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ID1700417100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/4 Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Folgen der Krise für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab- mildern – ALG I befristet auf 24 Monate verlängern (Drucksache 17/22) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Diana Golze, Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald, weiterer Abge- Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marie-Luise Dött (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Marco Bülow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . 179 C 147 A 150 B 151 B 152 D 153 D 155 C 157 A 157 D 158 D 160 A Deutscher B Stenografisc 4. Sitz Berlin, Mittwoch, den I n h a Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der Aussprache zur Regierungs- erklärung der Bundeskanzlerin . . . . . . . . . Arbeit und Soziales in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Jutta Krellmann, Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Förderung der Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit fortführen (Drucksache 17/21) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit 127 A 179 B ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Anhe- bung und bedarfsgerechte Ermittlung der Kinderregelsätze (Drucksache 17/23) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 C undestag her Bericht ung 11. November 2009 l t : Rainer Brüderle, Bundesminister BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) . . . . . . . . Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . Ulla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 B 129 A 133 B 136 A 137 B 139 D 141 A 142 A 144 B 145 D Josef Göppel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 A 161 D II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. November 2009 Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Pronold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU) . . . . . . Uwe Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Götz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Sören Bartol (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP) . . . . . . Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Anton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Olaf Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Olaf Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . 163 B 165 D 167 A 169 C 170 D 172 C 174 A 175 C 176 C 178 A 179 C 181 C 183 D 186 B 187 C 189 B 189 D 190 D 192 C 194 D 196 A 197 A 198 A 198 D 199 B 200 A 202 C 204 C 206 A 206 C 207 D 209 A 209 D Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dagmar Ziegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . Olaf Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Günter Krings (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Raju Sharma (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) . . . . . . Jens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Daniela Raab (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dagmar Ziegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . . Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) . . . . Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dagmar Ziegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Miriam Gruß (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Caren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . 210 D 212 B 213 B 214 B 215 A 216 C 217 D 219 C 221 D 225 B 226 A 227 D 228 C 230 D 232 B 233 B 234 D 235 D 238 A 240 B 241 D 243 D 245 C 247 B 249 A 250 B 251 B 253 B 254 D 256 C 258 D 260 C 262 C 263 D 265 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. November 2009 III Sönke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michaela Noll (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 266 C 267 A 268 B 269 D 271 A/C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. November 2009 127 (A) (C) (B) (D) 4. Sitz Berlin, Mittwoch, den Beginn: 9
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. November 2009 271 (A) (C)Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Glos, Michael CDU/CSU 11.11.2009 Lafontaine, Oskar DIE LINKE 11.11.2009 Mattheis, Hilde SPD 11.11.2009 Özoğuz, Aydan SPD 11.11.2009 Dr. Westerwelle, Guido FDP 11.11.2009 Zapf, Uta SPD 11.11.2009 (D) (B) 4. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 11. November 2009 Inhalt: Redetext Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Michael Grosse-Brömer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

    Kollegen! Es ist immer wieder erstaunlich, wie viel Lob
    und Zuspruch ein Mensch ertragen kann, bevor es ihm
    unangenehm wird. Auch ich kann Ihnen das nicht erspa-
    ren, Frau Justizministerin. Ich wünsche Ihnen alles Gute
    in Ihrem neuen Amt. Sie machen das in der Tat zum
    zweiten Mal. Sie kennen das Haus und werden sehr er-
    folgreich sein, wahrscheinlich auch deshalb, weil Ihnen
    die Rechtspolitiker der CDU/CSU zur Seite stehen.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)


    – Der Kollege Wieland wird wieder unruhig, weil er
    spürt, dass die Union einen vernünftigen Aufschlag
    macht. Ich komme gleich darauf zurück.


    (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Volle Umarmung!)


    In der Rechtspolitik können wir als CDU/CSU-Frak-
    tion nahtlos an eine erfolgreiche Arbeit der vergangenen
    Jahre anknüpfen – das ist unser gnadenloser Vorteil –,
    wenn auch unter den Bedingungen einer veränderten po-
    litischen Mehrheit. Es gibt – das ist spannend – viele






    (A) (C)



    (B) (D)


    Michael Grosse-Brömer
    neue Kollegen. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit,
    insbesondere mit den Kollegen in unseren Reihen. Wir
    werden aber auch die neuen Gesichter in der Opposition
    und neue Argumente kennenlernen. Sicherlich werden
    wir ein neues Miteinander finden. Leider gibt es auch ein
    paar Kollegen, die wir vermissen werden. Ich glaube,
    wir hatten mit Andreas Schmidt – er gehört nicht mehr
    dem Deutschen Bundestag an – einen ganz tollen Aus-
    schussvorsitzenden. Es gibt noch einen anderen Kolle-
    gen, der – ich muss jetzt Herrn Wieland zitieren – unver-
    gessen ist, nämlich Jürgen Gehb, der rechtspolitischer
    Sprecher meiner Fraktion war.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Kein lateinischer Satz in der ganzen Debatte heute! Gehb fehlt!)


