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ID1700407400

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    10. FDP-Fraktion.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/4 Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Folgen der Krise für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab- mildern – ALG I befristet auf 24 Monate verlängern (Drucksache 17/22) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Diana Golze, Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald, weiterer Abge- Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marie-Luise Dött (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Marco Bülow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . 179 C 147 A 150 B 151 B 152 D 153 D 155 C 157 A 157 D 158 D 160 A Deutscher B Stenografisc 4. Sitz Berlin, Mittwoch, den I n h a Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der Aussprache zur Regierungs- erklärung der Bundeskanzlerin . . . . . . . . . Arbeit und Soziales in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Jutta Krellmann, Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Förderung der Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit fortführen (Drucksache 17/21) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit 127 A 179 B ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Anhe- bung und bedarfsgerechte Ermittlung der Kinderregelsätze (Drucksache 17/23) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 C undestag her Bericht ung 11. November 2009 l t : Rainer Brüderle, Bundesminister BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) . . . . . . . . Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . Ulla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 B 129 A 133 B 136 A 137 B 139 D 141 A 142 A 144 B 145 D Josef Göppel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 A 161 D II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. November 2009 Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Pronold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU) . . . . . . Uwe Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Götz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Sören Bartol (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP) . . . . . . Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Anton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Olaf Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Olaf Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . 163 B 165 D 167 A 169 C 170 D 172 C 174 A 175 C 176 C 178 A 179 C 181 C 183 D 186 B 187 C 189 B 189 D 190 D 192 C 194 D 196 A 197 A 198 A 198 D 199 B 200 A 202 C 204 C 206 A 206 C 207 D 209 A 209 D Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dagmar Ziegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . Olaf Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Günter Krings (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Raju Sharma (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) . . . . . . Jens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Daniela Raab (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dagmar Ziegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . . Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) . . . . Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dagmar Ziegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Miriam Gruß (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Caren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . 210 D 212 B 213 B 214 B 215 A 216 C 217 D 219 C 221 D 225 B 226 A 227 D 228 C 230 D 232 B 233 B 234 D 235 D 238 A 240 B 241 D 243 D 245 C 247 B 249 A 250 B 251 B 253 B 254 D 256 C 258 D 260 C 262 C 263 D 265 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. November 2009 III Sönke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michaela Noll (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 266 C 267 A 268 B 269 D 271 A/C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. November 2009 127 (A) (C) (B) (D) 4. Sitz Berlin, Mittwoch, den Beginn: 9
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. November 2009 271 (A) (C)Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Glos, Michael CDU/CSU 11.11.2009 Lafontaine, Oskar DIE LINKE 11.11.2009 Mattheis, Hilde SPD 11.11.2009 Özoğuz, Aydan SPD 11.11.2009 Dr. Westerwelle, Guido FDP 11.11.2009 Zapf, Uta SPD 11.11.2009 (D) (B) 4. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 11. November 2009 Inhalt: Redetext Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hubertus Heil


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

    Herren! Nach gutem parlamentarischen Brauch möchte
    ich Ihnen, Herr Minister Jung, zur Ernennung in dieses
    Amt ganz herzlich gratulieren und alles Gute wünschen.
    Sie übernehmen mit diesem Bundesministerium ein ge-
    ordnetes, ein gutes Haus.


    (Beifall bei der SPD)


    Sie müssen aber auch in große Fußstapfen treten. Sie tre-
    ten die Nachfolge von Franz Müntefering und Olaf
    Scholz an. Ich will an dieser Stelle sagen: Wir Sozial-
    demokraten sind stolz auf die Arbeit dieser Minister, vor
    allen Dingen auf die Arbeit von Olaf Scholz in den letz-
    ten Monaten, der in der Krise mit aktiver Arbeitsmarkt-
    politik, insbesondere mit den geänderten Regeln zur
    Kurzarbeit, mitgeholfen hat, dass Hunderttausende Men-
    schen in Deutschland an Bord, in Beschäftigung, bleiben
    konnten. Das haben wir gemacht. Es ist gut, wenn Sie
    zumindest daran anknüpfen.


