Rede von
Norbert
Barthle
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
ext
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten
Damen und Herren! Wir debattieren heute über ein Ge-
setz mit dem etwas sperrigen Namen Sozialversiche-
rungs-Stabilisierungsgesetz. Mir als Germanisten geht
das etwas schwer über die Zunge.
Im Kern geht es darum, die Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer, die unverschuldet von den Folgen der
globalen Finanz- und Wirtschaftskrise bedroht sind,
nicht im Stich zu lassen. Nachdem wir in der Vergangen-
heit bereits Schutzschirme über Banken und Unterneh-
men gespannt haben, erwarten die Menschen in unserem
Lande zu Recht von uns, dass wir sie mit den Folgen der
Krise nicht alleine lassen. Es wäre fatal, wenn die Men-
ruck hätten, Banken und Unternehmen,
der Krise wahrgenommen werden, würde
ln geholfen, aber sie selbst seien nicht
genug. Das Gegenteil ist der Fall. Wohl-
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systemrelevant
2508 Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode 28. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. März 2010
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Norbert Barthle
stand und Wirtschaftswachstum sind nur mit aktiven und
leistungswilligen Bürgern möglich. Deshalb spannen wir
einen Schutzschirm über diese Bürger. Die leistungswil-
ligen Bürger sind es, die dieses Land voranbringen.
Die weltweite Wirtschaftskrise reißt spürbare Lü-
cken in die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme.
Deshalb hat die christlich-liberale Koalition vereinbart,
dass wir alles dafür tun wollen, die Lohnnebenkosten
stabil zu halten. Das erreichen wir, indem wir die krisen-
bedingten Einnahmeausfälle in der Sozialversicherung
einmalig mit Steuermitteln abfedern. Im Bereich der Bun-
desagentur für Arbeit hat die Wirtschaftskrise zu Einnah-
meausfällen und steigenden Ausgaben geführt. Für Ende
des Jahres rechnet die Bundesagentur deshalb mit einem
Defizit. Dieses Defizit werden wir durch einen einmali-
gen Bundeszuschuss ausgleichen. Im Regierungsentwurf
waren dafür 16 Milliarden Euro vorgesehen. Erfreuli-
cherweise hat sich die Konjunktur seitdem, wenn auch
verhalten, verbessert. Im Rahmen unserer gestrigen Bera-
tungen im Haushaltsausschuss haben wir deshalb be-
schlossen, diesen Zuschuss um 3,2 Milliarden Euro auf
12,8 Milliarden Euro zu verringern. Damit hat die Bun-
desagentur immer noch das will ich betonen genügend
liquide Mittel, um ihren Aufgaben gerecht zu werden.
Eines muss ich in diesem Zusammenhang betonen:
Wir haben den für Eingliederungsmaßnahmen für Ar-
beitslose vorgesehenen Aufwuchs der Mittel in Höhe von
900 Millionen Euro mit einer Haushaltssperre belegt. Das
soll nichts anderes heißen, als dass wir sicherstellen wol-
len, dass dieses Geld zweckentsprechend, vernünftig,
zielgerichtet, ökonomisch und sicher eingesetzt wird.
Diese Sperre werden wir, sobald die Ministerin ihr Kon-
zept für die Verwendung des Geldes vorlegt das kann
bereits in der nächsten Haushaltswoche sein , wieder
aufheben. Dann steht dieses Geld für all diejenigen zur
Verfügung, die wieder in Arbeit gebracht werden sollen.
Bei der gesetzlichen Krankenversicherung wird es
in diesem Jahr wegen krisenbedingter Auswirkungen auf
Beschäftigung und Löhne ebenfalls Beitragsausfälle ge-
ben. Diese gleichen wir durch einen zusätzlichen Zu-
schuss in Höhe von 3,9 Milliarden Euro aus. Davon er-
halten die landwirtschaftlichen Krankenkassen einen
Teilbetrag in Höhe von rund 23 Millionen Euro. Die Zu-
schüsse des Bundes zum Gesundheitsfonds belaufen sich
in diesem Jahr auf insgesamt 15,7 Milliarden Euro.
Auch das entlastet die Beitragszahler; denn ohne diese
Maßnahmen müssten wir die Sozialbeiträge zwingend
flächendeckend anheben.
Das Hartz-IV-Schonvermögen wird verdreifacht, in-
dem wir die Freibeträge von 250 Euro auf 750 Euro pro
Lebensjahr anheben. Auch hier löst die Koalition ihre
Zusage aus dem Koalitionsvertrag ein.
Nun hat die Krise auch vor der Landwirtschaft nicht
haltgemacht. Viele landwirtschaftliche Betriebe, insbe-
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Eines muss man an dieser Stelle einmal betonen viel-
icht auch in Richtung der Linken, die an dieser Stelle
mer einen falschen Eindruck erwecken wollen :
ereits jetzt machen die Sozialausgaben 54 Prozent der
usgaben im Bundeshaushalt aus. In absoluten Zahlen
usgedrückt sind es 178 Milliarden Euro allein für die-
en Bereich.
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Norbert Barthle
Das ist nicht nur eine haushaltsrelevante Größenord-
nung, sondern spiegelt auch den hohen Stellenwert wi-
der, den die sozialen Sicherungssysteme in unserer Ge-
sellschaft haben.
Dies beweist auch die aktuelle Debatte über die
Hartz-IV-Regelsätze. Das Verfassungsgericht hat nicht
die Höhe der Zahlungen kritisiert, sondern nur die Me-
thode der Ermittlung der Regelsätze. Deshalb sind wir
gespannt auf die Berechnungen, die die Bundesarbeits-
ministerin vorlegen wird.
Das Verfassungsgericht hat uns auch verpflichtet, mit
sofortiger Wirkung eine Härtefallregelung für die
Übernahme dauernder atypischer Kosten von Hartz-IV-
Empfängern zu schaffen. Wir Koalitionshaushälter hat-
ten vorgesehen, eine entsprechende Zusatzregelung in
diesem Gesetz aufzunehmen, um den Menschen, die da-
rüber mehr Hilfe in Anspruch nehmen könnten, sofort zu
helfen. Damit wäre sehr schnell Rechtssicherheit für die
Behörden und die Bürger geschaffen worden. Allein im
Jahr 2010 hätten wir dafür 100 Millionen Euro zusätz-
lich für die Empfänger von Leistungen nach dem SGB II
vorgesehen. Sie merken, ich spreche im Konjunktiv;
denn leider ist es noch nicht so weit. Warum? Ausge-
rechnet die Sozialdemokraten, die sich immer als Sozial-
advokaten gerieren, haben verlangt, dazu eine Anhörung
durchzuführen.
Wenn man aber eine Anhörung durchführt, dann vergeht
mehr Zeit und dann können wir die Fristen, die für dieses
Gesetz vorgesehen sind, nicht mehr einhalten. Deshalb
mussten wir diesen Teil vom jetzt vorliegenden Gesetz-
entwurf wieder abtrennen. Das heißt, die Sozialdemokra-
ten haben eine große Zahl von Bürgerinnen und Bürgern
in diesem Land in Sippenhaft genommen, um ihre takti-
schen Spielchen betreiben zu können. Ich finde das nicht
besonders schön.