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ID1700415700

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    11. CDU/CSU-Fraktion.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/4 Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Folgen der Krise für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab- mildern – ALG I befristet auf 24 Monate verlängern (Drucksache 17/22) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Diana Golze, Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald, weiterer Abge- Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marie-Luise Dött (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Marco Bülow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . 179 C 147 A 150 B 151 B 152 D 153 D 155 C 157 A 157 D 158 D 160 A Deutscher B Stenografisc 4. Sitz Berlin, Mittwoch, den I n h a Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der Aussprache zur Regierungs- erklärung der Bundeskanzlerin . . . . . . . . . Arbeit und Soziales in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Jutta Krellmann, Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Förderung der Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit fortführen (Drucksache 17/21) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit 127 A 179 B ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Anhe- bung und bedarfsgerechte Ermittlung der Kinderregelsätze (Drucksache 17/23) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 C undestag her Bericht ung 11. November 2009 l t : Rainer Brüderle, Bundesminister BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) . . . . . . . . Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . Ulla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 B 129 A 133 B 136 A 137 B 139 D 141 A 142 A 144 B 145 D Josef Göppel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 A 161 D II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. November 2009 Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Pronold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU) . . . . . . Uwe Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Götz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Sören Bartol (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP) . . . . . . Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Anton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Olaf Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Olaf Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . 163 B 165 D 167 A 169 C 170 D 172 C 174 A 175 C 176 C 178 A 179 C 181 C 183 D 186 B 187 C 189 B 189 D 190 D 192 C 194 D 196 A 197 A 198 A 198 D 199 B 200 A 202 C 204 C 206 A 206 C 207 D 209 A 209 D Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dagmar Ziegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . Olaf Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Günter Krings (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Raju Sharma (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) . . . . . . Jens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Daniela Raab (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dagmar Ziegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . . Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) . . . . Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dagmar Ziegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Miriam Gruß (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Caren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . 210 D 212 B 213 B 214 B 215 A 216 C 217 D 219 C 221 D 225 B 226 A 227 D 228 C 230 D 232 B 233 B 234 D 235 D 238 A 240 B 241 D 243 D 245 C 247 B 249 A 250 B 251 B 253 B 254 D 256 C 258 D 260 C 262 C 263 D 265 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. November 2009 III Sönke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michaela Noll (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 266 C 267 A 268 B 269 D 271 A/C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. November 2009 127 (A) (C) (B) (D) 4. Sitz Berlin, Mittwoch, den Beginn: 9
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. November 2009 271 (A) (C)Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Glos, Michael CDU/CSU 11.11.2009 Lafontaine, Oskar DIE LINKE 11.11.2009 Mattheis, Hilde SPD 11.11.2009 Özoğuz, Aydan SPD 11.11.2009 Dr. Westerwelle, Guido FDP 11.11.2009 Zapf, Uta SPD 11.11.2009 (D) (B) 4. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 11. November 2009 Inhalt: Redetext Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Olaf Scholz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Sehr geehrte Frau Ministerin, auch Ihnen wünsche ich

    zunächst einmal alles Gute für Ihr neues Amt ganz im
    Interesse unseres Landes.


    (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er schon wieder! Heute im Doppelpack!)


    Es gibt ein paar Fragen in der Rechtspolitik, die wir
    besprechen müssen. Manche Fragen haben wir eben in
    der Debatte über die Innenpolitik schon besprochen. Ich
    fand interessant, wie man malerisch die Tatsache be-
    schreiben kann, dass nichts geschieht. Es wurde darge-
    stellt, dass kleine Änderungen überdacht und Prüfauf-
    träge abgearbeitet werden sollen.

    Aber jeder, der sich mit der Materie auskennt, weiß:
    Reale Bewegung, reale Veränderung kann man nicht
    wahrnehmen.


    (Dr. Max Stadler [FDP]: Sie sollten zumindest die Brille aufsetzen!)


    Das Markenzeichen der Regierung wird vielleicht sein,
    dass zwar alles groß inszeniert wird, aber das, was dann
    an realer Bewegung zu beobachten ist, dieses nicht wert
    ist.


    (Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Das kennen Sie ja!)


    Lassen Sie mich deshalb über ein paar reale Probleme
    reden, die mich sehr besorgt machen und die jeden, der
    am Rechtsstaat unseres Landes interessiert ist, besorgen
    müssen, zum Beispiel über die Veränderung, die Sie bei
    der Prozesskostenhilfe planen. Da steht zwar jetzt ganz
    harmlos, dass Sie mal schauen wollen, ob das alles unter
    den Gesichtspunkten der finanziellen Umstände ver-
    nünftig ist. Aber in Wahrheit ist dies doch die Ankündi-
    gung, dass die Prozesskostenhilfe für Leute verschlech-
    tert wird, die wenig Einkommen haben.


