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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/81 Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . 8936 D Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Pflug (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sebastian Blumenthal (FDP) . . . . . . . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 8913 C 8915 A 8917 C 8919 A 8920 C 8921 A 8921 C 8922 D 8924 A 8925 A 8937 B 8938 C 8939 C 8939 D 8940 B 8940 D 8941 D 8943 B 8943 D Deutscher B Stenografisc 81. Sit Berlin, Donnerstag, de I n h a Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 24, 5 b und 27 b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundesminister des Auswärtigen: Fort- schritte und Herausforderungen in Afgha- nistan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Gernot Erler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 8907 A 8908 B 8908 B 8908 C 8908 C 8911 D Burkhard Lischka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . 8926 B 8927 B 8928 B undestag her Bericht zung n 16. Dezember 2010 l t : Tagesordnungspunkt 5: a) Antrag der Abgeordneten Jutta Krellmann, Sabine Zimmermann, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gute Arbeit in Europa stärken – Den gesetzlichen Min- destlohn in Deutschland am 1. Mai 2011 einführen (Drucksache 17/4038) . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . 8929 C 8929 D 8931 D 8932 D 8933 D 8934 D Angelika Krüger-Leißner (SPD) . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 8947 A 8948 D 8949 C II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 Josip Juratovic (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Molitor (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: Wahl von Mitgliedern des Verwaltungsra- tes der Kreditanstalt für Wiederaufbau ge- mäß § 7 Absatz 1 Nummer 4 des Gesetzes über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (Drucksachen 17/4176, 17/4177) . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Grund (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 2: a) Antrag der Abgeordneten Josip Juratovic, Anton Schaaf, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Richtlinien zur konzerninternen Ent- sendung und zur Saisonarbeit sozial ge- recht gestalten (Drucksache 17/4190) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Viola von Cramon-Taubadel, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Menschenrechtsschutz bei den OECD-Leitsätzen für multinatio- nale Unternehmen stärken (Drucksache 17/4196) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Fritz Kuhn, Stephan Kühn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Verbesserung der Versorgung der im Beitrittsgebiet vor dem 1.1.1992 Ge- schiedenen (Drucksache 17/4195) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 42: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Umsetzung der Dienstleistungs- richtlinie im Eichgesetz sowie im Geräte- und Produktsicherheitsgesetz und zur Änderung des Verwaltungskos- tengesetzes (Drucksache 17/3983) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Ute Koczy, Dr. Frithjof Schmidt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Für einen nach- haltigen Ausbau des Bildungs- und Hochschulsystems in Afghanistan (Drucksache 17/3866) . . . . . . . . . . . . . . . . 8951 C 8953 A 8954 A 8954 A 8955 A 8956 A 8957 A 8957 B 8956 C 8956 D c) Antrag der Abgeordneten Katja Keul, Kerstin Müller (Köln), Manuel Sarrazin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Den frie- denspolitischen und krisenpräventiven Auftrag des Europäischen Auswärtigen Dienstes jetzt umsetzen (Drucksache 17/4043) . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Fritz Kuhn, Dr. Harald Terpe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Versorgungslücke nach Krankenhaus- aufenthalt und ambulanter medizini- scher Behandlung schließen (Drucksache 17/2924) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 43: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Post- und Telekommunikationssicher- stellungsrechts und zur Änderung tele- kommunikationsrechtlicher Vorschrif- ten (Drucksachen 17/3306, 17/4054) . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Heinz Riesenhuber, Dr. Philipp Murmann, Dr. Joachim Pfeiffer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Paul K. Friedhoff, Patrick Meinhardt, Dr. Martin Neumann (Lausitz), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der FDP: Existenz- gründungen aus Forschung und Wis- senschaft fördern – Für einen starken deutschen Innovationsstandort (Drucksachen 17/3480, 17/4115) . . . . . . . c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europa-Mit- telmeer-Luftverkehrsabkommen vom 12. Dezember 2006 zwischen der Euro- päischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Kö- nigreich Marokko andererseits (Ver- tragsgesetz Europa-Mittelmeer-Luft- verkehrsabkommen – Euromed- LuftvAbkG-Marok) (Drucksachen 17/3121, 17/4181) . . . . . . . d) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Dr. Eva Högl, Dr. Peter Danckert, Sebastian Edathy, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der SPD: zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Ra- 8956 D 8957 A 8957 B 8957 C 8957 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 III tes zur Verhütung und Bekämpfung von Menschenhandel und zum Opfer- schutz sowie zur Aufhebung des Rah- menbeschlusses 2002/629/JI des Rates (Ratsdok. 8157/10) hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Arti- kel 23 Absatz 3 des Grundgeset- zes Menschenhandel bekämpfen – Opferschutz stärken (Drucksachen 17/2344, 17/4247) . . . . . . . e) Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäfts- ordnung: Änderung der Geschäftsord- nung des Deutschen Bundestages hier: Beratungsfrist bei Beschlussemp- fehlungen des Vermittlungsaus- schusses (§ 90 GO-BT) (Drucksache 17/4166) . . . . . . . . . . . . . . . . f) Beschlussempfehlung des Rechtsaus- schusses: Übersicht 4 über die dem Deutschen Bundestag zu- geleiteten Streitsachen vor dem Bundes- verfassungsgericht (Drucksache 17/ 4240) . . . . . . . . . . . . . . . g)–o) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 181, 182, 183, 184, 185, 186, 187, 188 und 189 zu Petitionen (Drucksachen 17/4020, 17/4021, 17/4022, 17/4023, 17/4024, 17/4025, 17/4026, 17/4027, 17/4028) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 3: a)–j) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersicht 190, 191, 192, 193, 194, 195, 196, 197, 198 und 199 zu Petitionen (Drucksachen 17/4215, 17/4216, 17/4217, 17/4218, 17/4219, 17/4220, 17/4221, 17/4222, 17/4223, 17/4224) . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktio- nen der CDU/CSU und der FDP: Ergebnisse des Weltklimagipfels in Cancún . . . . . . . . . Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU) . . . . . . . . . Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8958 B 8958 C 8958 C 8958 D 8959 C 8960 C 8960 C 8961 C Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Jung (Konstanz) (CDU/CSU) . . . . . Marina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Josef Göppel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Christian Hirte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: Beschlussempfehlung und Bericht des Vertei- digungsausschusses zu der Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten: Jahresbericht 2009 (51. Bericht) (Drucksachen 17/900, 17/3738) . . . . . . . . . . . Hellmut Königshaus, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages . . . . . . . . . . . . Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . . Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Schnurr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Robert Hochbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: Große Anfrage der Abgeordneten Ute Kumpf, Sönke Rix, Petra Crone, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD: Engagement- politik im Dialog mit der Bürgergesell- schaft (Drucksache 17/3712) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ute Kumpf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Heidrun Dittrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Florian Bernschneider (FDP) . . . . . . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Grübel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8962 D 8964 B 8965 A 8966 A 8968 C 8969 D 8970 D 8972 A 8973 A 8974 A 8974 D 8976 A 8976 B 8978 B 8980 A 8981 D 8983 B 8984 B 8985 C 8986 C 8986 D 8988 B 8989 C 8990 C 8991 D 8993 A 8993 D IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 Gerold Reichenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Heinz Golombeck (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Tauber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 9: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der FDP eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung von Geldwäsche und Steuer- hinterziehung (Schwarzgeldbekämpfungs- gesetz) (Drucksache 17/4182) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Daniel Volk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Dr. Konstantin von Notz, Wolfgang Wieland, Jerzy Montag, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Keine Vorratsdatenspeicherungen über den Umweg Europa (Drucksachen 17/1168, 17/3589) . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manuel Höferlin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . Siegfried Kauder (Villingen-Schwen- ningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Tagesordnungspunkt 11: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines ... Ge- setzes zur Änderung des Strafgesetz- 8994 D 8996 A 8996 C 8997 D 8998 A 8999 B 9001 C 9002 D 9003 D 9005 A 9006 A 9007 D 9008 A 9008 D 9009 C 9011 B 9012 D 9013 C 9013 D 9014 C 9015 C 9016 B buchs – Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (Drucksache 17/4143) . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches (… Strafrechtsänderungsgesetz – … StRÄndG) (Drucksache 17/2165) . . . . . . . . . . . . . . . Christian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Ansgar Heveling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Frank Tempel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: a) Antrag der Abgeordneten Anette Kramme, Gabriele Lösekrug-Möller, Josip Juratovic, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Für Fairness beim Be- rufseinstieg – Rechte der Praktikanten und Praktikantinnen stärken (Drucksache 17/3482) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Beate Müller-Gemmeke, Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Faire Be- dingungen in allen Praktika garantie- ren (Drucksache 17/4044) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Agnes Alpers, Dr. Petra Sitte, Diana Golze, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Missbrauch von Praktika gesetzlich stoppen (Drucksache 17/4186) . . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . . . Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . Uwe Schummer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . Agnes Alpers (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . . Katja Mast (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Agnes Alpers (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Philipp Murmann (CDU/CSU) . . . . . . . . Agnes Alpers (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9017 D 9018 A 9018 A 9019 A 9020 B 9022 B 9023 A 9024 B 9024 C 9024 C 9024 D 9026 A 9026 D 9027 C 9028 C 9029 B 9029 C 9030 D 9031 B 9032 D 9034 B 9034 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 V Tagesordnungspunkt 13: Beschlussempfehlung und Bericht des Innen- ausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit: Tätigkeitsbericht 2007 und 2008 des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfrei- heit – 22. Tätigkeitsbericht – (Drucksachen 16/12600, 17/790 Nr. 5, 17/4179) Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Gerold Reichenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Uwe Beckmeyer, Heinz-Joachim Barchmann, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der SPD: Zukunftsfähigkeit der Was- ser- und Schifffahrtsverwaltung sichern (Drucksache 17/4030) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gustav Herzog (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Matthias Lietz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Torsten Staffeldt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Werner Kammer (CDU/CSU) . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Antrag der Abgeordneten Klaus Brähmig, Stephan Mayer (Altötting), Wolfgang Börnsen (Bönstrup), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Patrick Kurth (Kyffhäuser), Lars Lindemann, Reiner Deutschmann, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: 60 Jahre Charta der deutschen Heimatver- triebenen – Aussöhnung vollenden (Drucksache 17/4193) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU) . . . . Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . 9036 B 9036 B 9038 B 9039 D 9041 B 9042 B 9043 B 9043 C 9045 A 9046 A 9046 D 9048 C 9049 D 9051 C 9051 D 9052 D 9053 D 9055 B 9057 A 9057 D Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Dr. Martina Bunge, Matthias W. Birkwald, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Ausweitung der Assistenzpflege auf Einrichtungen der sta- tionären Vorsorge und Rehabilitation (Drucksache 17/3746) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Hilde Mattheis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Erwin Lotter (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rudolf Henke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: Antrag der Abgeordneten Erika Steinbach, Arnold Vaatz, Ute Granold, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/CSU so- wie der Abgeordneten Marina Schuster, Pascal Kober, Serkan Tören, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Freie und gleiche Wahlen in Belarus einfordern – Menschenrechtslage verbessern (Drucksache 17/4194) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 18: a) Antrag der Abgeordneten Markus Tressel, Nicole Maisch, Winfried Hermann, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Durchset- zung und Evaluation des Reiserechts verbessern (Drucksache 17/4041) . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Tourismus zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Tressel, Nicole Maisch, Ingrid Hönlinger, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Reisende besser schüt- zen (Drucksachen 17/2428, 17/4019) . . . . . . . Tagesordnungspunkt 19: Zweite und dritte Beratung des von den Frak- tionen der CDU/CSU und der FDP einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Einset- zung eines Nationalen Normenkontrollra- tes (Drucksachen 17/1954, 17/4241) . . . . . . . . . . 9059 C 9059 C 9060 B 9061 B 9062 B 9063 C 9064 C 9066 A 9066 B 9066 B 9066 D VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 Tagesordnungspunkt 20: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Ener- giesteuer- und des Stromsteuergesetzes (Drucksachen 17/3055, 17/3307, 17/4234) – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/4235) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Abgeordneten Dr. Ernst Dieter Rossmann, Ulla Burchardt, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der SPD: Bildungszusammenarbeit von Bund und Ländern verlässlich weiterent- wickeln (Drucksache 17/4187) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Monika Grütters (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tankred Schipanski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . . Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Stabilisierungs- und Assoziierungsab- kommen vom 29. April 2008 zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Repu- blik Serbien andererseits (Drucksache 17/3963) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Beyer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Günter Gloser (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: Antrag der Abgeordneten René Röspel, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der SPD: Für eine Stärkung der breit aufgestellten europäischen Grundlagenfor- 9067 A 9067 B 9067 D 9068 A 9069 B 9070 B 9071 D 9072 C 9073 C 9074 C 9075 C 9075 C 9076 B 9077 B 9078 B 9079 A 9080 A schung – Keine finanziellen Einschnitte beim Europäischen Forschungsrat zu Gunsten des Einzelprojekts ITER (Drucksache 17/3483) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: – Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Zu- satzprotokoll vom 28. Januar 2003 zum Übereinkommen des Europarats vom 23. November 2001 über Computerkri- minalität betreffend die Kriminalisie- rung mittels Computersystemen began- gener Handlungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art (Drucksachen 17/3123, 17/4123) . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung des Rah- menbeschlusses 2008/913/JI des Rates vom 28. November 2008 zur strafrecht- lichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und zur Um- setzung des Zusatzprotokolls vom 28. Januar 2003 zum Übereinkommen des Europarats vom 23. November 2001 über Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels Computer- systemen begangener Handlungen ras- sistischer und fremdenfeindlicher Art (Drucksachen 17/3124, 17/4123) . . . . . . . Ansgar Heveling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Umwelt, Naturschutz und Reak- torsicherheit zu dem Antrag der Abgeordne- ten Karin Binder, Ralph Lenkert, Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Ungefährliche und klimascho- 9081 A 9081 A 9082 C 9083 C 9084 C 9085 B 9086 A 9086 B 9086 C 9087 D 9089 B 9090 A 9091 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 VII nende Kältemittel in Kfz-Klimaanlagen verwenden (Drucksachen 17/3432, 17/4070) . . . . . . . . . . Christian Hirte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lutz Knopek (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 28: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 23. Juni 2010 zur Änderung des Protokolls über die Übergangsbestimmungen, das dem Vertrag über die Europäische Union, dem Vertrag über die Arbeitsweise der Eu- ropäischen Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemein- schaft beigefügt ist (Drucksachen 17/3357, 17/4244) . . . . . . . . . . Thomas Dörflinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Karl Holmeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . . Michael Link (Heilbronn) (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 27: a) Antrag der Abgeordneten Katja Dörner, Maria Klein-Schmeink, Kai Gehring, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gesundes Aufwachsen für alle Kinder möglich machen (Drucksache 17/3863) . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Tauber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Bernschneider (FDP) . . . . . . . . . . . . Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9092 A 9092 B 9093 D 9094 D 9095 C 9096 A 9096 D 9097 A 9098 A 9098 D 9099 B 9099 D 9100 C 9101 C 9101 C 9102 A 9103 C 9104 C 9105 C 9106 B Tagesordnungspunkt 30: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen des Eu- roparats vom 16. Mai 2005 zur Verhütung des Terrorismus (Drucksachen 17/3801, 17/4124) . . . . . . . . . . Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . Sebastian Edathy (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 29: Antrag der Abgeordneten Katja Mast, Anette Kramme, Angelika Krüger-Leißner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Echte Perspektiven für Altbewerberinnen und Altbewerber schaffen – Ausbildungs- bonus bis 2013 verlängern (Drucksache 17/4191) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Katja Mast (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Willi Brase (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP) . . . . . . Agnes Alpers (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 31: Antrag der Abgeordneten Anette Kramme, Gabriele Lösekrug-Möller, Hubertus Heil (Peine), weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der SPD: Insolvenzgeld – Umlagekasse nicht im Bundeshaushalt vereinnahmen (Drucksache 17/4188) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . . . Dr. Claudia Winterstein (FDP) . . . . . . . . . . . Sabine Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9107 B 9107 C 9108 C 9109 B 9109 C 9110 C 9111 C 9111 C 9112 B 9113 B 9114 B 9115 B 9116 A 9116 C 9117 B 9117 B 9118 C 9119 A 9119 D 9120 B 9121 A VIII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 Tagesordnungspunkt 32: Antrag der Abgeordneten Alexander Ulrich, Sevim Dağdelen, Jan van Aken, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: zu dem Vorschlag der Europäischen Kommis- sion für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bedin- gungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen einer konzerninternen Entsendung (KOM (2010) 378 endg.; Ratsdok. 12211/10) hier: Stellungnahme des Deutschen Bun- destages gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 9 Ab- satz 4 des Gesetzes über die Zusam- menarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Ange- legenheiten der Europäischen Union Vorschlag der Europäischen Kom- mission zur Konzernentsenderichtli- nie zurückweisen (Drucksache 17/4039) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD) . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 33: Antrag der Abgeordneten Memet Kilic, Josef Philip Winkler, Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Visumfreie Einreise türkischer Staatsangehöriger für Kurzaufenthalte ermöglichen (Drucksache 17/3686) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Serkan Tören (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 34: Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Alexander Ulrich, Jan van Aken, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: zum Vorschlag der Europäischen Kommis- sion für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bedin- gungen für die Einreise und den Aufenthalt 9121 C 9121 A 9123 B 9124 B 9125 A 9126 A 9126 D 9127 A 9128 B 9128 B 9129 A 9130 A von Drittstaatsangehörigen zwecks Aus- übung einer saisonalen Beschäftigung (KOM (2010) 379 endg.; Ratsdok. 12208/10) hier: Stellungnahme des Deutschen Bun- destages gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 9 Ab- satz 4 des Gesetzes über die Zu- sammenarbeit von Bundesregie- rung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union Vorschlag der Europäischen Kom- mission zur Saisonarbeiterrichtlinie zurückweisen (Drucksache 17/4045) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD) . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 35: Antrag der Abgeordneten Krista Sager, Ekin Deligöz, Katja Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Überprüfung und Neuordnung der Forschungsfinanzierung – Transparente und verbindliche Verfahren sicherstellen – Wissenschaftsgerechte Strukturen weiter- entwickeln (Drucksache 17/3864) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tankred Schipanski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Röhlinger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: 60 Jahre Charta der deutschen Hei- matvertriebenen – Aussöhnung vollenden (Tagesordnungspunkt 15) Dr. h. c. Wolfgang Thierse (SPD) . . . . . . . . . . 9131 A 9131 A 9132 D 9133 D 9134 B 9136 A 9137 A 9137 A 9138 C 9139 C 9140 A 9141 C 9142 C 9143 A 9143 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 IX Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Freie und gleiche Wahlen in Belarus einfordern – Menschenrechtslage ver- bessern (Tagesordnungspunkt 17) Erika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Uta Zapf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Antrag: Durchsetzung und Evaluation des Reiserechts verbessern – Beschlussempfehlung und Bericht: Rei- sende besser schützen (Tagesordnungspunkt 18 a und b) Peter Wichtel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Einsetzung eines Natio- nalen Normenkontrollrates (Tagesordnungs- punkt 19) Kai Wegner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Andrea Wicklein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuergeset- zes (Tagesordnungspunkt 20) Norbert Schindler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 9144 D 9145 D 9146 D 9148 A 9148 C 9149 C 9156 D 9158 C 9159 D 9160 B 9161 B 9162 B Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Jens Ackermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Kornelia Möller (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Markus Tressel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9150 B 9151 B 9152 C 9154 B 9155 C Peter Aumer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Ingrid Arndt-Brauer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Birgit Reinemund (FDP) . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9163 B 9164 B 9165 C 9166 C 9167 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 8907 (A) (C) (D)(B) 81. Sit Berlin, Donnerstag, de Beginn: 9
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 9143 (A) (C) (D)(B) sammlung des Europarates ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO schlossen hat, finde ich schon seltsam. Ich gehe auch da- von aus, dass Herr Neumann die Gelder nicht konzep- Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 16.12.2010 Brunkhorst, Angelika FDP 16.12.2010 Bülow, Marco SPD 16.12.2010 Burchardt, Ulla SPD 16.12.2010 Friedhoff, Paul K. FDP 16.12.2010 Haibach, Holger CDU/CSU 16.12.2010* Hempelmann, Rolf SPD 16.12.2010 Hintze, Peter CDU/CSU 16.12.2010 Lötzer, Ulla DIE LINKE 16.12.2010 Müller (Köln), Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16.12.2010 Nord, Thomas DIE LINKE 16.12.2010 Nouripour, Omid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16.12.2010 Özoğuz, Aydan SPD 16.12.2010 Pols, Eckhard CDU/CSU 16.12.2010 Rix, Sönke SPD 16.12.2010 Schlecht, Michael DIE LINKE 16.12.2010 Schmidt (Aachen), Ulla SPD 16.12.2010** Scholz, Olaf SPD 16.12.2010 Schreiner, Ottmar SPD 16.12.2010 Dr. Schwanholz, Martin SPD 16.12.2010 Süßmair, Alexander DIE LINKE 16.12.2010 Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 16.12.2010 Ziegler, Dagmar SPD 16.12.2010 Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: 60 Jahre Charta der deutschen Heimatvertriebenen – Aussöhnung vollenden (Tagesordnungspunkt 15) Dr. h. c. Wolfgang Thierse (SPD): Ich verstehe nicht, warum Sie diesen Antrag jetzt vorlegen. Der 60. Jahrestag der „Charta der Heimatvertriebenen“ war im August. Mittlerweile ist Dezember. Sie hatten vier Monate Zeit, einen ordentlichen Antrag zu verfassen. Das hier ist ein unbedachter Schnellschuss – als hätte je- mand festgestellt: Das Jahr geht plötzlich zu Ende. Sie hätten den Antrag erst einmal in Ruhe in Ihren Fraktio- nen beraten sollen, bevor Sie ihn auf die Tagesordnung im Plenum setzen, wie es den normalen parlamentari- schen Gepflogenheiten entspricht. Ich verstehe auch nicht, warum Herr Neumann und Herr Westerwelle in ihren Fraktionen nicht eingeschrit- ten sind. Der Antrag wirkt, als hätten wir die letzten Jahre nicht über das Thema debattiert, als hätte es keinen Parlamentsbeschluss zur Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ gegeben, als wäre die Regierung untätig geblieben. Es ist eine bizarre Situation: Ich als Oppositionspoli- tiker muss Ihnen erklären, was Ihre Regierung bisher un- ternommen hat und welche Position Ihre Minister vertre- ten. Aber da es in Ihren Fraktionen bisher niemand ge- macht hat, übernehme ich das jetzt: Erstens: Die Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöh- nung“ muss nicht „vorangebracht“ werden, wie es in Ih- rem Antrag heißt. Sie besteht bereits und hat in diesem Jahr – endlich – konzeptionelle Eckpunkte für die Dau- erausstellung vorgelegt. Die Stiftung erhält jährlich 2,5 Millionen Euro. Im nächsten Jahr wird es einen Ar- chitektenwettbewerb zur baulichen Gestaltung des Deutschlandhauses geben. Das hat der BKM im Septem- ber dieses Jahres mitgeteilt. – Was die Stiftung wirklich „voranbringen“ würde, wäre der Rückzug von Arnold Tölg und Hartmut Saenger, also der beiden kritisierten stellvertretenden Stiftungsratsmitglieder des BdV. So ließe sich der Zentralrat der Juden vielleicht wieder für eine Mitarbeit gewinnen. Zweitens: Die Bundesregierung hat ein akademisches Förderprogramm zur „Erhaltung und Auswertung deut- scher Kultur und Geschichte im östlichen Europa“ auf- gelegt und dafür im nächsten Jahr 800 000 Euro zur Ver- fugung gestellt. Bis 2014 sollen es 3,2 Millionen Euro sein. – Ich halte das für übertrieben, weil ich den postu- lierten Nachholbedarf in der Forschung nicht erkennen kann. – Aber dass die Koalition die eigene Regierung auffordert, mehr für die Forschung in diesem Bereich zu tun, nachdem sie gerade erst ein Förderprogramm be- 9144 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 (A) (C) (D)(B) tionslos vergeben wird, wie es ihm die eigene Fraktion irgendwie unterstellt. Drittens: Sowohl Bundestagspräsident Norbert Lammert als auch Minister Thomas de Maizière haben sich gegen den Vorschlag gewandt, den 5. August zum bundesweiten Gedenktag für die Opfer von Vertreibung zu erheben. Für den Bundestagspräsidenten gibt es in- zwischen so viele routinemäßige Jahrestage, dass der „eigentliche Zweck“ solcher Gedenktage damit „eher versperrt als wirklich akzentuiert“ werde. Aus Sicht des Innenministers bietet der Volkstrauertag gute Möglich- keiten des Gedenkens. Ich stimme beidem ausdrücklich zu und fordere Sie auf, werte Kollegen der Regierungs- fraktion, es auch zu tun. Ich möchte nun ein paar Anmerkungen zum Antrag und zur Charta der Heimatvertriebenen machen. Frau Steinbach hat am 5. August bei der Festveran- staltung zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich um ein Zeitzeugnis handelt, das im historischen Kontext er- läutert werden muss. Die Charta hat zur Integration von Millionen von Vertriebenen beigetragen – auch und ge- rade durch den Verzicht auf Rache und Vergeltung. Mehrfach haben aber Historiker darauf hingewiesen, dass man nur auf etwas verzichten kann, worauf man ei- nen Anspruch hat. Die Deutschen hatten aber nach dem von ihnen begonnenen Krieg keinen Anspruch, kein Recht auf Rache – darin sind wir uns hoffentlich einig. Der von Deutschland begonnene Weltkrieg mit all dem Elend, das er über Europa gebracht hat, ist der Ver- treibung der Deutschen vorausgegangen. – Dazu findet sich in der Charta kein einziges Wort. Kein Wort dazu, dass die Deutschen versucht haben, ein ganzes Volk aus- zurotten. Stattdessen heißt es: Die Völker der Welt sollen ihre Mitverantwortung am Schicksal der Heimatvertriebenen als der vom Leid dieser Zeit am schwersten Betroffenen emp- finden. Als hätte es den Holocaust nicht gegeben! Ralph Giordano, der Überlebende, bezeichnet die Charta als „ein überzeugendes Dokument innerer Bezie- hungslosigkeit zur Welt der Naziopfer, der unaufhebba- ren unkaschierbaren Ferne zu ihrer Gefühls- und Lei- densgeschichte“. Und Micha Brumlik sagt, dass in der Charta „Verleugnung und Verdrängung des Nationalso- zialismus in geradezu idealtypischer Weise zum Aus- druck kommen“. Die Charta ist also gewiss und bestenfalls ein Zeit- zeugnis, das übrigens von vielen ehemaligen Nazis ver- fasst wurde. Deshalb verstehe ich nicht, warum Sie diese Charta jetzt zu einem gewissermaßen kanonischen Text erheben wollen, der als Grundlage der Versöhnung die- nen soll. Von Versöhnung ist in der Charta überhaupt keine Rede. Und – schlimmer noch – ich finde es erschreckend, dass die Koalition auch 60 Jahre nach dem Verfassen der Charta der Heimatvertriebenen noch nicht viel weiter zu sein scheint. Ein einziger Satz findet sich im Antrag zur Verantwortung der Deutschen am Zweiten Weltkrieg und dessen Folgen – ein Alibisatz. Die historische Ein- ordnung der Vertreibung der Deutschen fehlt völlig. Bereits im ersten Absatz des Antrages heißt es: Die Deutschen nehmen Vertreibungen auch deshalb mit besonderer Sensibilität wahr, weil sie selbst in ihrer jüngeren Geschichte massiv davon betroffen waren. Vielmehr müsste der Satz lauten: Die Deutschen neh- men Vertreibungen auch deshalb mit besonderer Sensibi- lität wahr, weil sie selbst in ihrer jüngeren Geschichte massiv andere Völker vertrieben, unendliches Leid über sie gebracht haben, andere Völker vernichteten und in- folgedessen auch selbst von Vertreibungen betroffen wa- ren. Ich kann auch nicht nachvollziehen, warum Sie von der Stigmatisierung der Vertriebenen sprechen. Es hat zu Beginn der Bundesrepublik gewiss Diskriminierung von Vertriebenen gegeben. Sie wurden von der ansässigen Bevölkerung als Eindringlinge behandelt. Es war eben eine „kalte Heimat“, in die sie gekommen sind. In der DDR wurde ihr Schicksal völlig tabuisiert. Aber heute noch davon zu sprechen, es sei längst überfällig, „die Stigmatisierung der Opfer von Flucht und Vertreibung sowie deren Nachkommen zu beenden“, missachtet die große Integrationsleistung der alten Bundesrepublik und die Anstrengungen der Vertriebenen, die nicht genug ge- würdigt werden können. Ja, zur Erfolgsgeschichte der alten Bundesrepublik gehört die Integration von Millionen Flüchtlingen und Vertriebenen. An dieser Leistung haben die Vertriebenen selbst den größten Anteil – dank ihres Fleißes, ihrer Inte- grationsbereitschaft, ihres politischen Engagements. Von Stigmatisierung sollte also vernünftigerweise keine Rede mehr sein. Das Problem heute ist eher die Selbststigmatisierung der Vertriebenenpolitiker. Sie hatten mit ihren radikalen Positionen und der Ablehnung der Ostpolitik selbst zu ihrem schlechten Image beigetragen. Und einige der heutigen Vertriebenenpolitiker pflegen mit ihren Äuße- rungen dieses Image – erinnert sei an die Diskussion im Sommer zum Thema Kriegsschuld. Der vorliegende An- trag leistet wieder einen Anteil dazu. Das schadet dem Anliegen, der Opfer von Flucht und Vertreibungen zu gedenken und die Integrationsleistung der Vertriebenen zu würdigen. Sie sollten den Antrag zurückziehen. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Freie und gleiche Wahlen in Belarus einfordern – Menschen- rechtslage verbessern (Tagesordnungspunkt 17) Erika Steinbach (CDU/CSU): Am Sonntag wählen die Bürger Weißrusslands den Präsidenten ihres Landes. Nach den Berichten der Wahlbeobachter zu den letzten Wahlen in Weißrussland und anlässlich der Notrufe der NROs aus Weißrussland gibt es berechtigten Grund zur Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 9145 (A) (C) (D)(B) Sorge. Es scheint, dass auch diese Wahlen wieder zu ei- ner Farce geraten. Demokratische Wahlen legitimieren Herrschaft auf Zeit. In den Blick genommen werden muss jedoch vor allem die ungeheure Kraft der Legitimation, die freie, geheime und unabhängige Wahlen entfalten. Sie sind es, die den Gewählten des Volkes die Kraft zum Handeln geben. Alexander Lukaschenko hat 1994 in freien Wahlen das Präsidentenamt erreicht. Er hat seinen Bürgern Si- cherheit in den Zeiten des Aufbruchs versprochen und begonnen, dieses Projekt in den notwendigen Reformen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion umzuset- zen. Das ist über 15 Jahre her. Leider blieb die Möglichkeit zu positivem Handeln weitgehend ungenutzt. In diesem Zeitraum veranlasste Lukaschenko zwei Verfassungsreferenden. Mit dem Re- ferendum von 2004 wurde dem amtierenden Präsidenten eine lebenslange Amtszeit ermöglicht. Dazu war eine Verfassungsänderung nötig, denn nach vormaliger Ver- fassung konnte der Präsident wie in den Vereinigten Staaten höchstens für zwei Amtszeiten als Staatsober- haupt tätig sein. 86,2 Prozent der Wähler stimmten dem Referendum der Verlängerung der Amtszeit den Anga- ben belarussischer Behörden zufolge zu. Bei den gleich- zeitig stattfindenden Parlamentswahlen wurde kein Kandidat der Opposition gewählt. Die OSCE-Wahlbe- obachtung sprach von umfangreichen Verletzungen de- mokratischer Standards. Ein starker Präsident, der in seinem Staate so etwas duldet oder sogar zu verantworten hat, entwürdigt sich. Bereits das Verfassungsreferendum von 1996, das dem Präsidenten umfangreiche Rechte zugewiesen hat und das Recht de facto außer Kraft setzte, damit der Prä- sident regieren kann, war ein verkehrter Schritt des Prä- sidenten. Überall, wo wir dies in anderen Staaten be- obachten mussten, hat es den Staatschefs nicht gutgetan, wenn sie zu solchen Mitteln greifen mussten, um sich an der Macht zu halten. Demokratie und Menschenrechte werden damit ausgehebelt. Heute gibt es massive Restriktionen gegen die Presse. Meinungs- und Pressefreiheit werden mit administrati- ven Repressionsmaßnahmen gefügig gehalten. Unab- hängige Medien verlieren schnell ihre Existenzgrund- lage. Ausländischen Journalisten wird immer wieder die Akkreditierung verweigert. Die Einbindung unabhängi- ger Journalisten in einen Koordinationsrat für die Mas- senmedien verbesserte die grundlegende Situation nicht. Auch in anderen Bereichen zeigt sich die weißrussi- sche Regierung hartleibig: Im März dieses Jahres wur- den wieder zwei Hinrichtungen vollstreckt, es kam auch in diesem Jahr wieder zu zwei neuen Verurteilungen. Die auf Druck der Europäischen Union eingerichtete Ar- beitsgruppe des belarussischen Parlaments zur Erarbei- tung eines Moratoriums für die Todesstrafe hat nichts oder nur sehr wenig vorzuweisen. Das ist bei den parla- mentarischen Machtverhältnissen schließlich auch kein Wunder. Die Situation für kritische Onlinejournalisten und In- ternetnutzer hat sich seit dem Sommer weiter ver- schlechtert. Ein Erlass schränkt die Internetfreiheit noch einmal erheblich ein. Der belarussische Staat sichert sich damit den Zugriff und die weitreichende Kontrolle über die ins Internet gestellten Inhalte. Wieder ein sicheres Zeichen für Meinungsbegrenzung. Mit der Unterdrückung unabhängiger Medien und ge- steuerter Propaganda des Regimes wird die öffentliche Meinung so gelenkt, dass die Bürger Weißrusslands vie- les nicht erfahren. Das sind Maßnahmen, die auf den simplen Machterhalt zielen. In diese Reihe passen nun auch die Wahlen: Neun Kandidaten treten gegen den amtierenden Präsidenten an. Die schwache Opposition war aber nicht in der Lage, einen Kandidaten mit wahrnehmbaren Chancen aufzu- stellen. Alles macht den Eindruck einer Inszenierung, bei der der Amtsinhaber sich eine Opposition hält. De- mokratie verkommt so zu einer Inszenierung nach den Spielregeln des Amtsinhabers. Damit diese Präsidentschaftswahlen auch wie am Schnürchen funktionieren, greift die Regierung selbst zu polizeilichen, administrativen Druckmitteln gegen die Opposition, die Zivilgesellschaft und unabhängige Me- dien. Menschenrechtsorganisationen und demokratische Gruppen werden behindert, ihre Arbeit in Teilen sogar verhindert. Art. 193.1 des belarussischen Strafgesetzbu- ches sieht Strafverfahren vor, wenn nichtregistrierte Or- ganisationen aktiv werden. Sogar Haftstrafen drohen: bis zu zwei Jahre Gefängnis. Fast unnötig zu erwähnen, dass genau diese Registrierung den Organisationen seit Be- ginn dieses Jahres zunehmend erschwert wird. Wenn junge Oppositionelle entführt werden, um sie einzu- schüchtern, müssen alle Alarmglocken läuten. All diese Rahmenbedingungen lassen nichts Gutes er- warten. Wir sehen mit großer Sorge den Wahlen in Belarus am Wochenende entgegen. Uta Zapf (SPD): Der Antrag der Regierungskoalition im Vorfeld der Wahlen ist eigentlich überflüssig. Natür- lich ist es wichtig, genau hinzusehen, was bei den Wah- len in Belarus geschieht, und inwieweit sich in den letz- ten Jahren eine Entwicklung in eine positive Richtung feststellen lässt oder nicht. Davon hängt auch die Mög- lichkeit ab, ob wir die Kooperation zwischen der Euro- päischen Union und Belarus zügig ausbauen können. Diese Wahlen sind der Lackmustest, ob es wirkliche Fortschritte in Sachen Menschenrechte und Rechtsstaat- lichkeit in Belarus gibt. Ich hoffe das, bin aber äußerst skeptisch, wenn ich mir die Entwicklung in Belarus in der letzten Zeit ansehe. Wichtig ist daher, nach den Wah- len eine Beurteilung vorzunehmen. Wir werden uns bei der Abstimmung deshalb enthalten. Es gab seit dem Non-Paper der Europäischen Union vom November 2006, in dem Belarus eine Zusammenar- beit unter bestimmten Bedingungen angeboten wurde, sichtbare Ereignisse, die eine gewisse, vorsichtige Hoff- 9146 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 (A) (C) (D)(B) nung aufkommen ließen. Es wurden fast alle politischen Gefangenen freigelassen; die Überarbeitung der Gesetze für Medien und der Wahlgesetze sollte angegangen wer- den. Die Europäische Union hat darauf mit dem Angebot der Östlichen Partnerschaft reagiert, in die auch Belarus eingeschlossen werden sollte. Dieses Tauwetter ermög- lichte auch, dass im Rahmen der Arbeit der Ad-hoc Wor- king Group on Belarus der OSZEH-Parlamentarierver- sammlung Seminare durchgeführt wurden, bei denen ein Dialog zwischen Vertretern der Administration, der Par- lamentarier, der belarussischen Zivilgesellschaft und der Opposition ermöglicht wurde. Man hat gesehen, dass es doch geht. Allerdings stagniert diese Entwicklung inzwischen, um nicht zu sagen, sie ist rückläufig. Die Entwicklung der Zivilgesellschaft und die Möglichkeit zu unabhängi- gem und pluralistischem politischem Engagement wird seitens der Regierung wieder vermehrt verhindert. Ich will nur einige Punkte aufzählen: Die Möglichkeit der Registrierung von Nichtregie- rungsorganisationen wird restriktiv gehandhabt. Politischen Parteien wird zum Teil die Registrierung verweigert. Es finden willkürliche Verhaftungen, Hausdurchsu- chungen, Beschlagnahmungen von Arbeitsmitteln wie Computern statt, und es werden Prozesse mit dubiosen Anklagen initiiert, um Oppositionelle mundtot zu machen. Ein weiterer wichtiger und für uns zentraler Punkt ist die Forderung nach der Abschaffung der Todesstrafe. Der Europarat hat die Gastmitgliedschaft von Belarus deswegen ausgesetzt. Es ist notwendig, dass Belarus, wenn es Mitglied des Europarates werden will, die To- desstrafe abschafft. Ein unverzichtbares Signal wäre die Erklärung eines sofortigen Moratoriums, die Zusage, die Todesstrafe abzuschaffen und die sofortige Einleitung eines entsprechenden Gesetzgebungsverfahrens. Auf die Bedeutung der Wahlen am kommenden Wo- chenende habe ich schon hingewiesen. Auch wenn es im Einzelnen einige Verbesserungen gegeben hat, so muss man nach einer ersten Bewertung der Vorbereitungen und des Wahlkampfes sagen, dass noch einiges im Argen liegt. Es gab bei der Vorbereitung der Wahlen und im Wahl- kampf gegenüber dem letzten Mal Verbesserungen. Al- lerdings kann man noch nicht von einem qualitativen Sprung sprechen. Besorgniserregend ist aus meiner Sicht, dass kaum Vertreter oppositioneller Parteien in den Wahlkommis- sionen vertreten sind. Die Wahlgesetzgebung wurde verbessert, aber das Problem des „early voting“ besteht noch immer. Wir alle wissen, dass in dieser Phase, die zeitgleich zur Endphase des Wahlkampfes läuft, in der Vergangenheit massive Wahlfälschungen stattfanden. Die ungleichen Möglich- keiten, die die Kandidaten bei den Wahlkampfmitteln im Wahlkampf haben, stellen eine Benachteiligung opposi- tioneller Kandidaten dar. Sowohl in der Frage der Finanzierung wie auch in der Präsenz in den Medien sind die Oppositionskandidaten im Nachteil. Zwar hat sich die Situation etwas verbes- sert. Es ist jedoch Fakt, dass der Präsident über ein höhe- res Budget verfügt und mehr und direkten Zugang zu den Medien hat. Das kann durch die jetzt spärlich ge- währten Auftritte für Oppositionskandidaten in Fernse- hen und Radio nicht ausgeglichen werden, zumal die Moderation im Fernsehen nach meinen Informationen nicht neutral sondern pro Lukaschenko ist. Die Wahlbeobachter hatten in der Vergangenheit keine Möglichkeiten, die Wahlergebnisse systematisch zu überprüfen. Ich selbst habe seit 2001 an allen Wahlbe- obachtungen teilgenommen und kann dies bezeugen. Manipulationen, sei es aufgrund der Unkontrollierbar- keit des Wahlvorganges, sei es aufgrund von Druck, der zum Beispiel in Betrieben von der Betriebsleitung auf die Wählerinnen und Wähler ausgeübt wird, sind üblich gewesen. Ich hoffe, dass die Wahlbeobachter alle Phasen des Wahlvorgangs beobachten können, damit die Auswer- tung der Wahlen auf einer realistischen Grundlage statt- finden kann. Das heißt, dass sie vollen Zugang zu den Wahlvorgängen selbst, zu den Auszählungen bekommen und den gesamten Ablauf beobachten können. Ich selbst kann aus meiner Erfahrung berichten, dass dies in der Vergangenheit nicht der Fall war. Es muss gesichert sein, dass die Wahlbeobachter und Vertreter der Presse alle relevanten Dokumente und Auf- zeichnungen erhalten, um auf einer soliden Basis die Wahl beurteilen zu können. Die Ergebnisse der Wahlen sollen auf jeder Ebene, von den Wahllokalen bis zur Gesamtauszählung, nach- vollziehbar und transparent sein und ohne Verzögerung veröffentlicht werden. Nur so ist eine seriöse Beurtei- lung der Wahl, ihres Verlaufs und ihres Ergebnisses möglich. Wir sollten dies anhand der Berichte der Wahl- beobachter und von ODIHR prüfen und dann diskutie- ren. Wir sind uns über die Fraktionsgrenzen hinweg ziem- lich einig über die Frage, wie wir mit Belarus umgehen. Wir haben in der Vergangenheit die Hand zum Dialog ausgestreckt. Dies war und ist richtig. Aber in Belarus muss sich noch einiges grundsätzlich ändern, muss die Missachtung von Menschenrechten aufhören und Rechtsstaatlichkeit hergestellt werden, Medienfreiheit und politische Pluralität möglich sein. Dann können die Angebote der Europäischen Union auch umgesetzt wer- den. Marina Schuster (FDP): Wir sprechen heute über die anstehenden Wahlen und die Menschenrechtslage in Belarus. Es pfeift ein eisiger Wind durch Minsk und ganz Belarus – und das hängt nicht nur mit der winterli- chen Jahreszeit zusammen. Doch bevor ich auf die schwierige Menschenrechtssituation zu sprechen Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 9147 (A) (C) (D)(B) komme, möchte ich eine Nachricht aufgreifen, die wir ausdrücklich begrüßen. Belarus will seine Vorräte an hochangereichertem Uran bis zum Jahr 2012 beseitigen. Eine entsprechende Einigung erreichten der belarussische Außenminister Sergej Martynow und US-Außenministerin Hillary Clinton am 1. Dezember am Rande des OSZE-Gipfels in Kasachstan. Diese Selbstverpflichtung begrüßt die FDP- Bundestagsfraktion sehr, jedoch nicht ohne deren tat- sächliche Umsetzung mit gleichem Nachdruck einzufor- dern. Denn wie immer gilt: Den Worten müssen auch Ta- ten folgen. Aus Belarus hörten wir hoffnungsvolle Signale. Die Aufnahme des Landes in die Östliche Partnerschaft vor über einem Jahr, die zunehmende Öffnung der belarussi- schen Wirtschaft wie auch die Freilassung von politi- schen Häftlingen gaben zunächst Anlass zur Hoffnung auf eine Heranführung an die EU und die Stärkung de- mokratischer Standards. Doch spätestens nach den Kommunalwahlen im April 2010 setzte breite Ernüchterung ein. Wenngleich sich die Menschenrechtssituation für Angehörige der Opposition im Vergleich zu den Kommunalwahlen im Jahr 2010 und den letzten Präsidentenwahlen leicht ver- bessert hat, beklagen oppositionelle Gruppen, Men- schenrechts- und zivilgesellschaftliche Organisationen nach wie vor staatliche Behinderungen ihrer Arbeit. Aufgrund fortbestehender schwerwiegender Defizite im Menschenrechts- und Rechtsstaatsbereich hat sich am faktischen Sonderstatus Belarus innerhalb der Östlichen Partnerschaft daher nicht viel geändert. Die Parlamenta- rische Versammlung des Europarats, der ich angehöre, hat im April 2010 beschlossen, Kontakte zu Parlament und Regierung von Belarus einzufrieren, weil spürbare Fortschritte bei den Menschenrechten ausblieben. Es müsste doch eigentlich das Ziel der belarussischen Re- gierung sein, möglichst bald wieder als volles Mitglied zurück in die Parlamentarische Versammlung zu kom- men. Deswegen fordere ich die belarussische Regierung auf, Menschenrechte zu achten und zu gewährleisten. Dass die Menschenrechte nicht die ihnen gebührende Aufmerksamkeit erhalten, zeigt sich bereits daran, dass Belarus als einziges Land in Europa an der Todesstrafe festhält. Laut Amnesty International wurde die Todes- strafe seit der Unabhängigkeit des Landes im Jahr 1991 in circa 400 Fällen vollstreckt. Am 14. Mai 2010 wurden zwei Menschen wegen Mordes und Raubes zum Tode verurteilt. Am 14. September 2010 erfolgte ein weiteres Todesurteil. Dies verurteilen wir scharf. Es gibt allerdings Hinweise, dass das Parlament nach den kommenden Präsidentschaftswahlen ein Morato- rium für die Vollstreckung der Todesstrafe beschließen könnte. Diese Initiative, die auf Druck der EU zustande gekommen ist, weist in die richtige Richtung. Denn die Todesstrafe ist eine grausame und unmenschliche Be- strafung und muss weltweit abgeschafft werden. Aber auch bei anderen fundamentalen Grundfreihei- ten weist Belarus noch immer Defizite auf. Freie Mei- nungsäußerungen, Versammlungsfreiheit und freier Zugang zu Informationen, die allesamt nach der belarus- sischen Verfassung gewährt werden, existieren de facto nicht. Dabei sind sie Kernelemente einer funktionieren- den Demokratie. Mit Blick auf die Präsidentenwahl greift das Regime erneut auf das gesamte Repertoire polizeilicher, adminis- trativer und gerichtlicher Druckmittel gegen die Opposi- tion, die Zivilgesellschaft und unabhängige Medien zu- rück. Es reicht von der Nichtzulassung unabhängiger Berichterstattungen, Durchsuchungen und Verboten von NGOs unter fingierten Vorwänden über willkürliche Ge- richtsverfahren gegen unbequeme Einzelpersonen oder Organisationen. Besonders gravierend waren Einschüch- terungsversuche durch Entführungen jüngerer oppositio- neller Aktivisten Ende 2009. Im Vorfeld der Kommunal- wahl 2010 ging die Polizei gegen harmlose, unan- gemeldete Straßenaktionen der Opposition wiederholt mit unverhältnismäßiger Härte vor. Es kommt immer wieder landesweit zu kurzzeitigen Inhaftierungen und Übergriffen der Polizei sowie der Sicherheitsorgane. Teilnehmer an nicht genehmigten Demonstrationen müs- sen mit Geld- und Arreststrafen rechnen. Einige regime- kritisch gesinnte junge Männer wurden in die Armee re- krutiert, um ihnen so ihr Betätigungsfeld zu nehmen. Ich möchte an dieser Stelle Bundesaußenminister Dr. Guido Westerwelle danken. Er hat bei seinem Besuch in Belarus – als erster deutscher Außenminister seit 15 Jah- ren – Anfang November dieses Jahres gemeinsam mit seinem polnischen Amtskollegen Sikorski demokrati- sche Wahlen bei Staatschef Lukaschenko eingefordert. Wie der Außenminister sagen auch wir, dass es nur einen Weg nach Europa gibt: Er führt über freie und faire Wah- len sowie die Einhaltung von Menschenrechten und in- ternationalen Rechtsstandards. Diese Wahlen werden zeigen, wie weit die belarussi- sche Bereitschaft zur Demokratie reicht. Erste Zeichen deuten darauf hin, dass diese Bereitschaft nur gering ausgeprägt ist. Es ist zu beobachten, dass die Opposition wie auch bei allen Wahlen der vergangenen Jahre keinen freien Zugang zu den Medien hat. Die Opposition hat kaum Möglichkeiten, Vertreter in die Wahlkommission zu entsenden. Deswegen ist es wichtig und erforderlich, dass unabhängige Wahlbeobachter den gesamten Wahl- prozess verfolgen können. Dass die EU im Rahmen der Östlichen Partnerschaft gemeinsame Werte einfordert, wobei Freiheit und De- mokratie unabdingbare Voraussetzungen sind, wird von belarussischer Seite gerne vergessen. Daher ist es nur konsequent, dass Außenminister Westerwelle bei seinem Gespräch mit Lukaschenko als auch wir mit unserem Antrag immer wieder daran erin- nern, dass wir einen Dialog mit messbaren Ergebnissen anstreben. Die Bundesregierung wird die Menschenrechtslage in Belarus genau beobachten und Missstände gegenüber der belarussischen Staatsführung ansprechen. Die klaren und zielgerichteten Forderungen unseres Antrags richten sich an die belarussische Regierung: 9148 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 (A) (C) (D)(B) Wir fordern demokratische Standards für diese und zukünftige Wahlen, wir fordern die Abschaffung der To- desstrafe und die Gewährleistung von Menschen- und Freiheitsrechten, und wir fordern ein unabhängiges Jus- tizwesen, das sich ausschließlich an rechtsstaatlichen Grundsätzen orientiert und nicht wie bisher an politi- schen Weisungen. Das belarussische Volk sehnt sich nach demokrati- schen Freiheiten. Diesen Wunsch sollten wir unterstüt- zen und gemeinsam nach Kräften fördern, damit so bald wie möglich nur noch der Winter Schuld an dem eisigen Wind hat, der durchs Land pfeift. Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Selbstverständ- lich sollte der Bundestag sich für die Verbesserung der Menschenrechtslage einsetzen – unabhängig davon, in welchem Land und welchem Teil der Welt wir es zu tun haben, auch im eigenen Land. Die Lage vieler Menschen in unserem Land könnte erheblich verbessert werden, wenn man die Allgemeine Charta der Menschenrechte als Maßstab heranzieht. Je vorbildlicher die Menschen- rechte im eigenen Land verwirklicht und gesichert wer- den, desto freier kann man über die Menschenrechtslage in anderen Ländern reden. Ohne Abstriche wünsche ich den Menschen in Belarus, dass die Präsidentschaftswah- len frei, geheim und gleich vonstatten gehen, dass die Todesstrafe aufgehoben wird, dass Presse- und Mei- nungsfreiheit sowie Rechtsstaatlichkeit überall verwirk- licht werden. Wenn dies tatsächlich das Anliegen des Antrages wäre, hätte man ihm zustimmen können. Dem ist aber eben nicht so. Von oben herab wird über Belarus gerich- tet. Der Antrag sprüht vor Antikommunismus, wobei die Verfasserinnen und Verfasser es offensichtlich noch gar nicht mitbekommen haben, dass auch in Belarus kein Kommunismus mehr herrscht. Unsensibel wird ein gan- zes Land über einen ideologischen Leisten geschlagen. Diese Art von Ideologie ist antiaufklärerisch und verstellt den Blick auf mögliche Entwicklungen. Die Linke hat sich mit der Entwicklung in Belarus immer wieder und kritisch auseinandergesetzt, aber diese Art der Rechtha- berei ist uns fremd und die wollen wir auch nicht mitma- chen. Es hätte sich in der Tat gelohnt, den gesellschaftlichen Entwicklungen in Belarus wie auch in anderen Ländern, denen die von der EU ins Leben gerufene „östliche Part- nerschaft“ angeboten wurde, gründlich und differenziert nachzugehen. Ein intensiver Dialog, bi- und multilateral, setzt voraus, das Leben in den betroffenen Staaten ge- nauer zu kennen. Wenn die „östliche Partnerschaft“ sich wirklich zu den Grundsätzen des Völkerrechts und der Grundfreiheiten bekennt, dann gehört doch wohl auch dazu, dass diese Grundsätze und die Grundfreiheiten, die man meint, präzise beschrieben werden. Zu den Grund- sätzen des Völkerrechts gehört auch, dass die Souveräni- tät des jeweiligen Staates anerkannt und geachtet wird. Ich habe mir immer das Recht herausgenommen, mich mit der Entwicklung in anderen Ländern im eigenen Land kritisch auseinanderzusetzen. Eine solche Aus- einandersetzung, der Wunsch nach tatsächlichem Dialog wird aus dem Text des Antrages nicht sichtbar. Im Ge- genteil: Man will nicht beurteilen, sondern verurteilen. Werte Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU und der FDP, kommen Sie runter von Ihrem hohen Ross, re- den Sie mit anderen Ländern und Völkern nicht in die- sem Ton. Das steht Ihnen nicht zu. Sie schaden den Men- schenrechten, wenn Sie sie ideologisieren und nach eigenem Gutdünken in Anwendung bringen. Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wir beraten heute einen Antrag der Koalition, der freie und gleiche Wahlen in Belarus und die Verbesse- rung der Menschenrechtslage fordert. Diese Forderun- gen sind richtig, und meine Fraktion unterstützt deshalb den Koalitionsantrag. Allerdings zeichnet sich bereits jetzt ab, dass die Wahl leider nicht demokratischen Standards genügen wird. Sicher gab es im Vorfeld der Wahl eine liberalere Atmosphäre, als dies bei vorhergehenden Wahlen der Fall war. So wurde eine Reihe von Oppositionskandida- ten nach weitestgehend ungehinderter Unterschriften- sammlung registriert. Auch wurde den Kandidaten ein unzensierter Auftritt im Fernsehen und Radio zugestan- den. Spontane Demonstrationen in Minsk wurden nicht wie üblich niedergeknüppelt. Und wie bei vorangegan- genen Wahlen wurde auch dieses Mal die OSZE zur Wahlbeobachtung eingeladen. Aber diese Liberalisierun- gen bedeuten keine Demokratisierung, weil sie nicht auf einklagbaren Rechten fußen und taktisch ausgewählt wurden. Für westliche Beobachter wird auf diese Weise der Schein demokratischer Wahlen erweckt, ohne die be- stehende Machtbasis infrage zu stellen. Wir alle wissen, dass der Grund hierfür der enorme Druck des einstigen Verbündeten Russland ist. Tatsächlich ist auch diese Wahl von schweren demo- kratischen Defiziten gekennzeichnet. So befinden sich Radio, Fernsehen und nahezu alle Zeitungen in Staats- hand und werden ausgiebig als Propagandainstrumente des Präsidenten eingesetzt. Die Website des Staatsfernse- hens erinnert an eine Kampagnenseite des Präsidenten. Das Portrait Lukaschenkos ist allgegenwärtig. In den Wahlkommissionen sind kaum Vertreter der Opposition vertreten. Die vorfristige Stimmenabgabe, die seit Montag läuft, bietet enorme Manipulationsmöglichkeiten, und die Wahlbeobachter der OSZE werden wohl wieder in einem gebotenen Abstand der stummen Stimmenauszählung beiwohnen, der eine Kontrolle unmöglich macht. Ich möchte hier auch darauf hinweisen, dass erneut Visa für Mitarbeiter von NGOs aus Deutschland, aber auch aus Norwegen verweigert wurden. Offensichtlich möchte man keine regimekritischen Gäste am Wahltag und bei den zu erwartenden Protesten am Wahlabend in Belarus haben. Auch das spricht Bände über den demo- kratischen Charakter dieser Wahlen. Ich hoffe sehr, dass die EU und Deutschland den un- demokratischen Charakter dieser Wahlen ganz klar und die absehbare Wiederwahl Lukaschenkos deutlich als unrechtmäßig benennen. Dies ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit gegenüber dem Regime in Minsk, dass nicht darauf rechnen können soll, dass wir sein Spiel ei- ner Scheindemokratisierung mitspielen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 9149 (A) (C) (D)(B) Gleichwohl ist der eingeschlagene Weg des Dialogs mit dem Regime richtig. Aber dieser Dialog sollte in den nächsten Monaten genutzt werden, um dem Regime echte demokratische Reformen abzufordern. Denn ist wenig gewonnen, wenn eine kritische Zeitung gnädiger- weise zugelassen wird, aber jederzeit wieder geschlos- sen werden kann. Belarus braucht ein Mediengesetz, das eine unabhängige Presse ermöglicht. Belarus braucht eine unabhängige Justiz, die sich nicht für politische Prozesse instrumentalisieren lässt. Belarus braucht ein- klagbare demokratische Grundrechte wie Versamm- lungs- und Meinungsfreiheit und ein Moratorium für die Todesstrafe. Und Belarus braucht ein demokratisches Parlament statt Dekrete des Präsidenten und seine Huldi- gung durch die Allbelarussische Versammlung. Bei dem Dialog mit dem Regime dürfen wir nicht die Zivilgesellschaft in Belarus aus den Augen verlieren. Ich begrüße sehr, dass bei der Östlichen Partnerschaft, an der auch Belarus teilnimmt, die NGOs über das Zivilge- sellschaftsforum seit Beginn eingebunden sind. Und ich begrüße sehr, dass die Vertreter der EU bei ihren Besu- chen in Minsk immer auch Vertreter der Opposition und Zivilgesellschaft treffen. Ihr Rat sollte uns Richtschnur für unser Handeln gegenüber Belarus sein. Die Zivilgesellschaft in Belarus bedarf unserer stärke- ren Unterstützung. Wir brauchen einen intensiveren Aus- tausch mit den Ländern der EU. Entsprechende Pro- gramme für Schüler, Studenten, Auszubildende und NGOs wären hilfreich. Aber – und ich werde nicht müde, dies immer wieder zu betonen – das Wichtigste ist die längst überfällige Einführung von Visumserleichterun- gen für Belarus. Die derzeitigen Prozeduren und Gebüh- ren sind eine enorme Bürde für den Austausch. Wir haben aber ein großes Interesse, dass die jungen Menschen und künftigen Eliten demokratische Gesellschaften kennen- lernen und mit dem Wunsch nach Veränderung in ihr Land zurückkehren. Richtigerweise ist Reisefreiheit eine wichtige Säule der Östlichen Partnerschaft. Erste Ver- handlungen mit Belarus über Visumserleichterungen sind auf dem Weg. Ich hoffe sehr, dass diese bald zum Ab- schluss gebracht werden und nicht erneut als Verhand- lungsmasse mit dem Regime missbraucht werden. Für Sonntag hoffe ich, dass möglichst viele Menschen in Belarus den Mut finden, ihre Unzufriedenheit mit den undemokratischen Wahlen mit ihrer Stimmabgabe deut- lich zum Ausdruck zu bringen. Für den Wahlabend selbst hoffe ich, dass die zu erwartenden Proteste wie in den letzten Jahren friedlich verlaufen und vielleicht den Anfangspunkt eines echten demokratischen Wandels in Belarus markieren. