Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 9. Februar 2010 1875
(A) (C)
(B) (D)
Frage der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE)
(Drucksache 17/633, Frage 1):
hung der Erkenntnisse der wissenschaftlichen Begleitun-
gen und der Programmevaluation weiterentwickelt. Die
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Anlage 2
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Brackmann, Norbert CDU/CSU 09.02.2010
Ernstberger, Petra SPD 09.02.2010
Ferner, Elke SPD 09.02.2010
Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 09.02.2010
Golze, Diana DIE LINKE 09.02.2010
Gunkel, Wolfgang SPD 09.02.2010
Hänsel, Heike DIE LINKE 09.02.2010
Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 09.02.2010
Dr. Höll, Barbara DIE LINKE 09.02.2010
Dr. Jüttner, Egon CDU/CSU 09.02.2010
Kotting-Uhl, Sylvia BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
09.02.2010
Dr. Krogmann, Martina CDU/CSU 09.02.2010
Dr. Lammert, Norbert CDU/CSU 09.02.2010
Link (Heilbronn),
Michael
FDP 09.02.2010
Möller, Kornelia DIE LINKE 09.02.2010
Nestle, Ingrid BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
09.02.2010
Otto (Frankfurt), Hans-
Joachim
FDP 09.02.2010
Pflug, Johannes SPD 09.02.2010
Pitterle, Richard DIE LINKE 09.02.2010
Dr. Schui, Herbert DIE LINKE 09.02.2010
Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
09.02.2010
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Sieht die Bundesregierung im Bundesprogramm „Förde-
rung von Beratungsnetzwerken“ ein allgemeines Antiextre-
mismusprogramm, obwohl hier explizit nur von Rechtsextre-
mismus gesprochen wird, und soll dieses Programm im Sinne
des sogenannten Extremismusansatzes ausgebaut werden?
Das Bundesprogramm „kompetent. für Demokratie –
Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus“ richtet
sich nach den in den Leitlinien verankerten Programm-
zielen nicht nur gegen die Verfestigung rechtsextremisti-
scher Strukturen, sondern in gleicher Weise gegen
fremdenfeindliche und antisemitische Strukturen im Ge-
meinwesen und deren gezielte Einflussnahme auf die
Einstellungen der Bürgerinnen und Bürger, die die demo-
kratische Grundordnung unserer Gesellschaft bedroht.
Der Bundesregierung ist bewusst, dass es sich bei
Linksextremismus, Rechtsextremismus und Islamismus
um jeweils unterschiedliche Phänomene handelt, die
auch jeweils unterschiedlicher präventiver und beraten-
der Ansätze bedürfen.
In der vorgesehenen Sondierungsphase wird auch
festzustellen sein, in welcher Weise die thematische Er-
weiterung der Extremismusbekämpfung um die Berei-
che Linksextremismus und Islamismus erfolgen soll.
Anlage 3
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die
Frage der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE)
(Drucksache 17/633, Frage 2):
Hat die Bundesregierung gegenwärtig Anhaltspunkte da-
für, dass Projekte, die über die Bundesprogramme gegen
Rechtsextremismus gefördert werden, „extremistische Bestre-
bungen“ verfolgen, und, wenn ja, um welche Projekte handelt
es sich hierbei?
Die Bundesregierung hat gegenwärtig keine Anhalts-
punkte dafür, dass Projekte, die über die Bundespro-
gramme „Vielfalt tut gut.“ und „kompetent. für Demo-
kratie“ gefördert werden, „extremistische Bestrebungen“
verfolgen.
Anlage 4
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die
Frage der Abgeordneten Petra Pau (DIE LINKE)
(Drucksache 17/633, Frage 5):
Reicht nach Ansicht der Bundesregierung eine Pilotphase
von weniger als einem Jahr aus, um auf dieser Grundlage ei-
nen Umbau der vorhandenen Bundesprogramme gegen
Rechtsextremismus auch zur Bekämpfung des Linksextremis-
mus und Islamismus vorzunehmen?
Die Bundesprogramme „Vielfalt tut gut.“ und „kom-
petent. für Demokratie“ werden bis zum Start einer
neuen Programmphase ab dem Jahr 2011 unter Einbezie-
1876 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 9. Februar 2010
(A) (C)
(B) (D)
Bundesregierung erachtet die vorgesehene Zeit der Pilot-
phase für eine thematische Erweiterung der Extremis-
musprävention um die Themenfelder Linksextremismus
und islamischer Fundamentalismus für ausreichend.
Anlage 5
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die
Frage der Abgeordneten Petra Pau (DIE LINKE)
(Drucksache 17/633, Frage 6):
Wer soll die geplanten Pilotprojekte im Bereich Links-
extremismus und Islamismus wissenschaftlich begleiten, und
wird es eine Evaluation zu dieser Arbeit geben?
Zur Vorbereitung der beiden Pilotprojekte gegen
Linksextremismus und Islamismus ist zunächst eine Son-
dierungsphase vorgesehen. In dieser Phase werden mög-
liche Forschungs- und Themenfelder, Vorgehensweisen
und Zielgruppen sowie Trägerstrukturen identifiziert
werden. Hierbei werden auch bereits vorliegende wissen-
schaftliche und behördliche Erkenntnisse zur Ideologie,
Entwicklung und Struktur des Linksextremismus sowie
des Islamismus mit einbezogen. Mit staatlichen und
nichtstaatlichen Akteuren des Bundes, der Länder und
der Kommunen Berlin und Hamburg werden Fragen der
praktischen Prävention von Islamismus und Linksextre-
mismus erörtert. Das Ziel ist es, im 2. Quartal 2010 Pro-
jektideen für Forschung, Expertisen und Modellprojekte
zu entwickeln und zu realisieren. Im Rahmen dieser Son-
dierungsphase wird auch festgelegt, wie die Evaluation
dieser Projekte vorgenommen wird.
Anlage 6
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf
die Fragen des Abgeordneten Harald Weinberg (DIE
LINKE) (Drucksache 17/633, Fragen 10 und 11):
Was sind die Ergebnisse aus der ersten Stufe der DRG-Be-
gleitforschung – DRG: Diagnosis Related Groups –, welche
die Bundesregierung in ihrer Antwort auf Frage 2 d der Klei-
nen Anfrage der Fraktion Die Linke (Drucksache 16/13974)
im September 2009 für das Ende des Jahres 2009 ankündigte,
und, falls die Ergebnisse noch nicht vorliegen, weshalb verzö-
gert sich dies ein weiteres Mal?
Wann ist mit den Ergebnissen der zweiten Stufe der DRG-
Begleitforschung zu rechnen?
Zu Frage 10:
Die Ergebnisse der ersten Stufe der DRG-Begleitfor-
schung, die die Daten der Jahre 2004 bis 2006 umfasst,
stehen unmittelbar vor der Veröffentlichung durch die
nach § 17b Absatz 8 des Krankenhausfinanzierungsgeset-
zes gesetzlich beauftragten Selbstverwaltungspartner
(Deutsche Krankenhausgesellschaft, GKV-Spitzenver-
band, Verband der privaten Krankenversicherung). Nach
Auskunft des DRG-Instituts ist Anfang März 2010 mit der
Veröffentlichung des schriftlichen Berichts zu rechnen.
Im Rahmen der Ergebnispräsentation am 19. Januar
2010 wurden vom IGES-Institut, das den ersten For-
schungszyklus durchgeführt hat, unter anderem die fol-
genden Ergebnisse präsentiert:
Die Akzeptanz des G-DRG-Systems ist bei den Ak-
teuren in der Breite hoch.
Der vollzogene Einführungsprozess, einschließlich
der über mehrere Jahre gestreckten Konvergenzphase,
wird als insgesamt positiv bewertet.
Das G-DRG-System hat maßgeblich zur Erhöhung
der Transparenz des stationären Leistungsgeschehens
beigetragen. Die Grundlagen für eine verbesserte ökono-
mische Bewertung der stationären Leistungen und der
innerbetrieblichen Leistungserstellung wurden damit
verbreitert.
Das G-DRG-System hat die Strukturen der Leistungs-
erstellung in den Krankenhäusern verändert, zum Bei-
spiel Optimierungen der Aufbau- und Ablauforganisa-
tion (insbesondere auch Zentrenbildung), Einführung
und Ausbau von Instrumenten zur Standardisierung und
Verbesserung von Prozessen (zum Beispiel Einführung
klinischer Behandlungspfade und Entlassmanagement,
Einrichten von Stellen für Medizincontrolling und Do-
kumentationsassistenten).
Die im Rahmen der Begleitforschung analysierten
Daten der externen Qualitätssicherung geben keine Hin-
weise auf eine Verschlechterung der Qualität (Ergebnis-
und Prozessqualität).
Zur Patientenzufriedenheit sind bisher kaum belast-
bare Aussagen möglich, Hinweise für eine Verschlechte-
rung gibt es nicht. Bei der Arbeitszufriedenheit von Pfle-
genden sowie Ärztinnen und Ärzten konnten anhand der
untersuchten Studien ebenfalls keine durch die DRG-
Einführung induzierten Veränderungen festgestellt wer-
den.
Die ausführlichen Ergebnisse können dem in Kürze
von den Selbstverwaltungspartnern auf der Bundesebene
veröffentlichten umfassenden Ergebnisbericht entnom-
men werden.
Zu Frage 11:
Nach Auskunft des DRG-Instituts ist mit Ergebnissen
der zweiten Stufe, die die Daten der Jahre 2006 bis 2008
analysiert, zur Jahreswende 2010/11 zu rechnen.
Anlage 7
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Frage
des Abgeordneten Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/633, Frage 13):
Was unternimmt die Bundesregierung, damit bei den Ver-
tragsverhandlungen der Deutschen Bahn AG mit dem von ihr
„bevorzugten Bieter“ Siemens AG über die Herstellung und
Lieferung von bis zu 300 neuen Zügen, das sogenannte ICx-
Projekt, neben der Qualität der Technik auch die Barrierefrei-
heit, das heißt unter anderem das Vorhandensein fahrzeugge-
bundener Einstiegshilfen, barrierefreier Toiletten und mehre-
rer Plätze für Rollstuhlfahrer und -fahrerinnen, ein zentrales
Thema wird?
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 9. Februar 2010 1877
(A) (C)
(B) (D)
Die Eisenbahnen sind nach § 2 Abs. 3 Eisenbahn-
Bau- und Betriebsordnung verpflichtet, Programme zur
Gestaltung von Bahnanlagen und Fahrzeugen zu erstel-
len, mit dem Ziel, eine möglichst weitreichende Barrie-
refreiheit für deren Nutzung zu erreichen. Für neue
Infrastrukturen und Fahrzeuge haben sie dabei auch
europarechtliche Regelungen zu beachten. Hierzu wird
auch auf die Angaben zum Bereich „Bahnverkehr“ im
„Bericht der Bundesregierung über die Lage von Men-
schen mit Behinderungen und die Entwicklung ihrer
Teilhabe“ vom 17. Juli 2009, Drucksache 16/13829 ver-
wiesen. Die im Wettbewerb am Verkehrsmarkt operie-
renden Eisenbahnunternehmen, so auch die Deutsche
Bahn AG, entscheiden in eigener unternehmerischer Ver-
antwortung, welche Maßnahmen zur Herstellung der
Barrierefreiheit ergriffen werden. Vor dem Hintergrund
der Umsetzung des Beschlusses des Ausschusses für
Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung des
Deutschen Bundestages vom 27. Juni 1996 (Anlage 1 zu
Drucksache 13/6149) kommentiert die Bundesregierung
nicht die in der unternehmerischen Zuständigkeit der
Deutsche Bahn AG liegenden Entscheidungen über Ein-
zelmaßnahmen zur Herstellung der Barrierefreiheit. Es
wird deshalb angeregt, wegen der betreffenden Angaben
an den Vorstand der Deutsche Bahn AG heranzutreten.
Anlage 8
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Frage
des Abgeordneten Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/633, Frage 14):
Welche Eisenbahnunternehmen haben Programme nach
§ 2 Abs. 3 der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung, EBO,
zur Herstellung der Barrierefreiheit von Bahnanlagen und
Fahrzeugen vorgelegt, und welche Eisenbahnunternehmen
planen, in nächster Zeit ein ebensolches vorzulegen?
Derzeit haben vier Eisenbahnunternehmen Pro-
gramme zur Herstellung der Barrierefreiheit vorgelegt.