    (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


    Das ist keine gute Botschaft für den Rechtsstaat in
    Deutschland. Er muss jeden schützen und nicht nur die-
    jenigen mit dickem Geldbeutel.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Es gibt im Übrigen überhaupt keinen Evaluationsbe-
    darf. Das, was dort diskutiert wird, ist schlichtweg Spar-
    politik, aus den Länderverwaltungen in die Koalitions-
    verhandlungen gebracht. Es hätte genügt, sich dagegen
    aufzustellen.

    Das Gleiche gilt für das, was Sie mit dem Rechts-
    standort Bundesrepublik Deutschland anstellen wollen.
    Über Wirtschaftspolitik wird zwar viel gesprochen; aber






    (A) (C)



    (B) (D)


    Olaf Scholz
    dass die Qualität des Rechts in Deutschland sehr hoch ist
    und dass man sich auf die Rechtspflege hierzulande or-
    dentlich verlassen kann, das ist für viele weltweit von
    großer Bedeutung. Deshalb fuhrwerkt man darin nicht
    einfach herum.

    Ich will Ihnen ausdrücklich vorhalten, dass die Eröff-
    nung der Möglichkeit der Zusammenlegung von So-
    zial- und Verwaltungsgerichten mit der Folge, dass es
    in einigen Ländern so und in anderen Ländern so ist,
    eine Verschlechterung der Qualität der rechtlichen Orga-
    nisationen in Deutschland ist. Wir lehnen das ab. Sie
    sollten von diesem Vorhaben ganz lassen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Dann haben Sie sich vorgenommen, dass jetzt so
    manche Privatisierung stattfinden soll. Die Aufgaben
    des Nachlassgerichts sollen teilweise bei den Notaren
    landen. Das Gerichtsvollzieherwesen wollen Sie privati-
    sieren – und das wollen Parteien, die ständig die Wirt-
    schaftsförderung in den Vordergrund stellen. Hier soll
    eine Veränderung durchgeführt werden, die die Kosten,
    die bei der Zwangsvollstreckung anfallen, auf alle Fälle
    gewaltig steigern und die die Qualität der Rechtspflege
    verschlechtern wird.


    (Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Vollkommen an der Realität vorbei!)


    Wir lehnen beide Privatisierungsschritte ab.


    (Beifall bei der SPD)


    Eines der Vorhaben, das ebenfalls Anlass zu vielen
    Nachfragen und Sorge geben muss, sind die Veränderun-
    gen, die Sie beim Mietrecht vorhaben. Warum eigent-
    lich, fragt man sich. Man kann heute sagen, dass es keine
    Behinderung vernünftiger Investitionen in Wohnge-
    bäude gibt, die sich durch das heutige Mietrecht erklären
    lässt. Wer saniert, hat am Ende, früher oder später, etwas
    davon. Ohnehin wird dadurch sowieso nur die Substanz
    der Mietsache, der Wohnung erhalten. Es gibt keinen
    Anlass, nach juristischen Regeln zu suchen, die letztend-
    lich dazu führen, dass Mieter Dinge bezahlen müssen,
    die eigentlich zur normalen Bestandspflege und zur Wei-
    terentwicklung von Wohnungen seitens der Vermieter
    gehören.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Und es sind zwei Ankündigungen dabei, die mich
    sehr bedenklich stimmen. Zum Beispiel wollen Sie für
    das Eintreiben von Mietschulden neue Möglichkeiten
    schaffen.


    (Ute Kumpf [SPD]: Raubritter!)


    Da fragt man sich, weil das alles sehr kryptisch ist, was
    sich dahinter eigentlich verbirgt. Ich habe die Sorge,
    dass Sie zum Beispiel ermöglichen wollen, dass man mit
    einem Titel gegen den Hauptmieter eine Zwangsräu-
    mung durchführen kann und die weiteren in der Woh-
    nung berechtigt Lebenden die Wohnung gleich mit räu-
    men müssen. Das wäre eine Verschlechterung. Falls das
    gemeint ist, können Sie mit unserem entschiedenen Wi-
    derstand rechnen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/ CSU]: Alles Spekulation!)


    Ich ergänze das um die Frage der Kündigungsfristen.
    Heute ist die Politiksprache so, dass sie meistens harm-
    los daherkommt. Alles klingt so, als ob es zum Besseren
    für alle wird. In Wahrheit wird es für manche zum Teil
    ganz schön schlecht.


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wer sollte das besser wissen als Herr Scholz!)


    Dass Sie im Rahmen Ihrer Vorhaben sagen: „Die Kündi-
    gungsfristen für Vermieter und Mieter sollen angegli-
    chen werden“, ist doch nur eine nette Formulierung für
    die Ankündigung, dass die Kündigungsfristen für Mieter
    verschlechtert werden sollen. Das ist keine richtige Ent-
    scheidung.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Sagen Sie offen, dass Sie der Vermieterlobby und deren
    jahrelanger Arbeit in Richtung Politik nachgeben,


    (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und der FDP selbstverständlich!)


    und tun Sie nicht so, als ob Sie irgendjemandem sonst et-
    was Gutes tun. Es ist eine Verschlechterung der Situation


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Der Mietnomaden!)


    der Mieter in diesem Land, die Sie planen.