    (Beifall bei der SPD)


    Herr Minister, wenn ich mir allerdings den Koali-
    tionsvertrag anschaue und mir Ihre Rede vor Augen führe,
    dann vermisse ich im Wesentlichen die Beantwortung fol-
    gender großer Fragen: Wo sieht eigentlich der Bundesmi-
    nister für Arbeit und Soziales die Zukunft der Arbeit in
    unserem Land? Was tut diese Bundesregierung konkret,
    damit Arbeit in diesem Land eine gute Zukunft hat? Dann
    höre ich mir Ihre Rede an und höre diesen alten, aber nicht
    besonders intelligenten Satz, diese Formel: Sozial ist, was
    Arbeit schafft. – Herr Minister, ich will Sie zumindest
    nachdenklich machen und es zuspitzen: „Sozial ist, was
    Arbeit schafft.“


    (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat aber Schröder auch immer gesagt!)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Hubertus Heil (Peine)

    Heißt dieser Satz eigentlich auch, dass Sklavenarbeit so-
    zial ist? Überspitzt gesagt, wäre das die Tatsache.


    (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das war doch von Schröder!)


    Wir sagen: Sozial ist, was anständige Arbeit schafft, von
    der Menschen auch leben können. – Das ist der Unter-
    schied zu Ihnen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Wenn ich mir den Koalitionsvertrag und das, was Sie
    eben gesagt haben, anschaue, dann muss ich feststellen,
    dass sich das, was Sie vorhaben – atypische Arbeit, unsi-
    chere Arbeit, prekäre Arbeit – in diesem Land ausbreiten
    wird. Das betrifft vor allen Dingen den Einstieg in die
    Aushöhlung des Kündigungsschutzes. Sie sagen zwar
    im Koalitionsvertrag – eben war das nicht so sehr zu hö-
    ren, aber gestern von Frau Merkel –, Sie stünden zum
    Kündigungsschutz, um dann nonchalant die sachgrund-
    lose Befristung auszuweiten. Das ist nichts anderes als
    eine Aushöhlung des Kündigungsschutzes in Deutsch-
    land, und das wird auf unseren massiven Widerstand
    treffen.


    (Beifall bei der SPD)


    Vor allen Dingen wollen und werden Sie den Niedrig-
    lohnsektor in diesem Land nicht zurückdrängen, son-
    dern ausweiten. Da hilft es überhaupt nichts, die Men-
    schen mit irgendwelchen Placebos ruhigstellen zu wol-
    len. Bei dem Verbot sittenwidriger Löhne – das ist jetzt
    das neue, große Konzept und Projekt der schwarz-gelben
    Bundesregierung – muss man sich, ganz unabhängig da-
    von, dass das schon in diesem Lande Rechtsprechung ist,
    eines vor Augen halten. Was heißt das eigentlich, Herr
    Minister, ganz konkret für die betroffenen Menschen im
    Niedriglohnsektor? Es heißt nichts anderes, als dass Sie
    verfestigen, dass zukünftig bis zu einem Drittel nicht nur
    vom Tarifvertrag abgewichen werden kann, sondern
    auch von ortüblichen Löhnen, also – auf Deutsch –
    Löhne von 3 Euro, 4 Euro um ein Drittel unterschritten
    werden können. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Wer die
    Zukunft der Arbeit in Deutschland vor allem im Niedrig-
    lohnsektor sieht, der hat weder von Wirtschaftspolitik
    noch von sozialer Marktwirtschaft oder von den Bedürf-
    nissen der Menschen in diesem Land irgendeine Vorstel-
    lung.


