Bundesregierung: Ein- hundertsechzigste Verordnung zur Än- derung der Einfuhrliste – Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz – (Drucksachen 17/4403, 17/4499 Nr. 2, 17/4774) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu dem Antrag der Abgeordneten Karin Binder, Ralph Lenkert, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Verbraucher- freundliche Rücknahmepflicht des Ein- zelhandels für Energiesparlampen durchsetzen (Drucksachen 17/2121, 17/3684) . . . . . . . d) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Ab- geordneten Dorothea Steiner, Sylvia Kotting- Uhl, Hans-Josef Fell, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bürgerfreundliches Rück- nahmesystem für gebrauchte Energie- sparlampen im Handel einrichten (Drucksachen 17/1583, 17/3278) . . . . . . . e) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für die Angelegenheiten der Euro- päischen Union zu dem Antrag der Abge- ordneten Dr. Diether Dehm, Alexander Ulrich, Andrej Hunko, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Ge- gen Armut und soziale Ausgrenzung – Soziale Fortschrittsklausel in das EU- Vertragswerk aufnehmen (Drucksachen 17/902, 17/4773) . . . . . . . . f) – o) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 224, 225, 10949 C 10949 D 10950 A 10950 B 10950 C 10950 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 III 226, 227, 228, 229, 230, 231, 232 und 233 zu Petitionen (Drucksachen 17/4864, 17/4865, 17/4866, 17/4867, 17/4868, 17/4869, 7/4870, 17/ 4871, 17/4872, 17/4873) . . . . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinter- ziehung (Schwarzgeldbekämpfungs- gesetz) (Drucksachen 17/4182, 17/5067 (neu)) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung (Schwarzgeld- bekämpfungsgesetz) (Drucksachen 17/4802, 17/5067 (neu)) – Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Ent- wurfs eines … Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung (Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung) (Drucksachen 17/1411, 17/5067 (neu)) b) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses – zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Steuerhinterzie- hung wirksam und zielgenau be- kämpfen – zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Instrumente zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung nutzen und ausbauen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Axel Troost, Richard Pitterle, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Den Kampf gegen Steuerhinterziehung nicht dem Zufall überlassen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ 10951 A 10951 A 10954 D 10952 A 10952 A 10952 A DIE GRÜNEN: Steuerhinterziehung wirksam bekämpfen (Drucksachen 17/1755, 17/4670, 17/1149, 17/1765, 17/5067 (neu)) . . . . . . . . . . . . . . Manfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Peter Aumer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . Dr. Daniel Volk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicolette Kressl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Tagesordnungspunkt 8: a) Antrag der Abgeordneten Uwe Beckmeyer, Sören Bartol, Martin Burkert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Stillstand in der Verkehrspolitik über- winden – Zukunftskommission zur Reform der Infrastrukturfinanzierung einrichten (Drucksache 17/5022) . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung zu dem Antrag der Abgeord- neten Uwe Beckmeyer, Sören Bartol, Martin Burkert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur si- chern – Deutschland braucht eine mo- derne Zukunftsstrategie zur Infrastruk- turfinanzierung (Drucksachen 17/782, 17/1479) . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung zu dem Antrag der Abgeord- neten Uwe Beckmeyer, Sören Bartol, Martin Burkert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Mobilität nachhaltig gestalten – Erfolgreichen Ansatz der integrierten Verkehrspoli- tik fortentwickeln (Drucksachen 17/1060, 17/2226) . . . . . . . Uwe Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Schnieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 10952 B 10952 B 10957 A 10958 D 10960 A 10961 B 10962 C 10963 A 10964 A 10965 B 10966 A 10966 C 10967 D 10969 C 10969 C 10969 D 10970 A 10971 B IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Werner Simmling (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhold Sendker (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Michael Groß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 9: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer auf- enthalts- und asylrechtlicher Vor- schriften (Drucksachen 17/4401, 17/5093) . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Rüdiger Veit, Daniela Kolbe (Leipzig), Gabriele Fograscher, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes für ein erweitertes Rückkehrrecht im Auf- enthaltsgesetz (Drucksachen 17/4197, 17/5093) . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Rüdiger Veit, Dr. Dieter Wiefelspütz, Olaf Scholz, wei- teren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Auf- enthaltsgesetzes (Altfallregelung) (Drucksachen 17/207, 17/5093) . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Sevim Dağdelen, weiteren Ab- geordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Auf- enthaltsgesetzes (Bleiberechtsrege- lung und Vermeidung von Ketten- duldungen) (Drucksachen 17/1557, 17/5093) . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Sevim Dağdelen, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion DIE LINKE: Menschenrecht auf Freizügigkeit ungeteilt verwirkli- chen 10972 C 10974 A 10975 B 10976 B 10977 B 10978 C 10980 B 10980 A 10980 A 10980 A – zu dem Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Jan Korte, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Für ein wirksames Rückkehrrecht und eine Stärkung der Rechte der Opfer von Zwangsverheiratungen – zu dem Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Memet Kilic, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine wirksame und stichtagsunabhängige gesetzliche Blei- berechtsregelung im Aufenthaltsge- setz – zu dem Antrag der Abgeordneten Memet Kilic, Volker Beck (Köln), Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Opfer von Zwangsverhei- ratungen wirksam schützen durch bundesgesetzliche Reformen und eine Bund-Länder-Initiative – zu dem Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Memet Kilic, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Residenzpflicht abschaf- fen – Für weitestgehende Freizügig- keit von Asylbewerbern und Gedul- deten (Drucksachen 17/2325, 17/4681, 17/1571, 17/2491, 17/3065, 17/5093) . . . . . . . . . . . Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aydan Özoğuz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Serkan Tören (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Matthias W. Birkwald, Dr. Martina Bunge, Diana Golze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: 10980 D 10981 A 0000 A10982 C 10984 A 10985 B 10986 C 10988 A 10989 C 10990 A 10991 A 10992 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 V Für eine gerechte Angleichung der Renten in Ostdeutschland (Drucksache 17/4192) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Frank Heinrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD) . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für die Angelegenheiten der Euro- päischen Union – zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/ CSU und FDP: Einvernehmensherstel- lung von Bundestag und Bundesregie- rung zur Ergänzung von Artikel 136 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) hinsicht- lich der Einrichtung eines Europäi- schen Stabilitätsmechanismus (ESM) hier: Stellungnahme des Deutschen Bundestages nach Artikel 23 Ab- satz 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 10 des Gesetzes über die Zu- sammenarbeit von Bundesregie- rung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäi- schen Union – zu dem Antrag der Fraktion der SPD: zum Entwurf eines Beschlusses des Europäi- schen Rates zur Änderung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union hinsichtlich eines Stabilitätsme- chanismus für die Mitgliedstaaten, de- ren Währung der Euro ist – Ratsdok. 17620/10 (EUCO 30/10), An- lage 1 – hier: Stellungnahme des Deutschen Bundestages nach Artikel 23 Ab- satz 3 des Grundgesetzes (GG) i. V. m. § 10 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesre- gierung und Deutschem Bundes- tag in Angelegenheiten der Euro- päischen Union Herstellung des Einvernehmens bezüg- lich der Ergänzung von Artikel 136 AEUV zur Einrichtung eines Europäi- schen Stabilitätsmechanismus (ESM) verantwortlich gestalten 10994 C 10994 D 10996 A 10997 C 10999 A 11000 A 11001 C – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Diether Dehm, Alexander Ulrich, Andrej Hunko, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: zum Entwurf eines Beschlusses des Europäischen Rates zur Änderung des Vertrags über die Ar- beitsweise der Europäischen Union hin- sichtlich eines Stabilitätsmechanismus für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist – Ratsdok. 17620/10 (EUCO 30/10), An- lage 1 – hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes – zu dem Antrag der Abgeordneten Manuel Sarrazin, Alexander Bonde, Dr. Gerhard Schick, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Her- stellung des Einvernehmens zwischen Bundestag und Bundesregierung zur Änderung des Artikels 136 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union hinsichtlich eines Stabilitätsme- chanismus für die Mitgliedstaaten, de- ren Währung der Euro ist hier: Stellungnahme des Deutschen Bundestages nach Artikel 23 Ab- satz 3 GG i. V. m. § 10 des Geset- zes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (Drucksachen 17/4880, 17/4881, 17/4882, 17/4883, 17/5094) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Link (Heilbronn) (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . Dr. Daniel Volk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Meister (CDU/CSU) . . . . . . . . . Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bettina Kudla (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 11002 D 11003 C 11004 C 11005 B 11006 B 11007 D 11008 B 11010 A 11011 B 11012 B 11012 D 11013 D 11014 B VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 Tagesordnungspunkt 12: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Hilde Mattheis, Dr. Karl Lauterbach, Elke Ferner, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD: Qualität und Transparenz in der Pflege konsequent wei- terentwickeln – Pflege-Transparenzkrite- rien optimieren (Drucksachen 17/1427, 17/4925) . . . . . . . . . . Heinz Lanfermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Hilde Mattheis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Willi Zylajew (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) . . . . . . Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Sieb- ten Gesetzes zur Änderung des Straßen- verkehrsgesetzes (Drucksache 17/4981) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- derung des Straßenverkehrsgesetzes (Drucksache 17/2766) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Oliver Luksic (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Lutze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Technologie zu dem Antrag der Abgeordneten Edelgard Bulmahn, Klaus Barthel, Garrelt Duin, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Fairen Rohstoffhandel sichern – Handel mit Seltenen Erden offenhalten (Drucksachen 17/4553, 17/4910) . . . . . . . . . . Klaus Breil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 11016 A 11016 B 11017 B 11018 B 11019 B 11020 A 11021 A 11022 A 11022 A 11022 B 11023 B 11024 D 11025 D 11026 C 11027 B 11028 C 11028 C 11029 C 11030 C Ulla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung mautrechtlicher Vorschriften für Bundesfernstraßen (Drucksache 17/4979) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uwe Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Jarzombek (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales zu dem An- trag der Abgeordneten Matthias W. Birkwald, Diana Golze, Heidrun Dittrich, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Aufgaben und Zusammensetzung der Al- tersarmutskommission – Altersarmut um- fassend und mit den richtigen Mitteln be- kämpfen (Drucksachen 17/4422, 17/4926) . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Anton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Geset- zes zur Änderung des Europäische-Be- triebsräte-Gesetzes – Umsetzung der Richtlinie 2009/38/EG über Europäische Betriebsräte (2. EBRG-ÄndG) (Drucksache 17/4808) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11031 D 11032 C 11033 B 11034 C 11034 D 11036 A 11037 B 11038 C 11039 C 11040 C 11042 A 11042 B 11043 C 11044 C 11045 D 11046 C 11047 B 11048 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 VII Tagesordnungspunkt 18: Beschlussempfehlung und Bericht des Innen- ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Volker Beck (Köln), Josef Philip Winkler, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Weitere iranische Flüchtlinge aus der Türkei in Deutschland aufnehmen (Drucksachen 17/2439, 17/4087) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 19: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa und zur Änderung anderer Gesetze (Drucksache 17/4978) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . . Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Anton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Molitor (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 20: Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Intensivierung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren (Drucksache 17/1224) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Jens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – zu dem Antrag der Abgeordneten Holger Ortel, Petra Crone, Petra Ernstberger, wei- 11048 C 11048 D 11049 A 11050 B 11051 C 11052 C 11053 B 11054 A 11055 A 11055 A 11056 B 11057 A 11057 D 11059 B terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Die Reform der Gemeinsamen Fi- schereipolitik zum Erfolg führen – zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Behm, Dr. Valerie Wilms, Undine Kurth (Quedlinburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Chancen der EU-Fischereireform 2013 nutzen und Gemeinsame Fische- reipolitik grundlegend reformieren (Drucksachen 17/3179, 17/3209, 17/3957) . . Tagesordnungspunkt 22: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Geset- zes zur Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches sowie anderer Vor- schriften (Drucksache 17/4984) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU) . . . . . . Kerstin Tack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu dem Antrag der Abge- ordneten Ulrike Höfken, Birgitt Bender, Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Umsetzung der EU-Health-Claims-Verord- nung voranbringen (Drucksachen 17/4015, 17/4892) . . . . . . . . . . Carola Stauche (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Kerstin Tack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Edmund Peter Geisen (FDP) . . . . . . . . . . Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Viola von Cramon-Taubadel, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Frak- 11060 C 11061 A 11061 A 11062 A 11063 A 11064 A 11065 B 11066 A 11066 B 11067 A 11067 D 11068 C 11069 C VIII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für wirk- samen Rechtsschutz im Asylverfahren – Konsequenzen aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschen- rechte ziehen (Drucksache 17/4886) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Helmut Brandt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: Antrag der Abgeordneten Winfried Hermann, Dr. Anton Hofreiter, Bettina Herlitzius, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Transparenter Stress- test für die Leistungsfähigkeit des Bahn- projektes Stuttgart 21 (Drucksache 17/5041) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Steffen Bilger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Ute Kumpf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werner Simmling (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: Antrag der Abgeordneten Claudia Roth (Augs- burg), Dr. Frithjof Schmidt, Manuel Sarrazin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: EU-Beitritts- verhandlungen mit der Türkei wiederbele- ben (Drucksache 17/5042) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dietmar Nietan (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP) . . . . . . Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . 11070 C 11070 D 11072 B 11072 B 11072 D 11073 C 11074 C 11074 D 11075 C 11076 B 11077 A 11078 B 11079 C 11080 C 11080 D 11082 B 11083 D 0000 A11085 B 11086 B 11087 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU und der Fraktion der FDP zu der Abgabe einer Regierungser- klärung durch die Bundeskanzlerin zur aktu- ellen Lage in Japan (Tagesordnungspunkt 5) Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Ute Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) zur na- mentlichen Abstimmung über die Nummer 3 des Entschließungsantrags der Fraktion der SPD zu der Abgabe einer Regierungserklä- rung durch die Bundeskanzlerin zur aktuellen Lage in Japan (Tagesordnungspunkt 5) . . . . . Anlage 4 Erklärung des Abgeordneten Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) zur namentlichen Ab- stimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu der Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin zur aktuellen Lage in Japan (Drucksache 17/5052) (Tagesordnungspunkt 5) Anlage 5 Erklärung des Abgeordneten Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu der Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin zur aktuellen Lage in Ja- pan (Drucksache 17/5052) (Tagesordnungs- punkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11088 C 11089 A 11089 C 11090 A 11090 C 11090 D 11091 A 11091 B 11091 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 IX Anlage 6 Anlage 11 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Petra Hinz (Essen) (SPD) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung: Gegen Armut und soziale Ausgrenzung – So- ziale Fortschrittsklausel in das EU-Vertrags- werk aufnehmen (Tagesordnungspunkt 33 e) Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Daniela Kolbe (Leipzig) und Rüdiger Veit (beide SPD) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung: Gegen Armut und soziale Ausgrenzung – Soziale Fort- schrittsklausel in das EU-Vertragswerk auf- nehmen (Tagesordnungspunkt 33 e) . . . . . . . . Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Manuel Sarrazin, Beate Müller-Gemmeke und Hans-Christian Ströbele (alle BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstim- mung über die Beschlussempfehlung: Gegen Armut und soziale Ausgrenzung – Soziale Fortschrittsklausel in das EU-Vertragswerk aufnehmen (Tagesordnungspunkt 33 e) . . . . . Anlage 9 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Elvira Drobinski-Weiß, Heinz Paula, Petra Crone und Kerstin Tack (alle SPD) zur na- mentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung: Gegen Armut und soziale Aus- grenzung – Soziale Fortschrittsklausel in das EU-Vertragswerk aufnehmen (Tagesord- nungspunkt 33 e) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 10 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sibylle Laurischk (FDP) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Bekämp- fung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer aufenthalts- und asylrecht- licher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 9 a) 11091 C 11092 A 11092 C 11093 A 11093 C Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Frank Schäffler (FDP) und Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) zur Abstimmung über die Be- schlussempfehlung zu dem Antrag: Einvernehmensherstellung von Bundestag und Bundesregierung zur Ergänzung von Artikel 136 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) hinsichtlich der Einrichtung eines Europäischen Stabilitätsme- chanismus (ESM) hier: Stellungnahme des Deutschen Bundes- tages nach Artikel 23 Absatz 3 Grund- gesetz i. V. m. § 10 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregie- rung und Deutschem Bundestag in An- gelegenheiten der Europäische Union (Tagesordnungspunkt 11) . . . . . . . . . . Anlage 12 Zu Protokoll gegebenen Reden zur Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Än- derung des Europäische-Betriebsräte-Geset- zes – Umsetzung der Richtlinie 2009/38/EG über Europäische Betriebsräte (2. EBRG- ÄndG) (Tagesordnungspunkt 17) Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . Josip Juratovic (SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Jutta Krellmann (DIE LINKE . . . . . . . . . . . . Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 13 Zu Protokoll gegebenen Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Weitere iranische Flüchtlinge aus der Türkei in Deutschland aufnehmen (Tagesordnungs- punkt 18) Helmut Brandt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD) . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11094 C 11095 D 11096 C 11097 C 11098 B 11099 B 11100 A 11101 A 11102 C 11103 B 11103 C 11104 A X Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 Anlage 14 Zu Protokoll gegebenen Reden zur Beratung der Anträge: – Die Reform der Gemeinsamen Fischerei- politik zum Erfolg führen – Chancen der EU-Fischereireform 2013 nut- zen und Gemeinsame Fischereipolitik grund- legend reformieren (Tagesordnungspunkt 21) Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Holger Ortel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11105 B 11107 A 11108 C 11109 C 11110 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 10881 (A) (C) (D)(B) 96. Sit Berlin, Donnerstag, Beginn: 9