    Meine Damen und Herren, im Koalitionsvertrag steht
    zur Rechtspolitik eine Formulierung, die die großen An-
    kündigungen andernorts infrage stellt.

    Ich nenne eine Ankündigung zum Gesellschafts-
    recht. Sie wollen die Europäische Gesellschaft im Sinne
    des Mittelstandes entwickeln. Das Gesellschaftsrecht ist
    eine Sache des Justizministeriums. Aber es geht um die
    Mitbestimmung. Das, was Sie hier in den Koalitionsver-
    trag geschrieben haben, ist der Bruch eines Wahlverspre-
    chens. Sie haben nämlich gesagt, an der Mitbestimmung
    in Deutschland werde nichts verschlechtert. Ja, man
    kann in Deutschland die Mitbestimmung abschaffen,
    ohne ein einziges Gesetz zu ändern, indem man ein Loch
    in den Eimer bohrt, durch das das ganze Wasser der Mit-
    bestimmung fließt. Wenn Sie auf die Art und Weise, wie
    es heute in Europa geplant ist, eine solche Europäische
    Gesellschaft schaffen, dann wird es mit der Mitbestim-
    mung in Deutschland bald vorbei sein, selbst wenn die
    Gesetze als Relikte noch vorhanden sind. Das muss ver-
    hindert werden, meine Damen und Herren.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Es besteht Anlass zu dieser Sorge; denn es hat in der
    bisherigen Koalition in dieser Frage keine Einigkeit zwi-
    schen dem Arbeitsministerium, dem Wirtschaftsministe-






    (A) (C)



    (B) (D)


    Olaf Scholz
    rium und dem Kanzleramt gegeben. Dort war der
    Wunsch, es so zu machen, dass die Mitbestimmung
    durch die Schaffung solcher Gesellschaften abgeschafft
    werden kann, so vehement, dass es nicht möglich war,
    eine gemeinsame Linie der Bundesregierung in dieser
    Frage gegenüber der Europäischen Union zu entwickeln.
    Deshalb sage ich: Das, was Sie hier hineingeschrieben
    haben, ist das Gegenteil dessen, was in der Regierungs-
    erklärung gesagt worden ist. Die Mitbestimmung ist da-
    mit in Gefahr. Dies muss jeder wissen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Frau Ministerin, das Selbstlob, das Sie sich in der
    Frage der Weiterentwicklung des Rechts gleichge-
    schlechtlicher Lebensgemeinschaften und eingetrage-
    ner Partnerschaften ausgesprochen haben, ist völlig
    unberechtigt. Letztendlich haben Sie es gerade einmal
    geschafft, das, was die Rechtsprechung erzwingt, Gesetz
    werden zu lassen. Das darf man ja wohl mindestens er-
    warten. Aber Fortschritt ist Ihnen nicht gelungen, auf
    den Sie aber mit Ihrer politischen Tradition und den An-
    sagen, die Sie in den letzten Jahren gemacht haben, hät-
    ten dringen müssen. Dabei hätten Sie auch mit unserer
    Unterstützung rechnen können. Es gibt bei der Union et-
    was, das ich einmal als „Bis-hierhin-und-nicht-weiter-
    Liberalismus“ bezeichne. Er geht so: Man ist immer da-
    gegen. Das gesamte Recht, das wir zu den eingetragenen
    Lebenspartnerschaften entwickelt haben, ist auf ent-
    schiedenen Widerstand der Union gestoßen. Als wir es
    endlich so weit hatten, konnte man sich irgendwann
    dazu durchringen, dass es so bleiben könne, wie es ge-
    worden ist; es dürfe nur nichts mehr dazukommen. Die-
    ses „Nichts-mehr-darf-dazukommen“ hat die Union
    auch in dieser Frage letztlich erfolgreich gegen Sie ver-
    teidigt. Ich bedaure dies; denn Fortschritt wäre hier das
    Richtige gewesen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Max Stadler [FDP]: Das Gegenteil ist der Fall!)


    Meine Damen und Herren, es ist über den Datenschutz
    schon diskutiert worden. Er spielt in der Innenpolitik, der
    Justizpolitik, der Wirtschaftspolitik und selbstverständ-
    lich im Bereich der Rechte von Arbeitnehmerinnen und
    Arbeitnehmern eine Rolle. Deshalb will ich an dieser
    Stelle noch einmal etwas zum Arbeitnehmerdatenschutz
    sagen, weil mich bei diesem Thema in den letzten Jahren
    Folgendes sehr aufgeregt hat:


    (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja, hätte schneller gehen können!)