Diese sind im Zielvereinbarungsregister beim Bundes-
ministerium für Arbeit und Soziales gelistet.
Die Deutsche Bahn AG hat als erstes Eisenbahnver-
kehrsunternehmen in enger Zusammenarbeit mit den
Verbänden behinderter Menschen und dem Bundesmi-
nisterium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im
Jahr 2005 ein Programm zur Herstellung von Barriere-
freiheit im Eisenbahnverkehr erstellt. Darin ist festge-
legt, unter welchen Voraussetzungen Bahnhöfe und Züge
barrierefrei sind.
Die NBE Nordbahn Eisenbahngesellschaft mbH &
Co. KG hat ein Programm für eine barrierefreie Gestal-
tung von Fahrzeugen (Triebwagen Typ LINT 41/H) auf
der Strecke Neumünster–Bad Oldesloe aufgestellt.
Die AKN Eisenbahn AG hat ein Programm zur Barrie-
refreiheit im Bereich der Infrastruktur auf den Strecken
Hamburg-Eidelstedt–Neumünster und Elmshorn–Ulz-
burg aufgestellt.
Die Schleswig-Holstein-Bahn GmbH (100 Prozent
Tochtergesellschaft der AKN Eisenbahn AG) hat ein
Programm zur Barrierefreiheit im Bereich der Fahrzeuge
(Triebwagen Typ LINT 41/H) auf den Strecken Neu-
münster–Heide (Holst) und Heide (Holst)–Büsum aufge-
legt. Die Infrastruktur auf den genannten Strecken wird
von der Deutsche Bahn AG betrieben.
Nach Kenntnis des Bundesministeriums für Arbeit
und Soziales werden zurzeit weitere Programme zur
Barrierefreiheit von Schmalspurbahnen und Museums-
bahnen wie der Harzer Schmalspurbahn GmbH, der
Mansfelder Bergwerksbahn (Museumsbahn auf schmal-
spurigen Werkbahngleisen) und der Dessau–Wörlitzer
Eisenbahn erarbeitet.
Anlage 9
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Frage
der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE)
(Drucksache 17/633, Frage 15):
Trifft es zu, dass die Vertreter der Bundesregierung im
Aufsichtsrat der Deutsche Bahn AG ihren Kontrollpflichten
unzureichend nachgekommen sind, wie der Bundesrech-
nungshof feststellt, und welche Schlussfolgerung zieht die
Bundesregierung aus dieser Einschätzung?
Der Bund nimmt über seine Vertreter im Aufsichtsrat
der Deutsche Bahn AG seine Kontrollmöglichkeiten im
Rahmen des aktienrechtlich Zulässigen vollumfänglich
wahr. Die Bundesregierung prüft derzeit den vertrauli-
chen Bericht des Bundesrechnungshofes und wird hierzu
gegenüber dem Bundesrechnungshof eine Stellungnahme
abgeben.
Anlage 10
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/633, Frage 21):
Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass nach heuti-
gem Kenntnisstand bei der Kernfusion radioaktive Abfälle an-
fallen werden – beispielsweise Anlagenteile, die durch die
Kernfusion radioaktiv werden –, und ist ihr der Kernfusions-
bericht vom Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deut-
schen Bundestag bekannt (Bundestagsdrucksache 14/8959)?
Nach heutigem Kenntnistand der Bundesregierung
werden bei der Kernfusion radioaktive Abfälle anfallen.
Bei der Kernfusion verschmelzen leichte Atomkerne,
zum Beispiel Deuterium und Tritium, zu Heliumkernen.
Bei dieser Reaktion wird Energie frei, die sich in Strom
umwandeln lässt. Dabei werden auch Neutronen freige-
setzt, die das Wandmaterial des Reaktors bestrahlen. Das
Wandmaterial wird dadurch radioaktiv aktiviert und
muss entsorgt werden. Von der Entwicklung niedrig akti-
vierbarer Wandmaterialien hängt es unter anderem ab, in
welchem Umfang radioaktive Abfälle minimiert werden
können. Die entstehenden Abfälle müssen bei weitem
nicht so lange gelagert werden wie bei konventionellen
Kernkraftwerken.
1878 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 9. Februar 2010
(A) (C)
(B) (D)
Der Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung (Bundestagsdrucksache
14/8959) ist der Bundesregierung bekannt.
Anlage 11
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/633, Frage 22):
Zählt die Bundesregierung die Kernfusion zu den erneuer-
baren Energien, und bedeutet dies, dass die von der Bundesre-
gierung langfristig angestrebte vollständige Umstellung der
Stromversorgung auf erneuerbare Energien den Einsatz der
Kernfusion implizit umfasst?
Erneuerbare Energien basieren auf nach menschli-
chem Ermessen unerschöpflichen Energiequellen und
kommen ohne Verbrauch nicht regenerierbarer Brenn-
stoffe aus. Dies ist bei der Kernfusion nicht der Fall. In
Fusionsreaktoren werden zur Gewinnung nutzbarer
Energie Brennstoffe, zum Beispiel Deuterium und Tri-
tium, das aus Lithium im Fusionsreaktor erbrütet werden
soll, verbraucht. Die Umkehrung des Prozesses, also die
Regenerierung der Ausgangsstoffe, ist nahezu unmög-
lich und energetisch nicht sinnvoll. Die Kernfusion wird
daher nicht als erneuerbar betrachtet.
Die erneuerbaren Energien decken derzeit nach vor-
läufigen Schätzungen circa 10 Prozent vom Endenergie-
verbrauch und sollen zukünftig den Hauptanteil an der
Energieversorgung übernehmen. Die Kernfusion ist eine
Zukunftstechnologie. Mit der Fusionsforschung kann
eine neue CO2-freie Energiequelle erschlossen werden.
Es ist derzeit nicht kalkulierbar, wann die Kernfusion ei-
nen relevanten Anteil an der Energieversorgung einneh-
men kann.
Anlage 12
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage
der Abgeordneten Kathrin Vogler (DIE LINKE)
(Drucksache 17/633, Frage 26):
Kann der Transport von 1,6 Kilogramm Uranhexafluorid
über Grenzen hinweg von Schweden nach Deutschland als
illegal bezeichnet werden, und, wenn ja, welche Maßnahmen
plant die Bundesregierung, um künftig solch illegale Trans-
porte radioaktiven Materials zu verhindern?
Bei der Vorbereitung der Innenbesichtigung eines 30-
Zoll-B-Behälters (ein Behälter zum Transport von ange-
reichertem Uran-235 in Form von Uranhexafluorid) kam
es am 21. Januar 2010 in der Urananreicherungsanlage
der Firma URENCO in Gronau beim Öffnen des Behäl-
terventils zu einer Freisetzung von Uranhexafluorid. Der
von einem schwedischen Kunden der Firma URENCO
angelieferte Behälter war als „clean and washed out“ de-
klariert, enthielt jedoch etwa 1,6 Kilogramm Uranhexa-
fluorid.
Dieses Ereignis wurde in der Fragestunde des Deut-
schen Bundestages am 27. Januar 2010 erörtert und ist
Gegenstand der Beratung im Umweltausschuss des
Deutschen Bundestages am 9. Februar 2010.
Die durch die Kunden der Urananreicherungsanlage
in Gronau entleerten Behälter enthalten in der Regel
Restmengen an Uranhexafluorid (sogenannte Heels) und
benötigen daher für den Transport eine Genehmigung
nach § 4 des Atomgesetzes sowie eine Einfuhrgenehmi-
gung nach § 3 des Atomgesetzes. Der Beförderer bzw.
der Importeur hat nicht für jeden einzelnen Transport
entsprechende Genehmigungen, sondern jeweils für eine
größere Zahl von Transporten bzw. Einfuhren. Hierzu
wird auf die Antworten der Bundesregierung zu den Klei-
nen Anfragen 17/253 „Uranhexafluorid – Sichere Lage-
rung und sachgemäßer Umgang zur Vermeidung von Um-
weltrisiken“ vom 16. Dezember 2009 sowie 16/5381
„Transporte und Lagerung von Uranhexafluorid“ vom
21. Mai 2007 verwiesen.
In Abstimmung mit der zuständigen Landesaufsichts-
behörde in Nordrhein-Westfalen hat das BMU Kontakt
zur schwedischen Atomaufsichtsbehörde aufgenom-
men, die bestätigt hat, dass der Behälter aus einer schwe-
dischen Brennelementfertigungsanlage (Westinghouse
Electric Sweden) nach Gronau geliefert wurde. Die
schwedische Atomaufsichtsbehörde hat mitgeteilt, dass
sie weitere Untersuchungen einleitet. Das schwedische
Unternehmen hat – entsprechend dem schwedischen Re-
gelwerk – 30 Tage Zeit, um sich zu dem Vorfall zu äu-
ßern. In einer Presseerklärung vom 28. Januar 2010 hat
das Unternehmen berichtet, dass bereits mit internen Un-
tersuchungen begonnen und hierüber auch die schwedi-
sche Aufsichtsbehörde unterrichtet wurde.
Die Verantwortung für den Transport und Einfuhr des
als „clean and washed out“ deklarierten 30-Zoll-B-Be-
hälters trägt der schwedische Versender. Welche Maß-
nahmen zur Verhinderung der Wiederholung zu ergrei-
fen sind, kann erst nach Beendigung der laufenden
Untersuchungen der atomrechtlichen Behörden in Nord-
rhein-Westfalen und Schweden abschließend geklärt
werden.
Anlage 13
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Fragen
des Abgeordneten Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/633, Fragen 27 und 28):
Welche Informationen liegen dem Bundesministerium für
Bildung und Forschung über die Zahl der Studienplätze in Fä-
chern mit lokalem Numerus clausus vor, die trotz der Studien-
platzbörse unbesetzt geblieben sind?
Wann wird die Bundesregierung die Fakten über die Wir-
kung der Internet-Studienplatzbörse im Wintersemester 2009/
2010, die der Kultusministerkonferenz offensichtlich vorlie-
gen, dem Deutschen Bundestag zur Verfügung stellen, und
wie bewertet die Bundesregierung diese Fakten?
Zu Frage 27:
Laut KMK-Bericht zum „Zulassungsverfahren an den
staatlichen Hochschulen im Wintersemester 2009/2010“
sind in den örtlich zulassungsbeschränkten Studiengän-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 9. Februar 2010 1879
(A) (C)
(B) (D)
gen zum Erhebungsstand Ende Oktober 2009 noch min-
destens 18 000 Studienplätze unbesetzt gewesen. Das
Zulassungsverfahren war zu diesem Zeitpunkt noch
nicht abgeschlossen. Nach Angaben der KMK wird
diese Zahl nach Abschluss der Nachrückverfahren deut-
lich niedriger sein.
Zu Frage 28:
Der Präsident der Kultusministerkonferenz hat am
5. Februar 2010 der Bundesministerin für Bildung und
Forschung den Bericht zum „Zulassungsverfahren an
den staatlichen Hochschulen im WS 2009/2010“ über-
sandt. Er wurde am selben Tag wie vereinbart dem
Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages sowie
dem Ausschuss für Bildung und Forschung übermittelt.
Hinsichtlich der Wirkung der Internet-Studienplatz-
börse kommt der Bericht zu dem Ergebnis, dass sich
diese positiv auf das derzeitige Zulassungsverfahren
ausgewirkt hat. Wie zu erwarten war, hat die Studien-
platzbörse Informationsdefizite mit Blick auf freie
Studienplätze nach Abschluss des regulären Zulassungs-
verfahrens – einschließlich Nachrückverfahrens – besei-
tigt und damit zu einer besseren Auslastung der vorhan-
denen Studienanfängerkapazitäten beigetragen.
Anlage 14
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Fragen
der Abgeordneten Nicole Gohlke (DIE LINKE) (Druck-
sache 17/633, Fragen 29 und 30):
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem
Zulassungschaos an den Hochschulen, wonach vier Wochen
nach Semesterbeginn rund 18 000 Studienplätze unbesetzt
blieben (vergleiche dpa vom 3. Februar 2010)?
Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie
sich die Zahl der vier Wochen nach Semesterbeginn noch im-
mer unbesetzten Studienplätze auf die einzelnen Bundeslän-
der verteilt?
