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    Plenarprotokoll 17/37 Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . 3498 A Zusatztagesordnungspunkt 3: Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin: zum Einsatz der Bundes- wehr in Afghanistan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . Sigmar Gabriel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Ottmar Schreiner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Reiner Deutschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Mechthild Heil (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Josip Juratovic (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 3475 B 3475 B 3480 A 3483 B 3484 D 3487 C 3489 B 3498 C 3499 D 3502 A 3503 B 3504 C 3505 D 3507 A 3508 C 3509 C 3509 D 3511 B Deutscher B Stenografisc 37. Sit Berlin, Donnerstag, I n h a Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Lothar Binding (Heidelberg) und Dr. Diether Dehm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begrüßung des neuen Abgeordneten Hans- Werner Kammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 5 und 24 . Begrüßung des Botschafters der Republik Po- len, Herrn Marek Prawda . . . . . . . . . . . . . . . . Gedenken an die Opfer des Absturzes der pol- nischen Präsidentenmaschine . . . . . . . . . . . . . Gedenken an in Afghanistan ums Leben ge- kommene Angehörige der Bundeswehr . . . . . 3473 A 3473 B 3473 B 3474 B 3474 C 3474 C 3474 D Elke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3490 D 3491 D undestag her Bericht zung den 22. April 2010 l t : Elke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/CSU) . Ruprecht Polenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Klaus Ernst, Jutta Krellmann, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Mit guter Arbeit aus der Krise (Drucksache 17/1396) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 3492 A 3492 B 3494 A 3494 C 3496 A 3496 A Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 3511 D 3512 A II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 Tagesordnungspunkt 28: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung krankenversicherungsrecht- licher und anderer Vorschriften (Drucksache 17/1297) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Sechs- ten Gesetzes zur Änderung des Filmför- derungsgesetzes (Drucksache 17/1292) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Wirt- schaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 2010 (ERP-Wirtschafts- plangesetz 2010) (Drucksache 17/1294) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu den Änderungen vom 2. Oktober 2008 des Übereinkommens vom 3. Sep- tember 1976 über die Internationale Organisation für mobile Satellitenkom- munikation (International Mobile Sa- tellite Organization – IMSO) (Drucksache 17/1295) . . . . . . . . . . . . . . . . e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie auf dem Gebiet des Umweltrechts sowie zur Änderung umweltrechtlicher Vor- schriften (Drucksache 17/1393) . . . . . . . . . . . . . . . . f) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Musterwiderrufsinfor- mation für Verbraucherdarlehensver- träge, zur Änderung der Vorschriften über das Widerrufsrecht bei Verbrau- cherdarlehensverträgen und zur Ände- rung des Darlehensvermittlungsrechts (Drucksache 17/1394) . . . . . . . . . . . . . . . . g) Antrag der Abgeordneten Marlene Rupprecht (Tuchenbach), Petra Crone, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Frauenhäuser ausreichend zur Verfügung stellen und deren Finanzie- rung sichern (Drucksache 17/1409) . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 4: a) Antrag der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Lisa Paus, Dr. Thomas Gambke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion 3513 B 3513 B 3513 C 3513 C 3513 A 3513 D 3513 D BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Finanz- umsatzsteuer auf EU-Ebene einführen (Drucksache 17/1422) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Kerstin Andreae, Fritz Kuhn, Christine Scheel, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Pluralistischen Ansatz bei Auswahl der Forschungsinstitute für die Gemeinschaftsdiagnose gewährleis- ten (Drucksache 17/1424) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Kerstin Andreae, Fritz Kuhn, Christine Scheel, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Umweltbericht- erstattung in die Gemeinschaftsdia- gnose aufnehmen (Drucksache 17/1423) . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Michael Schlecht, Dr. Barbara Höll, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Pluralistischen Ansatz bei Auswahl der Forschungsinstitute für die Gemeinschaftsdiagnose gewährleis- ten (Drucksache 17/1405) . . . . . . . . . . . . . . . e) Antrag der Abgeordneten Elvira Drobinski- Weiß, Dr. Wilhelm Priesmeier, Ulrich Kelber, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Gentechnisch verän- derte Amflora-Kartoffel zuverlässig aus der Lebensmittel- und Futtermittelkette fernhalten (Drucksache 17/1410) . . . . . . . . . . . . . . . f) Antrag der Abgeordneten Hilde Mattheis, Dr. Karl Lauterbach, Elke Ferner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Qualität und Transparenz in der Pflege konsequent weiterentwickeln – Pflege- Transparenzkriterien optimieren (Drucksache 17/1427) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 29: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Kraft- fahrzeugsteuergesetzes (Drucksachen 17/717, 17/1209, 17/1463) . . . Tagesordnungspunkt 3: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für die Angelegenheiten der Euro- päischen Union – zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/ CSU und der FDP: Einvernehmensher- stellung von Bundestag und Bundesre- 3514 A 3514 A 3514 A 3514 B 3514 B 3514 C 3514 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 III gierung zum Beitrittsantrag der Repu- blik Island zur Europäischen Union und zur Empfehlung der EU-Kommis- sion vom 24. Februar 2010 zur Auf- nahme von Beitrittsverhandlungen hier: Stellungnahme des Deutschen Bundestages nach Artikel 23 Ab- satz 3 GG i. V. m. § 10 des Geset- zes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deut- schem Bundestag in Angelegen- heiten der Europäischen Union – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Diether Dehm, Alexander Ulrich, Andrej Hunko, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Verhandlungen über die Aufnahme Islands in die Euro- päische Union eröffnen – zu dem Entschließungsantrag der Abge- ordneten Dietmar Nietan, Michael Roth (Heringen), Iris Gleicke, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD: zu der Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin zum Euro- päischen Rat am 25./26. März 2010 in Brüssel – zu dem Entschließungsantrag der Abge- ordneten Manuel Sarrazin, Viola von Cramon-Taubadel, Ulrike Höfken, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: zu der Ab- gabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin zum Europäischen Rat am 25./26. März 2010 in Brüssel (Drucksachen 17/1190, 17/1059, 17/1191, 17/1172,17/1464) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Link (Heilbronn) (FDP) . . . . . . . . . . Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . Andrej Konstantin Hunko (DIE LINKE) . . . . Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Stefan Ruppert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franz Thönnes (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Veronika Bellmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: a) Antrag der Abgeordneten Dr. Karl Lauterbach, Dr. Marlies Volkmer, Elke 3515 B 3515 C 3516 C 3518 A 3519 C 3521 A 3522 B 3522 C 3523 B 3524 D 3526 A Ferner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Effektivere Arznei- mittelversorgung (Drucksache 17/1201) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Kathrin Vogler, Dr. Martina Bunge, Dr. Ilja Seifert, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Faire Preise für wirksame und sichere Arzneimittel – Einfluss der Pharmaindustrie begrenzen (Drucksache 17/1206) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Birgitt Bender, Fritz Kuhn, Maria Anna Klein-Schmeink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Qualität und Sicherheit der Arzneimittelversor- gung verbessern – Positivliste einführen – Arzneimittelpreise begrenzen (Drucksache 17/1418) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Heinz Lanfermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Erwin Lotter (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Bärbel Bas (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Hennrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Vergütungssysteme von Instituten und Versicherungsunternehmen (Drucksachen 17/1291, 17/1457) . . . . . . . . . . Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Björn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Harald Koch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 3528 A 3528 B 3528 B 3528 C 3529 D 3530 D 3532 C 3533 D 3535 C 3536 B 3537 A 3537 D 3538 C 3539 D 3541 A 3541 A 3542 A 3543 C 3544 B 3545 A 3546 A IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 Tagesordnungspunkt 8: a) Antrag der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Fritz Kuhn, Katrin Göring-Eckardt, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Teilhabe und Perspektiven für Langzeitarbeits- lose mit einem verlässlichen Sozialen Arbeitsmarkt schaffen (Drucksache 17/1205) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald, Heidrun Dittrich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gute öffentlich geförderte Beschäftigung – Eine Alternative zu Langzeiterwerbslosigkeit und Ein- Euro-Jobs (Drucksache 17/1397) . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heike Brehmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Michael Groschek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 9: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr, Bau und Stadtentwick- lung – zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/ CSU und der FDP: Gewährleistung der Sicherheit der Eisenbahnen in Deutsch- land – zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe Beckmeyer, Sören Bartol, Martin Burkert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Gewährleistung der Sicherheit im Schienenverkehr muss Priorität ha- ben – zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Dr. Gesine Lötzsch, Heidrun Bluhm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Den Schienenver- kehr als sichere Verkehrsform erhalten und stärken – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Winfried Hermann, Fritz Kuhn, weiterer Abgeordneter und der 3547 B 3547 B 3547 C 3548 C 3549 D 3550 C 3551 C 3552 C 3553 A 3554 A 3554 D Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Eisenbahnsicherheit verbessern (Drucksachen 17/1162, 17/655, 17/1016, 17/544,17/1459) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uwe Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Abgeord- neten Martin Gerster, Nicolette Kressl, Ingrid Arndt-Brauer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Steuerfreiheit der Zu- schläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit erhalten (Drucksachen 17/244, 17/1458) . . . . . . . . . . . Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Daniel Volk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Aumer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Abschaffung des Finanzpla- nungsrates (Drucksachen 17/983, 17/1465) . . . . . . . . . . . Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3556 B 3556 C 3557 C 3559 A 3560 A 3560 D 3561 C 3562 C 3563 D 3564 A 3565 A 3566 C 3568 A 3569 A 3570 A 3571 A 3572 D 3571 A 3571 B 3575 A 3576 A 3577 D 3578 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 V Peter Götz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Angelika Krüger-Leißner (SPD) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales zu dem An- trag der Fraktion der SPD: Beschäftigte vor Arbeitslosigkeit schützen – Konditionen für Kurzarbeit verbessern (Drucksachen 17/523, 17/1446) . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . Willi Brase (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP) . . . . . . Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Teleme- diengesetzes (1. Telemedienänderungsgesetz) (Drucksachen 17/718, 17/995, 17/1219) . . . . Tagesordnungspunkt 14: a) Antrag der Abgeordneten Heike Hänsel, Jan van Aken, Sevim Dağdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: VI. EU-Lateinamerika-Kari- bik-Gipfel in Madrid: Den Aufbruch zur zweiten Unabhängigkeit Latein- amerikas solidarisch unterstützen (Drucksache 17/1403) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe, Dr. Hermann Ott, Ute Koczy, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Klimaschutz und gerechten Handel mit Lateinamerika und der Karibik voranbringen (Drucksache 17/1419) . . . . . . . . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Anette Hübinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3579 D 3581 B 3582 C 3582 D 3584 A 3585 C 3586 C 3587 C 3588 C 3589 C 3590 D 3591 A 3591 B 3591 C 3592 B 3594 A 3595 C 3596 C Tagesordnungspunkt 15: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Vor- läufigen Tabakgesetzes (Drucksachen 17/719, 17/996, 17/1257) . . . . Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Markus Kurth, Birgitt Bender, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Europäische Antidiskriminie- rungspolitik unterstützen – 5. Gleichbe- handlungsrichtlinie der EU nicht länger blockieren (Drucksache 17/1202) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der FDP eingebrachten Ent- wurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Deutsches Historisches Museum“ (Drucksache 17/1400) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU) . . . . Dorothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD) . . . . . . . . Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . . Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 18: Beschlussempfehlung und Bericht des Rechts- ausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Initiative für eine Richtli- nie des Europäischen Parlaments und des Rates über die europäische Schutzanord- nung (inkl. 17513/09 ADD 1 und 17513/09 ADD 2) (ADD 1 und ADD 2 in Englisch) Ratsdok. 17513/09 (Drucksachen 17/720 Nr. A.7, 17/1461) . . . . Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) . . . . . . . . Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marco Buschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Raju Sharma (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3597 D 3598 B 3598 C 3598 D 3599 D 3600 B 3601 B 3602 B 3602 D 3603 C 3603 D 3604 D 3605 C 3606 D 3607 B VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 Tagesordnungspunkt 19: Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung (Ab- schaffung der strafbefreienden Selbstan- zeige bei Steuerhinterziehung) (Drucksache 17/1411) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 20: a) Antrag der Abgeordneten Martin Gerster, Sabine Bätzing, Gabriele Fograscher, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Den Sport in Europa voranbrin- gen (Drucksache 17/1406) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Viola von Cramon- Taubadel, Winfried Hermann, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sport in der Europäischen Union – Den Lissabon-Vertrag mit Leben füllen (Drucksache 17/1420) . . . . . . . . . . . . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Günther (Plauen) (FDP) . . . . . . . . . Jens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Abgeordneten Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt, Marieluise Beck (Bre- men), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Den Europäi- schen Auswärtigen Dienst europäisch, hand- lungsfähig und modern gestalten (Drucksache 17/1204) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . . Karl Holmeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dietmar Nietan (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oliver Luksic (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: Antrag der Abgeordneten Gerold Reichenbach, Dr. Eva Högl, Gabriele Fograscher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: 3608 C 3609 A 3609 A 3609 B 3610 B 3611 A 3611 D 3613 A 3614 C 3614 D 3617 B 3618 B 3619 D 3621 C 3622 C Neues SWIFT-Abkommen nur nach euro- päischen Grundrechts- und Datenschutz- maßstäben (Drucksache 17/1407) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Gerold Reichenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Jimmy Schulz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: Antrag der Abgeordneten Cornelia Behm, Undine Kurth (Quedlinburg), Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Schaffung ei- nes Naturwalderbes vorbereiten und Mo- ratorium für die Privatisierung von Bun- deswäldern erlassen (Drucksache 17/796) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alois Gerig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Crone (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . Sabine Stüber (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Tom Koenigs, Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Umgang mit Guan- tánamo-Häftlingen (Drucksache 17/1421) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Jörn Wunderlich (DIE LINKE) zur Abstimmung über den Än- derungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zu dem Entwurf eines Geset- zes zur Abschaffung des Finanzplanungsrates (Tagesordnungspunkt 11) . . . . . . . . . . . . . . . . 3623 C 3623 D 3625 A 3626 C 3627 B 3628 A 3629 A 3629 A 3629 D 3630 D 3631 D 3632 B 3633 B 3633 D 3633 D 3635 A 3635 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 VII Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes (1. Telemedienände- rungsgesetz) (Tagesordnungspunkt 13) Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Claudia Bögel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) . . . . . . Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Än- derung des Vorläufigen Tabakgesetzes (Ta- Markus Grübel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Christel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Bernschneider (FDP) . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung (Abschaffung der straf- befreienden Selbstanzeige bei Steuerhinter- ziehung) (Tagesordnungspunkt 19) Manfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3635 C 3636 D 3637 D 3638 C 3639 B 3645 D 3646 D 3647 D 3649 B 3650 B 3651 C 3653 B 3654 B gesordnungspunkt 15) Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Erik Schweickert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Julia Klöckner, Parl. Staatssekretärin BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Europäische Antidiskriminie- rungspolitik unterstützen – 5. Gleichbehand- lungsrichtlinie der EU nicht länger blockieren (Tagesordnungspunkt 16) Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 3640 B 3641 A 3642 A 3642 C 3643 D 3644 D Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Umgang mit Guantánamo-Häft- lingen (Zusatztagesordnungspunkt 5) Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Serkan Tören (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3655 A 3655 C 3656 C 3658 A 3658 C 3659 C 3660 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 3473 (A) (C) (D)(B) 37. Sit Berlin, Donnerstag, Beginn: 9
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    1) Anlage 6 igung r zweite Redebeitrag ist zu nn muss das ja ein fal- iger sein!) Privatwaldbesitzer zu zah- er sein, die betreffenden Wäl- den Zahlen und Rahmenbe- ndnisgrüne zu der Einschät- des Naturwalderbes noch , vielleicht sogar mehrere aher wird der Bund auch Ausschuss für Menschenrech Interfraktionell wird vorg diesem Tagesordnungspunkt Auch damit sind Sie einverst die Reden folgender Kolleginn Veit, Serkan Tören, Ulla Jelp Parlamentarischen Staatssekre Interfraktionell wird die Üb Drucksache 17/1421 an die in Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 3635 (A) (C) (D)(B) Winkler, Josef Philip BÜNDNIS 90/ 22.04.2010 visuellen Mediendienste ab. Neben den bisher umfassten Fernsehdiensten sind nun auch die audiovisuellen Me-DIE GRÜNEN Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22.04.2010 Binder, Karin DIE LINKE 22.04.2010 Dörmann, Martin SPD 22.04.2010 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 22.04.2010 Dr. Geisen, Edmund Peter FDP 22.04.2010 Herrmann, Jürgen CDU/CSU 22.04.2010 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22.04.2010 Kolbe, Daniela SPD 22.04.2010 Krischer, Oliver BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22.04.2010 Kumpf, Ute SPD 22.04.2010 Laurischk, Sibylle FDP 22.04.2010 Lutze, Thomas DIE LINKE 22.04.2010 Dr. de Maizière, Thomas CDU/CSU 22.04.2010 Dr. Miersch, Matthias SPD 22.04.2010 Mißfelder, Philipp CDU/CSU 22.04.2010 Dr. Mützenich, Rolf SPD 22.04.2010 Nietan, Dietmar SPD 22.04.2010 Ostendorff, Friedrich BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22.04.2010 Dr. Raabe, Sascha SPD 22.04.2010 Riegert, Klaus CDU/CSU 22.04.2010 Steinbrück, Peer SPD 22.04.2010 Dr. Volkmer, Marlies SPD 22.04.2010 Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Jörn Wunderlich (DIE LINKE) zur Abstimmung über den Änderungs- antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung des Finanzplanungsrates (Druck- sache 17/1473) (Tagesordnungspunkt 11) Das Votum der Fraktion Die Linke ist „Ablehnung“. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Ersten Geset- zes zur Änderung des Telemediengesetzes (1. Telemedienänderungsgesetz) (Tagesordnungs- punkt 13) Andreas G. Lämmel (CDU/CSU): Am 25. Februar 2010 hatten wir diesen Gesetzentwurf bereits in erster Lesung im Plenum. Nun kann das Gesetz in zweiter und dritter Lesung verabschiedet werden. Im parlamentari- schen Verfahren war dieser Gesetzentwurf nicht Gegen- stand kontroverser Diskussionen. Worum geht es genau, was regelt dieses Gesetz? Es geht erstens um die Eins-zu-eins-Umsetzung einer Richtlinie der Europäischen Union in deutsches Recht. Konkret geht es um die Richtlinie 2007/65/EG des Euro- päischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Ra- tes zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwal- tungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit, Audiovisuelle-Mediendienste-Richt- linie – AVMD-RL. Innerhalb des deutschen Rechts enthält das Teleme- diengesetz, TMG, die wirtschaftsbezogenen Regelungen für die Telemedien. Speziell sind dies die Vorschriften, die der Umsetzung einer anderen Richtlinie der Europäi- schen Union, 2000/31/EG, sogenannte E-Commerce- Richtlinie, dienen. Der Rundfunkstaatsvertrag der Bun- desländer beinhaltet ebenfalls Regelungen zum Thema Telemedien. Diese gesetzlichen Regelungen werden durch die Vereinbarungen des Bundes und der Bundes- länder aus dem Jahre 2004 zur Fortentwicklung der Me- dienordnung abgerundet. Es geht zweitens um einheitliche rechtliche Rahmen- bedingungen. Die nunmehr in deutsches Recht umge- setzte Richtlinie erweitert den bestehenden Rechtsrah- men für die Branche. Gerade in einer Branche mit hohem Innovationstempo ist es notwendig, die rechtli- chen Rahmenbedingungen ständig zu aktualisieren und den Marktteilnehmern Rechtssicherheit zu gewähren. Das neue Telemediengesetz deckt nun sämtliche audio- 3636 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 (A) (C) (D)(B) diendienste auf Abruf Gegenstand des Gesetzes. Die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaa- ten für audiovisuelle Mediendienste auf Abruf hatten bisher unterschiedliche Inhalte, die teilweise den freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der Europäischen Union zu behindern und den Wettbewerb innerhalb des EU-Binnenmarkts zu verzerren drohten. Bedenkt man das erhebliche Potenzial für hochquali- fizierte Arbeitsplätze, welches die neuen audiovisuellen Mediendienste auf Abruf – gerade für kleinere und mitt- lere Unternehmen – bieten, dann ist die Absicht der Europäischen Union, hier gleiche Wettbewerbsbedin- gungen zu schaffen, zu begrüßen. Gerade die Prinzipien des Binnenmarktes, freier Wettbewerb und Gleichbe- handlung aller Marktteilnehmer, sind Vorraussetzungen für einen transparenten und berechenbaren Markt sowie für einen problemlosen Zugang der Verbraucher zu die- sen Diensten. Gleiche Wettbewerbsbedingungen und Rechtssicher- heit innerhalb der Europäischen Union für die audio- visuellen Mediendienste auf Abruf sind daher unbedingt positiv zu bewerten. Aus marktwirtschaftlicher Perspek- tive sind aktuelle und klare rechtliche Rahmenbedingun- gen stets zu begrüßen. Es geht drittens um klare Begriffbestimmungen. Die neue Richtlinie der Europäischen Union und deren recht- liche Umsetzung in das deutsche Recht sorgen nun dem- entsprechend auch für eine klare Begriffsbestimmung. Dazu zählen die Begriffe des Diensteanbieters und des audiovisuellen Mediendienstes auf Abruf. Das Gesetz definiert solche Dienste als audiovisuelle Mediendienste auf Abruf, die nach Form und Inhalt dem Fernsehen ähnlich sind. Dies gilt dann, wenn sie sich als Massenmedien an eine breite Öffentlichkeit wenden und die Bereitstellung fernsehähnlicher Dienste Hauptzweck des Angebots ist. Ist dieses Angebot nur Nebenzweck ei- nes Anbieters, so ist dies kein audiovisueller Medien- dienst auf Abruf. Audiovisuell erfordert in diesem Fall die Übertragung bewegter Bilder mit oder ohne Ton. Der Adressatenkreis des Gesetzes ist ebenfalls einge- grenzt. Anbieter audiovisueller Mediendienste auf Abruf sind dem Gesetz nach Anbieter, welche die wirksame Kontrolle über Auswahl und Gestaltung der oben ange- führten Inhalte haben. Es geht viertens um eine Klarstellung des Sitzes und des Herkunftslandes. Klarheit bringt das Gesetz eben- falls zum Problem des Sitzes und des Herkunftslandes. Gesetz und Richtlinie stellen einerseits auf die Nieder- lassung des Anbieters ab, den Ort also, an dem die re- daktionelle Arbeit und das damit beauftragte Personal tä- tig sind. Andererseits – falls dieses nicht feststellbar ist – gilt der Ort der Nutzung einer Satellitenbodenstation. Es gab fünftens keine Änderungsanträge in den Aus- schüssen. Im parlamentarischen Verfahren waren keine Änderungen notwendig. Sowohl im federführenden Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, als auch im mitberatenden Rechtsauschuss sowie dem Ausschuss für Kultur und Medien wurde der Gesetzentwurf mit den Stimmen von CDU/CSU, FDP, SPD und Linken bei Ent- haltung von Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Die Absicht, EU-Richtlinien eins zu eins umzusetzen, ist er- füllt. Über spätere Nachbesserungen kann selbstver- ständlich nachgedacht werden. Zunächst galt es aber, den Auftrag der Umsetzung in nationales Recht zu erfül- len, um Sanktionen zu vermeiden. Schließlich ist ebenso positiv zu bewerten, dass der Nationale Normenkontrollrat im Rahmen seines gesetz- lichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen diesen Ge- setzentwurf vorbringt. Zusätzliche Informationspflichten für die Unternehmen in unserem Lande werden nicht eingeführt, geändert oder aufgehoben. Folglich sind mit diesem Gesetzentwurf auch keine zusätzlichen Büro- kratiekosten verbunden, ein Umstand, der mir als Wirtschaftspolitiker große Freude bereitet. Unsere Un- ternehmen, gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmen, benötigen nicht mehr Bürokratie, sondern weniger. Der vorliegende Gesetzentwurf ist mit den Bundes- ländern abgestimmt. Diese enge Bund-Länder-Ab- stimmung wird bewirken, dass die erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen durch die Bundesländer ohne Probleme geschehen. Die Länder werden die Anforde- rungen aus der Richtlinie mit dem 13. Rundfunkände- rungsstaatsvertrag, 13. RÄStV, umsetzen. Ich meine, es ist gut für das Ansehen des Bundestages und aller Frak- tionen, wenn Gesetzesvorhaben ohne juristische Streite- reien und rechtliche Unklarheiten umgesetzt werden. Die Bürger unseres Landes erwarten schnelles Handeln. In diesem Fall ist dies durch vorausschauendes Agieren gelungen. Klaus Barthel (SPD): Das Internet hat nicht nur alle gesellschaftlichen Lebensbereiche erfasst, es hat auch unsere Gewohnheiten verändert. Heute ist es beispiels- weise problemlos möglich, die eigene Lieblingssendung auch über das Internet oder das Mobiltelefon zu sehen. Da die Benutzung jener audiovisuellen Mediendienste grenzüberschreitend möglich ist, stehen sie auch im Fo- kus der Europäischen Union. Die neuen Möglichkeiten werden von den Menschen angenommen, und das ist gut so. Die Internetbranche ist ein Wachstumsmarkt für unser Land und hat in den ver- gangenen Jahren viele Arbeitsplätze insbesondere in kleineren und mittelständischen Unternehmen geschaf- fen. Zugleich aber entstehen praktische und rechtliche Fragen, die es zu lösen gilt. Hier will und muss die Poli- tik Schritt halten; denn es liegt auf der Hand, dass die unzählbare Nutzung des Internets und die technischen Besonderheiten Herausforderungen mit sich bringen. Das erste Telemedienänderungsgesetz greift diesen Handlungsbedarf auf. Es widmet sich der Umsetzung der europäischen Audiovisuelle-Mediendienste-Richtli- nie in nationales Recht. Damit werden Telemedien in die Vorschriften der Fernsehrichtlinie aufgenommen, die