    (Beifall bei der SPD)


    Sie sagen: Leistung muss sich wieder lohnen. – Was sa-
    gen Sie eigentlich den Menschen in den Branchen, in de-
    nen Sie Mindestlöhne verhindert haben, wie sich Leis-
    tung wieder lohnen soll? Wenn es nach Ihnen geht, dann
    sollen die zukünftig alle zum Amt gehen und sich ergän-
    zendes Arbeitslosengeld II abholen, also Aufstocker
    sein.


    (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie haben das doch eingeführt, Herr Heil, das ist doch Ihr Beschluss! Aufstockung ist SPD pur!)

    Das hat mit Ordnungspolitik nichts zu tun, das ist nichts
    anderes als ein staatlich subventionierter Billigjobsektor,
    und Sie verfestigen den.


    (Beifall bei der SPD)


    Übrigens, zu dem lauten Herrn Kolb von der FDP:


    (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Der kommt noch!)


    Herr Kolb, mit den Zuverdienstmöglichkeiten, die Sie
    erweitern, machen Sie nichts anderes, als das Geld der
    Steuerzahler zu nehmen, um die Löhne in Billigjobs im
    Interesse der Arbeitgeber, die nicht bereit sind, einen an-
    ständigen Lohn zu zahlen, aufzustocken. Nichts anderes
    ist das. Mit sozialer Marktwirtschaft hat das nichts zu
    tun.


    (Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das zeigt, dass Sie von Wirtschaft nichts, aber auch gar nichts verstanden haben!)


    – Herr Kolb, Sie sind nachher noch dran.

    Ich will Ihnen an dieser Stelle deutlich sagen, dass wir
    dem ein Gegenkonzept entgegenstellen werden. Ich
    glaube, es ist wichtig, dass wir über gute, über ordentli-
    che Arbeit in diesem Land reden. Wenn Sie, Herr Minis-
    ter, mit den Gewerkschaften in Deutschland sprechen, ist
    es wichtig, dass Sie das nicht in Form warmer Gruß-
    worte tun. Die Gewerkschaften werden darauf schauen,
    ob Sie konkret handeln. Sie sollten auf Ihrem Weg um-
    kehren und dafür sorgen, dass wir in diesem Land or-
    dentliche Arbeitsplätze haben, damit sich Leistung für
    die Menschen wirklich lohnt, die morgens aufstehen, in
    die Fabriken und in die Verwaltung gehen oder als Fri-
    seurin arbeiten. Alle die sprechen Sie mit Ihren warmen
    Worten an, aber Sie tun nichts Konkretes. Im Gegenteil:
    Sie nehmen diesen Menschen nicht nur einen anständi-
    gen Lohn, indem Sie Mindestlöhne verweigern, Sie neh-
    men ihnen auch ein Stück der Würde ihrer Arbeit. Das
    ist etwas, was wir in diesem Land nicht durchgehen las-
    sen dürfen.


    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE])


    Wir wollen Sie, was die Arbeitsmarktpolitik betrifft,
    unterstützen, wenn Sie die Zeit der Kurzarbeit verlän-
    gern wollen. Auch da haben Sie ein gut bestelltes Haus
    übernommen. Ich stelle mir das so vor: Olaf Scholz, flei-
    ßig, wie er ist, hat den Entwurf einer Verordnung vorbe-
    reitet, und Sie mussten nur noch unterschreiben.


    (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber wo?)


    Wie gesagt, in der Sache ist das richtig. Wir unterstützen
    das, es hilft der Wirtschaft, es hilft den Unternehmen,
    aber es hilft auch den Beschäftigten, an Bord zu bleiben.
    Ich würde mir nur eines wünschen, nämlich dass Sie an
    dieser Stelle noch einen draufsetzen und mithelfen, dass
    auch die geförderte Altersteilzeit nicht zum 1. Januar
    nächsten Jahres ausläuft. Auch das ist wichtig für die
    Betriebe und für die Beschäftigten.


