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ID1703110000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/31 2010 (Haushaltsgesetz 2010) (Drucksachen 17/200, 17/201) . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung des Haushaltsaus- schusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2009 bis 2013 (Drucksachen 16/13601, 17/626) . . . . . . . 13 Einzelplan 10 Bundesministerium für Ernährung, Land- wirtschaft und Verbraucherschutz (Drucksachen 17/610, 17/623) . . . . . . . . . Rolf Schwanitz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Georg Schirmbeck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . 14 Einzelplan 06 Bundesministerium des Innern (Drucksachen 17/606, 17/623) . . . . . . . . . Dr. Peter Danckert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Herrmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2833 B 2833 C 2833 D 2834 A 2835 B 2837 D 2856 B 2856 C 2857 D 2859 B 2860 B 2862 B 2864 C 2865 C Deutscher B Stenografisc 31. Sit Berlin, Donnerstag, I n h a Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Dr. Claudia Winterstein . . . . . . . . . . . Wahl der Abgeordneten Petra Pau zum Mit- glied des Gemeinsamen Ausschusses nach Art. 53 a des Grundgesetzes und der Abge- ordneten Kersten Steinke zum stellvertreten- den Mitglied des Gemeinsamen Ausschusses nach Art. 53 a des Grundgesetzes . . . . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . Tagesordnungspunkt I (Fortsetzung): a) Zweite Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2833 A 2833 B 2833 B Heinz-Peter Haustein (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2839 B 2840 B undestag her Bericht zung den 18. März 2010 l t : Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Bleser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . Georg Schirmbeck (CDU/CSU) . . . . . . . . Dr. Erik Schweickert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU) . . . . . 2841 D 2844 B 2845 D 2847 A 2848 A 2849 B 2851 B 2852 D 2853 C 2854 C Dr. Peter Danckert (SPD) . . . . . . . . . . . . Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Norbert Barthle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2866 A 2867 D 2868 D II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. März 2010 Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD) . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD) . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 15 a) Einzelplan 07 Bundesministerium der Justiz (Drucksachen 17/607, 17/623) . . . . . . in Verbindung mit 15 b) Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht (Drucksachen 17/623, 17/624) . . . . . . Ewald Schurer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Nešković (DIE LINKE) . . . . . . . . . Alexander Funk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) . . . . . . Wolfgang Nešković (DIE LINKE) . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) . . . . . . Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Florian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . 2869 C 2870 A 0000 A2871 C 2872 A 2872 C 2873 C 2874 D 2876 A 2877 B 2878 D 2880 C 2880 C 2880 D 2882 C 2884 B 2886 B 2887 B 2888 B 2889 A 2891 A 2891 B 2892 C 2894 A 2894 D 2895 B 2895 C 2897 C 2899 A 2899 C Raju Sharma (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . 16 Einzelplan 17 Bundesministerium für Familie, Senio- ren, Frauen und Jugend (Drucksachen 17/616, 17/623) . . . . . . . . . Rolf Schwanitz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Mattfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Steffen Bockhahn (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Florian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sönke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Miriam Gruß (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heidrun Dittrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Miriam Gruß (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Jarzombek (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Caren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Einzelplan 30 Bundesministerium für Bildung und For- schung (Drucksachen 17/620, 17/623) . . . . . . . . . Klaus Hagemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Klaus Hagemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Ulrike Flach (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Hagemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2900 C 2901 A 2902 C 2902 D 2904 D 2907 A 2908 B 2910 A 2911 C 2914 A 2914 B 2914 C 2915 D 2917 B 2918 B 2919 D 2920 C 2921 D 2923 B 2924 C 2924 D 2926 D 2928 B 2928 C 2930 A 2930 C 2931 A 2932 A 2933 B 2934 A 2935 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. März 2010 III Dagmar Ziegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) . . . . Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 2938 A 2939 B 2940 C 2942 A 2943 C 2945 A 2946 B 2947 D 2949 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. März 2010 2833 (A) (C) (D)(B) 31. Sit Berlin, Donnerstag, Beginn: 9
  • folderAnlagen
    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. März 2010 2949 (A) (C) (D)(B) Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Barchmann, Heinz- Joachim SPD 18.03.2010 Burchardt, Ulla SPD 18.03.2010 Cramon-Taubadel, Viola von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18.03.2010 Götz, Peter CDU/CSU 18.03.2010 Kramme, Anette SPD 18.03.2010 Liebing, Ingbert CDU/CSU 18.03.2010 Möller, Kornelia DIE LINKE 18.03.2010 Pflug, Johannes SPD 18.03.2010 Rief, Josef CDU/CSU 18.03.2010 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 18.03.2010 Gohlke, Nicole DIE LINKE 18.03.2010 Golze, Diana DIE LINKE 18.03.2010 Granold, Ute CDU/CSU 18.03.2010 Heinen-Esser, Ursula CDU/CSU 18.03.2010 Hempelmann, Rolf SPD 18.03.2010 Hörster, Joachim CDU/CSU 18.03.2010* Hoff, Elke FDP 18.03.2010 Hoppe, Thilo BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18.03.2010 Koch, Harald DIE LINKE 18.03.2010 * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates Roth (Esslingen), Karin SPD 18.03.2010 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18.03.2010 Dr. Scheer, Hermann SPD 18.03.2010 Senger-Schäfer, Kathrin DIE LINKE 18.03.2010 Dr. Steffel, Frank CDU/CSU 18.03.2010 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18.03.2010 Werner, Katrin DIE LINKE 18.03.2010 31. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 18. März 2010 Inhalt: Redetext Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()


    Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

    Kollegen! Sehr verehrte Ministerin! Das waren zum
    Schluss optimistische Worte. Ich bin gespannt, was da-
    bei herauskommt.


    (Michael Groschek [SPD]: Wollen wir wetten?)


    Der Philosoph Ernst Bloch prägte einst das Bild vom
    aufrechten Gang: Ihn zu lernen, sei schwer, aber mög-
    lich. Zwei Lasten verwehren es den Menschen, aufrecht
    zu gehen. Auf ihren seelischen Schultern lasten Un-
    gleichheit und Unfreiheit. Auf der einen Schulter lasten
    soziale Not und Verelendung, auf der anderen Schulter
    staatliche Bevormundung und Entrechtung. Aufrecht
    wollte Bloch uns sehen. Doch wirklich aufrecht geht der
    Mensch nur als Freier unter Gleichen.

    Freiheit und Gleichheit sind die tragenden Prinzipien
    unseres Grundgesetzes. Politik, insbesondere die Rechts-
    politik, bewegt sich innerhalb dieser Grenzen. Der
    Rechtsstaat und die Freiheitsrechte des Grundgesetzes
    sollen es jedermann ermöglichen, sich gegen staatliche
    Entrechtung zur Wehr zu setzen. Die Grundrechte als
    Freiheitsrechte sind Abwehrrechte gegen den Staat. Sie
    stellen institutionalisiertes Misstrauen gegen einen un-
    vernünftigen Staat dar.

    Das Sozialstaatsprinzip hingegen verpflichtet den
    Staat zum sozialen Ausgleich und zur Schaffung einer
    gerechten Sozialordnung, oder – um es mit den Worten
    von Heribert Prantl auszudrücken –: Der Sozialstaat ist
    mehr als der liberale Rechtsstaat, er ist der Handausstre-
    cker für die, die eine helfende Hand benötigen.

    (Beifall bei der LINKEN – Michael GrosseBrömer [CDU/CSU]: Von Bloch zu Prantl ist ein starker Schritt!)


    Im über 60 Jahre alten Verfassungstext schlummert
    eine unverwirklichte Utopie: der soziale Rechtsstaat. Er
    ist ein gutes Wegstück auf der Reise in eine humane Ge-
    sellschaft. Diesen Weg müssen wir beschreiten, wenn
    wir uns beim Gang in die Zukunft aufrichten wollen.

    Doch die neoliberale Politik der letzten zwei Jahr-
    zehnte hat die Utopie unserer Verfassung missachtet.


    (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber wir gehen trotzdem aufrecht!)


