Sie möchten eine Zwischenfrage auch jetzt nicht zu-
lassen?
Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Fami-
lie, Senioren, Frauen und Jugend:
Neue Wege sind gefragt, um auf die Bedürfnisse von
Kindern, von Eltern und vor allen Dingen auch von älte-
ren Menschen reagieren zu können. Die Familien-Pfle-
gezeit, für die ich mich einsetze, ist ein solcher neuer
Weg. Ich möchte den Menschen damit Zeit für Verant-
wortung geben.
Wir wissen, dass kranke und ältere Menschen so
lange wie möglich zu Hause bei der Familie bleiben
möchten.
Wir wissen, dass die Zahl der Pflegebedürftigen demo-
grafiebedingt rasant ansteigen wird. Wir wissen, dass
viele Menschen ihre betagten Angehörigen aus Verant-
wortung, aber vor allen Dingen auch aus Liebe zu Hause
pflegen. Wir wissen, dass diese Menschen dabei ein gro-
ßes Opfer bringen und dabei oft auch die Grenzen ihrer
Belastbarkeit überschreiten. Wir wissen auch, dass die
meisten dieser Menschen berufstätig sind, dass sie ihr
Einkommen brauchen und dass es mit Mitte/Ende Fünf-
zig ein sicherer Weg in die Arbeitslosigkeit wäre, länger
oder ganz aus dem Beruf auszusteigen.
Weil wir all das wissen, dürfen wir die Menschen, die
diese Doppelbelastung schultern, nicht alleinlassen.
Menschen, die ihr Leben lang viel gearbeitet haben, ver-
dienen einen würdigen Lebensabend, und Menschen, die
ihnen diesen würdigen Lebensabend schenken, verdie-
nen unsere Unterstützung.
Deshalb hoffe ich auch auf Ihre Unterstützung und
Ihre konstruktive Kritik, wenn ich diesen Vorschlag in
die parlamentarischen Gremien einbringen werde, und
ich hoffe, dass nicht nur solche Vorwürfe geäußert wer-
den, wonach dem ein veraltetes Familienbild oder ein
veraltetes Frauenbild zugrunde liegt; denn ich sage Ih-
nen eines: Diese Menschen, die zu Hause ihre Angehöri-
gen pflegen, brauchen unsere Unterstützung, aber bitte
nicht den anmaßenden Vorwurf, sie hätten ein veraltetes
Familienbild oder ein veraltetes Frauenbild.
Es stimmt: Durch die Familien-Pflegezeit wird mehr
Flexibilität von uns allen und insbesondere auch von den
Arbeitgebern verlangt. Ich denke aber, dass die Unter-
nehmen ein Interesse daran haben, nicht auf dem Höhe-
punkt des Fachkräftemangels auf ihre erfahrensten Mit-
arbeiter verzichten zu müssen.
Mit der Familien-Pflegezeit gewinnen wir auf jeden
Fall Zeit für Verantwortung. Damit tragen wir den unter-
schiedlichsten Bedürfnissen, die ich gerade aufgezählt
habe, Rechnung. Diese Bedürfnisse werden wir mit Geld
allein nie erfüllen können.
Ich finde, gerade auch in einer Haushaltsdebatte kön-
nen wir auch von der Opposition erwarten – das gehört
zur Ehrlichkeit dazu –, dass sie ehrlich sagt, dass wir
nicht alle Probleme mit Geld werden lösen können. Das
erwarte ich gerade von einer Opposition, die in dieser
Woche so wortreich einen konsequenten Sparkurs ange-
mahnt hat.
Der Austausch mit denjenigen, die von der Familien-
Pflegezeit unmittelbar betroffen sind, ist mir sehr wich-
tig. Das gilt auch bei anderen Themen. Denn ich glaube,
dass wir in der Gesellschaftspolitik nur dann etwas be-
wegen können, wenn wir den Dialog mit allen relevan-
ten gesellschaftlichen Gruppen suchen. Angesichts der
schockierenden Fälle von Kindesmissbrauch habe ich
mich deswegen dafür eingesetzt, dass wir ein Gespräch
mit Vertretern aller Institutionen führen, denen wir un-
sere Kinder anvertrauen. Meines Erachtens können wir
nur so ein wirksames Konzept für die Zukunft entwi-
ckeln.
Vielleicht sollte man aufgrund des Verlaufs dieser De-
batte Folgendes sagen: Ob es um wirksamen Kinder-
schutz, um Pflege oder um gesellschaftliches Engage-
ment geht: Neue Wege finden wir nur dann, wenn viele
danach suchen. Neue Wege finden wir nicht, wenn einer
sucht und die anderen damit beschäftigt sind, Barrieren
aufzubauen. Deshalb sollten gerade wir Familienpoliti-
ker mit unserem vergleichsweise kleinen Etat, mit dem
wir auf eine Vielfalt von gesellschaftlichen Problemen
reagieren müssen, offen sein für einen konstruktiven und
sachlichen Austausch und eine konstruktive, sachliche
sowie vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Herzlichen Dank.