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Antrag: Durchsetzung und Evaluation des Reiserechts verbessern – Beschlussempfehlung und Bericht: Rei- sende besser schützen (Tagesordnungspunkt 18 a und b) Peter Wichtel (CDU/CSU): Die Bundesregierung begleitet die Bürgerinnen und Bürger nicht erst seit Be- ginn der gegenwärtigen Legislaturperiode mit einer verantwortungsbewussten und nachhaltigen Verbrau- cherpolitik. Das deutsche Recht gewährt insbesondere Reisenden ein Maß an Schutz, das in schwierigen Ver- handlungen für die Verkehrsträger erarbeitet wurde und über den europäischen Standard hinausreicht. Das hohe Niveau unseres Verbraucherschutzes und die verbrau- cherfreundlichen Strukturen wollen wir halten und nach Bedarf auch weiter punktuell ausbauen. Vor diesem Hintergrund ist es überaus verwunderlich, dass mit den heute vorliegenden Anträgen die Verbrau- cherpolitik kritisiert wird. Insbesondere der Ruf nach ei- ner Verbesserung der Durchsetzung und Evaluation des Reiserechts im Hinblick auf die Fluggastrechteverord- nung (EG) Nr. 261/2004 kann nur als unsachgemäß cha- rakterisiert werden. Der Antrag verlangt nach einer Er- hebung von Daten zur Entwicklung des Luftverkehrs, obwohl ein Sachzusammenhang mit der Überprüfung der Rechtsdurchsetzung nicht gegeben ist. Zunächst gilt es deutlich hervorzuheben, dass es keine gesetzliche Grundlage gibt, die aufgezeigten Kontrollpa- rameter zu erheben. Das Verkehrsstatistikgesetz statuiert in § 12 die Pflicht zur Erhebung der angebotenen Plätze und die Zahl der ein- oder aussteigenden sowie der durchreisenden Fluggäste. Einzig die für die Arbeit des Luftfahrt-Bundesamtes, LBA, notwendigen Daten wer- den gesammelt und ausgewertet. Eine Registrierung der tatsächlich durchgeführten, verspäteten oder annullier- ten Flüge wird dagegen nicht im Verkehrsstatistikgesetz vorgeschrieben. Das Luftfahrt-Bundesamt erlangt nur aufgrund eingehender Anzeigen Kenntnis von Verspä- tungen, Annullierungen, Nichtbeförderungen oder He- rabstufungen im Sinne der Fluggastrechteverordnung (EG) Nr. 261/2004. Ein näherer Blick auf die Aufgaben des LBA macht zudem deutlich, warum die gegenwärtige Aufgaben- struktur als überaus plausibel und beständig zu betrach- ten ist. Die Bundesbehörde unter Dienst- und Fachauf- sicht des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung trägt Sorge dafür, dass Luftfahrtunter- nehmen die Fluggastrechteverordnung einhalten. Sollten Verstöße gegen die Verordnung festgestellt werden, leitet das Luftfahrtbundesamt Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen die betroffenen Akteure ein. Das LBA fungiert als Aufsichtsbehörde über die Luftfahrtunternehmen und übt diese Tätigkeit im öffentlichen Interesse aus. Das LBA ist dagegen kein rechtsdurchsetzendes Or- gan für Fluggäste und ist auch nicht im zivilrechtlichen Interesse tätig. Die Geltendmachung und Durchsetzung zivilrechtlicher Ausgleichsansprüche gegenüber der Luftfahrtindustrie im Interesse der betroffenen Fluggäste ist keinesfalls Aufgabe der Behörde. Dieser Eindruck scheint bei der Lektüre des vorliegenden Antrages und der Forderung nach einer statistischen Datenerfassung allerdings zu entstehen. Es gilt daher erneut klar zu ver- deutlichen, dass ein Sachzusammenhang zwischen der Überprüfung der Rechtsdurchsetzung und der Erhebung 9150 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 (A) (C) (D)(B) von Daten zur Entwicklung des Luftverkehrs nicht gege- ben ist. Die Arbeit des Luftfahrt-Bundesamtes ist nicht nur ein Beispiel für die verbraucherfreundliche Struktur der Bundesrepublik, sie verdeutlicht gleichzeitig die Effi- zienz und Nachhaltigkeit des Verbraucherschutzes. Lässt man die Anzeigen im Zusammenhang mit dem Vulkan- ausbruch auf Island außen vor, ist in den vergangenen Jahren ein rückläufiges Anzeigeaufkommen zu vermel- den. Das kann als Indikator dafür betrachtet werden, dass die Luftfahrtunternehmen nicht zuletzt durch die Aufsicht des LBA den Verpflichtungen der Fluggast- rechteverordnung in stärkerem Umfang nachkommen. Die bereits 2009 erfolgte Straffung der Arbeitsprozesse innerhalb der Behörde und der regelmäßige Kontakt mit den Luftverkehrsunternehmen, um die Kernpunkte der Verordnung und deren Umsetzung zu verdeutlichen, wird auch zukünftig zu einer verbesserten Einhaltung des Gesetzes und somit dem Verbraucherschutz beitra- gen. Mit der seit Dezember 2009 arbeitenden Schlich- tungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr, SÖP, wird zudem das im Koalitionsvertrag verankerte Ziel ei- ner verkehrsträgerübergreifenden Schlichtung realisiert. Zur Erleichterung der Durchsetzung der Fluggastrechte wird derzeit geprüft, wie auch eine Einbeziehung der Luftverkehrsträger in eine Schlichtung erreicht werden kann. Hierzu werden gegenwärtig überaus konstruktive Gespräche mit der Luftverkehrsindustrie geführt. Zusammenfassend betrachtet kommt die Bundesre- gierung ihrer Verantwortung für den Verbraucher auch und insbesondere im Bereich des Reisens nach. Nicht zuletzt die Fluggastrechteverordnung und die Arbeit des Luftfahrtbundesamtes als für die Durchsetzung der Ver- ordnung verantwortliche Behörde verdeutlichen das hohe Niveau unseres Verbraucherschutzes und unsere verbraucherfreundliche Strukturen. Eine Erhebung von Daten zur Entwicklung des Luftverkehrs und eine dem- entsprechende Überarbeitung des Verkehrsstatistikgeset- zes lehnen wir daher ab. Marlene Mortler (CDU/CSU): Das deutsche Reise- recht sichert ein hohes Verbraucherschutzniveau für un- sere Bürger. Deutsche Reisende genießen dabei einen Schutz, der über den geltenden europäischen Standard hinausgeht. Das soll auch so bleiben. Die meisten der im Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen „Reisende besser schützen“ enthaltenen For- derungen sind weder sachgerecht noch durchführbar, und sie werden den bisherigen hohen deutschen Stan- dards nicht gerecht. Ein Kernpunkt des Antrages ist die Forderung, auf eu- ropäischer Ebene die derzeit geltenden Regelungen für Pauschalreisen und die Passagierrechte bei den einzel- nen Verkehrsträgern zusammenzufassen und zu einem Rechtsakt weiterzuentwickeln. Eine solche Zusammen- führung würde aber nicht zwangsläufig bedeuten, dass die Regelungen übersichtlicher und einfacher wären und damit ein höherer Verbraucherschutz erreicht würde. Da- gegen sprechen außerdem gewichtige organisatorische Gründe: Richtlinien und Verordnungen sind nun einmal unterschiedliche Rechtsakte. Während es bei EU-Richt- linien einen gewissen Spielraum bei der Umsetzung in nationales Recht gibt, sind EU-Verordnungen in den Mitgliedstaaten unmittelbar wirksam und verbindlich. Außerdem sind die angesprochenen EU-Verordnun- gen in einem höchst unterschiedlichen Stadium. Die Rechte von Passagieren, die mit der Bahn oder per Flug- zeug reisen, sind bereits in geltenden Verordnungen ge- regelt. Die Verordnung für die Rechte von Passagieren im See- und Binnenschiffsverkehr ist zwar beschlossen, aber noch nicht in Kraft getreten. Und die Verordnung für die Rechte von Passagieren im Busverkehr ist noch nicht einmal beschlossen. Für die schon 2005 in Kraft getretene Fluggastrechte- Verordnung hat die Europäische Kommission bereits eine Überarbeitung angekündigt. Mit den anderen neuen Verordnungen müssen dagegen erst einmal Erfahrungen gesammelt werden, bevor eine Überarbeitung überhaupt in Betracht gezogen werden bzw. beurteilt werden kann, ob das Sinn macht. Schließlich sind diese Verordnungen mit großem Aufwand und in schwierigen Verhandlungen ausgearbeitet worden. Grundsätzlich müssen bei der Ausgestaltung der Fahr- gastrechte die Besonderheiten der jeweiligen Verkehrs- träger beachtet werden, vor allem für Verspätungsregeln. Hier gibt es einfach unterschiedliche Ausgangsbedin- gungen und andere naturbedingte Voraussetzungen. So ist etwa beim Schiff die Wahrscheinlichkeit, in einen Stau zu geraten, deutlich geringer als beim Bus. Insofern ist die im Antrag geforderte intermodale Anpassung nicht sachgerecht und könnte sogar zur Kürzung bisheri- ger Ansprüche führen. Auf europäischer Ebene untersucht derzeit auch be- reits die Europäische Kommission, ob die Pauschalreise- Richtlinie überarbeitet werden soll. Dies darf aber nicht dazu führen, dass Deutschland sein hohes Verbraucher- schutzniveau absenken müsste. Viele der von der Kom- mission angesprochenen Probleme bestehen im deu- tschen Recht im übrigen auf Grund unseres höheren Schutzniveaus eben nicht. Die Notwendigkeit für die geforderte Insolvenzabsi- cherung für Fluggesellschaften und alle anderen Ver- kehrsträger ist ebenfalls nicht zu erkennen. So sind der Bundesregierung keine Fälle bekannt, bei denen Rei- sende im Luftfahrtbereich, bei der Bahn oder im Busbe- reich durch eine Insolvenz nicht reisen konnten oder von finanziellen Schäden betroffen gewesen wären. Geradezu absurd ist auch die geforderte Hinweis- pflicht für Reiseveranstalter und Reisevermittler aller EU-Mitgliedstaaten für eine verbindliche Unterrichtung vor Vertragsabschluss über Pass- und Visumserforder- nisse. Demnach müssten Reiseveranstalter und Reise- büros die Bürger aller 27 EU-Mitgliedstaaten über die aktuellen jeweiligen Einreisebestimmungen von circa 200 Ländern weltweit informieren, also über etwa 5 400 verschiedene Einreisebestimmungen – und dies womöglich noch in der jeweiligen Landessprache des Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 9151 (A) (C) (D)(B) EU-Bürgers. Dies ist nicht nur Bürokratie, dies ist schlichtweg nicht zu leisten. Etwas weltfremd erscheint uns auch, dass an allen Reiseverkehrsknotenpunkten in Zusammenarbeit mit Schlichtungsstellen und Verbraucherzentralen Informa- tions- und Vermittlungszentren eingerichtet werden sol- len. Soll jetzt in jedem Bahnhof und jedem Flughafen ein solches Informationsbüro geschaffen werden? Die Kosten wären unüberschaubar und unvertretbar, der Nut- zen dagegen gering. Die Unternehmen sind bereits heute verpflichtet, ihre Kunden über deren Rechte zu informie- ren. Wir haben im Koalitionsvertrag die Einrichtung einer unabhängigen, übergreifenden Schlichtungsstelle für die Verkehrsträger Bus, Bahn, Flug und Schiff festgelegt. Diese Einrichtung ist mit der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr, SÖP, zum 1. Dezember 2009 erfolgt. Bisher sind dort über 3 300 Fälle zur Schlichtung eingegangen, die meisten aus dem Bahnbe- reich. Die Arbeit der SÖP zur Durchsetzung der Rechte von Reisenden ist eine weitere wichtige Stärkung des Verbraucherschutzes im Tourismusbereich. Die deutschen Fluggesellschaften sind jetzt nach eini- gem Zögern auch zu einer Teilnahme an Schlichtungs- verfahren bereit. Dies muss aber nicht unbedingt durch eine Mitgliedschaft in der SÖP erfolgen, sondern ist durchaus in einer separaten Schlichtungsstelle für den Luftverkehr möglich. Eine solche Einrichtung wird ge- genwärtig in Zusammenarbeit mit mehreren Bundes- ministerien geprüft. Wir müssen dabei beachten, dass es im Gegensatz zur Bahn im Luftverkehr einen intensiven Wettbewerb gibt. Deshalb muss sichergestellt sein, dass alle in Deutschland tätigen Fluggesellschaften einbezo- gen werden. Nur so vermeiden wir Wettbewerbsverzer- rungen, nur so erreichen wir einen wirklich höheren Ver- braucherschutz für alle Fluggäste. Für den angeblich umfassenden Handlungsbedarf, den die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in ihrem vorlie- genden Antrag versucht aufzuzeigen, gibt es, wie gezeigt, keine tragfähige Grundlage. Wir lehnen ihn des- halb ab und stimmen der entsprechenden Beschlussemp- fehlung des Tourismusausschusses zu. Gabriele Hiller-Ohm (SPD): Man sollte eine Rede nicht mit dem Namen eines isländischen Vulkans begin- nen, wenn man sich nicht verhaspeln möchte. Ich tue es trotzdem, denn der Ausbruch des isländi- schen Vulkans Eyjafjallajökull mit seinen schwerwie- genden Folgen für den internationalen Flugverkehr hat einmal mehr gezeigt, dass unsere Regierung zu einem vernünftigen Krisenmanagement nicht in der Lage ist. Wir alle haben noch Tausende gestrandete und desori- entierte Reisende auf den Flughäfen vor Augen, die we- der wussten, wie sie nach Hause kommen sollten, noch wer für die ihnen entstandenen Kosten aufkommt. Diese extreme Situation hat offenbart: Erstens: Die Hilfs- und Informationsangebote an den Flughäfen sind generell unzureichend. Zweitens: Das nationale und europäische Reiserecht ist zu undurchsichtig und nicht verbraucherfreundlich genug. Die Initiative der Grünen, das Reiserecht verbes- sern zu wollen, ist deshalb richtig. Der Verbraucher- schutz für Reisende muss verstärkt werden. Ein erster Schritt wäre die konsequente Umsetzung der schon bestehenden Verbraucherrechte. Das ist für die Bunderegierung aber ganz offensichtlich kein Thema. Dabei bietet das europäische Reiserecht zum Beispiel mit der Fluggastrechteverordnung bereits gute Grundla- gen, die leider in Deutschland versickern. Durch massenhafte Verspätungen, Nichtbeförderun- gen und Flugannullierungen erwerben täglich Hunderte Flugreisende einen Anspruch auf Entschädigung nach der europäischen Fluggastrechteverordnung. Für die Durchsetzung dieser Verordnung ist in Deutschland das Luftfahrtbundesamt zuständig. Es muss die Einhaltung der Verordnung durch die Fluggesellschaften gewähr- leisten. Dennoch sind die Flugreisenden ganz offensichtlich über ihre Rechte nicht ausreichend informiert. Die Luft- fahrtunternehmen nehmen also ihre Informationspflicht, die sie laut der Verordnung haben, nicht wahr. Die von der Verordnung vorgeschriebenen Entschädi- gungen werden auch lange nicht in dem Maße gezahlt, wie es die vielen Verspätungen und Annullierungen ver- muten lassen müssten. Trotzdem leitet das Luftfahrbun- desamt nur eine kleine Zahl an Ordnungswidrigkeitsver- fahren ein. Dieses Missverhältnis zeigt: Unsere Regierung klemmt sich nicht dahinter. Es werden, das fordern die Grünen zu Recht ein, die ganzen Verspätungen, Annul- lierungen und Nichtbeförderungen noch nicht einmal in der Verkehrsstatistik erfasst. Die kleine Zahl an Ordnungswidrigkeitsverfahren ist eine der wenigen Informationen, die man dem mageren „Bericht der Bundesregierung zur Durchsetzung der Fluggastrechteverordnung“ entnehmen kann. Der ist so schwach, weil es eben kaum Aktivitäten zur Durchset- zung der Fluggastrechte gibt. Das Luftfahrtbundesamt ist ebenso für die Durchset- zung der Rechte mobilitätseingeschränkter Fluggäste zu- ständig. Die Grünen behandeln diesen Punkt in ihren Anträgen leider nicht. Meiner Fraktion und mir ist wichtig, dass Menschen mit Behinderung reisen können wie jeder andere auch. Sie haben seit der Unterzeichnung der UN-Behinderten- rechtskonvention das einklagbare Recht dazu. Und im Zuge des demografischen Wandels werden zukünftig nicht weniger Menschen betroffen sein, sondern mehr. Trotzdem ist mir leider nicht bekannt, dass das zu- ständige Luftfahrtbundesamt sich bisher für bessere Hil- festellungen für behinderte Fluggäste an Bord und auf dem Flughafen, für mehr Bordrollstühle und ein geeig- netes Innendesign der Flugzeuge eingesetzt hätte. 9152 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 (A) (C) (D)(B) Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition: Un- terstützen Sie uns an dieser Stelle, und machen Sie Ihren Regierungsmitgliedern Dampf! Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, Ihre Ansätze zur Weiterentwicklung des Reiserechts sind, vor allem was die nationale Ebene angeht, gut. Es gibt keinen Grund, weshalb die Fluggesellschaften nicht in die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Per- sonenverkehr einbezogen werden. Richtig ist, die Kommunikation zwischen allen Ak- teuren zu stärken. Reiseindustrie, Behörden, Schlich- tungsstellen und Verbraucherverbände können natürlich gemeinsam besser auf die Probleme der Reisenden re- agieren. Kostenlose Info-Hotlines der Fluggesellschaften wä- ren sinnvoll. Auch einige ihrer Forderungen, die auf die europäi- sche Ebene abzielen, unterstütze ich: Eine Insolvenzab- sicherung von Reiseunternehmen, die Präzisierung des Begriffs der „außerordentlichen Umstände“ und die Er- höhung der Haftungshöchstgrenzen beim Reisegepäck wären begrüßenswert. Mit einigen Ihrer Forderungen das europäische Recht betreffend schießen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, allerdings über das Ziel hinaus: Die von Ihnen geforderte verschärfte Haftung für Rei- sebüros – vergleichbar mit der von Reiseveranstaltern bei Pauschalangeboten – ist insbesondere für kleine Rei- sebüros nicht leistbar, weder finanziell, noch in Form or- ganisatorischer Unterstützung. Sie müssten sich dann eng an die Veranstalter binden, damit diese das Haf- tungsrisiko tragen, und könnten nicht mehr wirklich un- abhängig beraten. Auch würden kleine Veranstalter dann nur noch sehr schwer Reisebüros finden, die ihre Leis- tungen vermitteln. Das kann nicht im Interesse der Rei- senden sein! Auch die von Ihnen geforderte Ausweitung des Geltungsbereichs der Pauschalreiserichtlinie geht zu weit. Es stimmt, dass diese europäische Richtlinie an das Buchungsverhalten und Angebot im Internet angepasst werden muss. Aber alle verlinkten Einzelleistungen im Internet, zum Beispiel für Flug, Ferienwohnung und Mietwagen – das sogenannte „Dynamic Packaging“ – wie ein Pau- schalangebot eines Veranstalters zu behandeln, das ist unrealistisch. Hier wäre es besser, unsere deutsche Rege- lung in die europäische Richtlinie aufzunehmen: Wer et- was wie eine Pauschalreise verkauft, wer beim Verbrau- cher den Eindruck erweckt, er kaufe eine Pauschalreise, der muss auch wie für eine Pauschalreise haften. Etwas zu einfach machen Sie es sich mit der Forde- rung nach der Zusammenlegung der reiserechtlichen Re- gelungen. Für die einzelnen Verkehrsträger Bahn, Flug- zeug, Schiff oder Bus wurde mühsam auf spezielle – und teilweise sehr unterschiedliche – Notwendigkeiten abge- zielt. Auch hier muss stärker, als Sie es tun, ins Detail geschaut werden, welchen rechtlichen Spielraum es für mögliche Angleichungen und Standards überhaupt gibt. Unnötige Bürokratie muss dabei vermieden werden. An allen Verkehrsknotenpunkten noch extra Reisezentren einzurichten, die die Kundinnen und Kunden informie- ren sollen, halte ich für unnötige Bürokratie. Es würden auf Kosten der Verbraucherinnen und Verbraucher teure Doppelstrukturen geschaffen. Die Informationspflicht liegt ja schon bei den Verkehrsträgern. Die müssen sich eben besser vernetzen, um effektiv informieren zu kön- nen. Die Abstimmung untereinander – nicht nur auf natio- naler, sondern auch auf europäischer Ebene – ist beson- ders in Notfällen wichtig und wäre die Grundlage für ein kluges Krisenmanagement in dem Chaos nach dem Vul- kanausbruch gewesen. In unserem Antrag „Die richtigen Lehren aus dem Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull ziehen“ haben wir beschrieben, wie die Voraussetzungen für ein nationales und europäisches Krisenmanagement im Luftverkehr geschaffen werden können. Wir werden uns, liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, bei Ihrem Antrag „Reisende besser schützen“ aus den genannten Gründen enthalten und im nächsten Jahr zur Durchsetzung der Fluggastrechte einen eigenen ausgereiften Vorschlag vorlegen. Jens Ackermann (FDP): Die Tourismusbranche ist ein bedeutender Wirtschaftsbereich, von dem Menschen und Unternehmen profitieren. Dabei gilt – und das ist, so glaube ich, unstrittig –, dass die Reisenden in gesicher- ten Verhältnissen mit Planungssicherheit, soweit dies bei Reisen möglich ist, geschützt sind. Doch Reiseschutz muss dabei das Notwendige im Blick haben, muss maßvoll und ausgewogen sein. Aktio- nismus ohne Grundlagen, politische Forderungen ohne Bedarf und Anträge ohne den Abgleich mit der Realität möchte meine die christlich-liberale Koalition nicht. Wir können und werden nichts zustimmen, was die Verhält- nisse für die Menschen vor Ort nicht verbessert. Und das gilt selbstverständlich auch und gerade für den Touris- musbereich. In jenem Sektor, wo sich Menschen tagtäglich in Rei- sebüros oder im Internet Träume erfüllen, wo Familien in ferne Länder fliegen und Individualtouristen mit dem Rucksack durch die Lande ziehen^, ist es natürlich wich- tig, das die Ziele, das die Wünsche, die sich mit Reisen verbinden, geschützt sind – da, wo es möglich ist, wo es sinnvoll erscheint. Der uns vorliegende Antrag von Bündnis 90/Die Grünen schießt dabei – wieder einmal – über das Ziel hinaus und verkehrt gute Absichten in zahnlose Bürokratietiger. Mehr Sicherheit für die Rei- senden kann so aber nicht erzielt werden. Doch der Reihe nach: Unser Reiserecht ist – wen wundert es – sektoral untergliedert und passt sich so den unterschiedlichen Ausgangssituationen des Reisens an. Denn Flug-, Bahn-, Bus- oder Schiffsgesellschaften sind auch schwer unter einheitliche Rechtsvorschriften sub- sumierbar. Kurzum: Unser Reiserecht betrifft die unter- schiedliche Situation der Verkehrsträger, die Nachfrage- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 9153 (A) (C) (D)(B) struktur und die Produkte. Trotz aller Eigenheiten gewährt das deutsche Reiserecht den Reisenden schon heute einen Schutz, der über den europäischen Standard teilweise weit hinausreicht. Gerade die Regelungen für die Passagierrechte sind mit großem Aufwand und in langen und schwierigen Verhandlungen für die einzelnen Verkehrsträger erst verabschiedet worden. Ich glaube, dass eine Zusammenfassung der unterschiedlichen Be- reiche das Reiserecht nur unnötig verkomplizieren würde. Ebenso lassen sich die geltenden Verordnungen über die Passagierrechte nicht einfach mit dem Pauschalreise- recht zusammenführen, da letzteres zum Vertragsrecht gehört, die Passagierrechtsverordnungen hingegen nicht. So finden wir im Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auch die Forderung nach einer Ausweitung des Geltungsbereichs der Pauschalreiserichtlinie und eine Anpassung des Begriffs der Pauschalreise. Ich kann Ihnen nur sagen, dass der Geltungsbereich der Pauschalreiserichtlinie auf den Pauschalreisevertrag beschränkt bleiben muss und nicht auf Einzelleistungen ausgeweitet werden darf. Denn das widerspricht doch je- der Logik. Warum sollte ein Verbraucher, der mehrere Einzelverträge über Reiseleistungen abschließt und sich damit selbst eine Reise individuell zusammenstellt, den gleichen Schutz erhalten wie ein Verbraucher, der eine durch einen Veranstalter zusammengestellte Reise kauft? Dass es überhaupt eine Pauschalreiserichtlinie gibt, liegt an der möglichen Differenzierung nach Paket und Ein- zelleistung. Als ausschlaggebendes Kriterium dafür, welche verlinkten Angebote von Reiseleistungen als Pauschalreise zu bewerten sind und welche nicht, kann meiner Meinung nach das subjektive Empfinden des Verbrauchers herangezogen werden, so wie es bereits im deutschen Recht der Fall ist. In dem Antrag, der uns vorliegt, wird eine klare Tren- nung zwischen Reisevermittler und -veranstalter gefor- dert. Einer Ausweitung der Reisebürohaftung steht die FDP-Bundestagsfraktion ausgesprochen kritisch gegen- über. Denn erklären Sie uns doch, welche Haftung von Bündnis 90/Die Grünen gemeint ist. Schließlich wird ge- genwärtig auf europäischer Ebene diskutiert, eine ge- meinsame Haftung von Veranstalter und Reisebüro im Vertrieb von Pauschalreisen einzuführen. Insofern legt die Formulierung im Antrag nahe, dass auf diese Debatte abgestellt wird. Dabei ist zu beachten, dass bei einer gemeinsamen Haftung für Pauschalreisen das Reisebüro allein für die Absicherung der Kundengelder gegen eine Insolvenz des Veranstalters mehr als seine gesamte Provision aufwen- den müsste. Der Einbezug des Reisebüros in die Haftung der Reiseveranstalter würde damit das deutsche Markt- modell von Grund auf erschüttern, da Reisebüros keine Wahl bliebe, als sich an einen einzelnen Veranstalter zu binden, um dem Risiko, in Haftung genommen zu wer- den, zu entgehen. Damit müsste das Reisebüro seine Rolle als unabhängiger Berater des Kunden aufgeben – letztlich zum Schaden des Verbrauchers selbst. Das wol- len wir nicht. Doch damit nicht genug. Es ist auch aus unserer Per- spektive heraus zu bezweifeln, dass kleine Reisebüros vor Ort in der Konkurrenz zum Internetvertrieb erfolg- reich bestehen könnten, wenn sie aufgrund einer ausge- weiteten Haftung – welcher Art auch immer – höhere Preise verlangen müssten. Wir wissen es doch selbst: Deutsche Kunden sind ausgesprochen preissensibel, und schon heute lassen sich viele Verbraucher zwar im Reisebüro beraten, bu- chen ihre Reise dann jedoch online, um Geld zu sparen. Insofern spricht die Realität gegen diese Annahme. Wahrscheinlicher ist, dass eine Verteuerung des stationä- ren Vertriebs den bestehenden Trend zur „Ausnutzung“ der Beratungskompetenz des Reisebüros weiter verstär- ken würde. Wir sind im Übrigen auch nicht der Auffassung, dass es eines Ausbaus der Haftung von Reiseunternehmen be- darf. Unserer Ansicht nach sind Reisebüros nicht in der Lage, Druck auf die Veranstalter und deren Angebot re- spektive Qualität auszuüben. Dies ist alleine der Tatsa- che geschuldet, dass Reisebüros Handelsvertreter des Veranstalters sind. Sie leben von dessen Provision. Wäh- rend es den Veranstalter nicht sonderlich schmerzt, auf ein einzelnes „rebellisches“ Reisebüro zu verzichten, kann der Verlust eines bestimmten Reiseveranstalters in seinem Angebot für das Reisebüro gravierende wirt- schaftliche Auswirkungen haben. Die Forderung von Bündnis 90/Die Grünen trägt daher nicht der bestehen- den Verteilung von Verhandlungsmacht zwischen Veran- staltern und Reisebüros Rechnung. Reisebüros brauchen Angebotsvielfalt, sie leben da- von. Denn der Vorteil und die Fähigkeit, die das Reise- büro im Moment noch hat, sind die, dem Verbraucher aus einer Vielzahl von Angeboten das individuell pas- sende zu empfehlen. Dies geht aber nur so lange, wie das Reisebüro nicht gezwungen wird, sich unter den Schirm eines einzelnen Veranstalters zu begeben. Dies wäre je- doch das Resultat einer ausgeweiteten Reisebürohaftung und widerspricht daher dem Ziel eines besseren Verbrau- cherschutzes Wir wollen weiterhin den Wettbewerb hier sichern – im Interesse der Kunden, der Reisenden und vor allem im Interesse der kleinen Reisebüros in unseren Wahlkreisen. Denn das sind auch Arbeitsplätze, und die wären dank der Ideen von Bündnis 90/Die Grünen mal wieder gefährdet. Wer hilft denn der älteren Dame eine günstige Fernreise zu ihren Enkeln zu buchen? – Das Reisebüro vor Ort. Kommen wir zu den vorvertraglichen Informations- pflichten. Auch hier lehnen wir einen Ausbau entschie- den ab. Wozu auch? Unserer Ansicht nach sind die Infor- mationspflichten des Veranstalters bereits umfassend wie ausreichend geregelt. In der Realität ist doch eher eine Überforderung des Verbrauchers zu beobachten. Darüber hinaus ist es ganz grundsätzlich nicht erlaubt, Falschaussagen in Katalogen zu treffen. Dem sei unbe- nommen, dass Reiseprospekte in einer ihnen eigenen Sprache abgefasst sind. Wer jedoch dazu Fragen hat oder genauere Informationen wünscht, hat jederzeit die Mög- lichkeit, sich im Reisebüro rückzuversichern und beraten zu lassen. Außerdem gibt es schon jetzt bei gravierender 9154 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 (A) (C) (D)(B) Abweichung der Werbung für ein Hotel oder eine Leis- tung für den Gast die Möglichkeit der Minderung. Unabhängig davon sind wir Liberale der Überzeu- gung, dass sich dieses Thema insbesondere über die zu- nehmende Nutzung von Hotelbewertungsportalen zu- künftig von selbst beruhigt. Weiter fordern Bündnis 90/Die Grünen eine Novellie- rung der Reisegepäcksregelung. Auch das halte ich un- nötig, da dieser Betrag erst 2009 um 130 Euro angeho- ben wurde – von vorher 1 170 Euro. Außerdem ist dieser Betrag nicht national geregelt ist, sondern Gegenstand des internationalen Abkommens von Montreal der Inter- nationalen Zivilluftfahrt-Organisation ICAO ist. Eine Anhebung der Entschädigungsgrenze im deutschen oder europäischen Alleingang wäre somit auch in hohem Maße wettbewerbsverzerrend für deutsche bzw. europäi- sche Fluggesellschaften. Die Forderung nach einer Schlichtungsstelle im öf- fentlichen Personenverkehr, die verpflichtend für alle Reiseverkehrsunternehmen wird, ist ja nicht neu. Des- halb weise ich darauf hin, dass im Bundesjustizministe- rium bereits eine Projektgruppe ins Leben gerufen wor- den ist, der auch Vertreter der Fluggesellschaften angehören. Ziel dieser Gruppe ist es, gemäß der Koali- tionsvereinbarung eine Schlichtungsstelle für Passagiere von Fluglinien einzurichten. So könnte ich meine Rede noch unendlich lange wei- terführen, um den mehr als 20 