    Bei jedem großen Skandal sagen alle, sie wollten etwas
    machen und seien sofort für das, was die gute Überschrift
    „Arbeitnehmerdatenschutz“ hat. Aber wenn es dann kon-
    kret zur Sache geht, sind alle einzelnen Regelungen nicht
    gewollt. Die Überschrift will man noch hinnehmen, aber
    die konkreten Regelungen, die den Datenschutz der Ar-
    beitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbessern, werden
    dann gar nicht mehr akzeptiert. Deshalb waren die Ver-
    handlungen zu dieser Frage in den letzten Monaten und
    dem letzten Jahr schon eine ganz interessante Erfahrung.

    (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da muss man als Minister durchsetzungsstark sein!)


    Es war interessant, zu sehen, dass man öffentlich immer
    einer Meinung ist, in der Fachfrage aber in keinem rele-
    vanten Detail.

    Deshalb gibt es auch einen Entwurf zum Arbeitneh-
    merdatenschutz, und deshalb werden wir ein solches Ge-
    setz in diesem Hause beraten. Ich bin dagegen, es ir-
    gendwo im Datenschutzgesetz unterzubringen.


    (Beifall bei der SPD)


    Erstens ist es schon ganz schwierig gewesen, bei der Ge-
    neralklausel zu einer vernünftigen Regelung zu kom-
    men. Zweitens brauchen die Arbeitnehmer mehr Schutz,
    weil sonst der Missbrauch weiterhin stattfinden wird.
    Wenn ein neuer Missbrauch bekannt wird, erklärt jeder
    Politiker, er halte dies jetzt für so schlimm, dass man ein
    Gesetz brauche. Das reicht nicht. Wir sollten ein Gesetz
    schaffen, das diesen Namen verdient. Das ist dann auch
    gute Rechtspolitik, meine Damen und Herren.


    (Beifall bei der SPD – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie ja jahrelang versäumt!)




Rede von Katrin Dagmar Göring-Eckardt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Günter Krings für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Günter Krings


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

    Herren Kollegen! Mit den heutigen Debatten zur Innen-
    und Rechtspolitik sprechen wir am heutigen Nachmittag
    über die Kernaufgaben des Staates. Die Bundeskanzlerin
    hat gestern sehr treffend in ihrer Regierungserklärung
    betont, dass Freiheit und Sicherheit untrennbar zusam-
    mengehören.

    Freiheit ohne Sicherheit wäre wertlos, sie verkäme zu
    einer einseitigen Freiheit des Starken. Wollten wir aber
    Sicherheit ohne Freiheit, hätten wir in Deutschland aus
    zwei Diktaturen nichts gelernt. Heute, zwei Tage nach
    dem 20. Jahrestag des Mauerfalls, wird besonders deut-
    lich, dass die innere Sicherheit unseres Landes und eine
    stabile Rechtsordnung eben keine Selbstzwecke sind,
    sondern dass Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit im
    Dienste der Freiheit der Menschen stehen. Genau das
    war den Menschen in der DDR in den Tagen des No-
    vembers vor 20 Jahren klarer. Und wir sollten es auch
    nicht vergessen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Weil Freiheit und Sicherheit zwei Seiten der gleichen
    Medaille sind, ist die Überschrift des Kapitels im Koali-
    tionsvertrag sehr treffend gewählt worden: „Freiheit und
    Sicherheit – Durch Bürgerrechte und starken Staat.“ Das
    ist zugleich das Leitkonzept der christlich-liberalen






    (A) (C)



    (B) (D)


    Dr. Günter Krings
    Rechtspolitik und der neuen Bundesregierung in dieser
    Wahlperiode. Genauso wie Freiheit Sicherheit voraus-
    setzt, so brauchen Bürgerrechte einen starken Staat, der
    diese Freiheitsrechte, diese Bürgerrechte auch durchset-
    zen kann.

    Es ist keine Lösung, den Staat dort großmachen zu
    wollen, wo es um Bürokratie und Umverteilungsappa-
    rate geht, sondern der Staat muss gerade auch dort stark
    sein, wo seine Ordnungshüter und Gerichte die Grund-
    bedürfnisse der Menschen nach Freiheit und Sicherheit
    befriedigen. Wir dürfen den starken Staat nicht mit dem
    voluminösen Staat verwechseln. Deshalb ist es richtig,
    dass wir in dieser Wahlperiode unter anderem auch beim
    Bürokratieabbau deutlich voranschreiten.

    Viele hatten vorausgesagt, dass es in den Koalitions-
    verhandlungen gerade in den Bereichen Recht und In-
    nenpolitik besonders schwierig und kontrovers werden
    würde. Soweit ich die Koalitionsverhandlungen begleitet
    habe, konnte ich mich davon überzeugen, dass wir in ei-
    ner guten, sachlichen, konstruktiven Atmosphäre disku-
    tiert haben. Am Ende waren wir im Bereich von Innen-
    und Rechtspolitik eine von drei Arbeitsgruppen, die
    schon in der ersten Runde einen vollständigen Konsens
    erzielt haben.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für wen spricht das?)