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 11089 (A) (C) (D)(B) Die Diskussion und die Art der Argumentation zeigen, dass es im Gegenteil wohl eher darum geht, RegierungDr. Pfeiffer, Joachim CDU/CSU 17.03.2011 zustimmen. Ich habe nicht den Eindruck, dass es der SPD und den Grünen mit ihren Anträgen primär darum geht, die Sicherheit der Kernkraftwerke zu erhöhen und den Ausstieg aus der Kerntechnologie zu beschleunigen. Dr. Middelberg, Mathias CDU/CSU 17.03.2011 Nietan, Dietmar SPD 17.03.2011 Anlage 1 Liste der entschuldi Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Aigner, Ilse CDU/CSU 17.03.2011 Bellmann, Veronika CDU/CSU 17.03.2011 Börnsen (Bönstrup), Wolfgang CDU/CSU 17.03.2011 Brinkmann (Hildesheim), Bernhard SPD 17.03.2011 Bülow, Marco SPD 17.03.2011 Burchardt, Ulla SPD 17.03.2011 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 17.03.2011 Dr. Danckert, Peter SPD 17.03.2011 Dyckmans, Mechthild FDP 17.03.2011 Ernst, Klaus DIE LINKE 17.03.2011 Fischbach, Ingrid CDU/CSU 17.03.2011 Fischer (Karlsruhe- Land), Axel E. CDU/CSU 17.03.2011* Friedhoff, Paul K. FDP 17.03.2011 Hänsel, Heike DIE LINKE 17.03.2011 Hempelmann, Rolf SPD 17.03.2011 Höfken, Ulrike BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.03.2011 Holmeier, Karl CDU/CSU 17.03.2011 Kipping, Katja DIE LINKE 17.03.2011 Koch, Harald DIE LINKE 17.03.2011 Kossendey, Thomas CDU/CSU 17.03.2011 Kramme, Anette SPD 17.03.2011 Kunert, Katrin DIE LINKE 17.03.2011 Anlagen zum Stenografischen Bericht gten Abgeordneten * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Ent- schließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU und der Fraktion der FDP zu der Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzle- rin zur aktuellen Lage in Japan (Tagesord- nungspunkt 5) Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Ausgelöst durch die schrecklichen Ereignisse in Japan hat in der CDU/CSU- Fraktion ein Prozess der Neubewertung eingesetzt. Die im Herbst 2010 beschlossene – von mir nicht mitgetra- gene – „Laufzeitverlängerung“ für Kernkraftwerke wird infrage gestellt. Ich werde mich dafür einsetzen, dass am Ende dieses Prozesses ein wesentlich schnellerer Aus- stieg aus der Kernenergie steht – und ich glaube, das wird auch gelingen. Deswegen unterstütze ich den Ent- schließungsantrag der CDU/CSU-Fraktion, der – und ich betrachte das als ersten Schritt – unter anderem eine grundlegende Überprüfung der Sicherheit der deutschen Kernkraftwerke fordert. Ich teile im Übrigen durchaus einige Forderungen aus den Entschließungsanträgen von SPD und Grünen. Ich werde diesen Entschließungsanträgen allerdings nicht Pieper, Cornelia FDP 17.03.2011 Dr. Schwanholz, Martin SPD 17.03.2011 Strothmann, Lena CDU/CSU 17.03.2011 Vogel (Kleinsaara), Volkmar CDU/CSU 17.03.2011 Wellmann, Karl-Georg CDU/CSU 17.03.2011 Werner, Katrin DIE LINKE 17.03.2011 Zimmermann, Sabine DIE LINKE 17.03.2011 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 11090 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 (A) (C) (D)(B) und Regierungsfraktionen zu beschädigen, obwohl diese dabei sind, ihre Entscheidungen aus dem Jahr 2010 zu hinterfragen, auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und neu zu bewerten. Ute Granold (CDU/CSU): Meine Zustimmung vom November 2010 zur Verlängerung der Restlaufzeiten der deutschen Kernkraftwerke als Teil eines umfassenden Energiekonzeptes für Deutschland beruhte auf der An- nahme, dass dieses Konzept einen alternativlosen Weg in das regenerative Zeitalter aufweist, ohne den die Ener- gieversorgungssicherheit nicht zu gewährleisten sein würde. Dabei war für mich klar, dass der Laufzeitverlän- gerung eine Brückenfunktion zukommt. Ein erheblicher Teil der zusätzlichen Einnahmen sollte zur Finanzierung der Umstellungskosten auf erneuerbare Energien abge- schöpft und verwendet werden. Zudem war meine Zustimmung an das Junktim ge- bunden, dass die Laufzeitverlängerung an eine deutliche Erhöhung der Sicherheitsstandards gekoppelt ist, die die maximale, nach menschlichem Ermessen mögliche Si- cherheit der deutschen Kernkraftwerke sicherstellt. Die schrecklichen und unfassbaren Ereignisse in Japan die- ser Tage zeigen jedoch, dass es diese Sicherheit im Um- gang mit Kernkraft nicht gibt. Das bis vor wenigen Ta- gen Undenkbare ist nunmehr Realität geworden. Das nicht beherrschbare Restrisiko manifestiert sich in den dramatischen und unfassbaren Ereignissen und Bildern, deren Zeugen wir nunmehr sind. Angesichts der neuen Erkenntnisse wurde jetzt ent- schieden, die gesetzliche Verlängerung der Laufzeiten für drei Monate auszusetzen und alle vor 1980 in Betrieb genommenen Kernkraftwerke vom Netz zu nehmen. Diesen Schritt begrüße ich vor dem Hintergrund der real gewordenen Bedrohungslage ausdrücklich. Dem heutigen Antrag stimme ich zu, weil ich fest davon ausgehe, dass der jetzt begonnene Prozess der kri- tischen Überprüfung der bestehenden Sicherheitsstan- dards im Speziellen und der grundsätzlichen Überprü- fung der Kernenergie im Allgemeinen nur zu dem Ergebnis führen kann, dass die älteren, vor 1980 in Be- trieb genommenen Kernkraftwerke nicht wieder ans Netz gehen und jetzt endgültig abgeschaltet werden. Die von der Bundesregierung veranlasste umfassende Prü- fung aller deutschen Kernkraftwerke darf keine Tabus kennen und muss Sicherheitsfragen allerhöchste Priorität einräumen. Ich erwarte, dass der Antrag, dem ich heute zu- stimme, einen Weg einleitet, an dessen Ende ein schnellstmöglicher und vollständiger Ausstieg aus der Kernkraft in Deutschland steht. Ich appelliere an die Bundesregierung, alle denkbaren Anstrengungen einzu- leiten, um auch die dann noch verbliebenen Kernkraft- werke möglichst schnell vom Netz zu nehmen. Dies be- inhaltet eine deutlich verstärkte Förderung regenerativer Energien, den notwendigen Ausbau der Energienetze so- wie wirksame Energiesparkonzepte. Dieser Weg muss in enger Abstimmung mit den europäischen Nachbarstaa- ten erfolgen, die ebenfalls von einem umgehenden Aus- stieg aus der Atomenergie überzeugt werden müssen. In diesem Prozess sollte Deutschland eine Vorreiterrolle einnehmen. Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/ CSU): Erstens. Ich werde zum Entschließungsantrag auf Drucksache 17/5048 mit Enthaltung stimmen. Zweitens. Auch bin ich der Meinung, dass die Bun- desregierung und der Deutsche Bundestag nach der Na- turkatastrophe in Japan nicht zur Tagesordnung überge- hen dürfen. Das Leid, das die Menschen in Japan heim- gesucht hat, hat auch mich tief bewegt und betroffen ge- macht. Drittens. Maßnahmen, die die Bundesregierung in Ver- antwortung für die Sicherheit der deutschen Bevölkerung einleitet, sind aber unter dem Licht des Art. 20 Abs. 3 GG daraufhin zu überprüfen, ob es sich um rein administra- tive Maßnahmen handelt oder ob sie einer gesetzgeberi- schen Begleitung bedürfen. Die Bundesregierung hat – was der Antrag begrüßt – in einem Moratorium die Aussetzung der Verlängerung der Laufzeiten der Kern- kraftwerke in Deutschland verfügt. Ein Moratorium ist eine Entscheidung, eine Handlung aufzuschieben oder zeitlich zu unterlassen oder aber ein „Abkommen“ vo- rübergehend außer Kraft zu setzen. Im Zusammenhang mit der Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken kann es nur eine Außerkraftsetzung eines Gesetzes bedeuten. Dem steht aber Art. 20 Abs. 3 GG entgegen. Gesetze können nur durch ein Aufhebungsgesetz des Deutschen Bundestages außer Kraft gesetzt werden. Viertens. Im Übrigen bedarf es der Aussetzung eines atomrechtlichen Gesetzes dann nicht, wenn man – wie die Bundesregierung – davon ausgeht, die zur Sicher- heitsüberprüfung der Atomkraftwerke notwendigen Maßnahmen können auf der Rechtsgrundlage des § 19 Abs. 3 Ziffer 3 AtG verfügt werden. Ob über § 19 Abs. 2 Ziffer 3 AtG der von der Bundesregierung verfolgte Zweck erreichbar ist, scheint allerdings frag- lich. Es ist nämlich strikt zwischen Genehmigungs- und Aufsichtsverfahren zu differenzieren. Nach Genehmi- gungserteilung ist es Aufgabe der Aufsichtsbehörde, dem Genehmigungsinhaber etwaige Defizite gegenüber dem Gesetz oder den Anforderungen des Genehmigungsbe- scheides nachzuweisen. Ob § 19 Abs. 3 Ziffer 3 AtG herangezogen werden kann, um ein vorübergehendes Ab- schalten von Kernkraftwerken zu verfügen, wenn Grund- lage einer Sicherheitsüberprüfung lediglich eine verän- derte sicherheitspolitische Betrachtung ist, scheint im Übrigen fraglich. Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU): Erstens. Ich werde dem Entschließungsantrag auf Drucksache 17/5048 trotz erheblicher Bedenken zustimmen. Zweitens. Mit großer Sorge verfolgen wir die kriti- sche Lage der betroffenen japanischen Kernkraftwerke. Auch wenn in Deutschland so starke Erdbeben wie in Ja- pan und Tsunamis unbekannt sind, können wir nicht ein- fach zur Tagesordnung übergehen. Besonders, weil es sich bei Japan auch um ein Hochtechnologieland mit enormen Sicherheitsstandards handelt, müssen wir prü- fen, was wir lernen können. Als Konsequenz aus den Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 11091 (A) (C) (D)(B) Katastrophen in Japan ist es aus meiner Sicht richtig, die Sicherheit der deutschen Kernkraftwerke erneut zu über- prüfen. Die Aussetzung der Laufzeitverlängerung für drei Monate durch die Bundesregierung halte ich aber nicht für rechtlich bindend, da es an der Zuständigkeit fehlt. Nicht die Bundesregierung hat nach meiner Mei- nung hierüber zu entscheiden, sondern das Parlament oder im Rahmen der Auftragsverwaltung die Bundeslän- der, wenn die Sicherheit nicht mehr gegeben ist. Ich kann daher dem Entschließungsantrag von CDU/CSU und FDP zwar zustimmen, halte die entsprechenden Pas- sagen aber für unbestimmt bzw. ungenau. Wir müssen uns nach meiner Meinung vielmehr vor dem Hintergrund der Katastrophe in Japan fragen, ob die Akzeptanz der Kernenergie in der Bevölkerung derart geschwunden ist und die Angst der Menschen derart ge- wachsen ist, dass die Kernkraftwerke schneller vom Netz genommen werden müssen, als dies derzeit gesetz- lich geregelt ist. Ein Parlament muss die Ängste der Menschen ernst nehmen. Dies ist aber eine politische Entscheidung, die nur vom Parlament getroffen werden kann – nicht von Teilen der Bundesregierung und eini- gen Ministerpräsidenten. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) zur namentlichen Abstimmung über die Nummer 3 des Entschließungsantrags der Fraktion der SPD zu der Abgabe einer Re- gierungserklärung durch die Bundeskanzlerin zur aktuellen Lage in Japan (Tagesordnungs- punkt 5) Ich werde mich bei Nummer 3 der Stimme enthalten. Der Atomkompromiss der rot-grünen Bundesregie- rung war die gesetzliche Garantie für die Energiekon- zerne, Atomkraftwerke Jahrzehnte weiter betreiben zu können. Die Laufzeitverlängerung der Bundesregierung hat gezeigt, dass auch diese mit der Atomwirtschaft ver- einbarte Regelung zurückgenommen und somit das Aus- stiegsszenario umkehrbar gemacht werden konnte. Ein konsequenter Ausstieg aus der Atomkraft war das nicht. Dieser ist alternativlos. Der Ausstiegszeitraum bis zum Ende des Jahrzehnts ist viel zu lang. So ist unter an- derem nach Angaben des Präsidenten des Umweltbun- desamtes, Jochen Flasbarth, ein kompletter Ausstieg aus der Atomenergie bereits deutlich früher umsetzbar. Es ist möglich, den Atomausstieg schneller als bis zum Ende dieses Jahrzehnts zu vollziehen, ohne dass es zu einem vermehrten Einsatz fossiler Energien und einem unso- zialen Anstieg der Strompreise kommt. Anlage 4 Erklärung des Abgeordneten Dr. Johann Wadephul (CDU/ CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN zu der Abgabe einer Re- gierungserklärung durch die Bundeskanzle- rin zur aktuellen Lage in Japan (Drucksache 17/5052) (Tagesordnungspunkt 5) Mein Votum lautet: Nein. Anlage 5 Erklärung des Abgeordneten Roderich Kiesewetter (CDU/ CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN zu der Abgabe einer Re- gierungserklärung durch die Bundeskanzlerin zur aktuellen Lage in Japan (Drucksache 17/5052) (Tagesordnungspunkt 5) Mein Name erscheint nicht in der Abstimmungsliste. Mein Votum lautet: Nein. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Petra Hinz (Essen) (SPD) zur namentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung: Gegen Armut und soziale Aus- grenzung – Soziale Fortschrittsklausel in das EU-Vertragswerk aufnehmen (Tagesordnungs- punkt 33 e) Ich stimme für die Beschlussempfehlung und damit gegen den Antrag der Linken. Die Verankerung einer sozialen Fortschrittsklausel in den Europäischen Verträgen ist unsere sozialdemokrati- sche Idee und wird schon lange von der SPD unterstützt. Das Präsidium der SPD hat am 14. März 2011 beschlos- sen: Darüber hinaus bedarf die Stabilitätsstrategie in Eu- ropa zwingend einer starken sozialen Dimension … Damit verbinden wir folgende konkrete Forderun- gen: … eine soziale Fortschrittsklausel, die mög- lichst im europäischen Primärrecht verankert ist und festschreibt, dass die ökonomischen Grundfrei- heiten des europäischen Binnenmarktes keinen Vor- rang vor sozialen Grundrechten haben. Wir Sozialdemokraten haben 2009 gemeinsam mit dem DGB eine Stellungnahme „SPD und Gewerkschaf- ten – Gemeinsam für sozialen Fortschritt in Europa“ ver- abschiedet. Damit sind wir Urheber dieser Forderung und haben auf dem Weg dahin schon einiges erreicht. So haben wir mit dem Vertrag von Lissabon bereits soziale Grundrechte verankern können. Außerdem gibt es eine soziale Querschnittsklausel (Art. 9 AEUV), dem- zufolge die Europäische Union „bei der Festlegung und Durchführung ihrer Politik und ihrer Maßnahmen … den Erfordernissen in Zusammenhang mit der Förderung ei- nes hohen Beschäftigungsniveaus, mit der Gewährleis- tung eines angemessenen sozialen Schutzes, mit der Be- 11092 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 (A) (C) (D)(B) kämpfung der sozialen Ausgrenzung sowie mit einem hohen Niveau der allgemeinen und beruflichen Bildung und des Gesundheitsschutzes Rechnung“ trägt. Damit ist festgelegt, dass die EU sich an Ziele des sozialen Fort- schritts bindet und sozialen Fortschritt als Ziel formuliert hat. Darüber hinaus fordern wir, die Sozialdemokraten, jetzt, dass eine soziale Fortschrittsklausel in den Lissa- bon-Vertrag eingefügt wird, da Art. 136 des Vertrages wegen des Europäischen Stabilitätsmechanismus ohne- hin verändert werden muss. Die SPD beteiligt sich – in enger Abstimmung mit den Gewerkschaften – auch wei- ter konstruktiv an der Debatte um ein soziales Europa. Den Antrag der Linken lehne ich ab, insbesondere wegen der überzogenen Kritik an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und der ideologischen Kritik am Lissabon-Vertrag. Ebenso lehne ich die Forde- rung der Linken ab, zukünftige Beitritte von der Auf- nahme der sozialen Fortschrittsklausel in die EU-Ver- träge abhängig zu machen. Deshalb stimme ich in der namentlichen Abstimmung für die Beschlussempfehlung des EU-Ausschusses. Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Daniela Kolbe (Leipzig) und Rüdiger Veit (beide SPD) zur namentlichen Ab- stimmung über die Beschlussempfehlung: Ge- gen Armut und soziale Ausgrenzung – Soziale Fortschrittsklausel in das EU-Vertragswerk aufnehmen (Tagesordnungspunkt 33 e) Wir unterstützen grundsätzlich die Verankerung einer sozialen Fortschrittsklausel in den Europäischen Verträ- gen. Sie ist eine sozialdemokratische Idee und wird schon lange von der SPD unterstützt. Zuletzt hat das Prä- sidium der SPD am 14. März 2011 beschlossen: Darüber hinaus bedarf die Stabilitätsstrategie in Eu- ropa zwingend einer starken sozialen Dimension … Damit verbinden wir folgende konkrete Forderun- gen: … eine soziale Fortschrittsklausel, die mög- lichst im europäischen Primärrecht verankert ist und festschreibt, dass die ökonomischen Grundfrei- heiten des europäischen Binnenmarktes keinen Vor- rang vor sozialen Grundrechten haben. Die SPD hat 2009 gemeinsam mit dem DGB eine Stellungnahme „SPD und Gewerkschaften – Gemeinsam für sozialen Fortschritt in Europa“ verabschiedet. Sie ist Urheberin dieser Forderung und hat auf dem Weg dahin schon einiges erreicht. Schon mit dem Vertrag von Lissabon wurden bereits soziale Grundrechte verankert. Außerdem gibt es eine so- ziale Querschnittsklausel (Art. 9 AEUV), derzufolge die Europäische Union „bei der Festlegung und Durchfüh- rung ihrer Politik und ihrer Maßnahmen … den Erforder- nissen in Zusammenhang mit der Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus, mit der Gewährleistung eines an- gemessenen sozialen Schutzes, mit der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung sowie mit einem hohen Niveau der allgemeinen und beruflichen Bildung und des Gesund- heitsschutzes Rechnung“ trägt. Damit ist festgelegt, dass die EU sich an Ziele des sozialen Fortschritts bindet und sozialen Fortschritt als Ziel formuliert hat. Darüber hinaus fordert die SPD jetzt, dass eine so- ziale Fortschrittsklausel in den Lissabon-Vertrag einge- fügt wird, da Art. 136 des Vertrages wegen des Europäi- schen Stabilitätsmechanismus ohnehin verändert werden muss. Die SPD beteiligt sich – in enger Abstimmung mit den Gewerkschaften – auch weiter konstruktiv an der Debatte um ein soziales Europa. Den Antrag der Linken lehnen wir ab, weil er die For- derung enthält, zukünftige Beitritte von der Aufnahme der sozialen Fortschrittsklausel in die EU-Verträge ab- hängig zu machen. Diese Forderung können wir nicht teilen. Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Manuel Sarrazin, Beate Müller-Gemmeke und Hans-Christian Ströbele (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur nament- lichen Abstimmung über die Beschlussempfeh- lung: Gegen Armut und soziale Ausgrenzung – Soziale Fortschrittsklausel in das EU-Vertrags- werk aufnehmen (Tagesordnungspunkt 33 e) Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in den Jahren 2007 und 2008, insbesondere in den Sa- chen Viking Line, Laval, Rüffert und Luxemburg, hat den sozialen Grundrechten geschadet und zu einem Un- gleichgewicht gegenüber den Grundfreiheiten des Mark- tes geführt. Daher ist es notwendig, die Balance wieder- herzustellen und sozialen Grundrechten mehr Gewicht zu geben. Wir unterstützen daher die Forderung, eine so- ziale Fortschrittsklausel in die Verträge der Europäi- schen Union aufzunehmen. Die konkrete Formulierung des Europäischen Ge- werkschaftsbundes, auf die sich der Antrag bezieht, ist ein begrüßenswerter Denkanstoß, kann von uns in dieser Form aber nicht mitgetragen werden. Der Vorschlag sta- tuiert einen generellen Vorrang der sozialen Grundrechte innerhalb der Europäischen Verträge. Dies bedeutet, dass soziale Grundrechte Vorrang gegenüber allen anderen in den Verträgen enthaltenen Normen, sogar denen in der Grundrechtecharta der Europäischen Union, bekommen sollen. Für uns sind soziale Grundrechte und die Grund- und Menschenrechte wichtig. Zudem statuiert der Vorschlag eine Anweisung an Ge- richte, auch in einer Abwägung verschiedener Grund- rechtsnormen immer zugunsten der sozialen Grund- rechte zu entscheiden. Das widerspricht unserem Grundrechtsverständnis, weil aus unserer Sicht eine durch die Gerichte im Einzelfall unabhängige Abwä- gung von Grundrechten geboten ist. Wir befürworten eine soziale Fortschrittsklausel, die die sozialen Grundrechte gegenüber den Grundfreiheiten Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 11093 (A) (C) (D)(B) des Marktes stärkt. Eine soziale Fortschrittsklausel, die allerdings generell Vorrang genießt, bewegt sich nicht im Grünen-Rechtsverständnis. Dem Antrag in dieser Form können wir nicht zustimmen. Weil auch wir eine soziale Fortschrittsklausel unterstützen, werden wir uns enthalten. Anlage 9 Erklärungen nach § 31 GO der Abgeordneten Elvira Drobinski-Weiß, Heinz Paula, Petra Crone und Kerstin Tack (alle SPD) zur namentlichen Abstimmung über die Be- schlussempfehlung: Gegen Armut und soziale Ausgrenzung – Soziale Fortschrittsklausel in das EU-Vertragswerk aufnehmen (Tagesord- nungspunkt 33 e) Die Verankerung einer sozialen Fortschrittsklausel in den Europäischen Verträgen ist eine sozialdemokratische Idee und wird schon lange von der SPD unterstützt. Zu- letzt hat das Präsidium der SPD am 14. März 2011 be- schlossen: Darüber hinaus bedarf die Stabilitätsstrategie in Eu- ropa zwingend einer starken sozialen Dimension ... Damit verbinden wir folgende konkrete Forderun- gen: ... eine soziale Fortschrittsklausel, die mög- lichst im europäischen Primärrecht verankert ist und festschreibt, dass die ökonomischen Grundfrei- heiten des europäischen Binnenmarktes keinen Vor- rang vor sozialen Grundrechten haben. Wir haben 2009 gemeinsam mit dem DGB eine Stel- lungnahme „SPD und Gewerkschaften – Gemeinsam für sozialen Fortschritt in Europa“ verabschiedet. So hat die SPD mit dem Vertrag von Lissabon bereits soziale Grundrechte verankern können. Außerdem gibt es eine soziale Querschnittsklausel (Art. 9 AEUV), der zu- folge die Europäische Union „bei der Festlegung und Durchführung ihrer Politik und ihrer Maßnahmen … den Erfordernissen in Zusammenhang mit der Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus, mit der Gewährleistung ei- nes angemessenen sozialen Schutzes, mit der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung sowie mit einem hohen Niveau der allgemeinen und beruflichen Bildung und des Ge- sundheitsschutzes Rechnung“ trägt. Damit ist festgelegt, dass die EU sich an Ziele des sozialen Fortschritts bindet und sozialen Fortschritt als Ziel formuliert hat. Darüber hinaus fordert die SPD jetzt, dass eine so- ziale Fortschrittsklausel in den Lissabon-Vertrag einge- fügt wird, da Art. 36 des Vertrages wegen des Europäi- schen Stabilitätsmechanismus ohnehin verändert werden muss. Die SPD beteiligt sich – in enger Abstimmung mit den Gewerkschaften – auch weiter konstruktiv an der Debatte um ein soziales Europa. Den Antrag der Linken lehnen wir ab, insbesondere wegen der überzogenen Kritik an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und der ideologischen Kritik am Lissabon-Vertrag. Wir lehnen auch die Forde- rung der Linken ab, zukünftige Beitritte von der Auf- nahme der sozialen Fortschrittsklausel in die EU-Ver- träge abhängig zu machen. Anlage 10 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sibylle Laurischk (FDP) zur Abstimmung über den Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer aufenthalts- und asylrechtlicher Vorschriften (Tagesordnungs- punkt 9 a) Im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Bekämp- fung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Op- fer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer auf- enthaltsrechtlicher und asylrechtlicher Vorschriften ist vorgesehen, die Mindestbestandszeit einer Ehe zur Be- gründung eines eigenständigen Aufenthaltsrechts, von zwei auf drei Jahre zu erhöhen. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird dazu ausgeführt, dass Wahrneh- mungen aus der ausländerrechtlichen Praxis darauf hin- deuten, dass durch die im Jahr 2000 vorgenommene Ver- kürzung der Ehebestandszeit von vier auf zwei Jahren der Anreiz für ausschließlich zum Zwecke der Erlan- gung eines Aufenthaltstitels beabsichtigte Eheschließun- gen gesteigert worden sei. Durch die Erhöhung der Ehe- bestandszeit auf drei Jahre würde der Anreiz für die Eingehung einer Scheinehe verringert und durch die Ver- längerung des Zeitraums gleichzeitig die Wahrschein- lichkeit der Aufdeckung einer Scheinehe vor Entstehung eines eigenständigen Aufenthaltsrechts erhöht. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung hat die Ziel- setzung, Opfer von Zwangsheirat besser zu schützen. Die Erhöhung der Ehebestandszeit steht meines Erach- tens dazu im Widerspruch. Die Gefahr, die Abhängigkeit der Opfer von Zwangsheirat von ihren Ehepartnern zu erhöhen, überwiegt gegenüber den Vorteilen, die mit der Regelung zur Verhinderung von Scheinehen angestrebt wird. Je länger die aufenthaltsrechtliche Abhängigkeit der zwangsverheirateten Frauen vom Bestand der Ehe andauert, umso länger sind diese Frauen gezwungen, in einer von Gewalt geprägten Lebenssituation gegen ihren Willen auszuharren. Die bereits bestehende Härtefallregelung des § 31 Abs. 2 AufenthG, wonach von der zwei- bzw. nun vorge- sehenen dreijährigen Frist abgewichen werden kann, greift in der Praxis aufgrund von Beweisschwierigkeiten in vielen Fällen nicht. Die Zwangsehe stellt zwar einen Umstand dar, der eine besondere Härte im Sinne dieser Vorschrift begründen kann. Die hohen Anforderungen an den Nachweis der Zwangslage lässt hingegen viele Frauen davor zurückschrecken, eine Trennung vor Ab- lauf der Mindestehebestandszeit vorzunehmen. Auch durch den Änderungsantrag der Fraktionen CDU/CSU und FDP (Ausschussdrucksache 17 (4) 205) hat sich in Bezug auf die Beweislast keine Verbesserung der Situa- tion der betroffenen Frauen ergeben. Zwar wird durch 11094 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 (A) (C) (D)(B) die Ergänzung von § 31 Absatz 2 Satz 2 AufenthG um einen weiteren Halbsatz nunmehr ausdrücklich erwähnt, dass die Unzumutbarkeit des Festhaltens an der eheli- chen Lebensgemeinschaft insbesondere dann anzuneh- men ist, wenn der Ehegatte Opfer häuslicher Gewalt durch den stammberechtigten Ausländer ist. Dies bringt jedoch in der Praxis keine Beweiserleichterung für die zwangsverheirateten Frauen mit sich. Die Verlängerung der für das eigenständige Aufent- haltsrecht erforderlichen Frist von zwei auf drei Jahre würde daher die Situation der Betroffenen insgesamt verschlechtern, den Druck auf sie erhöhen und ihre Lei- denszeit verlängern. In diesem Zusammenhang möchte ich auch darauf verweisen, dass der UN-Frauenrechts- ausschuss CEDAW im Jahr 2004 ausdrücklich die Herabsetzung der Ehebestandsdauer auf zwei Jahre lo- bend hervorgehoben hat. Eine erneute Anhebung der Ehebestandsdauer bedeutet im Umkehrschluss einen Rückschritt in der Verwirklichung des Menschenrechts von Frauen auf ein Leben frei von Gewalt. Im Koalitionsvertrag ist im Kapitel „Integration und Zuwanderung“ ein Prüfauftrag bezüglich aller Maßnah- men zur Verhinderung von Scheinehen, wie zum Bei- spiel die Verlängerung der Ehebestandszeit von zwei auf drei Jahre, formuliert. Eine Prüfung der im Gesetzent- wurf nunmehr vorgesehenen Erhöhung der Ehebestands- zeit ist meines Erachtens nicht erfolgt. Im Rahmen der heutigen Abstimmung zum Gesetz- entwurf der Bundesregierung zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer aufenthalts- rechtlicher und asylrechtlicher Vorschriften werde ich daher mit „Nein“ stimmen. Auch die geplante Änderung des § 37 AufenthG sehe ich kritisch. Grundsätzlich begrüße ich zwar die Anpas- sung von § 37 Abs. 2 AufenthG, da die Regelung eine Besserstellung der Opfer von Zwangsheiraten im Aus- land vorsieht. Allerdings wird von der beabsichtigten Neuregelung lediglich ein kleiner Personenkreis begüns- tigt. Mit Einfügung des § 37 Abs. 2 a AufenthG wird sol- chen Personen ein Rechtsanspruch auf Rückkehr nach Deutschland eingeräumt, die rechtswidrig mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Einge- hung der Ehe genötigt und von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten werden, wenn sie sich vor ihrem Auslandsaufenthalt als Minderjährige mindestens acht Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben so- wie sechs Jahre eine Schule besucht haben und den An- trag auf Rückkehr innerhalb von drei Monaten nach Wegfall der Zwangslage, spätestens jedoch vor Ablauf von zehn Jahren seit der Ausreise, gestellt haben. Unab- hängig von der Dauer des Aufenthalts in Deutschland kann solchen Personen die Rückkehr nach Deutschland gewährt werden, die rechtswidrig mit Gewalt oder Dro- hung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe genötigt und von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten werden, wenn der Antrag auf Rückkehr in- nerhalb von drei Monaten nach Wegfall der Zwangslage, spätestens jedoch vor Ablauf von fünf Jahren seit der Ausreise gestellt wird und eine positive Integrationspro- gnose abgegeben werden kann. Als problematisch erachte ich, dass den Opfern von Zwangsheirat, die die oben genannten Voraussetzungen eines achtjährigen Deutschland-Aufenthalts sowie eines sechsjährigen Schulbesuches in Deutschland nicht erfül- len, kein Rechtsanspruch auf Rückkehr zusteht. Der Ge- setzentwurf eröffnet den Behörden einen Ermessens- spielraum. Die Opfer können somit nicht sicher davon ausgehen, dass ihnen bei Erfüllung der im Gesetz nor- mierten Voraussetzungen auch tatsächlich ein Rückkehr- recht zugestanden wird. Dies führt bei den Betroffenen zu weiteren Unsicherheiten. Daher lehne ich auch die geplante Einfügung des § 37 Abs. 2 a AufenthG im Er- gebnis ab, da die Regelung meines Erachtens nicht weit genug geht und sie in der Praxis kaum tatsächliche Rele- vanz aufweist. Anlage 11 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Frank Schäffler (FDP) und Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) zur Abstim- mung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag: Einvernehmensherstellung von Bundestag und Bundesregierung zur Ergänzung von Artikel 136 des Vertrages über die Arbeitsweise der Euro- päischen Union (AEUV) hinsichtlich der Ein- richtung eines Europäischen Stabilitätsmecha- nismus (ESM) hier: Stellungnahme des Deutschen Bundesta- ges nach Artikel 23 Absatz 3 Grundge- setz i. V. m. § 10 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angele- genheiten der Europäische Union (Ta- gesordnungspunkt 11) Der von der Bundesregierung am 11. März 2011 in Brüssel eingeschlagene Weg zur „Änderung des Vertra- ges über die Arbeitsweise der Europäischen Union hin- sichtlich eines Stabilitätsmechanismus für die Mitglied- staaten, deren Währung der Euro ist – Ratsdok. 17620/10 (EUCO 30/10, Anlage I) –“ ist der Weg zur Ausweitung des bestehenden Euro-Rettungsschirms, die der Deut- sche Bundestag nie wollte, ist der Weg zur unbefristeten Verlängerung des Euro-Rettungsschirms, die der Deut- sche Bundestag nie wollte, ist der Weg zur qualitativen Veränderung der Europäischen Wirtschaftsverfassung, die der Deutsche Bundestag nie wollte. Alle drei Wege sind und bleiben falsche Wege. Denn es ist nach wie vor richtig, was unsere Frau Bundeskanz- lerin in ihrer Regierungserklärung am 27. Oktober 2010 bezüglich des derzeitigen Rettungsschirms klargestellt hatte: Er läuft 2013 aus. Das haben wir auch genau so ge- wollt und beschlossen. Eine einfache Verlängerung kann und wird es mit Deutschland nicht geben, weil Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 11095 (A) (C) (D)(B) der Rettungsschirm nicht als langfristiges Instru- ment taugt, weil er Märkten und Mitgliedstaaten falsche Signale sendet und weil er eine gefährliche Erwartungshaltung fördert. Er fördert die Erwar- tungshaltung, dass Deutschland und andere Mit- gliedstaaten und damit auch die Steuerzahler dieser Länder im Krisenfall schon irgendwie einspringen und das Risiko der Anleger übernehmen können. Diese Worte sind nach wie vor richtig. Die Lage hat sich nicht geändert. Offensichtlich wird jedoch, dass im Mai 2010 der politisch falscheste Satz des noch jungen 21. Jahrhunderts im Deutschen Bundestag gesprochen worden ist: „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa!“ Flankiert vom Wort des Jahres 2010 „alternativlos“ darf seitdem niemand mehr öffentlich über Alternativen zum 750-Milliarden-Rettungsschirm nachdenken. Und wird der Rettungsschirm beim EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs am 24. und 25. März nicht verewigt, dann „Scheitert der Euro und scheitert Europa!“ Welches Europa da gerade scheitert, wird indes nicht hinterfragt, denn es könnte auffallen, dass es das Europa der Planwirtschaftler und Bürokraten ist. Die Alternativlosigkeit verbietet, über die Ziele einer liberalen Europapolitik nachzudenken, über Rechtsstaat- lichkeit in Europa, über den Schutz der individuellen Freiheit, über eine freiheitliche Wirtschaftsverfassung, denn: „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa!“ Wir dürfen natürlich auch nicht darauf hinweisen, dass wir am 21. Mai 2010 im Deutschen Bundestag zwei Drittel des Steueraufkommens des Bundes für die Staats- schulden anderer Länder verpfändet haben und dass dies ohne einen Parlamentsvorbehalt und ohne eine rechtli- che Grundlage in den europäischen Verträgen vom Deut- schen Bundestag durchgewunken wurde. Noch im Jahr 2009 hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Lissabon-Urteil das Budgetrecht des Parla- ments zum Kernbereich demokratischen Lebens gezählt. Sowohl das Demokratieprinzip als auch das Wahlrecht seien verletzt, wenn die Festlegung über die Art und Höhe der den Bürger betreffenden Abgaben in wesentli- chem Umfang supranationalisiert würde. Wir dürfen nicht aussprechen, dass der Deutsche Bundestag bei der nunmehr geplanten „Verstetigung“ des Euro-Rettungsschirms sein Königsrecht der freien Haushaltsplanung und -verabschiedung verliert. Wir dürfen nicht beklagen, dass wir als Bundestagsabgeord- nete unserer eigenen Entmachtung zustimmen sollen. Nein! Nein! Nein! Gute Europäer müssen wir sein! Wir dürfen nicht laut darüber nachdenken, dass das heutige Europa auf dem Weg in die monetäre Planwirt- schaft und den politischen Zentralismus ist und dass Plan- wirtschaft und das Brechen der Europäischen Verträge nicht alternativlos sind. Wir dürfen die Hauptursachen der Überschuldungskrise unserer Staaten und Banken na- türlich nicht benennen: die Geld- und Kreditschöpfung aus dem Nichts und die Möglichkeit, staatliches unge- decktes Zwangspapiergeld unbegrenzt vermehren zu können. Dass ohne diese Alchemie des Geldes kein welt- weites Schneeballsystem aus ungedeckten zukünftigen Zahlungsverpflichtungen hätte entstehen können, dürfen wir natürlich auch nicht sagen. Es könnte ja erkannt wer- den, dass dieses Schneeballsystem nur möglich ist, weil der Staat aus Gründen der leichteren Finanzierung von Staatsausgaben den Banken Privilegien verliehen hat, die gegen die Grundprinzipien jeder marktwirtschaftlichen Ordnung verstoßen. Und es ist natürlich eine Beleidigung des heutigen Es- tablishments, wenn man deutlich macht, dass dieses Geldsystem fast zwangsläufig zur Überschuldung von Staaten und Banken führt, die sich in diesem Prozess ge- genseitig decken, stützen und erpressen. Die Erpressung lautet: Werden die Zahlungen für uns eingestellt, fällt das gesamte Finanzsystem zusammen. Ein Europa des Rechts, des Wettbewerbs und der Marktwirtschaft muss die Antwort auf diese Vertrauens- krise sein. Regeln, die gemeinsam vereinbart wurden, müssen eingehalten und von der EU-Kommission als Hüterin des Rechts durchgesetzt werden. Nicht planwirt- schaftliche Gleichmacherei durch Bürokraten einer Wirtschaftsregierung oder einen „Pakt für Wettbewerbs- fähigkeit“, sondern mehr Wettbewerb als Entdeckungs- verfahren, als Entmachtungsinstrument und faktische Schuldenbremse müssen zugelassen werden. Und schließlich ist eine marktwirtschaftliche Geldordnung vonnöten, die der EZB nicht weiter erlaubt, den Zins und damit den Preis für Güter und Dienstleistungen beliebig zu manipulieren und damit die marktwirtschaftliche Ordnung zu zerstören. Dieser Dreiklang ist die Alternative zur Alternativlo- sigkeit. Denn sonst behalten die recht, die behaupten: „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa.“ Anlage 12 Zu Protokoll gegebenen Reden zur Beratung des Entwurfs eines Zweiten Ge- setzes zur Änderung des Europäische-Betriebs- räte-Gesetzes – Umsetzung der Richtlinie 2009/ 38/EG über Europäische Betriebsräte (2. EBRG- ÄndG) (Tagesordnungspunkt 17) Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU): Mit dem Euro- päischen Binnenmarkt und der Währungsunion haben viele Unternehmen ihre Strategien grenzüberschreitend ausgerichtet, Planungen und Standortentscheidungen be- trachten Europa als einen einheitlichen Wirtschaftsraum. Dagegen enden die Möglichkeiten der deutschen Be- triebsverfassung nach wie vor an der Landesgrenze. Um diese Lücke zu schließen, wurde 1994 die EU-Richtlinie über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrates verabschiedet. Seit 1996 gibt es auch ein entsprechendes deutsches EBR-Gesetz. Das Europäische Parlament hat im Dezember 2008 einen Richtlinienentwurf zur Neufas- sung der Europäischen-Betriebsräte-Richtlinie 94/95/EG gebilligt, mit dem die Kommission das Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmerinnen 11096 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 (A) (C) (D)(B) und Arbeitnehmer über Europäische Betriebsräte verbes- sern will. Ich begrüße es ausdrücklich, dass sich die Sozialpart- ner auf europäischer Ebene nach jahrelangen Auseinan- dersetzungen im Sommer 2008 dann auf einen gemeinsa- men Richtlinienentwurf geeinigt haben. Das war eine schwierige Geburt. Denn nach einer ersten Konsultation der Sozialpartner im April 2004 und einer zweiten im Jahr 2007 scheiterte im Frühjahr 2008 die angestrebte Eini- gung zunächst. Erst auf Drängen des Europäischen Parla- ments entschloss sich die Kommission, einen eigenen Entwurf zur Revision der Europäischen-Betriebsräte- Richtlinie vorzulegen. Der dann erzielte Durchbruch ist deshalb besonders erfreulich und ein wichtiges Signal, weil sich die bestehenden Europäischen Betriebsräte – ungeachtet gewisser Probleme im Detail – bewährt haben. Als Gremium zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in grenzüber- schreitend tätigen Unternehmen spielt er auch vor dem Hintergrund der sozialen Dimension in Europa eine wichtige Rolle. Er ist kein Betriebsrat im Sinne der deut- schen Betriebsverfassung, insbesondere verfügt er über keine Mitbestimmungsrechte. Seine Aufgabe ist eher mit einem Wirtschaftsausschuss vergleichbar. Er soll die Un- terrichtung und Anhörung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch dann sicherstellen, wenn sie von Entscheidungen betroffen werden, die außerhalb ihres Mitgliedstaates gefasst werden, in dem sie beschäftigt sind. Gebildet werden kann er in Unternehmen, die in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes mindestens 1 000 Ar- beitnehmer beschäftigen, davon mindestens jeweils 150 Arbeitnehmer in zwei verschiedenen Mitgliedstaa- ten. Deutschland gehört in Europa noch vor Großbritan- nien, Frankreich, Schweden und den Niederlanden zu den Mitgliedstaaten, in denen am häufigsten ein Euro- päischer Betriebsrat gegründet wird. Mit der nun von der Bundesregierung vorgelegten No- velle des Europäischen-Betriebsräte-Gesetzes soll die neue EU-Richtlinie über Europäische Betriebsräte eins zu eins in nationales Recht umgesetzt werden. Dies ist auch im Sinne der Rechtssicherheit zu begrüßen. Damit wird das Recht auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeit- nehmer in gemeinschaftsweit tätigen Unternehmen und Unternehmensgruppen weiter gestärkt. Zu den wesentli- chen Änderungen gehören die erweiterte Definition der Begriffe Unterrichtung und Anhörung, die Anerkennung der Rolle der Gewerkschaften als Sachverständige zur „Unterstützung der Verhandlungen des besonderen Ver- handlungsgremiums“ sowie die Regelungen für erforder- liche Schulungen von Mitgliedern dieses Gremiums und des Europäischen Betriebsrates. Die wichtigste Neuerung stellt die Neuverhandlungspflicht bestehender Vereinba- rungen bei strukturellen Änderungen des Unternehmens oder der Unternehmensgruppe dar. Die europäischen Sozialpartner sind ihrer Verantwor- tung zum sozialen Dialog in vorbildhafter Weise gerecht geworden. Das zeigen die beeindruckenden Kompro- misse über die gemeinsamen Flexicurity-Grundsätze und über die Überarbeitung der Richtlinie über Europäische Betriebsräte. Es stimmt auch positiv, dass sich die Kom- mission bei der Europäischen-Betriebsräte-Richtlinie in Selbstbeschränkung geübt und das Subsidiaritätsprinzip gewahrt hat. Josip Juratovic (SPD): Als früherer Betriebsrat bei Audi war auch ich mit dem Problem konfrontiert, dass unser Unternehmen europaweit agierte. Für mich stellte sich die Frage: Wie können wir Mitarbeiter mithalten, wenn ein Unternehmen über die Grenzen hinweg organi- siert ist? Wie organisieren wir dann die Mitbestimmung? Zum Glück gibt es seit 1994 die EU-Richtlinie über Eu- ropäische Betriebsräte. Es ist wichtig, dass Arbeitneh- mer europaweit organisiert sind, wenn die Unternehmen staatenübergreifend aufgestellt sind. Wir brauchen Mit- bestimmung auf Augenhöhe. Das geht nur, wenn Ge- werkschaften und Unternehmen beide transnational or- ganisiert sind. In einer globalisierten Welt ist es nicht möglich, nur nationale Mitbestimmung zu haben, ohne die Mitbestimmung auf EU-Ebene zu stärken. Es reicht nicht, wenn wir die deutsche Mitbestimmung in Sonn- tagsreden loben, wie die Kanzlerin es tut, und auf EU- Ebene untätig bleiben. Es gibt keine Alternative zu einer europaweiten Aus- weitung der Mitbestimmung. In einigen Unternehmen, wie beispielsweise bei EADS, funktionieren die Europäi- schen Betriebsräte sehr gut. EADS ist erfolgreich, und die Mitbestimmung ist ein Grund dafür. Denn unser Wohlstand baut auf zwei Säulen auf: Zum einen sind dies erfolgreiche und innovative Unternehmer, zum an- deren sind dies die unzähligen Arbeitnehmer, die für den Erfolg ihres Unternehmens arbeiten. Wenn diese Arbeit- nehmer an den Entscheidungen beteiligt werden und wenn es funktionierende Betriebsräte gibt, sind die Un- ternehmen erfolgreicher. Das zeigen zahlreiche Studien. Denn in Betrieben mit Mitbestimmung setzen sich die Arbeitnehmer stärker für den Erfolg ihres Unternehmens ein, mit dem sie sich verbunden fühlen. Deswegen ist es für unseren Wohlstand so wichtig, dass Europäische Be- triebsräte gut funktionieren. Aber die Werksverlagerung von Nokia in Bochum hat gezeigt: Es ist zu einfach, die Mitbestimmung zu umge- hen. Wir haben zahlreiche Beispiele aus der Praxis, dass Europäische Betriebsräte an wichtigen Entscheidungen nicht beteiligt wurden. Die Richtlinie von 1994 war nicht mehr zeitgemäß. Die Europäischen Betriebsräte standen vor einem Scherbenhaufen. Auf europäischer Ebene haben wir lange für eine verbesserte Richtlinie gekämpft. Die deutsche Wirtschaft und besonders der Arbeitgeberverband haben dabei keine rühmliche Rolle gespielt. Vielmehr versuchten die Arbeitgeber, weiter gehende Mitbestimmung auf europäischer Ebene zu ver- hindern. Es war eine harte Arbeit der europäischen Ge- werkschaften und des europäischen Arbeitgeberverban- des, bis es zu einer Einigung kam und der destruktive Widerstand der deutschen Arbeitgeber gebrochen war. Unterstützt wurden Gewerkschaften und europäische Arbeitgeber von vielen Erfahrungen aus der Praxis. In den Betrieben wurde viel zwischen Betriebsräten und Betriebsleitungen diskutiert, es fanden viele Aktionen vor Ort statt. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 11097 (A) (C) (D)(B) Die neue Richtlinie beinhaltet viele Verbesserungen. Die Grundrechte der Mitbestimmung, nämlich das Infor- mationsrecht und das Konsultationsrecht, werden durch die neue Richtlinie gewährleistet. Den Europäischen Be- triebsräten werden diese Grundrechte in Zukunft nicht mehr verweigert, wie es bisher in einigen Unternehmen der Fall war. Es wurde klargestellt, in welchen Fällen Europäische Betriebsräte zuständig sind. Dazu gehören auch Unternehmensverlagerungen. Die Europäischen Betriebsräte müssen in Zukunft früher informiert werden von den Unternehmensleitungen. EBR-Mitglieder haben in Zukunft das Recht auf Schulungs- und Bildungsveran- staltungen. In der Richtlinie werden viele wichtige Dinge geregelt, die die Arbeit von Europäischen Be- triebsräten vereinfachen. Die Richtlinie kann sich also sehen lassen. Aber die deutsche Umsetzung der Richtlinie, die wir heute debat- tieren, muss verbessert werden. Ich fordere drei Ände- rungen an dem Gesetzentwurf, der uns heute vorliegt. Erstens. In der Richtlinie steht, dass die Mitgliedstaa- ten verpflichtet sind, wirksame, angemessene und ab- schreckende Sanktionen für Verstöße gegen die Richtli- nie einzuführen. Die Höhe der Sanktionen muss national festgelegt werden. Denn natürlich ist beispielsweise eine Sanktion von 15 000 Euro für ein mittelständisches Un- ternehmen in Rumänien abschreckend. In Deutschland ist das aber viel zu niedrig. Der Gesetzentwurf von Union und FDP sieht vor, dass bei Verstößen eine Sank- tion von 15 000 Euro fällig ist. Glauben Sie ernsthaft, dass große deutsche Unternehmen bei 15 000 Euro zu- sammenzucken? 