Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es
ist Vorweihnachtszeit, und ich will mit dem Verbinden-
den beginnen: Ich glaube, uns eint der Wunsch, Miss-
brauch bei der Zeitarbeit zu verhindern. Das will ich
auch für meine Fraktion feststellen. Das ist auch der
Grund, warum mit Unterstützung der Koalitionsfraktio-
nen gestern im Kabinett ein Entwurf zur Novellierung
der Arbeitnehmerüberlassung vorgelegt wurde, in dem
zum Beispiel die schon erwähnte Drehtürklausel veran-
kert ist. Das ist die Reaktion auf Vorkommnisse bei einer
großen Handelskette, die wir erleben mussten. Ich will
den Namen nicht nennen.
Wir alle haben sehr entschieden gesagt: So geht es
nicht. Das wird jetzt umgesetzt. Man konnte das deshalb
zeitlich etwas länger laufen lassen, weil die Tarifpartner
in der Branche zwischenzeitlich entschieden gehandelt
haben und der Problemdruck von dieser Seite gelöst
wurde.
Wenn ich sage, wir wollen Missbrauch bekämpfen,
dann schließe ich mich denen an, die heute Morgen
schon gesagt haben: Der Missbrauch ist erst dadurch
möglich geworden, dass die SPD und die SPD-Arbeits-
minister zu Regierungszeiten glaubten, mit einer Öff-
nung der Leiharbeit einen wichtigen Beitrag leisten zu
können. Das unterscheidet uns auch aktuell von Ihnen:
Wir sind auch weiterhin der Meinung, dass die Zeitarbeit
ein wichtiges Flexibilitätsinstrument für unsere Wirt-
schaft ist. Sie muss aber auf den Kern zurückgeführt
werden, nämlich dass mit diesem Instrument befristete
Auftragslagen beantwortet werden sollen. Es kann nicht
darum gehen, Stammbelegschaften auf Dauer durch
Zeitarbeitnehmer zu ersetzen. Es kann genauso wenig
darum gehen, durch Zeitarbeit eine Lohndifferenzierung
nach unten vorzunehmen. Beides haben wir schon vor
Monaten sehr deutlich gesagt.
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Frau Nahles, Sie wundern sich, dass die FDP das
hema Equal Pay ins Gespräch gebracht hat. Das sollte
ie aber nicht wundern; denn bei einem Blick ins Arbeit-
ehmerüberlassungsgesetz werden Sie feststellen, dass
qual Pay dort schon heute der Regelfall ist. Die Abwei-
hung hiervon durch Tarifvertrag, auch von SPD-Stim-
en ins Bundesgesetzblatt hineingebracht, stellt die
usnahme dar. Die Frage lautet, inwieweit diese Aus-
ahme nachjustiert werden muss, um zu angemessenen
rgebnissen zu kommen.
Ich bin anders als Sie, Herr Kollege Gysi, nicht der
einung, dass Equal Pay mit einer sehr kurzen Frist
ich habe mich persönlich bislang noch nie zu einer
rist geäußert – kommen müsste, und zwar aus folgen-
en Gründen: Zum einen entspricht es dem Charakter
er Zeitarbeit, dass man sie mit einer bestimmten zeitli-
hen Toleranz akzeptieren kann und akzeptieren muss.
um anderen muss auch die umfangreiche Ausbildungs-
istung honoriert werden, die von Zeitarbeitsunterneh-
en in Deutschland geleistet wird. Das ist eine Ausbil-
ungsleistung mit dem Ziel, zuvor arbeitslose Menschen
n den Arbeitsmarkt heranzuführen.
enn Sie in die Statistik schauen, stellen Sie fest, dass
s in sehr vielen Fällen auch gelingt, die Menschen aus
er Arbeitslosigkeit abzuholen und über die Zeitarbeit in
in Arbeitsverhältnis im ersten Arbeitsmarkt zu bringen.
Ich bin der Meinung, dass man beim Thema Equal
ay eine Aussage treffen muss. Auf eines will ich beson-
ers hinweisen, weil das Thema Mindestlohn immer so
chnell genannt wird: Der Mindestlohn, Frau Kollegin
ahles, ist im Kern eine Unternehmer-, eine Arbeitge-
ersicht. Die Arbeitnehmersicht hingegen ist die des
qual Pay. Beim Mindestlohn geht es, auch wenn es ar-
eitnehmerfreundlich verbrämt wird, quasi darum, pro-
ktionistisch Märkte abzuschotten. Ich wundere mich
ilweise, wenn Verbandsvertreter sagen: Auch wenn nur
00 Leute über Zeitarbeitsverträge von Polen nach
eutschland kämen, sei das bereits ein Riesenproblem.
ie gleichen Verbandsvertreter gehen aber ganz selbst-
erständlich davon aus, dass ihre Unternehmen grenz-
berschreitend tätig sein dürfen, mit offenen Grenzen
nd ohne Widerstände in den jeweiligen Empfängerlän-
ern.
Wenn wir über die Einordnung der Zeitarbeit im Kon-
xt der arbeitsmarktpolitischen Instrumente reden
also neben Vollzeitarbeit, neben Teilzeitarbeit, neben
efristeter Beschäftigung –, ist natürlich auch in den
lick zu nehmen, dass dies die Kehrseite eines relativ
tarken Kündigungsschutzes ist, den wir in Deutschland
aben, dass also Unternehmen mit Zeitarbeit reagieren
nd sich sozusagen Flexibilität auf diesem Wege erkau-
n.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2010 9201
Dr. Heinrich L. Kolb
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Deswegen, Herr Kollege Gysi, kann es mich auch
nicht verwundern, wenn am Ende der Krise – Sie haben
ja Zahlen genannt – Unternehmen angesichts noch nicht
sicherer Auftragsreichweiten zunächst verstärkt auf die-
ses Instrument der Zeitarbeit einschwenken. Unser Ziel
muss sein, das will ich für die FDP-Fraktion – –