in fernsehähnlicher Form audiovisuelle Inhalte anbieten. Man spricht in diesem Fall von audiovisuellen Medien- diensten auf Abruf, Ondemand. Fernsehähnlich bedeu- tet, dass sich die Abrufdienste vergleichbar mit Fernseh- sendungen an das gleiche Publikum richten und die Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 3637 (A) (C) (D)(B) Nutzer zudem einen ähnlichen Regelungsschutz erwar- ten können. Die Bundesländer haben hierzu den 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag beschlossen, der am 1. April in Kraft getreten ist. Damit wir in der Europäischen Union weitgehend die gleichen Standards haben, bedurfte es einer Harmonisie- rung innerhalb des Fernsehbinnenmarktes. Die Richtli- nie über audiovisuelle Mediendienste folgt der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ aus dem Jahre 1989, die 1997 und 2007 überarbeitet worden ist. Sie führt nun weniger detailreiche, im Gegenzug aber flexiblere Vor- schriften ein. So werden in der neuen Fassung die Vor- schriften für die Fernsehwerbung modernisiert. Ziel ist es, audiovisuelle Inhalte besser zu finanzieren. Hiervon profitieren vor allem private Anbieter, die ihre Dienste mit Werbung finanzieren. Mit den neuen Regelungen entstehen verbesserte Wettbewerbsbedingungen und Rechtssicherheit für Sen- der und Dienste der Informationsgesellschaft. Sie stär- ken die Wirtschaft und nützen den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Dabei steht außer Frage, dass die Begren- zungen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie bisher bestehen bleiben. Es wird also auch künftig keine Wer- bung an Sonn- und Feiertagen und nach 20 Uhr geben. Aus den genannten Gründen wird meine Fraktion dem Gesetzentwurf zustimmen. Ich will aber nicht ver- hehlen, dass mit Blick auf das Telemediengesetz noch ein Stück Arbeit auf uns wartet. Die Regelungen müssen mit Blick auf die rasanten Veränderungen im Bereich der elektronischen Kommunikation auf der Höhe der Zeit bleiben. Es ist daher weitgehend unstrittig, dass es Änderungs- und Ergänzungsbedarf am Telemediengesetz gibt. Wir mussten seinerzeit im Januar 2007 dieses Gesetz unter Termindruck verabschieden, damit es zeitgleich am 1. März 2007 mit dem neuen Rundfunkstaatsvertrag der Länder in Kraft treten konnte. Damit wurden das frühere Teledienstegesetz und der Mediendienste-Staatsvertrag zusammengeführt. Bestimmte Fragen, wie beispiels- weise die Anbieterhaftung, konnten wir damals nicht mehr vollständig klären. Hinzu kommt, dass es sich um eine komplizierte Rechtsmaterie handelt, die nicht nur auf sich ständig ver- ändernde Neuentwicklungen reagieren, sondern auch auf neue Geschäftsmodelle und Missbrauchstatbestände an- gewendet werden muss. Es besteht insbesondere Hand- lungsbedarf im Bereich der Fragen von Verantwortung und Haftung der Diensteanbieter. Das bezieht sich auf die Klärung der Störerhaftung sowie Fragen, die von den Haftungsbestimmungen der einschlägigen E-Commerce- Richtlinie nicht erfasst werden. Diese sind daher bisher im Telemediengesetz nicht ausdrücklich geregelt wor- den, was insbesondere Folgen für Suchmaschinen und Hyperlinks hat. Die Störerhaftung ist allerdings eine entscheidende Frage. Die Rechtsprechung beurteilt die Unterlassungs- ansprüche nach allgemeinen Grundsätzen. Daher werden Unterlassungsansprüche von einem bestimmten Fall auf „kerngleiche“ Rechtsverletzungen ausgedehnt. Was kerngleich ist, ist jedoch immer noch unklar. Daher gibt es insbesondere für kleinere Diensteanbieter ein hohes Haftungsrisiko. Aus unserer Sicht muss ein gerechter und praktikabler Lösungsweg gefunden werden, der die unterschiedlichen Interessen von Rechteinhabern, Ver- brauchern und Internetunternehmen berücksichtigt und in eine vernünftige Balance bringt. Auch muss geprüft werden, ob und inwieweit es einen Handlungsbedarf für die Speicherung und Verarbeitung von personenbezoge- nen Daten in sozialen Netzwerken gibt. Dies gilt insbe- sondere für Unternehmen wie Facebook, die ihren Sitz nicht in Deutschland oder der EU haben. Hier muss möglicherweise noch klarer formuliert werden, dass die Verwendung und Weitergabe von personenbezogenen Daten nur bei ausdrücklicher Einwilligung der Nutzerin- nen und Nutzer erfolgen darf. An dieser Stelle kann ich die Bundesregierung nur nochmals dazu auffordern, schnellstmöglich einen weiteren Gesetzentwurf vorzule- gen, der den hier skizzierten Handlungsbedarf aufgreift. Wir werden auch immer ungeduldiger, wenn es da- rum geht, die Probleme des Datenschutzes und des Ver- braucherschutzes, gerade in der elektronischen Kommu- nikation, zu lösen. Es reicht einfach nicht, wenn sich die zuständige Ministerin öffentlichkeitswirksam, von der Presseerklärung zur Talkshow und zurück, als Rächerin der Abgezockten inszeniert. Immer lauter stellt sich doch die Frage, wann der Gesetzgeber gegen die miesen und unlauteren Praktiken und gegen die Gesetzeslücken, gerade im Internet, vorgeht. Deshalb geht der Entschließungsantrag der Grünen, Drucksache 17/8718, in die richtige Richtung. Aller- dings stellt er Positionen und Forderungen auf, die einer eingehenden Beratung bedürfen. Andere Punkte fehlen. So etwas kann man hier nicht einfach aus dem Ärmel schütteln. Deshalb enthalten wir uns bei der Abstim- mung über den Entschließungsantrag. Claudia Bögel (FDP): Der vorliegende Entwurf soll die Audiovisuelle-Mediendienste-Richtlinie umsetzen. Das Ziel ist ein einheitlicher Rechtsrahmen für alle au- diovisuellen Mediendienste, da ein europäischer Binnen- markt zwingend für alle Wettbewerber gleiche Spielre- geln erforderlich macht. Denn es ist ja unstrittig, dass Diensteangebote über das Internet, die alle nationalen Grenzen überschreiten, nur im europäischen oder welt- weiten Rahmen behandelt werden können, wenn man ihr wirtschaftliches Potenzial bestmöglich ausschöpfen will. Das ist das Ziel, und es bedarf keiner Aufforderung der Opposition, die Reform des TMG immer weiter vo- ranzutreiben. Es ist unser ureigenstes Anliegen, das wir auch wiederholt deutlich gemacht haben. Wenn Sie zum Beispiel einmal einen Blick in den Koalitionsvertrag werfen: Hier steht schwarz auf weiß, dass wir das TMG fortentwickeln wollen. Und wir stehen zu unserem Wort. Seien Sie versichert: Hier wird nichts auf die lange Bank geschoben, sondern sorgfältig geprüft und schließ- lich, mit dem Ziel, einen ausgewogenen Interessenaus- gleich zu bekommen und zugleich auch mehr Rechtssi- cherheit zu schaffen, umgesetzt. 3638 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 (A) (C) (D)(B) Aber genau bei diesem ausgewogenen Interessenaus- gleich hinkt Ihr Antrag, liebe Kollegen von den Grünen. Einerseits wollen Sie keine Vorabkontrolle und keine Überwachung, sondern ein freies Internet. Andererseits aber fordern Sie hohe Anforderungen an den Daten- schutz, und die Urheberrechte sollen gewahrt werden. Das sind alles hehre Ziele, deren gänzliche und prompte Erfüllung ich mir auch wünschen würde; aber es gibt eben keine eierlegende Wollmilchsau, sosehr wir uns das vielleicht alle manchmal wünschen mögen. Ich möchte kurz auf einige der Punkte Ihres Antrages im Einzelnen eingehen. Sie fordern eine Klarheit bei der Anbieterdefinition. Warum? Es gibt hier keine Unklarheiten im TMG. Allen- falls im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag lässt sich eine solche feststellen, aber das hat nichts mit dem TMG zu tun. Der Anbieterbegriff entspricht im Übrigen den Vorgaben der E-Commerce-Richtlinie. Zu Ihrem zweiten Punkt. Eine verpflichtende Vorab- kontrolle der Inhalte durch Anbieter bei Web-2.0-Ange- boten soll definitiv ausgeschlossen werden. Hierzu möchte ich § 7 Abs. 2 TMG zitieren: Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder ge- speicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechts- widrige Tätigkeit hinweisen. Anbieter von Web-2.0-Angeboten, die sie mit Ihrer Forderung hier geschützt sehen wollen, sind das also be- reits. Sie sind nach § 10 TMG als regelmäßige Hosting- Anbieter anzusehen und fallen damit unter diese Norm. Ihr Entschließungsantrag sieht außerdem die Schaf- fung von Klarheit für die Haftung von Zugangsanbietern wie Suchmaschinen vor. Das ist ganz im Sinne der FDP, und auch wir unterstützen eine Klärung der Verantwort- lichkeit von Suchmaschinenanbietern. Zu den verschiedenen Punkten den Verbraucher- schutz und den Verbraucherdatenschutz betreffend ist von unserer Seite zu sagen, dass die Verwendung von und der Handel mit Daten nur bei ausdrücklicher Einwil- ligung bereits geregelt sind. Nach § 12 Abs. 1 ist dies nur genehmigt, soweit es durch Gesetz erlaubt ist oder der „Nutzer eingewilligt hat“. Außerdem noch ein Wort zu der von Ihnen geforder- ten Selbstverpflichtung sozialer Netzwerke, deutsche Datenschutzstandards einzuhalten. Soweit es sich um die in Deutschland niedergelassenen Anbieter handelt, ist es gar keine Frage, dass sie das deutsche Datenschutzrecht einhalten müssen. Natürlich müssen und werden mit den anderen Anbietern Gespräche geführt werden, sodass man auch hier zu einer Einigung gelangt. Doch unter- schätzen Sie den Einfluss der Nutzer selbst hier nicht! Schon oft war zu beobachten, dass die sozialen Netz- werke die Anliegen ihrer Community sehr ernst nehmen und ihr Handeln danach ausrichten. Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass die Bun- desregierung sich aus meiner Sicht intensiv mit der von Ihnen aufgeworfenen Fragestellung beschäftigt und ei- nige Punkte auch bereits gesetzlich festgelegt hat. Doch Sie wissen genauso gut wie wir, dass das Thema erheblich komplexer ist als Ihr Antrag. Hier muss daher Qualität vor Schnelligkeit gehen. Darum, nehme ich an, haben Sie auch der Einsetzung der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesell- schaft“ zugestimmt. Ich bin sicher, dass in diesem Gre- mium das Thema Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für Diensteanbieter bearbeitet und diskutiert werden wird, und selbstverständlich ist auch meine Fraktion da- für. Eines ist aber klar: Schnellschüsse sind in jedem Fall alles andere als förderlich und ganz und gar hinderlich. Der Entschließungsantrag von Bündnis 90/Die Grü- nen wird von meiner Fraktion daher abgelehnt werden. Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE): Worüber diskutieren wir? Die Bundesregierung muss das erst vor drei Jahren in Kraft getretene Telemediengesetz korri- gieren, da die EU-Fernsehrichtlinie das erfordert. Inhalt- lich geht es dabei um Änderungen im Geltungsbereich, in den Begriffsbestimmungen und Regelungen zum Sitz- land der audiovisuellen Mediendienste. Das ist im Grunde relativ unproblematisch und folgt der üblichen Gesetzgebungsroutine. Problematisch ist aber Folgendes: Als das Teleme- diengesetz im Februar 2007 verabschiedet wurde, gab es bereits mehrere schwierige Punkte. Schon damals war klar, dass in der Frage der Haftung für fremde Inhalte nachgebessert werden muss. Bei der Haftungsfrage müs- sen die Inhalte- und Zugangsanbieter wissen, was er- laubt und was verboten ist. Fakt ist, dass seit Inkrafttre- ten des Telemediengesetzes Gerichte in Deutschland in zahlreichen Urteilen in diesen und ähnlichen Fragen völ- lig unterschiedlich entscheiden. Wir sagen klipp und klar: Wir brauchen eine gesetzli- che Klarstellung, damit beispielsweise Webseitenbetrei- ber und Inhalteanbieter künftig nicht – im vorauseilen- den Gehorsam – Überwachungspflichten für fremde Inhalte ausüben müssen. Auch zu diesem Beispiel kann ich sagen: Das Tele- mediengesetz in der aktuellen Fassung ist niederge- schriebene Rechtsunsicherheit. Das Haus des Bundes- wirtschaftsministers ist in der Lage, quasi über Nacht ein Internetsperrgesetz vorzulegen, das ursprünglich eben- falls als eine Änderung des Telemediengesetzes angelegt war. Aber die immer wieder eingeforderte grundlegende Novellierung des Telemediengesetzes kann dieses Haus bis heute nicht vorlegen. Ich behaupte: Das ist ein Ar- mutszeugnis für das Bundeswirtschaftsministerium. Meine Fraktion hat in der letzten Legislaturperiode Änderungsvorschläge zur Novellierung des Teleme- diengesetzes vorgelegt. Es ist uns wichtig, rechtliche Klarheit über die Haftung von Anbietern von Multime- diadiensten wie Foren, Chats, Gästebücher und Blogs zu schaffen. Wir wollen den Datenschutz stärken. Daten dürfen nicht an eine nahezu beliebige Zahl von Interes- senten aus Polizei, Geheimdienst und Militär herausge- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 3639 (A) (C) (D)(B) geben werden. Wir fordern für die Herausgabe von per- sonenbezogenen Daten einen Erlaubnisvorbehalt durch einen Richter oder eine Richterin. Außerdem fordern wir, dass die Erstellung von Nutzerprofilen durch Diensteanbieter nur nach vorheriger ausdrücklicher Ein- willigung möglich ist. Auch die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und der FDP haben damals Änderungen vorgelegt. Wir dürfen gespannt sein, ob die FDP sich treu bleibt und als Regierungspartei ihre Vorschläge wieder einbringt. An dieser Stelle noch einmal zur EU-Fernsehrichtli- nie, die ja die Grundlage für das von der Bundesregie- rung vorgelegte 1. Telemedienänderungsgesetz bildet. Mit der EU-Fernsehrichtlinie wurden zwei Dinge für die Anbieter von audiovisuellen Dienstleistungen auf dem europäischen Binnenmarkt getan: Werbebeschränkun- gen wurden abgebaut und Bedingungen für Werbefor- men und Produktplatzierungen neu festgelegt. Die EU- Fernsehrichtlinie harmonisiert zuallererst Geschäftsbe- ziehungen. Es geht ums Geldverdienen und um Rendite. Verbraucherrechte, die Bereitstellung eines vielfältigen kulturellen Programmangebots und die Sicherstellung journalistisch-redaktioneller Autonomie spielen keine Rolle. Zum 1. April dieses Jahres ist nun der 13. Rundfunk- änderungsstaatsvertrag in Kraft getreten. Mit ihm setzen die Bundesländer die Deregulierungsbestimmungen der EU für den Rundfunk in nationales Recht um. Bezahlte Produktplatzierungen müssen nun zu Beginn und zum Ende einer Sendung durch einen Hinweis gekennzeich- net werden, unbezahlte nicht. Davon profitieren die pri- vaten Fernsehsender und die werbetreibende Industrie, nicht aber die Zuschauerinnen und Zuschauer. Die Län- der haben es versäumt, hier ihren Ermessensspielraum zu nutzen. Denn die Richtlinie ließ zur Umsetzung der Werbebestimmungen für den Rundfunk ausdrücklich Ausnahmen zu. Das ist der Unterschied zu den vorlie- genden Änderungen im Telemediengesetz, die nach der EU-Richtlinie tatsächlich unausweichlich sind. Aus die- sem Grund werden wir uns den heutigen Änderungen des Telemediengesetzes nicht verweigern. Diese Ände- rungen sind, wie eingangs schon gesagt, rein formaler Art. Meine Damen und Herren von der Koalition, die Auf- gabe einer grundlegenden Überarbeitung des Tele- mediengesetzes bleibt bestehen. Hier müssen Sie nach- arbeiten. Das fordert auch der heute ebenfalls zur Diskussion und zur Abstimmung anstehende Entschlie- ßungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die- sem können wir ausdrücklich zustimmen. Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Telemediengesetz soll Fragen des Internets regeln. Es ist sozusagen das Internetgesetz. Aber ganz offensichtlich ist das zur schwarz-gelben Bundesregierung noch nicht so richtig durchgedrungen. Denn sonst hätte sie vielleicht endlich die Notwendigkeit gesehen, einige wichtige Problemfelder bei der Anbie- terhaftung, dem Datenschutz und dem Verbraucher- schutz anzugehen. Leider Fehlanzeige! Lassen Sie mich einige Beispiele nennen: Bei der Anbieterhaftung muss klargestellt werden, ob Suchmaschinen etwa wie Zugangsanbieter behandelt werden sollen. Die Anbieter von Blogs und Foren müs- sen wissen, woran sie sind. Wenn sie verpflichtet werden würden, die Beiträge auf ihren Seiten stündlich, ja mi- nütlich oder sogar jede Sekunde auf mögliche rechtswid- rige Inhalte zu prüfen, würde das diese Anbieter in ihrer Existenz bedrohen. Damit würde man eine Szene kaputt- machen, die für Vielfalt in öffentlichen Debatten sorgt und eine Alternative zum Mainstream-Journalismus dar- stellt. Gegenwärtig liegen ziemlich divergierende Gerichts- entscheidungen zur Reichweite der bestehenden Haf- tungsregelungen vor. Vereinzelt wird sogar die Auffas- sung vertreten, es bestehe eine allgemeine Verpflichtung zur präventiven Ausforschung und Überwachung der auf Userplattformen eigenständig generierten Inhalte. Das schafft Rechtsunsicherheit und bestärkt diejenigen, die in Verkennung des Mediums und seiner inzwischen ge- wachsenen kommunikativen gesellschaftlichen Bedeu- tung in der Tendenz einer Vorabzensur von Inhalten das Wort reden. Diese Unklarheiten sollten gesetzlich aus dem Weg geräumt werden. Leider findet sich nichts davon im Gesetzentwurf – trotz der FDP auf der Regierungsbank! Die Bundesregierung muss sich klar positionieren, was sie wem im Internet an Haftungspflichten auferlegen will, und sich für einheitliche Regelungen einsetzen, denn das Internet macht an Länder- oder Landesgrenzen nicht halt. Sie muss das dann mit den Bundesländern verhan- deln – beim Jugendmedienschutz-Staatsvertrag wurde das leider versäumt –, und sie muss es bei der EU – Stich- wort: EU-Netzsperren – durchsetzen. Der vorliegende Gesetzentwurf ist reines Stückwerk. Er setzt lediglich die Anforderungen der Audiovisuellen Mediendienste-Richtlinie der EU um. Aber das genügt nicht. Auch in Fragen des Datenschutzes geht die Bun- desregierung mit dem Gesetzentwurf nicht die notwendi- gen Schritte. Die bestehenden Regelungen tragen dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nicht ausreichend Rechnung. So sehen sich etwa Nutzerinnen und Nutzer immer häufiger damit konfrontiert, dass ihre persönlichen Daten im Internet veröffentlicht werden. Im Telemediengesetz fehlen auch nach dieser Geset- zesänderung effektive Regelungen für die Verwendung und den Handel mit personenbezogenen Daten. Das Ge- setz schützt die Nutzerinnen und Nutzer auch nicht hin- reichend vor personalisierter Werbung. Userinnen und User erhalten in der Regel automatisch personalisierte Werbung, solange sie dem nicht gezielt widersprechen. Auch fehlt noch immer eine Verpflichtung für die Be- treiber der Plattformen, darüber aufzuklären, wofür die von Nutzerinnen und Nutzern bereitgestellten Daten ver- wendet werden sollen. Kundenprofile werden so, ohne Transparenz gegenüber den Kunden, an die Werbewirt- 3640 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 (A) (C) (D)(B) schaft verkauft. Eine Nichteinwilligung in die Weitergabe personenbezogener Daten darf auch bei nicht marktbe- herrschenden Unternehmen nicht zum Ausschluss aus dem Angebot führen. Wir Grüne wollen mehr Daten- und Verbraucher- schutz im Telemediengesetz, so wie wir es in unserem Entschließungsantrag formuliert haben. Kundinnen und Kunden müssen durch Opt-in darüber entscheiden kön- nen, ob sie eine Weitergabe ihrer Daten möchten. Künf- tig muss der Grundsatz gelten, dass Werbung nur mit ausdrücklicher Einwilligung der Betroffenen erfolgen darf. Die Forschung im Bereich von sogenannten Privacy Enhancing Technologies, also datenschutzspezifischen Produkten, muss gefördert werden. Neue Produkte und Verfahren sollten zudem umfassend auf ihre Daten- schutzfreundlichkeit und Datensicherheit geprüft werden können. Hier ist die Vorlage des längst überfälligen Au- ditierungsgesetzes dringend nötig. Außerdem wollen wir die Verfolgung und Vermeidung von Spam verbessern. Bislang sind die Schutzmöglich- keiten gegen ungewollt zugesandte Spam-Mails für Ver- braucherinnen und Verbraucher überaus schwierig. Für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten wie Spam- Mails muss eine zuständige Verwaltungsbehörde konkret benannt werden. Aus Sicht unserer Fraktion sollte die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommuni- kation, Post und Eisenbahnen diese Zuständigkeit erhal- ten. Die Bundesnetzagentur könnte zumindest eine bun- deslandübergreifende Verfolgung gewährleisten. Sie sehen anhand meiner Beispiele: Das Gesetz ist völlig unzureichend. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, ich fordere Sie auf, uns so schnell wie möglich ein an die Realitäten des Internets angepasstes Telemediengesetz vorzulegen. Wir brauchen klare Definitionen von Anbie- tern, klare und einheitliche Regelungen zu Haftungsfra- gen, wir brauchen einen effektiveren Verbraucherschutz, der die Verfolgung und Unterlassung von ungewollten Spam-Mails ermöglicht, und wir brauchen ein Gesetz, das die persönlichen Daten der Nutzerinnen und Nutzer wirksam schützt. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Zweiten Ge- setzes zur Änderung des Vorläufigen Tabakge- setzes (Tagesordnungspunkt 15) Elvira Drobinski-Weiß (SPD): Eine weltweite Stu- die der Weltgesundheitsorganisation aus dem Jahr 2008 berichtet, dass alle sechs Sekunden ein Raucher stirbt. Tabak steht demzufolge an erster Stelle der vermeidba- ren Todesursachen. Deutschland zählt zu den zehn Län- dern, wo es die meisten Raucher weltweit gibt, einer von zehn Todesfällen gehe auf Tabak zurück, weltweit insge- samt 5,4 Millionen pro Jahr. Der aktuellen GEDA-Studie des Robert Koch-Instituts zufolge rauchten im Jahr 2009 in Deutschland 33,9 Pro- zent der Erwachsenen. Im Drogen- und Suchtbericht aus dem Jahr 2009 lesen wir, dass etwa 140 000 Menschen jedes Jahr vorzeitig an den direkten Folgen des Rau- chens sterben, etwa 3 300 Menschen an Folgen des Pas- sivrauchens. Die volkswirtschaftlichen Kosten des Rau- chens für die Gesellschaft werden auf 18,8 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Besonders alarmierend: Das durchschnittliche Einstiegsalter in den Zigarettenkon- sum liegt bei etwa 13 Jahren. Das sind Zahlen, die auf- schrecken! Wir kämpften deshalb die letzten elf Jahre gemeinsam mit der Bundesregierung und der Drogenbeauftragten Frau Bätzing mit aufeinander abgestimmten präventi- ven, gesetzlichen und strukturellen Maßnahmen gegen den hohen Tabakkonsum, aber auch um Regulierung und Angebotsreduzierung. Stellvertretend seien hier die kon- tinuierliche Tabaksteuererhöhung, die Einführung von Warnhinweisen auf Zigarettenpackungen oder auch die Aufnahme eines Paragrafen zum Nichtraucherschutz in die Arbeitsstättenverordnung genannt. Jugendlichen dür- fen Tabakwaren in Automaten seit dem 1. Januar 2009 nur noch dann angeboten werden, wenn durch Aufsicht bzw. technische Vorrichtung sichergestellt ist, dass der Bezug von Zigaretten für Personen unter 18 Jahren an Zigarettenautomaten nicht möglich ist. Zusätzlich verstärkten wir die Suchtprävention und Suchtberatung und Behandlung. „Be Smart – Don‘t Start“- oder „Rauchfrei“-Wettbewerbe sprachen zum Beispiel direkt Jugendliche an, den Einstieg in das Rau- chen zu verzögern bzw. mindestens vier Wochen nicht zu rauchen. Langfristig gesehen ist in der deutschen Erwachse- nenbevölkerung nur ein geringfügiger Rückgang des Ni- kotinkonsums erkennbar. Jedoch Dank der Programme und Förderungen des Nichtrauchens in Schulen ist ein Rückgang der Raucherquote unter Kindern und Jugend- lichen offensichtlich. Und es findet – langsam – ein ge- sellschaftlicher Bewusstseinswandel statt, Nichtrauchen wird immer stärker zur sozialen Norm. Diese kleinen Er- folge dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch viel zu tun ist. Heute beschließen wir die Umsetzung der sogenann- ten Audiovisuelle-Mediendienste-Richtlinie. In Anbe- tracht der neuen Übertragungstechniken ist es notwen- dig, nicht nur wie bisher für das Fernsehen als das traditionelle audiovisuelle Medium Regeln zu schaffen. Für „Audiovisuelle Medien auf Abruf“ oder einfacher gesagt Videos, egal ob mit oder ohne Ton, wird heute mit der Umsetzung der Richtlinie Rechtssicherheit in Deutschland geschaffen. Danach ist jede Form der au- diovisuellen kommerziellen Kommunikation für Ziga- retten und andere Tabakerzeugnisse, die Produktplatzie- rung sowie das Sponsoring von Sendungen durch Unternehmen, deren Haupttätigkeit die Herstellung oder der Verkauf dieser Produkte ist, untersagt. Uns ist bewusst: Alle Formen der Werbung für Tabak- erzeugnisse sind noch immer nicht erfasst. Diesem Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 3641 (A) (C) (D)(B) Schritt müssen weitere folgen, damit insbesondere Ju- gendliche so wenig wie möglich in Kontakt mit Tabak- werbung kommen. Ich denke da insbesondere an das Verbot von Tabakwerbung auf Plakaten und Postern. Große Teile der Industrie sind mit uns in dieser Forde- rung auf einer Linie. Sollte eine wirksame Selbstregulie- rung nicht erfolgen, fordern wir hier dringend gesetzli- che Regelungen. Das Generaldirektorat der Europäischen Kommission für Gesundheit und Verbraucherschutz berät zurzeit Über- arbeitungen der Tabakproduktrichtlinie. Fünf Schwer- punkte kristallisieren sich dabei heraus: die Anpassung des Geltungsbereiches, die Änderung der Kennzeich- nungsanforderungen – einschließlich Warnhinweise –, die Einführung von Berichterstattungs- und Registrierungs- vorhaben, die Überarbeitung der Regulierung der In- haltsstoffe sowie die Einführung einer Regulierung der Verkaufs- und Vertriebsformen. Wir wollen den Diskussionsprozess eines stärkeren Nichtraucherschutzes aktiv begleiten. Dr. Erik Schweickert (FDP): Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des vorläufigen Tabakge- setzes setzen wir eine Europäische Richtlinie aus dem Jahr 2007 um. Ja, Sie hören richtig, eine Richtlinie aus dem Jahr 2007. Denn die große Koalition hat es inner- halb von zwei Jahren nicht fertiggebracht, für eine Umsetzung zu sorgen. Aber wie in den anderen Politik- bereichen auch wird deutlich: Die FDP steht für Verläss- lichkeit. Wir bringen voran, wir setzen um. Aber, und das gestehe ich der großen Koalition ja zu, es gäbe durchaus auch gute sachliche Gründe gegen das Gesetz. Wie Sie sicherlich wissen, stehen wir Liberale einer Einschränkung von Werbeverboten sehr kritisch gegenüber. Verbote bevormunden den Verbraucher. Was frei verkäuflich ist, soll auch beworben werden dürfen. Statt auf dirigistische Eingriffe wie Werbeverbote haben wir Liberale immer auf Selbstverpflichtungen gesetzt, die häufig genauso erfolgreich wirken. Durch Verbote den Konsum steuern zu wollen, ist ein staatsdirigistischer Trugschluss – das betrifft alle Instru- mente der Kommunikationspolitik, also Werbung ge- nauso wie Sponsoring und Product Placement. Bislang hat mir auch noch keiner überzeugende Studien zeigen können, in denen ein Zusammenhang von Product Place- ment und Konsumverhalten bewiesen wird. Außerdem zementieren Sponsoringverbote nur Markenbilder und fördern dadurch die Großen der Branche. Nun also setzen wir eine Richtlinie der Europäischen Union um, weil wir die rechtliche Bindung der Entschei- dungen auf europäischer Ebene anerkennen und respek- tieren. Denn wir kommen unserer Regierungsverantwor- tung nach – anders als die Große Koalition. Der Gesetzentwurf ist Teil der EU-Richtlinie für soge- nannte audiovisuelle Mediendienste. Die Vorgaben der Europäischen Kommission setzen wir eins zu eins in na- tionales Recht um und kommen somit unseren Verpflich- tungen nach. Künftig wird das Sponsoring von Fernseh- sendungen durch Tabakunternehmen und das Product Placement von Tabakerzeugnissen und Tabakunterneh- men verboten sein. Unter Product Placement ist die gezielte Darstellung eines Kommunikationsobjektes als dramaturgischer Be- standteil einer Video- oder Filmproduktion gegen finan- zielle oder sachliche Zuwendungen zu verstehen. Man kann darüber streiten, ob es unbedingt ein Tabakunter- nehmen sein muss, das mit Geld sein Produkt in audiovi- suellen Medien platziert. Insofern kann man der Richtli- nie ja auch durchaus positive Aspekte abgewinnen. Eins-zu-eins-Umsetzung bedeutet, dass wir vom Be- griff des Product Placements im engeren Sinne ausge- hen. Dieses meint die Platzierung von Markenartikeln, nicht jedoch die Platzierung unmarkierter Produkte. Auch die Sozialdemokraten sollten im Übrigen ein gro- ßes Eigeninteresse an dieser Form der Umsetzung ha- ben. Denn ansonsten wäre die SPD ja bald gar nicht mehr positiv im Fernsehen präsent. Interviews mit der letzten SPD-Ikone Helmut Schmidt dürften dann ja gar nicht mehr ausgestrahlt werden. Jeglichen Rufen aus den linken Reihen, die über eine Eins-zu-eins-Umsetzung der Richtlinie hinausgehen, er- teilen wir eine klare Absage. Eine Ausweitung des Tabak- werbeverbots auf Plakatwerbung und andere Werbefor- men ist aus bereits genannten Gründen unangemessen. Werbung ist integraler Bestandteil der Marktwirtschaft. Sie basiert auf einem freien und fairen Wettbewerb. Die legale Herstellung und der legale Vertrieb eines Produk- tes bedürfen der Möglichkeit der legalen Bewerbung. Wir setzen nicht auf Verbote, sondern auf Informatio- nen und Aufklärung über gesundheitliche Folgewirkun- gen des Tabakkonsums. Ein Werbeverbot halten wir als Präventionsmaßnahme für nicht geeignet. Stattdessen brauchen wir eine gesellschaftliche Sensibilisierung, die in der Schule beginnt, über den Freundeskreis und die Familie. Und mit Verlaub, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: Ihre These, dass Tabakwerbung dazu führe, dass Jugendlichen der Aus- stieg aus dem Rauchen erschwert werde, ist doch nun wirklich an den Haaren herbeigezogen. Das wäre ja so, als wenn überzeugte Liberale durch Parteiwerbung dazu gebracht würden, zukünftig die Grünen zu wählen. Auch das wird nicht passieren, das sage ich Ihnen. Auch der von Ihnen aufgemachte Zusammenhang von Tabakwerbung und Zigarettenkonsum lässt sich bei ge- nauerem Hinsehen nicht halten. Denn der Zigarettenkon- sum ist bereits vor der Einführung des Tabakwerbever- bots in Zeitungen, Zeitschriften und im Internet im Jahr 2007 deutlich rückläufig gewesen. Der Argumentation zu folgen, dass Werbung Verbrau- cher geradezu zwanghaft zu einem Fehlverhalten ver- leite, entmündigt die Bürgerinnen und Bürger, statt auf Aufklärung und Verbraucherbildung zu setzen und so die Mündigkeit zu stärken. Ein über die Eins-zu-eins-Um- setzung hi-nausgehendes Tabakwerbeverbot ist Aus- druck eines Staatsverständnisses, das die Verantwortung des Einzelnen zugunsten einer Staatsverantwortung ab- gibt. SPD, Linke und Grüne begegnen jeder verbrau- 3642 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 (A) (C) (D)(B) cherpolitischen Herausforderung mit einem Verbot. Als FDP nehmen wir die Gesundheitsgefahren des Rauchens und damit den Gesundheits- und Verbraucherschutz sehr ernst. Aber die übliche Verbots- und Symbolpolitik à la Künast oder Höhn hilft dabei nicht weiter. Das kann keine liberale Politik sein. Deshalb werden wir eins zu eins umsetzen. Karin Binder (DIE LINKE): Die Linke fordert ein generelles Werbeverbot für Tabakwaren, um Jugendliche und Heranwachsende vor den gesundheitlichen Gefah- ren des Rauchens besser zu schützen. Rauchen schadet der Gesundheit. Das ist allgemein bekannt. Jedem Er- wachsenen steht es dennoch frei, zur Zigarette zu grei- fen. Es geht hier auch nicht darum, das Rauchen zu ver- bieten. Etwas anderes ist es aber, wenn Tabakkonzerne mit Werbung gezielt Jugendliche und Heranwachsende ansprechen, um sie zum Rauchen zu verleiten. Die Aus- wirkungen des Nikotingenusses sind bei dieser Gruppe besonders gesundheitsschädlich. Die Folgen zeigen sich aber erst viele Jahre später. Aus diesem Grund ist die Tabakwerbung im Fernse- hen verboten. Mit ihren Marketingmethoden haben die Zigarettenhersteller diese Einschränkung jedoch ge- schickt umschifft. Sie werben indirekt durch Produktpla- zierung und im Internet. Die EU hat darauf reagiert und verbietet nun das Sponsering von Sendungen und die Produktplazierung in TV und Internet. Die Ausweitung auf weitere Medien war also auf jeden Fall nötig, und die vorliegende Regelung stellt eine Verbesserung dar. Natürlich hinkt Deutschland aber auch hier wieder einmal hinterher. Schon Ende letzten Jahres hätte die EU-Richtlinie hierzulande umgesetzt werden müssen. Aber der Druck der Tabaklobby bremst ein schnelles Vorgehen zugunsten des Gesundheitsschutzes bei Ju- gendlichen. Noch viel schlimmer: Das Werbeverbot wird nur halbherzig umgesetzt. Denn auch nach der neuen Regelung bleiben den Zigarettenherstellern ausreichend Lücken, um Jugendliche erfolgreich anzusprechen: Wer- bung im Kino, Direktwerbung vor Kneipen und Online- shops im Internet, um nur einige Beispiele zu nennen. Das Verbot der Produktplatzierung und des Sponso- rings bei Tabakwaren ist also ein Schritt in die richtige Richtung, greift aber deutlich zu kurz. Die Bundesregie- rung setzt nur die Minimalstandards um, statt die Chance zu nutzen, ein einheitliches Werbeverbot zum Schutz der Gesundheit zu schaffen. Die Verhinderung einer klaren Regelung hat bei der christlich-sozialen Union aber Tra- dition: Schon der Vorgänger der heutigen Verbraucher- schutzministerin, Herr Seehofer, hatte seine Probleme mit dem Nichtraucherschutz. Nach seiner Auffassung hat die Einschränkung des Nikotingenusses „die bayri- sche Volksseele verletzt“. Schon 2006 wurde die Bun- desregierung in Sachen Werbeverbot erst auf Druck der EU-Kommission mit Androhung von Strafzahlungen tä- tig. Auch jetzt musste Brüssel erst mit den Säbeln ras- seln. Fazit: Wieder einmal gehen bei Schwarz-Gelb Wirt- schaftsinteresse vor Verbraucherschutz. Das ist für die Linksfraktion nicht hinnehmbar. Wir fordern die Bun- desregierung auf: Nehmen sie die Gesundheitsvorsorge endlich ernst! Setzen sie ein umfassendes Werbeverbot für Tabakwaren durch! Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 140 000 Menschen sterben nach Angaben der Deutschen Krebshilfe in Deutschland jährlich an den Folgen des Rauchens. Nach Schätzungen des Deutschen Krebsfor- schungsinstitutes verursacht das Rauchen Gesamtkosten von über 33 Milliarden Euro für unsere Volkswirtschaft und das Gesundheitswesen. Angesichts dieser Zahlen ist der Regierungsentwurf zur Änderung des Tabakgesetzes eine armselige Mini- mallösung, welche vor allem die Interessen der Tabak- industrie im Blick hat. Die vorgelegte Eins-zu-eins-Umsetzung der EU- Richtlinie verbietet nur den eng begrenzten Bereich der Werbung in „audiovisuellen Medien auf Abruf“. Damit bleibt Deutschland ein Tabakwerbeparadies in der EU. Bei der Plakatwerbung, die nur noch in Deutschland und Griechenland erlaubt ist, sind wir Schlusslicht in Europa. Auch in der Kinowerbung schon ab 18 Uhr darf munter weitergequalmt werden. Die Werbung in Tankstellen und Kiosken, wo neben Postern und anderen Werbemit- teln zunehmend Werbefilmchen in Endlosschleife lau- fen, soll auch mit dem neuen Gesetz bestehen bleiben. Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft, ZAW, jubelt bereits, weil die audiovisuelle Werbung in Verkaufsstellen und im Rahmen des Internetversandhan- dels nicht von der Gesetzesänderung betroffen sei. Solange die Tabakindustrie die bestehenden Werbe- verbote durch solche Schlupflöcher umgehen kann, wird die Tabakprävention geschwächt statt gestärkt. Bereits 1997 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass Werbeverbote ein wichtiges Instrument gegen bedenken- losen Tabakkonsum sind. Unser Fokus ist der Kinder- und Jugendschutz. Trotz der positiven Entwicklung in den letzten Jahren rauchen immer noch 15 Prozent aller minderjährigen Jugendli- chen gelegentlich bis regelmäßig. Laut Deutscher Lun- genstiftung sind Schüler und Schülerinnen im Alter von 11 bis 14 Jahren besonders gefährdet, das Rauchen anzu- fangen. Fast zwei Drittel aller rauchenden Kinder und Jugendlichen wollen mit dem Rauchen aufhören oder haben dies schon einmal vergeblich versucht. Tabakwer- bung macht es den Jugendlichen doppelt schwer, vom Glimmstängel loszukommen. Studien belegen immer wieder, dass Zigarettenwer- bung besonders stark das Rauchverhalten von Kindern und Jugendlichen beeinflusst. Die Imagestrategien der Tabakindustrie mit Bildern von Freiheit, Spaß, Erfolg und Sexappeal zielen nach wie vor besonders auf Ju- gendliche und junge Erwachsene. Nicht Figuren wie der Marlboro-Mann, sondern jugendlich wirkende Partygän- ger spielen die Hauptrollen in den Werbekampagnen. Die Selbstverpflichtungserklärung der Tabakindus- trie zum Jugendschutz läuft daher selbst dann ins Leere, wenn alle Vorschriften formal eingehalten werden. Ent- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 3643 (A) (C) (D)(B) scheidend ist nicht das tatsächliche Alter der Models, sondern der dargestellte Lebensstil, der oft dem Wunsch- bild von Jugendlichen entspricht. Dieser Zusammenhang wurde erst kürzlich wieder vom Kommunikationswis- senschaftler Patrick Rössler sowie der Fachstelle für Suchtprävention bestätigt. Zudem haben Nichtraucher- schutzorganisationen in den letzten Jahren zahlreiche klare Verstöße gegen die Selbstverpflichtungsgrundsätze dokumentiert. Wir fordern die Bundesregierung aus diesen Gründen in unserem Entschließungsantrag auf, Tabakwerbung deutlich über die Umsetzung der EU-Richtlinie hinaus einzuschränken. Das heißt: Erstens. Jegliche audiovisuelle Werbung in Verkaufs- stellen und im Internetversandhandel muss gesetzlich verboten werden. Zweitens. Auch die Außenwerbung muss in Deutsch- land wie in fast der gesamten EU verboten werden. Drittens. Auch die Kinowerbung und die massive Werbung in Verkaufsstellen muss weiter eingeschränkt werden, um dem Jugendschutz gerecht zu werden. Statt wirkungsloser freiwilliger Selbstverpflichtungen brauchen wir klare gesetzliche Regelungen und wirk- same Sanktionen bei Verstößen gegen diese Regeln. Ohne diese Maßnahmen sind Fortschritte bei der Ta- bakprävention kaum zu erreichen. Julia Klöckner (Parl. Staatssekretärin bei der Bun- desministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Ver- braucherschutz): Der vorliegende Gesetzentwurf nimmt eine Eins-zu-eins-Umsetzung der Audiovisuelle-Me- diendienste-Richtlinie für den Bereich der Tabakwer- bung vor. Die weiteren Vorgaben der Richtlinie werden von den Ländern im Rahmen des 13. Änderungsvertra- ges zum Rundfunkstaatsvertrag sowie bundesrechtlich mit einem Änderungsgesetz zum Telemediengesetz um- gesetzt. Bekanntermaßen besteht in Deutschland bereits eine Reihe von medienspezifischen Verboten. Seit 1975 ist Tabakwerbung im Hörfunk und Fernsehen verboten. Aufgrund der Vorgaben der Tabakwerberichtlinie der Europäischen Union aus dem Jahr 2003 wurden 2006 die Tabakwerbung in der Presse und gedruckten Veröffentli- chungen grundsätzlich verboten. Ferner ist die Werbung in Diensten der Informationsgesellschaft wie dem Inter- net bereits seit 2006 entsprechend verboten. Wie Sie alle wissen, ist dies in § 21 a Abs. 4 des Vorläufigen Tabak- gesetzes geregelt. Genau das sollten auch die Kollegin- nen und Kollegen berücksichtigen, die hier kurzfristig noch einen Entschließungsantrag zum Gesetz einge- bracht haben. Daneben besteht ebenfalls seit 2006 ein Sponsoringverbot für den Hörfunk. Die Umsetzung der Tabakwerberichtlinie erfolgte ebenfalls eins zu eins. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird nunmehr auch ein Sponsoringverbot für audiovisuelle Medien- dienste und Sendungen geregelt. Wir erfassen damit Bil- der mit oder ohne Ton, die vom klassischen Fernsehen ausgestrahlt werden, aber auch Mediendienste auf Ab- ruf, wie zum Beispiel Video-on-demand. Beim Sponso- ring handelt es sich vereinfacht gesprochen um einen Beitrag von privaten Unternehmen oder natürlichen Per- sonen zur Finanzierung von audiovisuellen Medien- diensten oder Sendungen mit dem Ziel, zum Beispiel ih- ren Namen oder ihre Marke zu fördern. Zudem sieht das Gesetz ein Verbot der Produktplatzierung von Tabak- erzeugnissen oder Tabakunternehmen in audiovisuellen Sendungen vor. Eine Produktplatzierung liegt vor, wenn zum Beispiel gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegen- leistung auf eine Marke Bezug genommen wird, sodass diese innerhalb einer Sendung erscheint. Zukünftig ist damit ausdrücklich geregelt, dass ein Tabakerzeugnis etwa im Rahmen einer Fernsehsendung nicht platziert werden darf. Neben diesen Verboten ist es mir wichtig, zu betonen, dass wir selbstverständlich den Verbraucher gesetzlich vor irreführender Werbung schützen. So ist es beispiels- weise untersagt, den Tabakkonsum zu verharmlosen, seine gesundheitliche Unbedenklichkeit zu suggerieren. Auch ist es verboten, Jugendliche durch zielgerichtete Darstellungen und Aussagen zum Rauchen zu veranlas- sen. Eine weitere Ausweitung des Verbots der Tabak- werbung über den vorliegenden Entwurf hinaus steht derzeit für die Bundesregierung nicht an. Mir ist es auch ein besonderes Anliegen, dass wir das Gesetzgebungs- verfahren nun zügig abschließen. Auch gegenüber Brüs- sel wäre es ein verfehltes Signal, die Umsetzung weiter zu verzögern. Wie gesagt, nimmt der Gesetzentwurf eine Eins-zu-eins-Umsetzung der Richtlinie über audiovi- suelle Mediendienste vor – und das ist gut so. Dies ent- spricht der allgemeinen Haltung der Bundesregierung zur Umsetzung von EU-Recht. Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass die bestehenden Verbote durch die Länder effektiv durchgesetzt werden. Dies gilt insbesondere auch für den Bereich des Inter- nets. Nichtsdestotrotz ist festzuhalten, dass der Verkauf von Tabakerzeugnissen auch über das Internet grund- sätzlich legal ist. Über das Angebot der Tabakerzeug- nisse hinausgehende Werbemaßnahmen und demnächst auch die Produktplatzierung in audiovisuellen Medien- diensten sind hingegen verboten. Aus der Sicht unseres Bundesministeriums für Ernäh- rung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ist der Schutz der Verbraucher vor Schäden ein zentrales Anlie- gen. Daher besteht eine wesentliche Aufgabe im Rah- men der Tabakprävention auch darin, den Einstieg in das Rauchen zu verhindern, den Ausstieg aus dem Tabak- konsum zu fördern und den Schutz vor Passivrauchen zu stärken. So ist es Ziel, den Verbraucherinnen und Ver- brauchern die gesundheitlichen Gefahren des Rauchens nachdrücklich vor Augen zu führen und insgesamt auf eine Einschränkung des Tabakkonsums hinzuwirken. Hierbei sind die zwingend vorgeschriebenen Warnhin- weise auf den Tabakerzeugnissen ein wichtiges Element. Die Kennzeichnung von Tabakerzeugnissen ist auf EU-Ebene im Rahmen der Tabakprodukt-Richtlinie ge- regelt. Danach sind entsprechende Textwarnhinweise auf Tabakerzeugnissen europaweit verbindlich vorgeschrie- ben und wurden national mit der Tabakprodukt-Verord- nung umgesetzt. Des Weiteren eröffnet eine Entschei- 3644 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 (A) (C) (D)(B) dung der Kommission von 2003 den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, diese Textwarnhinweise national durch kombinierte Warnhinweise zu ergänzen. Dabei sind aus- schließlich die in einer Bibliothek der Kommission hin- terlegten kombinierten Warnhinweise zu verwenden. Gegenwärtig werden von der Europäischen Kommis- sion Aktivitäten eingeleitet mit der Zielsetzung, neue kombinierte Warnhinweise zu entwickeln, die im Hin- blick auf die Bereitstellung von Informationen über die gesundheitlichen Wirkungen des Tabaks, die Motivation des Aufhörens mit dem Rauchen und die Abschreckung vor dem Rauchen geprüft sind. Das Ergebnis dieser Überprüfung sollte abgewartet werden. Ein weiterer Baustein zur Senkung des Tabakkon- sums ist die nationale Dachkampagne „rauchfrei“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). „rauchfrei“ ist längst zu einer bekannten und geschätz- ten Marke rund um das Nichtrauchen geworden. Die „rauchfrei“-Kampagne der BZgA setzt sich aus zwei gro- ßen Teilkampagnen zusammen: Ein Kampagnenteil kon- zentriert sich auf die Zielgruppe der Kinder und Jugend- lichen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren, ein zweiter Teil richtet sich an die Zielgruppe der Erwachsenen. Die bisher durchgeführten Maßnahmen zur Förderung des Nichtrauchens bei Jugendlichen haben sich als erfolg- reich erwiesen: Nach einem Anstieg beim Rauchen in den neunziger Jahren ist – parallel zur Durchführung der „rauchfrei“-Jugendkampagne – seit 2001 ein kontinuier- licher Rückgang im Rauchverhalten Jugendlicher zu ver- zeichnen. Im Jahr 2001 rauchten noch 28 Prozent der Ju- gendlichen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren, 2008 waren es nur noch 15 Prozent. Damit hat das Rauchver- halten in dieser Altersgruppe einen historischen Tiefstand erreicht. Um diesen Trend zu halten und vor allem auf alle Gruppen von Jugendlichen auszudehnen, bedarf es un- verminderter Anstrengungen und einer kontinuierlichen Weiterentwicklung der Kampagne. Die BZgA wird die „rauchfrei“-Jugendkampagne im Jahr 2010 weiterführen und vor allem an das „Web 2.0“ anpassen. Damit wird dem Bedürfnis der Zielgruppe nach Interaktivität und Kommunikation stärker Rechnung getragen. Wie in vielen Industrienationen ist auch in Deutsch- land eine stark ausgeprägte Polarisierung des Rauchver- haltens zu beobachten. Vor allem unter Jugendlichen aus Familien mit geringer Bildung, geringem Einkommen und niedrigem beruflichen Status ist der Anteil der Rau- cherinnen und Raucher viel höher als in anderen Bevöl- kerungsschichten. Gerade diese Jugendlichen werden außerdem schwerer mit Maßnahmen zur Förderung des Nichtrauchens erreicht. Über zielgerichtete Maßnahmen in der Schule wird dies versucht auszugleichen. Dort können Schülerinnen und Schüler aller sozialen Schich- ten erreicht werden, und es ist auch eine Kopplung von Strukturmaßnahmen mit verhaltensbezogenen Maßnah- men möglich. Deshalb haben sich die Maßnahmen und Aktivitäten in den Vorjahren bereits schwerpunktmäßig auf das Setting Schule mit einem Schwerpunkt in den Haupt-, Real- und berufsbildenden Schulen konzentriert. Leider ist in der Erwachsenenbevölkerung nur ein ge- ringfügiger Rückgang des Nikotinkonsums festzustellen. Daher sind weiterhin Maßnahmen notwendig, die den Rauchverzicht in der Erwachsenenbevölkerung zum Ziel haben. Von einem deutlichen Signal zum Verzicht auf Tabakprodukte bei Erwachsenen wird auch ein positiver Effekt für die Senkung des Rauchens bei Kindern und Jugendlichen erwartet. Mit einer zunehmenden Reduzie- rung des Rauchens in der Erwachsenenbevölkerung wird Nichtrauchen mehr und mehr die soziale Norm. Die BZgA wird deshalb auch 2010 die „rauchfrei“-Erwach- senenkampagne fortführen und weiterentwickeln. In Er- gänzung zu den bisherigen Maßnahmen liegt die Schwerpunktsetzung auf der Aktualisierung und Weiter- entwicklung der Beratungsangebote sowohl im Bereich des internetbasierten Ausstiegsprogramms als auch der Telefonberatung zum Nichtrauchen. 2010 wird die BZgA das neue Pilotprojekt „Fax to quit“ starten. Ziel ist es, aufhörwilligen Rauchenden ein niedrigschwelliges, kostenneutrales Angebot der telefonischen Unterstüt- zung beim Rauchstopp zu unterbreiten. All diese Maßnahmen belegen, dass die Bundesregie- rung den Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren des Rauchens sehr ernst nimmt. Der von der Fraktion Bünd- nis 90/Die Grünen eingebrachte Entschließungsantrag wird von mir aus den angeführten Gründen abgelehnt. Das nunmehr zur Abstimmung vorliegende Zweite Ge- setz zur Änderung des Vorläufigen Tabakgesetzes bildet einen weiteren wichtigen Baustein in dem dargestellten Gesamtkonzept. Ich bitte Sie deshalb um Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Europäische Antidis- kriminierungspolitik unterstützen – 5. Gleichbe- handlungsrichtlinie der EU nicht länger blockie- ren (Tagesordnungspunkt 16) Norbert Geis (CDU/CSU): Der neue Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Anwendung des Grundsat- zes zur Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung, bezogen nicht nur auf den Arbeitsmarkt, sondern auf den gesamten zivilrechtlichen Bereich, stößt nicht nur in Deutschland auf Ablehnung. Dabei lassen die Bundesregierung, der Bundesrat und die CDU/CSU-Fraktion keinen Zweifel daran, dass die Bekämpfung von Diskriminierung aller Art eine wich- tige Aufgabe darstellt. Durch das AGG wurde diese Auf- gabe für den Arbeitsmarkt erfüllt. Diese Aufgabe gilt je- doch auch außerhalb des Arbeitsmarktes. In einer freien, zivilisierten Gesellschaft ist für Diskriminierung kein Platz. Es muss Übereinstimmung herrschen, dass ein sol- ches Verhalten scharf zu verurteilen ist. Die EU hat aber bereits jetzt den weltweit fortschritt- lichsten Rechtsrahmen im Bereich der Nichtdiskriminie- rung. Das Schutzniveau geht in der Bundesrepublik Deutschland und in vielen anderen Mitgliedstaaten sogar noch über die europäischen Vorgaben hinaus. Deutsch- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 3645 (A) (C) (D)(B) land liegt in der EU an der Spitze. Der Schutz vor Dis- kriminierung ist bei uns und in vielen anderen EU-Staa- ten weltweit am besten gewährleistet. Deshalb ist es nicht so sehr erforderlich, uns Gedan- ken darüber zu machen, wie wir uns von dem Standard der EU und in der Welt noch weiter absetzen können. Wichtiger ist es, den jetzigen Stand zu konsolidieren. Neue Anforderungen, wie sie die Richtlinie vorsieht, würden neue Anpassungen notwendig machen und da- mit neue Unsicherheiten und neue Unruhe bringen. Bevor die EU neue Rechtsakte gegen die Diskrimi- nierung erlässt, müssen erst einmal die Erfahrungen der Mitgliedstaaten mit der Umsetzung der bisherigen Anti- diskriminierungsgesetze abgewartet werden. Im Übrigen sind wir mit der Bundesregierung und dem Bundesrat der Auffassung, dass anstatt neuer Rege- lungen andere Maßnahmen zielführender sind. Um den Konsens in der Gesellschaft zu stärken, geht es zum Beispiel um eine entsprechende Bildungspolitik in den Schulen. Das ist aber nicht Sache der EU und kann nicht durch eine entsprechende Richtlinie erreicht werden. Die Verantwortung für die Bildungspolitik bleibt den Mitgliedstaaten vorbehalten. Es geht um eine entsprechende Initiative aus der Mitte der Gesellschaft heraus, insbesondere von den In- stitutionen innerhalb der Gesellschaft, um das Ziel, Dis- kriminierung zu ächten, und um das Ziel, einen Konsens zu erreichen, dass Diskriminierung in einer freien Ge- sellschaft nicht möglich sein darf. Es ist aber wiederum nicht Sache der EU, den einzelnen Staaten vorzuschrei- ben, wie sie dieses Ziel erreichen. Schon gar nicht kann dieser Konsens durch Umge- staltung unseres Zivilrechtes erreicht werden. Ein erheb- licher Eingriff wäre notwendig, der zu neuen Unsicher- heiten und zu neuen Rechtsstreitigkeiten führen würde. Es käme zu einer völligen Überregulierung des täglichen Lebens. Diese völlige Überforderung wird bei dem Diskrimi- nierungsverbot für Behinderte deutlich. Für sie soll ein diskriminierungsfreier Zugang zu Gütern und Dienstleis- tungen, die allen zur Verfügung stehen, gewährleistet werden. Wie aber soll das möglich sein? Muss dann je- der Wirt, um nicht gegen das Diskriminierungsverbot zu verstoßen, eine Toilette für Behinderte vorsehen? Müsste jeder Tante-Emma-Laden einen behindertenge- rechten Aufgang haben? Muss jede Mietwohnung, so- weit der Vermieter bei der Vermietung gewerblich tätig wird, einen behindertengerechten Zugang haben? Dies kann doch nicht wahr sein. So viele Behinderte gibt es doch gar nicht, die eine Wohnung suchen. Dies zeigt, wie unpraktikabel der Richtlinienvor- schlag ist und wie sehr er Rechtsunsicherheit schaffen würde. Deshalb kann man vernünftigerweise diesem Vorschlag der Kommission nicht zustimmen. Unsere Bedenken fassen wir in drei Punkten zusam- men: Erstens würde der Richtlinienvorschlag in erhebli- chem Maße in die Vertragsfreiheit eingreifen. Zweitens käme es erneut zu einer Beweislastumkehr. Drittens er- gibt sich daraus ein Verstoß gegen das Grundgesetz. Im Privatrecht herrscht der Grundsatz der Privatauto- nomie. Jede Bürgerin und jeder Bürger ist frei, Verträge ab- oder nicht abzuschließen. Nur dann, wenn diese Ver- tragsfreiheit besteht, hat unsere freiheitliche Wirtschafts- ordnung Bestand. Durch staatliche Lenkungsmaßnah- men würde diese Ordnung in einem erheblichen Maße gestört. Unsere Privatrechtsordnung setzt die Vertrags- freiheit voraus. Sie ist der innerste Kern der freien Marktwirtschaft. Sie muss unantastbar bleiben. Durch das Diskriminierungsverbot käme ein völlig fremder Aspekt in unsere Zivilrechtsordnung. Es müsste nämlich nach der Gesinnung des Vertragspartners ge- fragt werden, weil ja die Ablehnung eines Vertragsange- botes ein subjektiver Vorgang ist. Damit aber hätten wir es mit einer Art Gesinnungszivilrecht zu tun, das, um seine Ziele durchzusetzen, auch Sanktionen verhängen müsste. Der Betroffene müsste nämlich mit Schadenser- satzansprüchen rechnen. Die Kultur unseres Zivilrechtes hatte es aber in ihrer Entwicklung über Jahrhunderte hin- weg sorgsam vermieden, Sanktionen an subjektive Merkmale zu knüpfen. Das BGB kennt nur zwei selten genutzte Ausnahmen: Schikane nach § 226 BGB und sit- tenwidrige Schädigung nach § 826 BGB. Für Sanktionen aus Gesinnungsdelikten ist ausschließlich das Strafrecht zuständig. Dort gilt aber der Grundsatz, dass dem Be- troffenen das Verschulden nachgewiesen werden muss. Nach den Vorstellungen der geplanten Richtlinie aber müsste der ablehnende Vertragspartner selbst beweisen, dass die Ablehnung eines Vertrages nichts mit Diskrimi- nierung zu tun hat. Im Zivilrecht gilt der Grundsatz, dass der, der einen Anspruch geltend macht, auch die Voraus- setzung des Anspruches zu beweisen hat. Durch die Richtlinie aber würde dieser Grundsatz auf den Kopf ge- stellt: Der Ablehnende müsste beweisen, dass er nicht wegen der sexuellen Ausrichtung oder wegen des Alters oder der Behinderung den Vertragsabschluss ablehnt, sondern aus anderen, nicht diskriminierenden Gründen. Der Grundsatz „in dubio pro reo“ würde dann im Zivil- recht, wenn es um den Nachweis der Diskriminierungs- absicht geht, in sein Gegenteil verkehrt. Es gilt in diesen Fällen nicht „in dubio pro reo“, sondern „in dubio contra reum“. Diese Umkehrung der Beweislast widerspricht aber unserer Verfassung. Darin sehen wir die Verletzung des Grundgesetzes. Nun ist uns natürlich klar, dass das europäische Recht Vorrang hat vor unserer Verfassung und vor dem unter- geordneten Recht. Gerade deshalb müssen wir ja auch den Versuch unternehmen, zu verhindern, dass die euro- päische Richtlinie erlassen wird. Wir lehnen sie ab und bitten die Bundesregierung, ihr „Veto“ weiterhin geltend zu machen. Markus Grübel (CDU/CSU): Die CDU/CSU-Frak- tion setzt sich aktiv gegen alle Formen von Diskriminie- rung ein. Bereits in der vergangenen Wahlperiode hat die unionsgeführte Bundesregierung vier Richtlinien der Eu- 3646 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 (A) (C) (D)(B) ropäischen Union zum Schutz vor Diskriminierung in deutsches Recht umgesetzt. Im Allgemeinen Gleichbe- handlungsgesetz haben wir im Jahre 2006 sehr weitrei- chende Regelungen festgeschrieben, die deutlich über das bisherige europäische Recht hinausgehen. Dies be- scheinigen uns übrigens auch die Grünen in ihrem heute zur Diskussion gestellten Antrag. Die Union hält daher weitere rechtliche Regelungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt für unnötig. Insbesondere halten wir den Entwurf der Europäischen Kommission zur 5. Antidiskriminierungsrichtlinie für ungeeignet und lehnen ihn daher ab. Bereits die Umsetzung der bisheri- gen Antidiskriminierungsrichtlinien hat zu einer großen Rechtsunsicherheit in den Mitgliedstaaten geführt. Trotz des weitreichenden Diskriminierungsschutzes im AGG hat die EU-Kommission mehrere Vertragsverletzungs- verfahren gegen Deutschland angestrengt. Insgesamt laufen seit dem zweiten Halbjahr 2008 31 Vertragsver- letzungsverfahren gegen 18 Mitgliedstaaten. Der vorlie- gende Entwurf der 5. Antidiskriminierungsrichtlinie ent- hält eine Vielzahl von unklaren Begrifflichkeiten, die bei einer Verabschiedung ähnliche Probleme für die Zukunft befürchten lassen. Auch die finanziellen Folgewirkun- gen des Richtlinienvorschlags sind nicht geklärt, obwohl doch eine plausible Kostenabschätzung und eine konti- nuierliche Folgenbewertung die Voraussetzung eines je- den gesetzgeberischen Aktes sein sollten. Ich befürchte erhebliche Belastungen für unsere mittelständischen Un- ternehmen, sollte der vorliegende Entwurf Gesetzeskraft erlangen. Auch in diesem Punkt ist uns die EU-Kommis- sion noch eine Antwort schuldig. Eine Prüfung der Aus- wirkungen hinsichtlich der Selbstverpflichtung nach dem „Small Business Act“ steht weiterhin aus. Mit die- sen Befürchtungen ist Deutschland übrigens nicht al- leine. Wir wissen, dass zahlreiche andere Mitgliedstaa- ten ähnliche Bedenken haben, auch wenn sie diese nicht so deutlich äußern wie wir. Insofern kann keine Rede da- von sein, dass lediglich Deutschland auf die Bremse trete und die Richtlinie allein aufgrund der ablehnenden Haltung Deutschlands nicht zustande komme. Lassen Sie mich noch auf einen grundsätzlichen As- pekt hinweisen. Ich bin ein Anhänger des Subsidiaritäts- prinzips: Probleme sollten möglichst dort gelöst werden, wo sie entstehen. Dieser Ansatz ist sowohl im europäi- schen als auch im deutschen Recht verankert. Der Richt- linienvorschlag geht jedoch aufgrund der Breite seines Geltungsbereichs über die Zuständigkeit der Europäi- schen Union hinaus und verstößt gegen das Subsidiari- tätsprinzip, da weitestgehend keine grenzüberschreiten- den Regelungen verfolgt werden. Der Schutz vor Diskriminierung sollte auf der Ebene der Mitgliedstaaten geregelt werden. Deutschlands An- strengungen im Bereich von Gleichstellung und Diskri- minierungsschutz können sich international sehen las- sen. Wir haben in Deutschland ein engmaschiges Netz von Gesetzen und Regelungen geknüpft, das Betroffene effektiv schützt. Neben dem Allgemeinen Gleichbehand- lungsgesetz sind beispielhaft das Behindertengleichstel- lungsgesetz, das IX. Buch Sozialgesetzbuch sowie der Nationale Aktionsplan der Bundesregierung zur Umset- zung der VN-Behindertenrechtskonvention zu nennen. Die Betroffenen benötigen nicht ständig neue Regelun- gen. Das AGG ist gerade einmal vier Jahre alt. Uns geht es darum, im Rahmen des bestehenden Rechts die konkrete Situation von diskriminierten Men- schen in Deutschland weiter zu verbessern und ihnen noch schnellere und passgenauere Hilfe anzubieten. Die unionsgeführte Bundesregierung hat zu diesem Zweck die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, ADS, ins Le- ben gerufen. Die Antidiskriminierungsstelle entwickelt sich immer mehr zu dem starken Akteur im Dienste der Betroffenen, den wir uns von Anfang an gewünscht ha- ben. Ich würde es jedenfalls begrüßen, wenn die ADS ähnlich dem Datenschutzbeauftragten zu einer kraftvol- len Stimme in der gesellschaftlichen Debatte in Deutsch- land wird. Die neue Leiterin, Frau Christine Lüders, hat in der gestrigen Sitzung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unterstrichen, dass sie die ADS energisch in diesem Sinne weiterentwickeln will. Dazu möchte sie ein deutschlandweites Netzwerk gegen Diskriminierung schaffen. Die verschiedenen