Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Frau Mast, die inhaltliche Debatte über die Zeitar-
beit hatten wir vorhin geführt. Ich verstehe den Versuch,
noch einmal zu sagen: Wir brauchen den Mindestlohn in
der Zeitarbeit. – Ich finde, darüber können wir trefflich
streiten. Aber das können Sie aus dem Urteil nun wirk-
lich nicht ableiten. Es hat nämlich nicht über die Inhalte
der Tarifverträge geurteilt, sondern über die Organisa-
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Worum geht es hier?
ie sagen, Sie haben ein Interesse daran, die Sozialkas-
en vor Beitragsverlusten zu bewahren.
h sage Ihnen ganz offen: Auch ich habe dieses Inte-
sse. Auch mir, der ich freiwillig in die gesetzliche Ren-
nversicherung einzahle, ist es wichtig, dass die gesetz-
che Rentenversicherung vor Beitragsverlusten bewahrt
ird. Ich habe nur im Gegensatz zu Ihnen großes Ver-
auen in die Bundesregierung und in die gesetzliche
entenversicherung, dass sie die Beitragsverluste ver-
indern. Es gibt auch keinen Grund, daran zu zweifeln,
ebe Kolleginnen und Kollegen.
Frau Mast, was hat die Bundesregierung – Stichwort:
ewaltenteilung in unserem Rechtsstaat – gemacht? Sie
at sich dafür entschieden, das letztinstanzliche Urteil
es Gerichts abzuwarten. Das klingt für mich doch ver-
ünftig, liebe Kolleginnen und Kollegen.
ie Frage ist doch: Hätte die Rentenversicherung anders
andeln können oder anders handeln sollen? Wenn wir
hrlich sind – das wissen Sie so gut wie ich; zumindest
ehe ich davon aus, wenn ich mir Ihre Gesichter an-
chaue –, ist uns doch allen klar: Das hätte sie nicht.
Lieber Herr Birkwald, selbst Ihr Kollege Klaus Ernst
at hier im Plenum gesagt, er sei sehr gespannt, was das
ericht über die Tariffähigkeit der christlichen Gewerk-
chaften sagt. Ja, es war richtig, abzuwarten, wie die Ju-
ikative urteilt. Obwohl das bis zur Urteilsverkündung
öllig unklar war, meinen Sie, dass hätte gehandelt wer-
en sollen. Das ist in einem Rechtsstaat kein vernünfti-
es Verfahren. Es wäre rechtswidrig gewesen, entspre-
hende Bescheide zu erlassen, Herr Birkwald. Ich weiß,
ie wollten vorsorglich – so steht es in Ihren Antrag –
ie Höhe möglicher Beitragsforderungen mit Blick auf
en möglichen Prozessausgang festgestellt wissen.
9226 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2010
Johannes Vogel
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Darin wurden Sie auch von den Grünen und der SPD un-
terstützt. Ich frage mich aber – darüber haben Sie sich
ausgeschwiegen –, auf welcher soliden Rechtsgrundlage
diese Feststellung hätte getroffen werden sollen. Diese
gab es nicht, und deshalb war es richtig, das nicht zu tun,
sondern erst einmal auf das Urteil zu warten.
– „Erwartbar“ ist ein interessantes Stichwort. Das führt
mich zu dem nächsten Punkt. Dazu wollte ich ohnehin
kommen.
Ich glaube, wir müssen uns darüber klar sein, wie die
Gewaltenteilung in unserem Staat organisiert ist. Es gibt
eben Exekutive, Legislative und Judikative. Das wissen
Sie.
Aber manchmal bin ich mir nicht sicher, wie groß Ihr
Vertrauen in die Gerichte ist. Das zeigt sich nicht nur an
dieser Stelle, sondern zum Beispiel auch bei der Frage
der Bagatellkündigungen. Da diskutieren wir das auch.
Sie fordern regelmäßig gesetzgeberisches Handeln. Ar-
beitnehmern soll wegen möglicher Bagatellen nicht ge-
kündigt werden, wenn es keinen Vertrauensverlust, keine
wirkliche Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwi-
schen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gab.
Dieses Ziel teilen wir sogar, und wir haben auch
schon verschiedentlich hier im Plenum darüber disku-
tiert, dass das durch die Rechtsprechung in Deutschland
relativ gut gewährleistet ist. Dem haben Sie nun wieder
nichts entgegenzusetzen. Hier drängt sich mir als ein
Muster das Bild eines gewissen Misstrauens in unsere
Rechtsprechung auf. Ich habe das nicht, und es gibt auch
keinen Grund, ein solches Misstrauen zu haben.
Es gab die Pflicht der Bundesregierung und der Ren-
tenversicherung zur Neutralität. Das Urteil war abzuwar-
ten, und genau das ist erfolgt. Kollege Straubinger hat
gerade schon gesagt, wie es jetzt weitergeht.
Die Bundesregierung wird zusammen mit der Renten-
versicherung das weitere Vorgehen beraten. Sie wird erst
die Urteilsbegründung abwarten. Dann werden nicht nur
die Arbeitnehmer in rechtmäßiger Weise Gehaltsansprü-
che durchsetzen, weil dann das Prinzip des Equal Pay
möglicherweise mittelbar rückwirkend greift – wir alle
wissen, dass es so sein wird, wenn dies aus der Begrün-
dung hervorgeht –, sondern dann wird auch die Renten-
versicherung entsprechend handeln. Ich sehe dies wie
der Kollege Straubinger: Sie sollte dann auch entspre-
chend handeln. Wir sollten uns Beitragszahlungen nicht
entgehen lassen.
Sie reden ja von Verjährung und von Dringlichkeit.
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ben habe ich ausgeführt, dass ich das Gefühl habe, Sie
isstrauen manchmal der Judikative. Jetzt habe ich hier
as Gefühl, dass Sie der Regierung misstrauen.
Ich meine das nicht politisch; aber, Herr Birkwald, wir
önnen uns schon darin einig sein, dass die Regierung in
er Lage sein wird, in den Tagen, die bis zum Ende des
ahres 2010 noch vergehen – das sind ja noch einige,
uch wenn wir dann im Weihnachtsurlaub sein mögen –,
ntsprechend zu handeln. Die Angst vor der Verjährung
t einfach unbegründet. Es gibt keinen Grund, hier der
egierung irgendetwas legislativ vorzuschreiben. Sie
ird es gut machen. Es war richtig, abzuwarten, weil
ies einfach Ausdruck des Respektes gegenüber den Ge-
chten in Deutschland ist.
Liebe Frau Kollegin Mast, Sie sind mit gutem Bei-
piel vorangegangen. Ich will Ihnen nun zumindest eine
albe Minute Redezeit schenken.
Ich weiß, aber ich kann leider nicht ganz gleichziehen.
Ich möchte noch die Gelegenheit nutzen, liebe Kolle-
innen und Kollegen, mich für die, wie ich fand, immer
ehr spannenden und angenehmen Beratungen im Aus-
chuss im vergangenen Jahr bedanken. Mir hat der poli-
sche Streit mit Ihnen immer sehr viel Spaß gemacht.
etzt freue ich mich auf schöne Weihnachten, weil es im
eben nicht nur um Streit geht. Ihnen allen wünsche ich
ohe Weihnachten und ein paar schöne, ruhige und be-
innliche Tage im Kreis der Familie.
Vielen Dank.