Zu Frage 29:
Die Defizite des derzeitigen Hochschulzulassungs-
verfahrens, insbesondere dessen lange Dauer aufgrund
der Mehrfachbewerbungen, sind bekannt und nur durch
ein komplett neues Verfahren zu beheben. Ein Konzept
der Länder für ein solches Verfahren liegt mit dem ge-
planten dialogorientierten Serviceverfahren, das die
künftige Stiftung für Hochschulzulassung durchführen
soll, detailliert ausgearbeitet vor und wird derzeit umge-
setzt. Die Bundesregierung unterstützt dieses Vorhaben
mit einer Anschubfinanzierung in Höhe von 15 Millio-
nen Euro. Nach dem aktuellen Stand der Arbeiten wird
es – wie geplant – zum Wintersemester 2011/2012 ein-
gesetzt werden können.
Zu Frage 30:
Hierzu liegen der Bundesregierung keine Angaben
vor.
Anlage 15
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp auf die Frage des
Abgeordneten Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) (Drucksache 17/633, Frage 34):
Welche Veränderungen zum bisher vorgelegten Haushalts-
entwurf plant die Bundesregierung in das parlamentarische
Verfahren zum Haushalt 2010 einzubringen, um wie angekün-
digt ihre Zusage von 200 Millionen Euro für den Globalen
Fonds zur Bekämpfung von Aids, Malaria und Tuberkulose
einzuhalten?
Es ist nicht üblich, dass die Bundesregierung im Vor-
hinein ankündigt, welche Anträge sie im parlamentari-
schen Haushaltsaufstellungsverfahren einbringt, bzw.
auf welche Weise im Zusammenwirken mit dem Parla-
ment die Erfüllung von Zusagen sichergestellt wird.
Fest steht, dass die Bundesregierung beabsichtigt, die
für den GFATM gegebenen Zusagen einzuhalten und
dieses auch im Bundeshaushalt zu manifestieren.
Anlage 16
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der
Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Druck-
sache 17/633, Frage 38):
Wie begründet die Bundesregierung, dass sie zu einem
einheitlichen EU-Vorgehen gegenüber Honduras in dem Sinne
aufrief, sich seitens der EU-Mitgliedstaaten auf Geschäftsträ-
gerebene an der Regierungsübernahme durch Porfirio Lobo
Sosa in Honduras am 27. Januar 2010 zu beteiligen, obwohl
dieser nur dank massiver Einschränkung der Presse- und
Versammlungsfreiheit, dank Einschüchterung und mindestens
24 politischer Morde seit dem Putsch an die Macht gekom-
men ist, und warum hat sie nicht versucht, Einheitlichkeit im
Sinne einer Nichtteilnahme herzustellen?
Für die Bundesregierung kam es in der Frage der Prä-
senz bei der Amtseinführung des neuen Präsidenten
Porfirio Lobo darauf an, eine einheitliche Haltung der
EU-Mitgliedstaaten zu wahren.
Zwischen den EU-Partnern bestand Einvernehmen,
keine Delegationen aus den Hauptstädten zur Amtsein-
führung zu entsenden. Hinsichtlich der von einem ande-
ren EU-Mitgliedstaat vorgeschlagenen Wahrnehmung
durch die amtierenden Geschäftsträger vor Ort sprach
sich die Bundesregierung dafür aus, diese Option offen-
zuhalten und von der weiteren Entwicklung in Honduras
abhängig zu machen.
Tatsächlich unternahm der gewählte Präsident Lobo
in den Wochen vor Amtsantritt erhebliche Anstrengun-
gen in Richtung einer nationalen Versöhnung. So for-
derte er De-facto-Präsident Micheletti zum Rücktritt auf,
was dieser zwar nicht befolgte, jedoch ließ Micheletti
seit dem 22. Januar 2010 seine öffentlichen Ämter ruhen.
Ferner traf der gewählte Präsident mit dem Präsidenten
der Dominikanischen Republik, Leonel Fernández, eine
Vereinbarung, die Präsident Manuel Zelaya, seiner Fa-
milie sowie seinen Mitarbeitern freies Geleit, die Aus-
reise in die Dominikanische Republik sowie dort den
Status als „Ehrengast“ zusicherte. Schließlich verpflich-
1880 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 9. Februar 2010
(A) (C)
(B) (D)
tete er sich in dem Abkommen nochmals zur Bildung ei-
ner Regierung der nationalen Einheit und Versöhnung.
In Würdigung dieser positiven Entwicklungen wurde
auf Vorschlag der spanischen EU-Ratspräsidentschaft in
der zuständigen Ratsarbeitsgruppe in Brüssel am 26. Ja-
nuar 2010 Konsens zur EU-Teilnahme auf Botschafts-
ebene (vor Ort anwesende Geschäftsträger bzw. Vertre-
ter von in Nachbarstaaten von Honduras akkreditierten
EU-Botschaften) erzielt.
Anlage 17
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der
Abgeordneten Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/633, Frage 39):
Wie reagiert die Bundesregierung insbesondere hinsicht-
lich der laufenden Vorbereitungen härterer Sanktionen auf die
Erklärung des iranischen Präsidenten, dass das iranische Uran
im Ausland angereichert werden könne, und mit welchen
Schritten beabsichtigt sie die iranische Regierung darin zu be-
stärken, dass es der eigenen Sicherheit dient, einen sichtbaren
Beitrag für eine atomwaffenfreie Welt zu leisten?
Die in der Frage erwähnte Erklärung von Mahmud
Ahmadinedschad vom 2. Februar 2010, die nie offiziell
bestätigt wurde, ist mittlerweile überholt.
Der iranische Präsident hat am 7. Februar 2010 die
iranische Atomenergiebehörde angewiesen, Vorbereitun-
gen für die Höheranreicherung iranischen Urans auf
20 Prozent zu treffen. Die Nachrichten aus Teheran be-
stärken den Eindruck, dass Iran an seiner Verweige-
rungshaltung festhält und nicht auf den Vorschlag der In-
ternationalen Atomenergiebehörde, IAEO, von Ende
Oktober 2009 zur Brennstoffversorgung des Teheraner
Forschungsreaktors eingehen will. Der Vorschlag sah die
Höheranreicherung iranischen Urans in der Russischen
Föderation und die Verarbeitung zu Brennelementen für
diesen Reaktor in Frankreich vor. Iran sollte endlich for-
mell und verbindlich auf dieses Angebot der IAEO ant-
worten.
Fortschritte beim Thema Teheraner Forschungsreak-
tor – die derzeit nicht absehbar sind – könnten nur einen
Einstieg bieten. Substanzielle Nukleargespräche, die
dazu dienen sollen, sicherzustellen, dass das iranische
Nuklearprogramm ausschließlich friedlichen Zwecken
dient, und denen sich Iran weiterhin verweigert, werden
dadurch nicht ersetzt.
Iran bleibt, unter anderem durch Resolutionen des Si-
cherheitsrats der Vereinten Nationen, unmissverständ-
lich dazu aufgefordert, die bestehenden Zweifel der
Staatengemeinschaft am angeblich ausschließlich fried-
lichen Charakter seines Nuklearprogramms auszuräu-
men.
In den Gesprächen mit Iran verfolgen die E3+3 einen
zweigleisigen Ansatz von Verhandlungsbemühungen
und Angeboten und – da Iran bisher nicht kooperiert,
sondern sein Nuklearprogramm noch ausbaut und die
Anreicherung fortsetzt – auf der zweiten Schiene mit
Sanktionen, um Iran an den Verhandlungstisch zu brin-
gen. Das weiterhin gültige Angebotspaket der E3+3
enthält umfassende Ansätze für Zusammenarbeit unter
anderem in den Bereichen Sicherheits- und Wirtschafts-
politik. Davon würde Iran profitieren, wenn das Land
sich bei der Frage des Nuklearprogramms zu Koopera-
tion und Transparenz bereit zeigt.
Die Bundesregierung fordert Iran auf, umgehend in
substanzielle Gespräche über das iranische Nuklearpro-
gramm auf der Basis der Genfer Vereinbarungen einzu-
willigen. Das Angebot liegt auf dem Tisch, allerdings
schafft Iran durch die fortgesetzte Anreicherung von
Uran Zeitdruck. Sollte Iran seine Blockadehaltung fort-
setzen, werden wir zügig umfangreiche weitere wirt-
schaftliche Maßnahmen beschließen müssen.
Anlage 18
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der
Abgeordneten Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/633, Frage 40):
Welche konkreten Anstrengungen hat die Bundesregie-
rung seit Beginn der Legislaturperiode im Dialog mit der
amerikanischen Regierung und anderen NATO-Partnern un-
ternommen, damit die in Deutschland verbliebenen Atomwaf-
fen, wie im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP
angekündigt, abgezogen werden?
Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, dass sich die
Bundesregierung im Rahmen ihrer Politik für Rüstungs-
kontrolle und Abrüstung und im Zuge der Erarbeitung
eines neuen strategischen Konzepts der NATO für einen
Abzug der verbliebenen US-Nuklearwaffen aus Deutsch-
land einsetzen wird.
Vertreter der Bundesregierung haben in bilateralen
Gesprächen mit den USA und anderen NATO-Partnern
sowie in den dafür vorgesehenen NATO-Gremien für
das Anliegen geworben und einen Prozess zu dessen
Umsetzung angestoßen.
So hat der Bundesminister des Auswärtigen,
Dr. Guido Westerwelle, die Angelegenheit mit seinen
Kolleginnen und Kollegen auf der Sitzung der NATO-
Außenminister am 4. Dezember 2009 aufgenommen.
Auch im Rahmen der laufenden Arbeiten an einem
neuen strategischen Konzept hat die Bundesregierung
ihre Vorstellungen bei der Expertengruppe des NATO-
Generalsekretärs eingebracht und wird dies auch im wei-
teren Prozess fortsetzen. Die Annahme des neuen strate-
gischen Konzepts ist auf dem nächsten NATO-Gipfel im
Herbst 2010 in Portugal vorgesehen. Die Bundesregie-
rung stimmt sich über das weitere Vorgehen kontinuier-
lich ab.
Anlage 19
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Fragen der
Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) (Drucksache 17/633, Fragen 41 und 42):
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 9. Februar 2010 1881
(A) (C)
(B) (D)
In welcher Form und welchem Umfang finden Grundsätze
der Rechtsstaatlichkeit, Inhalte der Menschenrechte und Gen-
deraspekte in der Ausbildung der afghanischen Sicherheits-
kräfte durch deutsche Ausbilder Berücksichtigung?
Inwieweit werden bei der Ausbildung kulturelle und
soziologische Besonderheiten der afghanischen Gesellschaft
berücksichtigt?
Zu Frage 41:
Der Schwerpunkt der Ausbildung der afghanischen
Sicherheitskräfte durch deutsche Ausbilder und Ausbil-
derinnen liegt grundsätzlich im taktischen bzw. opera-
tiven Bereich.
Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Gender-
aspekte werden unter Berücksichtigung der Besonder-
heiten des Einsatzlandes durch deutsche Soldatinnen und
Soldaten im Umgang mit den Soldaten der afghanischen
Streitkräfte angemessen berücksichtigt. Dieses wird in
Form von Unterrichten vermittelt und in der praktischen
Ausbildung berücksichtigt.
Das auf die Vorbildfunktion abzielende Verhalten der
deutschen Soldatinnen und Soldaten hat dabei eine große
Bedeutung. Die Grundsätze der Inneren Führung werden
vorgelebt. Ganz bewusst setzten wir auch Soldatinnen in
der Ausbildungsunterstützung der Nationalen Afghani-
schen Sicherheitskräfte (ANSF) ein.
Auch die Polizeiausbildung beinhaltet die Grundsätze
der Rechtsstaatlichkeit, Inhalte der Menschenrechte und
Genderaspekte in allen Ausbildungsgängen. Es werden
Theorieschulungen durch deutsche Polizeiausbilderin-
nen und -ausbilder in den Bereichen „Umgang mit fest-
genommenen Personen“, „Trennungsgebot von Männern
und Frauen“ und „Menschenrechte“ durchgeführt.
Während der Praxisausbildung in polizeilichen Ein-
griffsmaßnahmen werden die theoretisch erlernten Be-
reiche unter Anleitung intensiviert.
Darüber hinaus werden Trainingsprogramme angebo-
ten, in denen afghanische Polizistinnen und Polizisten
im Kampf gegen häusliche Gewalt geschult werden.
Dies betrifft besonders die Gewalt gegenüber afghani-
schen Frauen und Mädchen.