bereits existierenden Akteure, die sich in der Regel einzelnen Aspekten des Diskriminierungsschutzes widmen und oft nur lokal oder regional aktiv sind, sollen so miteinander ins Gespräch kommen und ihre Arbeit verzahnen. Zukünftig will die Antidiskriminierungsstelle von Dis- kriminierung betroffenen Personen umgehend einen ge- eigneten Ansprechpartner vor Ort benennen können. Diese Anstrengung verdient unser aller Unterstützung. Sie zeigt uns zugleich, dass wir keine neue EU-Antidis- kriminierungsrichtlinie benötigen. Deutschland ist beim Diskriminierungsschutz bereits auf einem sehr guten Weg. Christel Humme (SPD): Wer glaubt, mit dem Allge- meinen Gleichbehandlungsgesetz, AGG, hätten wir schon alles gegen Diskriminierung getan, der irrt. Von einer diskriminierungsfreien Gesellschaft sind wir leider noch immer weit entfernt! Jedes Jahr wird uns der Spie- gel vorgehalten. Die jährlich durchgeführten repräsen- tativen Studien „Deutsche Zustände“ von Professor Heitmeyer decken jedes Mal aufs Neue auf, welche Vor- urteile und Ressentiments gegenüber Frauen, Muslimen, Juden, Obdachlosen, Behinderten, Ausländern oder Ho- mosexuellen nach wie vor bestehen. Diskriminierung ist bedauerlicherweise immer noch alltäglich. So hat die ka- tholische Bischofskonferenz festgelegt, dass katholische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entlassen sind, wenn sie eine eingetragene Lebenspartnerschaft einge- hen. „Homosexualität ist widernatürlich und eine menschliche Fehlentwicklung“, so Bischof Overbeck in der TV-Sendung Anne Will. Neben diesen unmittelbaren Diskriminierungen, die klar erkannt werden können, gibt es nach wie vor eine Vielzahl mittelbarer, verdeckter Diskriminierungen, die sich zum Beispiel in geringeren Löhnen für Frauen bei gleicher und gleichwertiger Ar- beit niederschlagen. Der Zugang zu Bildung und berufli- cher Ausbildung hängt in Deutschland immer noch von der Herkunft ab, und ein ausländisch klingender Name lässt die Erfolgschancen bei einer Bewerbung nicht sel- ten sinken. Wenn es um Behinderung geht, streitet Deutschland über Begriffe der Inklusion und Integration Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 3647 (A) (C) (D)(B) und erschwert damit die gemeinsame Erziehung von Kindern mit und ohne Behinderung in der Kita oder Grundschule. Diese wenigen Beispiele zeigen: Nach wie vor fehlt es an einer Antidiskriminierungskultur in Deutschland. Nach wie vor fehlt es an selbstverständli- cher Toleranz gegenüber Minderheiten. Mit dem AGG aus dem Jahre 2006 und mit der Schaffung einer Antidis- kriminierungsstelle haben wir vier europäische Antidis- kriminierungsrichtlinien in nationales Recht umgesetzt. Das waren wichtige Schritte. Sie haben erst die Voraus- setzungen dafür geschaffen, dass sich Diskriminierte heute mit rechtlichen Instrumenten wehren können. Die- ser Erfolg darf uns aber nicht daran hindern, noch besser zu werden; denn es gibt Kritik am AGG, Kritik von der Europäischen Kommission, die schon vor längerer Zeit Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat, Kritik von Organisationen wie dem Deutschen Juristinnenbund, dem DGB und dem Institut für Menschenrechte. Sie for- dern, das Gesetz im Sinne eines effektiven Diskriminie- rungsschutzes noch besser auszugestalten. Vor 13 Jahren hat die damalige schwarz-gelbe Regie- rung unter Altkanzler Kohl den Amsterdamer Vertrag ra- tifiziert. Sie hat Deutschland damit verpflichtet, Diskri- minierung aufgrund des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, einer Be- hinderung, des Alters oder der sexuellen Orientierung zu bekämpfen. Jeder würde sagen, das sei eine Selbstver- ständlichkeit, denn schließlich habe der Staat mit dem Grundgesetz seit 60 Jahren den Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Diskriminierung festgeschrieben. Diskri- minierungsschutz ist ein grundlegendes Menschenrecht, darin sind wir uns doch wohl alle einig. Was macht die heutige schwarz-gelbe Regierung? Was machen Sie, Frau Schröder? Sie wollen die 5. europäische Richtlinie, die seit zwei Jahren auf europäischer Ebene diskutiert wird, verhindern. Sie wollen zusammen mit Malta und Litauen gegen die umfassende Diskriminierungsrichtli- nie stimmen. Mit Ihrem Veto stellen Sie sich gegen das berechtigte Anliegen, in allen Mitgliedsländern der Europäischen Union einen einheitlichen Standard für wirksamen Antidiskriminierungsschutz zu schaffen! Das ist ein Armutszeugnis für Deutschland! Frau von der Leyen hatte sich bereits in der letzten Legislatur gegen die Verabschiedung eingesetzt, Frau Schröder setzt diese traurige Tradition fort. Sie nimmt damit billigend in Kauf, dass in den Staaten der EU, in denen noch keine umfassende Antidiskriminierungsgesetzgebung existiert, entsprechende Regelungen auf Jahre hinaus verhindert werden. Sie suggerieren damit, für den Schutz vor Dis- kriminierung sei bereits genug getan und alle weiteren Initiativen seien überflüssig. Diese Botschaft, die Deutschland aussendet, ist verheerend und ein Schlag in das Gesicht aller diskriminierten Menschen! Das hat Amnesty International in einem offenen Brief an die Mi- nisterin Kristina Schröder sehr deutlich gemacht und sie aufgefordert, ihre Fundamentalopposition aufzugeben. Dieser Aufforderung möchte ich mich im Namen der SPD-Fraktion ausdrücklich anschließen. Geben Sie Ihre Blockadehaltung auf! Was sind die Argumente der Bundesregierung? Sie befürchtet weitere Rechtsunsicherheit und kritisiert, die EU mische sich unzulässig in nationale Zuständigkeiten ein. So ist es der Pressemitteilung von Frau Schröder am 25. Februar 2010 zu entnehmen. Der Beweis dafür seien die zahlreichen Vertragsverletzungsverfahren. Ja, es stimmt. Es laufen derzeit Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland im Zusammenhang mit der Umset- zung der vier EU-Richtlinien im AGG. Diese Verfahren sind, soweit mir bekannt, bisher auch noch nicht abge- schlossen. Welche Konsequenz zieht die Bundesregie- rung daraus? Sie schlussfolgert: Es darf keine weiteren Richtlinien geben, damit solche Vertragsverletzungsver- fahren nicht mehr stattfinden. Richtig wäre: Unsere Ge- setzgebung muss besser werden, damit solche Vertrags- verletzungsverfahren künftig gar nicht erst eingeleitet werden müssen! Woher kommt denn die Rechtsunsi- cherheit, wie Sie sie nennen? Waren es nicht die CDU und CSU, die durchgesetzt haben, dass das von Rot- Grün 2005 vorgelegte gute Antidiskriminierungsgesetz entschärft werden musste? Sonst hätten Sie von der Union in der Großen Koalition Ihre Stimme verweigert. Die FDP hat damals gar nicht erst zugestimmt. Wäre es also nach der FDP gegangen, hätte Deutschland lieber eine hohe Bußgeldzahlung billigend in Kauf nehmen sollen, anstatt seinen Bürgerinnen und Bürgern wirksa- men Schutz vor Diskriminierung zu bieten. Müssen wir nicht gerade die Chance der 5. Gleichbehandlungsricht- linie der EU nutzen, um unsere Gesetzgebung zu über- prüfen und zielgenauer zu formulieren? Das wäre die richtige Schlussfolgerung, die aus den Vertragsverlet- zungsverfahren zu ziehen wäre. Die Blockadehaltung gegen einheitliche europäische Standards beim Diskri- minierungsschutz ist eindeutig der falsche Weg. In der Vergangenheit und auch heute sind die Vertreter der Wirtschaft die heftigsten Kritiker von Antidiskriminie- rungsregelungen. Sie verkennen noch immer, dass Viel- falt auch in einem Unternehmen Gewinn bringt. Auch wenn sich Ihr Koalitionsvertrag gegen die 5. Gleichbe- handlungsrichtlinie wendet: Geben Sie Ihre Klientelpoli- tik im Interesse der Millionen betroffenen Bürgerinnen und Bürger auf! Blockieren Sie die 5. Richtlinie nicht weiter und machen Sie den Weg frei für ein soziales und gerechtes Europa! Florian Bernschneider (FDP): Die FDP versteht die Vielfalt von Menschen und Kulturen als Chance. Menschen mit verschiedenen kulturellen Hintergründen und verschiedener Herkunft, mit und ohne Handicap, Jung und Alt, mit unterschiedlichen Glaubenshintergrün- den und sexueller Orientierung bereichern unsere Ge- sellschaft. Diese Unterschiedlichkeit macht unsere Ge- sellschaft bunt und lebenswert, fördert Innovationen und Kreativität. Deswegen geht es in dieser Frage um weit mehr als Antidiskriminierung. Es geht darum, diese Chance der Vielfältigkeit zu nutzen und in soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Potenziale umzusetzen. Es geht auch darum, Unterschiedlichkeiten nicht nur zu akzeptieren oder zu tolerieren, sondern sie zu fördern. Vielfalt wertzuschätzen heißt allerdings nicht, alle Men- schen einfach gleich zu behandeln. Gleichmacherei wird den unterschiedlichen Talenten und Bedürfnissen von 3648 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 (A) (C) (D)(B) Individuen in keiner Weise gerecht, sondern verhindert die gezielte bedarfsgenaue Förderung. Meine Fraktion hat sich in der Vergangenheit intensiv mit diesem Thema beschäftigt. Auch in unserem Wahl- programm zur Bundestagswahl 2009 findet sich an meh- reren Stellen das klare Bekenntnis zu einer Kultur der Vielfalt. Dabei haben wir uns beispielsweise für die För- derung betrieblicher Diversity-Strategien und die Veran- kerung dieser in den Leitbildern öffentlicher Unterneh- men ausgesprochen. Es besteht hier wohl Einigkeit darüber, dass niemand aufgrund der genannten Charakteristika diskriminiert werden darf. Es geht hier also nicht darum, ob wir eine vielfältige, weltoffene Gesellschaft haben wollen, son- dern vielmehr um die Frage, wie wir dieses Ziel am bes- ten erreichen. An diesem Punkt jedoch unterscheiden wir uns deutlich. Gerade als Liberaler möchte ich hier festhalten: Wir können eine Kultur der Vielfalt und Toleranz politisch fördern, unterstützen, flankieren. Aber wir werden – und das ist entscheidend – einen gesellschaftlichen Wandel nicht mit Gesetzen und Richtlinien erzwingen können. Vielleicht würde dieser Antrag, wenn er denn eine Mehrheit in diesem Hohen Hause erhielte, dazu beitra- gen, das Gewissen einiger Kolleginnen und Kollegen zu beruhigen. Aber den Menschen, den Betroffenen, wür- den wir mit diesem Antrag relativ wenig helfen, und zwar deshalb, weil diese Richtlinie an den Lebenswirk- lichkeiten der Menschen vorbeizielt. Wir reden doch gerade über eine Vielfältigkeit im un- mittelbaren Lebensumfeld der Menschen. Die Chancen von beispielsweise kultureller Vielfältigkeit sind schon jetzt in unser aller Alltag greifbar. Deswegen ist es genau der falsche Weg, politische Entscheidungen auf diesem Gebiet nach Brüssel oder Straßburg zu verlagern. Denn nicht zuletzt diese Nähe zur Lebenswirklichkeit der Menschen entscheidet über die Akzeptanz solcher Regelungen. Genau diese Akzeptanz in der Bevölkerung ist es, die wir bei den bisherigen vier EU-Richtlinien zur Gleichstellung so häufig vermissen. Mit dieser neuen, fünften, Richtlinie, die vor inhaltlichen Fehlern nur so strotzt, riskieren wir, diese Akzeptanz noch weiter zu verspielen. Ich will Ihnen dafür gerne einige Beispiele nennen: Erstens. Die Richtlinie sieht unter anderem die Be- weislastumkehr vor. Wir warnen dringend davor, die in Deutschland schon bestehenden Regelungen des Allge- meinen Gleichbehandlungsgesetzes, AGG, auf andere Rechtsbereiche auszudehnen. Denn was bedeutet das in der Praxis? Es muss zukünftig noch mehr dokumentiert und archiviert werden, um im Streitfall abgesichert zu sein. Zweitens. Die Richtlinie enthält eine Fülle an unbe- stimmten Rechtsbegriffen. So ist im Text von „einer we- niger günstigen Behandlung“, „unverhältnismäßigen Be- lastungen“, „grundlegenden Veränderungen“ oder von „angemessenen Vorkehrungen“ die Rede. Dies fördert die Rechtsunsicherheit bei den Unternehmen, da für sie nicht absehbar ist, welche Art von Maßnahmen von ih- nen konkret verlangt werden. Die Maßnahmen müssen von den Unternehmen bereits „im Voraus vorgesehen“ werden, unabhängig davon, ob zum Beispiel eine Nach- frage von Kunden mit Behinderung überhaupt vorliegt. Von diesen Regelungen wären insbesondere kleine mit- telständische Unternehmen betroffen, für die die gefor- derten Maßnahmen einen erheblichen finanziellen und bürokratischen Aufwand darstellen. Damit vergrätzen Sie diejenigen, die wir noch stärker als bisher für Diver- sity-Strategien begeistern wollen: die Unternehmen in unserem Land. Drittens. Auch das in der Richtlinie enthaltene Diskri- minierungsmerkmal „Weltanschauung“ sehen wir sehr kritisch, gerade in Bezug auf den Missbrauch durch radi- kale Gruppierungen. Zur Erinnerung: Als das AGG ver- abschiedet wurde, hat man sich bewusst dafür entschie- den, auf das Merkmal „Weltanschauung“ zu verzichten. Den Grund für diese Entscheidung will ich Ihnen gerne noch einmal nennen: Man sah die Gefahr, dass zum Bei- spiel Anhänger rechtsradikalen Gedankenguts versuchen könnten, sich Zugang zu Geschäften zu verschaffen, der ihnen aus anerkennenswerten Gründen verweigert wird. Würde diese neue Richtlinie, wie Sie von Bündnis 90/ Die Grünen es fordern, verabschiedet, könnte genau die- ses Problem erneut auftreten. Wollen Sie das? Viertens. Der Richtlinienentwurf der Kommission greift schwerwiegend in die Abschluss- und Gestaltungs- aspekte der Vertragsfreiheit ein. Die Vertragsfreiheit gehört zu den Grundpfeilern unserer sozialen Marktwirt- schaft und damit unserer Wirtschaftsordnung. Im Zivil- recht gilt grundsätzlich Vertrags- und Wahlfreiheit und damit das Recht, keine Gründe dafür benennen zu müs- sen, einen Vertrag abzuschließen oder zu verweigern. Würde man jede Bevorzugung als Diskriminierung anse- hen, so stünde der gesamte Zivilrechtsverkehr unter ge- nerellem Diskriminierungsverdacht. Auch das kann man nicht wirklich wollen. Es ist der Vertragsfreiheit fremd, dem Einzelnen vorzuschreiben, welche Gesichtspunkte für den Abschluss oder die Gestaltung eines Vertrages maßgeblich sein dürfen. Es gäbe noch etliche weitere Punkte. Um es kurz zu machen: Für uns Liberale ist dieser Entwurf insgesamt nicht geeignet, die Freiheit des Einzelnen mit den be- rechtigten Anliegen von Gesellschaft und Wirtschaft zu einem vernünftigen Ausgleich zu bringen. Es wäre ärgerlich, wenn das Ziel, Gerechtigkeit durch Gleichbehandlung zu schaffen und Diskriminierung auch im Privatrecht zu vermeiden, wegen mangelnder Akzeptanz einer unnötig ausufernden Regelung verfehlt würde. Ich glaube nicht, dass es uns gelingen kann, den Menschen die Vorteile von Vielfalt und Toleranz quasi am Aktenschrank zu vermitteln. Deswegen ist es so wichtig, dass wir klar formulieren, wofür wir sind, und endlich damit beginnen, die Men- schen auf die Chancen der Vielfalt hinzuweisen, ohne zusätzliche Ängste und Unsicherheit durch die Umset- zung überflüssiger Richtlinien zu verursachen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 3649 (A) (C) (D)(B) Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang im Üb- rigen eine Pressemitteilung des Büros gegen Altersdis- kriminierung, das, wie die Grünen, zwar die ablehnende Haltung der Bundesregierung zur Richtlinie kritisiert, aber gleichzeitig feststellt: … im April 2009 stimmten sie – die Abgeordneten des EP – mit immerhin 363 zu 226 Stimmen für die neue An- tidiskriminierungsrichtlinie. Das war möglich, weil die 5. Antidiskriminierungsrichtlinie so viele Aus- nahmen von der Regel enthält, so offen für juristi- sche Interpretationen ist, wie keine ihrer Vorgänge- rinnen. Es sind genau diese juristisch offenen Fragen und die vielen Ausnahmen von der Regel, die bei den Menschen die angesprochenen Ängste verursachen und Verwirrung stiften. Auch die letzte Bundesregierung stand dieser neuen Antidiskriminierungsinitiative der EU-Kommission ab- lehnend gegenüber. Damals wurde darauf verwiesen, dass zunächst die Erfahrungen mit dem in Kraft getrete- nen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz abgewartet werden sollen. Ich möchte Ihnen auch eine interessante Feststellung der Antragsteller in ihrer eigenen Antragsbegründung nicht vorenthalten. Dort heißt es: Das deutsche Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz … mit seinem horizontalen Ansatz geht – bei allen Mängeln bei den Instrumenten – in diesem Punkt bereits über das … europäische Recht hinaus … Wofür brauchen wir in Deutschland dann überhaupt eine weitere Richtlinie, wenn wir deren Inhalt mit dem AGG bereits umgesetzt haben? Sie entgegnen: Um ein positives Zeichen in der EU für Gleichstellung und Anti- diskriminierung zu setzen. Ich bin der Meinung, bevor wir anderen Ländern gute Ratschläge zur Antidiskrimi- nierung geben, sollten wir zunächst unsere eigene Ge- setzgebung ordentlich prüfen und gegebenenfalls auftre- tende Mängel beseitigen. Schließlich würde das den Menschen in unserem Land tatsächlich helfen. Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE): Eines der Hauptargu- mente der Gegner der Antidiskriminierungsrichtlinie ist, dass es – angeblich – kaum Diskriminierungstatbestände gäbe. Ein Blick ins „richtige Leben“ genügt, dies ad ab- surdum zu führen. Menschen, die anderer ethnischer Herkunft oder homosexuell sind, die mit Behinderungen leben oder ein höheres Alter haben, erleben praktisch täglich Benachteiligungen bzw. Herabwürdigungen. Oft sind diese sehr subtil. Häufig ist den Diskriminierenden nicht einmal bewusst, dass sie mit ihren – üblen – Scher- zen, Gesten oder Haltungen Menschen verletzen. Das zu ändern ist eine Herkules-Aufgabe. Der Gesetzgeber, also wir, kann dazu seinen Teil bei- tragen, indem er Diskriminierungen jeglicher Art ächtet und Zuwiderhandlungen mit spürbaren Sanktionen be- legt. Damit sind längst nicht alle Diskriminierungen be- seitigt, aber es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Derzeit ist der Antidiskriminierungsschutz EU-weit äußerst uneinheitlich geregelt. Einen gemeinsamen Stan- dard gibt es nur beim Schutz vor Diskriminierung am Arbeitsplatz. Ausformuliert sind auch die Rechte in Be- zug auf Geschlecht und ethnische Zugehörigkeit. Ich betone – denn mir scheint das immer wieder not- wendig zu sein –: Die Rechte sind ausformuliert. Die Realität sieht noch immer anders aus; Ungleichbehand- lung und Ungerechtigkeiten sind Alltag, auch in Deutschland. Die neue Richtlinie von 2008 soll europaweit einheit- liche Standards in Bezug auf Gleichbehandlung unge- achtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Be- hinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung schaffen. Was ist daran verwerflich? Damit die Richtli- nie gelten kann, bedarf es der Zustimmung aller im Eu- roparat vertretenen Länder. Und nun wird es spannend, bzw. hier beginnt unsere konkrete Verantwortung: Deutschland blockiert. Die Ko- alition hält den Richtlinienentwurf für ungeeignet. Allen voran „argumentiert“ die FDP mit der Gefahr der Überre- gulierung. „Die Freiheit des Einzelnen“, so die FDP in ih- rem Antrag zur Fortsetzung der Blockadehaltung Deutschlands vom Februar 2009 (Drucksache 16/11682), sei nicht „mit berechtigtem Anliegen von Wirtschaft und Gesellschaft zu einem vernünftigen Ausgleich zu brin- gen“. Die unternehmerische Freiheit werde gefährdet. Zur unternehmerischen Freiheit gehört jedoch keines- falls das Recht, irgendjemanden diskriminierend zu be- handeln. Und nun wird es noch spannender: Die Richtlinie, der die Koalition nicht zustimmen will, geht kaum über die Bestimmungen des Allgemein Gleichbehandlungsgeset- zes, AGG, von 2006 hinaus. Der Geltungsbereich des AGG bezieht sich, wie in der Richtlinie gefordert, auf den Sozialschutz, soziale Vergünstigungen, die Bildung und den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen einschließlich Wohnraum und Verkehr. In Hinblick auf Menschen mit Behinderungen geht der Richtlinienentwurf auch nicht weit über die Bestim- mungen der UN-Konvention zu den Rechten von Men- schen mit Behinderungen – von Deutschland ratifiziert – hinaus. Die Verpflichtung zur Schaffung diskriminierungs- freier Zugänge zu Sozialschutz, sozialen Vergünstigun- gen, Gesundheitsdiensten und Bildung besteht also be- reits. Die Koalition verhindert also, dass europaweit gilt, was in Deutschland schon seit 2006 im Gesetzblatt steht. Um es ausnahmsweise einmal mit den Worten meines Kollegen und Fraktionsvorsitzenden Gregor Gysi auszu- drücken: „Ja, wo leben wir denn?!“ Können Sie mir bitte nachvollziehbar erklären, weshalb Sie in Deutschland alte Menschen vor Diskriminierung schützen wollen, aber in anderen EU-Ländern nicht? Was spricht ernsthaft gegen ein europaweites Engagement für Gleichbehand- lung? Die Regierung, agierend als Interessensvertreter der Wirtschaft, hat Angst vor Verbandsklagerechten, Be- 3650 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 (A) (C) (D)(B) weislastumkehr, vor hohen Schadensersatzforderungen, die nach dem neuen Richtlinienentwurf nicht mehr nach oben hin begrenzt werden dürfen. Aber da kann ich Sie – als Linker und Interessenver- treter der Betroffenen – dreifach beruhigen. Erstens. Wenn nicht diskriminiert wird, wird nicht massenhaft geklagt. Zweitens. Wenn nicht diskriminiert wird, ist die Höhe der Schadensersatzforderungen egal. Drittens. Die Bestimmungen der Richtlinie in Bezug auf die barrierefreie Zugänglichkeit insbesondere für Menschen mit Behinderungen zu öffentlichen Gütern, Gebäuden und Wohnraum enthalten viele weit ausleg- bare Ausnahmeregelungen. Die EU schützt mit ihrem Richtlinienentwurf vor „un- verhältnismäßige[n] Belastungen“, Art. 4 Ziff. 2 RLE. Unternehmen müssen nur dann für Umbauten oder Ähn- liches zahlen, wenn es sie nicht ruiniert. Die von Ihnen befürchtete Rechtsunsicherheit ist ei- gentlich in Ihrem Sinne. Das bedauere ich wiederum; denn die vielen Ausnahmeregelungen schwächen den Schutz vor Verstößen gegen elementare Menschen- rechte. Mit ihrem Blockadeverhalten zeigt die Bundesregie- rung: Eine Kultur der Teilhabe und Antidiskriminierung ist ihr nicht wichtig. Vielfalt gilt nur dann als schützens- wert, wenn sie der Nutzung von Arbeitskräftepotenzial dient, wenn sie den Wirtschaftsstandort Deutschland aufwertet. Die „Antidiskriminierungspolitik“ der Koali- tion soll nicht Chancengleichheit und Solidarität europa- weit fördern, sondern lediglich das reibungslose Zusam- menarbeiten von Beschäftigten, die immer heterogener werden, organisieren. Ich möchte zum Schluss darauf hinweisen, dass es die Koalition selbst war, die zu Beginn ihrer Regierungszeit, im Dezember 2009, mit einem eigenen Antrag, Drucksa- che 17/257, mit dem Titel „Menschenrechte weltweit schützen“ bekannte: Angehörige von Minderheiten bedürfen eines um- fassenden staatlich gewährleisteten Schutzes, um ihr Recht auf Selbstbestimmung ausüben zu kön- nen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, nehmen Sie sich eigentlich selbst ernst? Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit dem Lissabon-Vertrag ist der Prozess der europäischen Integration auf eine neue Stufe gehoben worden. Die Werte, auf die sich die Union gründet, zeichnen sich in Art. 2 des Vertrags über die Europäische Union, EUV, ausdrücklich auch durch Nichtdiskriminierung aus. Demzufolge kämpft die Union gegen soziale Ausgren- zungen und Diskriminierungen, wie Art. 3 Abs. 3 EUV festhält. Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, AEUV, benennt in Art. 19 Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion und Weltanschauung, einer Be- hinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung als solche, die von der Union in allen Bereichen ihrer Zu- ständigkeit zu bekämpfen sind. Hierzu kann der Rat nach Zustimmung des Europäi- schen Parlaments einstimmig geeignete Vorkehrungen treffen. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, solche Maßnahmen in ihren jeweiligen nationalen Rechtsord- nungen zu verankern. Im Jahre 2000 entstanden die beiden Richtlinien zur Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse und eth- nischen Herkunft sowie zur Verwirklichung der Gleich- behandlung in Beschäftigung und Beruf. 2004 und 2006 folgten die Richtlinien zur Gleichbehandlung von Män- nern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen und zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbe- handlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Be- schäftigungsfragen. Nach dem damit erreichten Niveau des europäischen Diskriminierungsschutzes ist festzuhalten, dass für die unterschiedlichen Diskriminierungsmerkmale – leider – unterschiedliche Schutzstandards gelten. Manche Richt- linien gelten nur für bestimmte Merkmale, manche an- dere gelten für alle Merkmale, aber nur für bestimmte Lebensbereiche. Wir sind in Deutschland einen konsequenteren Weg gegangen. Mit dem allgemeinen Antidiskriminierungs- gesetz hat Rot-Grün einen Vorschlag eines vollwertigen Diskriminierungsschutzes in allen Lebensbereichen und unter Bezugnahme auf alle Diskriminierungsmerkmale gemacht. Die Große Koalition, also auch die Union, hat diesen Vorschlag übernommen und nur unwesentlich ab- geändert Gesetz werden lassen. Uns ist damit – ich sage dies bei aller fortbestehenden Kritik an den gewählten Instrumenten und einzelnen Regelungen – mit dem All- gemeinen Gleichbehandlungsgesetz ein Diskriminie- rungsschutz gelungen, der dem europäischen Geist entspricht, dabei aber über die bisher zustande gekom- menen europäischen Richtlinien hinausgeht. Nunmehr hat die EU-Kommission im Sommer 2008 einen Richtlinienvorschlag zur Anwendung des Grund- satzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung vorgelegt. Die Richtlinie soll auch außerhalb der Bereiche der Beschäftigung und des Berufs für die Bereiche Sozialschutz, soziale Ver- günstigungen, Bildung sowie Zugang zu Gütern und Dienstleistungen gelten. Mit ihr sollen die bestehende Hierarchie der Diskriminierungsmerkmale und ihre nur sektorale Bekämpfung überwunden werden. Das Euro- päische Parlament hat im April 2009 diese Initiative un- terstützt und eigene Vorschläge zum Diskriminierungs- schutz gemacht. Aus unserer Sicht sind dies Selbstverständlichkeiten; jedenfalls sind es Regelungen, die bereits Bestandteil des deutschen nationalen Rechts sind. Umso unverständlicher ist, dass sich die Bundesregierung darauf festgelegt hat, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 3651 (A) (C) (D)(B) das Zustandekommen dieser Richtlinie zu sabotieren. Da- mit bezieht die Bundesregierung offen Front gegen die spanische Präsidentschaft, die die Gleichstellungspolitik zu einer ihrer wichtigsten Aufgaben erklärt hat. Aber auch für Belgien und Ungarn ist das Vorgehen der Bundes- regierung wie ein Schlag ins Gesicht, haben doch diese Mitgliedstaaten in ihrem Triopräsidentschaftsprogramm erklärt, alle Formen der Diskriminierung in Europa be- kämpfen und im Bereich der Nichtdiskriminierung neue Akzente setzen zu wollen. Ausdrücklich zählt dazu die Verabschiedung der 5. Gleichstellungsrichtlinie. Mit ihrem Verhalten sabotiert die Bundesregierung Regelungen in den anderen Mitgliedstaaten, die in Deutschland längst Gesetz sind. Diese irrationale Politik ist nur mit der Aversion der FDP und von Teilen der Union gegen jede Bekämpfung von Diskriminierungen durch staatliche Regelungen zu erklären. Denn sie sehen Antidiskriminierungsanstrengungen nur als finanzielle Belastungen der Wirtschaft, und sie sind eher bereit, der deutschen Wirtschaft ökonomische Nachteile gegenüber der europäischen Konkurrenz zuzufügen, indem sie die deutsche Wirtschaft mit den Kosten der Beachtung des AGG belasten, die europäischen Konkurrenten aber von diesen Kosten freihalten wollen, als sich zu einer kohä- renten Diskriminierungsbekämpfung auf europäischer Ebene zu bekennen. Wir Grünen fordern mit unserem Antrag die Koalition auf, ihren irrationalen und für das Ansehen Deutschlands in Europa schädlichen Kurs aufzugeben und die spani- sche Präsidentschaft zu unterstützen. Ich will mit den Worten von Amnesty International schließen, die diese Menschenrechtsorganisation an die Bundesregierung gerichtet hat: Vor allem aber sendet Deutschland – mit dem Verhalten der Bundesregierung – ein verheerendes Signal aus: Dass die EU nicht tä- tig werden müsse, um eine Diskriminierung auf- grund sexueller Orientierung, Religionszugehörig- keit, Alter oder Behinderung zu bekämpfen, die zur Wirklichkeit in Europa gehört, und dies nicht nur auf dem Arbeitsmarkt. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, gestern wurden im Rechtsausschuss Sachverständige zu dem Vorschlag der SPD, der Linken und von uns Grünen gehört, das Merkmal der sexuellen Identität in den Dis- kriminierungsschutz des Grundrechts aus Art. 3 Abs. 3 unserer Verfassung aufzunehmen. Ein von der Union be- nannter Sachverständiger verstieg sich zu der Behaup- tung, die Integration von Migranten muslimischen Glau- bens erlaube einen solchen Schutz vor Diskriminierung in der Verfassung nicht, weil er von diesen Menschen abgelehnt werde. Niemand von Ihnen hat im Ausschuss widersprochen. Es war beklemmend zu sehen und zu hö- ren, dass Ihnen selbst solche unglaublichen „Argu- mente“ recht sind, um sich gegen jeden weiteren Diskri- minierungsschutz zu wehren. Heute haben Sie eine Gelegenheit, Ihre Position noch- mals zu überdenken. Dazu fordern wir Sie ganz aus- drücklich auf. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung (Abschaf- fung der strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung) (Tagesordnungspunkt 19) Manfred Kolbe (CDU/CSU): Lassen sie mich zu- nächst vorausschicken, dass meine Fraktion, die CDU/ CSU, die Steuerhinterziehung energisch bekämpft. Wäh- rend bis 2005 unter Rot-Grün in dieser Richtung wenig passiert ist, hat die unionsgeführte Große Koalition seit 2005 zahlreiche gesetzgeberische Maßnahmen zur Be- kämpfung der Steuerhinterziehung auf den Weg ge- bracht. Der verfassungsrechtlich problematische § 370 a Ab- gabenordnung, gewerbsmäßige oder bandenmäßige Steuerhinterziehung, wurde gestrichen und die entspre- chende Qualifizierung als neuer § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 AO neu gefasst. Damit ist eine wirksamere Straf- verfolgung der bandenmäßigen Hinterziehung von Um- satz- oder Verbrauchsteuern möglich. Das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunika- tionsüberwachung vom 21. Dezember 2007 nimmt erst- mals mit diesem § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 AO einen qualifizierten Steuerhinterziehungstatbestand in den Katalog des § 100 a StPO auf, der ohne Wissen der Be- troffenen eine Telekommunikationsüberwachung und Aufzeichnung ermöglicht. Damit wird erstmalig eine Te- lekommunikationsüberwachung für schwere Steuerhin- terziehungstatbestände ermöglicht. Das Jahressteuergesetz 2009 vom 19. Dezember 2008 verlängert in § 376 AO die Verjährungsfrist für beson- ders schwere Fälle der Steuerhinterziehung auf zehn Jahre. Auch die Steuerfahndung in Deutschland war grund- sätzlich erfolgreich. Jahr für Jahr haben wir rund 40 000 Verfahren, 17 000 Strafverfahren und Mehreinnahmen in Milliardenhöhe. Zu begrüßen ist auch, dass der Bundesgerichtshof die Strafzumessungsregeln bei Steuerhinterziehung präzi- siert hat. Der Strafrahmen von bis zu zehn Jahren Frei- heitsstrafe ist durchaus ausreichend, als problematisch empfunden wurde aber mitunter dessen mangelnde Aus- schöpfung durch einzelne Urteile. Der Bundesgerichtshof hat jetzt entschieden, dass Freiheitsstrafen künftig schon bei einem Steuerschaden von mehr als 50 000 Euro möglich und ab 100 000 Euro unerlässlich sind, allerdings bei Ersttätern noch zur Be- währung ausgesetzt werden können. Bei Hinterziehung in Millionenhöhe schließt der Bundesgerichtshof die Möglichkeit einer Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Be- 3652 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 (A) (C) (D)(B) währung grundsätzlich aus. Wer künftig Steuern in Mil- lionenhöhe hinterzieht, sitzt tatsächlich im Gefängnis. Schließlich haben wir im Mai 2009 den Koalitionsan- trag „Steuerhinterziehung bekämpfen“ beschlossen, der eine weitere Vielzahl von zu ergreifenden Maßnahmen enthält. Insbesondere fordert er im internationalen Be- reich eine Überarbeitung und umfassende Erweiterung der Europäischen Richtlinien zur Zinsbesteuerung und einen verbesserten Informationsaustausch auf internatio- naler Ebene. Besonders im internationalen Bereich sind wir durch Anstrengungen aller großen Industriestaaten deutlich weitergekommen und haben jetzt weitgehend einen In- formationsaustausch nach Art. 26 des OECD-Musterab- kommens durchgesetzt. Derzeit laufen zahlreiche Ver- handlungen mit Staaten, die dazu bisher nicht bereit waren. Der heute in erster Lesung von der Fraktion der SPD eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterzie- hung macht gleich zu Beginn durch dreierlei erstaunli- che Umstände auf sich aufmerksam: Erstens liegt dieser seit langem angekündigte Gesetz- entwurf erst seit gestern ausformuliert dem Hause vor. Diese lange Reife ist offenbar auf heftige Geburtswehen zurückzuführen. Offenbar war man sich auch unter So- zialdemokraten nicht ganz einig, ob es tatsächlich sinn- voll ist, die seit über 100 Jahren in der deutschen Steuer- rechtsordnung verankerte Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige abzuschaffen. Jedenfalls dort, wo die Sozialdemokraten noch regieren und den Fi- nanzminister stellen, herrscht eine etwas realitätsbezoge- nere Sichtweise. So verteidigte der rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl, SPD, die Strafbefreiung durch Selbstanzeige bei Steuerdelikten gegen Kritik aus seiner Partei mit den Worten: Ich bin dafür, dass wir die Möglichkeit der Strafbe- freiung durch Selbstanzeige beibehalten. Letztlich profitiert der Staat davon, denn wer sich selbst an- zeigt, muss alles offenlegen. Das ist viel effektiver als der Einsatz von Ermittlern. Zweitens fällt auf, dass die Sozialdemokraten ihren Gesetzentwurf nicht mit übertriebender Energie einbrin- gen, wenn sie heute auf die mündliche Erörterung im Plenum verzichten und alle Reden zu Protokoll gegeben werden. Drittens schließlich ist der Gesetzentwurf denkbar einfach gestrickt und fordert die völlige Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige. Anstatt sich differen- zierte Gedanken zu machen, wie dieses Instrument fort- entwickelt werden kann und kriminalpolitische Zielset- zungen einerseits und fiskalpolitische Zielsetzungen andererseits besser vereinbart werden können, heißt es nur: Weg damit! Dies ist zu einfach gestrickt und wird der Bekämpfung der Steuerhinterziehung nicht gerecht. Meine Fraktion tritt einerseits für die Beibehaltung der strafbefreienden Selbstanzeige gemäß § 371 Abga- benordnung ein, möchte aber andererseits dort, wo die Selbstanzeige mit krimineller Energie bereits von An- fang an in die Steuerhinterziehungsplanung mit einbezo- gen wird, engere Schranken ziehen. Die „strafbefreiende Selbstanzeige“ ist der verfas- sungsrechtlich anerkannte Weg zurück in die Steuer- ehrlichkeit. Den Regelungen der strafbefreienden Selbst- anzeige nach § 371 AO liegen dabei fiskal- und kriminalpolitische Zielsetzungen zugrunde: Aus fiskal- politischer Sicht ist § 371 AO ein Instrument zur „Er- schließung bisher verheimlichter Steuerquellen“. Dem an einer Steuerhinterziehung Beteiligten soll mit der in Aussicht gestellten Straffreiheit ein attraktiver Anreiz zur Berichtigung vormals unzutreffender oder unvoll- ständiger Angaben gegeben werden, um im Interesse des Fiskus eine diesem bislang verborgene und ohne die Be- richtigung möglicherweise auch künftig unentdeckt blei- bende Steuerquelle zu erschließen. Daneben kommt in § 371 AO auch das strafrechtliche Prinzip zum Aus- druck, dass eine „tätige Reue“ – mit der die Wirkungen einer Tat rückgängig gemacht werden – dem Täter zugu- tekommen soll. Änderungen in Bezug auf § 371 AO müssten daher sowohl auf die fiskalpolitischen als auch auf die kriminalpolitischen Belange abgestimmt werden. Weiter ist die strafbefreiende Selbstanzeige auch kein deutsches Sonderrecht, sondern sie gibt es in der einen oder anderen Form auch in den meisten anderen europäi- schen Ländern und in den USA. Schließlich ist die strafbefreiende Selbstanzeige der- zeit ein besonders wirkungsvolles Instrument im Kampf gegen die Steuerhinterziehung. Seit dem Ankauf der sogenannten Steuersünder-CD in diesem Winter haben sich bisher circa 16 000 Steuer- pflichtige auf Grundlage des § 371 Abgabenordnung selbst angezeigt. Experten rechnen mit wöchentlich 1 000 neuen Anzeigen, wobei mit jeder neuen angekauf- ten Steuersünder-CD auch die Zahl der Selbstanzeiger höher werden wird. Die Finanzministerien von Bund und Ländern rechnen mit Steuernachzahlungen von mehr als 1 bis zu 3 Milliarden Euro. Genauere Schätzun- gen wird es beim Bericht der Steuerschätzung im Mai geben. Ohne das Instrument der Selbstanzeige würden diese Beträge niemals vereinnahmt werden können. Auch bei einer Verdoppelung oder Verdreifachung der Zahl der Steuerfahnder könnten die Tausenden von Fäl- len niemals ausermittelt werden. Aber: Die Flut der Selbstanzeigen zeigt aber eben auch, dass vielfach nicht ehrliche Reue der ausschlaggebende Grund für die Rückkehr zur Steuerehrlichkeit ist, sondern vielmehr die Angst vor Entdeckung oder das Nichtaufgehen einer kühl kalkulierten Hinterziehungsstrategie. Wir werden deshalb die Erkenntnisse aus dem Ankauf der Steuerhin- terzieher-CDs zum Anlass nehmen, die strafbefreiende Selbstanzeige mit dem Ziel zu überprüfen, dass dieses Instrument zwar notwendigerweise erhalten bleibt, aber nicht mehr als Gegenstand einer Hinterziehungsstrategie missbraucht werden kann. Folgende Änderungen wären zielführend: Erstens: Vorverlegung des Zeitpunktes der Tatent- deckung, damit für die Inanspruchnahme der strafbefrei- enden Selbstanzeige der Spielraum für Hinterziehungs- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 3653 (A) (C) (D)(B) strategien genommen wird. Es sollte schon auf einen tatsachengestützten Anfangsverdacht abgestellt werden und nicht mehr wie bisher auf eine konkrete Tatent- deckung – Wahrscheinlichkeit der Verurteilung. Außer- dem sollte schon der Zeitpunkt des Zugangs der Betriebs- prüfungsanordnung und nicht mehr erst das Erscheinen des Amtsträgers zur steuerlichen Prüfung maßgeblich sein. Zweitens: Ausschluss der sogenannten Teilselbst- anzeige, mit der sich Steuerhinterzieher häufig nur scheibchenweise je nach aktuellem Entdeckungsrisiko erklären. Steuerhinterzieher sollen nur noch durch eine umfassende Selbstanzeige die Strafbefreiung in An- spruch nehmen können. Damit würde verhindert, dass sich Steuerhinterzieher etwa nur im Hinblick auf die Schweiz anzeigen, verstecktes Geld in anderen Ländern jedoch weiter verschweigen. Sämtliches auf der Welt verstecktes Geld muss künftig offengelegt werden, damit die Strafbefreiung gewährt wird. Drittens: Einführung eines Zinszuschlages, damit Steuerhinterzieher bei Inanspruchnahme einer strafbe- freienden Selbstanzeige am Ende wirtschaftlich auch spürbar stärker belastet sind als ehrliche Steuerzahler, die lediglich zu spät zahlen – zum Beispiel Stundungs- fälle. Derzeit gilt ein Zinssatz von 6 Prozent sowohl für ehrliche Steuerzahler als auch für Steuerhinterzieher. Eine Abschaffung des § 371 Abgabenordnung wird es mit den Koalitionsfraktionen nicht geben. Wir sind für eine sachgerechte Reform dieser Vorschrift. Ziehen Sie besser Ihren Gesetzentwurf zurück, und lassen sie uns gemeinsam überlegen, wie wir Steuerhinterziehung ef- fektiver bekämpfen können – unter fiskalischen und kri- minalpolitischen Aspekten. Martin Gerster (SPD): Steuerhinterziehung war nie ein Kavaliersdelikt. Sie ist es nicht und wird es niemals sein. So weit, so gut. Das Bekenntnis zu einem ent- schlossenen Kampf gegen alle Formen von Steuerkrimi- nalität hört man in diesem Haus gegenwärtig aus allen Richtungen. Wir dürfen nicht zulassen, dass es zum Lip- penbekenntnis verkommt. Wo andere Leerformeln da- herbeten, wollen wir Sozialdemokraten Steuerhinterzie- hung wirksam bekämpfen. Der von uns eingebrachte Gesetzentwurf führt deshalb den unter Finanzminister Peer Steinbrück mutig beschrittenen Erfolgsweg fort. Seinem Einsatz ist zu verdanken, dass sich das Ge- schäftsmodell „Steueroase“ international auf dem Rück- zug befindet. Das Steuerhinterziehungsbekämpfungsge- setz hat Wirkung gezeigt. Seit Herbst 2008 haben zahlreiche Länder den OECD-Standard zu Bankauskünf- ten akzeptiert. Damit haben sich auch die Chancen, deut- schen Steuerkriminellen auf die Schliche zu kommen, deutlich verbessert. Angesichts dieser erfreulichen Entwicklung ist es jetzt an der Zeit, den Umgang mit der strafbefreienden Wirkung von Selbstanzeigen zu überdenken. Wir wollen Steuerhinterziehern in Zukunft die Möglichkeit nehmen, sich auf diesem Wege ihrer gerechten Strafe zu entzie- hen; denn wir sind überzeugt, dass die bisherige Rege- lung ihren ursprünglichen Sinn verloren hat und zu ei- nem Instrument im strategischen Werkzeugkasten von Tätern verkommen ist, die ihre baldige Überführung fürchten müssen. Wir gehen diesen Schritt im Interesse der überwiegenden Mehrheit unserer Bürgerinnen und Bürger, die ehrlich ihre Steuern zahlen, damit unser Ge- meinwesen seine Leistungen erbringen kann. Deren Ge- rechtigkeitsempfinden wird durch die strafbefreiende Selbstanzeige in empfindlichem Maße verletzt. Umso enttäuschender ist es, dass Schwarz-Gelb – trotz vieler Sonntagsreden – bei der Bekämpfung von Steuer- hinterziehung kaum wahrnehmbares Engagement an den Tag legt. In manchen Bundesländern drängt sich sogar der Eindruck auf, dass CDU und vor allem FDP mehr am aktiven Täterschutz Interesse haben als an der Auf- klärung von Steuerstraftaten. Wie kann es sein, dass sich diese Bundesregierung noch immer nicht auf einen ein- deutigen Kurs im Umgang mit Steuerdaten, die ihr zum Kauf angeboten werden, hat einigen können? Wie kann es sein, dass ein baden-württembergischer FDP-Justizminis- ter sich dem Ankauf entsprechender Datenträger verwei- gert und dafür Bedenken vorschiebt, die sein nordrhein- westfälischer Kollege und Parteifreund offensichtlich in keinem Punkt teilt. Statt solcher taktischer Spielchen wären CDU und FDP besser beraten, ein klares Signal zu setzen: Steuerehrlichkeit ist eine Bürgerpflicht, die sich unser Staat nicht abhandeln lässt. Es darf nicht sein, dass Menschen unser Gemeinwesen über Jahre hinweg und systematisch betrügen – mit dem klaren Kalkül, sich in letzter Sekunde mit einer Selbstanzeige aus dem Sumpf der Kriminalität zu ziehen. Wir beobachten: Das Verhalten der Steuerhinterzieher wird vor allem von der Angst vor Entdeckung geleitet. Mit jeder CD mit Steuer- daten, die den Steuerbehörden einen Ankauf wert er- scheint, rollte eine neue Welle von Selbstanzeigen an. Mittlerweile sind es mehr als 16 000, davon allein 4 300 aus meinem Heimatland Baden-Württemberg. Die Selbstanzeigen kommen und gehen – das Phäno- men der Steuerflucht bleibt bestehen; denn offensicht- lich erscheint vielen Steuerkriminellen das Risiko, er- wischt zu werden, noch zu gering. Deshalb streben wir einen Strategiewechsel an, der das uralte Gezeitenspiel von Steuerflucht und Selbstanzeige neuen Regeln unter- wirft. Wir müssen klare Kante ziehen: Der § 371 der Ab- gabenordnung ist ersatzlos zu streichen. Ab dem 1. Ja- nuar 2011 muss die Tür zur Flucht in die Selbstanzeige geschlossen sein. Bis dahin bleibt jenen, die den Rück- weg in die Steuerehrlichkeit suchen, eine letzte Frist. Um wirksam zu werden, muss diese Maßnahme jedoch durch weitere Anstrengungen flankiert werden. Das heißt, wir müssen unseren Finanzbehörden bereits im Besteuerungsverfahren die notwendigen Mittel an die Hand geben, um auf nationaler, europäischer und inter- nationaler Ebene erfolgreich und effizient zusammenzu- arbeiten. Gleichzeitig muss uns daran gelegen sein, das Schwert der Steuerfahndung so scharf zu halten, dass potenziellen Steuerhinterziehern das Entdeckungsrisiko jederzeit klar vor Augen steht. Deshalb müssen wir den Finanzbehörden die notwendigen Mittel in die Hand ge- ben, um im In- und Ausland effizient zu ermitteln. Der ein oder andere mag nun argumentieren, durch eine Streichung von § 371 AO würde das Element der 3654 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 (A) (C) (D)(B) „tätigen Reue“ zu kurz kommen. Darüber können wir diskutieren. Ich gebe aber zu bedenken: Das Prinzip wird weiterhin im Steuerstrafverfahren berücksichtigt werden. Insofern bieten sich auch ohne die völlige Straf- freiheit bei Selbstanzeige hinreichende Anreize für Steu- erkriminelle, mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Wir Sozialdemokraten im Deutschen Bundestag stre- ben mit dem vorliegenden Gesetzentwurf einen Paradig- menwechsel im Umgang mit Steuerhinterziehung an. Nicht mehr und nicht weniger. Auch aufseiten unseres früheren Koalitionspartners gab es ja noch vor kurzem Anzeichen, uns auf diesem Weg zu folgen. Ich denke da nicht nur an den Kollegen Hans Michelbach, sondern vor allem an den saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller, der sich in dieser Frage ganz in unserem Sinne geäußert hat. Ich darf ihn aus der Frankfurter Rundschau vom 22. Februar zitieren: Steuerhinterziehung ist soziales Schmarotzertum. Sie muss konsequent verfolgt werden. … Steuer- hinterzieher dürfen künftig nicht mehr generell straffrei davonkommen, wenn sie sich selbst anzei- gen. … Der Staat kann sich doch nicht seinen An- spruch, Unrecht zu bestrafen, abkaufen lassen. Wer Unrecht begeht, muss dafür geradestehen, egal, ob es Körperverletzung oder ein Steuerdelikt ist, und egal, ob es sich um einen armen Schlucker oder ei- nen Millionär handelt. Leider ist bis auf Ankündigungen nicht viel von Ih- rem Elan übrig geblieben, liebe Kolleginnen und Kolle- gen von der Union. Als es vor der Osterpause um das Thema Steuerkriminalität ging, haben Sie von uns kon- krete Vorschläge eingefordert. Wir legen hier einen kon- kreten Vorschlag vor. Zwischenzeitlich hatten Sie ja mit einem eigenen Gesetzentwurf geliebäugelt. Gestern im Finanzausschuss war nur noch von einem Antrag die Rede. Schlagen Sie sich nicht zu ihrem Koalitionspart- ner ins gelbe Gebüsch! Verpassen Sie nicht die Chance, hier gesetzliche Fakten zu schaffen! Ich lade Sie herzlich ein, sich aus ihrer Koalition der Unwilligen zu lösen und gemeinsam mit uns die mittler- weile überkommene Regelung zur Straffreiheit bei Selbstanzeige aus der Welt zu schaffen. Stimmen Sie un- serem Gesetzentwurf zu, und setzen Sie ein Zeichen, dass es Ihnen mit dem Kampf gegen Steuerkriminalität ernst ist! Frank Schäffler (FDP): „Die Strafe tritt nicht ein, falls der Schuldige, bevor die Sache zur Untersuchung an das Gericht abgegeben ist, seine Angaben an der zu- ständigen Stelle berichtigt oder vervollständigt.“ – Diese Regelung stand im Sächsischen Einkommensteuergesetz vom Dezember 1874. 126 Jahre Rechtsgeschichte wol- len Sie seitens der SPD-Fraktion nun einfach in den Wind schlagen. Und auch auf diesem Gebiet ist es so, wie wir es schon kennen: Die SPD hat elf Jahre den Fi- nanzminister gestellt und blieb in vielen Feldern untätig. Nun, da sie das Ministerium nicht mehr führt, bricht der Aktionismus aus. Sie hätten die strafbefreiende Selbst- anzeige ja längst abschaffen können, wenn Sie denn wirklich davon überzeugt wären. Sie können sich seitens der SPD-Fraktion auch nicht mit Hinweis auf den Koali- tionspartner herausreden. Denn Sie schreiben ja in dem Antrag mehrfach, was die SPD alles gegen die Union durchgesetzt habe. Nach Ihrer eigenen Darstellung hät- ten Sie es dann auch hier schaffen müssen. Aber wahrscheinlich wissen Sie selbst, dass es nicht sinnvoll ist, die strafbefreiende Selbstanzeige abzuschaf- fen. Seit Jahresbeginn haben sich 13 000 Steuerpflichtige selbst angezeigt. Ihre Nachzahlungen summieren sich auf 1,1 Milliarden Euro. Hätte es die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige nicht gegeben, hätten es viele Steuerpflichtige sicherlich darauf ankommen lassen und sich nicht bei ihrem Finanzamt gemeldet. Der Staat ist bei der Besteuerung auf die Mitwirkung des Steuer- pflichtigen angewiesen. Wenn jedoch ein Strafverfahren läuft, wird die steuerliche Mitwirkungspflicht verdrängt. Dann gilt der Grundsatz, dass sich niemand selbst belas- ten muss. Das Ermittlungsverfahren und das Gerichts- verfahren werden entsprechend aufwendiger und am Ende besteht die Gefahr, dass doch nicht alles aufge- deckt wird. Dies macht deutlich, dass der Zweck der strafbefrei- enden Wirkung der Selbstanzeige ja gerade darin be- steht, die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherzustel- len. Es ist gerade auch im Interesse der ehrlichen Steuerzahler, dass Steuerhinterzieher sich offenbaren und damit ihrer Steuerpflicht nachkommen. Dadurch können sie umfassend nachbesteuert und auch Mittäter und Gehilfen verfolgt werden. Durch eine Selbstanzeige werden dem Staat auch Steuerquellen für die Zukunft er- schlossen. Hat der Steuerpflichtige die verborgene Steu- erquelle aufgedeckt, so ist es ihm in der Zukunft nicht mehr möglich, diese Quelle nicht mehr anzugeben. Der Staat wird deshalb auch in Zukunft von dieser Steuer- quelle profitieren. Eine Möglichkeit, das Besteuerungsrecht des Staates durchzusetzen, besteht auch in der derzeit stockenden Überarbeitung der EU-Zinsrichtlinie. Dadurch kann eine Quellenbesteuerung im Ausland ermöglicht werden, die höher ist als die deutsche Abgeltungsteuer. Die Bundesregierung ist dabei, den Informationsaus- tausch mit ausländischen Staaten zu verbessern. Wir ma- chen das übrigens, anders als Herr Steinbrück, auch ohne befreundete Staaten zu beschimpfen. Dadurch steigen die Erfolgsaussichten deutlich. Wir werden als Koalition die Einzelheiten der Rege- lung der strafbefreienden Selbstanzeige genau prüfen und sie auch entsprechend ändern. Eine pauschale Strei- chung, wie sie die SPD vorschlägt, lehnen wir ab. Vor allem werden wir aber das Steuersystem einfa- cher und gerechter machen. Laut einer Umfrage der Stif- tung Marktwirtschaft halten rund 50 Prozent der Deut- schen Steuerhinterziehung für vertretbar. Wir werden mit einer Steuerreform dazu beitragen, dass diese Zahl deutlich sinkt. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 3655 (A) (C) (D)(B) Richard Pitterle (DIE LINKE): In meiner Nachbar- stadt Leonberg hat die Stadtverwaltung vorgeschlagen, alle fünf Jugendhäuser zu schließen und die Sozialarbei- ter zu entlassen. In meiner Gemeinde Sindelfingen, einst eine der reichsten Städte, wurde beschlossen, eine Schule, die hervorragende Sozialarbeit betreibt, zu schließen. Eine Hortgruppe soll trotz einer langen Warte- liste aufgelöst werden. Menschen, die Kinder in Musik unterrichten, sollen aus einem sozialversicherungs- pflichtigen Arbeitsverhältnis in ein Honorarverhältnis gezwungen werden, wodurch sie ein Stück Lebenssi- cherheit verlieren. Viele Gemeinden reduzieren ihre so- zialen und kulturellen Angebote. Und das alles mit dem Argument, es sei kein Geld da. Aber das Geld ist da. Es liegt bei den Banken in der Schweiz, in Liechtenstein oder auf einer exotischen Insel, weil „ehrenwerte“ Bür- ger dieser Gesellschaft das Geld, das wir dringend zur Finanzierung von wichtigen Aufgaben benötigen, der Besteuerung entziehen wollen. Die genaue Höhe der jährlichen Steuerhinterziehung lässt sich bekanntermaßen nicht genau beziffern. Wenn jedoch durch die Arbeit von Steuerfahndern, trotz des Personalmangels bei den Finanzämtern, im Jahr 2004 1,6 Milliarden Euro zusätzlich eingenommen wurden, kann man sich vorstellen, welche Reserven hier stecken. Der jüngste Fall des Steuer-CD-Ankaufs aus der Schweiz hat die Höhe der Steuerhinterziehungen eben- falls deutlich bewiesen: Bei den bundesdeutschen Fi- nanzämtern sind nach einer Medienmeldung bis heute rund 16 000 Selbstanzeigen mit einer durchschnittlichen Rückzahlung von 60 000 Euro pro Anzeige, also insge- samt circa 1 Milliarde Euro, eingegangen. Da kann man schon eine ziemliche Wut bekommen. Und ganz neben- bei: Steuersünder-CD, das klingt so verharmlosend, ein wenig nach dem Motto: wir sind doch alle Sünder vor dem Herrn. Daher spreche ich lieber von einer Steuerkri- minellen-CD. Laut Medienberichten sollten sogar bis zu 100 000 Deutsche 23 Milliarden Euro an der Steuer vor- bei auf Schweizer Konten deponiert haben und die Schweiz ist ja auch nur eine der sogenannten Steuer- oasen. Das ist doch ein Skandal. Daher habe ich großes Verständnis für den Antrag der SPD, die Straffreiheit bei Selbstanzeigen abzuschaffen. Dieses Anliegen findet auch die Unterstützung meiner Fraktion. Nun lese ich Vorschläge von einigen Finanzpo- litikern der Regierungsparteien, wie die Möglichkeit für eine straflose Selbstanzeige eingeschränkt werden könnte, darunter einige Vorschläge, mit denen ich per- sönlich auch mitgehen könnte. Aber die Frage ist doch, Herr Dautzenberg: Warum entfalten Sie Ihre Fantasie auf diesem Gebiet, nachdem die SPD den Antrag gestellt hatte, die strafbefreiende Selbstanzeige zu streichen? Da kommt doch der Verdacht auf, dass es Ihnen darum geht, den Antrag der SPD aufzuweichen und sich schützend vor die Steuerhinterzieher zu stellen. Wir brauchen jetzt von der Regierung Taten und nicht nur Ankündigungs- politik, die davon ablenkt, dass die Koalition zugelassen hat, dass sich Vermögende legal oder auch illegal der Steuerzahlung entziehen können. Ich appelliere an die Bundesregierung: Sorgen Sie auch durch konsequente Bekämpfung der Steuerhinterziehung dafür, dass die Kommunen wieder ihren Pflichtaufgaben nachkommen können! Sorgen Sie endlich für Steuergerechtigkeit bei uns im Land! Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir diskutieren heute den Gesetzentwurf der SPD zur Ab- schaffung der strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuer- hinterziehung. Ich sage es ganz offen: Mich überzeugt weder der Zeitpunkt der Einbringung noch der Inhalt des Vorschlags der SPD. Vor zwei Tagen kannten wir noch nicht mal den Text des Gesetzentwurfs. Auf Biegen und Brechen muss er heute, in der letzten Sitzungswoche des Bundestages vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, diskutiert werden. Die SPD-Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer wollen ab morgen im Land ausschwärmen und sich mit dieser Initiative schmücken. Die Begründung des Gesetzes ist außerordentlich dürftig und kümmerlich. Eigentlich habe ich nur ein „Argument“ in Ihrem Entwurf gelesen: „Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte haben gezeigt, dass die Möglichkeit zur Selbstanzeige mit Straffreiheit keinen Rückgang der Steuerhinterziehung bewirkt, sondern nur den Täter vor Bestrafung bewahrt.“ Im Jahre 2001 hat die damalige Bundesregierung – zuständig waren der sozialdemokratische Finanzminis- ter Eichel und die sozialdemokratische Justizministerin Däubler-Gmelin – auf Anfrage der PDS erklärt: „Bei der Selbstanzeige handelt es sich um ein Rechtsinstrument, das sich über Jahrzehnte hervorragend bewährt hat“ – Bundestagsdrucksache 14/6723. Ein Jahr später hat der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion und einer ihrer Finanzex- perten, der Kollege Poß, erklärt, die Selbstanzeige sei eine „goldene Brücke“, die nicht infrage gestellt werden dürfe – siehe Handelsblatt vom 5. April 2002. Ich frage Sie deshalb angesichts ihres heutigen Geset- zesvorschlags: Was ist nun richtig: Hat sich die Selbst- anzeige im Steuerrecht jahrzehntelang hervorragend bewährt oder ist sie seit Jahrzehnten nutzlos und kontra- produktiv? Die strafbefreiende Selbstanzeige bei Steuerhinterzie- hung gibt es in Deutschland durchgehend seit 1874. So hieß es in Art. 30 des Badischen Kapitalrentensteuerge- setzes vom 29. Juni 1874: „Wird die unterbliebene oder zu niedrig abgegebene Erklärung späterhin nachgetragen oder berichtigt, bevor das Vergehen … angezeigt worden ist, so fällt jede Strafe weg.“ Eine Vorschrift, die es seit 140 Jahren ununterbrochen – wenn auch in verschiedenen Gesetzen und Formulie- rungen – gibt, kippt man nicht so mir nichts, dir nichts wegen eines laufenden Wahlkampfs in Nordrhein-West- falen über den Haufen; und das auch noch ohne jede überzeugende Begründung. Wenn die Behauptung der SPD richtig wäre, dass die Selbstanzeige über Jahrzehnte zum Rückgang der Steu- erhinterziehung nichts beigetragen habe, müsste sie we- nigstens verlässliche Zahlen zum Umfang der Steuerhin- 3656 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 (A) (C) (D)(B) terziehung und ihrer Entwicklung über Jahrzehnte vorlegen. Nichts davon können wir in der Begründung lesen, dafür aber mehr vom angeblichen „Rechtsempfin- den der Bevölkerung“. Das Bundesministerium der Fi- nanzen hat auf seiner Homepage die Ergebnisse der Steuerfahndung 2008 zusammengefasst. Dort können wir die Aussage lesen: „Das tatsächliche Ausmaß der Steuerhinterziehung ist nicht messbar.“ Auch zu Ausmaß und Entwicklung der Selbstanzei- gen sind verlässliche Zahlen schwer zu bekommen. Gestern konnten wir im Stern von rund 16 000 Selbst- anzeigen seit Kenntnis vom drohenden Ankauf der Da- ten aus der Schweiz lesen. Das erscheint ein rasanter An- stieg, der uns sowohl fiskalisch als auch rechtspolitisch freuen könnte. Im Jahre 2001 hat die Bundesregierung auf eine An- frage der FDP folgende Zahlen bekannt gegeben: Im Jahr 1998 gab es 10 400, im Jahr 1999 26 365 und im Jahr 2000 27 334 Selbstanzeigen. Es liegt auf der Hand und ist unmittelbar einleuch- tend: Nicht alle, die zur Selbstanzeige greifen, tun dies aus Gründen der moralischen Läuterung. Das wäre auch sehr verwunderlich: Wir verlangen ja nicht mal von den Bürgerinnen und Bürgern insgesamt, dass sie gerne Steuern zahlen. Es reicht in einem Rechtsstaat völlig, wenn sie es tun, weil sie dazu verpflichtet sind. Damit komme ich zum Kernpunkt des Problems, wie wir Grüne ihn sehen: Steuerhinterziehung ist eindeutig eine kriminelle Handlung und kein Kavaliersdelikt. Die wirksamste Bekämpfung – im Sinne der SPD gespro- chen: „der Rückgang der Steuerhinterziehung“ – ist nur zu erreichen durch erhöhten Verfolgungsdruck, ein ho- hes Entdeckungsrisiko, durch eine schnelle und schuld- angemessene Bestrafung, vollständige Nachzahlung der Steuern und Abschöpfung aller Vorteile aus der Straftat. Was ist also zu fordern, welche Maßnahmen sind not- wendig und überfällig? – Wir brauchen die Austrock- nung der Steueroasen, keine Duldsamkeit mehr mit Staa- ten, die steuerrechtlich unkooperativ sind – niemand will ernsthaft, wie es aber der letzte sozialdemokratische Bundesfinanzminister halb im Scherz, aber mit drohen- dem Unterton vorschlug, mit der Kavallerie einmar- schieren; es würde reichen, die Mechanismen der OECD-Standards konsequent anzuwenden –, eine kon- sequente Verfolgung der professionellen Anstifter und Helfershelfer – seien es auch honorige Banken oder Frei- berufler –, eine Aufstockung und Ausrüstung der Steuer- fahndung und nicht zuletzt eine Bundessteuerverwal- tung. Das sind die Kernaufgaben. Der Streit um die Selbstanzeige ist ein populistischer Nebenkriegsschau- platz. Die Selbstanzeige ist eine Rückkehr zu Steuerehrlich- keit und Rechtstreue – aus welchen Motiven auch im- mer. Sie völlig abzuschaffen ist kontraproduktiv und rechtspolitisch verfehlt. Wir Grünen sind überzeugt vom Grundgedanken der Zurückdrängung des Strafrechts auf einen Kernbereich unerträglichen, verwerflichen Verhal- tens und wollen einen Ausbau des Grundgedankens der Straffreiheit bei tätiger Reue und nicht seine völlige Be- seitigung im Steuerstrafrecht. Das bedeutet nicht, dass die Regeln zur Selbstanzeige nicht zu verbessern wären. Wir können Wiederholungs- tätern die rote Karte zeigen. Wir können die Bedingun- gen der Freiwilligkeitsschwelle schärfer fassen, und wir können die Rückkehr zur Steuerehrlichkeit auch teurer als bisher machen: Wenn schon – siehe die „goldene Brücke“ des Kollegen Poß –, dann wollen wir den Brü- ckenzoll erhöhen. Dazu werden wir konkrete und kon- struktive Vorschläge machen. Dem Populismus der SPD werden wir aber nicht folgen. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Umgang mit Guantánamo-Häftlingen (Zusatztagesordnungs- punkt 5) Rüdiger Veit (SPD): Mit dem vorliegenden Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen soll die Bundesre- gierung aufgefordert werden, die Bitte der USA, Häft- linge aus Guantánamo in Deutschland aufzunehmen, so- lidarisch zu prüfen. Worum geht es hier im Kern? Am 11. Januar 2002 wurden die ersten Gefangenen auf den US-Militärstützpunkt Guantánamo Bay in Kuba ge- bracht. Seither ist das Lager zusammen mit dem Gefängnis Abu-Ghraib zum Synonym für den Exzess im Kampf ge- gen den Terror und zum Sündenfall der USA und damit der westlichen Welt und ihrer Werte, allen voran dem absolu- ten Schutz der Menschenrechte und -würde geworden: Seit sage und schreibe acht Jahren werden in Guan- tánamo nunmehr Menschen ohne Anklage, Anrufung ei- nes Gerichts und ohne anwaltliche Verteidigung ihrer Freiheit beraubt. Unbestritten wurden die Gefangenen Verhörmethoden unterzogen, die Folter und grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung gleich- kommen. Insgesamt wurden in Guantánamo rund 800 Männer interniert. Ende 2009 saßen in Guantánamo immer noch 198 Gefangene. 103 Gefangene sollen in ihre Heimat- länder oder Drittstaaten gebracht werden, weil gegen sie offenbar nichts vorliegt; eine Reihe von Gefangenen will die US-Regierung in den USA vor Zivilgerichten ankla- gen. 45 Gefangene können nicht in ihre Heimat zurückkeh- ren, weil ihnen dort Gefahren für Leib und Leben drohen; zum Teil sogar deshalb, weil sie als Guantánamo-Häft- linge stigmatisiert sind. Bei diesen 45 Personen handelt es sich um Gefangene, die bereits unter der Bush-Regierung befragt und überprüft worden sind und dann noch einmal unter der Obama-Administration und bei denen beide Un- tersuchungen zweifelsfrei ergeben haben, dass gegen sie nichts vorliegt und keine Anklage vor einem US-Gericht erhoben wird. Dieser Sachverhalt wurde mir und weite- ren Kollegen der SPD-Fraktion anlässlich eines Treffens Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 3657 (A) (C) (D)(B) am 10. Februar 2010 von Vertretern von ai und von Rechtsanwälten, die Guantánamo-Häftlinge vertreten ha- ben, dargelegt. Darunter war RA Zachary Katznelson, US-amerikanischer Rechtsanwalt und Chefberater für „Reprieve“, einer in London ansässigen Organisation, der sich für unrechtmäßig Inhaftierte sowie zum Tode Verur- teilte einsetzt. RA Katznelson hat 40 Gefangene in Guantánamo vertreten und berichtete glaubwürdig, dass gegen die oben genannten 45 Personen nichts, aber auch gar nichts, vorliegen würde. Ich möchte noch einmal wiederholen: Gegen insge- samt 103 Gefangene wurden keine Verfahren eröffnet. Sie wurden acht Jahre unschuldig und willkürlich in Guantánamo festgehalten und mussten Unvorstellbares erleiden. So steht Guantánamo heute in aller Welt für einen to- talen, verabscheuungswürdigen Bruch mit den Grundla- gen aller demokratischen Rechtsstaaten der westlichen Welt, in deren Reihen sich nach eigenem Selbstverständ- nis sicherlich auch die USA sieht, so dass sie – die inter- nationale Gemeinschaft demokratischer Staaten – ihren Beitrag dazu leisten sollte, dass dieses menschenverach- tende Lager schnellstens aufgelöst wird. Man kann es vereinfacht auch so auf den Punkt brin- gen: Wer Guantánamo kritisiert und zugleich Mitglied dieser westlichen Wertegemeinschaft ist, muss letztlich selbst einen Beitrag leisten wollen, um in seiner Kritik glaubwürdig zu bleiben. Ich darf erinnern: Bereits vor eineinhalb Jahren, im November 2008, fand ein erstes Treffen von ai und An- wälten des US-amerikanischen Center for Constitutional Rights und Innnenpolitikern aller im Bundestag vertrete- nen Fraktionen statt, bei dem die Anwälte auf die schreckliche Lage der Inhaftierten hinwiesen und im Vorfeld der Wahl von Barack Obama die Situation und Bereitschaft europäischer Staaten zur Aufnahme von ehemaligen Guantánamo-Häftlingen sondierten. Im An- schluss an dieses Treffen habe ich je ein Schreiben an den Bundesminister des Auswärtigen Amts und an den Bundesinnenminister geschrieben, in dem ich um die Aufnahme überprüfter und zu unrecht inhaftierter Häft- linge gebeten habe. In den diesbezüglich gleichlauten- den Antworten aus beiden Ministerien wurde ich darauf verwiesen, dass abzuwarten sei, was die „künftige US- Regierung nach ihrem Amtsantritt am 20. Januar 2009 unternehmen wird, um dieses Vorhaben – die Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo – umzusetzen“. Heute ist die neue US-Regierung bekanntermaßen seit über einem Jahr im Amt und Guantánamo Bay ist immer noch nicht geschlossen. Allerdings hat die US- Regierung inzwischen offiziell Deutschland um Hilfe bei der Aufnahme von ehemaligen Häftlingen gebeten, die – aus welchen Gründen auch immer – nicht in ihre Heimat zurückkönnen. Die SPD unterstützt ausdrücklich die Ankündigung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière, nunmehr nach Vorliegen entsprechender konkreter Anfragen der USA auch in Deutschland einige Gefangene aufnehmen zu wollen und somit die im Antrag von Bündnis 90/Die Grünen enthaltene Forderung an die ganze Bundesregie- rung, in eben dieser Weise tätig zu werden. Solche Herangehensweise steht in Kontinuität zur Auffassung unseres Fraktionsvorsitzenden und damali- gen Bundesaußenministers Dr. Frank-Walter Steinmeier und der SPD-Fraktion. Dagegen vorgebrachte Sicherheitsbedenken einiger CDU-Bundestagskollegen und einiger der CDU angehö- renden Länderinnenminister sind abwegig: Bei den in- frage kommenden Menschen handelt es sich ja gerade um solche, die eben nicht wegen des Verdachts terroristi- scher Aktivitäten in den Vereinigten Staaten vor Gericht gestellt werden – gegen die möglicherweise niemals wirklich konkrete Verdachtsmomente vorgelegen haben, sondern von dritter Seite gegen entsprechende „Kopfprä- mien“ an die Vereinigten Staaten „verkauft“ wurden. Allenfalls verständlich ist in diesem Zusammenhang noch die Haltung, vielmehr seien es die USA selbst so- zusagen als Verursacher, die zu einer menschenwürdigen Behandlung dieser gequälten Menschen und damit zu ih- rer Aufnahme in ihren Staat aufgerufen seien. In der Tat, die USA hätte wohl alle Veranlassung zu wahrhaft groß- herziger Wiedergutmachung. Dass dies nicht geschieht, muss man auch gegenüber unserem Verbündeten politisch scharf kritisieren. Jedenfalls darf es die internationale Völkergemeinschaft nicht hinnehmen, dass Gefangene aus Guantánamo in Heimat- und/oder Herkunftsstaaten gebracht werden, in denen ihnen aus welchen Gründen auch immer Gefahren für Leib, Leben oder ihre Freiheit drohen. Daneben gibt es aber auch noch eine ganz andere Pro- blematik zu berücksichtigen, die meines Erachtens bis- her nicht ausreichend beleuchtet wurde: Selbst in Fällen, in denen die USA ihrerseits bereit sein sollten, ehemali- gen Häftlingen die Einreise zu erlauben, ist ja wohl auch die Gefühlslage der Betroffenen zu berücksichtigen. Wem will man es verdenken, dass er sich nicht in die Obhut eben desjenigen Staates begeben will, der ihn wo- möglich jahrelang gequält und mindestens seiner Frei- heit grundlos beraubt hat? Schließlich kann man vom Opfer einer schweren Straftat schlecht verlangen, dass er nach der Tat ins Haus des Täters sozusagen zur Unter- miete einzieht. Dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist zu entnehmen, dass von den europäischen Staaten der- zeit Frankreich, Italien, Ungarn, Albanien, die Schweiz und die Slowakei der Bitte der USA nachgekommen sind und bereits ehemalige Häftlinge aufgenommen bzw. zugesagt haben, dies zu tun. Die Bundesregierung hat jahrelang verlangt, Guan- tánamo zu schließen. Wenn sie nun durch die Aufnahme einiger weniger von Sicherheitsbehörden wiederholt überprüfter ehemaliger Inhaftierter – und meinetwegen auch nach einer nochmaligen eigenständig durchgeführ- ten Überprüfung – die Schließung dieses fürchterlichen Camps beschleunigen kann, dann sollte sie nicht mehr lange zögern. Auch dies ist eine Frage der Glaubwürdig- keit. 3658 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 (A) (C) (D)(B) Ich schlage vor, aus all den vorher genannten Grün- den den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zu unter- stützen. Serkan Tören (FDP): Wie nicht anders zu erwarten, lehnen wir den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grü- nen ab. Der Antrag ist weder substanziiert, noch bietet er in- haltlich etwas Neues. Er greift in ein laufendes Prü- fungsverfahren ein, dessen Ausgang noch völlig offen ist. Da dieses Thema allerdings für die FDP besonders es- senziell ist, möchte ich ausführlich darauf eingehen. Auf dem US-amerikanischen Militärstützpunkt Guan- tánamo Bay werden von den USA bis heute circa 180 Ter- rorverdächtige unter rechtsstaatlich zweifelhaften Bedin- gungen gefangen gehalten. Aus Sicht der FDP ist die Schließung des Gefängnisses in Guantánamo ohne Zweifel überfällig. Dieses Lager hätte niemals gegründet werden dürfen. Die Obama-Administration hat mit der erklärten Ab- sicht zur Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo einen wesentlichen Politikwechsel bei der Terrorismus- bekämpfung eingeleitet, der sehr im europäischen Inte- resse liegt. Die US-Regierung hat zahlreiche Schritte un- ternommen, um Lösungen für die noch verbliebenen Häftlinge zu finden, etwa eine Freilassung oder fortge- setzte Inhaftierung im Hinblick auf Gerichtsverfahren vor zivilen Straf- oder Militärgerichten. Unsere Position als FDP-Bundestagsfraktion war und ist, dass ehemalige Guantánamo-Häftlinge zunächst von ihren Heimatländern aufgenommen werden müssen. Wenn dies nicht möglich ist, zum Beispiel wegen dro- hender Folter, dann stehen die Vereinigten Staaten in der Pflicht, das von ihnen geschaffene Unrecht zu beseiti- gen. Dazu gehört neben der Frage des Aufenthaltes auch die Beantwortung der Frage der Entschädigung der un- schuldig einsitzenden Häftlinge. Falls eine Aufnahme in den USA nicht möglich oder zumutbar ist, dann sollte sich die Bundesrepublik Deutschland einer Aufnahme nicht grundsätzlich ver- schließen. Es gibt seit Monaten intensive Gespräche zwischen dem Bundesinnenministerium und den ameri- kanischen Behörden. Wir Liberalen begrüßen ausdrück- lich, dass der Bundesinnenminister über konkrete Fälle verhandelt, die für eine Ausreise nach Deutschland in- frage kommen. Es geht hierbei ausdrücklich um „einzelfallbezogene Prüfungen“. Demnach ist zunächst zu prüfen, ob von dem betreffenden Häftling eine Gefahr für die innere Si- cherheit in Deutschland ausgeht. Falls dies nicht der Fall ist, ist zu prüfen, weshalb die jeweilige Person nicht in den Vereinigten Staaten verbleiben oder in ihr Heimat- land reisen kann. Für die FDP-Bundestagsfraktion steht fest, dass wir grundsätzliche Sicherheitsrisiken schon im Vorfeld aus- schließen wollen. Falls wir aus humanitären Gründen ehemalige Häftlinge aufnehmen, müssen alle Sicher- heitsbedenken bei jedem einzelnen Exhäftling geprüft und ausgeräumt werden. Die FDP unterstützt daher un- eingeschränkt das Vorgehen von Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière. Der Minister agiert aus unserer Sicht sehr vorsichtig und verantwortungsbewusst. Wir teilen in der christlich-liberalen Koalition die Auffassung, dass wir weder Straftäter noch potenzielle Gefährder nach Deutschland holen wollen. Es muss um diejenigen Häftlinge gehen, die selbst nach Einschät- zung der USA jahrelang unschuldig und unrechtmäßig in dem umstrittenen Lager festgehalten worden sind. Auf keinen Fall darf auf Deutschland ein nicht kalkulierbares Sicherheitsrisiko zukommen. Wir gehen davon aus, dass die amerikanische Seite dies genauso gewissenhaft und gründlich prüft, wie unser Bundesinnenminister. Gemeinsam mit unserem Koalitionspartner sind wir uns allerdings auch darüber einig, dass die Prüfung noch nicht abgeschlossen ist. Worum es letztlich auch geht, ist, ob und wie wir der USA als unserem wichtigsten Bündnispartner Hilfeleistung geben können. Daher dür- fen wir uns in dieser Frage nicht verbarrikadieren. Den Antrag der Grünen lehnen wir allerdings schon allein deshalb ab, da er mit der Aufforderung an die Bun- desregierung, solidarisch die Aufnahme von Guan- tánamo-Häftlingen zu prüfen, nichts wesentlich Neues bringt, sondern eine Tatsache beschreibt, welche zurzeit ein Prüfverfahren durchläuft. Ulla Jelpke (DIE LINKE): Die Linke plädiert ent- schieden dafür, Häftlinge aus Guantánamo aufzuneh- men. Diese Forderung richten wir schon seit langem an die Bundesregierung. Der hauptsächliche Grund hierfür ist ein humanitärer: Die Gefangenen, über die wir hier sprechen, werden keinerlei Straftat beschuldigt. Nicht einmal die USA, die bekanntlich jahrelang Foltermetho- den angewandt haben, können diesen Häftlingen auch nur die geringste Straftat anhängen. Es sind Unschul- dige, die seit Jahren illegal, in völlig unzumutbarer und unmenschlicher Haft gehalten werden, was jedem demo- kratischen Anspruch spottet. Die Frage, die sich stellt, ist natürlich: Was hat Deutschland damit zu tun? Ist das nicht ein Problem der USA, die das Folterlager ja selbst geschaffen haben und jetzt auch selbst damit zurande kommen sollen? Nein, so einfach ist es nicht. Zunächst ist da die humanitäre Seite, die ich gerade angesprochen habe. In den USA können diese Menschen schließlich nicht bleiben, das könnte ih- nen auch keiner zumuten. Die Aufnahmebereitschaft der BRD würde ihnen dagegen endlich die Freiheit bringen, und wir würden damit dem Beispiel anderer Staaten fol- gen. Es gibt aber auch eine politische Begründung: Die Bundesrepublik steckt selbst bis zum Hals im Guantánamo-Sumpf, sie hat sich selbst mitschuldig ge- macht und muss wenigstens ansatzweise Wiedergutma- chung leisten. Das ist übrigens ein Thema, über das die Grünen in ihrem Antrag wohlweislich nicht reden. Schließlich wa- ren sie selbst in jener Regierung, die den USA im Jahr 2001 „unbedingte Solidarität“ gelobt hat und sich dem Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 3659 (A) (C) (D)(B) schmutzigen Krieg gegen Afghanistan angeschlossen hat. Schließlich waren die Grünen Teil jener Regierung, die den US-Geheimdiensten beim weltweiten Entführen und Foltern geholfen hat. Ich erinnere an Murat Kurnaz aus Bremen, der vier Jahre in Guantánamo inhaftiert war, ohne dass Rot-Grün auch nur einen kleinen Finger für seine Freilassung bewegt hätte. Ich erinnere an den Ulmer Khaled el-Masri, der nach allem, was wir wissen, von den deutschen Behörden regelrecht an die CIA ver- kauft worden ist und der von den Folgen seiner Haft bis heute schwerst traumatisiert ist. Ich erinnere an den in Italien lebenden Imam Abu Omar, der von US-Diensten illegal festgenommen und über den deutschen Flughafen Ramstein verschleppt wurde. Der Sonderbeauftragte des Europarates, Dick Marty, hat in jahrelanger Kleinarbeit das globale Entführungs- netzwerk der CIA aufgedeckt und dabei auch eindeutig festgestellt, dass etliche europäische Regierungen mas- sive Beihilfe dazu geleistet haben. Auch die Bundesre- gierung hat beide Augen zugedrückt, wenn US-Flug- zeuge durch den deutschen Luftraum, über deutsche Flughäfen Menschen verschleppt haben, die ohne Haft- befehl, ohne Anklage und ohne jegliche Verteidigungs- möglichkeit nach Guantánamo und in andere Folterlager verbracht wurden. Sie hat nichts dagegen getan, stattdes- sen hat sie hinterher jeglichen Aufklärungsversuch nach Kräften vereitelt. Ich erinnere darüber hinaus daran, dass auch deutsche Geheimdienste nach Guantánamo in der Hoffnung gereist sind, aus diesen verschleppten, gefol- terten, traumatisierten Gefangenen noch Informationen herauszulocken und vom Foltersystem der USA zu pro- fitieren. An all diesen Menschenrechtsverbrechen hat sich die damalige Grünen-SPD-Regierung beteiligt, und ich finde es nahezu beschämend, dass die Grünen dazu bis heute nicht stehen wollen und sich hier als unschul- dige Lämmer darstellen. Und dann legen sie einen voll- kommen nichtssagenden Schaufensterantrag vor, in dem die Bundesregierung zu etwas aufgefordert wird, was sie ohnehin tut, nämlich Aufnahmegesuche der USA zu prü- fen. Dieser Antrag bringt uns also in der Debatte über- haupt nicht weiter! Beschämend ist auch das Gebaren vor allem der CSU, deren Vertreter sich in der bisherigen Debatte hinstellen und so tun, als ginge sie das Ganze nichts an. So etwa der bayerische Innenminister Joachim Herrmann, der vor wenigen Wochen barsch erklärte: „Nach Bayern kommt mir keiner rein.“ Hermann vertritt die Logik, die voriges Jahr auch der alte Innenminister Wolfgang Schäuble verfolgt hat: Wer in Guantánamo inhaftiert war, wird schon irgendwie Dreck am Stecken gehabt haben, sonst hätten die USA ihn ja nicht inhaftiert. – Mit dieser Logik lässt sich nun wirklich jedes Willkürregime recht- fertigen. Aus Sicht der Linksfraktion ist es also ein Akt der Wiedergutmachung, wenigstens einigen der Häft- linge eine Zukunftsperspektive in Deutschland zu bieten. Ich will allerdings ausdrücklich betonen, dass es uns hier, anders als im Grünen-Antrag formuliert, nicht um Solidarität mit den USA geht. Es geht uns einzig und al- lein um Solidarität mit den unschuldigen, widerrechtlich eingesperrten Menschen. Es geht uns darum, den Men- schenrechten wieder Geltung zu verschaffen. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Bundesrepublik Deutschland ist in der humanitären Pflicht, Gefangene aus Guantánamo aufzunehmen. Die Menschenrechte sowie die Achtung und der Respekt vor der Würde eines jeden Menschen lassen der Bundesre- publik Deutschland in dieser Frage überhaupt keine an- dere Wahl. Guantánamo ist das Kainsmal und der Schandfleck der westlichen Demokratien in ihrem Kampf um Men- schenrechte. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dies bereits im Jahre 2006 erkannt, als sie dem Spiegel sagte: Eine Institution wie Guantánamo kann und darf auf Dauer so nicht existieren. Es müssen Mittel und Wege für einen anderen Umgang mit den Gefange- nen gefunden werden. Diese Haltung verdient aktive Unterstützung. Vollkommen zu Recht sagte deshalb Bundesinnen- minister Thomas de Maizière am 8. April 2010 im ZDF- Morgenmagazin: Wenn unser wichtigster Bündnispartner uns um Hilfe bittet, dann ist das allemal eine solidarische Prüfung wert. Und genau dies fordert nun unser Antrag. Wir unter- stützen die Bundeskanzlerin und den Bundesinnenminis- ter damit gegen ihre eigene Fraktion. Denn große Teile der Union sind in der Frage, ob die Aufnahme von Häftlingen aus Guantánamo solidarisch geprüft werden solle, ganz anderer Auffassung als die Bundeskanzlerin und der Bundesinnenminister. Der Fraktionschef der Union hier im Bundestag, Volker Kauder, machte deutlich, dass die Bundestagsabgeord- neten von CDU und CSU die Pläne geschlossen ableh- nen. Der bayerische Innenminister Herrmann, CSU, sagte: „Nach Bayern kommt mir keiner rein.“ Der Vor- sitzende des Innenausschusses des Bundestages, Bosbach, CDU, äußerte, „Es muss ja Gründe geben, wa- rum diese Menschen noch inhaftiert sind, und deshalb gibt es nur zwei Möglichkeiten: Rückkehr in die Heimat- länder oder Aufnahme in den Vereinigten Staaten.“ Erika Steinbach, CDU, meint, es könne nicht sein, dass amerikanische Gerichte den Guantánamo-Häftlingen ein Bleiberecht verweigerten „und als Konsequenz daraus andere Länder Hilfestellung geben sollen“. Der sächsi- sche Ministerpräsident Tillich, CDU, sagte: „Wir sehen uns nicht in der Pflicht. Wir haben sie schließlich auch nicht gefangen genommen.“ Der niedersächsische In- nenminister Schünemann, CDU, schloss für sein Bun- desland die Aufnahme von Häftlingen ebenfalls aus. „Es hat sich gezeigt, dass freigelassene Häftlinge Straftaten begangen haben“, sagte er. Offensichtlich weiß also in der Union die linke Hand nicht, was die rechte tut. Dies wäre nicht weiter neu und auch nicht weiter bemerkenswert, wenn die Leidtragen- den dieser Querelen nicht unschuldige Menschen wären. Doch leider trägt die Union in der Guantánamo-Debatte ihre internen Streitigkeiten auf den Rücken von Gefan- genen aus, die ohne Grund und ohne Anklage seit Jahren eingesperrt sind. Das zeigt einmal mehr, dass es der 3660 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 (A) (C) (D)(B) Union an einem Kompass in der Menschenrechtspolitik fehlt. Menschenrechtspolitik ist nicht nur das Zeigen mit dem Finger auf ferne Länder und das Schwingen von Sonntagsreden. Menschenrechtspolitik bedeutet, auch die Innenpolitik und das eigene konkrete Handeln nach menschenrechtlichen Standards auszurichten. Das haben die CDU-Landesinnenminister offensichtlich vergessen. Dabei müssten sie doch nur dem Bundesinnenminister zuhören: Solidarische Prüfung bedeutet nämlich nichts weiter, als sich für unschuldige Menschen einzusetzen und damit einen Beitrag zur Stärkung der Menschen- rechte und des Völkerrechts zu leisten. Prüfung heißt auch, zu klären, welches Bundesland wie viele Häftlinge aufnimmt. Wenn es am Ende der Prüfung keine Auf- nahme gäbe, wäre dies unsolidarisch. Doch nicht nur unter humanitären Gesichtspunkten ist die Bundesrepublik Deutschland in der Pflicht, Guan- tánamo-Häftlinge aufzunehmen. Auch die transatlanti- sche Partnerschaft mit den USA gebietet eine koopera- tive Grundhaltung der Bundesrepublik Deutschland. Die Schutzbehauptung, wir hätten keine Verantwortung für die Gefangennahme der Häftlinge, ignoriert die still- schweigende Arbeitsteilung im Bündnis. Zu Beginn des Einsatzes hat Deutschland die schwierigeren Aspekte gern seinen Bündnispartnern überlassen, jetzt will die Union nicht einmal ansatzweise dabei helfen, die schlimmen Folgen zu beseitigen. Doch nur weil Deutschland im Ge- gensatz zu den USA in Afghanistan merkwürdigerweise nie Gefangene gemacht hat, sind wir an der Situation der Guantánamo-Häftlinge nicht unschuldig. Wir können nicht einfach so tun, als seien wir nie dabei gewesen. Ge- nau jetzt ist die Zeit gekommen, den USA im Rahmen unseres Bündnisses zur Seite zu stehen. Als Bundeskanzlerin Angela Merkel in der vergange- nen Woche in die USA reisen wollte, hatte sie für Präsi- dent Obama eigentlich bereits ein Geschenk in ihren Koffer gepackt: die Zusage, die Aufnahme von Häftlin- gen aus Guantánamo solidarisch prüfen zu wollen. Die- ses Geschenk musste sie infolge des unionsinternen Wirrwarrs wieder auspacken und wurde so von ihren ei- genen Leuten ohne echte Verhandlungsmöglichkeiten nach Washington D. C. geschickt. Das war die peinliche außenpolitische Auswirkung dieses Hickhacks. Das ist einer Regierungspartei absolut unwürdig und schadet dem Ansehen der Bundesrepublik Deutschland. Unsere Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen macht sich schon seit Jahren für eine Aufnahme unschuldiger Häftlinge aus Guantánamo stark. Denn für uns ist eines ganz klar: Ein Gefangenenlager, wie Guantánamo es war und heute immer noch ist, hätte in dieser Form und unter diesen Umständen bereits gar nicht eröffnet werden dür- fen. Rasch wurde der ganzen Welt klar, dass in Guan- tánamo Menschenrechte und Grundfreiheiten auf das Schlimmste verletzt werden. Das Lager besteht jedoch unter anderem weiterhin fort, weil sich auch für diejeni- gen Inhaftierten, gegen die selbst die USA keine straf- rechtlichen Vorwürfe erheben und die aus Gründen ihrer Sicherheit nicht in ihre Heimatstaaten zurückgeschickt werden können, nicht genügend Drittstaaten für ihre Aufnahme finden. Warum die Bundesrepublik hier nicht Hilfe anbietet, ist mir unbegreiflich. Viele unserer euro- päischen Partner haben es vorgemacht: Frankreich, Ita- lien, Ungarn, Albanien, Portugal, die Schweiz oder die Slowakei. Warum nicht wir? Die Unions-Kakophonie muss jetzt endlich ein Ende haben, damit die Bundesregierung ihren humanitären Verpflichtungen endlich nachkommen kann. Dazu braucht es nicht viel: Wir bitten die Koalitionsfraktionen aus CDU/CSU und FDP nur darum, einem wörtlichen Zitat des von ihnen gewählten Bundesinnenministers zu- zustimmen. Bitte stimmen Sie daher unserem Antrag zu: „Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, die Bitte der USA, Häftlinge aus Guantánamo zu übernehmen, solidarisch zu prüfen.“ Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bun- desminister des Innern: Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Barack Obama, hat von seiner Vorgängerregierung als Erbe das Gefangenlager in Guantánamo übernehmen müssen, ein Erbe, das das An- sehen der USA bis heute belastet. Präsident Obama hat am 22. Januar 2009 angeordnet, alle Insassen des Ge- fängnisses auf Guantánamo überprüfen zu lassen, um eine zeitnahe Schließung zu erreichen. Hinsichtlich der Personen, gegen die die USA strafrechtliche Vorwürfe erheben wollen, bemüht sich die US-Administration in Zusammenarbeit mit dem US-Kongress um die Schaf- fung einer eigenen Bundeshaftanstalt in Illinois (Thom- son Correctional Center). Hinsichtlich der Personen, bei denen die Überprüfung der US-Behörden keinen straf- rechtlichen Vorwurf ergeben hat (cleared for release), bittet die US-Administration befreundete Staaten um Prüfung einer Übernahme. Unter diesen Staaten befin- den sich viele Mitgliedstaaten der Europäischen Union und auch Deutschland. Auch der Rat der Europäischen Union hat sich in sei- ner Schlussfolgerung vom 4. Juni 2009 aus rechtsstaatli- chen und humanitären Erwägungen dafür ausgespro- chen, Präsident Obama bei der Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo zu unterstützen und sich in der Folge auf gemeinsame Regeln für die Aufnahme von ehemaligen Insassen geeinigt. Verschiedene euro- päische Staaten haben seitdem bereits Personen aus Guantánamo aufgenommen, bei denen die USA und die Aufnahmeländer keinen Anlass für eine strafrechtliche Verfolgung sahen. Der Guantánamo-Sondergesandte der USA hat im Dezember 2009 erneut an das Bundesministerium des Innern die Bitte gerichtet, bestimmte Personen für eine Übernahme nach Deutschland zu überprüfen. Der in- frage kommende Personenkreis wurde zunächst durch die Bundessicherheitsbehörden anhand eigener und von den US-Behörden übermittelter Erkenntnisse sowie an- hand von Informationen der Sicherheitsbehörden der EU-Mitgliedstaaten überprüft. Zudem reiste Ende März dieses Jahres eine deutsche Delegation, bestehend aus Mitarbeitern des Bundesministeriums des Innern, des Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 3661 (A) (C) (D)(B) Bundeskriminalamtes und des Bundesamtes für Migra- tion und Flüchtlinge, nach Guantánamo. Derzeit erfolgt eine Auswertung dieser Dienstreise und weiterer Sicherheitserwägungen, auf deren Grund- lage der hierfür nach dem Aufenthaltsgesetz zuständige Bundesminister des Innern seine Entscheidung treffen wird. Diese Prüfung umfasst vor allem die Auswirkun- gen auf die Sicherheitslage in Deutschland, die Abwä- gung humanitärer Aspekte sowie möglicher ausländer- rechtlicher und sicherheitsbehördlicher Begleitmaß- nahmen. Ich bitte um Verständnis, wenn die Bundes- regierung während eines laufenden Prüfverfahrens hierzu keine weiteren Einzelheiten erläutern kann. Deutschland hat bereits in der letzten Legislaturperio- de im August 2006 den türkischen Staatsangehörigen Murat K. aus Guantánamo aufgenommen. Die vormalige rot-grüne Koalition hatte sich aus Sicherheitserwägun- gen gegen eine Aufnahme von Murat K. entschieden. Erst mit der Regierungsübernahme durch Bundeskanzle- rin Merkel erfolgte eine Neubewertung, bei der am Ende humanitäre Erwägungen den entscheidenden Ausschlag gegeben haben. Die Bundesregierung bleibt, in Kontinuität mit der Vorgängerregierung, bei ihrer Haltung, die Vereinigten Staaten von Amerika bei ihren Bemühungen zur Auflö- sung des Gefangenlagers zu unterstützen. Wir wollen unseren selbst gesetzten humanitären Verpflichtungen gerecht werden, ohne dabei die Sicherheit zu vernachläs- sigen. Dies im Einzelfall umzusetzen, erfordert schwie- rige Abwägungen, die zurzeit ergebnisoffen laufen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat beantragt, der Deutsche Bundestag möge die Bundesregierung auf- fordern, die Bitte der USA, Häftlinge aus Guantánamo zu übernehmen, solidarisch prüfen. Dieser Antrag ist ab- zulehnen, weil dies – im Gegensatz zur rot-grünen Ko- alition – durch die jetzige Bundesregierung längst ge- schieht. 37. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 22. April 2010 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Kathrin Vogler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Herr Präsident, vielen Dank. – Liebe Kolleginnen