    (Beifall bei der SPD)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Hubertus Heil (Peine)

    Da geht es nicht um Frühverrentung; da geht es um Be-
    schäftigungsbrücken.


    (Gitta Connemann [CDU/CSU]: Es geht um Frühverrentung!)


    Denn in dieser Krise sind viele Menschen in Arbeit ge-
    blieben. Es gibt zwei Gruppen, die besonders betroffen
    sind: die über 50-Jährigen und die unter 25-Jährigen.

    Wer Angst hat, dass das zur Frühverrentung führt und
    nicht zur Beschäftigungsbrücke werden kann, der sollte
    sich das bei der Salzgitter AG in meiner Heimat einmal
    anschauen: Dort hat man dieses Instrument genutzt und
    jungen Menschen nach der Ausbildung konsequent ei-
    nen Einstieg ins Erwerbsleben ermöglicht. Hinzu kamen
    flexible Übergänge in den Ruhestand. Mir geht es vor al-
    lem um dieses arbeitsmarktpolitische Instrument. Wir
    werden nicht zulassen, dass Sie die Geltungsdauer dieses
    Instrumentes tatenlos auslaufen lassen. Deshalb werden
    wir nicht nur einen Antrag, sondern einen Gesetzentwurf
    in diesen Deutschen Bundestag einbringen. Dann wer-
    den wir sehen, wie Sie sich an dieser Stelle verhalten.


    (Beifall bei der SPD)


    Sie haben etwas zum Thema Arbeitsverwaltung ge-
    sagt, Herr Jung. Dazu kann ich nur sagen:


    (Elke Ferner [SPD]: Gute Reise!)


    Die Art und Weise, wie Sie in einer Phase, in der die Ar-
    beitslosigkeit zu steigen droht, die Arbeitsverwaltung in
    diesem Land chaotisieren, geht nicht nur zulasten der
    Kommunen, der Arbeitsverwaltung und der Beschäftig-
    ten in der Arbeitsverwaltung; vor allen Dingen ist das
    Politik auf dem Buckel der arbeitslosen Menschen in
    diesem Land, und das ist etwas, wofür man sich wirklich
    schämen muss.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Die alte Bundesregierung, der auch Sie angehörten,
    hatte einen Konsens mit 16 Bundesländern. Er ist von
    der CDU/CSU-Bundestagsfraktion torpediert und ka-
    puttgemacht worden. Jetzt verwenden Sie den schönen
    Begriff der getrennten Aufgabenwahrnehmung und be-
    haupten, das sei eine Konsequenz des Urteils, was recht-
    licher Quatsch ist; das ist Blödsinn an dieser Stelle. Es
    führt vor allen Dingen dazu, dass mit den Arbeitslosen
    wieder Pingpong zwischen zwei Verwaltungen gespielt
    wird. Es wird mehr Bürokratie geben. Es wird mehr
    Menschen geben, die dafür arbeiten müssen, und es wird
    weniger geben, die sich um die Vermittlung der Men-
    schen in Arbeit tatsächlich kümmern können. Das ist das
    Ergebnis dieser undurchdachten Politik, für die Sie hier
    antreten.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Minister, Sie werden es mit der sozialdemokrati-
    schen Opposition zu tun bekommen, wenn es um das
    wichtigste Thema in diesem Land geht, nämlich um die
    Arbeit der Menschen. Es wird die Frage zu beantworten
    sein: Wer hat eigentlich einen Draht zu Menschen, die
    hart arbeiten und von ihrer Arbeit auch leben können
    wollen? Ich sage sehr deutlich: Manchmal habe ich den
    Eindruck, dass einige bei Schwarz-Gelb ein gebrochenes
    Verhältnis zu anständiger Erwerbsarbeit haben.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU/CSU: Pfui! – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Jetzt ist aber langsam Schluss, Herr Heil! Sie haben ein gebrochenes Verhältnis zum Anstand!)