Forderungen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Einzelnen entgegenzutreten, aber das würde meine Redezeit sprengen. Alles in allem sind nahezu alle Forderungen weder zielführend in der Verbesserung des Schutzes der Reisenden noch sind diese umsetzbar. Wollen wir denn wirklich den Bürokra- tiedschungel für den Verbraucher noch undurchsichtiger machen, als er bisher schon ist? Kornelia Möller (DIE LINKE): Die heutige Welt ist durch eine erhöhte Mobilität und von einer ständig wachsenden Zahl von Reisen geprägt. Das erhöhte Rei- seaufkommen führt aber auch unweigerlich zu einer Zu- nahme der Probleme rund um das Reisen, wie Ausfälle, Verspätungen, Überbuchungen und Annullierungen. Leidtragende sind immer die Reisenden! Deshalb ist es sehr begrüßenswert, dass heute, nachdem wir im Juni über unseren Antrag „Fluggastrechte stärken“ debattiert haben, das Thema „Schutz von Reisenden“ wieder auf der Tagesordnung steht. Generell kann den Anträgen der Grünen zugestimmt werden, auch wenn an manchen Stellen nachgebessert werden muss. So fehlt in dem recht ausführlichen und umfangreichen Antrag „Reisende besser schützen“ die Einbeziehung des mobilen Reiseverkäufers. Bei dieser Art der Reisebuchung, die weder einem stationären Ver- trieb wie im Reisebüro, noch dem Onlinevertrieb, ge- schweige denn einem Haustürgeschäft gleichzusetzen ist, wird die Reise beim Verbraucher zu Hause abge- schlossen. Hier besteht keine Versicherungspflicht gegen falsche Beratung oder Insolvenz. Es fehlt leider auch die Forderung, die Beschränkung der Versicherungssumme pro Versicherungsgesellschaft aufzuheben. Sie liegt derzeit bei 200 Millionen Euro pro Jahr, wohlgemerkt nicht pro Reiseveranstalter, sondern pro Versicherungsunternehmen. In Deutschland gibt es circa 1 000 Reiseveranstalter, wobei in jedem Reisebüro Reisen von mehr als 100 Veranstaltern angeboten wer- den. Den Reiseversicherungsmarkt teilen hauptsächlich fünf große Versicherungen unter sich auf. Diese mono- polartige Stellung muss dringend aufgehoben werden. Außerdem müssen die Verbraucherin und der Verbrau- cher die sofortige Auszahlung seiner gemeldeten An- sprüche geltend machen können – bisher haben sie nur am Jahresende hierauf einen Rechtsanspruch. Bedauerlich ist auch, dass der Antrag der Grünen vage bleibt hinsichtlich der auch von uns geforderten Einführung einer wirklich wirksamen und unabhängigen Schlichtungsstelle. So ist an keiner Stelle ausgeführt, welche Kompetenzen die Schlichtungsstelle erhalten soll. Und noch etwas haben die Grünen vergessen: In Deutschland gibt es kein Lizenzsystem für Reiseveran- stalter und Reisebüros. Derzeit gibt es in Deutschland circa 12 000 registrierte Reisebüros und circa 1 000 Rei- severanstalter. Jede beliebige Person kann als Reisever- anstalter oder Reisebüro fungieren, Anforderungen und Kontrollen gibt es nicht. Die Einführung einer europäi- schen Linzenz für Reiseveranstalter gesetzlich einzufüh- ren, die an eine Insolvenzabsicherung gekoppelt ist, wäre ein richtiger Schritt. Hier bin ich nun bei einem für uns ganz wesentlichen Punkt angekommen: einer wirklichen Absicherung der Reisenden gegen die Insolvenz von Fluggesellschaften. Besonders betroffen von einer uneinheitlichen Regelung sind jene Verbraucherinnen und Verbraucher, die eine In- dividualreise machen, da derzeit nur Pauschalreisende abgesichert sind. Diese Ungleichbehandlung ist nicht nachvollziehbar und muss dringend geändert werden. Alle Reisenden und Fluggäste müssen wirksam gegen eine Insolvenz abgesichert werden. Hier besteht dringen- der Handlungsbedarf! Um im Falle einer Insolvenz eine Absicherung finan- ziell auch wirklich gewährleisten zu können, befürwor- ten wir – so wie die Grünen auch – die Einführung eines Fonds, um im Notfall ungedeckte Ansprüche bedienen zu können. Um aber seine Rechte wahrnehmen zu können, muss man überhaupt erst einmal wissen, welche Rechte einem zustehen. Hier zeigt die Praxis immer wieder, dass Flug- gesellschaften gesetzlich verankerte Rechte, die Flug- gäste zum Beispiel bei Verspätungen oder Flugausfall haben, verschweigen und missachten. Eine Untersu- chung der „Stiftung Warentest“ ergab schon im Mai 2009, dass 86 Prozent der Passagiere von den Fluglinien keinerlei Informationen über ihre Rechtsansprüche er- hielten, wie sie in der EU-Verordnung 261/2004 defi- niert sind. Auch eine Umfrage, die am 15. November 2010 vom Bundesverband der Verbraucherzentralen ver- öffentlicht wurde, belegt die mangelhafte Umsetzung von Fluggastrechten durch die Airlines: Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 9155 (A) (C) (D)(B) Bestehende Ansprüche auf Betreuungsleistungen so- wie Ausgleichszahlungen wurden in den allermeisten Fällen von den Fluggesellschaften ignoriert. Nur jedem Vierten boten die Airlines Entschädigungen an, und auch das überwiegend erst auf Nachfrage. Auch ihrer Verpflichtung, die Fluggäste aktiv auf ihre Rechte hinzuweisen, kamen die Fluggesellschaften in über der Hälfte der Fälle nicht nach. Darauf folgende Beschwerden bearbeiteten sie sehr zögerlich, 22 Prozent der betroffenen Fluggäste erhielten gar keine Antwort. Nur in 3 Prozent der Fälle verlief die Rechtsdurchsetzung der Fluggäste reibungslos. Darüber hinaus nutzen Fluggesellschaften vermeintli- che Rechtsunklarheiten etwa bei Ansprüchen auf Scha- denersatz und Ausgleichzahlungen – Letztere fallen auch bei Naturkatastrophen wie dem isländischen Vul- kanausbruch an – einseitig zu ihren Gunsten. Ich frage Sie, meine Damen und Herrn Koalitionäre, sehen Sie denn nicht auch, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht und nicht alleine die Luftfahrtunternehmen in der Pflicht stehen, sondern auch der Gesetzgeber? Hilfreicher für die Durchsetzung der Fluggastrechte wäre sicherlich die Erfassung und Evaluierung von be- stimmten Daten, wie sie die Grünen in Ihrem Antrag auf Drucksache 17/4041 fordern. Gesichertes, öffentlich- rechtliches Datenmaterial ist laut Bundesregierung ja Voraussetzung für die Einleitung von Ordnungswidrig- keitsverfahren, somit ist die Forderung der Grünen ge- rechtfertigt und unterstützenswert. Allerdings müssten über das Verkehrsstatistikgesetz auch die Gründe für Verspätungen, Annullierungen, Nichtbeförderung oder Herabstufung im Sinne der EG- Verordnung Nr. 261/2004 aufgeführt werden. Diese Da- ten könnten dann von den betroffenen Fluggästen zur einfacheren Einforderung ihrer Rechte verwendet wer- den. Eine weitere Maßnahme im Sinne der Verbrauche- rinnen und Verbraucher wäre eine öffentliche Darlegung der Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen Fluggesell- schaften, um über die Zuverlässigkeit der einzelnen Fluggesellschaften zu informieren und so eine höhere Transparenz zu erzielen. Zum Schluss möchte ich doch noch kurz auf einen an- dern aber dennoch wichtigen Aspekt eingehen. Es sollte unbestreitbar sein, dass denjenigen, die Unannehmlich- keiten bei ihrer Reise ausgesetzt waren, zu ihrem Recht und zu einer adäquaten Entschädigung verholfen wird. Genauso unbestreitbar sollte aber sein, dass Reisen für alle möglich ist. So kann es beispielsweise nicht sein, dass EU-Verordnungen zum barrierefreien Reisen – Ver- ordnung Nr. 1107/2006 –, die seit 2008 schon geltendes Recht in Deutschland sind, immer noch nicht vollständig umgesetzt sind. Ein Bespiel ist die kostenlose Mitnahme eines zweiten Rollstuhls, die aber immer noch Kosten verursacht. Zudem können Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer die Bordtoiletten nur mit Bordrollstühlen erreichen, die jedoch nur in wenigen Flugzeugen vorge- halten werden. Das ist ein nicht hinnehmbarer Miss- stand. Die Linke setzt sich dafür ein, dass die Rechte der Fluggäste durch die Bundesregierung gestärkt und die Voraussetzungen zur Durchsetzung dieser Rechte auch geschaffen werden. Wir brauchen ein einheitliches, kla- res und freundliches Reiserecht für Verbraucherinnen und Verbraucher! Markus Tressel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wissen Sie wie viele verschiedene Rechtsakte den Ver- braucherschutz bei Verspätungen, Annullierungen, Nichtbeförderung etc. bei Reisen regeln? Nein? Kein Wunder! Denn es ist ein Dschungel. Und lassen sie mich eines sagen: Wir sind die Fachpolitiker, die das wissen sollten. Es sind mehr als ein halbes Dutzend verschie- dene Regelungen, die hier eigentlich Klarheit schaffen sollen und uns allen sofort einfallen sollten – schließlich sind wir ja alle mündige Verbraucher. Aber dazu kom- men noch viele weitere Regelungen, die ebenfalls das Reiserecht tangieren. Was ich Ihnen damit deutlich ma- chen möchte? Der Theorie nach ist das Verbraucher- schutzniveau damit sehr gut. Aber eben nur der Theorie nach – wie sich immer wieder herausstellt. Eine Feststellung gilt es gleich zu Beginn zu treffen: Die meisten Reisenden wissen wenig bis gar nichts von ihren Rechten. Und viele Unternehmen tun auch aktiv sehr wenig, um dies zu ändern. Im Gegenteil: Selbst von renommierten Unternehmen wird dies zuweilen ausge- nutzt. Woher diese Erkenntnis? Klingt sie doch zunächst furchtbar plakativ. Das bestätigt – mitunter – die Euro- päische Kommission, beispielsweise mit ihrem Euroba- rometer zu den Fluggastrechten. Tenor dieser Untersu- chung: Die Reisenden sind der Auffassung, dass die Informationen, die sie im Falle von Unannehmlichkeiten erhalten, unzureichend sind, und besonders unzufrieden sind sie mit der Entschädigung in derartigen Fällen. Damit kommen wir zum zentralen Problem. Denn das liegt in der Rechtsdurchsetzung. Sprich: Was ist, wenn Reisende ihren theoretischen Anspruch tatsächlich durchsetzen wollen? Da gilt es weite Wege zurückzule- gen. Das wollen wir ändern – deshalb dieser Antrag, den wir heute debattieren. Aus zahlreichen Bürgerzuschriften wissen wir, dass einige Unternehmen die Unwissenheit der Reisenden für sich ausnutzen und sie bei Widerspruch mit standardi- sierten Schreiben zu besänftigen – man könnte auch sa- gen: abzuwimmeln – versuchen. Die Schlichtungsstellen und Verbraucherverbände können sich vor Anfragen kaum retten. Trotzdem ist die Zahl derjenigen, die sich an diese Institutionen wenden, gemessen am Beschwer- depotenzial sehr gering. Wir wissen alle, wie in vielen Fällen dann der weitere Verfahrensgang ist. Nur Ver- braucher mit Rechtsschutz zeigen weiteren, gegebenen- falls auch juristischen Widerstand. Doch lassen Sie mich das hier einmal ausdrücklich festhalten: Nicht jeder Bun- desbürger hat eine Rechtsschutzversicherung. Die nach Verordnung legitimierten Durchsetzungs- stellen kümmern sich sehr wenig um die Rechte der Rei- senden. Ordnungswidrigkeitsverfahren – bei Flugreisen zwischen 3 000 und 4 000 pro Jahr – stehen in keinerlei Verhältnis zum Beschwerdepotenzial. Gemessen an an- 9156 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 (A) (C) (D)(B) deren europäischen Staaten dürfte das täglich mehrere Hundert Fälle betragen. Einige deutsche Amtsgerichte beklagen hingegen schon heute Überlastungen. Die derzeitigen Bußgelder sind weder abschreckend noch wirksam. Das zeigt uns der Bereich der Fluggast- rechteverordnung. Dort liegen Bußgelder bei durch- schnittlich 3 000 Euro, Tendenz fallend. Und dann der Gipfel: Für die Evaluation benötigte Parameter liegen den deutschen Behörden nicht einmal vor. So weit die Beschreibung des Ist-Zustandes. Niemand kann sich mit dieser Situation abfinden. Ich bin der Auf- fassung, dass dies auch für die betroffenen Reise- und Verkehrsunternehmen kein Zustand ist, der besonders er- strebenswert ist. Kunden erwarten heute auch in diesem Bereich sehr viel. Eine konsequente Neuregelung wäre meines Erachtens auch ein Fortschritt für die Unterneh- men. Derzeit wird das Herzstück des Reiserechts mit der Pauschalreiserichtlinie und der Fluggastrechteverord- nung von der Europäischen Kommission überarbeitet. In den bisherigen Anhörungen und Beratungen auf Rats- ebene zeigte die Bundesregierung überhaupt kein Ge- sicht, äußerte sich zuweilen sogar gar nicht, wie Herr Ramsauer in der Sondersitzung Ende April 2010 bewie- sen hat, als die Fluggastrechte als prioritäres Thema auf- gerufen waren. Aufgrund der zögerlichen Haltung der Bundesregie- rung auf europäischer Ebene und bei der Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts haben wir einen Antrag formu- liert, der das Ziel hat, einerseits das in Deutschland gute Verbraucherschutzniveau auf EU-Ebene zu übertragen und andererseits die Schwachstellen bei der Rechts- durchsetzung zu beheben. Wir wollen eine einheitliche Regelung zum Reiserecht, wie es Mitte September auch die Verbraucherschutzminister der Länder einstimmig beschlossen haben. Wir wollen, dass die Rechte von Flug-, Bahn-, Schiffs-, Pauschal- und wie auch immer sonst Reisenden in einem Rechtsakt gebündelt werden. In diesem Zusammenhang muss man wirklich betonen, dass diese Forderung nicht nur von uns, sondern auch von allen Bundesländern erhoben wird, gleichwohl von welchen Parteien sie regiert werden. Diese Vereinheitli- chung des Reiserechts bedeutet nicht nur Entbürokrati- sierung, sondern auch ein Mehr an Verbraucherschutz. Denn nur das, was der Verbraucher weiß und versteht, weiß er zu nutzen. Welche Elemente sollte diese neue europäische Rege- lung also im Interesse der Reisenden umfassen? Wir wollen eine Integration des Beförderungssektors in das Reiserecht. Wir müssen reden über die Ausweitung des Geltungsbereichs der Pauschalreiserichtlinie und des Be- griffs der Pauschalreise. Da bedarf es einer Anpassung an das moderne Buchungsverhalten und -angebot über das Internet, das sogenannte Dynamic Packaging. Wir wollen eine klare Trennung zwischen Reisevermittler und -veranstalter und eine längst überfällige Präzisie- rung, wer wann was ist. Eine verschärfte Haftungspflicht sollte auch für Vermittler in der EU und nicht nur in Deutschland gelten. Ein Nebeneffekt könnte sein, dass es auf diese Weise leichter gelingt, adäquate, einheitliche Qualitätsstandards zusammen mit der Reiseindustrie durchzusetzen. Außerdem sollte eine intermodale An- passung der Schadenersatzansprüche – also entlang der Verkehrsträger – geprüft werden. Die meisten Probleme haben sich bislang aufgrund der unzureichenden Definition von außerordentlichen Umständen ergeben. Deshalb muss hier eine Klarstel- lung erfolgen. Die Bundesregierung wäre gut beraten, hier in den Debatten die genannten Punkte im Interesse der Verbraucher einzubringen. Soweit die europäische Dimension des Antrags. Es gibt aber selbstverständlich auch Dinge, die wir national regeln und verbessern können. Wichtigste und zugleich einfachste Maßnahme: Wir brauchen eine kon- sequentere Nutzung von Sanktionen bei Verstößen durch die Durchsetzungsstellen, beispielsweise das Luftfahrt- bundesamt. Da liegt viel im Argen. Die eingangs vorge- stellten Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Zugleich muss Privatpersonen die Beschwerdehürde und somit der Anspruch im Hinblick auf Schadensersatz erleichtert werden. Bislang hilft, wie eingangs bereits dargestellt, häufig nur der Rechtsweg. In nahezu jedem Fall müssen zusätzliche Kosten – trotz entsprechender Verordnung – vorgestreckt werden. Das muss vermieden werden. Wichtigster Punkt für uns ist dabei die Einbin- dung der Fluggesellschaften in die Schlichtungsstelle öf- fentlicher Personenverkehr, SÖP, wie es Mitte Septem- ber im Übrigen auch die Verbraucherschutzminister der Länder – ebenfalls – einstimmig beschlossen haben. Auch das Eurobarometer der EU-Kommission sieht hier Handlungsbedarf. Eine gut zugängliche Behörde auf na- tionaler Ebene, die sich um die Probleme der Reisenden kümmert, könne die Lösung der Probleme sein, so die Schlussfolgerung der Untersuchung. Unser Ziel sind ein hohes Verbraucherschutzniveau und zufriedene Reisende. Darin sind wir uns alle einig. Zufriedene Kunden sind gut für die Reisewirtschaft und deshalb würden wir uns freuen, wenn Sie unseren An- trag folgen könnten – im Interesse der Reisenden und der Wirtschaft. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Einsetzung ei- nes Nationalen Normenkontrollrates (Tagesord- nungspunkt 19) Kai Wegner (CDU/CSU): Ich will heute mit einem Beispiel beginnen, das uns allen schnell verdeutlichen wird, worüber wir bei diesem Tagesordnungspunkt re- den: Die Zehn Gebote Gottes haben 279 Wörter, die amerikanische Unabhängigkeitserklärung hat 300 Wör- ter, aber die EU-Verordnung zur Einfuhr von Karamell- bonbons hat 25 911 Wörter! Nun, es ist ja erfreulich, dass in Deutschland so viele Dinge genauestens und bis ins letzte Detail geregelt sind Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 9157 (A) (C) (D)(B) – dafür werden wir ja auch gelegentlich bewundert –, aber diese, fast schon zwanghafte Regelungswut wird für uns mehr und mehr zu einer großen Last. Wenn man die Bürger befragt, was für sie Bürokratie bedeutet, dann bekommt man schon mal als Antwort zu hören: Von der Wiege bis zur Bahre Formulare, Formulare. Wir haben zwar inzwischen schon an der ein oder an- deren Stelle Ordnung in den Wust an Verordnungen, Regelungen und Gesetzen gebracht und mit über 300 Entlastungsmaßnahmen so manchen Papierstapel beiseite geräumt. Aber dennoch ist die Belastung, insbe- sondere für die Wirtschaft, unverhältnismäßig hoch. Und auch das Problem der Spürbarkeit der Entlastung bleibt weiterhin bestehen. Dies bestätigt uns auch eine aktuelle Umfrage unter den Unternehmern. Nur eine kleine Zahl – 3 Prozent – der befragten Unternehmen registrierten eine Verringe- rung administrativer Lasten, 36 Prozent merkten keine Veränderung, und 44 Prozent spürten sogar eine Zu- nahme von bürokratischen Aufgaben. Das ist zugegebener maßen ein eher unerfreuliches und enttäuschendes Ergebnis. Denn tatsächlich konnten insgesamt mehr als 6,7 Milliarden Euro an unnötiger Bü- rokratie eingespart werden. Damit wurden mehr als 22 Prozent an Bürokratiekosten im Vergleich zum Jahr 2006 abgebaut. Aber Bürokratieabbau ist kein Kurzstreckenlauf. Nein – Bürokratieabbau ist wie ein Marathonlauf! Die ersten Kilometer gehen relativ einfach, den größten Teil der Strecke schafft man unter den zu erwartenden An- strengungen. Aber irgendwann fängt es dann an wehzu- tun. Um das Ziel zu erreichen, muss man alle Kräfte und Reserven anzapfen. Umso schöner ist es, wenn man die Ziellinie erreicht hat und die Anstrengung spürbar nach- lässt. Man könnte sagen: Die Bundesregierung ist mit ih- rem Beschluss „Eckpunkte zum Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung“ Anfang des Jahres auf der Zielge- raden des Marathons Bürokratieabbau eingelaufen. Das Ziel, 25 Prozent der Bürokratiekosten bis Ende nächsten Jahres zu senken, liegt nicht mehr in allzu weiter Ferne. Wenn wir es erreichen wollen, heißt es jetzt: Alle vor- handenen Kräfte und Reserven aktivieren, damit die noch knapp fehlenden 3 Prozentpunkte abgebaut werden können. Ich bin zuversichtlich, dass wir diesen Marathonlauf schaffen werden. Denn mit der klaren Selbstverpflich- tung zum Nettoabbauziel und mit dem Ausbau der Kom- petenzen des Nationalen Normenkontrollrats machen wir einen großen Schritt hin zu mehr Entlastung für die Bürger, die Verwaltung und vor allem für die Wirtschaft. Für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist es von essenzieller Bedeutung, den begonnenen Lauf weiter fortzusetzen. Denn nach wie vor ist der Mittelstand und sind die kleinen Unternehmen von staatlicher Regulie- rung besonders stark betroffen. Ausgehend von einer Gesamtbelastung der Wirtschaft von rund 50 Milliarden Euro müssen noch Abbaumaßnahmen von etwa 1,5 Milliarden Euro auf den Weg gebracht werden, um bis Ende nächsten Jahres das Ziel zu erreichen. Das er- fordert Kondition und, was fast noch wichtiger ist, politi- sche Willensstärke. Zudem haben sich die Rahmenbedingungen durch die Wirtschafts- und Finanzkrise verändert und erfordern in einigen Fällen mehr Regelungen. Die Verunsicherung ist groß und fördert die Versuchung, das Erreichte durch neue Bürokratiebelastungen wieder zu gefährden. Büro- kratie zu reduzieren und gleichzeitig wichtigen Bedürf- nissen anderer politischer Themenfelder gerecht zu wer- den, wurde immer mehr zum Balanceakt. Deshalb ist es eine große Errungenschaft der christlich-liberalen Bun- desregierung, dass zum ersten Mal „Bürokratieabbau“ und „bessere Rechtsetzung“ als eigenständige Politik- ziele, gleichrangig und vollwertig, neben anderen Poli- tikzielen stehen. Mit unserem Staatsminister für Büro- kratieabbau, Eckart von Klaeden, und seiner Ge- schäftsstelle haben wir in diesen Fragen unermüdliche und engagierte Streiter im Bundeskanzleramt. Dafür möchte ich an dieser Stelle herzlichen Dank sagen. Um auch weiterhin positive Ergebnisse sicherzustel- len, werden wir unsere Anstrengungen verstärken müs- sen. Denn die Akzeptanz von politischen Großprojekten dürfte entscheidend von ihrer möglichst alltagstaugli- chen Ausgestaltung abhängen. Zudem müssen wir tun- lichst darauf achten, dass wir die bereits erzielten Entlas- tungen von rund 7 Milliarden Euro pro Jahr nicht durch neue Belastungen an anderer Stelle wieder erhöhen. Der berühmte Jojo-Effekt wäre an dieser Stelle mindestens genauso ärgerlich. Damit das nicht passiert, wird uns der Nationale Nor- menkontrollrat genau beobachten. Und das wollen wir auch! Mit der Änderung des Normenkontrollratsgesetzes, das heute zur Abstimmung steht, bezieht die Koalition den Normenkontrollrat umfassender in die Rechtsetzung mit ein. Er wird erheblich gestärkt, und sein Mandat und die Kompetenzen werden ausgeweitet. Der unabhängige Normenkontrollrat bleibt die zentrale Institution des Bü- rokratieabbaus. Bisher prüft der Normenkontrollrat bei allen Gesetz- entwürfen der Bundesregierung die Darstellung des bü- rokratischen Aufwands, der durch die Befolgung soge- nannter Informationspflichten bei Bürgern, Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung entsteht – und regt gegebe- nenfalls die Erarbeitung kostengünstigerer Alternativen an. Künftig soll diese Begutachtung auf den gesamten Aufwand ausgedehnt werden, der für die Betroffenen bei der Erfüllung bundesrechtlicher Vorschriften anfällt. Das ist unter dem sogenannten Erfüllungsaufwand in § 2 zu verstehen. Dies bedeutet, dass in Zukunft alle Belastun- gen, die sich aus der Umsetzung eines Gesetzes ergeben, in den Blick genommen werden. Ein mutiger und be- wusster politischer Schritt zu einem ganzheitlichen An- satz, wie ich finde. Das entscheidend neue Element des Regierungspro- gramms ist die Betrachtung des gesamten Aufwands, der zur Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung notwen- dig ist. Diese Ausweitung des Programms auf den ge- 9158 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 (A) (C) (D)(B) samten Erfüllungsaufwand bringt einen Perspektivwech- sel mit sich: Das Recht wird aus der Sicht aller Betroffenen untersucht und weiterentwickelt. Damit be- tritt die Bundesregierung – auch im internationalen Ver- gleich – methodisches Neuland. Wenn wir jetzt ein ähn- lich objektives Messverfahren für den Erfüllungs- aufwand für Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft und die Verwaltung erarbeiten, wie es das Standard-Kosten- Modell leistet, dann sind wir an der Spitze der internatio- nalen Entwicklung. Ich begrüße es deshalb sehr, dass das Prüfungsrecht des Normenkontrollrats entsprechend erweitert wird. Die geplante Mandatserweiterung ist auch Ausdruck der hohen Wertschätzung für die Arbeit des Normenkont- rollrats. Und an dieser Stelle möchte ich mich deshalb ganz herzlich bei allen bedanken, die im Normenkon- trollrat mitarbeiten – sowohl bei denen, die den Normen- kontrollrat selbst bilden, als auch bei den Mitarbeiterin- nen und Mitarbeitern. Neben den Regelungsentwürfen der Bundesministe- rien soll der NKR künftig außerdem Gesetzesentwürfe des Bundesrates, wenn sie ihm vom Bundesrat zugeleitet werden, und Regelungsvorhaben aus der Mitte des Bun- destages, soweit die einbringende Fraktion bzw. die ein- bringenden Abgeordneten dies beantragen, prüfen kön- nen. An dieser Stelle hat die Anhörung zum Normenkontrollratsgesetz einige politische und verfas- sungsrechtliche Fragen aufgeworfen. Die in unserem Änderungsantrag vorgesehene Regelung stellt nun klar, dass jedes Verfassungsorgan seine Initiativen dem Nor- menkontrollrat eigenständig zuleiten kann. An dieser Stelle möchte ich kurz erwähnen, dass ich mich sehr darüber freue, dass alle Fraktionen dieses Hauses den grundsätzlichen Kurs der Regierungskoali- tion in Sachen Bürokratieabbau unterstützen. Es mag an der ein oder anderen Stelle unterschiedliche Herange- hensweisen geben, wie die Abbauziele zu erreichen sind. Auch gibt es gewisse Wünsche und Begehrlichkeiten, die in diesem Zusammenhang gesehen werden. Aber im Großen und Ganzen sind wir uns alle einig, dass wir den eingeschlagenen Weg weiterhin zusammen gehen müs- sen. Allerdings haben wir noch eine schwierige Strecke vor uns. Denn auch wenn wir einen wichtigen Etappen- erfolg erzielt haben – und der Jahresbericht der Bundes- regierung zum Bürokratieabbau, der gestern vorgestellt wurde, zeigt uns dies –, darf jetzt der Siegeswille nicht nachlassen. Für das Jahr 2011 sind zahlreiche weitere Maßnah- men vorgesehen, die die Wirtschaft trotz notwendiger neuer Belastungen zusätzlich um 4,6 Milliarden Euro entlasten werden. Die Maßnahmen reichen von der zu- künftigen Möglichkeit der papierlosen Kommunikation mit den Finanzämtern über die Bereitstellung vorausge- füllter Steuererklärungen bis hin zur Vereinfachung des Unternehmensteuerrechts. Insbesondere die Verkürzung und Harmonisierung der Aufbewahrungsfristen im Steuer-, Handels- und Sozialrecht werden wir mit Nachdruck begleiten. Denn mit der Verkürzung der Aufbewahrungsfristen verbinde ich die große Hoffnung, dass wir zu einer für die Unter- nehmen wirklich sichtbaren und spürbaren Entlastung kommen. Wenn die Betriebe nur noch halb so viel Platz für ihre Akten und Steuerunterlagen vorhalten müssen als jetzt, dann können sie die frei werdenden Räumlich- keiten sinnvoller nutzen, und es schmälert zugleich die Kosten für die Archivierung. Unser Ziel muss doch immer eines bleiben, nämlich: Umfang und Nebenwirkungen der Regelungen so gering wie möglich zu halten! Denn nur wenn die Menschen in unserem Land das Gefühl haben, dass es den tatsächlichen Willen gibt, Bü- rokratie auf ein Minimum zu reduzieren, dann wächst auch die Akzeptanz staatlichen Handelns, und zwar auf allen Ebenen. Andrea Wicklein (SPD): Der Nationale Normen- kontrollrat wurde vor vier Jahren durch die Große Koali- tion ins Leben gerufen und hat bereits viel erreicht. Bis- her konnte die Bürokratiebelastung der Wirtschaft um über 7 Milliarden Euro pro Jahr reduziert werden. Besonders wichtig ist auch die Arbeit des Normenkon- trollrates an Modellprojekten zum Abbau des Voll- zugsaufwandes. So wurde zum Beispiel das BAfög-An- tragsverfahren durchleuchtet. Der Normenkontrollrat wächst da auch in eine Beratungsfunktion für die unteren politischen Ebenen hinein. Für uns als Parlamentarier hat der Normenkontrollrat eine wichtige Funktion: Bürokratiekosten, die aus Infor- mationspflichten entstehen, werden transparent gemacht und damit wird uns eine wichtige Entscheidungsgrund- lage für die Beratung von Gesetzen an die Hand gege- ben. Schon bei der Formulierung von Gesetzen sorgt die Überprüfung durch den Normenkontrollrat dafür, dass unnötige Belastungen der Wirtschaft und der Bürgerin- nen und Bürger vermieden werden. Es geht darum, Ge- setze besser zu machen. Es geht um bessere Regeln, mehr Transparenz und eine bessere Rechtsetzung. Ich begrüße daher, dass bei dieser Reform ein weitgehender Konsens erzielt werden konnte. Doch Bürokratieabbau ist leider bei einigen zu einem Schlagwort für Staatsabbau geworden. Daraus resultie- ren auch die Befürchtungen, die vor allem Gewerkschaf- ten gegen das Programm zum Bürokratieabbau haben. Ich möchte deshalb für die SPD noch einmal ausdrück- lich betonen: Uns geht es beim Bürokratieabbau darum, Verwaltungsabläufe zu überprüfen und zu modernisie- ren, wenn möglich zu vereinfachen. Für uns bedeutet Bürokratieabbau aber nicht, bewährte soziale oder ge- sellschaftliche Standards zu reduzieren oder notwendige Aufgaben des Staates infrage zu stellen. Ob im Umwelt- schutz, beim Steuerrecht oder beim Arbeitsrecht: Eine effiziente Verwaltung ist notwendig, um die Interessen der Bürgerinnen und Bürger und der Gemeinschaft zu si- chern. Uns geht es um ein besseres Verhältnis der Bürge- rinnen und Bürger zu den staatlichen Stellen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 9159 (A) (C) (D)(B) Gleichzeitig möchte ich denjenigen, die jede Bürokra- tie gleich als unbeherrschbares Monster darstellen, an dieser Stelle sagen: Staatliche Regeln sorgen für Bere- chenbarkeit, Rechtsschutz und Gleichbehandlung. Erst die Erhebung von Informationen durch den Staat sorgt für Steuereinnahmen oder sinnvolle Regulierung. Erst die nötigen Informationen sichern dem Hartz-IV- oder BAfög-Empfänger seine Leistungen. Trotzdem muss das Ausfüllen eines BAfög-Antrages nicht 335 Minuten dauern, wie der Normenkontrollrat herausgefunden hat. Der Bürokratieabbau sollte daher nicht ideologisiert werden – seine Instrumente auch nicht. Wir bestehen da- rauf, dass der Nationale Normenkontrollrat nicht als politisches Instrument missbraucht wird. Wir werden mit dem Abbau bürokratischer Lasten dann Erfolg haben, wenn Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger durch effizientere Prozesse und einen redu- zierten Aufwand für das Ausfüllen von Formularen die Entlastungen tatsächlich spüren. Das wird auch die Ak- zeptanz für unvermeidbare Bürokratie erhöhen. Wir se- hen es als SPD daher positiv, dass die Befugnisse des Normenkontrollrates ausgedehnt werden sollen, dass in Zukunft der gesamte Erfüllungsaufwand dargestellt wer- den muss. Das resultiert auch aus den gesammelten Er- fahrungen, die der Normenkontrollrat seit seiner Einset- zung im Jahr 2006 machen konnte. Bis jetzt hat sich der Normenkontrollrat auf die Büro- kratiekosten beschränkt, die aus bundesrechtlichen In- formationspflichten entstehen. Zukünftig soll der Rat er- mitteln, ob der gesamte Aufwand der Unternehmen und der Bürger zur Erfüllung einer gesetzlichen Norm ord- nungsgemäß durch den Einbringer eines Gesetzes darge- stellt wurde. Es soll auch möglich sein, Gesetzentwürfe auf Antrag des Bundesrates oder der Fraktionen des Bundestages zu überprüfen. Im federführenden Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hatten wir einen Änderungsantrag einge- bracht. Kritisch sahen und sehen wir zwei Punkte, die ich kurz erläutern möchte. Zum einen war es uns wichtig zu betonen, dass der Normenkontrollrat nicht politisch instrumentalisiert werden darf – weder von der Regie- rung noch von der Opposition. Bei der Anhörung wurde sogar die Frage der Verfassungswidrigkeit aufgeworfen. Wir haben daher vorgeschlagen, dass Gesetzentwürfe aus dem Parlament nur auf Wunsch der einbringenden Fraktion überprüft werden sollten. Ich freue mich, dass die Regierungsfraktionen unserem Vorschlag gefolgt sind und ihn übernommen haben. Zum anderen wollten wir klarstellen, dass über die politische Zielsetzung von Gesetzentwürfen allein das Parlament entscheidet, nicht der Normenkontrollrat. Wir wollten daher deutlicher formulieren, was unter „Erfül- lungsaufwand“ zu verstehen ist. Er sollte unserer Mei- nung nach nur den direkten zeitlichen und monetären Aufwand umfassen. Wir wollten ihn vom Vollzugsauf- wand der Behörden unterscheiden und die indirekten Auswirkungen von Gesetzen, wie zum Beispiel auf Wachstum, Beschäftigung oder Investitionsentscheidun- gen von der Prüfung durch den Normenkontrollrat aus- nehmen. Leider hat die Regierungskoalition diesen Än- derungsvorschlag abgelehnt. Eine Klarstellung an dieser Stelle ist dringend geboten. Nun muss der Normenkon- trollrat selbst in seiner täglichen Arbeit für Klärung sor- gen. Wir setzen natürlich darauf, dass der Nationale Nor- menkontrollrat so wie in der Vergangenheit Bescheiden- heit übt. Wir werden aber als Opposition sehr genau da- rauf achten, dass der Normenkontrollrat von einigen nicht als Einfallstor missbraucht wird, um soziale oder ökologische Standards oder Rechte von Arbeitnehmerin- nen und Arbeitnehmern abzubauen. Die übergeordneten Ziele des Bürokratieabbaus sind – so glaube ich – kon- sensfähig. Dazu zählt, Gesetze besser zu machen, Regeln zu vereinfachen und den Vollzug von Gesetzen kostengünstiger hinzubekommen. Der Nationale Nor- menkontrollrat ist dafür auch das entscheidende Instru- ment. Mir ist kein besseres bekannt. Deutschland hat dabei eine Vorbildwirkung. Das Standardkostenmodell wird in vielen europäischen Staa- ten angewandt. Den gesamten Erfüllungsaufwand zu messen ist jedoch Neuland. Das hat auch die Anhörung im Deutschen Bundestag ergeben. Wir wissen, dass es sich dabei um einen laufenden Prozess handelt, der die weitere Begleitung durch den Bundestag, aber auch durch die Öffentlichkeit und Fachexperten bedarf. Sicher erleben wir heute nicht die letzte Reform des Nationalen Normenkontrollrates. Die SPD wird sich auch in Zu- kunft dafür einsetzen, dass der zu überprüfende Erfül- lungsaufwand von Gesetzen deutlicher formuliert wird. Vielleicht übernimmt die Regierungskoalition dann auch diesen Vorschlag der SPD. Denn es bleiben offene Fragen: Wie wird der Nor- menkontrollrat in Zukunft mit seinen neuen Befugnissen umgehen? Die Regierungskoalition hat ja auf einen kla- ren Rahmen jetzt weitgehend verzichtet. Werden wir in Zukunft darüber diskutieren, was der Normenkontrollrat überhaupt kontrolliert? Ich denke nicht, dass solche offe- nen Fragen der Arbeit des Normenkontrollrates gut tun. Sie werden sicher in näherer Zukunft bei weiteren Refor- men zu beantworten sein. Frank Schäffler (FDP): Ludwig Erhard hat einmal gesagt: „Was sind das für Reformen, die uns Wände voll neuer Gesetze, Novellen und Durchführungsverordnun- gen bringen? Liberale Reformen sind es jedenfalls nicht. Es sind Reformen, die in immer ausgeklügelterer Form Bürger in neue Abhängigkeiten von staatlichen Organen bringen, wenn nicht sogar zwingen.