Rede von
Michael
Grosse-Brömer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Lieber Herr Kollege Montag, mir ist diese Begrün-
dung immer noch zu einfach. Diese Opfer schämen sich
nicht, weil sie nicht mit Sexualität umgehen können,
sondern sie schämen sich, weil sie Opfer eines massiven
kriminellen bzw. sexuellen Übergriffs wurden. Auch
nach Ihren Erklärungen, die ein bisschen umfangreicher
waren als das, was Sie geschrieben haben – der Satz al-
leine klingt ja ein bisschen anders –, bin ich der Auffas-
sung, dass es sehr mutig ist, der Gesellschaft mit Verweis
auf eine bestimmte Moralvorstellung die Schuld daran
zu geben, dass sich Opfer nicht eher offenbaren.
Ich glaube, wer Opfer einer Straftat wird – es muss
sich dabei nicht unbedingt um eine Straftat mit sexuel-
lem Hintergrund handeln, sondern es kann sich auch um
einen Überfall handeln –, hat manchmal ein Problem da-
mit, sich zu offenbaren, weil er dann die genauen Um-
stände und den Ablauf schildern muss. Das Problem ist,
dass sich nicht nur Opfer sexueller Straftaten, sondern
auch Opfer anderer Straftaten nicht offenbaren; dafür
gibt es Beispiele.
Ich glaube, dass es wichtig ist, im Strafrecht die Ei-
genverantwortung des Täters zu betonen. Wer Kinder
belästigt oder sexuell missbraucht hat, darf sich nicht
vom Acker machen, indem er sagt: Diese Gesellschaft
hat mir gar keine andere Möglichkeit gelassen. – Das
lasse ich als Entschuldigung nicht gelten.