    Wenn ich mir die Vorschläge anschaue, für die Sie
    hier stehen, dann muss ich an dieser Stelle sagen: Gehen
    Sie in Ihre Wahlkreise! Reden Sie mit Menschen, vor al-
    len Dingen in den Dienstleistungsberufen, die jeden Tag
    mehrere Jobs ausüben müssen, um über die Runden
    kommen zu können! Diesen Menschen verweigern Sie
    die Mindestlöhne. Für diese Menschen haben Sie weder
    Herz noch Verstand. Sie haben den Draht zu diesen
    Menschen verloren.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Gitta Connemann [CDU/CSU]: Offensichtlich weniger als Sie!)


    Ich will Ihnen zum Schluss eines sagen, Herr Minister:
    Sich Art. 20 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik
    Deutschland zu vergegenwärtigen, müsste eigentlich alle
    verbinden, gerade im 60. Jahr der Bundesrepublik Deutsch-
    land. Deutschland soll ein sozialer und demokratischer Bun-
    desstaat sein. Es geht um den sozialen Rechtsstaat. Sie wol-
    len in der Sozialpolitik einen Paradigmenwechsel, weg vom
    sozialen Rechtsstaat, weg von sozialen Bürgerrechten, hin
    zu Almosen.


    (Widerspruch bei der CDU/CSU)


    Das ist nicht in Ordnung. Es widerspricht dem Geist un-
    serer Verfassung. Es wäre eigentlich vernünftig, sich da-
    ranzumachen, den Geist der Verfassung mit neuem Le-
    ben zu erwecken.


    (Gitta Connemann [CDU/CSU]: Sie missbrauchen gerade unsere Verfassung!)


    Gerade in einer Situation, in der sich die Arbeitswelt än-
    dert, dürfen Sie kein gestörtes Verhältnis zur Arbeit in
    Deutschland bekommen. Wir werden Alternativen auf-
    zeigen.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall bei der SPD)




Rede von Gerda Hasselfeldt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Heinrich Kolb

für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich L. Kolb


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Herr Kollege Heil, ich habe heute schon Ihre zweite
    Rede gehört,


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Da kann man schlauer werden, Herr Kolb!)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Dr. Heinrich L. Kolb
    und ich stelle fest, dass Sie nichts, aber auch wirklich
    überhaupt nichts aus Ihrer Wahlniederlage gelernt haben.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Sie haben den Versuch einer Gleichsetzung von Schwarz-
    Gelb und sozialer Kälte mitzuverantworten. Das war die
    entscheidende Fehlkalkulation in der Schlussphase des
    Wahlkampfs. Sie haben geglaubt, Sie könnten die Men-
    schen verunsichern, und Sie haben gehofft, Sie könnten
    von dieser Verunsicherung profitieren. Aber die Men-
    schen haben sich mehrheitlich für Schwarz-Gelb ent-
    schieden,


    (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die bereuen das aber schon!)


    weil sie uns zugetraut haben, besser mit den Folgen der
    Krise fertigzuwerden. Laut sprechen allein, Herr Heil,
    genügt hier nicht.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Sie sollten die Menschen nicht unterschätzen. Die
    Menschen ahnen sehr wohl, dass die schwierigen Zeiten,
    in denen wir leben, nicht mit den Rezepten von gestern
    zu bewältigen sind.


    (Elke Ferner [SPD]: Sie haben die Rezepte von vorgestern!)


    Das Rezept von Olaf Scholz, zum Beispiel zur Bewälti-
    gung der Rentenprobleme, war, mit Geld, das er nicht
    hatte – bildlich gesprochen: mit einem Wechsel auf die
    Zukunft –, Zeit bis zum Wahltag zu gewinnen, sich über
    den Wahltermin zu retten. Seriös, Herr Heil, war das aus
    meiner Sicht nicht.