Die Schulungsprojekte wurden in Zusammenarbeit
mit dem afghanischen Innenministerium und internatio-
nalen Partnern entwickelt. Viele afghanische Polizistin-
nen und Polizisten sind Analphabeten. Die Trainings-
unterlagen sind entsprechend konzipiert.
Zu Frage 42:
Die kulturellen und soziologischen Besonderheiten
der afghanischen Gesellschaft finden in der Ausbildung
der Sicherheitskräfte besondere Berücksichtigung.
Praktische Ausbildungsinhalte werden grundsätzlich
nur gleichgeschlechtlich durchgeführt. Darüber hinaus
wird in den Ausbildungsphasen besondere Rücksicht auf
religiöse Befindlichkeiten genommen.
Kulturelle und soziologische Besonderheiten der af-
ghanischen Gesellschaft werden aber auch in der Ausbil-
dung aller deutschen Soldatinnen und Soldaten ange-
messen berücksichtigt.
Der Verbesserung der interkulturellen Kompetenzen
aller Soldaten wird während der Einsatzvorbereitung ein
besonderer Stellenwert beigemessen. Dieses erfolgt in
Form von Unterrichten und ist Bestandteil der prakti-
schen Ausbildung innerhalb der einsatzvorbereitenden
Ausbildung.
Anlage 20
Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des
Abgeordneten Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) (Drucksache 17/633, Frage 43):
Welche konkreten Fördermaßnahmen plant die Bundes-
regierung im tertiären Bildungssektor in Afghanistan, und mit
welchen gezielten Instrumenten plant sie die Arbeit des Deut-
schen Akademischen Austauschdienstes im Hinblick auf
Afghanistan zu unterstützen?
In Fortsetzung unserer bisherigen Förderung plant der
Deutsche Akademische Austauschdienst im Auftrag der
Bundesregierung für 2010 eine Reihe von Maßnahmen,
für die das Auswärtigen Amt derzeit eine konkrete
Finanzierung prüft.
Die vorgesehenen Maßnahmen konzentrieren sich auf
die Schwerpunktregionen Kabul, Herat und Mazar-i-
Sharif, beziehen aber auch fast alle weiteren 23 staatli-
chen Hochschulen Afghanistans in übergreifenden Maß-
nahmen ein (zum Beispiel im Kooperationsprogramm
zur Weiterbildung aller afghanischen Wirtschaftsdozen-
ten).
Im Einzelnen sind unter anderem geplant: Maßnah-
menpakete zum Aufbau von Fachbereichen an verschie-
denen Universitäten (unter anderem in den Fachbereichen
Informationstechnologie, Wirtschaftswissenschaften, Ger-
manistik, Medizin, Naturwissenschaften sowie Geowis-
senschaften), Einsatz von Kurz- und Langzeitdozenturen
deutscher Wissenschaftler und Stipendien, Studienauf-
enthalte und lokale Fortbildungsmaßnahmen.
Die Zustimmung des Deutschen Bundestags voraus-
gesetzt, wird das Auswärtige Amt zudem sein Engage-
ment bei der Verwaltungs- und Justizausbildung erhöhen
und dafür zusätzlich etwa 10 Millionen Euro bereitstel-
len.
Damit will das Auswärtige Amt unter anderem einen
Beitrag zum Aufbau eines Netzwerks von Verwaltungs-
akademien auf regionaler Ebene, vor allem in Masar-i-
Sharif, leisten.
Außerdem fördert das Auswärtige Amt den Bau einer
Landwirtschaftsfakultät im nordafghanischen Taloqan
und finanziert den Wiederaufbau des größten akademi-
schen Lehrkrankenhauses Nordafghanistans in Masar-i-
Sharif.
1882 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 9. Februar 2010
(A) (C)
(B) (D)
Anlage 21
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage
der Abgeordneten Halina Wawzyniak (DIE LINKE)
(Drucksache 17/633, Frage 45):
Wie gedenkt die Bundesregierung im Falle des Inkrafttre-
tens des Zugangserschwerungsgesetzes die im Koalitionsver-
trag beabsichtigte Aussetzung des Gesetzes für ein Jahr ohne
zeitliche Verzögerung sicherzustellen?
Die Überlegungen hierzu sind innerhalb der Bundes-
regierung noch nicht abgeschlossen.
Anlage 22
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage
der Abgeordneten Halina Wawzyniak (DIE LINKE)
(Drucksache 17/633, Frage 46):
Wie viele Versuche hat das Bundeskriminalamt im Jahr
2009 auf eigene Initiative hin unternommen, im Ausland ge-
hostete Websites mit rechtsextremistischen und volksverhet-
zenden Inhalten löschen zu lassen, und wie viele auf Initiative
der Staatsanwaltschaften?
Das Bundeskriminalamt (BKA) hat im Jahr 2009 kei-
nen Versuch unternommen, im Ausland gehostete Web-
sites mit rechtsextremistischen und volksverhetzenden
Inhalten löschen zu lassen.
Das BKA wird insbesondere auf Ersuchen der Länder
im Zusammenhang mit Ermittlungs- bzw. Strafverfahren
sowie in Wahrnehmung landesrechtlicher Gefahrenab-
wehrbefugnissen tätig. Im vergangenen Jahr ist kein ent-
sprechendes Unterstützungsersuchen an das BKA heran-
getragen worden.
Anlage 23
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Fragen
der Abgeordneten Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD)
(Drucksache 17/633, Fragen 47 und 48):
Welche Form von Messgeräten in Bezug auf das physische
Messverfahren – Frequenz, aktiv oder passiv – erwägt die
Bundesregierung an Flughäfen als Nacktscanner/Bodyscanner
einzusetzen?
Welche Kosten werden vermutlich pro Bodyscanner anfal-
len, das heißt für Anschaffung, Wartung, eventuell geschultes
Personal, und bestehen bereits Verträge über Forschungsauf-
träge, Produktion und Abnahme dieser Geräte mit Unterneh-
men?
Zu Frage 47:
Bei der Bundespolizei wird derzeit ein Körperscanner
getestet, der mit aktiven Millimeterwellen (24,25 GHz
bis 30 GHz) arbeitet. Millimeterwellen werden vom
menschlichen Körper reflektiert und können zur Anzeige
von Gegenständen, die in oder unter der Kleidung getra-
gen werden, genutzt werden. Ob der zurzeit im Test be-
findliche Körperscanner an Flughäfen eingesetzt wird,
hängt von der Weiterentwicklung der Geräte ab.
Zu Frage 48:
Es bestehen keine Lieferverträge für Körperscanner.
Für Körperscanner, wie dem derzeit bei der Bundespoli-
zei getesteten, ist von Anschaffungskosten in Höhe von
circa 130 000 Euro je Gerät auszugehen. Weitere Kosten
könnten erst nach öffentlicher Vergabe beziffert werden.
Anlage 24
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage
des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/633, Frage 49):
Inwieweit trifft die Ankündigung des Parlamentarischen
Staatssekretärs beim Bundesminister des Innern Dr. Ole
Schröder auf dem Europäischen Polizeikongress am 2. Fe-
bruar 2010 zu, wonach 80 zusätzliche deutsche Polizeiausbil-
der in den nächsten dreieinhalb Jahren 15 000 afghanische
Polizisten ausbilden würden, zunehmend auch „in [der] Flä-
che“, allerdings „nur in befriedeten Gebieten ..., nicht in Re-
gionen, in denen Bürgerkrieg herrscht“, und wie viele dieser
15 000 afghanischen Polizisten will die Bundesregierung je-
weils weiterhin in Kursen zwischen sechs Monaten bis drei
Jahren an der Polizeischule Kabul beschulen bzw. in den acht-
wöchigen Schnellkursen?
Das Begleitpapier der Bundesregierung zur Londoner
Konferenz „Auf dem Weg zur Übergabe in Verantwor-
tung“ sieht vor, dass im Rahmen des deutschen Afgha-
nistan-Engagements nach der Londoner Konferenz die
Zahl der deutschen Polizisten im bilateralen Polizeiaus-
bildungsprojekt von derzeit rund 120 bis Mitte 2010 auf
200 erhöht wird. In den im Bau bzw. Ausbau befindli-
chen deutschen Trainingszentren in Afghanistan mit ei-
ner beabsichtigten Gesamtkapazität von rund 1 000 Aus-
bildungsplätzen können jährlich circa 5 000 afghanische
Polizisten aus- und fortgebildet werden. Ein Teil der
200 deutschen Polizisten des bilateralen Ausbildungs-
projekts ist dafür vorgesehen, bis Ende 2012 circa
2 500 afghanische Polizisten im Rahmen des „Focused
District Development Programms“ (FDD) in bis zu
40 Distrikten im Norden von Afghanistan in circa elf
Monate dauernden Programmen zu qualifizieren. Die
Gefährdungslage für den Einsatz deutscher PVB in den
Provinzen und Distrikten wird wie bisher fortlaufend er-
hoben und bewertet.
Die Anzahl der Absolventen der Polizeiakademie Ka-
bul bis Ende 2012 ist abhängig von den Einstellungszah-
len der afghanischen Polizei.
Anlage 25
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage
des Abgeordneten Andrej Konstantin Hunko (DIE
LINKE) (Drucksache 17/633, Frage 50):
Mit welchem finanziellen, personellen und sonstigen Auf-
wand hat der Bund den 13. Europäischen Polizeikongress un-
terstützt?
Personelle Unterstützung: Vertreter des Bundes haben
beim 13. Europäischen Polizeikongress Fachvorträge
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 9. Februar 2010 1883
(A) (C)
(B) (D)
gehalten bzw. Thesendebatten und Foren moderiert.
Konkret handelte es sich dabei um Vertreter des BMI,
des Bundeskriminalamtes, der Bundespolizei, des Bun-
desamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, des
THW, der Bundesagentur für Arbeit, des Zollkriminal-
amtes, der Bundesdruckerei und des Bundesamtes für
Justiz (siehe ergänzend anliegendes Tagesprogramm).
Finanzielle Unterstützung: Für Behördenangehörige
ist die Teilnahme am Polizeikongress gebührenfrei. Für
einen Messestand, an dem die Bundespolizei zusammen
mit anderen Behörden beteiligt war, fielen anteilige
Standkosten für die Bundespolizei in Höhe von
4 125,56 Euro an.
Anlage 26
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage
der Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE)
(Drucksache 17/633, Frage 51):
Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, dass
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge trotz der Bitte
bezüglich syrischer Staatsangehöriger, vorerst keine Ableh-
nungen von Asylanträgen als offensichtlich unbegründet aus-
zusprechen und Entscheidungen über Folgeanträge vorläufig
zurückzustellen, bis eine aktualisierte Lagebewertung durch
das Auswärtige Amt erfolgt ist, syrische Staatsangehörige,
wie zum Beispiel A. N. A. T., trotz Asylfolgeantrags noch vor
erfolgter Aktualisierung der Lagebewertung in Syrien durch
das Auswärtige Amt abzuschieben plant?
Die Abschiebung ausländischer Staatsangehöriger ob-
liegt nicht dem BAMF, sondern ist nach § 71 Absatz 1
des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) Aufgabe der Aus-
länderbehörden der Länder.
Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Länder
diese in ihrer Zuständigkeit liegende Aufgabe verantwor-
tungsvoll handhaben. Zudem hat das Bundesministerium
des Innern in Bezug auf Syrien die Länder für die Thema-
tik der Rückführung abgelehnter Asylbewerber nochmals
sensibilisiert und ergänzend zu der ohnehin bestehenden
gesetzlichen Verpflichtung gebeten, Abschiebungen nach
Syrien mit besonderer Sorgfalt zu prüfen.
Anlage 27
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage
des Abgeordneten Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/633, Frage 52):
Welchen Beitrag wird das Bundesministerium der Justiz
für eine „ehrliche und schonungslose Analyse der Finanzkrise
in Deutschland“ leisten (vgl. Der Spiegel, 1. Februar 2010,
S. 71)?
Die Finanzkrise aufzuarbeiten, daraus Schlussfolge-
rungen zu ziehen und diese umzusetzen ist eine Auf-
gabe, der sich die Bundesregierung insgesamt stellt. Das
Bundesministerium der Justiz hat für seinen Zuständig-
keitsbereich, insbesondere im Gesellschafts-, Bilanz-
und Insolvenzrecht, die Ursachen und Folgen der
Finanzkrise analysiert und insbesondere mit dem Gesetz
zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung – VorstAG
und dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG
bereits gesetzgeberische Konsequenzen gezogen. Wei-
tere Arbeiten sind zurzeit im Gange.