    Es ist schön, dass wir trotz der vielen neuen Gesichter
    alte vermissen, weil sie so gut waren. Mich freut es ganz
    besonders, dass es sich dabei um Mitglieder der Unions-
    fraktion handelt.

    Wir, die christlich-liberalen Partner, haben in den be-
    reits permanent diskutierten Koalitionsvertrag die guten
    Sachen aufgenommen und die schlechten weggelassen.
    Deswegen wäre es klug, wenn die Opposition der Emp-
    fehlung der charmanten Kollegin Lambrecht von der
    SPD folgen und abwarten würde.

    Es gibt natürlich noch einige Sachen, die auf uns zu-
    kommen. Wir haben nicht alles in diesem Koalitionsver-
    trag geregelt.


    (Christine Lambrecht [SPD]: Das macht Sie so verdächtig!)


    Das sieht man an dem Punkt, den sie angesprochen hat,
    nämlich die Prozesskostenhilfe. Wir ahnen die Reaktion
    der Opposition. Wer PKH auch nur anfasst, kommt
    gleich in den Geruch, die armen Leute daran zu hindern,
    den Rechtsstaat in Anspruch zu nehmen. Darum ging es
    bei der Prozesskostenhilfe in der letzten Legislatur-
    periode nicht,


    (Christine Lambrecht [SPD]: Da sagen die Entwürfe der Länder etwas anderes!)


    darum wird es auch in dieser Legislaturperiode nicht ge-
    hen; denn es geht nur darum, die Möglichkeit zu be-
    schränken, dass man die Prozesskostenhilfe ausnützt,
    weil man sich arm rechnet, und zwar durchaus in Part-
    nerschaften, die wohlhabend sind. Es geht darum, in ei-
    nem solchen Fall nicht weiter Prozesskostenhilfe in An-
    spruch nehmen zu können. Das ist ein Punkt, den wir
    ansprechen müssen, weil er von Ihnen in die Debatte ge-
    bracht wurde.

    Wir werden auch weiterhin mit der Überregulierung
    kämpfen und gleichzeitig den Schutz der Bevölkerung
    im Auge haben müssen. In diesem Spannungsfeld wer-
    den wir sicherlich spannende Debatten haben, ich
    glaube, auch in der Koalition. Wir werden weiterhin das
    Rechtsempfinden der Menschen beachten müssen. Wir
    haben in der letzten Legislaturperiode gespürt, dass die
    Managergehälter im Vergleich zu dem, was geleistet
    wurde, nicht immer angemessen waren. Deswegen hat
    man auch rechtspolitisch darauf reagiert. Ich glaube, wir
    müssen auch in Zukunft nahe beim Menschen bleiben
    und zusehen, dass wir die Akzeptanz des Rechtsstaats
    bei den Menschen stärken.

    Die Kanzlerin kündigte gestern zu Recht an, Deutsch-
    land zu neuer Stärke zu führen. Eine der großen Stärken
    Deutschlands ist die Rechtsordnung. Wir müssen die
    Vorteile dieser Rechtsordnung, nämlich leistungsfähige
    Gesetze, leistungsfähige Justiz, national bewahren und
    international herausstellen und stärken. Stichwort ist
    hier: Bündnis für das Recht. „Law – Made in Germany“,
    das ist eine vorbildliche Arbeit der Politik und der be-
    rufsständischen Vertretungen gewesen. Ich nenne hier
    die Bundesrechtsanwaltskammer, den Deutschen An-
    waltsverein, die Bundesnotarkammer, den Deutschen
    Notarverein und den Deutschen Richterbund. Da ist eine
    sehr gute Arbeit im Sinne des deutschen Rechtsstaats
    und des deutschen Rechts geleistet worden. Wir pflegen
    ein exzellentes Miteinander – das finde ich gut – zwi-
    schen Politik und berufsständischen Vertretungen. Dazu
    zählen beispielsweise auch die Rechtspfleger oder die
    Patentanwälte. Ich glaube, es wird weiterhin so sein
    müssen, dass wir als Rechtspolitiker hier im Deutschen
    Bundestag Wert auf diese praktischen Erfahrungen le-
    gen, dass wir die Erfahrungen berücksichtigen, unser gu-
    tes Verhältnis weiter intensivieren und diese Kontakte
    pflegen.