15 000 Euro hätte Nokia aus der Porto- kasse bezahlt, um Mitbestimmung zu verhindern. Kein Unternehmen, das die Mitbestimmung aushebeln will, fürchtet solch niedrige Sanktionen. Um die Europäi- schen Betriebsräte zu stärken, müssen wir also dringend höhere Sanktionen ins Gesetz schreiben. Zweitens müssen wir einen Unterlassungsanspruch festschreiben. Wenn ein Unternehmen gesetzwidrig han- delt, also den Europäischen Betriebsrat nicht rechtzeitig anhört oder unterrichtet, dürfen die Entscheidungen, an denen der Betriebsrat nicht beteiligt wurde, auch nicht vollzogen werden. Wenn ein Unternehmer also eine Werksschließung vornehmen will, aber den Europäischen Betriebsrat nicht anhört, kann der Betriebsrat dagegen klagen und sein Recht vor Gericht durchsetzen. Das fehlt bisher im Gesetz. Kolleginnen und Kollegen von Union und FDP, lassen Sie uns gemeinsam in den kommenden Beratungen einen solchen Unterlassungsanspruch in das Gesetz schreiben. Drittens fordere ich, dass ein Zutrittsrecht für die Mit- glieder der Europäischen Betriebsräte festgeschrieben wird. Wenn die Europäischen Betriebsräte hier nach Deutschland kommen, um die hiesigen Betriebsräte zu unterrichten, muss sichergestellt sein, dass die EBR-Mit- glieder nicht am Betreten des Unternehmens gehindert werden. Ein Unternehmen darf nicht verhindern, dass Europäische Betriebsräte in die deutschen Niederlassun- gen kommen. Auch dieses Zutrittsrecht müssen wir in das Gesetz integrieren. Die SPD-Fraktion wird dazu in den kommenden Ta- gen einen Antrag mit den konkreten Forderungen vorle- gen. Denn das Gesetz über europäische Mitbestimmung hat auch eine tiefere Bedeutung für unser gemeinsames Europa: Mit diesem Gesetz zeigen wir, was das soziale Europa für jeden Einzelnen von uns bedeutet. Wir zeigen den Menschen: Die EU rettet nicht nur den Euro und die Banken, sondern in der EU sorgen wir dafür, dass die Menschen bessere Arbeitsbedingungen bekommen. Die Richtlinie zu den Europäischen Betriebsräten ist ein Kernstück des sozialen Europas. Damit schaffen wir es, dass die Menschen nicht europamüde werden. Diese Chance müssen wir nutzen. Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): Das Europäische-Be- triebsräte-Gesetz stellt sicher, dass auch in gemein- schaftsweit tätigen Unternehmen und Konzernen eine grenzüberschreitende Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer über eine von ihnen gebildete Interessen- vertretung erfolgt. Ein Europäischer Betriebsrat kann ge- bildet werden in Unternehmen, die in den Mitgliedstaa- ten der Europäischen Union und in den anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum insgesamt mindestens 1 000 Arbeitneh- mer und davon mindestens jeweils 150 Arbeitnehmer in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten beschäftigen. Nach Zahlen der Europäischen Kommission bestehen in Europa derzeit etwa 900 Europäische Betriebsräte, die gut 15 Millionen Arbeitnehmer repräsentieren. In Deutschland gibt es rund 140 Unternehmen mit einem Europäischen Betriebsrat. Am 15. Dezember 2010 hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Euro- päische-Betriebsräte-Gesetzes beschlossen. Damit soll die Richtlinie 2009/38/EG über Europäische Betriebsräte in nationales Recht umgesetzt werden. Die neugefasste Richtline stärkt das Recht des Europäischen Betriebsrates auf Unterrichtung und Anhörung und gestaltet Beteili- gungsverfahren praxistauglicher. Die neuen Regelungen sollen im Sommer 2011 in Kraft treten. Ein wesentlicher Bestandteil des vorliegenden Ge- setzentwurfs ist die rechtzeitige Information und Anhö- rung des Europäischen Betriebsrates über geplante Maß- nahmen des Unternehmens, die die Arbeitnehmer betreffen, wie zum Beispiel Umstrukturierungen. Damit wird sichergestellt, dass auch in europaweit tätigen Un- ternehmen die Interessen der Arbeitnehmer berücksich- tigt werden und in die Entscheidungsfindung im Unter- nehmen einfließen. Die Anpassungen erfolgen, um der Praxis besser ge- recht zu werden. Dabei stehen die betrieblichen Sozial- partner im Mittelpunkt, indem sie die Verantwortung für die Einrichtung, das Format, die Aufgabenstellung und die Tätigkeit des Europäischen Betriebsrates oder eines anderen Verfahrens zur grenzüberschreitenden Unter- richtung und Anhörung der Arbeitnehmer erhalten haben. Der in der Richtlinie enthaltene Verhandlungsansatz ist die Grundlage für den großen Erfolg der Europäi- schen Betriebsräte in der unternehmerischen Praxis. Die- 11098 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 (A) (C) (D)(B) ser Ansatz ermöglicht eine Vielfalt von Modellen der Information und Konsultation und trägt den unterneh- mensindividuellen Gegebenheiten Rechnung. Durch das Gesetz werden keine neuen bürokratischen Hürden auf- gebaut, sondern es lässt Spielraum für maßgeschneiderte betriebliche Lösungen. Wir sind der festen Überzeu- gung, dass es richtig ist, den einzelnen Unternehmen die Möglichkeit zu geben, mit ihren Arbeitnehmern und Ar- beitnehmervertretern die besten Lösungen zu finden. In der Entstehung der Richtlinie, die nach unserer Vorstellung eins zu eins mit diesem Gesetz umgesetzt werden sollte, wurden viele Verbesserungsvorschläge der betroffenen Parteien angenommen, die die Arbeitge- ber zusammen mit dem Europäischen Gewerkschafts- bund in einer gemeinsamen Stellungnahme erarbeitet haben. Hier wurden gute Lösungen im Sinne der Arbeit- nehmer und Arbeitgeber gefunden. Dies ist insbesondere deshalb erfreulich, weil so zügig Ergebnisse gefunden werden konnten, die von einer breiten Mehrheit getragen werden. An einzelnen Stellen sehen wir als Liberale noch Ge- sprächsbedarf, so zum Beispiel bei den Anzeigepflich- ten. Unser Ziel ist es, Wettbewerbsgleichheit in der Eu- ropäischen Union sicherzustellen. In der Anhörung werden wir die Möglichkeit haben, auf einzelne Fragen- stellungen noch näher einzugehen. Dieser vorliegende Gesetzentwurf ist ein weiterer Schritt, um die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern auf europäischer Ebene einfacher und praxisgerechter zu gestalten. Daher würde ich mich freuen, wenn auch in diesem Hohen Hause über die Par- teigrenzen hinweg diese Regelungen Zustimmung fin- den würden. Jutta Krellmann (DIE LINKE): Wir brauchen starke Europäische Betriebsräte, um die Beschäftigten vor rei- nem Profitstreben ihrer Konzerne zu schützen. Mitbe- stimmung ist notwendig, wenn Konzerne, wie zum Beispiel Nokia, ihre Standorte verlagern, nur um Lohn- kosten zu sparen. Nokia hatte für das Werk in Bochum Subventionen bekommen, um dauerhafte Arbeitsplätze zu schaffen. Wie dauerhaft das war, hat man 2008 gese- hen: Das Werk wurde einfach verlagert. Am neuen Standort in Rumänien gab es Ansiedlungsprämien, und billige Löhne lockten. Also verlagerte Nokia seine Han- dyproduktion dorthin. Weder der deutsche noch der Eu- ropäische Betriebsrat waren ausreichend informiert wor- den. Die Belegschaft wurde chancenlos vor vollendete Tatsachen gestellt. Rumänische Gewerkschafter wurden aktiv bei ihrer Arbeit im neuen Werk gehindert. Immer wieder werden so Belegschaften verschiedener Werke in Europa gegeneinander ausgespielt. Europäische Betriebsräte ermöglichen es den Be- schäftigten, sich über nationale Grenzen auszutauschen und gemeinsame Positionen zu entwickeln. Die rasant gestiegene Zahl der Europäischen Betriebsräte belegt, wie wichtig sie für die Beschäftigten in transnationalen Unternehmen sind. Standortverlagerungen, wie bei No- kia, sollten in Europa nicht mehr möglich sein. Daran muss sich eine Richtlinie für Europäische Betriebsräte messen lassen. Ganze zwölf Jahre hat es gedauert, bis die verbesserte Richtlinie nun auf dem Tisch liegt. Herausgekommen sind die Beseitigung vieler kleiner Hürden, die die Arbeit der Europäischen Betriebsräte bisher erschwert haben. Die Informationsrechte des EBR wurden verbessert: Der Anspruch auf Informationen ist nun klarer definiert und leicht ausgeweitet. Es gibt nun endlich einen Schulungs- anspruch für Mitglieder eines Europäischen Betriebsrates, inklusive Kostenübernahme und Lohnkostenausgleich. Die Zusammenarbeit mit den Nationalen Mitbestim- mungsgremien wurde verbessert. Sanktionen, die die Un- ternehmen zur Einhaltung der Rechte der Europäischen Betriebsräte verpflichten, wurden in der Richtlinie festge- schrieben. Wenn man das hört, fragt man sich ernsthaft, wie zu- vor eine wirkungsvolle Arbeit möglich war. An einigen zentralen Punkten wurde aber nichts verändert. Der Eu- ropäische Betriebsrat kann sich auch weiterhin nur ein- mal im Jahr treffen. Für ein arbeitsfähiges Gremium ist dies zu wenig. Mit mehreren Treffen im Jahr wäre es ge- lungen, den Europäischen Betriebsrat von einem reinen Informationsgremium zu einem Arbeitsgremium zu ma- chen. Diese Chance ist verpasst worden. Zudem wurde die Ausweitung von EBRs auf kleinere europäische Un- ternehmen blockiert. Auch in Unternehmen mit 500 Be- schäftigten und mindestens 100 Beschäftigten in zwei Ländern müssen EBRs möglich sein. Bei den Sanktio- nen schließlich setzt die Bundesregierung die Richtlinien nur mangelhaft um: Geldstrafen von maximal 15 000 Euro sind nicht wirksam, wie die Richtlinie vorschreibt – das ist Klimpergeld für einen europäischen Konzern. Was brauchen Europäische Betriebsräte um arbeiten zu können? Aufgrund der reichhaltigen europäischen Er- fahrungen mit betrieblicher Mitbestimmung ist es ein- fach zu sagen, was Europäische Betriebsräte brauchen um gute Arbeit zu machen. Erstens. Europäische Be- triebsräte brauchen das Recht auf regelmäßige Treffen. Stellen Sie sich vor, Sie sind in einem internationalen Unternehmen beschäftigt, Sie sind Teil einer internatio- nalen Arbeitsgruppe und treffen sich mit Ihren Kollegen aus anderen Ländern nur einmal im Jahr zur Abstim- mung. Glauben Sie im Ernst, Sie sind so arbeitsfähig? Zweitens. Sie brauchen das Recht auf umfassende und frühzeitige Information, um ein gemeinsames europäi- sches Vorgehen der Beschäftigten abzustimmen. Deshalb fordert die europäische Linke, dass Europäische Betriebs- räte gegen Pläne der Unternehmensführung für Umstruk- turierungen, Unternehmenszusammenschlüsse, Übernah- men oder Entlassungen Einspruch erheben können. Alle endgültigen Entscheidungen müssten so lange aufge- schoben werden, bis der Europäische Betriebsrat alterna- tive Lösungen anbieten kann und diese mit der Unterneh- mensführung ausführlich erörtert wurden. Drittens. Die Teilnahme der Gewerkschaftsvertreter an den Treffen muss ermöglicht werden. Zustimmen wird die Linke dieser Verbesserung, aber einen Grund zum Feiern sehen wir darin nicht. Mit der Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 11099 (A) (C) (D)(B) neuen Richtlinie bleiben die Mitspracherechte der Be- schäftigten bei Umstrukturierungen und Verlagerungen ungenügend – ein neues Nokia wird nicht verhindert. Den europäischen Beschäftigten wird mit dem neuen Gesetz statt einem Fahrrad nun ein Mofa zur Verfügung gestellt. Wirklich notwendig für grenzübergreifende Mitbestimmung wäre jedoch mindestens eine europäi- sche Bahncard 100. Die dicken Bretter der Mitbestim- mung werden in Europa nur langsam gebohrt. Während der freie Binnenmarkt längst gelebte Praxis ist, bleiben die Rechte von europäischen Betriebsräten weiterhin von bescheidenem Format. Die Reform der Europäischen-Betriebsräte-Richtline wurde lange verzögert. Sie war für 1999 vorgesehen. In Kraft tritt die Reform nun 2011, das heißt, ganze zwölf Jahre später. Erst im Jahre 2016 wird eine erneute Über- arbeitung der Richtlinie möglich sein. Wenn diese in demselben Tempo verhandelt wird, wie bei dieser Über- arbeitung, ist der Prozess 2028 abgeschlossen. Das ist zu spät für mehr betriebliche Mitbestimmung in Europa. Das ist für ein demokratisches und soziales Europa be- schämend. Die europäischen Gewerkschaften haben dafür ge- sorgt, dass die Europäischen Betriebsräte, trotz der bis- her bescheidenen Möglichkeiten, mit Leben gefüllt wur- den. Es bleibt den Gewerkschaften Europas und der Welt auch mit der neuen Richtlinie nichts anderes übrig, als wirklich wirksame internationale Konzernmitbestim- mung selbst durchzusetzen. Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die Bundesregierung ist bereits spät dran mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des Europäischen-Be- triebsräte-Gesetzes. Seit dem 5. Juni 2009 ist die überar- beitete EU-Richtlinie zu den Europäischen Betriebsräten in Kraft, und bis zum 5. Juni dieses Jahres muss sie in nationales Recht umgesetzt werden. Viel Zeit bleibt also nicht mehr. Das Thema ist mir sehr wichtig, und ich meine, es muss intensiv und sorgfältig beraten werden. Denn die Umsetzung muss auch eine entsprechende Qualität haben. Die Beratungen im federführenden Aus- schuss für Arbeit und Soziales und insbesondere die An- hörung müssen zu einem umfassenden Austausch ge- nutzt werden. Den Ergebnissen der anstehenden Beratungen und der Vertiefung in die Details des Gesetz- entwurfes kann ich hier nicht vorgreifen. Aber einige grundlegende Aussagen zum vorliegenden Gesetzesvor- haben und zu seinem Hintergrund sind mir wichtig. Die Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Arbeit- nehmervertretung wurde 1994 in der Richtlinie für die Gründung Europäischer Betriebsräte geschaffen. Das war ein großer Schritt nach vorne und ein Kernstück des Europäischen Sozialmodells, denn Unternehmen sind heutzutage grenzüberschreitend, oft global aufgestellt. Auch die Arbeitnehmervertretung muss daher die Mög- lichkeit haben, sich grenzüberschreitend und europaweit zu organisieren. Andernfalls könnte von einer echten So- zialpartnerschaft auf Augenhöhe nicht mehr die Rede sein. Dennoch war die Richtlinie von 1994 höchst man- gelhaft und eine Revision überfällig. Es waren keine Mitbestimmungsrechte wie im deutschen Betriebsver- fassungsgesetz vorgesehen. Und es gab keine wirksa- men Sanktionen, die die Unternehmen zur Gründung Europäischer Betriebsräte antreiben. Die Verbesserungen in der Neufassung der Richtlinie von 2009 waren hart erkämpft. Insbesondere das Euro- päische Parlament hat den Kommissionsvorschlag ent- scheidend verbessert, auch auf Betreiben der Grünen. Ein wesentlicher Punkt war die Neudefinition der „Transnationalität“. Sie erinnern sich, die Nokia-Werks- schließung in Bochum und die Verlegung des Werkes nach Rumänien geschah über die Köpfe der Europäi- schen Betriebsräte hinweg. Nun ist klargestellt: Ein Eu- ropäischer Betriebsrat muss auch dann unterrichtet und angehört werden, wenn unternehmerische Entscheidun- gen in einem Mitgliedstaat getroffen werden, die die Be- schäftigten in einem anderen Mitgliedstaat betreffen. Auch das Fehlen von abschreckenden Sanktionen gegen Unternehmen, die sich nicht an die Richtlinie halten, wurde erkannt. Die Mitgliedstaaten werden nun aufgeru- fen „geeignete Maßnahmen“ zu treffen. Jetzt ist die Bun- desregierung also am Zug. Insgesamt muss allen Betei- ligten klar sein: Die Neufassung der Europäischen- Betriebsräte-Richtlinie erfüllt einen Minimalanspruch an die innerbetriebliche Demokratie – mehr nicht. Sie ist eine Minimalanpassung an die veränderte Unterneh- menssituation in Europa. Ganz folgerichtig kann auch die nationale Umsetzung hier nicht bejubelt, sondern lediglich als dringend not- wendige Verbesserung begrüßt werden. Wir Abgeord- nete müssen vor allem bewerten, ob die Bundesregie- rung den Spielraum auch nutzt, der ihr bei der Umsetzung in nationales Recht zur Verfügung steht. Be- deutet die Gesetzesänderung eine Stärkung der Arbeit- nehmerrechte, oder nicht? Daran muss sich dieser Ge- setzentwurf messen lassen. Der Gesetzentwurf sieht wesentliche Änderungen vor, die ich bereits jetzt als grundsätzlich positiv bewerten kann. Das Recht der Arbeitnehmervertretung auf Unter- richtung und Anhörung wird schon allein dadurch ge- stärkt, dass die Begriffe „Unterrichtung“ und „Anhö- rung“ nun erstmals ausdrücklich definiert sind. Ebenfalls im Grundsatz positiv ist die neu geschaffene Möglich- keit für Gewerkschaften, als Sachverständige zur Unter- stützung der Verhandlungen des besonderen Verhand- lungsgremiums an dessen Sitzungen beratend teilzunehmen. Ferner wird den Mitgliedern des Europäi- schen Betriebsrates nun die Möglichkeit gewährt, an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen teilzunehmen. Insofern zeichnen sich in der Tat Verbesserungen im Vergleich zum Status quo ab. Eine ausführliche Bewer- tung der Regelungen wird jedoch noch vorzunehmen sein. Nach meinen bisherigen Erfahrungen in diesem Hohen Hause bin ich sehr zurückhaltend damit, der Bun- desregierung eine ausgeprägte Arbeitnehmerfreundlich- keit zu unterstellen. Hinzu kommen offensichtliche Auslassungen und Mängel im vorliegenden Gesetzentwurf. Substanzielle Nachbesserungen der Bestimmungen zur Sanktion von Pflichtverstößen fehlen bisher weitgehend. Wir wissen 11100 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 (A) (C) (D)(B) aber aus anderen Bereichen des Arbeitsrechtes, dass Sanktionen wirksam, abschreckend und im Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung angemessen sein müssen. Das wären „geeignete Maßnahmen“, wie sie die EU-Richtlinie nennt. Bisher ist davon aber nichts zu er- kennen. Unklar bleibt außerdem, wie genau wir uns die Unterrichtung der örtlichen Arbeitnehmervertretung durch den Europäischen Betriebsrat vorstellen müssen. Erhält dieser beispielsweise ein Zugangs- und Zutritts- recht zum Betrieb bzw. zum Unternehmen? Diese Fra- gen sind noch offen. Ich komme damit zu einem vorläufigen Fazit: Es ist zumindest zweifelhaft, ob der gegebene Spielraum bei der Umsetzung in die nationale Arbeitsrechtsordnung bei den benannten Punkten wirklich ausreichend genutzt wurde. Das werden wir im Folgenden noch gemeinsam diskutieren. Und ich werde dabei selbstverständlich ak- tiv etwas einbringen. Ich freue mich auf spannende und angeregte Debatten, die uns sicherlich den einen oder anderen Erkenntnisgewinn bescheren werden. Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Die Unter- richtung und Anhörung der Arbeitnehmerinnen und Ar- beitnehmer ist ein wesentlicher Bestandteil des Europäi- schen Sozialmodells. Die Verabschiedung der Richtlinie über Europäische Betriebsräte im Jahr 1994 unter deut- scher Ratspräsidentschaft war ein Meilenstein auf dem Weg zu einem sozialen Europa. Europäische Betriebsräte in grenzüberschreitend täti- gen Unternehmen sind als Bindeglied zwischen der Un- ternehmensleitung und den Beschäftigten gedacht. Sie sollen den Austausch von Informationen und Interessen der Beschäftigten an den verschiedenen Standorten in unterschiedlichen Ländern fördern. Europäische Betriebsräte können so verhindern, dass die Belegschaften verschiedener Standorte gegeneinan- der ausgespielt werden. Nach Zahlen erfreut sich der EBR einer stetig wach- senden Beliebtheit: 2009 gab es nach Angaben der Euro- päischen Kommission in über 900 Unternehmen und Unternehmensgruppen Europäische Betriebsräte, die circa zwei Drittel der Arbeitnehmer der Unternehmen im Anwendungsbereich der Richtlinie vertreten. Maßgeblich hierfür ist vor allem, dass die Richtlinie den Sozialpartnern einen weiten Gestaltungsspielraum für die Errichtung Europäischer Betriebsräte einräumt. Sie ermöglicht, an die Situation des Unternehmens bzw. der Unternehmensgruppe angepasste maßgeschneiderte Vereinbarungen über die Errichtung Europäischer Be- triebsräte zu treffen. Erst wenn keine Vereinbarung zu- stande ommt, ist ein Europäischer Betriebsrat kraft Ge- setz zu bilden. 