“ Die Themen „Bürokratieabbau“ und „bessere Recht- setzung“ sind für die christlich-liberale Koalition zen- trale Themen. In unserem Koalitionsvertrag haben wir uns der Maxime verpflichtet: „Der freiheitliche Staat soll nicht bevormunden, sondern den Gestaltungsraum von Bürgern und Unternehmen respektieren.“ Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Meilenstein auf dem Weg zur konsequenten Fortsetzung des Büro- kratieabbaus und der besseren Rechtsetzung. Mit ihm werden wir den Nationalen Normenkontrollrat, NKR, stärken. Als unabhängige und kompetente Institution 9160 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 (A) (C) (D)(B) wird er zukünftig nicht nur die Gesetzentwürfe der Bun- desregierung prüfen, sondern die Vorlagen aller Gesetz- gebungsorgane: Der NKR überprüft die Regelungsent- würfe der Bundesministerien vor deren Vorlage an das Bundeskabinett. Regelungsvorlagen des Bundesrates prüft er, wenn sie ihm vom Bundesrat zugeleitet werden. Gesetzesvorlagen des Bundestages prüft der NKR auf Antrag der einbringenden Fraktion oder der einbringen- den Abgeordneten. Damit wird die Qualität der Recht- setzung aller Gesetzgebungsorgane erhöht. Das Statisti- sche Bundesamt steht Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat bei Bedarf unterstützend zur Verfügung. Der durch Informationspflichten ausgelöste Aufwand, auf den sich der Bürokratieabbau bisher beschränkte, macht nur einen geringen Teil der Gesamtbelastung durch eine rechtliche Regelung aus. Deshalb haben wir den engen Begriff der Bürokratiekosten ausgedehnt: Mit dem Erfüllungsaufwand werden der gesamte messbare Zeitaufwand und die Kosten, die durch bundesrechtliche Vorschriften bei Bürgerinnen und Bürgern, bei Unter- nehmen sowie bei der öffentlichen Verwaltung entste- hen, dargestellt. Ein entscheidender Faktor für den bisherigen Erfolg der Tätigkeit des NKR war der „depolitisierte Ansatz“: Der Normenkontrollrat hat nur zu prüfen, ob die zu er- wartenden Bürokratiekosten nachvollziehbar und metho- dengerecht dargestellt werden. Nach wie vor wird die Kompetenz des NKR hierauf beschränkt bleiben. Ziele und Zwecke einer Regelung sind nicht Gegenstand einer Kontrolle durch den NKR, sondern unterliegen weiter- hin der politischen Entscheidung der Gesetzgebungs- organe. Wir wollen den NKR in seiner beratenden Rolle stärken, aber seine politische Neutralität und Unabhän- gigkeit erhalten! Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung wirken wie ein Wachstumsprogramm zum Nulltarif. Wir halten deshalb an dem bestehenden Ziel fest, die Informations- pflichten der Wirtschaft bis 2011 im Vergleich zu 2006 um netto 25 Prozent zu reduzieren. Dass wir dieses Ziel erreichen werden, zeigen die gestern von der Bundes- regierung veröffentlichten Zahlen: So beträgt die Ge- samtabbaubilanz momentan 22,6 Prozent gegenüber der Belastung im Jahr 2006. Bis Ende 2010 wurden Verein- fachungsmaßnahmen mit einem Entlastungsvolumen von rund 6,7 Milliarden Euro pro Jahr umgesetzt. 2011 werden wir weitere Maßnahmen umsetzen, dazu hat die Bundesregierung bereits am 29. Juni 2010 den Umset- zungsplan zur Realisierung des 25-Prozent-Nettoabbau- ziels vorgelegt. Der Bürokratieabbau wird für die FDP aber nicht mit dem Erreichen des 25-Prozent-Ziels Ende 2011 abgeschlossen sein – insbesondere auch mit Blick auf den Erfüllungsaufwand werden wir im Interesse der Bürgerinnen und Bürger sowie der Wirtschaft bürokrati- sche Hemmnisse konsequent weiter abbauen und die Rechtsetzung verbessern. Michael Schlecht (DIE LINKE): Die Linke hat die Einsetzung des Normenkontrollrates von Anfang an ab- gelehnt, weil sein Auftrag in doppelter Weise falsch ist. Erstens prüft der Kontrollrat nur die Kosten des Voll- zugs, nicht aber den Nutzen von Gesetzen. Wenn aber die Sinnhaftigkeit eines Gesetzes außerhalb der Betrach- tung bleibt, sind auch vernünftige Abwägungen von Kosten und Nutzen unmöglich. Zweitens konzentriert sich der Kontrollrat auf die Entlastung der Unternehmen und dabei insbesondere auf die Vermeidung von Infor- mationspflichten. Diese beiden Schwerpunkte sind zu ei- genständigen Politikzielen geworden. Statt auf bessere Regulierung zielt der NKR auf Deregulierung. Die nun beabsichtigte Erweiterung des NKR-Mandats ist angesichts der Krisenerfahrungen der vergangenen Jahre abzulehnen. Bessere, zielgenauere Regulierung sollte im Mittelpunkt stehen und nicht noch mehr einsei- tige Deregulierung. Einem falsch konstruierten und falsch mandatierten Gremium noch mehr Befugnisse zu geben, lehnen wir entschieden ab. Den Handlungsbe- reich des NKR auch auf die Gesetzesinitiativen der Frak- tionen, also auch der Opposition, ausdehnen zu wollen, haben wir von Anfang an abgelehnt. Das zumindest hat jetzt auch die Koalition eingesehen und darauf mit einem eigenen Änderungsantrag reagiert. Aber an der falschen Ausrichtung des NKR ändert sich nichts. Zu Recht stellte der Sachverständige des DGB während der Anhörung zum Gesetzentwurf die Frage, warum Bürokratie unbedingt billiger und nicht hauptsächlich besser werden sollte. Wer Gesetzesfolgen richtig abschätzen will, muss zunächst die Ziele und den Nutzen von Gesetzen im Blick haben. Erst danach lässt sich abwägen, ob es an der einen oder anderen Stelle ei- nen unverhältnismäßigen Erfüllungsaufwand gibt. Und das sollte nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Beschäftigte und Bürgerinnen und Bürger gelten. Besser ist es deshalb, in Gesetzgebungsverfahren oder bei der Verabschiedung von Vorschriften von vornherein die Praxistauglichkeit und nicht zuletzt auch die Ver- ständlichkeit als wesentliche Kriterien zu berücksichti- gen. Zu diesem Zweck sollten mehr als bisher die Inte- ressen von Beschäftigten und von Bürgerinnen und Bürgern in die Anhörungen und generell in die Mei- nungsbildung von Legislative und Exekutive einfließen. Eine bessere Staatlichkeit in diesem Sinne fördert der NKR bislang kaum, wie seine Jahresberichte zeigen. Sein eindeutiger Fokus ist die Entlastung von Unterneh- men. Im letzten Jahresbericht sind die dort genannten 365 Vereinfachungsmaßnahmen nahezu ausschließlich unternehmensbezogen. Interessant ist dabei, dass die großen Posten der Kostenersparnis mit Bürokratieabbau gar nichts zu tun haben. Sie ergeben sich daraus, dass Papier durch elektronische Mitteilungen ersetzt wird. Summiert man diese technologisch bedingten Entlas- tungsbeiträge, kommt man auf über 90 Prozent der Ge- samtersparnis. Mit anderen Worten: Der von der Bun- desregierung behauptete Bürokratieabbau ist im Kern eine technische Neuerung. Soweit Bürgerrechte jeweils gewahrt bleiben, ist diese Innovation zu begrüßen. Zu- gleich zeigen die Größenverhältnisse, dass der Bürokra- tieabbau im engeren Sinne offensichtlich nur sehr be- grenzte Wirkungen hat. Zum Teil werden aber auch Informationspflichten in Gänze gestrichen. In diesem Zusammenhang mahnt der Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 9161 (A) (C) (D)(B) Beirat des Statistischen Bundesamtes zu Recht, „beim Abbau von Statistikpflichten neben den Bürokratiekos- ten und Entlastungspotenzialen auch die damit einher- gehenden Informationsverluste systematisch zu berück- sichtigen. Die Streichung von Merkmalen oder ganzen Erhebungen kann zu einem Verlust an Informationen führen, der sich auch nachteilig auf die Qualität von Ge- setzen auswirken kann. Informationsverluste müssen in den statistikrelevanten Gesetzentwürfen deutlicher als bisher aufgezeigt werden. Dadurch können Kosten und Nutzen von amtlichen Statistiken besser abgewogen werden.“ Bisweilen hat man den Eindruck, dass – neben Steu- erreformen – der Bürokratieabbau das letzte wirtschafts- politische Aufgebot der Regierung ist. Dabei ist häufig noch nicht einmal nachvollziehbar, wie die Bundesregie- rung und der Normenkontrollrat ihre Entscheidungen ab- wägen. Wir halten es für falsch, den Normenkontrollrat, ein eher intransparentes und einseitig auf Kostensenkung orientiertes Gremium, zu stärken. Das geht dann so weit, dass die FDP zur Finanzierung ihrer Steuergeschenke an Besserverdiener geringere Sicherheitsstandards im Au- tobahnbau fordert. Das nützt Bauunternehmen, aber wird für die Gesellschaft teuer. Einstürzende U-Bahn-Schächte in Köln lassen grüßen. Bürokratieabbau muss mit Verstand erfolgen und mehr Demokratie wagen. Wir brauchen keine Gesetze und Verwaltungsvorschriften, die nicht sachgerecht sind, die einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern oder die in Gänze widersinnig sind. Wir brauchen keinen Ob- rigkeitsstaat, der die Bürgerinnen und Bürger gängelt und bevormundet. Einen Bürokratieabbau in diesem Sinne begrüßen wir. Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir begrüßen den Gesetzentwurf grundsätzlich. Unsere soziale Marktwirtschaft braucht einen geeigneten Rah- men aus guten Regeln, Standards und Normen, der von den Bürgerinnen und Bürgern auch akzeptiert wird. In vielen Fällen sind Regelungen und Regulierungen, wie auch Informationspflichten, wichtig und notwendig. In vielen Fällen sind sie aber auch unnötig kompliziert und aufwendig. Solche überbürokratischen Regeln und Ver- fahren werden – seitens der Unternehmen wie auch sei- tens der Bürgerinnen und Bürger – zunehmend kritisiert und sorgen für Unverständnis. Unnötige Bürokratie ab- zubauen entfaltet deshalb eine hohe Wirkung, gibt posi- tive konjunkturelle Impulse und stärkt den Wirtschafts- standort Deutschland. Dies gelingt aber nur dann, wenn dieses Weniger an Bürokratie für Unternehmen, Bürge- rinnen und Bürger und für die Verwaltung auch tatsäch- lich spürbar ist. Es ist deshalb sinnvoll, dass der Nor- menkontrollrat zukünftig den gesamten bürokratischen Erfüllungsaufwand prüfen soll, der durch Bundesgesetze ausgelöst wird und nicht nur die Informationspflichten. Denn um unnötige Bürokratie zu vermeiden, brauchen wir ein realistischeres Bild der tatsächlichen Belastun- gen. Wir erweitern mit dem Gesetz das Mandat des Normenkontrollrates. Zukünftig sollen auf Antrag der einreichenden Fraktion bzw. des einreichenden Abge- ordneten auch Gesetzesinitiativen aus der Mitte des Bun- destages geprüft werden. Das führt zu mehr Klarheit und ist unbestritten ein Fortschritt. Allerdings ging der ur- sprüngliche Gesetzentwurf weiter. Geplant war, dass zum Beispiel auch Koalitionsentwürfe auf Antrag einer Fraktion dem Normenkontrollrat zur Prüfung zugeleitet werden können. Damit wäre ein Schlupfloch für beson- ders bürokratielastige Gesetzentwürfe der Regierungs- fraktionen geschlossen worden. Die Koalitionsfrak- tionen und auch die SPD-Fraktion hatten hier nun Bedenken, sodass jetzt die Prüfung nur auf Antrag der einbringenden Fraktion möglich sein wird. Wir finden das etwas bedauerlich. Allerdings sehen auch wir hier noch Klärungsbedarf zu den verfassungsrechtlichen Ein- wänden. Meine Fraktion wird sich deshalb bei der Ab- stimmung über den Gesetzentwurf enthalten. Der Aufwand, die bürokratische Belastungen zu er- fassen, darf nicht bei den Fraktionen abgeladen werden. Das Initiativrecht der Fraktionen darf nicht beschädigt werden. Das ist ein ganz wichtiger Punkt bei der Aus- weitung des Mandats des Normenkontrollrates. Dieser Forderung von uns kommt die Koalition zumindest zum Teil nach, weil das Statistische Bundesamt nun auch uns Abgeordnete bei der Bürokratiekostenermittlung unter- stützen kann. Es wird sich im Verfahren zeigen, ob dies so praktikabel gelöst ist. Gegebenenfalls müssen wir aber hier nachsteuern. Ein weiterer Punkt auf unserer Reformagenda bleibt die größere Unabhängigkeit des Normenkontrollrates von der Regierung. Wir schlagen hier vor, die Auswahl der Mitglieder des Normenkon- trollrates nicht mehr ausschließlich in die Hand der Bun- desregierung zu legen, sondern über die Besetzung des Rates auch im Bundestag abzustimmen. Last but not least kommen komplizierte und aufwendige Regelungen mitunter auch erst im parlamentarischen Verfahren über Änderungsanträge in die Gesetzentwürfe hinein. Der Normenkontrollrat sollte deshalb auch vor Abschluss ei- nes Gesetzgebungsverfahrens eine abschließende Stel- lungnahme abgeben. Dies wäre notwendig, damit die Expertise in der parlamentarischen Beratung noch ange- messen berücksichtigt werden kann. Bürokratische Belastungen für Bürgerinnen und Bür- ger und Unternehmen entstehen nicht nur durch die Ge- setzgebung, sondern vor allem durch den Vollzug der Gesetze. Eine Verringerung überzogener Bürokratielas- ten kann deshalb nicht allein auf Bundesebene gelingen, sondern braucht eine gemeinsame Anstrengung aller staatlichen Ebenen. Die Bundesregierung sollte hier ak- tiv werden und eine gemeinsame Initiative mit Ländern und Kommunen anstoßen. Auch müssen zu starke büro- kratische Belastungen aus bereits vorhandenen Gesetzen viel mehr in den Blick genommen werden. Diese Mam- mutaufgabe kann der Normenkontrollrat allein nicht leisten. Hier ist die Regierung gefordert, ein umfassen- des Bürokratieabbauprogramm zu entwerfen, das unnö- tige bürokratische Belastungen aus allen geltenden ge- setzlichen Regelungen zusammenstellt, und bis zur Mitte dieser Wahlperiode eine umfassende Gesetzesini- tiative zum Abbau dieser Bürokratielasten vorzubereiten 9162 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 (A) (C) (D)(B) und im Deutschen Bundestag zur Abstimmung zu stel- len. Unnötige bürokratische Belastungen zu vermeiden und abzubauen, muss auch viel stärker in das alltägliche Regierungsdenken und -handeln integriert werden. Die Ministerien sollten für jedes Jahr verbindliche Bürokra- tieabbauziele für ihr Haus formulieren und bei den jähr- lichen Haushaltsberatungen über deren Einhaltung be- richten. Die Bundesregierung hat in ihrem Jahresbericht 2009 zum Stand des Bürokratieabbaus erstmals klargestellt, dass sie eine „Netto-Entlastung der Wirtschaft um 25 Prozent bis Ende 2011“ anstrebt. Trotzdem hat sie auf eine transparente Gegenüberstellung der belastenden und entlastenden Maßnahmen verzichtet. Diese wäre aber zwingend notwendig, um die Erfüllung des Netto- ziels nachprüfbar zu machen. Auch der Normenkontroll- rat hatte diese unklare Darstellung bereits kritisiert. Es ist deshalb notwendig, dass die Bundesregierung zu- künftig bei ihrer Berichterstattung zum Stand des Büro- kratieabbaus auch über belastende Maßnahmen transpa- rent und nachvollziehbar berichtet. Anlage 6 Zu Protokolll gegebenen Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Energiesteuer- und des Strom- steuergesetzes (Tagesordnungspunkt 20) Norbert Schindler (CDU/CSU): Wir beschließen heute in zweiter und dritter Beratung den Gesetzentwurf zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuerge- setzes, in dem es um verschiedene Themenbereiche geht. Schwerpunkt dieses Änderungsgesetzes ist der Aus- gleich steuerlicher Unterschiede, die in der Vergangen- heit immer wieder für Ärger sorgten. Auch sollen hier- mit im Rahmen des Vollzuges dieser Gesetze bisher aufgetretene Umsetzungsschwierigkeiten eliminiert wer- den. Es geht aber auch darum, klarzustellen, dass steuerli- che Unterschiede wie bei Fern- und Nahwärme nivelliert werden, wie auch, dass die von der Großen Koalition be- schlossene Abschaffung der Steuerbefreiung von Kohle zum Verheizen in Privathaushalten nun tatsächlich – ins- besondere aus Umweltgesichtspunkten – zementiert wird. Ein Hauptpunkt dieses Gesetzentwurfes, der gerne von der Opposition angegriffen wird, weil er natürlich auch der mit der größten haushalterischen Auswirkung ist, ist die Verstetigung der Agrardieselvergünstigung. Trotz der hier zu beschließenden Reduzierung ist dieser im Ver- gleich zu anderen Ländern der EU – ja, ich sage weltweit – immer noch der höchste Steuersatz für den Einsatz von Treibstoff in der Landwirtschaft. Diese Sonderbelastung ausschließlich der deutschen Landwirtschaft konterka- riert das Ziel der gleichen Wettbewerbschancen innerhalb der Europäischen Union. Die Minderung des Steuersatzes auf 25,5 Cent, die von der Großen Koalition am 9. Fe- bruar 2009 beschlossen wurde, ist nach meiner Auffas- sung immer noch zu wenig, vor allem, wenn ich an unsere unmittelbaren Nachbarn Frankreich und Österreich denke. Aber ich werbe bei diesem Punkt auch bei meinen Bauern um Verständnis für die derzeitige Haushaltslage unseres Staates. Auch muss man der deutschen Land- wirtschaft insgesamt sagen, dass in den Bereichen der Agrarförderung bis hin zum Berufsgenossenschaftsbei- trag heute vieles an finanzieller Erleichterung durchge- setzt ist, was vor Jahren noch unvorstellbar war. Deshalb sage ich der Opposition in aller Deutlichkeit: Auch Sie reden immer von gleichen Wettbewerbsbedin- gungen, beschimpfen uns aber für diesen Schritt, der EU-weit gesehen für die deutsche Landwirtschaft drin- gend nötig ist. Dieser Steuersatz ist immer noch nur die Hälfte des Ziels, das wir eigentlich erreichen wollten. Ich bleibe dabei: Mittelfristig müssen wir die europäi- schen Energiesteuern dringend angleichen, um in einem Wirtschaftsraum gleiche Voraussetzungen für die ge- samte Industrie und Landwirtschaft zu schaffen. Die anderen vom Finanzausschusses empfohlenen Änderungen im Gesetzentwurf möchte ich hier kurz skizzieren: Das Inkrafttreten des Gesetzes zur Vermei- dung einer echten Rückwirkung wird, auch aus verfas- sungsrechtlichen Gründen, auf den 1. April 2011 verlegt. Gleichzeitig werden Maßnahmen mit begünstigender Wirkung für Bürger und Unternehmen schon zum 1. Januar 2011 in Kraft treten. Für feste Sekundär- und Ersatzbrennstoffe, die nicht entsprechend ihrem Energiegehalt einer Besteuerung un- terworfen sind und verheizt werden, wird ein niedriger Auffangsteuersatz eingeführt, der sich an der Höhe des Steuersatzes für Kohle und Petrolkoks orientiert. Die im Ursprungsentwurf vorgesehene Streichung der Steuerbefreiung für Klär- und Deponiegase, die durch eine Definitionsänderung bei gasförmigen Biokraft- und Bioheizstoffen sozusagen durch die Hintertür erfolgt ist, konnten wir zurücknehmen. Durch die unter EU-Vorbe- halt stehende dezidierte Aufnahme der Klär- und Depo- niegase in den Befreiungstatbestand schaffen wir steuer- rechtliche Gleichheit aller gasförmigen Energieträger bei umweltschonender Verwendung. Dieses Thema wurde ja auch deutlich im Fachgespräch des Finanzausschusses am 10. November 2010 von den Sachverständigen vor- getragen, genau wie das Thema Steuerbefreiung von In- dustriegasen, dem auch Sie seitens der Opposition in den Einzelanträgen zugestimmt haben. Bei Industriegasen haben wir uns auf eine eng be- grenzte Definition geeinigt; die zukünftige Stromsteuer- befreiung bei der Herstellung von Industriegasen ist, wie vorhin schon angesprochen, eigentlich nur eine Korrek- tur des Energiesteuergesetzes, das am 1. August 2006 in Kraft getreten ist. Ich weise aber hier in aller Deutlich- keit darauf hin, dass dieser Sachverhalt noch unter dem Vorbehalt einer Prüfung durch die EU steht, unterstelle aber, dass Brüssel dies genehmigen wird. Wovon reden wir hier? In vielen thermischen Prozes- sen werden hochwertige Gase wie Edelgase und Reinst- gase eingesetzt, die mit hohem Stromeinsatz durch Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 9163 (A) (C) (D)(B) Elektrolyse oder in kryogenen Luftzerlegungsanlagen hergestellt werden. Die Gasgewinnung erfolgt in der Re- gel nahe am Verbrauch der Industriegase; sie können je- doch auch standortfern produziert werden, müssen dann aber mit Straßen- und Schienentankwagen in Druckgas- behältern transportiert werden. Um – bei einem Abwan- dern der Herstellung ins benachbarte Ausland – einen hohen logistischen Aufwand zu vermeiden, galt es den Standortnachteile im deutschen steuerlichen Einzugsbe- reich auszumerzen. Bei der Fernwärme, bei der wir als Koalition nicht den Anträgen der Opposition folgen, gibt es aus unserer Sicht große Probleme bei der Unterscheidung von Fern- und Nahwärme, die auch im Fachgespräch nicht ausge- räumt werden konnten. Wenn dies für die betroffenen 4 Millionen Haushalte, wie von Ihnen vorgetragen, zu einer Belastung von 1 Euro/Monat führen könnte, ist das, übers Jahr gerechnet, der Gegenwert von zwei Schachteln Zigaretten. Aber wie erkläre ich einem Heizöl- oder Gasbezieher, dass er die steuerliche Belas- tung tragen muss? Und kommen Sie mir jetzt nicht mit den ökologischen Vorteilen der Fernwärme: Alte KWK- Anlagen sind auch nicht nur rein! Wenn wir von Gleich- heit vor dem Grundgesetz reden, müssen wir Gleiches auch gleich behandeln! Dass die Verlängerung der Subvention von Heizkohle in Privathaushalten nun endlich „abgefrühstückt“ ist, sollte, an die SPD gerichtet, mit Hinweis auf ihre eige- nen Beschlüsse hier nicht vertieft werden. Mit der Gesetzesvorlage durch die Bundesregierung, den Beschlüssen, die wir im Rahmen des Haushaltsbe- gleitgesetzes für den Bereich der Energiesteuerentlas- tung für Unternehmen schon getroffen haben und den Änderungen an diesem Gesetz im Zuge der Beratungen im Finanzausschuss haben wir eine ausgewogene Be- und Entlastung der Unternehmen in Industrie und Land- wirtschaft, der Verbraucher und des Bundeshaushaltes erreicht. Peter Aumer (CDU/CSU): Die Weltklimakonferenz in Cancún war ein Erfolg. Erstmalig ist das 2-Grad-Ziel von der Weltgemeinschaft offiziell anerkannt worden. Die Weltklimakonferenz hat sich zudem nach schwieri- gen Verhandlungen und in letzter Minute auf ein umfas- sendes Maßnahmenpaket verständigt, das einen wesent- lichen Schritt darstellt, um dieses Ziel zu erreichen. Die dabei getroffenen Entscheidungen sind ein Meilenstein auf dem Weg zu einem Klimaabkommen. Das Paket von Cancún umfasst Minderungsmaßnahmen von Industrie- und Entwicklungsländern, die Errichtung eines globalen Klimafonds, Verabredungen zur Anpassung an die Fol- gen des Klimawandels, zum Waldschutz, zur Technolo- giekooperation und zum Kapazitätsaufbau in Entwick- lungsländern. Es wurde ein Verfahren zur Überprüfung vereinbart, welche zusätzlichen Maßnahmen zur Einhal- tung des 2-Grad-Ziels erforderlich sind. Anhand der klimapolitischen Ziele der Bundesregie- rung wollen wir die Energie- und Stromsteuer verbes- sern sowie die bestehen Vorschriften an das sich ständig ändernde Marktumfeld für Energieerzeugnisse anpassen. Im Einzelnen enthält das Gesetz folgende wesentliche Maßnahmen: Erstens. Die Steuerbegünstigung für die Herstellung von Energieerzeugnissen wird in sich schlüssiger ausge- staltet, indem wesentliche Herstellungsprozesse mit ein- bezogen werden und die Steuerbegünstigung den ver- stärkten Einsatz umweltfreundlicheren Erdgases zulässt. Zweitens. Auf die Entstehung eines Marktes für Se- kundär- und Ersatzbrennstoffe wird reagiert, indem ein am Energiegehalt orientierter Steuertarif eingeführt wird. Die Regelung verhält sich steuerlich neutral und vereinfacht für Unternehmen und Verwaltung das Be- steuerungsverfahren. Drittens. Mit einer Ausweitung der Möglichkeiten zur Steuerentlastung auf leicht- und mittelschwere Öle wird Bedürfnissen von Unternehmen Rechnung getragen, die aus technischen Gründen für bestimmte Verfahren nur Leichtöl verheizen können. Bisher konnten diese Öle und die ihnen von der Beschaffenheit her ähnlichen En- ergieerzeugnisse nur zu den Steuersätzen für Kraftstoffe verheizt werden. Viertens. Die Betriebe der Forst- und Landwirtschaft werden unterstützt, indem der mit dem Haushaltsbegleit- gesetz 2005 eingeführte Selbstbehalt von 350 Euro und die Obergrenze von 10 000 Liter je Betrieb gestrichen werden. Damit wird der forst- und landwirtschaftliche Sektor vor dem Hintergrund der weiterhin ungleichen Besteuerung von Agrardiesel im EU-Vergleich verstärkt entlastet. Dies ist vor allem für die CSU eine wichtige Reform. Durch die allgemeine Verunsicherung der Verbrau- cher und den Druck bei den Erzeugerpreisen sind die deutschen und bayerischen Landwirte unmittelbar von der derzeitigen Wirtschaftskrise betroffen. Deshalb ist es immens wichtig, der Land- und Forstwirtschaft jetzt ein unterstützendes Signal zu geben. Der Abbau von Wett- bewerbsverzerrungen im europäischen Binnenmarkt steht dabei an erster Stelle. Spitzenreiter bei der Besteue- rung des wichtigsten Energieträgers der Land- und Forstwirtschaft, beim Agrardiesel, ist Deutschland. Hier findet eine massive Benachteiligung im europäischen Wettbewerb statt. Ein 25 Hektar großer Betrieb wird ge- genüber gleich großen Betrieben im europäischen Aus- land um bis zu 1 100 Euro pro Jahr benachteiligt. Durch den jetzigen Wegfall des Selbstbehaltes und der Obergrenze werden die Betriebe in einem schwieri- gen wirtschaftlichen Umfeld spürbar entlastet. Dass diese Erleichterung für unsere Bauern heute in abschlie- ßender Lesung behandelt wird, ist ausschließlich auf die unnachgiebige Haltung der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag zurückzuführen. Keine andere Partei vertritt die Interessen der Land- und Forstwirte so konsequent und standhaft. Auch bei energieintensiven Unternehmen fällt zu- künftig die zusätzliche Belastung weniger stark aus. So wären zum Beispiel die Kosten für die Strom- und Ener- giesteuer eines großen Walzwerkes mit über 2 100 Mit- arbeitern nach dem Kabinettsbeschluss von 878 000 auf 2 720 000 Euro angestiegen. Durch die von uns gefor- 9164 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 (A) (C) (D)(B) derten Änderungen reduziert sich die Belastung um 1 342 000 Euro pro Jahr. Sie liegt gegenüber dem Kabi- nettsentwurf nun bei 1 378 000 Euro pro Jahr. Gerade für die Wettbewerbsfähigkeit unserer mittelständischen Wirtschaft sind diese Maßnahmen wichtig. Die ermäßigten Steuersätze sind keine Steuerge- schenke oder Steuersubventionen. Sie waren mit der Einführung der