    Ich will noch kurz darauf hinweisen, dass nach meiner
    Überzeugung die deutsche Rechtsordnung gravierende
    Vorteile gegenüber dem angelsächsischen Recht hat. Wir
    haben das bei der internationalen Finanzmarktkrise ge-
    spürt. Es wäre manches Mal besser gewesen, wenn wir
    deutsche Rechtssätze, deutsche Bilanzierungsvorschrif-
    ten hätten zur Anwendung bringen können und nicht an-
    dere. Bei diesem Punkt werden wir sicherlich insgesamt
    noch nacharbeiten müssen. Es geht auch in den nächsten
    vier Jahren um Deregulierung. Aus Unionssicht geht es
    dabei immer erstens um weniger und zweitens um bessere
    Gesetze. Da gilt der alte Satz, der von dieser Stelle schon
    mehrfach, auch von unterschiedlichen Parteien, zitiert
    wurde: Wo es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu erlassen,
    ist es notwendig, kein Gesetz zu erlassen. –


    (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr richtig!)


    Ich glaube, daran sollte man sich zwischendurch einmal
    erinnern, im Übrigen auch, weil ich jetzt den Parlamen-
    tarischen Staatssekretär Otto sehe, der nicht mehr im
    Kulturausschuss mit mir permanent über Staatszielbe-
    stimmungen diskutieren wird. Vielleicht täte dem
    Grundgesetz eine kleine Ruhepause gut.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Wir haben manches geändert, aber vielleicht können wir
    auch einmal nicht dem Wunsch jeder Kollegin und jedes
    Kollegen nachkommen, sein Lieblingspolitikziel schnell
    in die Verfassung zu schreiben, weil es da so gut aufge-
    hoben ist und weil man dann einen Erfolg zu Hause ver-
    künden kann. Aber Sie, Herr Kollege, haben eine ganz
    wichtige Aufgabe, und ich bin froh, dass Sie sich jetzt






    (A) (C)



    (B) (D)


    Michael Grosse-Brömer
    im Wirtschaftsministerium mit schwierigen Fällen be-
    schäftigen müssen.

    Wir werden Gesetze nach wie vor systematisch nach-
    vollziehbar und auch verständlich machen müssen.

    Ein Punkt, den ich zum Schluss ansprechen will, ist
    aus meiner Sicht sehr wichtig. Es gibt vieles, was nicht
    mehr rein national zu regeln ist. Das ist unstreitig. Eu-
    ropa und die Bundesrepublik Deutschland sind wechsel-
    seitig voneinander abhängig. Wir werden die europäi-
    sche Integration nicht als Bedrohung verstehen, son-
    dern als Gelegenheit, auf globaler Ebene nationale
    Interessen durchzusetzen. Wir haben die Begleitgesetze
    neu gestaltet. Wir müssen jetzt, gerade im Rechtsaus-
    schuss, noch eines tun: Wir müssen die erweiterten
    Befugnisse dieses Parlaments, die erweiterten Mitwir-
    kungs- und Mitbestimmungsrechte jetzt auch in An-
    spruch nehmen. Nur Gesetze machen reicht nicht, gerade
    dann nicht, wenn sie uns persönlich betreffen. Daran
    müssen wir in den nächsten vier Jahren arbeiten. Das ist
    ein ganz wichtiger Punkt.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Ich bin mir sicher: Letztlich können wir auf den Un-
    terausschuss Europarecht nicht verzichten. Da werden
    viele Kollegen mitarbeiten müssen. Wie ich gehört habe,
    gibt es viele, die von diesem Bereich etwas verstehen.
    Sie können ihre Kenntnisse sicherlich sinnvoll einbrin-
    gen. Wir werden europarechtlich intensiver, besser ar-
    beiten müssen.


    (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Allerdings!)


    Zum Schluss will ich sagen: In der Rechtspolitik hat
    sich diese Koalition viel vorgenommen. Wir sind näm-
    lich sicher, dass vieles möglich ist. Frau Ministerin, be-
    vor Ihnen Herr Otto irgendetwas über die Kulturstaats-
    zielbestimmung erzählt, will ich noch schnell sagen,
    dass dieses Koalitionsbündnis – so haben Sie es im Welt-
    Interview gesagt – keine Zwangsbeglückung sei, son-
    dern eine von Empathie und dem Willen zur Zusammen-
    arbeit getragene Partnerschaft. Diese Einschätzung teile
    ich voll und ganz. Besonders freut uns, dass Sie damit
    vorweggenommen haben, dass ohne partnerschaftliche
    Beteiligung der Rechtspolitiker der Union in dieser
    Koalition wohl keine erfolgreiche Rechtspolitik möglich
    ist. In diesem Sinne herzlichen Dank Ihnen.

    Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)




Rede von Katrin Dagmar Göring-Eckardt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Kollege Jens Petermann hat das Wort für die

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Jens Petermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (Plos)


    Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

    gen! Frau Ministerin, in Sachen Rechtspolitik hat die
    Koalition, wie im Koalitionsvertrag nachzulesen ist, ihre
    Hausaufgaben nur unzureichend erledigt. Diesen Vor-
    wurf kann ich Ihnen leider nicht ersparen. Ich möchte
    das an zwei Punkten festmachen.

