Rede von
Anton
Schaaf
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Norma-
lerweise geht man davon aus, dass mit zunehmendem
Lebensalter Erkenntnisgewinne einhergehen. Ein Er-
kenntnisgewinn beim Thema Mindestlohn war bei den
Rednerinnen und Rednern der Koalition, insbesondere
jenen der CDU, überhaupt nicht feststellbar. Ich glaube,
in diesem Sinne hat Frau Pothmer von Jungspunden
gesprochen. In diesem Sinne sind sie Jungspunde.
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Herr Ernst, zur historischen Wahrheit und dazu, Er-
enntnisse zu gewinnen. Als wir damals darüber gespro-
hen haben, wie wir mit dem Niedriglohnsektor umge-
en, haben wir in der Tat sehr lange und ausführlich mit
en Gewerkschaften darüber verhandelt. Wir waren uns
lar darüber: Wir brauchen branchenspezifische Min-
estlöhne.
ier hat übrigens auch bei uns ein Erkenntniszuwachs
tattgefunden: Mit branchenspezifischen Mindestlöhnen
ommt man nicht mehr aus.
Wir haben in der letzten Legislaturperiode sechs
ranchen in die Mindestlohnregelung einbezogen.
ie Einbeziehung der zentralen und entscheidenden
ranche hat die Union aber aus ideologischen Gründen
erhindert, nämlich die der Zeit- und Leiharbeitsbran-
he.
lle Voraussetzungen, die wir miteinander vereinbart
aben, das Hohelied der Tarifautonomie usw., das von
eter Weiß gesungen wird, waren erfüllt. Arbeitgeber
nd Arbeitnehmer hatten einen gemeinsamen Antrag ge-
tellt. Dann sagte die Union, es gibt konkurrierende Ta-
fverträge, und bezog sich auf die ihr nahestehenden
hristlichen Gewerkschaften, die ausschließlich gegrün-
et worden sind, um Lohn- und Sozialdumping zu be-
eiben. Sich auf diese mit dem Hinweis auf die Tarif-
utonomie zu beziehen, ist unglaublich.
Übrigens gilt das genauso für einen Mindestlohn im
ostbereich; Herr Kolb, Sie haben ihn vorhin erwähnt.
as Geschäftsmodell derjenigen, die PIN und sonst wie
eißen, war, Lohndrückerei und Sozialdumping von Ar-
eitnehmerinnen und Arbeitnehmern auf dem Markt
urchzusetzen.
ie berufen sich darauf, dass sie ihr Geschäftsmodell in
iesem Lande nicht durchziehen konnten, weil wir den
ostmindestlohn eingeführt haben. Leider Gottes sind
ir bei der Zeit- und Leiharbeit gescheitert. Aber ich bin
er festen Überzeugung, dass man dies durch die Ein-
2538 Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode 28. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. März 2010
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Anton Schaaf
führung eines allgemeingültigen gesetzlichen Mindest-
lohns korrigieren kann. Die Notwendigkeit hierfür ist
bereits ausdrücklich erklärt worden.
Die Frage der Arbeitnehmerfreizügigkeit spielt in
Ihren Überlegungen überhaupt keine Rolle. Ottmar
Schreiner hat die Situation in Luxemburg und Frank-
reich angesprochen. Herr Kolb hat mit dem Beispiel Po-
len darauf geantwortet. Dazu sage ich Ihnen, Herr Kolb:
Aus dieser Richtung wird es in den nächsten Jahren Pro-
bleme für Hunderttausende von Arbeitsplätzen in
Deutschland geben. Sie können darauf nur mit der Ein-
führung eines allgemeinen Mindestlohns antworten.
Es gibt überhaupt keine andere Möglichkeit, wenn Sie
nicht riskieren wollen, dass Hunderttausende Arbeits-
plätze in diesem Land mit Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmern aus dem Osten Europas besetzt werden, die
aus existenziellen Gründen nach Deutschland kommen.
Wenn Sie hier nicht handeln, sind Sie dafür verantwort-
lich, dass es Tausende oder sogar Hunderttausende Ar-
beitsplätze weniger in diesem Land geben wird. Sie ha-
ben aber bislang nicht eine einzige Antwort.
Peter Weiß, Sie haben in Ihren Koalitionsvertrag nur
hineingeschrieben, was sowieso durch Rechtsprechung
entschieden wurde, und haben mit Hinweis auf die
Tarifautonomie jede Arbeit und jede Bedingung für zu-
mutbar erklärt. Statt die Tarifautonomie zu stärken das
wäre eigentlich nötig , machen Sie sie kaputt. Sie unter-
laufen sie, wenn Sie festlegen, dass jede Arbeit zumutbar
ist, auch wenn der Lohn unter dem tarif- oder ortsübli-
chen Mindestlohn liegt. Sie machen die Tarifautonomie
kaputt, weil Sie bereit sind, zu tolerieren, dass Löhne un-
ter dem tarif- oder ortsüblichen Mindestlohn gezahlt
werden. Sie subventionieren das auch noch und entlas-
sen Arbeitgeber aus der Verantwortung, vernünftige
Löhne zu zahlen. So werden Sie die Tarifautonomie
nicht stärken, sondern die Arbeitgeber aus den Tarifver-
bünden regelrecht hinausjagen; denn diese wollen diese
Möglichkeit nutzen. Herr Weiß, mit der Politik, die Sie
machen, sind Sie eine Gefahr für die Arbeitsplätze in
diesem Land.
Es ist hoch spannend, zu sehen, was Sie bei der
Zumutbarkeit vorhaben. Sie wollen die Hinzuver-
dienstgrenzen anheben. Die Vorredner haben es schon
gesagt: Das ist in der Tat nichts anderes als staatlich sub-
ventionierte Lohndrückerei. Ich habe den Eindruck, dass
Sie die Korrekturen, die aufgrund der stattgefundenen
Fehlentwicklungen notwendig sind, in keiner Weise vor-
nehmen wollen. Sie sehen die Zukunft dieses Landes tat-
sächlich in einem flächendeckenden, subventionierten
Niedriglohnbereich.
Wie Sie damit Wohlstand und Sicherheit für die Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmer auch im Alter ge-
währleisten wollen, ist nicht erklärbar und begründbar.
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