ökologischen Steuerreform im Jahr 1999 eingeführt worden, um die Chancengleichheit deutscher Unternehmen im internationalen Wettbewerb nicht zu beeinträchtigen. An diesem Sachverhalt hat sich nichts geändert. Im Gegenteil: Die Energiepreise werden mehr und mehr zu einem Standortnachteil für Deutschland. Nach Auskunft des Bundeswirtschaftsministeriums lie- gen allein die Industriestrompreise in Deutschland inklu- sive Steuern um 30 bis 35 Prozent höher als in Frank- reich, Spanien oder Schweden. Die ständig steigenden Energiekosten bilden bei den Unternehmen einen immer größeren Kostenblock. Es ist die Herausforderung unserer Zeit, der sich die CSU stellt, die Dynamik Deutschlands zu erhalten, den Fortschritt zu fördern und den Wohlstand des Landes zu sichern. Mit den Änderungen des Energie- und Strom- steuergesetzes entlasten wir unsere Unternehmen und bringen Deutschland weiter voran. Gleichzeitig setzen wir aber auch auf Nachhaltigkeit und leisten einen Bei- trag zum Klimaschutz. Gerade das ist das Ziel der christlich-liberalen Koalition. Nachhaltigkeit und wirt- schaftliche Vernunft sind konkreter Handlungsauftrag, der sich aus unserer sozialen Marktwirtschaft ergibt. Zum Schluss meiner Rede wünsche ich uns allen ge- segnete Weihnachten, besinnliche Tage sowie alles er- denklich Gute für das neue Jahr 2011. Ingrid Arndt-Brauer (SPD): Der Gesetzentwurf zur Änderung der Energie- und Stromsteuer, den wir heute beraten, reiht sich in dreierlei Hinsicht nahtlos in die Liste der Gesetze ein, die Sie in den letzten Wochen hier im Parlament beschlossen haben. Dabei gilt: Es gibt kein geordnetes systematisches Vorgehen, Lobbygruppen wer- den begünstigt und die Verbraucherinnen und Verbraucher werden belastet. Wie bei der Tabaksteuer – gerade mal zwei Wochen ist das her – sind auch die von ihnen geplanten Änderun- gen bei der Energie- und Strombesteuerung rein haus- haltspolitischer Natur. Es gilt, möglichst viel Geld einzu- treiben, um die Haushaltslöcher zu stopfen, die Ihr verfehltes und sozial unausgewogenes Sparpaket und die Anfang dieses Jahres verteilten Steuergeschenke an Ho- tels und Erben verursacht haben. Das ist die unbequeme und nicht zu leugnende Wahrheit. Der zu erwartende Wi- derstand der Industrie ließ nicht lange auf sich warten – und das sogar zu Recht. Ich erinnere in diesem Zusam- menhang noch einmal an das Haushaltsbegleitgesetz 2011: Wir als SPD-Bundestagsfraktion hatten uns schon bei den Beratungen hier im Bundestag dafür ausgespro- chen, auf die von Ihnen geplanten massiven Steuermehr- belastungen der energieintensiven Unternehmen zu ver- zichten, da diese insbesondere mittelständische Betriebe treffen. Die Auswirkungen auf das produzierende Ge- werbe in Deutschland sind zudem überhaupt nicht ab- sehbar. Was wir brauchen, ist eine längerfristige Pla- nungssicherheit für die betroffenen Unternehmen, ins- besondere für die Energiebesteuerung der Industrie nach 2012, wenn die beihilferechtliche Befristung der Euro- päischen Kommission endet. Sie als Bundesregierung sind aufgefordert, zügig eine Analyse der realen Wettbewerbswirkungen der heutigen Steuervergünstigungen und ein darauf fußendes schlüs- siges Energiekonzept vorzulegen. Zurzeit kann ich kein Konzept erkennen. Auch wenn Sie sich jetzt für ein ge- mäßigteres Modell beim Abbau der Steuervergünstigun- gen für energieintensive Betriebe entschieden haben, entbinden Sie diese einzelnen unsystematischen Maß- nahmen nicht aus der Verantwortung, eine fundierte und berechenbare Politik zu machen. Bislang existiert an- stelle eines durchdachten Energiekonzeptes nur ein va- ger Prüfauftrag für die Ausgestaltung von Gegenleistun- gen für Ökosteuervergünstigungen der deutschen Wirt- schaft ab 2013. Das ist schlichtweg zu dürftig. Ganz konkret hingegen ist die Begünstigung be- stimmter Lobbygruppen. Beim Agrardiesel werden Selbstbehalt und Mengenbegrenzung gestrichen. Sie ma- chen sich zum Erfüllungsgehilfen der Landwirtschafts- lobbyisten. Immerhin führt diese Maßnahme, die der Deutsche Bauernverband seit Jahren und fast schon ge- betsmühlenartig wiederholt immer wieder fordert, zu zu- sätzlichen Steuermindereinnahmen des Bundes in Höhe von rund 260 Millionen Euro pro Jahr. Durch diese Steu- erausfälle kann es zu Kürzungen bei Förderprogrammen wie der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küs- tenschutz kommen. Darunter leiden dann Leistungsfä- higkeit und Umweltverträglichkeit der Landwirtschaft. Da die Obergrenze von 10 000 Litern in der Regel erst von Betrieben mit mehr als 70 Hektar überschritten wird, profitieren vor allem Großbetriebe überdurch- schnittlich vom Wegfall der Obergrenze. Während ein 100-Hektar-Betrieb in den Genuss von Steuerermäßi- gung in Höhe von knapp 1 000 Euro kommt, sind es bei einem 1 000-Hektar-Betrieb 30 000 Euro. Wie Sie mit einer solchen Politik zudem Ihr selbstge- setztes Ziel – eine Harmonisierung der Besteuerung des Agrardiesels auf europäischer Ebene – erreichen wollen und können, ist und bleibt mir vollkommen schleierhaft. Eher ist diese Art von Steuerpolitik geeignet, unsere Nachbarn in Europa dazu zu bewegen, ihre Subventio- nen bei der Landwirtschaft beizubehalten und schlimms- tenfalls sogar zu erhöhen. Doch was wir in Europa am wenigsten brauchen, ist ein Subventions- oder Steuer- senkungswettbewerb. Die Zeche für die Agrarsubventionen zahlen – wie eingangs erwähnt – schon wieder die Verbraucherinnen und Verbraucher. Bei der Tabaksteuer waren es die Rau- cher, jetzt trifft es diejenigen, die mit Fernwärme heizen. Mit Streichung der energiesteuerlichen Begünstigung für die Fernwärmeversorgung werden circa 4 Millionen Haushalte mehr Heizkosten bezahlen müssen; allein in Berlin werden ungefähr 600 000 Haushalte tiefer in die Tasche greifen müssen. Selbst der Bundesrat – ein- schließlich der von Ihnen geführten Regierungen – hat Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 9165 (A) (C) (D)(B) sich dafür ausgesprochen, die Steuervergünstigung für die Fernwärme zu erhalten – aber offenbar ohne Erfolg. Die Menschen werden sich auch von Ihren geplanten Steuervereinfachungen keinen Sand in die Augen streuen lassen. Die von Ihnen diskutierte Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrages bringt ihnen nicht allzu viel. Vielmehr als eine Tasse Kaffee im Monat wird die Anhebung von 920 auf 1 000 Euro pro Jahr für die meis- ten Steuerzahler nicht bringen. Die Option, nur noch alle zwei Jahre eine Lohnsteuererklärung abzugeben – so sie dieses überhaupt dürfen –, wäre für die meisten Lohn- steuerpflichtigen sogar von Nachteil: 18 Millionen von 20 Millionen Steuerzahlern, die eine Erklärung abgeben müssen, bekommen vom Finanzamt zu viel gezahlte Steuern erstattet. Machen sie ihre Erklärung nur alle zwei Jahre, gewähren sie dem Finanzminister einen zins- losen Kredit und verlieren selbst Zinseinnahmen. Un- term Strich bleibt es also dabei: Die Verbraucher schauen in die Röhre, das können Sie nicht kaschieren. Neben den schon erwähnten Belastungen für viele private Haushalte ist die Streichung der Steuervergünsti- gung klimapolitisch kontraproduktiv und verfehlt. Wir alle wissen: Die Fernwärme leistet einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung der Klima- und Umweltziele Deutschlands. Insbesondere in Verbindung mit Kraft- Wärme-Kopplung sowie bei der Nutzung von Abwärme bietet sie eine hocheffiziente Verwendung regenerativer und fossiler Energieträger. Das gilt auch für die Nutzung erneuerbarer Energien in Ballungsräumen, die ein relativ begrenztes Dachpotenzial und eingeschränkte Möglich- keiten für die Nutzung von Wärmepumpen auf der Basis von Erd- oder Umweltwärme aufweisen. Darüber hinaus reduzieren moderne, hocheffiziente Fernwärmeanlagen im Vergleich zu Einzelheizungen die Bildung von Fein- staub und luftgetragenen Schadstoffen und tragen somit zu einer Verbesserung der Luftqualität in städtischen Verdichtungsräumen bei. Wir alle wissen: Eine steuerliche Entlastung der Fern- wärme im Energiesteuergesetz ist wichtig und notwen- dig, um das von der Bundesregierung gesetzte Ziel, den KWK-Anteil an der gesamten Stromerzeugung bis 2020 auf 25 Prozent zu erhöhen, nicht zu gefährden. Neben den angesprochenen KWK-Anlagen sind Heizwerke ein bedeutsamer und unverzichtbarer Bestandteil in den meisten Fernwärmenetzen. Sie gewährleisten nicht nur die umweltfreundliche, weil effiziente Abdeckung von Bedarfsspitzen, sondern auch den ökologisch und öko- nomisch sinnvollen Ausbau von Wärmenetzen. Wir alle wissen: Die an die Fernwärmenetze ange- schlossenen Heizsysteme unterliegen in der Regel dem Emissionshandel und treten in Konkurrenz mit anderen Heizlösungen, die nicht am Emissionshandel teilneh- men. Es gibt also keine vergleichbaren Ausgangsbedin- gungen auf dem Wärmemarkt. Eine Fortführung der steuerlichen Begünstigung der Fernwärme hätte dem Abbau bestehender Wettbewerbsnachteile der Fernwär- meversorgung gedient. Ihre Politik ist daher wettbe- werbsschädlich. Ihren Gesetzentwurf lehnen wir als SPD-Fraktion aus den genannten Gründen ausdrücklich ab. Dr. Birgit Reinemund (FDP): Ich wundere mich über die Haltung der Grünen: Sie nutzen die heutigen eher technischen Änderungen des Energiesteuergesetzes, um die Koalition schon heute für etwas zu kritisieren, was erstens bereits beschlossen ist und was zweitens Sie in eigener Regierungsverantwortung gesetzlich so gere- gelt haben. Es war schließlich Rot-Grün, die bei Einfüh- rung der Ökosteuer – volkswirtschaftlich richtig – er- kannt hatten, dass die Belastung für energieintensive produzierende Unternehmen zu groß geworden wäre, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Rot- Grün hatte damals aus innerer Überzeugung – so hoffe ich doch – diese Industriebereiche größtenteils von der Besteuerung ausgenommen, um Wettbewerbsfähigkeit herzustellen und Verlust von Arbeitsplätzen zu verhin- dern. Gleichzeitig wurde ein Vertrag mit der Wirtschaft geschlossen, im Gegenzug bis 2012 die Energieeffizienz zu steigern. Das haben die Unternehmen eingehalten. Wir haben vor kurzem im Rahmen des Haushaltsbe- gleitgesetzes eine moderate Erhöhung beschlossen; das Bundesfinanzministerium wollte ursprünglich weit hö- here Mehreinnahmen aus rein haushälterischen Grün- den. Heute beschweren sich die Grünen in ihrem Antrag, dass die Belastungen für die Industrie nicht hoch genug seien, und werfen dieser Regierung vor, vor der Industrie einzuknicken. Nein, das war kein Einknicken vor der In- dustrie; das war volkswirtschaftliche Vernunft, die Sie 1999 auch noch hatten, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen. Das heute ist schon ein Stück weit Heu- chelei. Denn es ist doch eine einfache Wahrheit: Steuer- aufkommen zur Haushaltskonsolidierung kann die Wirt- schaft nur beisteuern, wenn die Betriebe überlebensfähig bleiben und wenn Gewinne versteuert werden können, aber nicht wenn Produktionen verlagert und Arbeits- plätze abgebaut werden. Der alte Kampf Ökologie gegen Ökonomie ist überholt; es geht nur gemeinsam. Die enormen Fortschritte in der Effizienzsteigerung sind der beste Beweis, auch wenn das die Grünen durch ihre ideologisch gefärbte Brille heute nicht mehr wahrhaben wollen. Die Koalitionsfraktionen dagegen nehmen mit diesem Gesetzentwurf sowohl einzelne umwelt- und klimapoli- tisch relevante Themen auf – zum Beispiel bei der Nut- zung von Erdgas für die Stromerzeugung, bei Klär- und Deponiegasen oder der Hafenproblematik. Gleichzeitig werden Wettbewerbsnachteile in abgegrenzten Berei- chen ausgeglichen – zum Beispiel bei der Herstellung von Industriegasen, der energieintensivsten Branche überhaupt, oder bei der Landwirtschaft. Bisherige Zwei- felsfälle im Gesetzestext werden jetzt klar definiert. Lassen Sie sich mich einige Beispiele erläutern. Zu- nächst zum Beispiel Agrardiesel. Die Forst- und Land- wirtschaft ist kein funktionierender freier Markt, son- dern innerhalb der EU stark reglementiert und sub- ventioniert. Aus zwei Gründen tritt die FDP seit Jahren für die Steuerermäßigung von Agrardiesel ein, und die Koalitionsparteien haben dies auch so im Koalitionsver- trag festgeschrieben. Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens zu wettbewerblichen Gründen: Deutschland hat europa- weit nach wie vor die mit Abstand höchsten Steuersätze auf Agrardiesel. Bei uns sind es 27 Cent/l, in Frankreich 9166 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 (A) (C) (D)(B) dagegen nur 0,6 Cent/l. Seit 1998 haben sich die Steuern auf den Kraftstoff für die Landwirtschaft in Deutschland fast vervierfacht, während sie in Nachbarländern wie Österreich und Frankreich sogar gesunken sind. Die deutschen Landwirte haben deshalb einen Wettbewerbs- nachteil von bis zu 50 Euro pro Hektar Land. Diese Wettbewerbsverzerrung innerhalb des europäischen Wirtschaftsraums ist zu beseitigen. Unser mittelfristiges Ziel ist die einheitliche Besteuerung von Agrardiesel in Europa – so wie es selbst die Grünen fordern. Zweitens zu den steuersystematischen Gründen: Die Mineralöl- steuer dient vorrangig für den Erhalt und Ausbau des Straßennetzes. Die Traktoren fahren überwiegend auf ei- genem Land der Landwirte, nicht auf den Straßen. Nun zum Beispiel Ersatz- und Sekundärbrennstoff und der Abfallverbrennung. Nach EU-Recht müssen alle Kohlenwasserstoffverbindungen, wenn sie der Strom- erzeugung dienen, besteuert werden. Bei hochkalori- schen sortenreinen Abfallprodukten – wie Öl – ist dies nach Brennwert bereits heute üblich. Bei gemischten Abfällen muss eine Definition gefunden werden, um eine hoch bürokratische Brennwertermittlung zu vermei- den. In der Anhörung war der Hauptkritikpunkt die Höhe des Brennwerts auf dem Niveau von Öl. Als realis- tisch angesehen wurde die Festlegung auf den Brennwert von Kohle; das heißt 0,33 Euro statt 1,73 Euro. Da die betroffenen Betriebe in der Regel die Steuerbegünsti- gung über den Spitzenausgleich nutzen, ist diese Ände- rung kostenneutral. Zum Beispiel Klär- und Deponiegas. Diese Gase sind nach heutiger Gesetzeslage steuerbefreit. Diese Befrei- ung sollte nach Gesetzesentwurf des BMF gestrichen werden, angeblich aus EU-rechtlichen Gründen. Wir wollen die Befreiung beibehalten, um vor allem kommu- nale Stadtwerke nicht zusätzlich zu belasten und um keine Anreize zu schaffen, die Gase abzulassen statt zu verbrennen, was nicht zulässig ist und ökologisch fatal wäre. Methan ist sehr energiereich, aber auch extrem kli- maschädlich und zwar 21-mal klimaschädlicher als CO2. Die Verbrennung von Klär- und Deponiegas ist also auch aus ökologischer Sicht sinnvoll. Beide sind von der De- finition für gasförmige Biokraft- und Bioheizstoffe aus förderpolitischen Gesichtspunkten nicht erfasst. Daher ist diese Konkretisierung hilfreich. Zum Beispiel Industriegase. Die Zerlegung von Luft zur Herstellung technischer Gase wie Sauerstoff oder Stickstoff oder von Edelgasen ist der stromintensivste Produktionsprozesse überhaupt. 50 bis 70 Prozent der Kosten des Produkts sind Stromkosten. Laut EU-Richtli- nie können Prozesse mit mehr als 50 Prozent Stromkos- tenanteil steuerbefreit werden. Dies trifft für die Luftzer- legung zu. Weitere Prozesse, die diese Bedingung erfüllen, sind bisher nicht bekannt. Befreit wird aus- schließlich der Produktionsprozess selbst, nicht das Ge- samtunternehmen. Die Industriegase waren bereits 2006 im Gesetzentwurf enthalten und wurden damals aus poli- tischen Rangeleien herausgenommen. Betroffen sind nicht nur die bekannten großen Hersteller mit guten Bi- lanzen, sondern viele Industriebereiche der chemischen Industrie wie zum Beispiel BASF usw. Wir wollen mit dem Änderungsantrag der Koalitionsparteien diese Branche – und explizit nur diese – wieder aufnehmen, um Wettbewerbsfähigkeit herzustellen und Arbeitsplätze in Deutschland zu halten. Unter Berücksichtigung der klimapolitischen Ziele der Bundesregierung schaffen wir mit diesem Gesetz weitere Rechts- und Planungssicherheit für die betroffe- nen Branchen – und bessere Chancen im internationalen Wettbewerb. Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): Um eine sichere und bezahlbare, vor allem unabhängige Energieversorgung für diese und die folgenden Generationen sicherzustel- len, ist es nötig, heute die Weichen dementsprechend zu stellen. Sie aber stellen die Weichen falsch. Sie verlängern gegen alle Proteste die Laufzeiten der Atomkraftwerke. Damit schaffen Sie weiteren radio- aktiven Abfall. Zudem bescheren Sie den Atomkon- zernen massive Gewinne. Vor allem behindern Sie somit den Ausbau der erneuerbaren Energien. Das wissen Sie. Auch der Gesetzentwurf zur Änderung des Energie- und Stromsteuergesetzes führt in die falsche Fahrtrich- tung. Denn Sie verabschieden heute weitere Steuerver- günstigungen und Steuerbefreiungen für den Einsatz fos- siler Energieträger. Die Kosten werden dann wieder die Bürgerinnen und Bürger tragen müssen. Ich will kurz auf die wichtigsten Punkte eingehen. Positiv hervorzuheben ist die steuerliche Begünsti- gung von Schiffen, die ihren Strom von Land beziehen und somit weniger Schadstoffe in die Luft pusten. Aber das war es dann fast schon. Kurz zu drei Punkten: Erstens: Fernwärme. Die Fernwärmeversorgung, ins- besondere durch Kraft-Wärme-Kopplung, ist eine be- sonders effiziente Nutzung von Brennstoffen; sie macht insbesondere in städtischen Gebieten Sinn. Diese An- sicht teilten Sie, zumindest kurzzeitig. Denn im Entwurf des Haushaltbegleitgesetzes 2011 war eine Steuerent- lastung für den Bereich der Fernwärmeversorgung verankert. Auch der Bundesrat forderte mit Beschluss vom 26. November 2010 eine steuerliche Entlastung. Umso unverständlicher ist, dass dieser Passus in der ab- schließenden Bereinigungssitzung des Haushaltsaus- schusses gestrichen wurde, und jetzt wollen Sie das in Gesetzesform gießen. Die Fernwärme ist ein wichtiges Element, um die Klima- und umweltpolitischen Ziele zu erreichen. Wir empfehlen Ihnen, wie auch die Sach- verständigen aus der Anhörung zum Energie- und Stromsteuergesetz, die ursprüngliche Absicht umzuset- zen und Fernwärme steuerlich zu begünstigen. Wir un- terstützen daher den Änderungsantrag von SPD und Grünen. Zweitens: Zu den Ökosteuerausnahmen. Seit Einführung der Ökosteuer sind gerade jene Firmen weit- gehend von Zahlungen befreit, die viel Strom verbrau- chen. Die Bundesregierung wollte diesen Missstand mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2011 endlich teilweise be- seitigen. Aber daraus wurde nichts, wie wir wissen. Die Ökosteuerprivilegierung soll beibehalten werden; zah- len dafür dürfen Raucherinnen und Raucher durch Erhöhung der Tabaksteuer. Das heißt, Sie hoffen, dass Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 9167 (A) (C) (D)(B) Raucherinnen und Raucher weiterhin ihre Gesundheit gefährden, sodass Ihre energieintensiven Unternehmen weiter von der Ökosteuerbelastung verschont werden und Sie trotzdem zu Ihren geplanten Mehreinnahmen kommen. Ich komme zum dritten Punkt, zum Agrardiesel: Ich erinnere noch einmal daran, dass im Rahmen der Konjunkturpakete beim Agrardiesel für land- und forstwirtschaftliche Betriebe eine steuerliche Entlastung erfolgte, indem die Deckelung auf 10 000 Liter und der Selbstbehalt von 350 Euro entfiel. Diese Maßnahme sollte befristet sein. Doch jetzt wollen Sie diese unbefristet verstetigen. Wie aber die Anhörung zeigte, profitieren in erster Linie flächenstarke Ackerbaubetriebe. Diese werden jedoch bereits durch Direktzahlungen der Euro- päischen Union in Höhe von 5,5 Milliarden Euro jährlich begünstigt. Außerdem wird der Anreiz genommen, vom Mineralöl wegzukommen. Dadurch schwächen Sie ge- rade die mittelständische Wirtschaft vor Ort, die sich auf Pflanzenöltreibstoffe spezialisiert hat. Ich fasse also zusammen: Mit diesem Gesetzentwurf schaffen Sie weitere Steuervergünstigungen für den Ein- satz fossiler Energieträger und fahren umweltpolitisch weiter in die falsche Richtung. Wir werden ihn daher ablehnen. Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Erst kün- digt Schwarz-Gelb an, dass die energieintensiven Unter- nehmen einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leis- ten sollen und schreibt das ins Haushaltsbegleitgesetz 2011. Dann knickt Kanzlerin Merkel vor der Industrie ein, schrumpft den Subventionsabbau um 600 Millionen Euro und bittet stattdessen die Raucher zur Kasse. Sie spielt ein doppeltes Spiel. Und jetzt will Schwarz-Gelb sogar neue klimaschädliche Subventionen für Industrie und Landwirtschaft in das Energiesteuergesetz schrei- ben. Die geplanten Mehreinnahmen von 1,5 Milliarden sind damit auf nicht einmal 550 Millionen Euro für den Bund zusammengeschmolzen. Erst hü, dann hott, und am Ende weiß niemand mehr, wo die Regierung in der Energiebesteuerung eigentlich steht oder mal hinwollte. Auf so eine billige Verwirrungstaktik fallen wir nicht he- rein. Die Wahrheit ist: Sie haben das grüne Mäntelchen, in das Sie Ihre ohnehin rein haushalterisch motivierten Maßnahmen gehüllt haben, nun wie einen kratzenden Pulli abgeworfen und entblößen wieder den wahren Cha- rakter Ihres Tuns. Nämlich die Ausrichtung des Regie- rungshandelns an den Interessen der Starken, in diesem Fall der Industrielobbies. Das passt ins Gesamtbild der pseudo-ökologischen Energiepolitik der Bundesregierung. Zuvor gab es eine ähnliche Nummer bei der Brennelementesteuer. Sie ha- ben den angekündigten Gesetzentwurf zur Einführung der Brennelementesteuer im September kurzfristig von der Tagesordnung genommen. Warum? Um zunächst in Hinterzimmern mit der Energiewirtschaft darüber zu verhandeln, welche Weihnachtsgeschenke die Damen und Herren von der Atomlobby denn gern hätten. Die Atomwirtschaft konnte nicht nur eine deutliche Absen- kung des Steuersatzes erreichen, sondern auch eine zeit- liche Befristung der Steuer bis zum Jahr 2016. Mit dem letztlich verabschiedeten Gesetz werden selbst in diesem Zeitraum die vom Bund geplanten Einnahmen von jähr- lich 2,3 Milliarden Euro niemals zu erreichen sein. Legt man den ursprünglichen Rechenansatz des Bundes- finanzministeriums zugrunde, ergibt sich ein „Brutto“- Aufkommen von nur 1,5 Milliarden Euro. Wenn man be- rücksichtigt, dass es infolge der Brennelementesteuer weitere steuerliche Mindereinnahmen geben wird, bei- spielsweise bei der Körperschaftsteuer; bleiben letztlich netto nur rund 1 Milliarde Euro für den Staatshaushalt übrig. Ohne Not wird die soziale und die ökologische Ver- schuldung in die Höhe getrieben. Schwarz-Gelb schont die Atomwirtschaft, die energieintensive Industrie und die industrielle Landwirtschaft bei den Energiesteuern zulasten von Geringverdienenden und ALG-II-Empfän- gern und -Empfängerinnen, die ihren Beitrag zur Haus- haltssanierung uneingeschränkt erbringen müssen. Diese klientelistische Politik ist sozial ungerecht und lediglich an kurzfristigen Interessen ausgerichtet. Dabei gelingt nicht mal die angekündigte Sanierung des Staats- haushaltes. Die Kollateralschäden dieses Tuns sind dafür umso größer. Weder das Haushaltsbegleitgesetz 2011 noch der heute zu beratende Gesetzentwurf lassen ein klares Konzept für eine klimaschutzorientierte Energie- besteuerung erkennen. Die Bundesregierung kann keine Auskunft darüber geben, welchen Belastungen Unter- nehmen durch die Energiebesteuerung unterliegen und wie sich diese auf deren Wettbewerbsfähigkeit auswir- ken. Kein Wunder, dass die Wirtschaft es so leicht hatte, die schwarz-gelben Vorschläge aufzuweichen, wenn die politische Diskussion mit Behauptungen statt mit Fakten geführt wird. Wir leisten uns im Bereich Energie zahlreiche milliar- denschwere Vergünstigungen und Subventionen, die nicht nur überflüssig sind, sondern die notwendige Um- stellung der Wirtschaft verzögern und das Klima schädi- gen. Fast 4,5 Milliarden Euro bei den Strom- und Ener- giesteuern werden jährlich allein den energieintensiven Unternehmen selbst nach dem vollmundig angekündig- ten Subventionsabbau geschenkt. Mineralölhersteller sind sogar komplett von der Energiesteuer für ihren eige- nen Energieverbrauch befreit. Kohleverstromung wird mit insgesamt rund 2 Milliarden Euro gefördert. Auch andere klimaschädliche Energieträger wie Öl und Uran erhalten über direkte oder indirekte Wege seit Jahrzehn- ten Milliarden aus öffentlichen Fördertöpfen. Es ist an der Zeit, diese Politik der Energiesubventio- nierung grundsätzlich zu überdenken und zu reformie- ren. Was wir jetzt brauchen, ist eine Reform der Energie- steuer, die sich vorrangig am Klimaschutz orientiert. Dabei müssen berechtigte wirtschaftliche Interessen der Unternehmen nicht übergangen werden. Klimapolitik ist nicht wirtschaftsfeindlich. Im Gegenteil. In einer Welt, in der Energie ein knappes Gut ist, das absehbar teuer wird, können nur diejenigen Unternehmen im Wettbe- werb bestehen, die jetzt in Energiemanagementsysteme investieren, ihre Produktionsprozesse jetzt verändern und alle Möglichkeiten zur Einsparung von Energien 9168 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 (A) (C) (D)(B) nutzen. Die Energiebesteuerung kann dazu beitragen, die notwendige Umstellung der Wirtschaft zu beschleuni- gen. Mit dem heute vorgelegten Gesetz wird diese Chance vertan. Wir hätten erwartet, dass im Bereich der Energiebe- steuerung wenigstens mal ein Anfang gemacht würde, um vorhandenen Reformpotenziale anzupacken. Wie das geht, haben wir in unserem Entschließungsantrag darge- stellt. Sie hätten sich auf eine Härtefallregelung für Un- ternehmen verständigen können, die nachweislich im in- ternationalen Wettbewerb stehen und unzumutbare entsprechende Änderungsantrag in letzter Minute im Haushaltsausschuss eingebracht worden war. Doch ei- nen Vorschlag des Finanzministeriums, der eine Schlechterstellung der Fernwärme verhindert hätte, lehnt die Koalition jetzt mit Scheinargumenten ab. Wir haben gemeinsam mit der SPD einen Änderungsantrag gestellt, der genau diesen Punkt aufgreift. Aber auch hier verwei- gert die Koalition die Zustimmung. Damit nehmen Sie bewusst in Kauf, dass diejenigen, die mit dieser klima- freundlichen Energie heizen, demnächst mehr zahlen müssen. Nachteile durch höhere Energiesteuern erfahren. Sie hät- ten mögliche Steuererleichterungen an die Bedingung knüpfen können, dass die Unternehmen Energiemanage- mentsysteme einführen. Stattdessen setzen Sie weiter auf pauschale Vergünsti- gungen für alle Unternehmen des produzierenden Ge- werbes und machen keine Vorschläge, wie sichergestellt werden kann, dass diese ihre Potenziale zur Steigerung der Energieeffizienz nutzen. Wir fordern, klimaschädliche Subventionen zielge- richtet abzubauen und Steuervergünstigungen nur dort zu gewähren, wo wirtschaftliche Verwerfungen verhin- dert werden müssen oder umweltverträglichere Energie- nutzung gefördert werden soll. Ihr Gesetzentwurf tut ge- rade das Umgekehrte, und das in einer ganzen Reihe von Punkten. Lassen Sie mich das an zwei Beispielen erläu- tern. Erstens: Die Obergrenze für die Subventionierung des Agrardiesels wird mit diesem Gesetzentwurf abge- schafft. Damit werden in erster Linie flächenstarke land- wirtschaftliche Großbetriebe gefördert. Das schwächt die Anreize, verstärkt Pflanzentreibstoffe einzusetzen und Energie einzusparen. Zusätzlich müssen im Gegen- zug im Agrarhaushalt Einsparungen bei Förderprogram- men wie der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz vorgenommen werden. Förderung von Großbetrieben statt zielgerichteter Maßnahmen zur Ver- besserung der Agrarstruktur und des Umweltschutzes: Das ist kein Klimaschutz, das ist Klimaschädigung. Mit einer Zustimmung zu unserem Änderungsantrag hätten Sie das vermeiden können. Zweitens: Im Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes wollte Schwarz-Gelb das soge- nannte Scheincontracting unterbinden – eine durchaus sinnvolle Maßnahme. Als Kollateralschaden wurde aber in Kauf genommen, dass die ökologisch sinnvolle Fern- wärme steuerlich schlechtergestellt wird. Wir dachten zuerst, dass dies aus Unkenntnis geschehen ist, da der Davon sind besonders die Menschen in Ostdeutsch- land betroffen, wo fast jeder dritte Haushalt mit Fern- wärme versorgt wird. Allein in Berlin sind es über 600 000 Haushalte. Deren Vertrauensschutz spielt offen- bar keine Rolle. Schwarz-Gelb gibt dem Begriff „soziale Kälte“ damit eine besonders geschmackvolle neue Fa- cette. Gleichzeitig wird aber auch dem Ausbau der ener- gieeffizienten und klimafreundlichen Kraft-Wärme- Kopplung massiv geschadet. Wenn im gleichen Atemzug Subventionen für fossile Brennstoffe und energieintensive Prozesse – zum Bei- spiel für einen der rentabelsten Zweige der chemischen Industrie, der Herstellung von Industriegasen – ausbaut werden, wird deutlichen: Trotz grünem Deckmäntelchen spielt der Umwelt- und Klimaschutz bei den schwarz- gelben Plänen keine wesentliche Rolle. Im Gegenteil. Ihr praktisches Handeln konterkariert die ambitionierten Klimaziele Deutschlands. Diese Schizophrenie kostet Milliarden – heute im Bundeshaushalt und morgen bei der Bekämpfung der negativen Folgen des Klimawan- dels. Die Idee einer ökologischen Finanzreform wird mit der pseudo-ökologischen Politik der Bundesregierung gründlich diskreditiert. Wer sich als Nächstes an das schwierige Unterfangen macht, dem Prinzip „tax bads, not goods“ zum Durchbruch zu verhelfen, hat es nach der Verabschiedung dieses missratenen Gesetzes nicht gerade leichter. Der Gesellschaft, aber auch der Wirt- schaft selbst erweisen Sie von Schwarz-Gelb damit ei- nen Bärendienst. Man kann sich darüber streiten, ob nun ökologische Blindheit oder Klientelismus die schwarz-gelbe Finanz- und Haushaltspolitik bestimmt. Eins ist klar: der Preis, den wir als Gesellschaft für die unsozialen und ökolo- gisch schädlichen Entscheidungen der Regierung Merkel zu zahlen haben, steigt. 81. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Thomas Strobl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-

