Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009 26217
        (A) )
        (B) )
        für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver-
        sammlung der OSZE Bundesverfassungsgericht eine Neuregelung spätestens
        *
        fassungsgemäße Regelung entzogen, weil sie darauf
        hofft, mithilfe von Überhangmandaten eine Mehrheit zu-
        sammen mit der FDP zu erreichen. Diese Verweige-
        rungshaltung ist nicht damit zu entschuldigen, dass das
        Zapf, Uta SPD 03.07.2009
        Anlage 1
        Liste der entschuldigt
        A
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        Abgeordnete(r)
        entschuldigt bis
        einschließlich
        Bätzing, Sabine SPD 03.07.2009
        Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        03.07.2009
        Dr. Bisky, Lothar DIE LINKE 03.07.2009
        Dr. Dehm, Diether DIE LINKE 03.07.2009
        Faße, Annette SPD 03.07.2009
        Gabriel, Sigmar SPD 03.07.2009
        Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 03.07.2009
        Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 03.07.2009
        Gradistanac, Renate SPD 03.07.2009
        Höger, Inge DIE LINKE 03.07.2009
        Jung (Konstanz),
        Andreas
        CDU/CSU 03.07.2009
        Kretschmer, Michael CDU/CSU 03.07.2009
        Dr. Küster, Uwe SPD 03.07.2009
        Lenke, Ina FDP 03.07.2009
        Link (Heilbronn),
        Michael
        FDP 03.07.2009
        Dr. Lippold, Klaus W. CDU/CSU 03.07.2009
        Lips, Patricia CDU/CSU 03.07.2009
        Meierhofer, Horst FDP 03.07.2009
        Merten, Ulrike SPD 03.07.2009
        Pfeiffer, Sibylle CDU/CSU 03.07.2009
        Raidel, Hans CDU/CSU 03.07.2009*
        Roth (Heringen),
        Michael
        SPD 03.07.2009
        Dr. Scheuer, Andreas CDU/CSU 03.07.2009
        Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 03.07.2009
        Schwanitz, Rolf SPD 03.07.2009
        Teuchner, Jella SPD 03.07.2009
        Ulrich, Alexander DIE LINKE 03.07.2009
        (C
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        Anlagen zum Stenografischen Bericht
        en Abgeordneten
        nlage 2
        Erklärung nach § 31 GO
        Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten
        Klaus Uwe Benneter, Dr. Dieter Wiefelspütz,
        Dr. Lale Akgün, Gregor Amann, Dr. h. c. Gerd
        Andres, Volker Blumentritt, Ingrid Arndt-Brauer,
        Sabine Bätzing, Doris Barnett, Sören Bartol,
        Dirk Becker, Ute Berg, Lothar Binding (Heidel-
        berg), Gerd Bollmann, Dr. Gerhard Botz,
        Dr. Michael Bürsch, Ulla Burchardt, Christian
        Carstensen, Karl Diller, Dr. Carl-Christian
        Dressel, Elvira Drobinski-Weiß, Detlef Dzembritzki,
        Sebastian Edathy, Siegmund Ehrmann, Hans
        Eichel, Petra Ernstberger, Gabriele Frechen,
        Dagmar Freitag, Peter Friedrich, Martin Gerster,
        Iris Gleicke, Angelika Graf (Rosenheim), Dieter
        Grasedieck, Monika Griefahn, Kerstin Griese,
        Gabriele Groneberg, Wolfgang Grotthaus, Bettina
        Hagedorn, Klaus Hagemann, Michael Hartmann
        (Wackernheim), Dr. Reinhold Hemker, Rolf
        Hempelmann, Dr. Barbara Hendricks, Gustav
        Herzog, Petra Heß, Gabriele Hiller-Ohm, Dr.
        Eva Högl, Frank Hofmann (Volkach), Christel
        Humme, Johannes Jung (Karlsruhe), Josip
        Juratovic, Karin Kortmann, Dr. Hans-Ulrich
        Krüger, Jürgen Kucharczyk, Helga Kühn-
        Mengel, Christian Lange (Backnang), Waltraud
        Lehn, Gabriele Lösekrug-Möller, Caren Marks,
        Katja Mast, Markus Meckel, Petra Merkel (Ber-
        lin), Dr. Erika Ober, Johannes Pflug, Joachim
        Poß, Mechthild Rawert, Steffen Reiche (Cott-
        bus), Gerold Reichenbach, Dr. Carola Reimann,
        Christel Riemann-Hanewinckel, Ortwin Runde,
        Swen Schulz (Spandau), Ewald Schurer, Dr.