    Erstens. Sie haben es, wie zuvor in schöner Regel-
    mäßigkeit alle Regierungen seit 1990, versäumt, die Ver-
    pflichtungen aus dem Einigungsvertrag vom 3. Oktober
    1990 zu erfüllen und ein Gesetz zur Regelung der
    Arbeitsverhältnisse vorzulegen. In Art. 30 Abs. 1 Eini-
    gungsvertrag heißt es:

    Es ist die Aufgabe des gesamtdeutschen Gesetzge-
    bers, das Arbeitsvertragsrecht … einheitlich neu zu
    kodifizieren …

    Die jüngere deutsche Rechtsgeschichte zeigt mit dem
    DDR-Arbeitsgesetzbuch von 1976, dass sich die Ar-
    beitsbeziehungen handhabbar regeln lassen und dass
    Rechtssicherheit für die Beteiligten an Arbeitsrechtsver-
    hältnissen erzeugt werden kann.


    (Beifall bei der LINKEN – Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das meinen Sie doch nicht wirklich ernst! Wollen Sie uns jetzt die DDRGesetze anbieten?)


    – Beruhigen Sie sich doch mal. Hören Sie doch erst ein-
    mal in Ruhe zu.

    Von diesen Erfahrungen hat sich die Verhandlungs-
    gruppe der DDR-Regierung leiten lassen und die oben
    zitierte Regelung in Art. 30 Einigungsvertrag erreicht.


    (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch nicht die Volkskammer hier!)


    Die Linksfraktion wird dieses Thema in der vor uns
    liegenden Legislatur aufgreifen und einen Entwurf für
    ein zeitgemäßes Arbeitsgesetzbuch vorlegen. Dabei wird
    ein gesetzlicher existenzsichernder Mindestlohn in Höhe
    von zumindest 8,50 Euro festzuschreiben sein.


    (Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mark der DDR oder Euro?)


    Wir bieten allen Fraktionen an, sich an der Erarbeitung
    zielführend zu beteiligen und damit gerade im zeitlichen
    Kontext des 20. Jahrestages der Grenzöffnung ein Zei-
    chen zu setzen. Auch das ist ein Beweis dafür, dass die
    Herstellung der deutschen Einheit im Sinne des Eini-
    gungsvertrages über Sonntagsreden hinaus ernst gemeint
    ist.


    (Dr. Max Stadler [FDP]: Die DDR-Verfassung brauchen wir nicht zu übernehmen!)


    Zweitens. Der preußische Justizminister Leonhardt
    erklärte einst:

    Solange ich über die Beförderungen bestimme, bin
    ich gern bereit, den Richtern ihre sogenannte Unab-
    hängigkeit zu konzedieren.

    Dieses Zitat stammt aus dem 19. Jahrhundert, also aus
    einer Zeit, in der unser Justizsystem seine Wurzeln hat.






    (A) (C)



    (B) (D)


    Jens Petermann
    Was in einem Rechtsstaat nach dem Prinzip der Gewal-
    tenteilung selbstverständlich ist, nämlich eine unabhän-
    gige selbstverwaltete dritte Gewalt, ist in Deutschland in
    der Form nicht vorhanden. Hier bestimmt nach wie vor
    die Exekutive, wer Richter wird und wer als Richter be-
    fördert wird. Ein Rechtsstaat verdient diesen Namen al-
    lerdings nur insoweit, als er strukturell die Unabhängig-
    keit der Rechtsprechung gewährleistet.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Die Sicherung der Unabhängigkeit der Justiz ist
    eine zentrale Forderung, der sich auch das höchste deut-
    sche Parlament immer wieder stellen muss. Das Grund-
    gesetz hat die rechtsprechende Gewalt den Richterinnen
    und Richtern anvertraut; tatsächlich aber werden die Ge-
    richte durch die hierarchisch gegliederten Justizbehör-
    den geleitet. Diesem in Europa nur noch in Österreich,
    Tschechien und Deutschland anzutreffenden obrigkeits-
    staatlichen Konzept ist ein hierarchiefreies Modell ent-
    gegenzustellen. Die von Verfassungs wegen zu verlan-
    gende Autonomie der Justiz erfordert schließlich eine
    unabhängige selbstverwaltete Justiz. Letztendlich lehnen
    wir die Schaffung einer zusätzlichen Militärjustiz, wie
    sie gerade diskutiert wird, ab. Wir fordern: Friedens-
    diplomaten statt Militärrichter.

    Danke, meine Damen und Herren.


    (Beifall bei der LINKEN – Dr. Max Stadler [FDP]: Es gibt keine Militärrichter mehr! Völlig daneben! – Michael Grosse-Brömer [CDU/ CSU]: Die zweite Rede muss besser werden!)