    ren! Am 5. August 1950 gaben sich in Stuttgart Vertreter
    der Vertriebenen die Charta der deutschen Heimatvertrie-
    benen. Sie gilt seither als Grundgesetz der deutschen
    Heimatvertriebenen. Sie gehört zu den Gründungsdoku-
    menten unseres Landes, und sie ist untrennbar mit der Er-
    folgsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland verbun-
    den.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Dieses Grundgesetz der Vertriebenen, liebe Kollegin-
    nen und Kollegen, darf als schriftlicher Ausdruck der
    Entschlossenheit der damaligen Heimatvertriebenen gel-
    ten, ihren Beitrag zum Wiederaufbau in Deutschland und
    zum Frieden in Europa zu leisten. Dieser dann tatsäch-
    lich und in beispielhafter Weise geleistete Beitrag wurde
    vom Deutschen Bundestag in einem Entschließungsan-
    trag vor dem Hintergrund des 50. Jahrestages des Endes
    des Zweiten Weltkriegs gewürdigt.

    Ziel des nunmehr eingebrachten Antrags ist es, die
    Leistung der Heimatvertriebenen erneut zu unterstrei-
    chen und dafür Sorge zu tragen, dass der Heimatverlust
    von 14 Millionen Deutschen zum Mahnmal für alle Ver-
    treibungen der Gegenwart gemacht wird. Revisionis-
    musabsichten sind damit freilich ebenso wenig verbun-
    den wie Versuche, die Einzigartigkeit des Holocaust und
    anderer Verbrechen rund um den Zweiten Weltkrieg zu
    leugnen.