2008/2009 ist die Richtlinie über Europäische Be- triebsräte neu gefasst worden. Nach längerer Vorlaufzeit konnten die eigentlichen Verhandlungen auf europäi- scher Ebene in nur einem halben Jahr abgeschlossen werden. Dies ist entscheidend der konstruktiven Beteili- gung der Sozialpartner zu verdanken. Ziel der Neufassung war es, die Richtlinie dort zu ver- bessern, wo uns die Erfahrungen aus der Praxis Schwä- chen aufgezeigt haben. Damit wird eine effektive Arbeit der Europäischen Betriebsräte sowohl zugunsten der Un- ternehmen als auch der Arbeitnehmer sichergestellt. Die neugefasste Richtlinie beruht entscheidend auf ei- nem im Rat gefundenen Kompromiss der europäischen Sozialpartner. Der nun von der Bundesregierung vorgelegte Gesetz- entwurf dient der Umsetzung der neugefassten Richtli- nie. Er enthält entsprechend der Richtlinie folgende Kernpunkte: Die Erfahrungen aus der Vergangenheit haben ge- zeigt, dass eine rechtzeitige Unterrichtung und Anhö- rung des Europäischen Betriebsrats nicht immer gewähr- leistet war. Europäische Betriebsräte wurden teilweise erst informiert und angehört, wenn Entscheidungen der Unternehmensleitung schon gefallen waren. Das galt in besonderem Maße bei Umstrukturierungen. Der Fall No- kia – um nur ein Beispiel mangelhafter Beteiligung zu nennen – ist uns allen sicherlich noch gut in Erinnerung. Hier setzt die neue Richtlinie nunmehr klare Akzente. Sie stellt klar, dass Europäische Betriebsräte frühzeitig an geplanten Entscheidungen der Unternehmensleitung zu beteiligen sind. Dazu gehört insbesondere, dass der Europäische Betriebsrat die Gelegenheit erhalten muss, zu der geplanten Maßnahme eine Stellungnahme abzu- geben. Zeitlich muss die Stellungnahme vom Unterneh- men bei der Entscheidungsfindung noch berücksichtigt werden können. Ein weiterer wesentlicher Fortschritt ist die Veranke- rung des Schulungsanspruchs für den Europäischen Be- triebsrat. Denn nur qualifizierte Europäische Betriebs- räte können ihre Aufgaben sachgerecht und effektiv wahrnehmen. Ebenso wichtig ist, dass die Europäischen Betriebs- ratsmitglieder während der Schulungsteilnahme keine Lohneinbußen erleiden. Zur Gewährleistung einer zügigen und kontinuierli- chen Arbeit des Europäischen Betriebsrats soll in der EBR-Vereinbarung die Einrichtung eines engeren Aus- schusses vereinbart werden, der die laufenden Geschäfte des Europäischen Betriebsrats führt. Weitere Kernpunkte der neugefassten Richtlinie und des Entwurfs sind die Klarstellung der Informations- pflichten des Unternehmens bzw. der Unternehmens- gruppe über die eigene Struktur und Belegschaft bei der Gründung von Europäischen Betriebsräten, die Aner- kennung der Rolle der Gewerkschaften als Sachverstän- dige zur Unterstützung der Verhandlungen über einen Europäischen Betriebsrat, die Neuverhandlungspflicht im Fall wesentlicher Strukturänderungen des Unterneh- mens oder der Unternehmensgruppe, soweit die EBR- Vereinbarung dazu noch keine Regelung enthält oder diese Regelung mit anderen EBR-Vereinbarungen nicht kompatibel ist, ein Übergangsmandat für den Europäi- schen Betriebsrat für die Zeit der Neuverhandlungs- pflicht und das sogenannte Zwei-Jahres-Fenster, wonach Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 11101 (A) (C) (D)(B) bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist, dem 5. Juni 2011, bestehende EBR-Vereinbarungen noch nach den Rege- lungen der bisherigen Richtlinie 94/45/EG angepasst oder neu abgeschlossen werden können. Der Gesetzentwurf schafft für die Akteure in der Pra- xis mehr Klarheit und Rechtssicherheit. Dies gilt insbe- sondere für die frühzeitige Einbindung des Europäischen Betriebsrats bei Entscheidungen des Unternehmens, die die Arbeitnehmer unmittelbar betreffen. Er stärkt die Rolle des Europäischen Betriebsrats als Informations- bindeglied zwischen den nationalen Beteiligungsgre- mien und sorgt für eine angemessene Arbeitsgrundlage der Europäischen Betriebsräte. Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Weitere iranische Flüchtlinge aus der Türkei in Deutschland aufnehmen (Tagesord- nungspunkt 18) Helmut Brandt (CDU/CSU): Zunächst einmal freue ich mich, dass Sie und ich in unserer Bewertung hin- sichtlich der menschenrechtsunwürdigen Zustände im Iran offensichtlich einer Meinung sind. Ich unterstütze daher gerne jede Maßnahme, die der Verbesserung der Situation der Menschen im Iran und ihrer Angehörigen hier in Deutschland dient. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat am 7. Juli 2010 beantragt, der Bundestag möge die Bundesregie- rung auffordern „so schnell wie möglich und unbürokra- tisch in Absprache mit den Bundesländern weitere irani- sche Flüchtlinge aus der Türkei in Deutschland aufzunehmen“. Außerdem solle sich die Bundesregie- rung dafür einsetzen, dass die Türkei ihren Territorial- vorbehalt gegenüber der Genfer Flüchtlingskonvention, durch den die Türkei die Schutzgewährung auf europäi- sche Flüchtlinge beschränkt, aufhebt und den humanitä- ren Standard im Umgang mit schutzsuchenden Flücht- lingen verbessert. Hintergrund des Antrags ist die anhaltend schlechte Menschenrechtslage im Iran. Circa 4 000 Iraner, insbe- sondere Menschen, die sich für Demokratie und Bürger- rechte einsetzen, sind in die Türkei geflohen, um den drohenden Repressalien durch ihre Regierung zu entge- hen. Der Deutsche Bundestag und die Bundesregierung sind sich der prekären Situation iranischer Flüchtlinge durchaus bewusst. Aus diesem Grund hat der damalige Bundesminister des Innern, Thomas de Maizière, ge- meinsam mit der Innenministerkonferenz entschieden, circa 50 iranische Dissidenten, die in Zusammenhang mit der Niederschlagung der Proteste gegen die manipu- lativen Umstände der Wiederwahl des amtierenden Prä- sidenten Ahmadinedschad ins Ausland geflohen sind, in Deutschland aufzunehmen. Davon sind bis zum jetzigen Zeitpunkt 41 Personen in die Bundesrepublik eingereist. Die Verzögerungen bei der Einreise haben sich im We- sentlichen durch die Verfahrensabwicklung des UNHCR in der Türkei ergeben, da die Registrierung als Flücht- ling beim UNHCR Voraussetzung für die Legalisierung des vorübergehenden Aufenthalts in der Türkei und die Aufnahme in Deutschland ist. Darüber hinaus hatte sich Herr Minister de Maizière vorbehalten, auf der Grundlage von § 22 Satz 2 Aufent- haltsgesetz auch über die bereits erfolgten 50 Zusagen hinaus in besonderen Einzelfällen weitere Aufnahmezu- sagen zu ermöglichen. Schon deshalb besteht für die in Ihrem Antrag enthaltene Aufforderung an die Bundesre- gierung, weitere iranische Flüchtlinge aus der Türkei aufzunehmen, kein Bedarf. Es ist richtig, dass auch wir diesen Menschen gegen- über eine Verantwortung haben und dass diese Men- schen unsere Hilfe und Unterstützung brauchen. Asyl und Flüchtlingsschutz haben in Deutschland einen hohen Stellenwert. Politisch Verfolgte können darauf vertrauen, in Deutschland eine sichere Aufnahme zu finden, wenn sie als Asylberechtigte oder Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention anerkannt werden. Aus diesem Grund hat die Bundesrepublik allein im Jahre 2010 über 1 400 iranische Staatsangehörige in Deutschland aufgenommen. Davon wurden 254 Perso- nen als Asylberechtigte anerkannt, 1 140 Personen wurde Flüchtlingsschutz gemäß § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz gewährt und weiteren 78 Personen gegenüber besteht ge- mäß § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 ein Abschiebeverbot. Ich bin überrascht, dass diese Tatsache in Ihrem An- trag keinerlei Erwähnung findet. Vor diesem Hinter- grund – ich nehme an, Sie hatten nur vergessen, diese Zahlen zu erwähnen – ist Ihre Aufforderung an die Bun- desregierung, sich hinsichtlich der Aufnahme weiterer Flüchtlinge an anderen westlichen Staaten zu orientieren und ihr indirekt vorzuwerfen, sie käme ihrer Verantwor- tung nur in ungenügendem Maße nach, nicht nachvoll- ziehbar. Immerhin hat sich innerhalb der Europäischen Union außer Deutschland lediglich Schweden in ver- gleichbar großem Umfang engagiert. Im Übrigen möchte ich an dieser Stelle auch einmal auf die Gesamtsituation aufmerksam machen, der wir gegenüberstehen. Im Jahr 2010 wurden beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge insgesamt 41 332 Asyl- erstanträge gestellt, 13 683 mehr als im Jahr 2009. Das bedeutet nahezu eine Verdopplung der Antragszahl. Da- von entfallen auf den Iran 2 475 Asylerstanträge gegen- über 1 170 Anträgen aus dem Jahr 2009. Die Steigerung beträgt hier also aufgrund der politischen Entwicklung sogar 111,5 Prozent. Angesichts dieser Zahlen sind übrigens auch andere europäische Länder stärker gefragt, Asylbewerber auf- zunehmen. Neben der Aufnahme von Flüchtlingen be- müht sich die Bundesregierung aber auch auf anderen Wegen um eine Verbesserung der Situation der Flücht- linge in der Türkei. Aus der EU-Beitrittspartnerschaft der Türkei ergeben sich für die Türkei konkrete Verpflichtungen auch in Hinblick auf die Einhaltung bestimmter humanitärer Standards. Unter die von der Türkei umzusetzenden Pri- oritäten fallen beispielsweise auch die fortgesetzte An- 11102 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 (A) (C) (D)(B) passung an den EU-Besitzstand im Asylbereich, insbe- sondere durch die Aufhebung der geografischen Einschränkung der Geltung der Genfer Konventionen und die Stärkung des Schutzes, der sozialen Unterstüt- zung und der Integrationsmaßnahmen zugunsten von Flüchtlingen. Der Regionalvorbehalt der Türkei bei der Geltung der Genfer Flüchtlingskonvention widerspricht fundamental deren Zweck. Seine Aufhebung ist von der EU deshalb explizit in den in der Beitrittspartnerschaft enthaltenen Forderungskatalog an die Türkei aufgenommen worden. Dessen Einforderung ist fester Bestandteil des politi- schen Dialogs der Bundesregierung mit der Türkei – bi- lateral und auf Ebene der EU. Die türkische Regierung erarbeitet zurzeit ein Asylge- setz. Über den Zeitpunkt der Einführung liegen nach Auskunft der Bundesregierung gegenwärtig keine ab- schließenden Informationen vor. Was die Verbesserung des humanitären Standards von Flüchtlingen in der Türkei angeht, so richtet die türki- sche Regierung neue Aufnahme- und Rückführungszen- tren ein, die durch EU-finanzierte Twinning-Projekte un- terstützt werden. Das Twinning-Programm umfasst Partnerschaften zwischen Behörden aus den Mitglied- staaten der EU und öffentlichen Verwaltungen aktueller und potenzieller EU-Beitrittskandidaten sowie Ländern der europäischen Nachbarschaft. Die EU fördert Twin- ning und nutzt dieses Instrument, um öffentliche Struk- turen in den Partnerländern zu stärken, zu reformieren und weiterzuentwickeln. EU-Beitrittskandidaten müssen das gesamte Rechts- system der EU übernehmen. Das Personal in den zustän- digen Verwaltungen muss lernen, EU-Recht anzuwen- den und zu interpretieren. Twinning-Projekte setzen genau an diesem Punkt an, in dem die zuständigen und einzurichtenden Behörden Twinning-Partner zur Seite gestellt bekommen, die in vergleichbaren Fachgebieten und auf vergleichbarer Ebene tätig sind, das heißt auf zentralstaatlicher, Länder-/Provinz- oder auch kommu- naler Ebene. Seit über zehn Jahren engagieren sich hier auch deutsche Bundes- und Landesministerien oder Kommunen, die im Durchschnitt ein Viertel der ausge- schriebenen Projekte einwerben. So wurde zum Beispiel das von der EU für den Zeitraum 2008 bis 2010 ausge- schriebene Twinning-Projekt „Country of Origin und Asylum Case Management System“ vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gewonnen und durchgeführt. Dabei wurde die Türkei dabei unterstützt, den EU-Be- sitzstand im Bereich der Asyl- und Migrationspolitik umzusetzen. Daneben bemüht sich die Bundesregierung aber auch seit Jahren um eine Verbesserung der Menschenrechts- lage im Iran. Die gesamte Menschenrechtslage sowie Einzelfälle im Menschenrechtsbereich sind Bestandteil aller bilateralen Gespräche der Bundesregierung mit der iranischen Regierung. Bundesaußenminister Westerwelle hat in seinem Gespräch am 5. Februar 2010 mit dem da- maligen iranischen Außenminister Mottaki auf der Münchner Sicherheitskonferenz den Iran unmissver- ständlich und eindringlich aufgefordert, die Menschen- und Minderheitenrechte zu achten. Wegen der drohen- den Todesurteile im Verfahren gegen die Bahá’ì-Füh- rung wurde der iranische Botschafter regelmäßig einbe- stellt. Auch auf EU-Ebene und internationaler Ebene sind die in Iran stattfindenden Menschenrechtsverletzun- gen regelmäßig Gegenstand zahlreicher Erklärungen und Resolutionen durch die UN-Generalversammlung. Es besteht daher auch kein Bedarf an Ihrer Forderung an die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass die Türkei ihrem Territorialvorbehalt gegenüber der Genfer Flüchtlingskonvention, durch den die Türkei die Schutz- gewährung auf europäische Flüchtlinge beschränkt, auf- hebt und den humanitären Standard im Umgang mit schutzsuchenden Flüchtlingen verbessert. Das tut die Bundesregierung mit unserer Unterstützung ohnehin. Ich sage es nochmals: Die Bundesregierung verfolgt die Situation der Menschen im Iran und der iranischen Flüchtlinge in der Türkei mit großer Aufmerksamkeit und tut alles in ihrer Macht Stehende, um die Situation dieser Menschen zu verbessern. Und ich erinnere noch- mals daran, dass die Bundesregierung die Aufnahme weiterer Flüchtlinge nicht ausgeschlossen hat. Wir leh- nen Ihren Antrag ab. Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD): In diesen Tagen fällt es schwer, über etwas anderes zu sprechen als über die tragischen und traurigen Geschehnisse in Japan. Sonst unglaublich relevante Themen treten im Moment in den Hintergrund vor dem, was dort passiert. Uns allen sind die Bilder aus Japan allgegenwärtig, sie haben sich in unsere Netzhaut gebrannt. Sie zeigen aber auch, dass es immer wieder zu Situa- tionen kommen kann, in denen es um Menschenleben geht, in denen andere Nationen dringend Hilfe benöti- gen, selbst in hochentwickelten Staaten wie Japan. Doch es sind nicht nur die Bilder aus Japan, die uns derzeit tief bewegen und berühren; auch aus Nordafrika kommen beängstigende und beeindruckende Bilder von Menschen, die für die Freiheit ihr eigenes Leben in Ge- fahr bringen. Wir sprechen heute über die Frage der iranischen Flüchtlinge, Flüchtlinge, die vor dem Regime von Ahmadinedschad in die Türkei geflohen sind. Doch auch hier sind sie nicht in ausreichendem Maße geschützt oder versorgt. Dies ist eine klassische Situation für ein Resettlement-Programm, also die dauerhafte Übernahme von Menschen aus einer für sie kritischen Situation in ei- nen dritten Staat. Oft handelt es sich dabei um ganze Fa- milien. Damit will man eine Flüchtlingsproblematik, die nicht kurzfristig gelöst werden kann, dauerhaft angehen. Dass Deutschland sich an Resettlement-Programmen beteiligt, ist nicht neu; auch in den vergangenen Jahr- zehnten ist das passiert. Neuere Beispiele sind die Auf- nahme von 2 501 Flüchtlingen aus dem Irak, die sich in Syrien und Jordanien aufhielten, sowie weiteren 102 afrikanischen Flüchtlingen aus Malta. Deutschland hat bereits zugesagt, 50 iranische Flücht- linge aufzunehmen. Die Frage ist aber für mich und die Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 11103 (A) (C) (D)(B) SPD-Fraktion, ob das ausreicht. Wir sagen deutlich: Nein, es reicht nicht. Wir wollen, dass mehr als 50 irani- sche Flüchtlinge aus der Türkei nach Deutschland kom- men können. Wir haben die Kapazitäten und Möglich- keiten hier in Deutschland dafür. Auch aus diesem Grund stimmen wir dem Antrag der Grünen zu. Denn Resettlement ist nicht nur ein Instrument des Flüchtlingsschutzes, es ist auch ein Instrument der Las- tenteilung. Es ist ein Signal an die Erstaufnahmestaaten – in diesem Fall die Türkei –, dass die jeweiligen Staaten nicht alleingelassen werden. Ein solcher Schritt kann die Haltung gegenüber weiteren neu hinzukommenden Flüchtlingen verbessern, nicht nur, weil Aufnahmekapa- zitäten frei werden, sondern eben auch, weil das Erstauf- nahmeland spürt, dass es nicht alleingelassen wird. Es ist ein Signal an andere Staaten, wenn Deutschland Flücht- linge aufnimmt, ein Signal, selbst zu prüfen, ob man nicht unterstützend humanitär tätig sein kann. Dass eine Lastenteilung hier auch in Zukunft notwen- dig werden wird, vielleicht sogar stärker als bisher ge- dacht, ist in Anbetracht der Lage in Nordafrika mehr als wahrscheinlich. Wir leben in einer Zeit, in der deutlich wird, dass Nationalstaaten und Bevölkerungsgruppen sehr schnell in Situationen kommen können, in denen sie auf die Solidarität und Humanität anderer angewiesen sind. Resettlement wird deshalb auch in Zukunft ein wich- tiges Instrument für Deutschland sein, um konkret Flüchtlingen zu helfen und um Erstaufnahmestaaten zu entlasten. Im Endeffekt ist Resettlement aber auch in un- serem eigenen Interesse; denn es stärkt unseren Kontakt zu Erstaufnahmestaaten und kann dazu beitragen, dass sich dort die Situation für Flüchtlinge verbessert und ein Asylsystem entwickelt, das diesen Namen verdient. Das ist langfristig auf jeden Fall besser, als sich gegen Flüchtlinge abzuschotten, wie es derzeit passiert. Die jetzige Regierung hat zumindest verbal schon er- kannt, dass Resettlement ein sinnvolles Instrument ist. Leider stimmen verbale Äußerungen und das tatsächli- che Handeln nicht überein; das zeigt sich auch jetzt wie- der in Ihrer Ablehnung des Grünenantrages. Die Politik der schwarz-gelben Bundesregierung ist kurzsichtig. Die SPD setzt sich dafür ein, sich stärker an Resettle- ment-Programmen zu beteiligen. Wir halten es auch für sinnvoll, über konkrete Resettlement-Quoten zu spre- chen, wie das in anderen europäischen Staaten wie Schweden, das jährlich etwa 1 700 Flüchtlinge auf- nimmt, üblich ist. Diese Debatte sollten wir hier in die- sem Hohen Hause führen. Bis dahin gilt es aber immer wieder, konkrete Ent- scheidungen zu fällen. Eine steht heute auf der Agenda. Ermöglichen Sie es mehr iranischen Flüchtlingen, die sich in der Türkei aufhalten, nach Deutschland zu kom- men und sich hier dauerhaft in Sicherheit niederzulas- sen. Das wäre ein starkes Signal in die gesamte Region. Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Die Menschen- rechtslage im Iran ist und bleibt besorgniserregend. An- dere Ereignisse drängen diesen Sachverhalt leider zu oft in den Hintergrund. Verfolgung und Unterdrückung An- dersdenkender sind an der Tagesordnung; das Regime ist unter dem Deckmantel des Religiösen eine Diktatur. Ich habe die Hoffnung, dass das iranische Volk die Kraft hat, sich davon zu befreien. Die Bundesrepublik wird nach wie vor ihren Teil tun, das Leid der Flüchtlinge zu mil- dern. Dazu gehört auch die Aufnahme einer angemesse- nen Anzahl von Flüchtlingen. Die Grünen haben in ihrer Antragsbegründung gefor- dert, dass Deutschland sich an den anderen westlichen Staaten bei der Aufnahme von iranischen Flüchtlingen, die sich in der Türkei befänden, orientieren möge. Ich teile diese Auffassung. Die Grünen beziffern die von westlichen Staaten aufgenommenen Flüchtlingszahlen wie folgt: Großbritannien – fünf, Niederlande – vier, Frankreich – drei. Warum die Grünen in diesem Zusam- menhang die zugesagte Aufnahme von 50 Flüchtlingen durch Deutschland als zu gering erachten, erschließt sich mir nicht. Die Bundesrepublik geht mit ihrer Aufnahme- quote sogar nach Zahlen der Grünen offenkundig weit über die ihrer westlichen Nachbarn hinaus. Das ist durchaus eine respektable Zahl und der Vorwurf der Grünen geht ins Leere. Ulla Jelpke (DIE LINKE): Der vorliegende Antrag der Grünen-Fraktion fordert die Bundesregierung auf, sich bei den Bundesländern für die Aufnahme von ira- nischen Oppositionellen einzusetzen, die in die Türkei geflüchtet sind. Diese Oppositionellen sind dort vom UNHCR als Flüchtlinge registriert worden, bekommen aber in der Türkei kein Aufenthaltsrecht. Denn die Tür- kei hat die Genfer Flüchtlingskonvention nur unter Vor- behalt ratifiziert. Sie behält sich vor, nur Flüchtlinge auf- zunehmen, die aus Europa kommen. Fast alle politisch Verfolgten aus den Nachbarländern der Türkei, von Ar- menien bis Syrien, benutzen die Türkei deshalb lediglich als Transitland, um in die EU zu gelangen. Die Grünen fordern außerdem von der Bundesregierung, sich gegen- über der Türkei für die Wahrung humanitärer Grund- sätze im Umgang mit den iranischen Flüchtlingen einzu- setzen. Warum nur mit den iranischen, möchte ich an dieser Stelle fragen. Da greift der Antrag der Grünen doch arg zu kurz. Die Frage ist auch, inwiefern hier mit einem Appell an die Bundesregierung der Bock zum Gärtner gemacht wird. Denn es ist diese Bundesregierung, die dem Ab- schluss eines Rückübernahmeabkommens zwischen der EU und der Türkei im EU-Rat der Innenminister ihre Zustimmung erteilt hat. Danach soll die Abschiebung von Menschen, die über die Türkei illegal in die EU ein- gereist sind, erleichtert werden. Wir wissen alle, welche Menschen das betreffen wird: Schutzsuchende aus dem Iran, Irak, Syrien, aus Afghanistan und Pakistan, aus So- malia und Eritrea. Für sie gibt es keinen legalen Weg in die Europäische Union, er führt über das Mittelmeer oder die türkisch-griechische Landgrenze. Die wird be- kanntlich gerade mithilfe der EU-Abschottungsagentur FRONTEX dichtgemacht. Die Türkei wird also ihre Bestrebungen erhöhen, die- sen Menschen den Transit in die EU über ihr Territorium 11104 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 (A) (C) (D)(B) zu erschweren. Dafür bekommt sie auch die Hilfe der EU und der Bundesrepublik. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende Anfrage von mir hervorgeht, soll die Türkei unter anderem beim Auf- bau von sieben neuen Auffanglagern unterstützt werden. Die Bundespolizei hilft den türkischen Grenztruppen, die dort zur Armee gehören, ihre Grenzüberwachung zu perfektionieren. Leider fehlt dieser größere Kontext im Antrag der Grünen-Fraktion ebenso wie die Forderung, dass die Bundesrepublik sich endlich dauerhaft an den Aufnah- meprogrammen für registrierte Flüchtlinge des UNHCR beteiligt. Immer neue Ad-hoc-Maßnahmen wie die Auf- nahme der irakischen Flüchtlinge aus Syrien oder nun der iranischen Flüchtlinge aus der Türkei sind nicht aus- reichend. Stattdessen fordert die Linke die Einrichtung eines ständigen Aufnahmemechanismus. Dem Antrag der Grünen stimmen wir dennoch zu. Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die humanitäre Situation der iranischen Flüchtlinge in der Türkei ist untragbar. Ihre Lage bleibt trotz der Flucht aus dem Iran prekär. Erstens sind sie in der Türkei nicht vor den Häschern des iranischen Regimes sicher. Die Türkei grenzt an den Iran, und iranische Bürger können visums- frei in die Türkei einreisen. Zweitens werden sie in der Türkei nicht als Flüchtlinge anerkannt und erhalten nur einen zeitlich begrenzten Asylbewerberstatus. Schließ- lich sind sie in der Türkei gezwungen, ohne Einkommen und ohne ausreichende ärztliche Betreuung um das tägli- che Überleben zu kämpfen. Diese Flüchtlinge müssen also aus zwingenden huma- nitären Gründen irgendwo aufgenommen werden, und ich kann einfach nicht verstehen, wieso dieses „ir- gendwo“ nicht Deutschland sein kann. Die deutsche Bundesregierung hat sich während der Protestbewegung mit Worten solidarisch an die Seite der iranischen Men- schenrechtsverteidiger gestellt. Menschenrechtspolitik erfordert aber konkrete Handlungen und keine leeren Versprechen. Die Aufnahme von nur 50 von insgesamt 4 292 schutzbedürftigen iranischen Flüchtlingen ist hier eindeutig zu wenig. Deutschland kann mehr tun und muss mehr tun. Die deutsche Bundesregierung steht vor dem Hinter- grund der aktuellen Ereignisse in Nordafrika vor der Frage, wie glaubwürdig sie ihre Außenpolitik in Zukunft gestalten möchte, wie viel ihr Demokratie, Menschen- rechte und Rechtsstaatlichkeit wert sind. Auch im Iran steht die Glaubwürdigkeit deutscher Außen- und Men- schenrechtspolitik auf dem Spiel. Immer wieder sagen Bundeskanzlerin und Bundes- außenminister, die Menschenrechte sind im ureigenen Interesse Deutschlands. Die Aufnahme von nur 50 irani- schen Flüchtlingen wird solchen schönen Worten nicht gerecht. Hier geht es nicht um schwierige Flugverbots- zonen, sondern um die einfache Aufnahme von Flücht- lingen. Die Blockadehaltung der Bundesregierung scha- det unweigerlich der iranischen Protestbewegung. Nach Angaben des UNHCR schwindet der Optimismus der iranischen Menschenrechtsaktivisten. Viele junge Iraner haben die Hoffnung auf einen positiven Wandel im Iran aufgegeben. Dabei ist es während der historischen Umwälzungen in der muslimischen Welt gerade jetzt entscheidend, ein deutliches Zeichen der Solidarität an die Menschen- rechtsverteidiger zu senden. Die gezielte Unterstützung demokratischer Kräfte im Iran erfolgt eben auch durch die Aufnahme derjenigen Personen, die sich in besonde- rem Maße für Menschenrechte eingesetzt haben und dem Tod, der Festnahme und Folter mit knapper Not ent- kommen sind. Die Aufnahme von 50 iranischen Flüchtlingen ist kein deutliches Signal, wie die Bundesregierung gerne behauptet, sondern ein schwaches. Anstatt sich an die Seite dieser mutigen Menschenrechtsverteidiger zu stel- len, lässt Deutschland die Protestbewegung hängen. Menschen, die sich unter Einsatz ihres Lebens für Men- schenrechte und Demokratie einsetzen, müssen sicher sein, im Notfall Schutz in einem anderen Land zu finden. Was spricht gegen die Aufnahme der iranischen Flüchtlinge? Besteht die Befürchtung, die iranischen Flüchtlinge seien eine Bedrohung für die kulturelle Iden- tität Deutschlands? Die Sorge ist unberechtigt. Diese Menschen sind dem islamischen Gottesstaat Iran entflo- hen, gerade weil sie nach der Anerkennung der Men- schenrechte, nach Demokratie, Freiheit und Rechtsstaat- lichkeit streben. Hat man wie Thilo Sarrazin die Befürchtung, die Aufnahme iranischer Flüchtlinge würde zu einer Verdummung der deutschen Gesellschaft führen? Selbst diese Sorge ist unbegründet. Zuwanderer aus dem Iran haben eine überdurchschnittlich hohe Bil- dung. Jeder dritte hat Abitur. 15,2 Prozent haben einen Universitäts- oder Fachhochschulabschluss. Bei der deutschen Gesamtbevölkerung sind es nur 11,3 Prozent. In Deutschland warten Arbeitnehmerverbände und die Industrie auf Fachkräfte. Unternehmen, Ärztekam- mern und Lehrerverbände klagen über personelle Eng- pässe. Anfang 2011 warnte der Industrie- und Handels- kammertag, dass 70 Prozent der Unternehmen Probleme hätten, offene Stellen zu besetzen. In der Türkei warten iranische Ärzte, Psychotherapeuten, Anwälte, IT-Spezia- listen, Journalisten, Blogger, Menschenrechtsaktivisten, Menschenrechtsverteidiger, Akademiker und Studenten darauf, in die EU einreisen zu dürfen. Diese iranischen Flüchtlinge sind gebildete, gut aus- gebildete und sogenannte westlich orientierte Personen aus der säkularisierten Ober- und Mittelschicht. Sie ha- ben das Potenzial, sich erfolgreich in Deutschland zu in- tegrieren und einen positiven Beitrag für die Gesell- schaft zu leisten – wenn man ihnen die Chance gibt. Nehmen wir Hesam Misaghi als Beispiel, einen jun- gen Mann von 22 Jahren. Er musste aus dem Iran flie- hen, weil er für das Committee of Human Rights Repor- ters aktiv war, eine Organisation, die über Verfolgungen und Festnahmen von Menschenrechtsaktivisten öffent- lich berichtet. Er kam im Juli 2010 nach Deutschland. Er ist weiterhin politisch aktiv, saugt die deutsche Kultur auf und erlernt sehr schnell die deutsche Sprache. Oder Saeed Habibi, IT-Spezialist, 38 Jahre alt. Er hat auf der Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 11105 (A) (C) (D)(B) Sharif University of Technology studiert, einer Eliteuni- versität in Teheran. Auch er ist seit Juli 2010 in Deutsch- land, lernt Deutsch und nimmt an einem Integrationskurs teil. Er könnte sofort anfangen, zu arbeiten. Seit 2008 hat die Bundesregierung fast 2 500 iraki- sche Flüchtlinge unbürokratisch aufgenommen und posi- tive Erfahrungen gemacht. Alles spricht dafür, ein ähnli- ches Iran-Kontingent in Zusammenarbeit mit den Bundesländern zu beschließen. Der Wille vonseiten der Städte und Kommunen ist vorhanden. Insgesamt haben sich bereits 36 Städte in Ratsbeschlüssen für eine Auf- nahme von UNHCR-Flüchtlingen im Rahmen der Save- me-Kampagne ausgesprochen. In Nordafrika und im Iran muss die Bundesregierung endlich ihren Worten Taten folgen lassen. Die Aufnahme von weiteren iranischen Flüchtlingen wäre der richtige Schritt in Richtung einer glaubwürdigen, an den Men- schenrechten orientierten Außenpolitik. Anlage 14 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Die Reform der Gemeinsamen Fischereipoli- tik zum Erfolg führen – Chancen der EU-Fischereireform 2013 nut- zen und Gemeinsame Fischereipolitik grundlegend reformieren (Tagesordnungspunkt 21) Gitta Connemann (CDU/CSU): Ein deutsches Sprichwort sagt: „Lehre mich die Karpfen nicht kennen, mein Vater war ein Fischer.“ Mit anderen Worten: Er- zähle mir nichts, was ich schon kenne und tue. So könnte die Kurzantwort auf die Anträge der Opposition zur Ge- meinsamen Fischereipolitik lauten. Denn was darin ge- fordert wird, wird auf Bundesebene längst gelebt. Gemeinsamer Tenor der Anträge der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen ist die Forderung an die Bundes- regierung, sich für eine grundlegende und ehrgeizige Re- form der Fischereipolitik auf europäischer Ebene einzu- setzen. Die Diskussion über diese Reform war im April 2009 von der EU-Kommission eröffnet worden. Das seinerzeit von der Kommission vorgelegte Grünbuch zielt auf eine grundlegende Neuausrichtung der Gemeinsamen Fische- reipolitik. Es enthält keine konkreten Vorschläge. Aller- dings wird das derzeitige System der Quotenverwaltung einschließlich der relativen Stabilität hinterfragt. Im Üb- rigen finden sich darin Überlegungen, individuell trans- ferierbare Fangrechte einzuführen. Und die Kommission erwägt, gemischte Fischereien ausschließlich auf der Ba- sis von Fangaufwandssystemen zu verwalten. Zu diesem Grünbuch konnten die Mitgliedstaaten und Interessengruppen bis Ende 2009 Stellung nehmen. Die Bundesregierung hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, offensichtlich sehr gut. Denn die Ähnlichkeit der Forderungen insbesondere der SPD in ihrem Antrag mit den Forderungen in der Stellungnahme der Bundes- regierung aus Dezember 2009 ist verblüffend. Die deut- schen Kernpunkte finden sich nahezu identisch in dem ein Jahr später von der SPD aufgelegten Antrag. Ich freue mich über so viel Einigkeit. Denn es werden auch die Erfolge anerkannt, die die Gemeinsame Fische- reipolitik trotz zahlreicher Mängel aufzuweisen hat. Ge- rade in den letzten Jahren hat sich – dank der mehrjähri- gen Bewirtschaftungspläne – die Zahl der überfischten Bestände deutlich verringert. Dennoch gibt es zu viele Fischbestände in den EU- Gewässern, die erschöpft sind. 65 Prozent der Bestände sind überfischt. Das bisherige Krisenmanagement reicht offensichtlich nicht. Auch die Bilder von Rückwürfen großer Mengen verzehr- und vermarktungsfähiger Fi- sche verunsichern die Verbraucherinnen und Verbrau- cher zutiefst. Zu Recht! Denn nur wenige Fischarten überleben den Rückwurf. Gerade Beifänge von gefähr- deten Arten und Jungfischen sind als besonderes Pro- blem anzusehen. Rückwürfe stellen gleichermaßen eine Missachtung der Schöpfung und Verschwendung wert- voller Meeresressourcen dar. Das zentrale Ziel bei der anstehenden Reform muss deshalb aus unserer Sicht die nachhaltige Bewirtschaf- tung der Fischereibestände in ganz Europa sein. Es han- delt sich dabei um lebende Meeresschätze. Sie stellen auch die Grundlage für eine hochwertige und gesunde Versorgung mit dem Lebensmittel Fisch dar. Deshalb muss auf europäischer Ebene ein Rückwurfverbot veran- kert werden. Alle Fänge, auch Beifänge, müssen an Land gebracht und auf die Fangquoten angerechnet wer- den. Für die angelandeten Fische ist in der Regel eine bestimmte Mindestgröße vorzuschreiben. Fisch ist aber nicht nur Nahrungsgrundlage, sondern auch die Existenz von vielen kleinen und mittelständi- schen Fischereibetrieben, den vor- und nachgelagerten Bereichen. Dort werden mehr als 45 000 Menschen be- schäftigt. Sie versorgen nicht nur die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland mit Fischereierzeugnis- sen von höchster Qualität. Vielmehr tragen sie zur At- traktion von Regionen für den Tourismus bei. Ich erlebe dies in meiner ostfriesischen Heimat. Was wären Ditzum und Greetsiel ohne Krabbenkutter? Ebenso wie jeder andere Wirtschaftszweig brauchen diese Fischereibetriebe und ihre Beschäftigten verlässli- che wirtschaftliche Rahmenbedingungen und eine Per- spektive. Deshalb dürfen wir die Säulen der Gemeinsa- men Fischereipolitik nicht infrage stellen. Dies sind unter anderem die Verteilung der Gesamtfangmengen nach dem Prinzip der relativen Stabilität. Aber auch das System nationaler nicht handelbarer Quoten zählt dazu. Schließlich müssen unsere Betriebe besser vor illegaler Fischerei geschützt werden. Diesem Spagat hat die Bundesregierung im Dezem- ber 2009 mit ihrer Stellungnahme gegenüber der Kom- mission Rechnung getragen. Die Kernpunkte der deut- schen Position lauten: Eine Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik muss zielen auf eine nachhaltigere Fi- 11106 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 (A) (C) (D)(B) schereipolitik, die Ausweitung der mehrjährigen Bewirt- schaftungs- und Wiederaufbaupläne auf weitere Be- stände, die Stärkung der regionalen Beratungsgremien, die Verbesserung der Kontrollen und Eindämmung ille- galer (IUU-)Fischerei auf europäischer und internationa- ler Ebene, die Ablehnung handelbarer Quoten, die Ver- teidigung der relativen Stabilität, die Reduzierung der Rückwürfe durch Einführung eines Rückwurfverbots bzw. eines Anlandegebots, die Verbraucherstärkung durch Verbesserung von Markttransparenz und Produkt- informationen sowie nachhaltige und entwicklungspoli- tisch sinnvolle Ausgestaltung von Fischerei-Partner- schaftsabkommen. Die Anträge von der Opposition stimmen weitgehend mit diesen Kernpunkten überein. Das musste Ihnen beim Schreiben Ihrer Anträge auch bewusst gewesen sein. Denn als Sie Ihre Anträge im Oktober 2010 auf den Markt brachten, hatten wir, die Bundesregierung, uns schon lange positioniert. Und mehr als das: Im Juni 2010 hatte die Bundesre- gierung in einem gemeinsamen Memorandum mit Frankreich und Polen zentrale Elemente dieser Position unterstrichen, insbesondere die Ablehnung handelbarer Quoten bzw. eines reinen Fangaufwandssystems. Unsere Bundesministerin Ilse Aigner hatte darüber hinaus im September 2010 in einem Schreiben an die EU-Kommissarin Maria Damanaki unsere Forderung nach Einführung von Rückwurfverboten erneuert und konkretisiert. Das von ihr geforderte System echter Fangquoten – im Gegensatz zu den heutigen Anlande- quoten – eröffnet darüber hinaus mittelfristig die Mög- lichkeit, die gemeinsame Fischereipolitik deutlich zu vereinfachen. Inzwischen hat die Kommission am 1. März dieses Jahres diese deutschen Forderungen aufgegriffen. Im Rahmen eines Fischereiministertreffens hatte die Kom- missarin Maria Damanaki zunächst ein informelles Pa- pier eingeführt. Dieses Papier enthielt in Fortschreibung des Grünbuchs Vorschläge, die gravierende Auswirkun- gen auf die deutsche Fischerei gehabt hätten. Die darin geplante Regelung der gemischten Fischerei durch ein Aufwandssystem hätte Quoten entbehrlich gemacht, die für uns als nationaler Besitzstand zu den Grundpfeilern der Gemeinsamen Fischereipolitik gehören. Dem ange- dachten Transfer von Quoten in Aufwandseinheiten sollte die aktuelle und nicht die bisherige relative Stabili- tät zugrunde gelegt werden. Dies war aus deutscher Sicht völlig unakzeptabel. Weitere Folge wäre ein erheb- liches Mehr an Verwaltungsaufwand und Bürokratie ge- wesen. Die Bundesregierung fand Unterstützung für ihre Positionen. Das Papier der Kommissarin ist inzwischen Geschichte. Am Ende des Tages kündigte sie an, kon- krete Vorschläge dafür vorzulegen. Und es wurde auf Initiative Deutschlands eine „Gemeinsame Erklärung über Rückwürfe im Rahmen der Reform der Gemeinsa- men Fischereipolitik“ mit Vertretern Dänemarks, Frank- reichs und des Vereinigten Königreichs geschlossen. Diese vier Nationen bilden eine Sperrminorität. Mit dieser Erklärung werden nicht nur die Grundpfei- ler der bisherigen Gemeinsamen Fischereipolitik gestärkt, sondern die Beendigung der Praxis der Rückwürfe und die Einführung echter Fangquoten anstelle von Anlande- quoten gefordert. Zu Recht! Die Rückwürfe in die Nord- see betragen allein beim Kabeljau 800 000 Tonnen, ange- landet werden lediglich 730 000 Tonnen. Die gravierenden Mängel des derzeitigen Fischerei- managements in den Gemeinschaftsgewässern sind vor allem auf zwei Grundprobleme zurückzuführen: auf die unzureichende Kontrolle und Durchsetzung der beste- henden Regeln sowie auf die Tatsache, dass Rückwürfe von vermarktungsfähigem Fisch nicht nur zugelassen sind, sondern – je nach Ausgestaltung des Quotenma- nagements in den Mitgliedstaaten – sogar bewusst in gro- ßem Umfang in Kauf genommen werden. In Bezug auf die Kontrolle und Durchsetzung gibt es mit den Regelungen zur Bekämpfung der illegalen Fi- scherei, IUU, sowie mit der Kontrollverordnung eine ausreichende Eingriffsgrundlage. Leider hapert es mit der Durchsetzung, nicht bei uns in Deutschland. Hier wird kontrolliert – überall und jederzeit. Aber so ist es nicht in allen Mitgliedstaaten. Hier muss mehr getan werden. Kommission und Mitgliedstaaten müssen sich stärker als bisher dafür einsetzen, dass die Fischereikon- trollen und die Ahndung von Verstößen in allen Gemein- schaftsgewässern mit der notwendigen Konsequenz er- folgt. Es darf nicht mit zweierlei Maß gemessen werden. Für die Rückwürfe sind bisher noch keine ausreichen- den Maßnahmen ergriffen worden. Hier stellt die Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik eine Chance und He- rausforderung zugleich dar. Die grundlegenden Fehler des derzeitigen Bewirtschaftungssystems verursachen systematische Rückwürfe. Deshalb fordert Deutschland mit Nachdruck für demersale Fischereien in der Nordsee, insbesondere für die Fischerei auf Kabeljau und verge- sellschaftete Arten, die Einführung eines Rückwurfver- bots bzw. eines Anlandegebots. Damit verbunden ist ein Wechsel von Anlandequoten zu richtigen Fangquoten. Für diesen Systemwechsel sollte eine Übergangsphase vorgesehen werden, in der die Beteiligung der Fischer zu- nächst auf freiwilliger Basis erfolgt, um Erfahrungen für die konkrete Ausgestaltung neuer Regelungen zu sam- meln. Die Umstellung von einer Anlandequote zu einer ech- ten Fangquote kann für Fischer zunächst mit finanziellen Einbußen verbunden sein. Denn die Fangzusammenset- zung kann nicht mehr durch Rückwurf weniger wertvol- ler Arten oder untermaßiger Exemplare optimiert wer- den. Diese Härten für unsere Fischereibetriebe sind abzumildern. Dafür werden wir uns einsetzen. Eine Verpflichtung zur Anlandung der Fänge bringt mit sich, dass die Kontrolle sich nicht mehr vorrangig auf die Anlandung konzentrieren darf. Wenn aus den bis- herigen Anlandequoten echte Fangquoten werden sollen, müssen Fangmenge und -Zusammensetzung in stärke- rem Umfang auf See kontrolliert werden. In diesem Zu- sammenhang werden folgende Modelle diskutiert: der Einsatz wissenschaftlicher Beobachter oder staatlich zu- gelassener Kontrollstellen bei größeren Fischereifahrzeu- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 11107 (A) (C) (D)(B) gen, alternativ der Einsatz fest installierter technischer Hilfsmittel bei größeren und mittleren Fischereifahrzeu- gen zum Beispiel durch Kameraüberwachung, CCTV, sowie die Plausibilitätsüberprüfung der Fangmeldungen von kleineren Fischereifahrzeugen durch Vergleich mit wissenschaftlichen Probefängen. Allerdings sind wir uns einig, dass es hier nicht zu ei- nem deutschen Sonderweg kommen darf, der unsere Fi- schereibetriebe über Gebühr belastet und ihre Wettbe- werbssituation verzerrt. Deshalb gibt es freiwillige Pilotprojekte – in Dänemark, dem Vereinten Königreich aber auch in Cuxhaven. Die Erfahrungen dort zeigen: Verbraucherinnen und Verbraucher goutieren nachhal- tige Fischerei mit der Bereitschaft, höhere Preise zu zah- len. Gerade die Verbraucherinnen und Verbraucher wer- den also mit ihrer Kaufentscheidung dazu beitragen, ob die nachhaltige Nutzung der Fischbestände gesichert werden kann. Dafür braucht es mehr Information und Transparenz. Die Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik ist eine Chance. Denn damit kann die Grundlage für eine nachhaltige Nutzung unserer lebenden Meeresschätze gelegt werden. Die Bundesregierung hat dies erkannt und ist tätig geworden. Die vorliegenden Anträge laufen ins Leere. Wir werden diese deshalb ablehnen. Holger Ortel (SPD): Ambitioniert ist die Fischerei- kommissarin Damanaki an die Reform der Gemeinsa- men Fischereipolitik herangegangen. Dies sollte, und soll noch immer, eine tiefgreifende Reform werden, nach der die europäische Fischereipolitik wesentlich besser dasteht. Kleinere Flotten, die Bestände auf we- sentlich besserem Niveau – das war die Vorstellung von Frau Damanaki und auch schon ihres Vorgängers Joe Borg. Frau Damanaki sieht sich dabei aber in einigen wich- tigen Punkten der Reform recht unterschiedlichen Stand- punkten der Mitgliedstaaten gegenüber. Nur in einem Punkt scheinen sich alle einig zu sein – die Kommission ist an allem schuld. Die Kommission wolle die Quoten zugunsten der südlichen Staaten umverteilen, heißt es. Die Kommission habe die kw- und die Seetage einge- führt. Die Kommission nenne nicht Ross und Reiter bei den zu großen Flotten der Mitgliedstaaten. Einige dieser Anschuldigungen sind aus unserer Sicht zutreffend, an- dere nicht. Aber man muss sich mal in die Situation der Kom- mission hineinversetzen. Die Interessen der Mitglied- staaten sind keineswegs deckungsgleich. Wir zum Bei- spiel wollen keine handelbaren Quoten auf europäischer Ebene einführen, andere Mitgliedstaaten aber sehr wohl. Einen Mittelweg gibt es da nicht. Einige Mitgliedstaaten halten auch die relative Stabilität für überholt, wir nicht. Wir sprechen uns dafür aus, die nationalen Flotten an die Quoten anzupassen und nicht die Quoten an die Flotte. Nun steht Frau Damanaki vor der schwierigen Aufgabe, Vorschläge zu unterbreiten, die dem allem gerecht wer- den sollen. Das ist eigentlich eine Aufgabe, die niemand lösen kann. Die beiden hier vorliegenden Anträge von SPD und von den Grünen sind ziemlich unterschiedlich. Ich möchte Ihnen zunächst den SPD-Antrag erläutern. Im bestehenden System der Gemeinsamen Fischereipolitik existieren aus unserer Sicht einige Fehler. Einer der gra- vierendsten ist, dass die festgesetzte Gesamtfangmenge nur für die angelandete Menge an Fisch gilt. Sie schränkt die Rückwürfe auf See aber nicht ein. Gleichzeitig gibt es Mindestanlandegrößen, die Fischer zwingen, be- stimmte Fische zurückzuwerfen. Dadurch gibt es eine Menge „Discard“. Beim Kabeljau in der Nordsee gibt es geschätzt so viele Rückwürfe wie Anlandungen. Davon müssen wir wegkommen. Das schaffen wir in erster Li- nie durch die Entwicklung besserer fangtechnischer Me- thoden. Es muss gelten: Der beste „Discard“ ist der, der erst gar nicht entsteht. Ein weiterer Fehler ist ein auf Aufwand basierendes System wie das der kw-Tage in der Nordsee. Mit der Einrichtung dieses Systems ist ein großes Durcheinander entstanden. Deshalb müssen die kw-Tage wieder abge- schafft werden. Die Kommission hantiert offensichtlich sehr gern mit Aufwandssystemen herum. Das mag in an- deren Regionen Europas auch Sinn machen – nämlich da, wo es noch gar keine Quoten gibt und jedes Jahr munter drauflosgefischt wird. Aber in Nord- und Ostsee sollten wir es beim bewährten Quotensystem belassen. Zu den Aufgaben bei der Reform zählt aber auch, das zu bewahren, was in der Vergangenheit gut funktioniert hat. Damit meine ich vor allem die relative Stabilität. Die hat sich seit 1983 bewährt und bietet allen Beteilig- ten in diesem Wirrwarr einen verlässlichen Rahmen. Deshalb müssen wir sie auch weiterhin behalten, sonst geht nämlich die ganze Fischereipolitik den Bach runter. Und wenn ich behalten sage, dann meine ich auch, dass hier weder der Umverteilungsschlüssel geändert noch eine Bereinigung um die getauschten Quoten stattfinden darf. Das sind alles Versuche, die relative Stabilität aus- zuhebeln. Das darf es nicht geben. Jeder weiß, dass die Fischerei nicht jedes Jahr gleich ist. Und wenn der eine vielleicht mal etwas weniger Kabeljau im Netz hat, dann kann er seine Restquote gegen eine andere Quote tau- schen. Die relative Stabilität bietet dem Fischer die Fle- xibilität, die er braucht, um sich am Markt behaupten zu können. Mit dem Tausch komme ich auch gleich zur zweiten Baustelle. Auch das System des Tausches zwischen den Mitgliedstaaten hat sich seit 1983 bewährt. Was die Mit- gliedstaaten auf nationaler Ebene machen, hat damit ja nichts zu tun. Aber zwischen den Staaten darf es aus un- serer Sicht auch zukünftig keinen Handel von Quoten geben. Wenn wir das machen, können wir unsere Küs- tenfischerei zumachen, denn unsere Küstenfischer sind allesamt kleine Betriebe, die nicht eben mal 100 000 Euro für eine Quote lockermachen können. Ich möchte an dieser Stelle einmal Frau Bundesminis- terin Aigner loben, die sich hier für deutsche Interessen eingesetzt hat. Mit der Erklärung des Weimarer Dreiecks und der kürzlich gemeinsam mit Dänemark, Frankreich 11108 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 (A) (C) (D)(B) und Großbritannien abgegebenen Erklärung haben sie Pflöcke eingeschlagen, an denen Frau Damanaki so schnell nicht vorbeikommt. Immer wieder ertönt der Ruf nach der 1:1-Umsetzung von ICES-Vorgaben. Der ICES legt die Vorschläge nach rein biologischen Gesichtspunkten fest. Das mag ja aus Sicht der Grünen richtig sein, aber aus unserer Sicht müssen auch andere Punkte berücksichtigt werden. Au- ßerdem liegt die Wissenschaft nicht selten daneben. In der Vergangenheit gab es einige Beispiele, wo der ICES im Nachhinein seine Zahlen korrigieren musste. Das Hauptproblem dabei ist die mangelhafte Datenlage. Wir brauchen dringend mehr Informationen über die Be- stände. Wir als SPD haben in unserem Antrag den Anliegen der Umwelt und der Fischer gleichermaßen Rechnung getragen. Wir sind uns im Klaren darüber, dass es in Zu- kunft nur Fischerei geben kann, wenn auch genügend Fi- sche da sind. Wir haben aber gleichzeitig ein klares Be- kenntnis für die Fischer abgegeben und dargestellt, dass die europäischen Bestandsprobleme im Regelwerk der Fischerei liegen. Wir haben einige Regelungen darge- stellt, die einer nachhaltigen Fischerei zuwiderlaufen, und aufgezeigt, wie wir diese verändern möchten. Und nun zum Antrag der Grünen. Dazu möchte ich im Wesentlichen sagen, dass Sie beinahe nahtlos an die Aussagen der früheren Landwirtschaftsministerin Künast anknüpfen. Sie wollen zwar nicht Fischerboote zu Haus- booten machen, aber einige Ihrer Forderungen kommen dem sehr nahe. Wenn man alle Ihre Forderungen umset- zen würde, gäbe es wahrscheinlich keine Fischerei mehr. Wenn ich mir nur Ihre Forderung nach Mindestfanggrö- ßen ansehe oder die Fischereiabgabe! Wenn Sie keine Fischerei mehr wollen, müssen Sie das nur sagen. Im- merhin fordern Sie hier nicht die 1:1-Umsetzung der ICES-Advise. Das allerdings überrascht mich ein wenig. Nur zur relativen Stabilität äußern Sie sich nicht. Das ha- ben aber Ihre Kollegen im Europäischen Parlament für Sie getan. Die fordern nämlich den Ausstieg aus der re- lativen Stabilität. Was ich aber an der Debatte hier im Deutschen Bun- destag am erstaunlichsten finde, ist, dass Union und FDP es nicht geschafft haben, sich zur Reform der Gemeinsa- men Fischereipolitik zu positionieren. Sie verstecken sich schamlos hinter der Bundesregierung, und obwohl Ihnen der Antrag der SPD inhaltlich zusagt – im Aus- schuss wurde er noch von CDU und FDP gelobt – leh- nen Sie ihn ab. Das ist ein Armutszeugnis. Ich will Ihnen sagen, dass hier zwischen uns und der Bundesregierung Einigkeit besteht. Das heißt, Sie lehnen heute nicht nur den Antrag der SPD, sondern auch die Position der Bun- desregierung ab. Was sagen Sie den Fischern an Nord- und Ostsee, wie diese ihre Familienbetriebe und ihre Ar- beitsplätze in Zukunft sichern wollen? Sie lassen sie im Stich. Die Debatte zur Reform der Gemeinsamen Fischerei- politik ist jetzt im Gange. Wir können uns als Deutscher Bundestag nicht erst äußern, wenn die Kommission im Mai dieses Jahres ihre Vorstellungen präsentiert. Dann ist es zu spät. Deutschland muss sein ganzes Gewicht jetzt in die Waagschale werfen. Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): Die SPD- Fraktion hat einen sehr respektablen Antrag zur Fische- reipolitik vorgelegt, in dem sich das große Erfahrungs- wissen ihres fischereipolitischen Sprechers Holger Ortel widerspiegelt. Schade, dass der Antrag nicht als gemein- samer Antrag angelegt war, so müssen wir ihn leider we- gen einiger Formulierungen trotz verschiedener sehr gu- ter Ansätze ablehnen. Die Kommission hat mit ihrem Grünbuch zur Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik im Jahr 2009 eine wichtige Diskussion angestoßen. Unsere maritimen Ökosysteme stehen durch den Klimawandel und die in verschiedenen Regionen zu starke Nutzung der aquati- schen Ressourcen unter erheblichem Stress. Es gibt Fischbestände in europäischen und außereuropäischen Fanggebieten, die in den letzten Jahrzehnten durch ver- änderte Umweltbedingungen und auch die zunehmende fischereiwirtschaftliche Nutzung erheblich dezimiert wurden. Die Bestandsaufnahme der Kommission hat er- geben, dass die seit 2003 geltende Gemeinsame Fische- reipolitik die heute herrschenden Probleme nicht lösen konnte. Insbesondere bestehen in zahlreichen Ländern zu große Flottenkapazitäten. Es wurden erhebliche Fi- nanzmittel aufgewendet, um die Flotten an den tatsächli- chen, für eine nachhaltige Fischerei angemessenen Be- darf anzupassen. Das ist bisher nur unzureichend gelungen. Deutschland hat in diesem Bereich seine Hausaufgaben gemacht. Hohe Flottenkapazitäten bieten Anreize für eine Überfischung. Wir sind uns in diesem Haus einig, dass eine Reform der Gemeinsamen Fische- reipolitik, wie sie die Kommission angestoßen hat, not- wendig ist. Gleichzeitig gilt es festzuhalten, dass die Anzahl nachhaltig bewirtschafteter Bestände inzwischen steigt. Der Wiederaufbau einiger Fischbestände verläuft viel- versprechend, zum Beispiel des Dorsches in der Ostsee und der Scholle in der Nordsee. Das ist ein kleiner Licht- blick. Eine Reform der gemeinsamen Fischereipolitik könnte weitere Schritte in Richtung einer MSY-Bewirt- schaftung – MSY: maximum sustainable yield – bringen. Leider haben verschiedene Einkaufsführer dies noch nicht berücksichtigt, sodass teilweise wertvolle Speisefi- sche nicht verkauft werden konnten, sondern in die In- tervention gegeben wurden. Wir brauchen deshalb eine bessere Verbraucherinformation. Die Fischereiwirtschaft ist entscheidend abhängig vom Zustand der maritimen Ressourcen. Gleichzeitig beeinflussen der Klimawandel, die wirtschaftliche Ent- wicklung, der gesellschaftliche Wandel und regionale Entwicklungen die Zukunft der Fischer in Deutschland und Europa. Nur eine nachhaltige Ausrichtung der Ge- meinsamen Fischereipolitik kann gewährleisten, dass die Bevölkerung ausreichend mit Fischen und Meeresfrüch- ten versorgt wird, die wirtschaftliche Zukunft der Fischer gesichert wird und die natürlichen Bestände er- halten bleiben. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 11109 (A) (C) (D)(B) Deutschland importiert etwa 80 Prozent des hier ver- zehrten Fisches. Dennoch hat auch in unseren Küstenre- gionen die Fischerei eine wichtige Bedeutung. Sie liefert Fisch insbesondere für die regionale Küche, außerdem ist sie eine wichtige touristische Attraktion. Die Betrach- tung der Nachhaltigkeit darf nicht nur auf den ökologi- schen Sektor begrenzt werden, auch wenn er von ent- scheidender Bedeutung ist. Ökonomische und soziale Fragen müssen ebenfalls bedacht werden. Die Europäische Kommission hat im Grünbuch fünf wesentliche Problemfelder definiert, die bei einer Re- form angegangen werden müssen. Sie schlägt vor, das Problem der Flottenüberkapazität zu lösen, die politi- schen Ziele zu präzisieren, die Beschlussfassung auf we- sentliche Grundsätze zu beschränken, die Fischereiwirt- schaft bei der Durchführung besser einzubinden und für eine verbesserte Durchsetzung und Anwendung der fi- schereilichen Regelungen zu sorgen. Die Bundesregie- rung hat sich zu den Überlegungen der Kommission po- sitioniert und bereits Verhandlungen auf europäischer Ebene begonnen. Die FDP unterstützt die Bundesregie- rung in ihrer Haltung, auf dem Grundsatz einer nachhal- tigen Entwicklung im Rahmen eines ökosystembasierten Fischereimanagements die Fischereipolitik fortzuentwi- ckeln. Es ist von besonderer Bedeutung, die mehrjähri- gen Bewirtschaftungs- und Wiederaufbaupläne unter der Prämisse des MSY, also des höchstmöglichen Dauerer- trages, auf solider wissenschaftlicher Basis auszuweiten. Es ist für Deutschland von entscheidender Bedeutung, dass die relative Stabilität und das System der nationalen Fangquoten beibehalten und anhand wissenschaftlicher Untersuchungen fortwährend evaluiert werden. In die- sem Punkt stimmen wir dem SPD-Antrag ausdrücklich zu. Wir begrüßen die Initiative der Bundesregierung und weiterer Mitgliedstaaten, das Problem der Rückwürfe entschlossen anzugehen. Nur wenn Rückwürfe konse- quent auf die Fangquoten angerechnet werden, kann das Ziel des MSY erfolgreich umgesetzt werden. Hierzu müssen im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik die illegale Fischerei konsequent bekämpft und geltende Rechtsbestimmungen so effizient wie möglich auf ihre Umsetzung kontrolliert werden. Die Fischereiwirtschaft sollte dabei in die Entwicklung geeigneter Kontroll- und Überwachungsmethoden eingebunden werden, um prak- tikable und wirksame Lösungen zu finden. Hierbei ist der Schwerpunkt aus unserer Sicht insbesondere auf die Fischfangnationen zu legen, die immer noch viel zu hohe Flottenumfänge haben und bei denen daher der An- reiz für Rechtsverstöße besonders groß ist. Die FDP ist im Wesentlichen mit der Verhandlungs- position der Bundesregierung auf europäischer Ebene zufrieden. Aus unserer Sicht besteht jedoch noch ein er- heblicher Optimierungsbedarf bei der wissenschaftli- chen Datengrundlage. Um wirklich nachhaltige Bewirt- schaftungspläne für die bedrohten Meeresarten erstellen zu können, ist eine fundierte Kenntnis der spezifischen ökologischen Zusammenhänge und der tatsächlichen Verteilung und Verbreitung einzelner Arten unabdingbar. Die gut aufgestellte deutsche Fischerei- und Meeresfor- schung muss weiter unterstützt und ausgebaut werden. Ein wirksamer Schutz der Meeresressourcen kann nur durch eine verbesserte Forschung, effiziente Kontrollen und Einbindung unserer Fischer erzielt werden. Speziell dieser Punkt kommt im eigentlich guten und sachlich fundierten Antrag der SPD zu kurz. Deshalb und weil die Bundesregierung mit ihrer Haltung bereits auf einem guten Weg ist, lehnen wir diesen Antrag ab. Den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen lehnen wir ab, da er völlig realitätsfremd und ideologisch ist. Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Bei der Ge- meinsamen Fischereipolitik, GFP, sind wir uns zwischen den Fraktionen im Bundestag in vielen grundsätzlichen Fragen einig. Wir wollen zum Beispiel gemeinsam, dass nicht mehr Fisch gefangen werden darf, als im selben Zeitraum „nachwächst“. Das ist ja auch logisch und quasi die alte Försterregel zur nachhaltigen Bewirtschaf- tung des Waldes – übertragen auf das Meer. Die Linke will eine sachliche Diskussion auf belast- barer wissenschaftlicher Grundlage. Dazu gehört, dass wir bei allen Analysen und Ent- scheidungen berücksichtigen, dass die wissenschaftli- chen Schätzungen der vorhandenen Fischbestände nicht genau genug, also nicht wirklich belastbar sind. Das Rostocker von Thünen-Institut für Ostseefischerei, vTI, spricht von 10 bis 20 Prozent Fehlerquote. Diese Unge- nauigkeit kann aber dramatische Auswirkungen bei der jährlichen Fangquotenfestsetzung haben. Die Fischerei- forschung muss gestärkt werden, damit wir besser be- lastbare Grundlagen für die politischen Entscheidungen bekommen. Das kann auch zur Versachlichung der Debatte beitra- gen. Und das ist dringend notwendig. Es geht dabei nicht um Verharmlosung einer Situation, die im Grünbuch der EU erstaunlich deutlich und ehrlich beschrieben wurde. Aber die Situation vieler Fischbestände ist beunruhigend genug und muss nicht auch noch zusätzlich mit Horror- meldungen dramatisiert werden. Die Schreckenszahl 88 Prozent geistert immer wieder durch politische De- batten und Mailing-Aktionen. Aber 88 Prozent über- fischte Bestände heißt eben nicht 88 Prozent fast ausge- rottete Bestände, sondern: 88 Prozent der Fischbestände, über die wissenschaftliche Erhebungen vorliegen, wer- den zu stark befischt, also mehr, als nach dem höchst- möglichen, nachhaltigen Dauerertrag, MSY, entnommen werden dürften. Das ist problematisch genug. Aber nur bei circa einem Viertel liegen solche Daten überhaupt vor. Solche überzogenen Dramatisierungen lenken leider von wirklichen Problemen ab. Das drohende Aussterben des europäischen Aals wird zum Beispiel kaum wahr- genommen, wie Dr. Christoph Zimmermann vom von Thünen-Institut in der Ausgabe 1/2010 der Fachzeit- schrift Kutter beklagt hat. Bei allen unbestrittenen Problemen in der Fischerei sieht die Linke aber nicht nur ihre ökologischen Rah- menbedingungen, sondern konsequent auch ihre soziale und wirtschaftliche Funktion. Deshalb dürfen die not- wendigen Fangreduzierungen nicht auf Kosten der in der Fischerei Beschäftigten gehen. Quotenkürzungen kön- nen zu Arbeitsplatzverlusten führen und haben damit er- 11110 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 (A) (C) (D)(B) hebliche Auswirkungen auf das Leben und Arbeiten an der Küste. In den Küstenregionen lebt fast die Hälfte der europäischen Bevölkerung, wie EU-Kommissarin Maria Damanaki heute bei einer Veranstaltung in Ber- lin betont hat. Auch in der Fischerei heißt nachhaltig nicht nur ökologisch, sondern auch sozial und ökono- misch denken. Das wissen auch die Fischerinnen und Fischer. Denn ihre Altersvorsorge sind die Fischbe- stände. Deshalb treten sie dafür ein, dass Umwelt- und Fischereipolitik nicht gegeneinander ausgespielt werden. Deshalb müssen Fischereibetriebe und die Beschäftigten in alle Entscheidungen einbezogen werden. Und in den Küstenregionen müssen alternative Einkommensmög- lichkeiten gezielt gefördert werden, um den Struktur- wandel sozial abzufedern. Ich möchte noch kurz auf einige Aspekte der aktuel- len EU-weiten Debatte eingehen: Sicher muss die EU-Fischerei-Flotte abgebaut wer- den. Aber die deutsche Fischerei hat hier ihre Hausauf- gaben bereits erledigt. Deshalb erwartet sie aber auch zu Recht, dass zum Beispiel gegen die illegale Fischerei noch konsequenter vorgegangen wird. Hier wurde schon einiges erreicht, aber es liegt noch vieles im Argen. Die Linke will weg von dem alljährlichen politischen Kuhhandel um Fischereitage, Fangquoten und dem Streit über die Entwicklung der Fischbestände. Wir wol- len stattdessen eine mehrjährige Planung der Bewirt- schaftung der Fischbestände. In diesem Fall würden sich auch mögliche Schätzfehler der tatsächlichen Fischbe- stände nicht so schwerwiegend auswirken. Mehrjahrespläne wären auch im Interesse der jungen Menschen. Denn wir haben auch in der Fischerei Nach- wuchsprobleme. Zu den Gründen gehört neben der Un- berechenbarkeit der Fischereipolitik auch die skandali- sierte Berichterstattung über ausgeräumte Meere. Wer soll da eine berufliche Perspektive für sich sehen? Dabei ist sich die Forschung nahezu einig: Durch die Fischerei wird kein Bestand und keine Fischart ausster- ben, durch eine verfehlte Wirtschafts-, Energie- und Um- weltpolitik schon eher. Die jetzt anstehende Reform der Gemeinsamen Fi- schereipolitik muss deshalb einen Neuansatz finden. Wir unterstützen EU-Kommissarin Maria Damanaki, die mehr Langfristigkeit, weniger Bürokratie und effektivere Kontrollen will. Über manche Details muss sicher noch diskutiert wer- den. Kontrollkameras an Bord zum Beispiel sind eine recht drastische Maßnahme. Hier habe ich ein etwas mulmiges Orwell’sches Gefühl. Aber Videobelege sind andererseits eine verlässliche Dokumentation mit ver- gleichsweise geringem bürokratischem Aufwand. Ganz klar will die Linke ein Verbot von Rückwürfen des Beifangs mit Anrechnung auf die Fangquote. Nor- wegen macht uns das vor. Wir sehen das wie die EU- Kommissarin: Rückwürfe sind unethisch, Ressourcen- verschwendung und Vergeudung von menschlicher Arbeit. In der Fragestunde am Mittwoch hat mir die Bundesregierung Rückwurfzahlen aus Deutschland vor- gelegt, die nachdenklich machen müssen. Die höchsten Rückwurfraten gibt es bei der Baumkurrenfischerei auf Scholle und Seezunge. In den Jahren 2008 bis 2010 wur- den zwischen 60 und 75 Prozent des Fangs als Abfall wieder über Bord gekippt. Das muss aufhören. Wir müs- sen schrittweise, aber konsequent von den Rückwürfen wegkommen. Die Rückwurfraten in der pelagischen Fi- scherei, zum Beispiel Heringsfischerei, sind bereits unter 1 Prozent, auch die deutsche Fischerei auf Kabeljau und Seelachs ist sehr vorbildlich, wie mir die Bundesregie- rung bestätigt hat. Von einem zukünftigen Rückwurfver- bot sollten als Ausnahme nur Arten mit einer sehr hohen Überlebenswahrscheinlichkeit wieder ins Meer gewor- fen werden dürfen. Bleiben sie im Ozean zurück, können sie weiter wachsen und sich fortpflanzen und damit zu stabilen Beständen beitragen. Wir kritisieren die oftmals fragwürdigen internationa- len Fischereiabkommen mit Nicht-EU-Staaten und for- dern ein globales Netzwerk von Meeresschutzgebieten. Bei der Ausweisung der Meeresschutzgebiete tragen die Mitgliedstaaten eine hohe Verantwortung, die Koordina- tion in Europa erwarte ich jedoch von der EU bzw. welt- weit von der UNO. Für die Linke ist der SPD-Antrag nicht grün genug und der grüne Antrag nicht rot genug. Im Grünenantrag werden die Konsequenzen aus ihrer „grundlegenden Re- form“ einfach ausgeblendet. Aber insbesondere in der Küstenfischerei geht es um viele Menschen, die ihre Er- werbsarbeit verlieren. Mehr Kontrollen, zusätzliche Ge- bühren und Abgaben, das mag zwar eine grundlegende Reform sein, aber ob damit die Fischerei auf einen zu- kunftsfähigen Weg gebracht werden kann, wage ich zu bezweifeln. Richtig ist, dass das Grünbuch gezeigt hat, dass sich wirklich etwas tun muss. Diese Forderung un- terstützen wir ausdrücklich. Aber es muss mit ökologi- scher und sozialer Verantwortung gehandelt werden. Der SPD-Antrag geht vage Schritte in die richtige Richtung, darum stimmen wir zu. Der grüne Antrag ist aus unserer Sicht zu radikal, aber mit grundsätzlich diskussionswür- digen Vorschlägen; daher enthalten wir uns. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Grünbuch zur Reform der EU-Fischereipolitik eröffnet die Chance für eine grundlegend bessere Fischereipoli- tik. Diese Chance muss die EU im Interesse der Meere, aber auch der Fischeiwirtschaft nutzen. Nur wer Fisch- bestände heute schützt, kann morgen noch Fische fan- gen. Deshalb appelliere ich an alle Beteiligten: Treten Sie für eine anspruchsvolle Reform der EU-Fischerei- politik ein! Die Gefahr, dass die Reform kleingekocht wird, ist groß. Denn genau die Fischereiminister, die bisher für die Überfischung gesorgt haben, entscheiden über diese Reform. Hoffnung gibt, dass das Europaparlament nach dem Vertrag von Lissabon mitentscheiden darf und dass es die Fischereikommissarin Damanaki offenbar ernst meint mit der Durchsetzung wirksamer Maßnahmen. Bündnis 90/Die Grünen fordern einen Paradigmen- wechsel in der EU-Fischereipolitik. Ein zentraler Punkt ist die Einführung von Rückwurfverboten und Anlande- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 96. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 11111 (A) (C) (D)(B) geboten für Arten mit zu niedrigen Rückwurfüberlebens- raten, damit endlich Schluss ist mit der ökologisch und ökonomisch fatalen Verschwendung von Fischressour- cen. Diese Rückwurfverbote brauchen wir so schnell wie möglich. Eine schrittweise Einführung wie in der Ge- meinsamen Erklärung Deutschlands mit Dänemark, Frankreich und Großbritannien reicht nicht. Für ein er- neutes Zögern gibt es keinen Grund. Hier hat sich die Bundesregierung erneut auf eine viel zu zaghafte Position festgelegt. Wir Bündnisgrüne fordern auch die strikte Orientie- rung der Gesamtfangmengen an den Empfehlungen der Fischereiwissenschaft. Denn die wurden in den letzten Jahren von den Fischereiministern regelmäßig um circa 50 Prozent überschritten. Damit muss Schluss sein! In den Natura-2000-Meeresschutzgebieten, die in den EU- Meeren eingerichtet werden müssen, sollte die Fischerei beschränkt werden können, zumindest soweit sie als Kinderstube für Fischbestände fungieren. Auffallend ist, dass Fischereipolitik in den Koalitionsfraktionen gar nicht stattfindet. Diese überlassen sie zu 100 Prozent der Bundesregierung. Folgerichtig haben Union und FDP auch keinen Antrag zur Reform der EU-Fischereipolitik vorgelegt. Dass aber die Vertreter der Union im Aus- schuss, wie in der Beschlussempfehlung nachzulesen, nicht einmal etwas Inhaltliches zur Fischereireform zu sagen hatten, das hat meine Erwartungen aber doch noch einmal deutlich untertroffen. Dem SPD-Antrag könnten wir in weiten Teilen zu- stimmen. Problematisch ist allerdings die Forderung, die zulässigen Gesamtfangmengen nach ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltigen Kriterien festzusetzen. Das heißt doch im Klartext: Zur Stabilisierung der Be- stände notwendige Fangmengenreduzierungen sollen – wie bisher – aus Rücksicht auf die kurzfristigen Er- tragsausfälle der Fischereibetriebe unterbleiben. Das ist genau die Logik der Überfischung, der seit Jahrzehnten gefolgt wird. Das ist genau die Logik, die dazu führt, dass die Fischereibetriebe auf Dauer weniger fischen können, als sie bei einer vernünftigen Bewirtschaftung fischen könnten! Wegen dieser Forderung müssen wir den SPD-Antrag ablehnen. Zum erschreckenden Auftritt des fischereipolitischen Sprechers der SPD im Ausschuss ist zu sagen: Es hat uns schon sehr irritiert, dass er die Fischereipolitik der Bun- desregierung über den grünen Klee gelobt hat. Denn die- ses Lob hat das widersprüchliche Agieren der Bundesre- gierung nun wirklich nicht verdient. So ist beispielsweise der Gemeinsamen Erklärung Deutsch- lands, Frankreichs und Polens zur Fischereireform zu entnehmen, dass sich die Bundesregierung den Überfi- schungsinteressen von Frankreich und Polen untergeord- net hat und eine Linie unterstützt, die fast alles beim Al- ten belässt. Die SPD sollte sich wirklich überlegen, ob sie sich nicht besser einen fischereipolitischen Sprecher wählt, der frei ist von Lobbyinteressen, der nicht gleichzeitig Präsident des Deutschen Fischereiverbandes ist. Die Trennung dieser Funktionen wäre ein notwendiger Akt der politischen Hygiene. 96. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 17. März 2011 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gregor Gysi