Anlage 28
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage
des Abgeordneten Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/633, Frage 53):
Hat die Bundesregierung den vom HRE-Vorstand – HRE:
Hypo Real Estate – vorgeschlagenen Weg der mit einer um-
fangreichen Auslagerung von Geschäftsteilen verbundenen
Sanierung und anschließenden Privatisierung der HRE in
Bezug auf die fiskalischen und marktlichen Wirkungen mit ei-
ner vollständigen Abwicklung der HRE verglichen bzw. ihre
Überlegungen einem entsprechenden Vergleich anderer insbe-
sondere unabhängiger Institutionen zugrunde gelegt?
Der Lenkungsausschuss des SoFFin hat die Frage, ob
die HRE fortgeführt oder abgewickelt werden soll, vor
seiner Entscheidung sorgfältig und auf Grundlage unab-
hängiger Gutachten geprüft.
Im Einzelnen: Die von der HRE beauftragten Wirt-
schaftsprüfer haben verschiedene Geschäftsmodelle
detailliert geprüft, darunter auch die vollständige Ab-
wicklung des Institutes. Im Ergebnis war das Geschäfts-
modell der Fortführung der HRE und der Auslagerung
von Geschäftsbereichen in eine Abwicklungsanstalt aus
wirtschaftlicher Sicht gegenüber der Abwicklung vorzu-
ziehen. Ein weiteres von der HRE in Auftrag gegebenes
Gutachten einer anderen Wirtschaftprüfungsgesellschaft
hat dies ausdrücklich bestätigt.
Darüber hinaus hat die Bundesregierung ihrerseits un-
abhängige Experten beauftragt, die Prüfung und Bewer-
tung der Geschäftsmodelle in einem ausführlichen Gut-
achten zu untersuchen. Dieses Gutachten bestätigte, dass
das Geschäftsmodell der Fortführung aus fiskalischer
Sicht vorzuziehen sei und dass die Abwicklung von
nicht strategischen Geschäftsbereichen über eine nach
dem Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabili-
sierung – „Bad Bank-Gesetz“ – zu schaffende Abwick-
lungsanstalt vorteilhafter sei als eine interne Abwick-
lung.
Sämtliche drei genannten Gutachten werden dem
Gremium nach § 10 a des Finanzmarktstabilisierungs-
fondsgesetzes vorgelegt. (Wird in der 6. Kalenderwoche
erfolgen.)
Anlage 29
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Fra-
gen der Abgeordneten Dr. Barbara Hendricks (SPD)
(Drucksache 17/633, Fragen 54 und 55):
Wie beurteilt die Bundesregierung die Entscheidung der
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, BaFin, soge-
nannte Leerverkäufe wieder zuzulassen?
Wie verhalten sich in dieser Hinsicht die übrigen 19 G-20-
Staaten?
1884 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 9. Februar 2010
(A) (C)
(B) (D)
Zu Frage 54:
Die BaFin hatte am 19. und 21. September 2008
durch zwei Allgemeinverfügungen (ungedeckte) Leer-
verkäufe untersagt. Das Verbot war zunächst bis zum
31. Dezember 2008 befristet und war drei Mal verlängert
worden, zuletzt im Mai 2009 bis zum 31. Januar 2010.
Das Verbot wurde vor dem Hintergrund der Verbesse-
rung der Lage an den Finanzmärkten in den letzten Mo-
naten nicht erneut verlängert und ist am 31. Januar 2010
ausgelaufen. Aus Sicht der Bundesregierung ist die Ent-
scheidung der BaFin sachgerecht. Die BaFin prüft lau-
fend die Entwicklung an den Finanzmärkten und wird
bei einer erneuten Verschärfung neue Leerverkaufsregu-
lierungen erlassen.
Zu Frage 55:
Soweit Informationen vorliegen, ergibt sich ein un-
einheitliches Bild über das Verhalten der übrigen G-20-
Staaten außer Deutschland. (Anmerkung: Die G 20 be-
stehen aus 19 Staaten und nicht – wie in der Frage unter-
stellt – aus 20; 20. Mitglied ist die Europäische Union
vertreten durch Rat und EZB.)
Folgende Länder haben nach Recherchen der BaFin
Leerverkaufsverbote zwischenzeitlich wieder aufgeho-
ben bzw. keine Verbote erlassen: Großbritannien, Brasi-
lien, Italien, Kanada, USA.
In folgenden Ländern bestehen derzeit weiterhin
Leerverkaufsverbote: Australien, Frankreich, Japan,
Südkorea.
Zur Situation in den übrigen G-20-Ländern (Argenti-
nien, China, Indien, Indonesien, Mexiko, Russland,
Saudi-Arabien, Südafrika, Türkei) konnten noch keine
Informationen beschafft werden.
Anlage 30
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage
der Abgeordneten Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/633, Frage 56):
Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung
den kommunalen Spitzenverbänden vorzuschlagen, um die
Städte und Gemeinden in der Finanzkrise zu entlasten?
Trotz der Zuständigkeit der Länder für eine angemes-
sene Finanzausstattung der Kommunen bekennt sich der
Bund zu seiner Mitverantwortung für eine funktionie-
rende kommunale Selbstverwaltung. Die aktuellen Mel-
dungen zeigen, dass nicht nur Bund und Länder, sondern
auch die Kommunen als Folge der Finanz- und Wirt-
schaftskrise eine schlechtere Finanzsituation zu verzeich-
nen haben. Aus diesem Grund wird dem Kabinett bei sei-
ner Sitzung am 24. Februar 2010 ein Beschlussvorschlag
vorliegen, sehr kurzfristig eine unter dem Vorsitz des Bun-
desministers der Finanzen tagende Regierungskommis-
sion zur Gemeindefinanzierung einzuberufen, der auch
Vertreter der Länder und der kommunalen Spitzenver-
bände angehören werden. Diese Kommission soll die
kommunalen Einnahmen und Ausgaben analysieren und
Alternativen aufzeigen. Trotz dieses breiten Aufgaben-
spektrums soll die Kommission möglichst zügig einen
Bericht vorlegen. Den Kommunen wäre nicht geholfen,
wenn den Ergebnissen der Kommission durch übereilte
Sofortmaßnahmen vorgegriffen werden würde.
Anlage 31
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage
der Abgeordneten Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/633, Frage 57):
Welche Auswirkungen haben die geplante Ausweitung der
Ausnahmen bei den gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen
für Finanzdienstleister und die geplante Änderung bei Funk-
tionsverlagerungen im Außensteuergesetz auf die Steuerein-
nahmen der Kommunen?
Die geplante Änderung bei den gewerbesteuerlichen
Hinzurechnungen von Finanzdienstleistungsunternehmen
führt zu keinen finanziellen Auswirkungen. Die Rege-
lung führt insbesondere dazu, dass Umstrukturierungen
in Unternehmen, die auch Leistungen im Sinne der be-
reits bestehenden Vorschrift ausführen, unterbleiben
können. Diese Umstrukturierungen wären sonst bis Ende
2010 vorzunehmen gewesen.
Bislang konnte die Regelung in den Fällen, in denen
neben Finanzdienstleistungen auch andere Tätigkeiten
ausgeführt wurden, nur durch Auslagerung der Finanz-
dienstleistungen in ein neues Unternehmen (zum Bei-
spiel Tochtergesellschaft) erreicht werden. Dies ist jetzt
nicht mehr zwingend erforderlich. Es kann jedoch davon
ausgegangen werden, dass solche Auslagerungen in den
Fällen, die bisher in größerem Umfang Finanzdienstleis-
tungen ausgeführt haben, durchgeführt worden wären
und sich somit keine zusätzlichen Steuermindereinnah-
men ergeben.
Die geplante Änderung bei Funktionsverlagerungen
im Außensteuergesetz stellt im Kern eine Vereinfachung
für die Steuerpflichtigen und die Finanzverwaltung dar.
Steuerausfälle sind nicht zu erwarten.
Das erleichterte Verfahren auf der Grundlage von
Einzelverrechnungspreisen ist an die Voraussetzung ge-
knüpft, dass der Steuerpflichtige alle von der Funktions-
verlagerung betroffenen, wesentlichen immateriellen
Wirtschaftsgüter – auch soweit sie noch nicht bilanziert
worden sind – genau bezeichnet. Ansonsten bleibt es
beim bisherigen Verfahren (Bewertung auf der Grund-
lage des Transferpakets).
Anlage 32
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage
der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE)
(Drucksache 17/633, Frage 58):
Wie viele Stellen wurden seit der letzten Bundestagswahl
in den jeweiligen Bundesministerien neu geschaffen?
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 9. Februar 2010 1885
(A) (C)
(B) (D)
Seit der letzten Bundestagswahl im September 2009
wurden in den Ministerien (jeweils Kapitel 01) im Ver-
gleich zum ersten RegE 2010 insgesamt 51 Planstellen
und Stellen neu im zweiten Regierungsentwurf des Bun-
deshaushalts 2010 ausgebracht. Diese Zahl verteilt sich
wie folgt auf die einzelnen Ministerien:
Für alle nicht genannten Ministerien wurden keine
neuen Planstellen und Stellen ausgebracht.
Anlage 33
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Fra-
gen der Abgeordneten Sonja Steffen (SPD) (Drucksache
17/633, Fragen 59 und 60):
Wie sehen die ersten Ergebnisse der vom Bundesministe-
rium der Finanzen eingerichteten Arbeitsgruppe zur Rück-
übertragung der zwischen 1945 und 1949 in Ostdeutschland
enteigneten Grundstücke aus?
Wann ist mit einer Umsetzung der Ergebnisse zu rechnen?
Zu Frage 59:
Die Arbeitsgruppe mit dem Arbeitstitel „SBZ-Enteig-
nungen“ hat sich am 27. Januar 2010 konstituiert. Sie
wird entsprechend dem im Koalitionsvertrag artikulier-
ten Ziel prüfen, ob es noch Möglichkeiten gibt, Grund-
stücke, die in der Zeit von 1945 bis 1949 unter sowje-
tischer Besatzung enteignet wurden und sich noch in
öffentlichem Eigentum befinden, den Betroffenen zum
bevorzugten Erwerb anzubieten.
Dies umfasst alle zwischen 1945 und 1949 unter so-
wjetischer Besatzungshoheit enteigneten Flächen, land-
und forstwirtschaftliche sowie Industrie- und Gewerbe-
flächen. Diese Flächen sind nach geltendem Recht nicht
in natura zurückzugeben. Die Alteigentümer erhalten für
das enteignete Vermögen eine Ausgleichsleistung nach
dem Ausgleichsleistungsgesetz.
Auswärtiges Amt 9 (4 in Kap. 0501,
5 in Kap. 0503 –
Vertretungen des
Bundes im Aus-
land)
Bundesministerium für Arbeit
und Soziales
3
Bundesministerium für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung
2
Bundesministerium für Gesund-
heit
1
Bundesministerium für Umwelt 7
Bundesministerium für Wirt-
schaftliche Zusammenarbeit
4
Bundesministerium für Bildung
und Forschung
25
Die betroffenen Flächen können sich im Eigentum
unterschiedlicher Stellen der öffentlichen Hand befinden
(Bund, Länder, Kommunen, andere öffentliche Einrich-
tungen).
Im Bundesbereich ist in erster Linie die BVVG Bo-
denverwertungs- und -verwaltungs GmbH betroffen. In-
frage kommen zum Beispiel auch die Bundesanstalt für
Immobilienaufgaben, die TLG Immobilien GmbH, die
Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsge-
sellschaft mbH, möglicherweise auch das Eisenbahnver-
mögen und das Bundesministerium der Verteidigung.
Die BMF-interne Arbeitsgruppe hat sich aus Effi-
zienzgründen darauf verständigt, ihre Überlegungen zu-
nächst auf die Ermittlung des infrage kommenden
Grundstücksbestandes zu konzentrieren. Im weiteren
Verlauf ist beabsichtigt, die Arbeitsgruppe auf die übri-
gen betroffenen Bundesressorts auszudehnen und die be-
troffenen Länder hinzuzuziehen.
Zu Frage 60:
Die Identifizierung der in Betracht kommenden
Grundstücke wird schwierig und aufwendig sein, weil
sie nicht nach ihrer Herkunft aus Enteignungen regis-
triert sind.