        Margrit Spielmann, Rolf Stöckel, Jörn Thießen,
        Dr. h. c. Wolfgang Thierse, Rüdiger Veit,
        Andreas Weigel, Gert Weisskirchen (Wiesloch),
        Lydia Westrich, Andrea Wicklein, Engelbert
        Wistuba und Hedi Wegener (alle SPD) zur na-
        mentlichen Abstimmung über den Entwurf ei-
        nes … Gesetzes zur Änderung des Bundeswahl-
        gesetzes (Tagesordnungspunkt 70)
        Die Wahl des 17. Deutschen Bundestages am 27. Sep-
        ember 2009 wird auf der Grundlage eines in der Sache
        erfassungswidrigen Wahlrechts stattfinden. Die Verant-
        ortung dafür trägt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
        ie hat sich seit dem Urteil des Bundesverfassungs-
        erichts vom 3. Juli 2008 – 2 BvC 1/07, 2 BvC 7/07 –
        ortlaufend jedem konstruktiven Gespräch über eine ver-
        26218 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009
        (A) )
        (B) )
        zum 30. Juni 2011 gefordert hat. Die Verfassungswidrig-
        keit des sogenannten negativen Stimmgewichts gibt
        keine Veranlassung, andere Wahlsysteme wie das Mehr-
        heitswahlrecht oder das sogenannte Grabensystem zu
        erwägen; denn solche Vorstellungen haben von vornhe-
        rein keine Aussicht auf Verwirklichung. Es ist lediglich
        erforderlich, aber auch ausreichend, die Verfassungs-
        widrigkeit des geltenden Wahlrechts mit dem geringst-
        möglichen Eingriff zu beseitigen. Das hätte rechtzeitig
        mit dem vorliegenden Gesetzentwurf geschehen können,
        und zwar auch noch zum jetzigen Zeitpunkt; denn das
        Verfahren der Kandidatenaufstellung würde durch die
        vorgesehenen Änderungen des Bundeswahlgesetzes nicht
        berührt.
        Nur durch den Koalitionsvertrag zwischen CDU,
        CSU und SPD vom 11. November 2005, den wir selbst-
        verständlich einhalten, sehen wir uns daran gehindert,
        dem Gesetzentwurf zuzustimmen.
        Anlage 3
        Erklärungen nach § 31 GO
        zur namentlichen Abstimmung über den Ent-
        wurf eines … Gesetzes zur Änderung des Bun-
        deswahlgesetzes (Tagesordnungspunkt 70)
        Dr. Norbert Lammert (CDU/CSU): Es gibt gute
        Gründe, die vom Bundesverfassungsgericht geforderte
        Korrektur des Bundeswahlgesetzes nicht erst in der
        nächsten Legislaturperiode, sondern bereits zur nächsten
        Bundestagswahl vorzunehmen.
        Dies wäre bei gutem Willen aller Beteiligten auch
        möglich gewesen, wenn das Interesse an einer Neurege-
        lung nicht erst wenige Monate vor dem Wahltermin mit
        Blick auf Umfragen und mögliche Mandatsverteilung
        und bei weitgehend abgeschlossenem Verfahren zur
        Aufstellung der Kandidaten in Wahlkreisen wie auf den
        Landeslisten der Parteien deutlich geworden wäre.
        Der Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
        nen greift den Regelungsbedarf auf, ohne ihn allerdings
        überzeugend lösen zu können.
        Deshalb werde ich mich der Stimme enthalten.