    Das ist sicher gut, weil wir schon in der letzten Wahl-
    periode festgestellt haben, dass rechtspolitische Fragen
    möglichst von Fachleuten diskutiert werden sollen, um
    zu einer sachdienlichen Lösung zu kommen. Wenn das
    zu vorgerückter Stunde in Koalitionsausschüssen statt-
    fand, dann kam dabei nicht immer das beste Paket he-
    raus.

    Im Bereich der Innen- und Rechtspolitik ist dank der
    umsichtigen Verhandlungsführung – das will ich an die-
    ser Stelle betonen – des aus der Funktion des Innenminis-
    ters ausgeschiedenen Wolfgang Schäuble und der neuen
    Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ein
    gutes Ergebnis erzielt worden.


    (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jürgen Gehb ist unvergessen als sachkundiger Redner!)


    Ich möchte mich bei beiden – Frau Leutheusser-
    Schnarrenberger ist anwesend – noch einmal sehr herz-
    lich für diese Verhandlungen und für diese Atmosphäre
    bedanken.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Ich wünsche Ihnen, Frau Ministerin, an der Spitze des
    Justizministeriums alles Gute und viel Erfolg für diese
    Arbeit. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit und darf
    den Staatssekretär Herrn Stadler ausdrücklich in den
    Wunsch einschließen. Sie nehmen eine für Sie nicht
    ganz neue Position ein. Ich bin mir sicher, dass Sie die
    Zusammenarbeit mit den beiden Koalitionsfraktionen er-
    folgreich durchführen werden.

    Im Zuge dieser Bereitschaft zu einem konstruktiven
    Dialog, der natürlich auch innerhalb der Koalitionsfrak-
    tionen stattfinden wird, will ich den Oppositionsfraktionen
    – ich darf namentlich die SPD und das Bündnis 90/Die
    Grünen erwähnen – ausdrücklich anbieten, mit uns zu-
    sammenzuarbeiten.


    (Zuruf von der LINKEN: Wir nicht? Das ist enttäuschend!)


    Wahr ist, dass wir in der Großen Koalition mit der SPD
    durchaus einen Vorrat an gemeinsamen Themen, an ge-
    meinsamen Grundüberzeugungen hatten und dass wir im
    Bereich der Rechtspolitik den Koalitionsvertrag der letz-
    ten Wahlperiode zu einem ganz großen Teil, zu fast
    100 Prozent, umgesetzt haben.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leider!)


    Ich kann nur hoffen, dass Sie, liebe Kolleginnen und
    Kollegen von der SPD, diesen Grundkonsens in vielen
    Fragen der Rechtspolitik nicht nur deshalb aufkündigen,
    weil Sie jetzt eine andere Rolle spielen. Die Versuchung,
    in der Opposition einen Rollenwechsel zu vollziehen, ist
    groß; das weiß ich. Ich bin deshalb rückblickend froh,
    dass ich während der drei Jahre als Oppositionspolitiker
    im Rechtsausschuss hier im Hause dieser Versuchung
    widerstanden habe.


    (Lachen der Abg. Christine Lambrecht [SPD])


    Ich kann mich zum Beispiel sehr gut an die Verhandlun-
    gen zum Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz An-
    fang 2005 erinnern, Herr Scholz. Das haben wir damals,
    als wir noch in der Opposition waren, gemeinsam hinbe-
    kommen. Ich fand die Verhandlungen sehr sachorien-
    tiert. Ich habe bei Ihren beiden Reden zur Innen- und
    Rechtspolitik ein bisschen den Eindruck gewonnen, dass
    der Effekt der Oppositionszugehörigkeit Sie eingeholt
    hat. Ich darf daher der Hoffnung Ausdruck verleihen,
    dass wir weiter sachorientiert miteinander kommunizie-
    ren werden. Ich hoffe auch, dass Sie in Ihrer neuen
    Rolle, in der Opposition, nicht die Augen vor den wah-
    ren Problemen dieses Landes verschließen.


    (Ute Kumpf [SPD]: Das machen wir doch nie!)


    Ich darf einen Punkt nennen: Sie haben eben das
    Thema Mietrecht angesprochen. Ich glaube, wir müssen
    uns davor hüten, zu glauben, auf der einen Seite seien
    die reichen Vermieter und auf der anderen Seite die ar-
    men Mieter unterwegs. Ich bin in meiner Heimatstadt
    sehr oft von Menschen angesprochen worden, die sich
    zum Zwecke der Altersvorsorge ein oder zwei Mietwoh-
    nungen zugelegt haben und jetzt unter Mietnomaden lei-
    den. Sie leiden darunter, dass sie ihre Miete nicht eintrei-
    ben können und ihre Alterssicherung gefährdet ist. Wer
    sagt: „Da machen wir keine Änderungen mit“, der gibt
    diesen Menschen Steine statt Brot. Diese Menschen ha-
    ben Hilfe verdient. Diese Hilfe bekommen sie von dieser
    Koalition.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben doch geltendes Recht! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darum ging es gar nicht!)