    Sie hat die Lasten auf den Schultern der Menschen ver-
    mehrt. Sie lässt zu, dass sich die Schere zwischen Reich
    und Arm täglich vergrößert. Freiheit hält sie für Wirt-
    schaftsliberalismus. Gleichheit ist für sie ein Fremdwort.
    Die neoliberale Politik hat mit den technischen Mitteln
    der Informationsgesellschaft – das war die vorherige
    Diskussion – begonnen, einen Überwachungsstaat zu er-
    richten, der den Bürger mit immer neuen Unfreiheiten
    beschwert. Am ferneren Ende dieses Weges dieser neoli-
    beralen Politik werden wir eine andere Gesellschaft ha-
    ben. In ihr werden Armut und Wut der Gebückten für so-
    ziale Kämpfe sorgen. Wir werden sehen, ob dann die
    Instrumente des Überwachungsstaates genutzt werden,
    um den sozialen Protest der Menschen zu unterbinden.

    All das ist nicht die Vision des Grundgesetzes. Die
    Vision des Grundgesetzes besteht darin, die Ideale von
    Freiheit und Gleichheit miteinander zu vereinen; denn es
    gibt keine wirkliche Freihheit ohne Gleichheit. Die
    Linke – Sie werden das verstehen – hält es da mit Rosa
    Luxemburg: Freiheit ohne Gleichheit ist Ausbeutung.
    Gleichheit ohne Freiheit ist Unterdrückung.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Wenn Sie das aufregt, dann lesen Sie doch Urheber des-
    selben Gedankens. Sie müssen nicht Rosa Luxemburg
    glauben,


    (Zuruf von der CDU/CSU: Tun wir auch nicht!)


    Sie müssen auch nicht Ernst Bloch verstehen; Sie brau-
    chen nur die Texte des Verfassungsgerichtes zu lesen.


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Gott sei Dank! – Caren Lay [DIE LINKE]: Die können ja nicht lesen!)


    Am 17. August 1956 formulierten die Richter des
    Bundesverfassungsgerichts:

    Die freiheitliche Demokratie ist von der Auffassung
    durchdrungen, daß es gelingen könne, Freiheit und
    Gleichheit der Bürger trotz der nicht zu übersehen-
    den Spannungen zwischen diesen beiden Werten
    allmählich zu immer größerer Wirksamkeit zu ent-
    falten

    – jetzt kommt es –

    und bis zum überhaupt erreichbaren Optimum zu
    steigern.





    Wolfgang Neškoviæ


    (A) (C)



    (D)(B)


    Wolfgang Nešković
    So wörtlich das Bundesverfassungsgericht. Das ist der
    Auftrag unseres Grundgesetzes. Das haben uns die Ver-
    fassungshüter in unser politisches Stammbuch geschrie-
    ben.

    54 Jahre später hält Herr Westerwelle die Umsetzung
    dieses Auftrages für spätrömische Dekadenz. Herr
    Westerwelle vergleicht – das ist ein unglaublicher Zynis-
    mus – die Lebenswirklichkeit von Hartz-IV-Empfängern
    mit der Dekadenz der römischen Oberschicht in der Spät-
    antike.


    (Florian Toncar [FDP]: Das hat er nicht gesagt!)


    Spätrömische Dekadenz existiert in diesem Land, für-
    wahr. Nie zuvor gab es in der Bundesrepublik so viel
    Reichtum in den Händen weniger, Reichtum, der nutzlos
    an den Börsen dieser Welt verzockt wird, zulasten der
    Allgemeinheit. Wenn Herr Westerwelle also wissen will,
    wie die Dekadenz der römischen Oberschicht in etwa
    ausgesehen haben mag, dann sollte er das Lebensumfeld
    einiger Menschen untersuchen, die seiner Partei ständig
    Großspenden zukommen lassen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Seine von historischer Ahnungslosigkeit geleitete
    Aufregung hatte allerdings Gründe. Sein aggressiver Ei-
    fer wurde durch die Entscheidung des Bundesverfas-
    sungsgerichts zu Hartz IV entfacht. Wieder hatte das Ge-
    richt über den Wert der Gleichheit in unserer
    Gesellschaft zu entscheiden. Am 9. Februar 2010 stellte
    es fest, dass die Berechnung der Hartz-IV-Regelsätze
    gegen den vornehmsten Artikel unseres Grundgesetzes
    und gegen eines seiner tragenden und unveränderlichen
    Prinzipien verstößt: gegen die Menschenwürde und ge-
    gen das Sozialstaatsprinzip. Das Bundesverfassungsge-
    richt legte fest, dass ein einklagbarer Anspruch auf
    Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzmini-
    mums besteht. Dieser Anspruch ist laut Bundesverfas-
    sungsgericht unverfügbar, also nicht kürzbar, und muss
    stets gewährleistet sein. Das war eine kleine juristische
    Revolution im Namen der Gleichheit.