    (Beifall des Abg. Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP])


    Wenn dieses Wechselgeschäft jetzt platzen sollte, wer-
    den wir nicht zögern, den Verantwortlichen zu benennen.
    Das gilt besonders für die Rentenpolitik, die am heutigen
    Tag ja wieder einmal die Schlagzeilen bestimmt.


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Was ist das denn hier?)


    Ich kenne Karl Valentin: Das Schwierige an der Prog-
    nose ist die Vorhersage des Künftigen. – Das bestreite
    ich nicht. Deswegen rate ich wie der Minister dazu – das
    war auch guter Brauch in der Vergangenheit –, abzuwar-
    ten, bis die maßgeblichen Zahlen vorliegen. Das wird im
    März kommenden Jahres der Fall sein.


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Besprechen Sie das einmal mit Ihrer Bundeskanzlerin! – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Aber dass die Rahmenbedingungen für positive Ren-
    tenanpassungen in den nächsten Jahren eher schwieriger
    geworden sind, das, Herr Heil, kann man heute schon
    feststellen. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen,
    müssen und können wir aus der Krise auch lernen:


    (Elke Ferner [SPD]: Wo haben Sie denn gelernt?)

    Rentner und Erwerbstätige sitzen in einem Boot.


    (Lachen bei Abgeordneten der SPD)


    – Ja, da lachen Sie. Das ist eigentlich beschämend für
    Sie.


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Machen Sie Mindestlöhne!)


    Die Renten können sich in einem umlagefinanzierten
    System auf Dauer nur im Gleichklang mit den Löhnen
    und Gehältern entwickeln. Jeder Versuch, diesen Zusam-
    menhang aufzuheben, ist eine schwere Belastung für die
    Nachhaltigkeit der Rentenfinanzierung. Deswegen war
    und bleibt – ich sage das nach der Wahl so deutlich wie
    vorher – die Rentengarantie der Großen Koalition ein
    Akt des Populismus. Das muss man hier sehr deutlich so
    benennen.


    (Beifall bei der FDP – Klaus Ernst [DIE LINKE], an die CDU/CSU gewandt: Jetzt müsst ihr klatschen! Das ist euer Koalitionspartner!)


    Damals wurde diese Garantie, Herr Heil, noch mit dem
    beschwichtigenden Hinweis verbunden, sie werde ja nie
    greifen.


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sieht das der Minister auch so?)


    Wenn es nun anders kommen sollte und die Garantie
    greift, gilt das, worauf wir immer hingewiesen haben,
    dass nämlich die Rentengarantie der Großen Koalition
    ein vergiftetes Geschenk gewesen ist, ein Geschenk, das
    die Beschenkten am Ende selber bezahlen müssen. Die
    Rentner, da bin ich mir sicher, werden sich am Ende bei
    denen zu bedanken wissen, die ihnen genau das einge-
    brockt haben.


    (Beifall bei der FDP)


    Aber nicht nur Erwerbstätige und Rentner sitzen in ei-
    nem Boot, auch Schülerinnen und Schüler, Studenten,
    Arbeitslose, Langzeitarbeitslose, Kinder und behinderte
    Menschen. Letztlich sind alle Gruppen unserer Gesell-
    schaft auf eine starke Wirtschaft angewiesen, weil nur
    verteilt werden kann, was zuvor erwirtschaftet wurde.


    (Zuruf von der SPD: Stimmt!)


    Deswegen ist nach meiner festen Überzeugung ein
    strikter Wachstumskurs ohne jede Alternative. Wir müs-
    sen versuchen, die Lücke, die durch den stärksten Rück-
    gang des Buttoinlandsproduktes in der Geschichte der
    Bundesrepublik entstanden ist, möglichst schnell wieder
    zu schließen und darüber hinaus zu gehen.


    (Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Auf Pump!)


    Wir haben in den letzten Jahren gesehen: Die Finan-
    zierung der gesellschaftlichen Aufgaben und die Stabili-
    sierung der sozialen Sicherungssysteme gelingt am bes-
    ten, wenn wir ein hohes Maß an Beschäftigung haben,
    wenn möglichst viele Menschen Steuern zahlen und So-
    zialversicherungsbeiträge leisten.