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    Dr. Günter Krings
    Da sich die Kollegen von den Grünen gerade so nett
    zu Wort melden, darf ich ihnen sagen: Ich glaube, auch
    die Debatten zwischen uns werden weiterhin spannend
    bleiben. Das werden sicherlich Diskussionen auf Augen-
    höhe sein und hoffentlich keine Diskussionen, in denen
    sich die eine Seite als Gralshüter des Rechtsstaates sieht.
    Hoffentlich wird die Diskussion von der Erkenntnis aus-
    gehen, dass nur ein starker Staat die Bürgerrechte gut
    schützen kann.

    Der Koalitionsvertrag umfasst eine Fülle von Aussa-
    gen aus dem sehr vielschichtigen Bereich der Rechtspo-
    litik. Für die Rechtspolitik ist es übrigens besonders
    wichtig, dass alle, die mitreden wollen, die circa
    130 Seiten wirklich aufmerksam lesen; denn viele Aus-
    sagen zur Rechtspolitik finden sich gar nicht in dem spe-
    ziellen Teil zur Rechts- und Innenpolitik, sondern an vie-
    len anderen Stellen, zum Beispiel zur Wirtschafts- und
    Umweltpolitik. Das macht mehrere Dinge deutlich:

    Erstens. Wir denken nicht in Schubladen, sondern in
    thematischen Zusammenhängen, die die Bürger verste-
    hen.


    (Lachen der Abg. Christel Humme [SPD])


    Zweitens. Rechtspolitik ist eine echte Querschnitts-
    aufgabe, die in nahezu alle Sachbereiche der Politik hin-
    einspielt.

    Drittens. Rechtspolitik ist auch Gesellschaftspolitik,
    die den Veränderungen in der Gesellschaft folgt, sie aber
    auch steuert, beschleunigt oder, wenn nötig, zügelt. Mit
    Rechtspolitik kann in bester konservativer Tradition Be-
    währtes erhalten werden und schädlichen, gefährlichen
    Entwicklungen gegengesteuert werden.

    Gerade wegen dieser Vielfalt und dieser Steuerungs-
    funktionen ist die Rechtspolitik eines der spannendsten
    Themenfelder, über die in diesem Hause debattiert wird,
    und der Rechtsausschuss einer der interessantesten Aus-
    schüsse dieses Hauses. Ich beglückwünsche daher alle
    Kollegen, die neu in diesem Ausschuss sind. Aufgrund
    des Wahlergebnisses kommen viele erstmalig in diesen
    Ausschuss. Ich bin mir sehr sicher, dass Sie die Ent-
    scheidung für diesen Ausschuss nicht bereuen werden,
    sondern dass Sie im Gegenteil die Arbeit im Bereich der
    Rechtspolitik sehr schätzen werden.

    Die öffentlichkeitswirksamsten Teile der Rechtspoli-
    tik sind die strafrechtlichen und die strafprozessualen
    Themen. Ich will ein paar Punkte aufgreifen. Natürlich
    gab es hierbei im Vorfeld nicht nur identische Positionen
    bei FDP und Union. Umso positiver ist es aber, dass wir
    sagen können, dass wir in vielen Punkten einen guten
    Konsens gefunden, sehr gute Kompromisse erzielt und
    letztlich gerade für die Opfer von Straftaten wesentliche
    Verbesserungen erreicht haben.

    Ich will erwähnen, dass wir zum Ersten die Zwangs-
    verheiratung als eigenständiges Delikt in das Strafge-
    setzbuch hineinschreiben wollen.


    (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir schon längst erledigt!)

    Das ist ein klares und wichtiges Signal, diesen Straftat-
    bestand noch einmal klarer und deutlicher zu fassen. Das
    ist ein klares und wichtiges Signal für viele Frauen, die
    aus anderen Kulturkreisen hierherkommen, das zeigt,
    dass der deutsche Rechtsstaat sie nicht allein lässt. Die
    jetzige Regelung ist eben nicht deutlich genug gefasst.
    Das werden wir verbessern.


    (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen nur eine eigene Hausnummer! – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Kosmetik!)


    Zum Zweiten setzen wir uns für das strafrechtliche
    Verbot einer gewerblichen Sterbehilfe ein. An der Tö-
    tung auch eines leidenden Menschen darf in Deutschland
    kein Geld verdient werden.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist sogar verboten! Man darf niemanden töten! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht Ihr früherer Parteifreund Kusch, den Sie zum Justizsenator gemacht haben!)