    Wir benötigen jedoch größere juristische Revolutio-
    nen, um endlich den aufrechten Gang im Bloch’schen
    Sinne zu erlernen; denn die Vision des Grundgesetzes
    scheitert daran, dass die Mehrheit in diesem Hause sich
    dieser Vision in trotziger Uneinsichtigkeit verschließt.
    Sie übersieht den sozialen Gehalt unserer Verfassung.
    Dieser Ignoranz muss auch ohne Hilfe des Bundesver-
    fassungsgerichts begegnet werden. Deswegen benötigen
    wir Texte im Grundgesetz, die das Sozialstaatsprinzip
    präzisieren. Wir benötigen auch konkrete soziale Grund-
    sätze.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Wir benötigen zum Beispiel Formulierungen wie diese:

    Arbeit ist die Quelle des Volkswohlstandes und
    steht unter dem besonderen Schutz des Staates.


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Karl Marx?)

    – Sie werden sich gleich noch wundern, Herr Grosse-
    Brömer.

    Ich fahre fort:

    Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dient dem
    Gemeinwohl, insbesondere der Gewährleistung ei-
    nes menschenwürdigen Daseins für alle


    (Zurufe von der CDU/CSU)


    – ich wundere mich, dass Sie so empört sind, wenn es
    darum geht, dass es allen gut gehen soll –

    und der allmählichen Erhöhung der Lebenshaltung
    aller Volksschichten.

    Ich betone: aller Volksschichten. Weiter heißt es – das
    geht an die Adresse der Damen und Herren von der FDP –:

    Kapitalbildung ist nicht Selbstzweck, sondern Mit-
    tel zur Entfaltung der Volkswirtschaft.

    Das Geld- und Kreditwesen dient der Werteschaf-
    fung und der Befriedigung der Bedürfnisse aller
    Bewohner.

    Jetzt müssten Sie alle eigentlich klatschen, besonders
    die Kolleginnen und Kollegen aus Bayern; denn es han-
    delt sich um Zitate aus der aktuellen bayerischen Ver-
    fassung. Das muss man zur Kenntnis nehmen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    In dieser Verfassung steht nichts davon, dass das Geld
    und der Geldkreislauf den Bedürfnissen einiger weniger
    dienen sollen. Es ist also nicht richtig, dass Herr
    Ackermann schon wieder 10 Millionen Euro einsacken
    darf, während andere Menschen in diesem Staat um ihr
    Geld betteln müssen. Die bayerische Verfassung enthält
    in der Tat Vorstellungen für eine humanere Gesellschaft.
    Sie enthält die Utopie, von der man auch in Bayern weit
    entfernt ist. Das heißt jedoch nicht, dass man sich von
    dieser Utopie verabschieden sollte. Die Linke jedenfalls
    wird sich von dieser Utopie, in der es darum geht, Frei-
    heit und Gleichheit miteinander zu verbinden, nicht ver-
    abschieden. Das ist im Bloch’schen Sinne der Weg zum
    aufrechten Gang der Menschen. Das ist genau der Weg
    und der Auftrag, den das Bundesverfassungsgericht be-
    schrieben hat.

    Diesen Weg beschreitet die gegenwärtige Koalition
    nicht. Sie hat Angst, die Banken an den Kosten der Ret-
    tungspakete zu beteiligen. Sie zaudert und geizt bei den
    sozialen Ausgaben. Sie lehnt einen flächendeckenden
    Mindestlohn ab. Sie befürwortet damit die Ausbeutung
    der Menschen. Sie hat im Koalitionsvertrag Vorstellun-
    gen zum Mietrecht offenbart, die den sozialen Zorn von
    Millionen Menschen in unserem Land schüren werden.
    Die Kündigungsfristen im Mietrecht zulasten der Mieter
    zu verkürzen und die Mieter auch noch an energetischen
    Sanierungsmaßnahmen zu beteiligen, sind Ausdruck ei-
    ner Klientelpolitik. Das ist die Politik des kalten Her-
    zens.