Die Nennung eines genauen Zeitrahmens ist im ge-
genwärtigen Stadium nicht möglich.
Anlage 34
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Fragen des
Abgeordneten Günter Gloser (SPD) (Drucksache 17/633,
Fragen 61 und 62):
Wie beurteilt die Bundesregierung den Stand der Umset-
zung der EU-Dienstleistungsrichtlinie durch die 16 Bundes-
länder, die bis zum 31. Dezember 2009 abgeschlossen sein
sollte, und inwieweit sind insbesondere in allen Ländern die
sogenannten One-Stop-Ansprechstellen für ausländische In-
vestoren tatsächlich eingerichtet und arbeitsfähig?
Wie sieht die Bundesregierung in den jeweiligen Regelun-
gen der Länder und des Bundes die Verpflichtung zur Ge-
währleistung eines hohen Maßes an sozialem Schutz gewähr-
leistet, die in Erwägungsgrund 1 der Richtlinie 2006/123/EG
über Dienstleistungen im Binnenmarkt gefordert wird?
Zu Frage 61:
Alle Bundesländer haben sehr intensiv die Umset-
zung der Dienstleistungsrichtlinie betrieben und insbe-
sondere zahlreiche Gesetzesanpassungen vorgenommen.
Nach Aussagen von Länderseite haben in allen 16 Län-
dern die Einheitlichen Ansprechpartner ihre Arbeit auf-
genommen.
Die Bundesregierung hat durch eine sehr aufwendige
Gesamtkoordinierung gemeinsam mit der Wirtschafts-
ministerkonferenz auf Länderseite dafür gesorgt, dass
ein intensiver Informations- und Meinungsaustausch
stattgefunden hat. Dies betraf insbesondere zahlreiche
schwierige rechtliche und organisatorische Fragen, unter
1886 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 9. Februar 2010
(A) (C)
(B) (D)
anderem im Zusammenhang mit der Errichtung der Ein-
heitlichen Ansprechpartner.
Zu Frage 62:
Darüber hinaus hat die Bundesregierung ein nationa-
les Internetportal eingerichtet, damit die Einheitlichen
Ansprechpartner in den Ländern gut auffindbar sind.
Dieses Portal steht in deutscher und englischer Sprache
zur Verfügung.
Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass sensible Be-
reiche vom Anwendungsbereich der Dienstleistungs-
richtlinie ausgenommen sind. Dies betrifft insbesondere
das Arbeitsrecht einschließlich des Entsenderechts, das
Recht der sozialen Sicherheit sowie nichtwirtschaftliche
Dienstleistungen von allgemeinem Interesse.
Zudem hat die Bundesregierung gemeinsam mit den
Ländern sichergestellt, dass der Inhalt der Richtlinie und
die Ausnahmebereiche im elektronischen Normen-
prüfraster abgebildet wurden. Dieses wurde von allen
Prüfebenen (Bund, Länder, Kommunen, Kammern) bei
der Überprüfung des dienstleistungsbezogenen Rechts
auf seine Richtlinienkonformität, der sogenannten Nor-
menprüfung, genutzt.
Für den Bereich des Bundes achtet die Bundesregie-
rung im Übrigen bei allen Gesetzgebungsvorhaben auf
die Gewährleistung eines hohen Maßes an sozialem
Schutz. Sie hat dies auch bei der Anpassung von Rege-
lungen an die Dienstleistungsrichtlinie getan.
Anlage 35
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die
Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE)
(Drucksache 17/633, Frage 63):
Inwieweit begrüßt die Bundesregierung ebenso wie der
Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter
Menschen, Hubert Hüppe, das Gutachten von Professor
Dr. Eibe Riedel zur Wirkung der internationalen Konvention
über die Rechte von Menschen mit Behinderung und ihres Fa-
kultativprotokolls auf das deutsche Schulsystem (siehe Pres-
semitteilung des Beauftragten vom 28. Januar 2010), nach
dem behinderte Kinder und Jugendliche bereits jetzt ein Recht
auf die Aufnahme in die allgemeine Schule haben, ohne dass
dem entgegengehalten werden könnte, es stünden nicht genü-
gend finanzielle, organisatorische oder logistische Mittel zur
Verfügung, und welche Konsequenzen hat dieses Gutachten
für Bund und Länder in der Bildungspolitik?
Die Bundesregierung begrüßt das Gutachten von Pro-
fessor Dr. Riedel als weiteres Element der Debatte um
die Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Na-
tionen über die Rechte von Menschen mit Behinderun-
gen.
Für die Umsetzung der in Art. 24 des Übereinkom-
mens vorgesehenen inklusiven Bildungsmöglichkeiten
für Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen und
damit auch die Beurteilung der praktischen Konsequen-
zen des Gutachtens in der Bildungspolitik sind jedoch al-
lein die Länder zuständig.
Anlage 36
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Fra-
gen der Abgeordneten Angelika Krüger-Leißner
(SPD) (Drucksache 17/633, Fragen 64 und 65):
Plant die Bundesregierung, die Bezieher von Arbeitslosen-
geld II, ALG II, zu verpflichten, die Zusatzbeiträge der Kran-
kenkassen selbst zu zahlen, und, wenn ja, sieht sie damit das
Existenzminimum der ALG-II-Bezieher unterschritten?
Unter welchen Bedingungen könnten die Zusatzbeiträge
durch den Bund übernommen werden, und plant die Bundes-
regierung, die Bezieher von ALG II – für den Fall, dass der
Bund die Kosten übernimmt – zu verpflichten, die Kranken-
kasse zu wechseln?
Zu Frage 64:
Bislang haben erst einige Krankenkassen die Erhe-
bung eines Zusatzbeitrages beschlossen oder angekün-
digt. Zahlreiche Krankenkassen haben bereits angedeu-
tet, ihre Leistungen weiterhin ohne einen Zusatzbeitrag
anzubieten. Sofern der ALG-II-Bezieher Mitglied einer
Krankenkasse ist, die erstmals einen Zusatzbeitrag er-
hebt, hat er diesen – wie alle anderen Mitglieder auch –
grundsätzlich selbst zu tragen. § 175 Abs. 4 Satz 5 SGB V
räumt den Mitgliedern aber bei erstmaliger Erhebung
oder Erhöhung des Zusatzbeitrages ein Sonderkündi-
gungsrecht ein, sodass es den ALG-II-Beziehern mög-
lich ist, die Belastung durch den Zusatzbeitrag mit einem
Wechsel der Krankenkasse zu vermeiden. Insoweit er-
gibt sich keine Änderung für das verfügbare Einkommen
der ALG-II-Bezieher. Allerdings ist ein Kassenwechsel
nach geltendem Recht nicht notwendig, wenn es für den
Hilfebedürftigen eine besondere Härte bedeuten würde
(siehe Antwort zu Frage 65).
Zu Frage 65:
Der Grundsicherungsträger kann die Aufwendungen
für den Zusatzbeitrag übernehmen, wenn der Kranken-
kassenwechsel für den ALG-II-Bezieher eine besondere
Härte bedeuten würde (§ 26 Abs. 4 des Zweiten Buches
Sozialgesetzbuch, SGB II).
In diesem Fall besteht keine Verpflichtung zum
Wechsel der Krankenkasse. Die Bundesregierung prüft
zurzeit, in welchen medizinisch, wirtschaftlich oder so-
zial begründeten Fällen typischerweise davon auszuge-
hen ist, dass eine besondere Härte vorliegt.
Anlage 37
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die
Frage der Abgeordneten Anette Kramme (SPD)
(Drucksache 17/633, Frage 66):
Warum verzichtet die Bundesregierung darauf, ähnlich
wie im Vorjahr eine Überbrückungsregelung in die Arbeitslo-
sengeld II/Sozialgeld-Verordnung zur Nichtanrechnung der
aktuellen Kindergelderhöhung auf das Arbeitslosengeld II
aufzunehmen, um Überzahlungen beim Arbeitslosengeld II
und damit aufwendige Rückforderungen von den Arbeitsu-
chenden zu vermeiden, und beabsichtigt die Bundesregierung,
bei ihrer Haltung zu bleiben, dass sie eine Überbrückungs-
regelung ablehnt?
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 9. Februar 2010 1887
(A) (C)
(B) (D)
Eine Übergangsregelung führt zu erheblicher Un-
gleichbehandlung und ist damit unter sozialen Erwägun-
gen nicht zu rechtfertigen: Die Bewilligungszeiträume
umfassen regelmäßig sechs Monate. Bei einer Über-
gangsregelung wäre es von dem Zufall des Beginns des
Bewilligungszeitraums abhängig gewesen, ob im Höchst-
fall 100 Euro pro Kind (entsprechend einem Zeitraum
von fünf Monaten in 2009) angerechnet worden wären
oder nicht. Aufgrund des gegebenenfalls langen Über-
gangszeitraums wäre es teilweise zu erheblichen Über-
zahlungen gekommen.
Der Verzicht auf eine Übergangsregelung ist auch kei-
nesfalls unwirtschaftlich. Bei einer Übergangsregelung
wären (saldierte) Mehrkosten in Höhe von etwa 50 bis
55 Millionen Euro entstanden. Zum jetzigen Zeitpunkt
eine rückwirkende Übergangsregelung zu verabschieden,
würde neben dem bereits angefallenen Verwaltungsauf-
wand weiteren, nicht verantwortbaren Aufwand produzie-
ren. Denn aus Gründen der Gleichbehandlung müssten die
von den Grundsicherungsstellen bereits vorgenommenen
Änderungen dann wieder rückgängig gemacht werden.
Anlage 38
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die
Frage der Abgeordneten Anette Kramme (SPD)
(Drucksache 17/633, Frage 67):
Wann rechnet die Bundesregierung mit einem Ergebnis
der Kommission für den Mindestlohn im Pflegebereich, und
sind nach ihrer Ansicht die Voraussetzungen für eine Ermäch-
tigung der Mindestlohnverordnung durch das zuständige Bun-
desministerium für Arbeit und Soziales auch dann erfüllt,
wenn kein einstimmiges Pflegekommissionsergebnis vorlie-
gen sollte?
Bei der Ersten Kommission zur Erarbeitung von Ar-
beitsbedingungen in der Alten- und ambulanten Kran-
kenpflege (Pflegekommission) handelt es sich um ein
unabhängiges Gremium, das in eigener Verantwortung
über Zeitplan und Inhalt seiner Beratungen entscheidet.
Die Bundesregierung kann daher keine Auskunft da-
rüber geben, wann die Pflegekommission ihre Beratun-
gen abschließen wird.
Die Bundesregierung wird zum gegebenen Zeitpunkt
auf der Grundlage einer Empfehlung der Pflegekommis-
sion unter Beachtung der vom Gesetzgeber vorgegebenen
Ziele und der im Koalitionsvertrag und der darauf aufbau-
enden von den Regierungsfraktionen gemeinsam verabre-
deten Grundsätze des politischen Handelns über den Er-
lass einer Mindestlohnverordnung in der Pflegebranche
entscheiden. Die Bundesregierung wird dabei im Rahmen
ihrer Ermessensentscheidung berücksichtigen, ob das Vo-
tum der Pflegekommission einstimmig getroffen wurde.
Anlage 39
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die
Frage der Abgeordneten Katja Mast (SPD) (Druck-
sache 17/633, Frage 68):
Welche politischen Konsequenzen zieht die Bundesregie-
rung aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom
9. Februar 2010 zu den Regelleistungen bei der Grundsiche-
rung für Arbeitsuchende, insbesondere für Kinder?
Urteile des Bundesverfassungsgerichts sind stets voll-
ständig und in allen Belangen umzusetzen. Die Bundes-
regierung wird deshalb die Entscheidungen genau analy-
sieren und die erforderlichen Schritte dann einleiten.
Anlage 40
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Fra-
gen der Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIE
LINKE) (Drucksache 17/633, Fragen 69 und 70):
Erwägt die Bundesregierung, die geplanten Zuschüsse für
die Bundesagentur für Arbeit bzw. Arbeitslosenversicherung
von 16 Milliarden Euro zu kürzen, und wie viel Geld musste
die Bundesagentur für Arbeit seit Einführung der Hartz-Re-
formen durch den Aussteuerungsbetrag bzw. Eingliederungs-
beitrag bisher – bitte für die einzelnen Jahre aufführen – ab-
führen?