    Wir wollen Polizisten besser schützen. Die Polizisten
    riskieren täglich für unseren Rechtsstaat, für unsere Sicher-
    heit Leib und Leben. Es ist sehr fragwürdig, dass nach dem
    Strafgesetzbuch für die Beschädigung eines Polizeiautos
    ein höherer Strafrahmen vorgesehen ist – der Kollege
    Bosbach hat in den letzten Wochen sehr oft zu Recht darauf
    hingewiesen – als für die Verletzung eines Polizisten. Es ist
    daher richtig und notwendig, dass wir für den Widerstand
    gegen Vollstreckungsbeamte, jedenfalls in besonders
    schweren Fällen, ein höheres Strafmaß vorsehen.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


    Das Problem von Widersprüchen im Strafrecht stellt
    sich auch im Bereich des Jugendstrafrechts. Deshalb
    haben wir hier vereinbart, dass wir die Höchststrafe für
    das abscheuliche Verbrechen des Mordes heraufsetzen
    werden. Gerade weil die allermeisten jungen Erwachse-
    nen heute nach Jugendstrafrecht – das ja für Jugendliche
    und Heranwachsende gilt – behandelt werden,


    (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch überhaupt gar nicht!)


    ist es nicht nur für Laien, sondern auch für viele Juristen
    schwer verständlich, wenn in manchen Fällen der 22-jäh-
    rige Nebentäter eine doppelt so hohe Gefängnisstrafe wie
    der 20-jährige Haupttäter bekommt.

    Im Jugendstrafrecht halte ich eine weitere Änderung
    für noch viel dringlicher, nämliche die Einführung eines
    sogenannten Warnschussarrestes.


    (Christine Lambrecht [SPD]: Das ist der größte Blödsinn, den es gibt!)


    Nicht erst der tragische Fall des mutigen Geschäfts-
    manns Dominik Brunner, der in München-Solln im Sep-
    tember von zwei Jugendlichen zu Tode geprügelt wurde,
    weil er vier Kindern helfen wollte, zeigt, dass wir viel






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    Dr. Günter Krings
    frühzeitiger und konsequenter auf Jugendliche einwirken
    müssen, die in die Kriminalität abzurutschen drohen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Glauben Sie ernsthaft, dass die Höchststrafe eine Rolle gespielt hätte? Glauben Sie, dass die Höchststrafe abgeschreckt hätte?)


    – Passen Sie auf: Ich spreche gerade vom Warnschussar-
    rest. Herr Kollege Wieland, Sie sollten schon aufpassen,
    wovon ich spreche. Dann haben Sie auch etwas davon.

    Jugendliche Intensivtäter geben oft selber an, dass sie
    die Botschaft des Rechtsstaates zu lange nicht wirklich
    verstanden haben, weil sie Verwarnungen von Gerichten
    nicht ernst genommen haben oder die Verurteilung zu
    Sozialstunden und Bewährungsstrafen als faktischen
    Freispruch gewertet haben. Sie brauchen, wie sie zum
    Teil selber sagen – ich selbst habe solche Gespräche ge-
    führt –, einen wirksamen frühzeitigen Schuss vor den
    Bug, und zwar zu dem Zeitpunkt, wo man kriminelle
    Karrieren noch stoppen kann.


    (Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Dafür gibt es den Jugendarrest!)


    Dieser Schuss vor den Bug kann eben auch eine Teilver-
    büßung einer im Übrigen zur Bewährung ausgesetzten
    Freiheitsstrafe sein. Nichts macht wohl einen so dauer-
    haften Eindruck auf einen jungen Menschen wie der Ver-
    lust der Freiheit für einige Wochen.


    (Christine Lambrecht erst alles, was sie noch nicht kennen! – Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    ihm macht!)

    Diese sicherlich harte Maßnahme ist bei manchen Ju-
    gendlichen und jungen erwachsenen Straftätern nötig,
    um ihnen den Respekt vor unserem Rechtsstaat zu leh-
    ren. Auch insoweit brauchen wir keinen weichen, alles
    entschuldigenden, sondern einen starken Staat.

    Wir werden ferner Schutzlücken im Recht der Siche-
    rungsverwahrung schließen.


    (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein besonders schlimmes Kapitel!)


    Dieses besonders scharfe Schwert des Rechtsstaates darf
    nur wohlüberlegt eingesetzt werden. Es wird deshalb eine
    Harmonisierung mit einer in sich stimmigen Gesamtlö-
    sung dieses Themenbereiches geben. Es gibt – zum Glück
    nur wenige – hochgefährliche Täter, vor denen wir die
    Allgemeinheit schützen müssen. Es kann aber nicht sein,
    dass eine Sicherungsverwahrung etwa daran scheitert,
    dass ein schon vom ersten Hafttag an extrem gefährlicher
    Täter seine Gefährlichkeit eben gar nicht mehr steigern
    kann. Hier gibt es Handlungsbedarf; darauf werden wir
    reagieren.