    9052 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010

    Thomas Strobl (Heilbronn)



    (A) (C)



    (D)(B)

    Sieben Forderungen werden nun von uns erhoben, die
    allesamt dem Ziel der Vollendung der Versöhnung die-
    nen. Einige Forderungen sind wissenschaftlicher Natur
    wie die systematische Erfassung von Zeitzeugenberich-
    ten oder die Nachwuchsförderung im akademischen Be-
    reich angesichts auslaufender Stiftungsprofessuren im
    Bereich „Geschichte der Deutschen im östlichen Eu-
    ropa“. Andere unserer Vorschläge haben einen wertvol-
    len kollektivpädagogischen Charakter wie etwa der inte-
    ressante Vorschlag der Deklarierung des 5. August zum
    bundesweiten Gedenktag für die Opfer der Vertreibung
    oder der Appell zur Unterstützung der Arbeit der Stif-
    tung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“.

    Am Wichtigsten erscheint mir indes die ganz am An-
    fang gestellte Forderung nach pragmatischer Zukunfts-
    orientierung und nationaler Selbstversöhnung. Tatsäch-
    lich sind es ja weniger die Vertreiber von damals, die
    einer Aussöhnung im Wege stehen; teilweise sind wir es
    eher selbst. Ich denke hierbei beispielsweise an die Kol-
    leginnen und Kollegen, die ganz links in diesem Hohen
    Hause sitzen und aus ideologischen Gründen den deut-
    schen Vertriebenen die berechtigte Aufmerksamkeit bis
    heute vorenthalten.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Sie setzen damit das böse Werk der DDR fort, die
    Gleiches tat. In Zeiten der deutschen Teilung galten die
    Vertriebenen im Osten als unliebsam. Ihr Schicksal
    wurde vom SED-Staat verharmlost und ihrem Schmerz
    des Heimatverlustes noch die Demütigung des Leid Ig-
    norierens hinzugefügt.


    (Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Unglaublich!)


    Diese beschämende Vernachlässigung hat zwar 1990 mit
    dem Ende der DDR-Diktatur nachgelassen. Was aber
    immer noch fehlt, ist die endgültige Aussöhnung der
    Deutschen mit sich selbst. Diese wollen wir mit dem
    vorliegenden Antrag voranbringen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Wie schon Abraham Lincoln unter Berufung auf ein
    Jesus-Wort sagte:

    Ein Haus, das mit sich selbst uneins ist, mag nicht
    bestehen.

    Wir wollen die Vertriebenen in ihrem Bemühen unter-
    stützen, unser Volk durch Erinnerung zu dieser Selbst-
    versöhnung zu führen und damit jene Einigkeit in dem
    von Lincoln beschworenen Haus der Nation herzustel-
    len, die zu dessen dauerhafter Stabilität notwendig ist.

    Wir wollen die Vertriebenen aber auch als wertvolle
    Mittler und Brückenbauer zwischen den Völkern aner-
    kennen, als welche sie schon der frühere Bundesinnen-
    minister Otto Schily zu Recht betrachtet hat. Tatsächlich
    prädestiniert die Vertriebenen ihr Schicksal des Heimat-
    verlustes mehr als andere Gruppen zur grenzübergreifen-
    den humanitären Mahnung und Warnung vor künftigen
    Vertreibungen. Die deutschen Heimatvertriebenen kön-
    nen aufgrund ihrer leidvollen eigenen Erfahrungen glaub-
    würdiger als andere Vertreibung als jene Menschheitsgei-
    ßel bezeugen, die sie tatsächlich ist, und damit einen
    unschätzbaren Beitrag dazu leisten, dass Vertreibung ge-
    nerell geächtet wird.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Für diese Rolle, meine Damen und Herren, schulden wir
    den Vertriebenen nicht nur Anerkennung, sondern auch
    unseren ausdrücklichen Dank, den ich in aller Form zum
    Ausdruck bringe.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Um es noch einmal ganz klar zu sagen: Seiner Heimat
    beraubt zu sein, wie es 14 Millionen deutschen Lands-
    leuten nach 1945 widerfuhr, und dennoch nicht auf Ra-
    che zu sinnen, sondern aus Überzeugung am friedlichen
    Bau des gemeinsamen Hauses Europa mitzuwirken,


    (Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Große Leistung!)


    ist ein Akt christlicher Demut und staatsbürgerlicher
    Verantwortung, der aller Ehren wert ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Dass die Vertriebenen sich 1950 bereits eine Charta
    mit europäischer Dimension gaben, zeugt von ihrem
    Weitblick. Diesen Akt sollten wir Nichtvertriebenen nach
    Kräften unterstützen und jene Solidarität mit ihnen be-
    weisen, die ein Werk der Versöhnung verdient hat. In die-
    sem Sinne kann die Antwort des Hauses nur eine klare
    und deutliche Mehrheit für den vorgelegten Antrag sein.

    Danke fürs Zuhören.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Leider kann ich dem nächsten Redner nicht das Wort

erteilen, da ich noch immer nicht in der Lage bin, so-
wohl hier oben zu sitzen als auch unten zu reden. Ich
gebe also meine Rede zu Protokoll1). Sie müssen darauf
verzichten, meine wohl abgewogenen Worte zu hören.

Ich erteile das Wort dem Kollegen Patrick Kurth für
die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Patrick Kurth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

    ren! Wir reden heute erneut über ein Thema, das mehr ist
    als eine Geschichtsstunde, ein Erinnerungsfestakt oder
    ein Folkloreseminar, obwohl das manche gerne so sehen
    möchten. Wir reden mehr als über den Austausch von
    gleichen oder unterschiedlichen Anschauungen. Nein,
    wir reden heute über Vertreibung und ihre Ausmaße bis
    heute und in Zukunft. Das ist ein sehr komplexes Thema,
    zu dem jede Partei und jede Generation den eigenen
    Standpunkt beständig überprüfen muss. Bis heute, bis in
    die Gegenwart ist dieses traurige Thema aktuell. Auch in
    der Gegenwart gibt es in der Welt Vertreibung und Ent-

    1) Anlage 2

    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Dezember 2010 9053

    Patrick Kurth (Kyffhäuser)



    (A) (C)



    (D)(B)

    rechtung. Für die Zukunft ist das Gleiche zu erwarten.
    Das ist traurige Realität.

    Vertreibung ist durch internationales Recht geächtet.
    Sie findet dennoch selbst in jüngster Zeit statt. Die Bei-
    spiele in Ruanda, Jugoslawien oder Darfur kennen Sie.
    Schätzungsweise 70 Millionen Menschen wurden in den
    letzten 100 Jahren im Sinne der Vertreibung, über die
    wir heute sprechen, vertrieben. Die bis heute aktuellen
    Vertreibungen betrachten wir Deutsche mit ganz beson-
    derer Sensibilität, nicht nur weil wir eine große Verant-
    wortung haben, sondern auch weil wir selbst als Deut-
    sche betroffen sind. In diesem Zusammenhang sind der
    Antrag und die BdV-Charta zu sehen. Nach dem von
    Deutschland ausgehenden Krieg entstand im Nachgang
    der zweifelsohne größten Vertreibung diese Charta. Sie
    entstand von und durch die Betroffenen, und sie entstand
    auch mit Blick auf die künftige Zeit.

    Versuchen Sie sich nur einen Moment in die Nach-
    kriegszeit und die Menschen hineinzuversetzen, die den
    von Deutschland verursachten Krieg überlebt haben und
    ihre Heimat verlassen mussten. Sie mussten Strapazen
    der Flucht, die Trauer um den Verlust von Verwandten,
    Nachbarn und Eigentum sowie die Schwierigkeit der In-
    tegration in die neuen Gebiete auf sich nehmen. Vor kur-
    zem hat eine Tageszeitung kommentiert:

    Man stelle sich die Menschen vor, die quasi noch
    mit der Kleidung, die sie auf der Flucht trugen, ei-
    nen Beschluss fassten und auf ihre Heimat verzich-
    teten.

    Wenn Sie an diese Umstände, an die Verhältnisse der
    Zeit, die Ungewissheit der Zukunft, den aufziehenden
    Kalten Krieg denken, dann stellen Sie fest, dass diese
    Charta wirklich erstaunlich und zukunftsweisend ist.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Dazu gehören mehrere Punkte, zum Beispiel der Im-
    puls der Aussöhnung. Das 20. Jahrhundert war bestimmt
    durch Krieg, Gewaltherrschaft, Flucht und Vertreibung,
    aber auch durch den Willen, sich auszusöhnen. Die
    Charta der Heimatvertriebenen zeigte dies schon kurz
    nach dem Krieg. Leider fehlt gerade das Element der
    Aussöhnung bei so vielen Vertreibungen bis in die
    jüngste Zeit. Dazu gehört auch: Die Worte „Rache“ und
    „Vergeltung“ spielten damals eine große Rolle. Sie spie-
    len auch in der Gegenwart oft eine große Rolle. In der
    Charta werden sie explizit nicht erwähnt. Natürlich kann
    man nicht auf etwas verzichten, das einem ohnehin nicht
    zusteht. Aber das Vermächtnis bleibt deswegen stark,
    weil gerade Rache und Vergeltung bis in die heutige Zeit
    eine große Rolle spielen. Mehr noch: Die Vertriebenen
    verpflichteten sich schon damals vor allen Parteien zur
    Schaffung eines geeinten Europas. Die Heimatvertriebe-
    nen wussten, dass nur ein versöhntes und geeintes Eu-
    ropa dauerhaft den Frieden sichern kann.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Die Charta ist aber auch deshalb bis in die heutige
    Zeit von großer Bedeutung, weil sie innenpolitisch radi-
    kalen Versuchungen den Boden entzog. Auch das ist
    – gerade wenn wir an Jugoslawien denken – ein ganz
    starkes Element.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Sie hat eine große Bedeutung, weil sie wirtschafts- und
    gesellschaftspolitisch die Integration von Millionen von
    Flüchtlingen und Vertriebenen ermöglichte. Denken Sie
    nur an das Wirtschaftswunder. Gerade die gesellschaftli-
    che und wirtschaftspolitische Integration von Vertriebe-
    nen in ihren jeweiligen neuen Ländern fehlt aber bis
    heute an vielen Stellen.

    Übrigens ist die Vertriebenenfrage bis in die Gegen-
    wart auch bei einer ganz anderen Diskussion von Bedeu-
    tung, nämlich bei der deutschen Integrationsdebatte.
    Viele Deutsche haben Zuwanderungs- und Integrations-
    erfahrungen, und zwar im eigenen Land. Erinnern Sie
    sich, wie Deutsche ihre eigenen Landsleute nach dem
    Krieg aufgenommen haben? Oftmals alles andere als
    herzlich. Auch diesbezüglich mussten viele dazulernen.
    Viele von denen, die heute über Integration reden, haben
    in ihrer eigenen Familie Integration erlebt.


    (Beifall bei der FDP)


    Am Ende aber gilt: Wir wissen um die deutsche
    Schuld. Wir wissen, dass das deutsche Reich einen
    fürchterlichen Krieg begonnen hat, dass Verbrechen in
    bis dahin unbekanntem Ausmaß stattfanden und furcht-
    bares Leid über Europa gebracht wurde. Wir wissen aber
    auch von den schrecklichen Folgen, die eine Flucht mit
    sich bringt.

    Das ist vielleicht eines der stärksten Leitbilder im in-
    ternationalen Vergleich: Verbrechen dürfen nicht gegen-
    einander aufgewogen werden. Sonst legitimieren sie ein
    Stück weit zahlreiche weitere Vertreibungen, in diesem
    Fall diejenigen seit 1945. Schuld und Leid sind immer
    individuell, wobei der Holocaust und die Taten der Nazi-
    herrschaft einen herausragenden Stellenwert besitzen.

    Es ist gut, dass die Koalition noch einmal klarstellt,
    wie sie zu Flucht und Vertreibung steht. Ich möchte mich
    ganz herzlich bei Klaus Brähmig und bei der Koalition
    für die gute Zusammenarbeit bedanken. Es war ein har-
    tes Ringen, zum Teil um jedes einzelne Wort. Am Ende
    ist ein sehr guter Antrag herausgekommen, der nicht nur
    an die Vorgänge erinnern soll, die geschehen sind, son-
    dern der auch in die Zukunft weist, damit wir in Sachen
    Vertreibung und Unrecht urteilsfähig bleiben.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)