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Japan

    ist eine furchtbare, unvorstellbare Katastrophe passiert.
    Die Menschen erlebten ein schweres Erdbeben und in
    dessen Folge einen Tsunami mit Tausenden Opfern,
    Hunderttausenden Obdachlosen und verheerenden Zer-
    störungen. Nun werden sie auch noch einen Super-GAU
    mit unvorstellbaren Folgen erleben. Millionen Men-
    schen können durch die Radioaktivität an Krebs erkran-
    ken – mit allen Folgen.

    Dies geschieht den Japanerinnen und Japanern, die als
    Einzige schon die furchtbaren Leiden eines Atombom-
    beneinsatzes durch die USA 1945 auf Hiroshima und
    Nagasaki erleben mussten. Wir trauern um die zahlrei-
    chen Opfer. Unser tiefes Mitgefühl gilt ihren Angehöri-
    gen.

    Es ist aber unvorstellbar und unverantwortlich, dass
    gerade nach den schrecklichen Erlebnissen 1945 japani-
    sche Konzerne und japanische Politik den vielfachen
    Bau von Atomkraftwerken vorantrieben. Japan hätte der
    erste Verweigerer sein müssen.


    (Beifall bei der LINKEN)

    Aber nun ist die Katastrophe geschehen. Durch keine
    Kritik wird sie ungeschehen. Es trifft vornehmlich im-
    mer Unbeteiligte und Unschuldige. Unsere gemeinsame
    erste Entscheidung muss sein, den Menschen in Japan
    jegliche mögliche Hilfe zu leisten.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Das Ereignis in Japan ist eine Zäsur, ein Zivilisations-
    bruch in der Geschichte des industriell-kapitalistischen
    Zeitalters. In den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts
    gelang es deutschen Physikern im Laborversuch, die
    erste künstliche radioaktive Kernspaltung auszulösen.
    Die Büchse der Pandora war geöffnet. Die erste daraus
    folgende Katastrophe war die Entwicklung der Atom-
    bombe.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dann zwischen
    der militärischen und der friedlichen Nutzung der Atom-
    energie unterschieden. In den 50er-Jahren setzten die In-
    dustriestaaten, das heißt sowohl die kapitalistischen als
    auch die staatssozialistischen Länder, auf die friedliche
    Nutzung der Atomenergie. Doch die Unterscheidung
    zwischen unfriedlicher und friedlicher Atomenergie ist
    aus zwei Gründen falsch und mit hohen Risiken verbun-
    den, die weder beherrschbar noch kontrollierbar sind.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Erstens. Wer über die Technologie der friedlichen
    Nutzung der Atomenergie verfügt und aus AKW Strom
    erzeugen kann, ist potenziell in der Lage, auch Atom-
    waffen herzustellen. Wir wissen, dass trotz des Nichtver-
    breitungsvertrages inzwischen mehr Staaten als die fünf
    damaligen Atommächte über Atomwaffen verfügen. Au-
    ßer den USA, Russland, China, Großbritannien und
    Frankreich verfügen auch Pakistan, Indien und Israel
    über Atomwaffen. Die Beispiele Iran und Nordkorea zei-
    gen, dass diese Gefahren nicht beseitigt sind. Es muss
    endlich konsequent damit begonnen werden, alle Atom-
    waffen in dieser Welt zu vernichten. Erst dann hat die in-
    ternationale Gemeinschaft das Recht, weltweit den Bau
    neuer Atomwaffen zu unterbinden.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Zweitens. Mit der Unterscheidung zwischen militäri-
    scher und friedlicher Nutzung der Atomkraft gab man
    sich dem Trugschluss hin, dass die militärische Nutzung
    viel riskanter wäre. In vielen Industriegesellschaften,
    insbesondere in Frankreich und Japan, erzielte die fried-
    liche Nutzung der Atomkraft zur Stromerzeugung eine
    hohe Akzeptanz. Diese Akzeptanz beruhte darauf, dass
    man die Risiken bei der friedlichen Nutzung für be-
    herrschbar hielt, sich einen GAU oder gar einen Super-
    GAU nicht vorstellen konnte. Die Unterscheidung zwi-
    schen gutem und schlechtem Uran ist falsch. Beides – der
    Abwurf einer Atombombe wie ein nicht vorhersehbarer
    Unfall in einem Atomkraftwerk – ist hinsichtlich der
    Folgen nicht beherrschbar. Unsere Zivilisation kann
    stark beschädigt, sogar vernichtet werden.


    (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


    Die Frage stellt sich: Hätten wir alle – die Verantwort-
    lichen in Japan, in Deutschland und in allen anderen
    Ländern – nicht klüger und sehr viel vorsichtiger sein





    Dr. Gregor Gysi


    (A) (C)



    (D)(B)

    müssen? Es gab den Atomunfall im AKW Three Mile
    Island bei Harrisburg in den USA im Jahre 1979. Dort
    trat – auch ohne Erdbeben, ohne Tsunami – bereits eine
    begrenzte Kernschmelze ein, weil die Kühlsysteme ver-
    sagten. Dann kam die unvorstellbar große Katastrophe
    von Tschernobyl vor 25 Jahren mit einer vollständigen
    Kernschmelze. Noch immer glüht dieser Reaktor umge-
    ben von einem Betonsarkophag vor sich hin. Die genaue
    Zahl der Opfer ist bis heute nicht bekannt.

    Diese deutlichen Warnungen wollten nicht verstanden
    werden. Harrisburg wurde nicht wirklich ernst genom-
    men und bei Tschernobyl einfach die Unfähigkeit der
    Russen und der Staatssozialisten unterstellt. Im Unter-
    schied dazu – so konnte man es lesen – bauen die Japa-
    ner, die Deutschen und andere nur höchst sichere Atom-
    kraftwerke, bei denen nichts passieren könne. Nun sind
    wir in Japan auf tragische Weise vom Gegenteil über-
    zeugt worden. Wir alle dürfen und müssen eine einzige
    logische Konsequenz ziehen: Der 11. März 2011 muss
    das Ende des nuklearen Industriezeitalters eingeleitet ha-
    ben.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Das ist nicht nur eine wissenschaftlich-technische,
    sondern auch eine politische, eine Macht- und eine
    Menschheitsfrage. Die Atomindustrie besteht aus Unter-
    nehmen, die die AKW bauen, und Unternehmen, die die
    AKW betreiben. Diese besitzen nicht nur finanzielle und
    ökonomische Macht, sie haben nicht nur beträchtlichen
    Einfluss auf politische Entscheidungen; sie dominieren
    diese und damit auch die Bundesregierung und eine
    große Zahl von Abgeordneten.

    Schon die Bundesregierung aus SPD und Grünen
    traute sich nicht, den Atomausstieg einfach per Gesetz
    im Bundestag durchzusetzen. Sie ließ sich auf Verhand-
    lungen mit der Atomlobby ein und schloss mit ihr einen
    Ausstiegskompromiss ab. Warum, Herr Trittin, konnten
    Sie und Ihre sozialdemokratischen Mitstreiter den Atom-
    lobbyisten nicht einfach sagen, dass die Mehrheit des
    Bundestages entscheiden wird? Wir sind das höchste de-
    mokratisch gewählte Organ der Bundesrepublik
    Deutschland. Warum feilschten Sie mit den nicht ge-
    wählten Atomlobbyisten herum, bis Sie einen unzurei-
    chenden Ausstiegskompromiss erzielten?


    (Beifall bei der LINKEN)


    Warum haben Sie, Frau Bundeskanzlerin, diesen
    Kompromiss auch noch aufgekündigt und auf Drängen
    der Atomlobbyisten die Verlängerung der Laufzeiten der
    Atomkraftwerke beschlossen? Es ging um nichts anderes
    als um Extraprofite der Stromkonzerne Eon, EnBW,
    RWE und Vattenfall in Höhe von 120 Milliarden Euro.
    Diese Lobbyistenpolitik gefährdet unsere Demokratie.


    (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Dr. Eva Högl [SPD])


    Frau Bundeskanzlerin, besitzen Sie doch die Souverä-
    nität, den Mut, den Atomlobbyisten klar und deutlich zu
    widersprechen, sich hier hinzustellen und Ihren Irrtum
    hinsichtlich der Risikogefahren einzuräumen und den
    unverzüglichen Ausstieg aus der Gewinnung der Atom-
    energie zu verkünden. Nur das entspräche Ihrem Amts-
    eid. Nur das könnte Schaden von unserer Bevölkerung
    abwenden. Nur dann verhielten Sie sich wie eine Bun-
    deskanzlerin für das gesamte Volk. Ihre heutige Erklä-
    rung spricht noch nicht für Ihre Bereitschaft, diesen
    notwendigen Weg zu gehen. Ein dreimonatiges Morato-
    rium, unabhängig von der rechtlichen Bewertung,
    täuscht und hilft nicht weiter. Wir brauchen keine vo-
    rübergehende, sondern eine endgültige Abschaltung der
    Atomkraftwerke.


    (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Dr. Eva Högl [SPD])


    Unabhängig davon müssen Sie unverzüglich und sofort
    einen Strompreisstopp durchsetzen. Die Konzerne haben
    genügend Profitpolster. Sie müssen die Verluste tragen,
    nicht die Bürgerinnen und Bürger und nicht die anderen
    Unternehmen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Die Politik muss wieder für die Strompreiskontrolle zu-
    ständig werden.

    Meine Damen und Herren von der SPD und von den
    Grünen, Sie haben beim Bundesverfassungsgericht eine
    Normenkontrollklage eingereicht, weil Ihr früherer
    Atomkompromiss von der Mehrheit des Bundestages
    unter Ausschluss des Bundesrates aufgekündigt wurde.
    Diesen Ausschluss und andere Regelungen halten Sie
    und wir für grundgesetzwidrig. Wir haben Ihnen angebo-
    ten, diese Normenkontrollklage gemeinsam zu erarbei-
    ten. Sie haben dies abgelehnt mit dem Hinweis, das sei
    Ihr Thema und nicht unseres. Sie haben tatsächlich nicht
    begriffen, dass dies ein Thema für die gesamte Bevölke-
    rung, auch für den linken Teil der Bevölkerung ist.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Sie haben uns vorgestern, auch im Angesicht der gewal-
    tigen Katastrophe, erklärt, dass wir die Klage nur dann
    mit unterschreiben dürften, wenn wir trotz Ihres Beteili-
    gungsverbots ein Drittel der Kosten übernähmen. Über-
    winden Sie Ihre Kleinkariertheit! Überwinden Sie Ihren
    Egoismus! Überwinden Sie Ihren Egozentrismus! Las-
    sen Sie alle, die es wollen, unterschreiben!


    (Beifall bei der LINKEN)


    Sie können nicht bei Ihrem alten Kompromiss – mit
    Ausnahme der älteren und pannengeprägten AKW –
    bleiben. Auch die neueren AKW können nicht mit lan-
    gen Fristen – Herr Gabriel, auch nicht zehn Jahre – wei-
    terlaufen. Auch Sie müssen sich einen Ruck geben und
    begreifen, dass das nukleare Zeitalter nicht irgendwann,
    sondern unverzüglich zu beenden ist.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Es geht nicht nur um die Frage des Ausstiegs, sondern
    zugleich auch darum, ob sich die Politik endlich gegen
    die Atomindustrie durchsetzt, ob diesbezüglich das Pri-
    mat der Politik hergestellt, die Demokratie wieder funk-
    tionsfähig wird. Im letzten Jahr konnte während der Fi-
    nanzkrise jeder erleben, dass die Spekulanten und
    Bankenchefs das Geschehen und die Politik dominier-





    Dr. Gregor Gysi


    (A) (C)



    (D)(B)

    ten. Diese sind eng mit den Atomlobbyisten verbunden.
    Gemeinsam scheinen sie eine kaum zu durchdringende
    ungeheuerliche Macht zu besitzen. Aber sie haben nur
    ein wirkliches Interesse: die Steigerung ihres Profits.
    Nur wenn die Politik den Mut und die Kraft entwickelt,
    die Dominanz dieser Spekulanten, Bankenchefs, Atom-
    lobbyisten und anderer Konzernlobbyisten zu durchbre-
    chen und den Vorrang der demokratischen Institutionen
    zu sichern, sind wir für unsere Bevölkerung tätig, retten
    wir unsere Demokratie und werden wir unserer Funktion
    als Volksvertreterinnen und Volksvertreter im Bundestag
    gerecht!


    (Beifall bei der LINKEN)


    Die Linke fordert: Erstens. Wir brauchen unverzüg-
    lich ein Konzept für die mögliche Hilfe gegenüber den
    Japanerinnen und Japanern. Diese Hilfe ist auch zu leis-
    ten.

    Zweitens. Die Nutzung der Atomkraft für militärische
    Zwecke und zur Energieerzeugung muss grundsätzlich
    ausgeschlossen werden, um den Ausstieg unumkehrbar
    zu machen. Deshalb brauchen wir diese Verpflichtung
    im Grundgesetz.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Das Verbot der Nutzung von Atomenergie ist Bestandteil
    der Verfassung von Österreich, einem Mitgliedsland der
    EU. Es ist also machbar, wenn der politische Wille dazu
    vorhanden ist.

    Drittens. Die ältesten und pannengeschüttelten acht
    AKW sind sofort und auf Dauer stillzulegen.


    (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


    Es handelt sich um Biblis A, Neckarwestheim 1,
    Biblis B, Brunsbüttel, Isar 1, Unterweser, Philippsburg 1
    sowie Krümmel. Die verbleibenden neun AKW sind un-
    verzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Verzögern, still-
    zulegen. Hierzu muss die Bundesregierung einen ent-
    sprechenden Atomausstiegsgesetzentwurf bis spätestens
    30. April 2011 vorlegen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Viertens. Verboten werden muss der Export von
    Atomtechnologie. Siemens und andere Unternehmen ha-
    ben auch für die AKW in Japan Ausrüstungen geliefert.
    Sie müssen verpflichtet werden, diesen Produktionszy-
    klus stillzulegen und aus der Technologie auszusteigen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Ebenso ist folgerichtig, Frau Bundeskanzlerin, dass wir
    keinen Atomstrom importieren dürfen.

    Fünftens. Die Bundesregierung muss sich für die Auf-
    lösung des Euratom-Vertrages einsetzen, damit die damit
    einhergehende Förderung der Atomenergie beendet
    wird.

    Sechstens. Wir fordern einen Strompreisstopp


    (Lachen bei der FDP)


    und die Wiedereinführung der Strompreisregulierung
    durch die Politik statt durch die Energiekonzerne.


    (Beifall bei der LINKEN)

    Siebtens. Wir brauchen unverzüglich ein Energiekon-
    zept der Zukunft, das mit unabhängigen Wissenschaftle-
    rinnen und Wissenschaftlern, Umweltverbänden und
    kommunalen Energieversorgern erarbeitet werden muss,
    also nicht mehr die Handschrift der Energiekonzerne tra-
    gen darf. Dazu gehören aus unserer Sicht ein Sofortpro-
    gramm für die erneuerbaren Energien, ein umfassendes
    Energieeffizienzprogramm, ein Netzumbauplan, die Ent-
    wicklung und Etablierung effizienter Speichertechnolo-
    gien und eine Dezentralisierung und Rekommunalisie-
    rung der Energieerzeugung.


    (Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der LINKEN: Bravo!)


    Achtens. Die Bundesregierung muss sich bei der Or-
    ganisation der Vereinten Nationen und der Europäischen
    Union entschieden für einen weltweiten bzw. europäi-
    schen Ausstieg aus der Atomenergie für militärische
    Zwecke sowie zur Energiegewinnung einsetzen. Das
    Gleiche gilt für ein Moratorium für sämtliche weltweit
    bzw. europaweit geplanten Neubauten von Atomanlagen –
    egal ob für militärische Zwecke oder zur Energiegewin-
    nung.


    (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


    Eine Volksinitiative der europäischen Völker zu diesen
    Fragen wäre sehr zu begrüßen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Heute haben wir die Chance, zu beweisen, dass wir
    spät – für die Japanerinnen und Japaner zu spät – Lehren
    aus Ereignissen ziehen können. Heute können wir be-
    weisen: Der Deutsche Bundestag entscheidet nicht län-
    ger im Interesse der Atomlobbyisten, sondern im Inte-
    resse der Bevölkerung unseres Landes und sendet zur
    Lösung einer Menschheitsfrage ein wichtiges Signal
    weit über Deutschland hinaus.


    (Anhaltender Beifall bei der LINKEN)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Das Wort hat nun der Kollege Volker Kauder für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Volker Kauder


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

    Wenn man abends die Nachrichten einschaltet oder tags-
    über im Büro einen Blick auf das Fernsehgerät wirft,
    kann man die Bilder, die aus Japan zu uns herüberkom-
    men, kaum aushalten. Man kann sich buchstäblich vor-
    stellen, wie man selber in einer solchen Situation reagie-
    ren würde, welche Sorgen und Ängste man um sich,
    seine Familie, seine Kinder hätte.

    Gleichzeitig erlebt man Menschen, die in einer Ruhe,
    wie ich sie bei solchen Katastrophen bisher noch nicht
    erlebt habe, versuchen, ihr Land wieder aufzubauen und
    die Sache in den Griff zu kriegen. Ich kann nur sagen:
    Man ist betroffen und beeindruckt zugleich. Die Bilder,
    die aus Japan kommen, verschlagen einem die Sprache.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)






    Volker Kauder


    (A) (C)



    (D)(B)

    Vor diesem Hintergrund habe ich es als eine völlig
    normale Reaktion betrachtet, dass der Parteivorsitzende
    der SPD, Gabriel, am Sonntag gesagt hat, dass man ge-
    nau dieses Unfassbare, was in Japan geschehen ist, nicht
    instrumentalisieren darf. Ich fand das eine bemerkens-
    werte Aussage, Herr Gabriel. Leider Gottes hat sie nur
    ein paar Stunden gehalten. Das ist das Traurige daran.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Natürlich ist doch völlig klar, dass man sich die Frage
    stellt: Wie geht es nach diesem Drama in Japan weiter –
    in diesem Land, in Deutschland, in Europa und überall in
    der Welt? Als ob es nicht schon genug gewesen wäre,
    dass durch Erdbeben und Tsunami ein Teil des Landes
    einfach weggespült wurde, kommt jetzt auch noch dieses
    Drama um das Kernkraftwerk in Japan hinzu.

    Um es noch einmal klar zu sagen, Herr Gabriel: Ihre
    Aussage stimmt nicht. Wir haben in unserem Energie-
    konzept klar formuliert: Ausstieg aus der Kerntechnolo-
    gie und Einstieg in das Zeitalter der erneuerbaren Ener-
    gien. Das war vor den Ereignissen in Japan, Herr
    Gabriel, nicht danach.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Montagmorgen!)


    Ich glaube, dass die Menschen für die Schlachten der
    Vergangenheit überhaupt kein Verständnis haben.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


    Es kommt auch gerade nicht darauf an, zu sagen, ob man
    recht gehabt hat oder nicht.


    (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat denn Frau Merkel gesagt?)


    Es kommt jetzt auf die entscheidende Frage an: Was ler-
    nen wir und was müssen wir aus dem konkreten Vorgang
    lernen, und wie sieht die Zukunft der Energieversorgung
    in unserem Land und in Europa aus? Das ist die ent-
    scheidende Frage.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Um eine solche Diskussion nach diesem Aufwühlen-
    den, das wir aus Japan sehen, wirklich ernsthaft führen
    zu können, war es richtig, Frau Bundeskanzlerin, das Si-
    gnal zu geben: Wir meinen es ernst mit der Überprüfung,
    wir machen nicht einfach so weiter, sondern wir haben
    deswegen ein Moratorium beschlossen, sodass wir einen
    Teil aussetzen und noch einmal genau überprüfen, wie
    die Lage nach den Ereignissen in Japan jetzt aussieht. –
    Das ist richtig, und das tragen wir aus den Koalitions-
    fraktionen auch mit.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Natürlich hat es im Vorfeld dieses Energiekonzeptes
    Diskussionen über die Frage gegeben, wie Laufzeiten
    ausgestaltet werden sollen – auch in unserer Fraktion.
    Wir sind zu einem Ergebnis gekommen, von dem wir der
    Meinung sind, dass es in der konkreten Situation richtig
    war. Umso beeindruckter und dankbarer war ich dann
    darüber – das muss ich auch einmal sagen –, dass der
    Antrag, der heute vorgelegt wird, am letzten Dienstag in
    unserer Fraktionssitzung einstimmig verabschiedet
    wurde. Das zeigt: Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion
    steht geschlossen hinter dem, was die Bundeskanzlerin
    heute Morgen vorgetragen hat.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Reden Sie zum Bundestag oder zu Ihrer Fraktion?)


    Natürlich erlebe ich Diskussionen, in denen Fragen
    gestellt werden. Das ist völlig in Ordnung. Wir haben
    uns auf ein Moratorium, eine Denkpause, verständigt.
    Dieses Moratorium kann man nur dann ernsthaft durch-
    führen, wenn man nicht schon beim Start weiß, was am
    Ende herauskommen soll.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Das wäre keine Überprüfung, sondern die Fortsetzung
    einer Ideologie,


    (Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Wer ist denn der Ideologe?)


    die wir jetzt gerade nicht brauchen können.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Thomas Oppermann [SPD]: Sie sind der Oberideologe, Herr Kauder!)


    Natürlich wissen wir, dass es trotz aller Sicherheitsan-
    forderungen – und ich bin der Überzeugung, dass wir
    jetzt schon die sichersten Kernkraftwerke haben – in die-
    ser Technologie ein Restrisiko geben kann und gibt.


    (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was denn jetzt?)


    Es wird die Frage zu klären sein: Welches Restrisiko tra-
    gen wir?

    Ich will Ihnen von Rot-Grün einmal etwas sagen:


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sagen Sie uns was! Her damit!)


    Es ist unglaublich, wie Sie sich aufführen. Sie sagen,
    Kernenergie sei nicht verantwortbar, haben aber in Ih-
    rem rot-grünen Kompromiss zur Kernenergiepolitik die
    Kernkraftwerke 20 Jahre lang weiter am Netz gehalten.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Was gilt nun eigentlich? Sie haben sich damals – Herr
    Trittin spricht ja gleich –, als Sie ausgestiegen sind, die-
    sen Ausstieg mit Verzicht auf Sicherheit erkauft, meine
    Damen und Herren von Rot-Grün.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)


    Wir haben immer formuliert: Wir wollen, dass an der
    Sicherheit keinerlei Abstriche gemacht werden. Deswe-
    gen habe ich die Differenzierung zwischen alten und
    neuen Kernkraftwerken nie akzeptiert.


    (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt schon!)






    Volker Kauder


    (A) (C)



    (D)(B)

    Ein Kernkraftwerk muss die bestmögliche Sicherheit ha-
    ben, ganz egal, wie jung oder wie alt es ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Es überzeugt nicht, wenn Sie sagen: Die alten nehmen
    wir vom Netz, ohne zu prüfen, ob sie sicher sind, und die
    neuen lassen wir einfach weiterlaufen.


    (Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Unsere Politik heißt: Sicherheit zuerst! Das ist unser
    Motto.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Danach verfahren wir jetzt auch in dem Moratorium.
    Dieses Moratorium ist nichts anderes als die Konkreti-
    sierung unserer Aussage „Sicherheit zuerst“.

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist rich-
    tig, was die Bundeskanzlerin gesagt hat: Wir können
    nicht blauäugig nach dem Motto „Sicherheit zuerst“ nur
    in Deutschland verfahren. Wir sind umgeben von Kern-
    kraftwerken, zum Beispiel von Kernkraftwerken im
    Oberrheingraben, auf der anderen Seite des Rheins. Dort
    müssen die Fragen nach der Sicherheit genauso gestellt
    werden. Die Frage der Sicherheit der Kernenergie ist
    keine nationale, sondern inzwischen eine weltweite He-
    rausforderung.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Sämtliche kleinkarierte Diskussionen nützen da über-
    haupt nichts.