    (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt aber eine Binsenweisheit!)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Dr. Heinrich L. Kolb
    Deswegen müssen wir alle Anstrengungen unternehmen,
    damit in der Krise möglichst viele Arbeitsplätze erhal-
    ten bleiben und nach der Krise – das ist entscheidend,
    Frau Pothmer – der Aufbau neuer Beschäftigung mög-
    lichst früh einsetzt und sich auch möglichst stark entwi-
    ckeln kann.


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Professor Binsen!)


    Ein erster Baustein dazu ist das Wachstumsbeschleu-
    nigungsgesetz, das in dieser Woche im Deutschen Bun-
    destag eingebracht wurde. Weitere Schritte werden fol-
    gen.


    (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das eine Drohung?)


    Einige davon sind im Koalitionsvertrag bereits benannt;
    aber auch manches, was keine Aufnahme in den Koali-
    tionsvertrag gefunden hat, wird uns in den nächsten Jah-
    ren beschäftigen, beschäftigen müssen.


    (Elke Ferner [SPD]: Ah, guck an, das Kleingedruckte!)


    Alles, was die Koalition unternimmt, muss sich an der
    Zielsetzung einer möglichst hohen Beschäftigung aus-
    richten. Das gilt umso mehr, als ich die Einschätzung der
    Bundeskanzlerin teile, dass am Arbeitsmarkt der schwie-
    rige Teil der Wegstrecke noch vor uns liegt. Wir dürfen
    uns dabei nichts vormachen, Herr Heil. Sicher, die
    Kurzarbeit hatte und hat eine stabilisierende Wirkung.
    Wunder vollbringen kann sie nicht.


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Behauptet ja niemand!)


    Denn die Kurzarbeit kostet ja nicht nur die Bundesagen-
    tur viel Geld, sie belastet eben auch die Finanzen und die
    Eigenkapitaldecke der Unternehmen. Die Entlastung der
    Unternehmen bei den Lohnkosten im Wege der Kurzar-
    beit ist ja nur ein Teil der gesamten Sicht.


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Aber was ist die Alternative?)


    Wir dürfen uns außerdem nicht darüber täuschen, dass
    die Unternehmen auch weiterhin Leasingraten, Pachtzin-
    sen, Abschreibungen und andere Dinge für die Bereit-
    haltung von Kapazitäten zu bilanzieren haben, was sich
    rapide und nachhaltig auf die Erträge der Unternehmen
    auswirkt.


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das bestreitet doch niemand!)


    Deswegen wird es im gewissen Umfang auch unver-
    meidlich sein, dass Anpassungsmaßnahmen erfolgen.

    Aber gerade, weil das auf uns zukommt, ist es wichtig,
    dass wir jetzt in der Krise den Druck zur Beschäftigungs-
    anpassung nicht noch durch prozyklische Maßnahmen er-
    höhen, wozu sicherlich Beitragserhöhungen gehören
    würden. Deswegen habe ich Verständnis für Überlegun-
    gen, wie sie der Minister hier auch vorgetragen hat, die
    krisenbedingten Kosten der Sozialversicherung mit Steu-
    ermitteln zu finanzieren.

    (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auf Pump!)


    Ich glaube aber auch, dass in den Fällen, in denen sich
    die Inanspruchnahme von Beitragsmitteln nicht rechtfer-
    tigen lässt, jetzt ein klarer Strich gezogen werden muss.
    Deswegen begrüße ich das im Koalitionsvertrag verein-
    barte Auslaufen der staatlich geförderten Altersteilzeit.
    Altersteilzeit war und bleibt ein Irrweg.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Dadurch sind in vielen Fällen Ältere mit mehr oder we-
    niger sanftem Druck aus dem Erwerbsleben und aus den
    Betrieben hinausgedrängt worden. Es ist höchste Zeit,
    dass der Beitragszahler aus der Haftung entlassen wird.
    Es kann auch künftig Altersteilzeit geben, aber dann
    bitte auf Kosten der Firmen, die diese wollen.

    Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass es in die-
    sem Zusammenhang auch aus meiner Sicht ein neues
    Angebot an die Versicherten für die Gestaltung des
    Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand geben
    muss. Die FDP hat ihren Vorschlag dazu schon einge-
    bracht. Ich würde mir wünschen, dass sich, nachdem die
    Bundeskanzlerin hier gestern gefordert hat, es müsse
    Schluss sein mit reflexhaften Reaktionen, alle Fraktio-
    nen dieses Hauses, gerne auch unser Koalitionspartner,
    diesen Vorschlag einmal unvoreingenommen ansehen.
    Es geht darum, Entscheidungsfreiheit zu schaffen und
    die Verantwortung des Einzelnen zu stärken – nicht
    mehr, aber auch nicht weniger. Für mich ist klar: Gibt es
    ein solches Angebot nicht, wird der Druck auf die Er-
    werbsminderungsrente dramatisch zunehmen.


    (Elke Ferner [SPD]: Absurd, was Sie da erzählen!)


    Das ist eine Entwicklung, die angesichts der bereits jetzt
    angespannten Rentenfinanzen niemand wirklich wollen
    kann.


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sie reden von Besserverdienenden, die sich das leisten können!)


    Die arbeitsmarktpolitischen Instrumente müssen ge-
    strafft werden. Das hatte die Große Koalition angekün-
    digt, aber nicht wirklich in Angriff genommen. Die Zahl
    der Instrumente kann und muss verringert und die Effi-
    zienz gesteigert werden. Letztendlich geht es darum, die
    Chancen für Arbeitslose und Langzeitarbeitslose auf
    eine Rückkehr in das Erwerbsleben möglichst optimal
    auszugestalten.

    Zum Schluss: Ich begrüße es, dass im Koalitionsver-
    trag eine Verständigung darüber herbeigeführt worden
    ist, dass es keinen gesetzlichen Mindestlohn geben
    wird,


    (Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das wundert uns!)


    und dass die Möglichkeit, branchenbezogene Mindest-
    löhne einzuführen, eingedämmt wurde.


    (Elke Ferner [SPD]: Wir haben doch schon Mindestlöhne!)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Dr. Heinrich L. Kolb
    Mindestlöhne vernichten Arbeitsplätze. Das wird – da
    bin ich mir sicher – auch die Evaluation zeigen.


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Leistung soll sich lohnen, Herr Kolb!)


    Mindestlöhne schaden dem Wettbewerb. Sie vernichten
    auch Wohlstand in einer Volkswirtschaft, Herr Heil.


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: In 20 europäischen Ländern!)


    Wir sollten sehen: Der Normalfall ist immer noch, dass
    derjenige, der Arbeit hat, auch davon leben kann. Wenn
    der Verdienst nicht in jedem Fall reicht, bedeutet das aus
    meiner Sicht keine Bankrotterklärung unseres Sozial-
    staates, sondern ist gerade Nachweis seiner Leistungsfä-
    higkeit, da wir den nicht ausreichenden Verdienst aufsto-
    cken.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Meine Damen und Herren, ich bin am Ende meiner
    Redezeit. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ih-
    nen, Herr Jung, mit Ihren Mitarbeitern und mit den alten
    und neuen Kollegen im Ausschuss. Ich bin gespannt auf
    den neuen Vorsitz, den erstmals die Linke stellen wird.
    Wir werden in der kommenden Legislaturperiode wich-
    tige Aufgaben zu lösen haben, und ich bin sicher: Bei
    Offenheit und gegenseitigem Verständnis werden wir
    gute Lösungen erarbeiten.

    Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)