    und Kollegen! Nach so viel Humor will ich versuchen,
    wieder ein bisschen Ernst in diese Debatte zu bringen.
    Vor Ostern ist es ja laut durch den Blätterwald gerauscht:
    Der FDP-Gesundheitsminister will die Pharmakonzerne
    entmachten, hieß es. Die Branche jaulte natürlich zu-
    nächst auf. Aber der Bundesverband der Pharmazeuti-
    schen Industrie hat nur trocken kommentiert, da wolle
    der Minister die Unternehmen wohl zu etwas zwingen,
    was sie sich selbst ausgedacht haben,


    (Ulrike Flach [FDP]: Na, na!)


    weil das Verhandlungskonzept in weiten Teilen von den
    Verbänden vorgelegt worden war.


    (Heinz Lanfermann [FDP]: Ja, ja! Deswegen sind die ja auch so begeistert! – Heiterkeit bei der FDP)


    Uns als Parlament liegt das Konzept der Bundesregie-
    rung noch nicht vor. Aber nach dem, was bisher so
    durchgesickert ist, lieber Kollege Spahn, scheint es für
    uns in einigen Punkten tatsächlich zustimmungsfähig zu
    sein.


    (Jens Spahn [CDU/CSU]: Oh! – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Dann müssen wir allerdings aufpassen!)