    Die Koalition hat auch vor, das moderne Jugendstraf-
    recht von seinem Erziehungsgedanken zu entfernen.
    Hier sollen wieder die deutschen Stammtische die Ober-





    Wolfgang Neškoviæ


    (A) (C)



    (D)(B)


    Wolfgang Nešković
    hand erhalten. Herr Koch lässt grüßen. Wir halten daran
    fest: Bei Jugendlichen geht Erziehung vor Strafe.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Diese Koalition steht trotz der von mir sehr geschätzten
    Justizministerin weiterhin für eine freiheitsbedrohende
    Sicherheitspolitik.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Diese Politik ist für die Menschen in unserem Lande ein
    Debakel. Das liegt schon an den politischen Grundvor-
    stellungen, die beide Parteien in die Regierung einbrin-
    gen. Die CDU/CSU ist mit ihrer Sicherheitspolitik kein
    Freund der Freiheit. Bei ihr gilt immer noch der Grund-
    satz: Im Zweifel für die Sicherheit und nicht für die Frei-
    heit. Die FDP dagegen ist kein Freund der Gleichheit.
    Sie ist eher ihr Feind. Diese beiden Partner treffen nun in
    einer Wunschehe aufeinander. Die FDP trifft dort einen
    Partner, der kein Freund der Freiheit ist. Die CDU/CSU
    trifft einen Partner, der ein Feind der Gleichheit ist. Die
    Folgen für die Menschen sind bitter. Diese Koalition ist
    eine Koalition aus Unfreiheit und Ungleichheit.


    (Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)


    Sie bringt den Menschen den gebückten Gang, nicht den
    aufrechten Gang.


    (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Wie lange darf der noch reden?)


    Sie führt uns weg vom Auftrag des Grundgesetzes, und
    sie entfernt uns von der humanen Utopie unserer Verfas-
    sung – hoffentlich nur für knappe vier Jahre. Ich halte es
    da mit der Hoffnung. Das war das Lieblingswort von
    Ernst Bloch.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der LINKEN)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Das Wort hat nun Kollege Alexander Funk für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



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    Rede von Alexander Funk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

    und Herren! Nach diesen philosophischen, absurden und
    utopischen Ausführungen komme ich wieder zu der
    Haushaltsberatung zurück.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Ich möchte mit einem Dank für die konstruktive Zu-
    sammenarbeit bei der Erstellung des Justizetats beginnen,
    der nicht spektakulär, aber deshalb nicht minder wichtig
    ist. Wir haben in drei Sparrunden das vorgegebene Spar-
    ziel erreicht. Das Ministerium selbst hat Vorschläge erar-
    beitet, der Regierungsentwurf enthielt weitere Sparvor-
    schläge, und in der Bereinigungssitzung haben wir
    weitere Ressourcen erschlossen. Mit anderen Worten:
    Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Die Ausgaben
    sind im Vergleich zum Jahr 2009 um 2,23 Prozent gesun-
    ken, was bei einem klassischen Verwaltungshaushalt mit
    hohen Personalkosten, die allein 78 Prozent der Ausga-
    ben ausmachen, nicht ganz einfach ist; denn die Zahlung
    von Gehältern und Löhnen können wir schlecht auf das
    nächste Jahr verschieben.

    Herr Schurer, Sie haben einen Punkt aus dem Etat he-
    rausgegriffen, nämlich den Fonds für Opfer extremisti-
    scher Gewalt, der um 700 000 Euro ansteigt und einen
    Betrag von 1 Million Euro beinhaltet. Ich gebe Ihnen
    recht, dass es nicht darum geht, die Opfer rechter Gewalt
    gegen die Opfer linker Gewalt auszuspielen. Genau des-
    halb haben wir diesen Fonds nun für die Opfer jeglicher
    extremistischer Gewalt umgewidmet; denn für das Opfer
    macht es sicherlich keinen Unterschied, ob es von einem
    Baseballschläger eines Rechten oder von einem Molotow-
    cocktail eines Linken verletzt wurde. Dem haben wir
    Rechnung getragen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Christoph Strässer [SPD]: Darum geht es doch gar nicht!)