    Wahr ist: In der Öffentlichkeit ist, wie ich gesagt
    habe, der sichtbarste Teil der Rechtspolitik das Straf-
    recht. Es ist auch wahr: Über Spezialfragen, zum Bei-
    spiel der freiwilligen Gerichtsbarkeit, liest man nur sel-
    ten etwas auf den Titelseiten der Boulevardpresse.
    Dennoch umfasst die Rechtspolitik sehr viel mehr als
    Mord und Totschlag, zum Beispiel auch viele Bereiche
    des Zivilrechts, die viele Menschen täglich betreffen,
    und viele Bereiche des Wirtschaftsrechts. Rechtspolitik
    ist eben eine umfassende Gestaltungsaufgabe. Gerade im
    Wirtschaftsrecht bestehen für die neue christlich-liberale
    Regierung eine Reihe von sinnvollen und pragmatischen
    Gestaltungsmöglichkeiten.


    (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo? Welche?)


    Eines der wenigen Themen, das wir in der vorherigen
    Koalition nicht abgearbeitet haben, war die dringend nö-
    tige Reform des Insolvenzrechts. Ein wesentlicher
    Grund war, dass die Leitung des BMJ spätestens zur
    Mitte der letzten Wahlperiode offenbar das Interesse an
    diesem Thema verloren hatte. Ich habe daher nicht ver-
    standen, warum Ende 2008, Anfang 2009, auf dem Hö-
    hepunkt der Finanzmarktkrise, auf einmal an der Spitze
    des BMJ Krokodilstränen darüber vergossen wurden,
    dass das Wirtschaftsministerium unter Führung von
    Herrn Kollegen Guttenberg nun dieses Vakuum schlie-
    ßen wollte.


    (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Guttenberg hat eine Anwaltskanzlei arbeiten lassen! Das wissen auch Sie! Herr Lammert hat es noch gerügt bei seiner Eröffnungsrede!)


    Es ist gut, dass wir jetzt das Thema unter der Federfüh-
    rung der Rechtspolitik wieder anpacken. Wichtig ist,
    dass wir das Insolvenzrecht modernisieren, es zu einem
    echten Restrukturierungsrecht ausbauen und dabei vor
    allem dafür sorgen, dass Insolvenzverfahren eines Unter-
    nehmens in der Regel nicht zur Abwicklung führen, son-
    dern dazu, dass ein Unternehmen wieder auf ein solides
    Fundament gestellt wird. Das Insolvenzplanverfahren
    wird hierzu einen wichtigen Beitrag leisten.

    Lassen Sie mich zu einem letzten wirtschaftsrechtli-
    chen Sachthema kommen. Sie alle wissen, dass mir der
    Schutz des geistigen Eigentums besonders am Herzen
    liegt. Einige im Hause hat das Wahlergebnis der Piraten-
    partei offenbar etwas nervös gemacht. Man hatte bei ei-
    nigen Äußerungen fast den Eindruck, dass sich der eine
    oder andere selbst gern eine Totenkopfflagge ans Revers
    heften möchte.


    (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wen meinen Sie denn? – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tauss!)


    Es ist richtig: Die Modernisierung des Urheberrechts
    und seine Anpassung an die Herausforderungen der digi-
    talen Welt bleiben eine fortwährende Aufgabe für die
    Rechtspolitik. Richtig ist aber auch: Der Wohlstand un-
    seres Landes basiert maßgeblich auf der Kreativität von
    Unternehmern und Arbeitnehmern, von Künstlern, Er-
    findern und Autoren. Die Ergebnisse dieser Arbeit müs-
    sen geschützt werden. Es geht hier um eine wichtige
    Schutzpflicht des Staates. Es ist deshalb richtig und ganz
    entscheidend, dass die rechtlichen Maßstäbe in der digi-
    talen Welt die gleichen sind wie in der analogen Welt.






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    Dr. Günter Krings
    Was allgemein verboten ist, kann nicht plötzlich deshalb
    erlaubt sein, weil es im Internet geschieht. Von diesem
    Kompass werden wir uns in dieser Frage leiten lassen.
    Dabei werden wir auch die beteiligten Wirtschaftsver-
    bände, Unternehmen und Internetnutzer in die Pflicht
    nehmen.

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme
    zum Schluss. Die Garantie der Freiheits- und Eigen-
    tumsrechte bleibt das Kernanliegen der christlich-libe-
    ralen Rechtspolitik. Sicherlich werden wir über viele In-
    strumente und Wege mit der Opposition streiten. Ich
    gehe aber davon aus, dass wir bei den Fundamenten die-
    ses Rechtsstaats und den grundsätzlichen Zielen weiter-
    hin eine weitgehende Einigkeit erzielen können. Ich
    hoffe auch, dass wir weiterhin spannende Debatten über
    die verschiedenen Wege führen werden, möglichst auch
    des Öfteren einmal in der Kernzeit des Parlaments.


    (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tun Sie etwas dafür! Sie sind die große Fraktion!)