    Das gilt insbesondere für die Kosten-Nutzen-Bewertung
    und die Orientierung an internationalen Vergleichsprei-
    sen; das steht auch in unserem Antrag. Diese Schritte
    sind alleine aber keineswegs ausreichend, um den
    Selbstbedienungsladen für die Pharmaindustrie zu
    schließen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Solange die Pharmaunternehmen selbst die Preise festle-
    gen und über die Studien entscheiden, mit denen Nutzen
    und Risiken belegt werden, so lange werden wir die Arz-
    neimittelausgaben nicht in den Griff bekommen. Ihr
    Preisstopp in Kombination mit einem zusätzlichen
    Zwangsrabatt von 10 Prozent schafft zwar kurzfristig et-
    was Luft, aber dann setzen die Hersteller zukünftig die
    Preise für neue Produkte entsprechend höher an, zumal
    Sie ihnen ja weiterhin für das erste Jahr oder für
    15 Monate gestatten wollen, diese Mondpreise zu kas-
    sieren. Außerdem – das haben wir gelernt – werden die
    Unternehmen dafür zu sorgen wissen, dass dann entspre-
    chend mehr Medikamente verordnet werden. Dem müs-
    sen wir im Interesse der Versicherten einen Riegel vor-
    schieben.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im
    Gesundheitswesen, IQWiG, hat vor zwei Jahren in einer
    Studie festgestellt, dass nirgends in Europa so viel für





    Kathrin Vogler


    (A) (C)



    (D)(B)

    Medikamente ausgegeben wird wie bei uns, gleichzeitig
    deutsche Ärzte weniger Zeit für die Patienten aufwenden
    als ihre Kollegen im Ausland. Zwischen diesen beiden
    Fakten gibt es einen Zusammenhang: Viele Patienten er-
    leben, dass sie im Wartezimmer sitzen müssen, während
    die freundliche Dame oder der freundliche Herr von der
    Pharmaindustrie dem Doktor gerade die neuesten Medi-
    kamente vorstellt. Ärzte berichten, dass dies keine Infor-
    mationsgespräche sind, sondern dass es um knallhartes
    Marketing geht. Die Erfolge dieses Marketings zahlen
    die Kassen mit jährlich steigenden Arzneimittelausga-
    ben. In Polen zum Beispiel dürfen Pharmareferenten
    nicht mehr während der Sprechstunden in die Arztpra-
    xen. Warum regeln wir das nicht ähnlich?


    (Beifall bei der LINKEN)


    Das Deutsche Ärzteblatt stellt fest, dass die Pharmain-
    dustrie in großem Stil Studien vortäuscht, manipuliert
    oder unterdrückt, um Medikamente von zweifelhafter
    Wirksamkeit und unzureichender Sicherheit an den
    Mann oder die Frau zu bringen. Die großartige Innova-
    tionskraft der forschenden Pharmaindustrie, der Sie,
    Kollege Spahn, gerade wieder das Wort geredet haben,


    (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Er hat doch recht!)


    ist in Wahrheit allzu oft eine Schimäre, die benutzt wird,
    um hohe zweistellige Umsatzrenditen zu rechtfertigen.


    (Ulrike Flach [FDP]: Na, na!)


    Wirkliche Neuerungen zum Nutzen der Patienten sind
    viel seltener, als die Lobbyisten uns glauben machen
    wollen.


    (Jens Spahn [CDU/CSU]: Aber es gibt welche, oder?)


    – Es gibt welche; aber sie sind deutlich seltener, als im-
    mer behauptet wird.

    Wenn sich, wie die FDP sagt, Leistung wieder lohnen
    soll, dann müssen die Medikamentenpreise konsequent
    am Nutzen für die Kranken festgemacht werden.


    (Jens Spahn [CDU/CSU]: Machen wir doch! – Ulrike Flach [FDP]: Machen wir doch!)


    Dafür sollten wir uns gemeinsam einsetzen.


    (Ulrike Flach [FDP]: Lesen Sie, was wir vorschlagen!)


    Die Linke fordert außerdem ein verbindliches öffentli-
    ches Register für Arzneimittelstudien.


    (Jens Spahn [CDU/CSU]: Gibt es doch schon!)


    Damit hätten wir ein Instrument, um Manipulationen in
    der Bewertung neuer Therapien entgegenzuwirken.

    Vor weniger als einem Jahr hat ein gewisser
    Dr. Philipp Rösler, damals niedersächsischer Wirt-
    schaftsminister, einen Beschluss unterzeichnet, in dem
    die Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln sehr
    kritisch gesehen und gefordert wird, die Interessen der
    pharmazeutischen Industrie nicht zu beschädigen. Erle-
    ben wir gerade einen echten Perspektivenwechsel, oder
    ist das eher Wahlkampfhilfe für Ihren Parteifreund
    Andreas Pinkwart in NRW, auch um die Mehrheit im
    Bundesrat für die schwarz-gelbe Kopfpauschale nicht zu
    verlieren?

    Eine kurze Bemerkung zu dem Antrag der SPD. Wir
    haben bei dem Beitrag des Kollegen Lauterbach eben
    gemerkt, dass er dazu wenig zu sagen hatte.


    (Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN, der CDU/CSU und der FDP)


    Der Vorwurf, die jetzige Bundesregierung sei schuld an
    den Zusatzbeiträgen etlicher Krankenkassen, wird auch
    durch Wiederholung nicht wahr.


    (Jens Spahn [CDU/CSU]: Richtig!)


    Erinnern wir uns: Zusatzbeiträge, Praxisgebühr, Sonder-
    beitrag von 0,9 Prozent, Zuzahlungen, das alles wurde in
    Ihrer Regierungszeit auf den Weg gebracht. Da können
    Sie sich nicht aus der Verantwortung stehlen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Was Ihnen jetzt zu den Arzneimittelpreisen einfällt,
    unterscheidet sich leider nur wenig von den Ideen aus
    dem Ministerium. Ihnen fehlt da wohl der Mut, die un-
    tauglichen Konzepte aus der eigenen Regierungszeit
    über Bord zu werfen und noch einmal ganz neu nachzu-
    denken.

    Deswegen lade ich Sie dazu ein, den Antrag der Lin-
    ken zu unterstützen und mitzuhelfen, dass die Bedürf-
    nisse der Patientinnen und Patienten endlich über die In-
    teressen der Aktionäre gestellt werden.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall bei der LINKEN)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

Das Wort hat jetzt der Parlamentarische Staatssekretär

Daniel Bahr.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


D
  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Daniel Bahr


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)



    Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeord-
    neten! Der Kollege Lauterbach hat den Eindruck er-
    weckt, als ob die steigenden Arzneimittelausgaben allein
    nach dem Herbst 2009 entstanden seien. Jetzt wollen wir
    uns einmal kurz daran erinnern, welche Situation die
    neue Bundesregierung, die neue Koalition im Herbst
    2009 vorgefunden hat: Die Ausgaben für Arzneimittel
    liegen mittlerweile deutlich über den Ausgaben für die
    ambulante Versorgung. Das ist in den letzten Jahren der
    Verantwortung der SPD für das Gesundheitsministerium
    entstanden.


    (Beifall bei der FDP)


    Im Herbst 2009 betrug das Defizit in der gesetzlichen
    Krankenversicherung 8 Milliarden Euro, und auch für
    2011 wird ein Milliardendefizit erwartet, das allerdings





    Parl. Staatssekretär Daniel Bahr


    (A) (C)



    (D)(B)

    noch nicht beziffert werden kann. Auch dieses Defizit ist
    in der Verantwortung der SPD für die Gesundheitspolitik
    entstanden.

    Wenn hier der Eindruck erweckt wird, die neue Bun-
    desregierung sei angesichts dieser Milliardenlasten untä-
    tig geblieben, sollte nicht in Vergessenheit geraten, dass
    der Steuerzahler eine Kraftanstrengung unternehmen
    musste, damit das Defizit von 8 Milliarden Euro auf un-
    ter 4 Milliarden Euro gedrückt werden konnte, auch um
    einen besonderen Beitrag für den Arbeitsmarkt, für die
    Sicherung von Arbeitsplätzen in Deutschland zu leisten.
    Das gerät bei der SPD immer ein bisschen in Vergessen-
    heit. Dabei ist das ein großer Beitrag, der hier zur Stabi-
    lität auch der Finanzierung im Gesundheitswesen geleis-
    tet wird.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Es kommt etwas Zweites hinzu. Die Koalition hat von
    Anfang an keinen Hehl daraus gemacht, dass wir im Ge-
    sundheitswesen natürlich auch zu Einsparungen kom-
    men und alle Beteiligten im Gesundheitswesen einen
    Beitrag dazu leisten müssen. Lieber Herr Kollege
    Lauterbach und Frau Kollegin Bender, die gleich noch
    das Wort ergreifen darf, was uns von vergangenen Re-
    gierungen aber unterscheidet, ist, dass wir nach der Bun-
    destagswahl zu Beginn der Legislaturperiode eben nicht
    als Erstes ein kurzfristiges Kostendämpfungsgesetz ma-
    chen,


    (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, ihr braucht dafür noch länger!)


    durch das kurzfristig irgendwo Geld eingespart wird und
    kurzfristig zusätzliche Instrumente eingeführt werden.

    Stattdessen sorgen wir für einen Dreiklang bei diesem
    Arzneimittelpaket: Ja, wir brauchen kurzfristig wirk-
    same Maßnahmen, aber wir brauchen sie nicht alleine,
    sondern wir brauchen auch strukturelle Maßnahmen, die
    uns helfen, die Arzneimittelausgaben zu begrenzen, und
    wir brauchen auch deregulierende Maßnahmen.

    Wir haben mittlerweile einen Instrumentenkasten von
    über 20 Instrumenten, mit denen der Arzneimittelmarkt
    reguliert werden soll, und wir stellen doch gemeinsam
    fest, dass es uns nicht gelingt, die Arzneimittelausgaben
    so zu begrenzen, dass wir auf ein vergleichbares Niveau
    wie in anderen Ländern in Europa kommen. Mittlerweile
    haben wir im Arzneimittelbereich Instrumente, die sich
    widersprechen und bei denen auch keiner mehr durch-
    blickt. Dadurch wird die Versorgung vor Ort ganz klar
    belastet. Der Arzt weiß gar nicht mehr, was er verordnen
    soll, weil er Angst hat, in Regress genommen zu werden.
    Der Patient blickt bei diesen vielen Instrumenten gar
    nicht mehr durch und hat die Sorge, dass er das Medika-
    ment, das ihm hilft, gar nicht mehr bekommt.

    Deswegen wollen wir mit diesem Paket dazu beitra-
    gen, dass wir erstens kurzfristig zu Einsparungen für die
    Beitragszahler kommen, dass wir zweitens Strukturelles
    auf den Weg bringen, um zu einer fairen Preisbildung zu
    kommen, und dass wir drittens am Ende mit weniger In-
    strumenten auskommen, die aber natürlich wirksamer
    als die bisherigen Instrumente sein müssen. Das ist das
    Ziel, das wir mit dem Arzneimittelpaket verfolgen, das
    wir vorgelegt haben.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Es sind natürlich einige Vorschläge dabei, die zum
    Teil auch in Ihren Anträgen stehen, auch wenn Sie, Herr
    Kollege Lauterbach, dazu anscheinend nicht reden, son-
    dern lieber mit anderen Debatten ablenken wollen. Ge-
    meinhin denkt man ja, dass man, wenn man als Regie-
    rung Vorschläge der Opposition aufgreift, Applaus dafür
    bekommt, aber wahrscheinlich haben Sie lieber ver-
    schwiegen, dass der eine oder andere Vorschlag von Ih-
    nen durchaus auch aufgegriffen wurde.


    (Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Ich habe es doch gesagt!)


    Schauen Sie sich einmal den kurzfristigen Bereich an.
    Mit dem erhöhten Herstellerrabatt auf 16 Prozent tragen
    wir dazu bei, dass das Niveau der Arzneimittelpreise
    dem Niveau in der Schweiz entspricht und damit kurz-
    fristig auch Einsparungen für die Beitragszahler entste-
    hen.

    Aber in einem wesentlichen Punkt unterscheiden wir
    uns: Die christlich-liberale Koalition will erreichen, dass
    es für Innovationen und neue Medikamente weiterhin ei-
    nen offenen Zugang zur Versorgung gibt. Wir wollen
    keine vierte Hürde, das heißt, wir wollen verhindern,
    dass Arzneimittel, die neu zugelassen und wirksam sind,
    erst einen aufwendigen Prozess durchlaufen müssen, bis
    sie in die Anwendung beim Patienten kommen. Wir wol-
    len, dass der offene Zugang für Innovationen erhalten
    bleibt. Das sehen wir in unseren Vorschlägen auch wei-
    terhin vor.

    Dieser offene Zugang für neue Medikamente und für
    Innovationen darf aber kein Freifahrtsschein für die ein-
    seitige Preisbildung der Pharmaunternehmen sein, son-
    dern wir wollen, dass die Pharmaunternehmen quasi in
    einer Bewährungszeit nachweisen sollen und müssen,
    dass dieses neue Medikament einen wirklichen Fort-
    schritt darstellt und dass deswegen auch ein höherer
    Preis gerechtfertigt ist. Deswegen schaffen wir mit unse-
    rem Weg der fairen Verhandlungen zwischen den Kran-
    kenkassen und den Arzneimittelherstellern eine faire
    Preisbildung, bei der berücksichtigt wird, dass wirkliche
    Innovationen auch einen entsprechenden Preis verdie-
    nen, und gleichzeitig bringen wir die Interessen der Bei-
    tragszahler und die Interessen der pharmazeutischen In-
    dustrie in Einklang.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Deswegen ist es unser Ziel, mit den Eckpunkten im
    Arzneimittelpaket dafür zu sorgen, dass den Menschen
    im Krankheitsfall die besten und wirksamsten Arznei-
    mittel zur Verfügung stehen, dass die Preise und die Ver-
    ordnung von Arzneimitteln wirtschaftlich und kostenef-
    fizient sind und dass verlässliche Rahmenbedingungen
    für Innovationen, für die Versorgung der Versicherten
    und für die Sicherung von Arbeitsplätzen entstehen.


    (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Jawohl!)






    Parl. Staatssekretär Daniel Bahr


    (A) (C)



    (D)(B)

    Darüber hinaus wollen wir dafür sorgen, dass die Wahl-
    freiheit des Patienten gewährleistet ist.

    Sie sagen: Wenn es jetzt zu Rabattverhandlungen zwi-
    schen Arzneimittelherstellern und Krankenkassen käme,
    dann würden die Arzneimittelhersteller Mondpreise
    bzw. überhöhte Preise verlangen und sich das dann ab-
    handeln lassen. – Herr Lauterbach ist immer wieder mit
    dem Beispiel des Teppichhändlers durch die Medien ge-
    laufen. Ich hatte eigentlich erwartet, dass Sie dieses aus-
    wendig gelernte Beispiel heute wieder vortragen, aber
    wahrscheinlich reichte die Zeit nicht mehr. Ich wundere
    mich nun, weil die SPD diese Verhandlungen im Rah-
    men der Rabattverträge bei Generika einmal selbst mit
    eingeführt hat. Dabei haben wir festgestellt, dass Ver-
    handlungen zwischen Krankenkassen und Arzneimittel-
    herstellern zu Einsparungen für die Beitragszahler füh-
    ren. Weil es aber nicht nur einseitig um Preisdrücken
    geht, wollen wir auch dafür sorgen, dass es einen fairen
    Rahmen für Arzneimittelhersteller und Krankenkassen
    gibt. Der beste Rahmen, der faire Bedingungen für Ver-
    handlungen gewährleistet, ist das Wettbewerbs- und
    Kartellrecht. Das wollen wir auch im Arzneimittelbe-
    reich bei den Verhandlungen zwischen Krankenkassen
    und Arzneimittelherstellern vorrangig anwenden, weil
    wir faire Bedingungen für Krankenkassen und Arznei-
    mittelhersteller wollen.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Aber wir wollen auch Wahlfreiheit für die Versicher-
    ten gewährleisten. Sie haben die Rabattverträge ange-
    sprochen. Ich habe in der Praxis, zum Beispiel in der
    Apotheke oder in vielen Gesprächen, erlebt, dass das
    Verständnis und die Akzeptanz der Bürgerinnen und
    Bürger groß sind. Sie finden es gut, wenn die Preisver-
    antwortung nicht länger beim verordnenden Arzt, son-
    dern bei den Krankenkassen und Arzneimittelherstellern
    liegt und wenn Krankenkassen in Verhandlungen mit
    Arzneimittelherstellern günstigere Preise heraushandeln,
    wovon sie als Beitragszahler profitieren. Wenn ein Pa-
    tient bereit ist, die Differenz für ein teureres Arzneimit-
    tel zu zahlen, weil ihm dieses Mittel lieber ist – aus wel-
    chen Gründen auch immer; es können ganz individuelle
    Gründe sein, etwa weil man es angenehmer findet oder
    besser verträgt –, dann wollen wir ihm die Möglichkeit
    bieten, mit einer Aufzahlung dieses Medikament zu be-
    kommen statt jenes, das die Krankenkasse mit dem Her-
    steller in einem Rabattvertrag ausgehandelt hat. Das
    trägt dazu bei, dass die Akzeptanz bei Einsparungen im
    Arzneimittelbereich auch bei den Patienten und Bei-
    tragszahlern erhöht wird. Deswegen wollen wir eine
    Mehrkostenregelung einführen.


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)