Ist im Rahmen möglicher Planungen, die Zuschüsse für
die Bundesagentur für Arbeit zu reduzieren, vorgesehen, im
Gegenzug Qualifizierungsmaßnahmen der Bundesagentur für
Arbeit zu kürzen, und wird die Bundesregierung vor der Som-
merpause 2010 einen Vorschlag zu der in ihrem Koalitions-
vertrag in Aussicht gestellten Straffung der arbeitsmarktpoliti-
schen Instrumente vorlegen?
Zu Frage 69:
Im Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2010
sind 16 Milliarden Euro als Zuschuss an die Bundes-
agentur für Arbeit veranschlagt. Die Höhe des ausge-
brachten Zuschusses basiert auf dem im vergangenen
Dezember von der Bundesregierung genehmigten Haus-
halt der Bundesagentur für Arbeit für das Jahr 2010.
Dieser Haushalt wurde auf den zum damaligen Zeit-
punkt geltenden Wirtschaftsannahmen sowie der Ein-
schätzung des voraussichtlichen Ergebnisses für das Jahr
2009 aufgestellt. Zurzeit befindet sich der Entwurf zum
Bundeshaushalt 2010 in den parlamentarischen Beratun-
gen, deren Ergebnis abzuwarten bleibt.
Für den Aussteuerungsbetrag sind von der Bundes-
agentur für Arbeit in den Jahren 2005 bis 2007 folgende
Beträge gezahlt worden: 2005: rund 4,6 Milliarden Euro,
2006: rund 3,3 Milliarden Euro und 2007: rund 1,9 Mil-
liarden Euro.
Ab dem Jahr 2008 hat die Bundesagentur für Arbeit
in folgender Höhe den Eingliederungsbeitrag abgeführt:
2008: 5 Milliarden Euro und 2009: rund 4,9 Milliarden
Euro.
Umgekehrt hat sich der Bund seit dem Jahr 2007 nach
§ 363 Abs. 1 SGB III mit folgenden Beträgen an der
Finanzierung der Ausgaben der Bundesagentur für Ar-
beit beteiligt: 2007: 6,5 Milliarden Euro, 2008: 7,6 Mil-
liarden Euro und 2009: 7,8 Milliarden Euro.
Zu Frage 70:
Die Bundesagentur für Arbeit hat in ihrem Haushalts-
plan die nach ihrer Einschätzung für die aktive Arbeits-
1888 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 9. Februar 2010
(A) (C)
(B) (D)
marktpolitik benötigten Mittel eingestellt. Die Bundes-
regierung hat den Haushalt der Bundesagentur für Arbeit
für das Jahr 2010 am 16. Dezember 2009 genehmigt.
Dieser ist haushaltsrechtliche Grundlage für die von der
Bundesagentur für Arbeit zu erbringenden Leistungen
der Arbeitsförderung einschließlich der Förderung der
Qualifizierung.
Die Bundesregierung wird bis zur Sommerpause kei-
nen Gesetzentwurf zur nochmaligen Überprüfung der ar-
beitsmarktpolitischen Instrumente vorlegen.
Anlage 41
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die
Fragen der Abgeordneten Brigitte Pothmer (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/633, Fragen 71
und 72):
Aus welchen Gründen plant die Bundesregierung trotz der
im Schreiben von der Bundesministerin für Arbeit und Sozia-
les, Dr. Ursula von der Leyen, dem Bundesminister des In-
nern, Dr. Thomas de Maizière, und dem Bundesminister der
Finanzen, Dr. Wolfgang Schäuble, an die Fraktionen der
CDU/CSU und FDP vom 29. Oktober 2009 geäußerten erheb-
lichen verfassungspolitischen Bedenken lediglich die einfach-
gesetzliche Entfristung der bestehenden zugelassenen kom-
munalen Träger im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, SGB II,
und nimmt damit sehenden Auges das Risiko neuerlicher Kla-
gen in Kauf?
Mit welchen konkreten Vorschlägen und in welchem Zeit-
raum will die Bundesregierung der Forderung der Unions-Mi-
nisterpräsidenten Roland Koch, Horst Seehofer und anderer
nach einer Verfassungsänderung zur Absicherung der gemein-
samen Arbeit von Bundesagentur für Arbeit und Kommunen
in den Arbeitsgemeinschaften des SGB II – Jobcenter – und
für die Ausweitung der Möglichkeit, als kommunaler Träger
zugelassen zu werden, entsprechen, um zeitnah eine Lösung
im Sinne der Arbeitsuchenden mit ausreichenden Mehrheiten
in Bundestag und Bundesrat sicherzustellen?
Zu Frage 71:
Die Frage geht von unzutreffenden Voraussetzungen
aus (siehe Antwort zu Frage 72).
Zu Frage 72:
Ein Partner der Regierungskoalition hat seine Posi-
tion in dieser Frage inzwischen weiterentwickelt. Vor
diesem Hintergrund prüft die Bundesregierung derzeit,
ob ein Vorschlag für eine Verfassungsänderung vorge-
legt werden soll. Die Prüfung dauert noch an.
Anlage 42
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die
Frage des Abgeordneten Josip Juratovic (DIE LINKE)
(Drucksache 17/633, Frage 73):
Wie garantiert die Bundesregierung die Überwachung be-
stehender Mindestlöhne für Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber
ihren Firmensitz außerhalb Deutschlands haben und die folg-
lich ihre Ansprüche nicht vor deutschen Gerichten geltend ma-
chen und hier vollstrecken lassen können, und welche Möglich-
keiten sieht die Bundesregierung, um eventuell bestehende
Defizite zu beseitigen?
Nach § 15 Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) ha-
ben grenzüberschreitend entsandte Arbeitnehmer die
Möglichkeit, ihre auf das AEntG gestützten Ansprüche
auch vor einem deutschen Gericht für Arbeitssachen ein-
zuklagen. Dies ist eine zusätzliche Klagemöglichkeit, die
neben die bereits nach Heimatrecht bestehenden Mög-
lichkeiten gerichtlichen Rechtsschutzes tritt.
Im Übrigen wird die Einhaltung der auf das AEntG ge-
stützten branchenspezifischen Mindestlöhne auch staatli-
cherseits durch die Zollbehörden kontrolliert – §§ 16 ff.
AEntG.
Anlage 43
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die
Frage des Abgeordneten Josip Juratovic (SPD) (Druck-
sache 17/633, Frage 74):
In welchem Umfang wurden die Kontingente für Werkver-
träge zwischen polnischen Arbeitgebern und in Deutschland
ansässigen Unternehmen für den Zugang polnischer Arbeit-
nehmer zum deutschen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung
der einzelnen Sektoren jährlich seit 1990 abgerufen und wel-
che Entwicklung erwartet die Bundesregierung diesbezüglich
für das aktuelle Jahr?
Polen verfügte von 1990 bis 1992 über ein durch-
schnittliches Jahreskontingent in Höhe von 34 806 Werk-
vertragsarbeitnehmern. Tatsächlich beschäftigt waren in
diesem Zeitraum 36 236 Arbeitnehmer, das entspricht
einem Ausschöpfungsgrad von 104 Prozent. Auch in den
Folgejahren wurde das zur Verfügung stehende Kontin-
gent mehrfach überschritten mit der Folge, dass die Kon-
tingenthöhe im darauffolgenden Jahr entsprechend redu-
ziert werden musste.
Ab dem Beitritt Polens zur Europäischen Union am
1. Mai 2004 konnten Dienstleistungserbringungen in
Wirtschaftbereichen, die nicht unter die Übergangsrege-
lungen zur Herstellung der Arbeitnehmerfreizügigkeit
fielen, frei erbracht werden. Somit gab es die Regelun-
gen der Werkvertragsarbeitnehmer-Vereinbarungen ab
1. Mai 2004 nur noch in den Bereichen Baugewerbe und
verwandte Bereiche, der Gebäudereinigung und der In-
nendekoration. Die Höhe des ab diesem Zeitpunkt zur
Verfügung stehenden Kontingents wurde entsprechend
reduziert.
Insbesondere seit dem Beitritt Polens zur Europäi-
schen Union ist der Ausschöpfungsgrad der Werkver-
tragsarbeitnehmerkontingente rückläufig. Während im
Jahr 2004 der Ausschöpfungsgrad noch 82 Prozent be-
trug, betrug er im Jahr 2009 nur noch 39 Prozent.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 9. Februar 2010 1889
(A) (C)
(B) (D)
Im Einzelnen stellt sich die Entwicklung wie folgt dar:
Mit der Herstellung der uneingeschränkten Dienstleistungserbringung durch entsandte Arbeitnehmer zum 1. Mai
2011 sind die Regelungen der Werkvertragsarbeitnehmer-Vereinbarungen obsolet. Die Bundesregierung geht davon
aus, dass die Inanspruchnahme bis dahin umso geringer wird, je näher der Zeitpunkt des Auslaufens rückt.
Zahlen über die im Jahresdurchschnitt beschäftigten polnischen Werkvertragsarbeitnehmer untergliedert nach
Branchen liegen erst ab dem Jahr 1997 vor. Sie lauten wie folgt:
Jahr Kontingent Anzahl Arbeitnehmer Ausschöpfungsgrad
bis 1992 34.806 36.236 104 %
1993 27.731 31.190 112 %
1994 20.238 11.688 58 %
1995 22.560 22.336 99 %
1996 22.900 25.996 114 %
1997 19.611 22.322 114 %
1998 14.817 16.996 115 %
1999 19.724 17.792 90 %
2000 21.550 18.240 85 %
2001 22.710 20.892 92 %
2002 22.950 21.905 95 %
2003 22.290 20.497 92 %
2004 17.995 18.546 103 %
2005 13.185 10.824 82 %
2006 12.370 9.202 74 %
2007 12.740 7.525 59 %
2008 13.980 5.869 42 %
2009 14.670 5.761 39 %
2010 14.670
Jahr
Land-,
Forstwirt-
schaft,
Energie,
Bergbau,
Chemie,
Kunst-
stoffe
Eisen-,
Stahl-
erzeug.
Ver-
arbeiten-
des
Gewerbe
Bau
Bau-
ver-
wandte
Bereiche
Isolierer Restaura-teure
Fleischer-
handwerk
Ins-
gesamt
1997 1.845 3.886 3.082 8.681 1.840 1.327 524 21.184
1998 1.683 3.845 2.165 6.566 1.321 897 466 16.942
1999 1.722 4.275 1.996 6.857 1.690 1.323 380 18.243
2000 1.566 5.027 1.882 6.167 2.192 1.397 306 18.537
2001 1.445 6.295 2.336 7.029 2.861 1.847 242 22.055
2002 1.217 5.736 2.501 6.596 2.493 2.057 221 371 21.193
2003 1.526 5.855 1.558 5.583 2.032 2.076 231 1.867 20.727
2004 1.397 3.811 772 5.581 1.836 2.091 277 781 16.546
2005 881 394 61 4.867 2.227 1.452 167 10.049
2006 548 17 0 4.865 2.113 1.348 135 9.026
2007 441 0 0 3.272 2.044 1.217 110 7.084
2008 355 3 0 2.673 1.733 940 65 5.769
2009 353 0 0 2.580 1.733 967 45 5.678
2010
am 26.01. 224 0 0 1.523 1.649 688 22 4.106
1890 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 9. Februar 2010
(A) (C)
(B) (D)
Anlage 44
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Gerd Müller auf die Frage
des Abgeordneten Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/633, Frage 75):
Wie will die Bundesregierung mit ihrer auf Intensivierung
und Exportorientierung ausgerichteten Agrarpolitik, die sie
einem jetzt veröffentlichten Papier aus dem Bundesministe-
rium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
zufolge auch über 2013 hinaus in der europäischen Gemeinsa-
men Agrarpolitik verankern will, gewährleisten, dass die eu-
ropäische Landwirtschaft ihren Beitrag zur Reduktion von
CO2 und somit für die Erreichung der Klimaziele – Kopenha-
gen – und den Erhalt der Biodiversität leistet?
Die Agrarpolitik der Bundesregierung ist nicht auf In-
tensivierung und ausschließliche Exportorientierung der
landwirtschaftlichen Produktion ausgerichtet. Dies wird
auch in dem Papier des Bundesministeriums für Ernäh-
rung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV)
für die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpoli-
tik nach 2013 nicht gefordert.
Die Treibhausgasemissionen der deutschen Landwirt-
schaft sind unter anderem aufgrund des technischen und
züchterischen Fortschritts seit 1990 erheblich gesunken.