    Die vergangenen Wochen haben jedem, auch wenn er
    sonst mit dem Justizwesen wenig zu tun hat, klarge-
    macht, wie wichtig Rechtsetzung und Rechtsprechung in
    einer Demokratie sind. Seit der ersten Lesung des Haus-
    haltsplans gibt es einige Beispiele dafür, wie Rechtspre-
    chung Medien und Menschen bewegt. Heftig gestritten
    wurde und wird über die zukünftige Aufgabenwahrneh-
    mung nach dem SGB II. Die Diskussion ist das Ergebnis
    einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
    und wird nach unseren Vorstellungen in eine Änderung
    des Grundgesetzes münden. Das höchste deutsche Ge-
    richt hat mit seiner Entscheidung zur Höhe des Regelsat-
    zes für Hartz IV neue Maßstäbe gesetzt, die wir nun um-
    setzen müssen. Ich warne aber vor einem populistischen
    Schnellschuss, der nur auf die Landtagswahlen in Nord-
    rhein-Westfalen ausgerichtet ist. Wenn die SPD nun ih-
    ren Ausstieg aus den Arbeitsmarktreformen verkündet,
    dann tut sie das mit haltlosen und nicht finanzierbaren
    Versprechen. Nicht jeder Zweck heiligt die Mittel. Dass
    die SPD von den Linken getrieben wird, ist unüberseh-
    bar. Nur frage ich mich in diesem Zusammenhang, wie
    es um das Seelenleben von Frank-Walter Steinmeier be-
    stellt ist, einem der Väter von Hartz IV. Der frühere
    SPD-Popbeauftragte Gabriel demontiert mit einer atem-
    beraubenden Radikalität sein Lebenswerk. Die einzige
    Reaktion des Oppositionsführers ist eine neue Brille.
    Sein Sichtfeld mag sich damit verändern, vielleicht so-
    gar verengen; aber für seriöse Politik ist das zu wenig.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Wir brauchen erst einmal die erforderlichen Daten des
    Statistischen Bundesamts, dann können wir vernünftiger-
    weise die Regelsätze für Hartz IV berechnen und einen
    Gesetzentwurf vorlegen, der den betroffenen Menschen
    gerecht wird und den Vorgaben des Verfassungsgerichts
    entspricht. Schließlich müssen wir uns mit der sogenann-
    ten Vorratsdatenspeicherung befassen, nachdem Karls-
    ruhe das entsprechende Gesetz für null und nichtig erklärt
    hat.





    Alexander Funk


    (A) (C)



    (D)(B)

    In diesem Zusammenhang stellt sich aber nicht nur
    die Frage, welche Daten der Staat sammelt, sondern es
    geht auch darum, wie ernst es die Bürgerinnen und Bür-
    ger und vor allem bestimmte Unternehmen mit der infor-
    mationellen Selbstbestimmung nehmen. Der scheidende
    Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen
    Papier, hat gesagt:

    Wir stellen nicht erst seit gestern fest, dass dem
    Grundrecht auf Datenschutz nicht nur von staatli-
    cher, sondern auch von privater Seite Gefahren dro-
    hen.

    Er meinte damit die Daten privater Unternehmen, die
    ihre Beschäftigten ausspähen. Ebenso leichtfertig gehen
    aber diejenigen mit ihren persönlichen Daten um, die
    ihre Brieftaschen voller Bonuskarten haben; denn bei je-
    dem Einkauf hinterlassen sie Spuren. Anschließend be-
    schweren sie sich über die vermeintliche Datensammel-
    wut des Staates. Diese Koalition muss sehr besonnen die
    Schutz- und die Freiheitsrechte der Bevölkerung abwä-
    gen, bevor ein neuer Anlauf zur Vorratsdatenspeicherung
    unternommen wird.

    Ausdrücklich begrüße ich den Vorschlag von Innen-
    minister de Maizière, einen Datenbrief einzuführen. Da-
    nach sollen Unternehmen ihren Kunden einmal jährlich
    Auskunft über die gesammelten Daten geben. Wer seine
    Daten schützen will, muss wissen, welche Daten über
    ihn kursieren; hier gebe ich dem Innenminister aus-
    drücklich recht. Den Hinweis auf Kosten für die Unter-
    nehmen kann ich in diesem Zusammenhang nicht gelten
    lassen. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung
    ist allemal das höhere Gut.


    (Gisela Piltz [FDP]: Dann sagen Sie mir doch bitte mal, was Sie dagegen tun!)