Die Politik der Bundesregierung zielt darauf ab, dass
diese Emissionen weiter zurückgehen und die Biodiver-
sität einschließlich der Agrobiodiversität besser ge-
schützt wird.
Anlage 45
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage
des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/633, Frage 76):
Inwieweit trifft es zu (vergleiche Spiegel Online vom 4. Ja-
nuar 2010), dass die Spezialeinheiten der US-Armee bzw. -Ge-
heimdienste in Afghanistan unter ISAF-Kommando agieren
oder aber im Rahmen der Operation Enduring Freedom – wie
bei der Geheimoperation ab 2. November 2009 in der eigent-
lich deutsch befehligten Region Kunduz; vergleiche Spiegel
Online vom 8. November 2009 –, und welche Erkenntnisse
hat die Bundesregierung – bitte genau auflisten nach Datum,
Herkunft der Einheiten, Unterstellungsverhältnis und Folgen
des Einsatzes – über die bisher in den deutschen Zuständig-
keitsbereichen in Afghanistan von solchen Spezialeinheiten
durchgeführten Aktionen?
US-amerikanische Spezialkräfte werden unter natio-
naler US-amerikanischer Führung eingesetzt und unter-
stützen sowohl OEF als auch ISAF im Vorgehen gegen
Terrorverdächtige und Angehörige der Führungsriege
der Taliban. In seinem Verantwortungsbereich wird
COM RC (N) über die jeweiligen Operationen US-ame-
rikanischer Spezialkräfte informiert.
Über der Bundesregierung bekannte Informationen
zum Einsatz von Spezialkräften anderer Nationen im
Verantwortungsbereich des Regionalkommandos Nord
(RC North) werden die Vorsitzenden, die stellvertreten-
den Vorsitzenden und die Obleute des Verteidigungsaus-
schusses und des Auswärtigen Ausschusses regelmäßig
auf vertraulicher Basis unterrichtet.
Anlage 46
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage
des Abgeordneten Andrej Konstantin Hunko (DIE
LINKE) (Drucksache 17/633, Frage 77):
Wie viele Luftangriffe wurden im Rahmen des Bundes-
wehreinsatzes in Afghanistan durch die Bundeswehr angefor-
dert (www.zeit.de), und durch welche Führungsebene der
Bundeswehr wurde die Entscheidung zu den Angriffsbefehlen
jeweils getroffen?
Zunächst möchte ich festhalten, dass durch die Bun-
deswehr Luftnahunterstützung angefordert wird und
keine Luftangriffe.
Wie die Luftnahunterstützung eingesetzt wird, also mit
oder ohne Waffeneinsatz, ist immer abhängig von der
Lage und den Gegebenheiten vor Ort. Luftnahunterstüt-
zung wird überwiegend als Überflug des Luftfahrzeuges
ohne Waffeneinsatz, sogenannter Show of Force, zur Ab-
schreckung eingesetzt. Die Antwort für den gesamten
Afghanistaneinsatz erfordert eine umfangreiche Recher-
che. Bisher könnten die Daten für den Zeitraum März bis
Dezember 2009 zusammengestellt werden.
Im Jahr 2009 sind im Zeitraum März bis Dezember in
insgesamt 57 Fällen Einsätze im Rahmen der Luftnahun-
terstützung durch deutsche Kräfte angefordert worden.
Von diesen Anforderungen wurde in 47 Fällen ein Luft-
fahrzeug zugewiesen. Im Rahmen dieser Zuweisung
kam es in 30 Fällen zum Einsatz von Show of Force und
in neun Fällen zum Waffeneinsatz. In acht Fällen wurde
das Flugzeug nicht eingesetzt, da die Notwendigkeit
nicht mehr bestand. Die Anforderung der Luftnahunter-
stützung erfolgt bei ISAF durch den militärischen Führer
vor Ort.
Anlage 47
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage
des Abgeordneten Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/633, Frage 78):
Wie viele deutsche Soldatinnen und Soldaten plant die
Bundesregierung im Rahmen des neu vorzulegenden Mandats
in Afghanistan jeweils für Ausbildung, Monitoring, Schutz
und Führungsleistungen einzusetzen, und wie sollen die Sol-
datinnen und Soldaten der Quick Reaction Force auf ihre
neuen Ausbildungsaufgaben vorbereitet werden?
Unter Vorbehalt eines entsprechenden Kabinettsbe-
schlusses und der Zustimmung des Deutschen Bundesta-
ges gehen die Planungen derzeit dahin, dass neben einer
Schwerpunktsetzung auf den Bereich des zivilen Wie-
deraufbaus und der Entwicklung auch eine deutliche
Stärkung des Sicherheitssektors erfolgen wird.
Eine Fähigkeit „Monitoring“ ist im deutschen Ein-
satzkontingent ISAF nicht abgebildet. Ich gehe davon
aus, dass mit „Monitoring“ das „Mentoring“ im Rahmen
der Operational Mentor and Liaison Teams (OMLT) ge-
meint ist.
Eine Differenzierung der Fähigkeiten auf den Einzel-
dienstposten wird grundsätzlich nicht möglich sein, da
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 9. Februar 2010 1891
(A) (C)
(B) (D)
viele Kräfte mehrere Fähigkeiten abbilden. So führen
beispielsweise die OMLT sowohl „Mentoring“ als auch
Bundesregierung verantwortbar, diese Soldatinnen und Solda-
ten in einen Einsatz zu entsenden, für den sie nicht ausgebil-
det sind und der erhebliche Risiken für Leib und Leben zur
„Ausbildung“ durch.
Sie fragen nach wesentlichen, wenngleich nicht allen
zu stellenden Fähigkeiten des deutschen Einsatzkontin-
gents ISAF. Im Einzelnen ist derzeit davon auszugehen,
dass zukünftig etwa 22 Prozent des Kontingents mit
Aufgaben aus dem Bereich „Führungsleistungen“ betraut
sein werden (rund 1 150 Soldatinnen und Soldaten). Für
die Aufgaben „Ausbildung“ und „Schutz“ sind insge-
samt rund 28 Prozent eines Kontingents vorgesehen. Das
entspricht rund 1 400 Soldaten.
Für die Aufgabe „Mentoring“ bleibt es in der jetzigen
Größenordnung von rund 6 Prozent (rund 280 Soldatin-
nen und Soldaten), die aber in der oben genannten Zahl
für die Aufgabe „Ausbildung“ bereits enthalten sind.
Die einsatzvorbereitende Ausbildung der deutschen
Soldatinnen und Soldaten beginnt nach der Beschluss-
fassung des Deutschen Bundestages zum ISAF-Mandat
mit dem Ziel, erstmals ab dem 24. Einsatzkontingent
(voraussichtlich Oktober 2010) in das Einsatzgebiet ver-
legt zu werden.
Unverändert bleibt der Schwerpunkt der Einsatzvor-
bereitung – auch für die Soldatinnen und Soldaten der
derzeitigen Quick Reaction Force (QRF) – auf die indi-
viduellen Fähigkeiten und Fertigkeiten der Soldatinnen
und Soldaten ausgerichtet. Ergänzend wird beispiels-
weise verstärkt das Thema „interkulturelle Kompetenz“
vermittelt.
Die einsatzvorbereitende Ausbildung der Soldatin-
nen und Soldaten orientiert sich nicht an der Art der je-
weiligen Gesamtoperationsführung. Neben individuellen
Grundfertigkeiten werden allen Soldatinnen und Solda-
ten im Rahmen ihrer Ausbildung zunächst Fähigkeiten
und Kenntnisse auf allen Ebenen und unabhängig vom
aktuellen Dienstposten vermittelt, die für Einsätze im
Rahmen der Konfliktverhütung und Krisenbewältigung
benötigt werden. Die weiterführende Ausbildung be-
rücksichtigt dann die jeweilige Bedrohungslage sowie
Besonderheiten der Lage im Einsatzgebiet und umfasst
im Weiteren einem auf den jeweiligen Auftrag und Sta-
tionierungsort hin optimiertes sechsmonatiges Ausbil-
dungsprogramm. Diese Ausbildung erfolgt dann wie bis-
her im Team.
Anlage 48
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage
des Abgeordneten Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/633, Frage 79):
Inwieweit trifft es zu, dass die für den kommenden ISAF-
Einsatz – ISAF: International Security Assistance Force –
vorgesehenen Soldatinnen und Soldaten, zum Beispiel der
Quick Reaction Force, gemäß dem alten – von der Bundesre-
gierung als eher offensiv beschriebenem – Einsatzkonzept
ausgebildet worden sind, und inwieweit ist es aus Sicht der
Folge hat?
Zwischen dem operativen Gesamtansatz im Regional-
kommando Nord und den Zielen, Grundlagen und der
Methodik der Einsatzvorbereitenden Ausbildung der
Bundeswehr ist zu unterscheiden. Die Einsatzvorberei-
tende Ausbildung der Soldatinnen und Soldaten orien-
tiert sich nicht an der Art der Gesamtoperationsführung.
Neben individuellen Grundfertigkeiten werden allen
Soldatinnen und Soldaten im Rahmen ihrer Ausbildung
zunächst Fähigkeiten und Kenntnisse auf allen Ebenen
und unabhängig vom aktuellen Dienstposten vermittelt,
die für Einsätze im Rahmen der Konfliktverhütung und
Krisenbewältigung benötigt werden.
Die weiterführende Ausbildung berücksichtigt dann
die jeweilige Bedrohungslage sowie Besonderheiten der
Lage im Einsatzgebiet und umfasst im Weiteren ein auf
den jeweiligen Auftrag und Stationierungsort hin opti-
miertes sechsmonatiges Ausbildungsprogramm.
Ziel der Einsatzvorbereitenden Ausbildung ist es, die
Soldatinnen und Soldaten in die Lage zu versetzen, ihren
Auftrag zu erfüllen und auf jede denkbare Situation hin
reagieren zu können.
Das Bundesministerium der Verteidigung wird die
Einsatzausbildung für die Einsatzkräfte in den zukünfti-
gen Ausbildungs- und Schutzbataillonen dahingehend
anpassen, dass die Soldatinnen und Soldaten ähnlich wie
die Operational Mentor und Liaison Teams befähigt wer-
den, im Sinne des angestrebten Partnerings eng mit den
afghanischen Sicherheitskräften zusammenzuarbeiten.
Insofern wird das Bundesministerium der Verteidigung
weiterhin dafür Sorge tragen, dass die Soldatinnen und
Soldaten gut vorbereitet und ausgebildet in den Einsatz
gehen.
Anlage 49
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage
des Abgeordneten Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/633, Frage 80):
Inwieweit sind die Voraussetzungen für einen Afghanis-
tan-Einsatz der AWACS-Flugzeuge inzwischen weitgehend
erfüllt, und kann die Bundesregierung ausschließen, dass der
Deutsche Bundestag in den nächsten Sitzungswochen – zum
Beispiel nach den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen –
nicht erneut über eine Erhöhung des Bundeswehrumfangs für
den Afghanistan-Einsatz – vermutlich in der Größenordnung
von weiteren 300 Soldatinnen und Soldaten – entscheiden
muss?
Die Voraussetzungen für einen Einsatz von NATO-
AWACS liegen derzeit noch nicht vor. Es ist die Absicht
der Bundesregierung, den Bundestag erst dann mit einer
möglichen deutschen Beteiligung an einem AWACS-
Einsatz zu befassen, wenn alle Voraussetzungen für die-
sen AWACS-Einsatz vorliegen.
21. Sitzung
Berlin, Dienstag, den 9. Februar 2010
Inhalt:
Redetext
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Anlage 2
Anlage 3
Anlage 4
Anlage 5
Anlage 6
Anlage 7
Anlage 8
Anlage 9
Anlage 10
Anlage 11
Anlage 12
Anlage 13
Anlage 14
Anlage 15
Anlage 16
Anlage 17
Anlage 18
Anlage 19
Anlage 20
Anlage 21
Anlage 22
Anlage 23
Anlage 24
Anlage 25
Anlage 26
Anlage 27
Anlage 28
Anlage 29
Anlage 30
Anlage 31
Anlage 32
Anlage 33
Anlage 34
Anlage 35
Anlage 36
Anlage 37
Anlage 38
Anlage 39
Anlage 40
Anlage 41
Anlage 42
Anlage 43
Anlage 44
Anlage 45
Anlage 46
Anlage 47
Anlage 48
Anlage 49