        Dr. Wolfgang Wodarg (SPD): Die Wahl des
        17. Deutschen Bundestages am 27. September 2009
        wird auf der Grundlage eines in der Sache verfassungs-
        widrigen Wahlrechts stattfinden. Die Verantwortung da-
        für trägt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion! Sie hat sich
        seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom
        3. Juli 2008 – 2 BvC 1/07, 2 BvC 7/07 – fortlaufend je-
        dem konstruktiven Gespräch über eine verfassungsge-
        mäße Regelung entzogen, weil sie darauf hofft, mithilfe
        von Überhangmandaten eine Mehrheit zusammen mit
        der FDP zu erreichen. Diese Verweigerungshaltung ist
        nicht damit zu entschuldigen, dass das Bundesverfas-
        sungsgericht eine Neuregelung spätestens zum 30. Juni
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        011 gefordert hat. Die Verfassungswidrigkeit des soge-
        annten negativen Stimmgewichts gibt keine Veranlas-
        ung, andere Wahlsysteme wie das Mehrheitswahlrecht
        der das sogenannte Grabensystem zu erwägen, denn
        olche Vorstellungen haben von vornherein keine Aus-
        icht auf Verwirklichung. Es ist lediglich erforderlich,
        ber auch ausreichend, die Verfassungswidrigkeit des
        eltenden Wahlrechts mit dem geringstmöglichen Ein-
        riff zu beseitigen. Das hätte rechtzeitig mit dem vorlie-
        enden Gesetzentwurf geschehen können, und zwar
        uch noch zum jetzigen Zeitpunkt, denn das Verfahren
        er Kandidatenaufstellung wird durch die vorgesehenen
        nderungen des Bundeswahlgesetzes nicht berührt.
        Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD
        om 11. November 2005 wird von der CDU/CSU für
        ahltaktische Manöver missbraucht. Ich werde deshalb
        em vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen und fühle
        ich dem Auftrag unserer Verfassung mehr gebunden
        ls parteipolitischen Manövern der CDU/CSU.
        nlage 4
        Erklärung nach § 31 GO
        des Abgeordneten Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU)
        zur namentlichen Abstimmung über die Be-
        schlussempfehlung zu dem Antrag: Altersrente –
        Erhöhung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre zu-
        rücknehmen (Tagesordnungspunkt 68 a)
        Den Antrag der Linken kann ich nicht unterstützen.
        ch verweise allerdings darauf, dass wir uns in Deutsch-
        and dringend Gedanken zu der Struktur unserer Renten-
        ysteme machen müssen. Deutschland hat im europäi-
        chen Vergleich die ältesten Berufseinsteiger und die
        üngsten Rentner. Wir weisen im internationalen Ver-
        leich die längsten Ausbildungszeiten auf. Ein deutscher
        ochschulabsolvent startet erst mit 29 Jahren im Beruf,
        ährend sein französischer oder britischer Kollege be-
        eits mit Mitte Zwanzig einsteigt. Das durchschnittliche
        enteneintrittsalter in Deutschland liegt bei etwa 60 Jah-
        en bei einem gesetzlichen Renteneintrittsalter von
        5 Jahren. Die bloße Anhebung des Renteneintrittsalters
        st also nicht zielführend.
        Wir sollten statt des Lebensalters ausschließlich die
        ebensarbeitszeit berücksichtigen. Es ist ein Unter-
        chied, ob jemand mit 15 auf dem Bau oder mit 28 in
        inem Büro angefangen hat. Gerade körperlich anstren-
        ende Berufe werden in der Regel bereits in jungen Jah-
        en angetreten. Ich halte es für geradezu unanständig,
        örperlich hart arbeitende Menschen bis ins hohe Alter
        u ihrer anstrengenden Arbeit zu zwingen und ihnen den
        eg in die frühere Rente nur durch ärztliche Feststel-
        ung ihrer Arbeitsunfähigkeit zu eröffnen. Hier ist mehr
        lexibilität gefragt, die, so zynisch das klingt, angesichts
        er niedrigeren Lebenserwartung und zudem wegen der
        bnehmenden Zahl derer, die sehr jung zu arbeiten
        egonnen haben, finanzierbar ist.
        Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009 26219
        (A) )
        (B) )
        Anlage 5
        Erklärung nach § 31 GO
        der Abgeordneten Dr. Wolfgang Strengmann-
        Kuhn, Winfried Hermann, Bärbel Höhn, Ute
        Koczy, Winfried Nachtwei, Claudia Roth (Augs-
        burg), Jürgen Trittin, Dr. Anton Hofreiter,
        Markus Kurth und Sylvia Kotting-Uhl (alle
        BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen
        Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu
        dem Antrag: Altersrente – Erhöhung der Regel-
        altersgrenze auf 67 Jahre zurücknehmen (Ta-
        gesordnungspunkt 68 a)
        Die Lebensrealität älterer Menschen, aber auch die
        Realitäten des Arbeitsmarktes in den letzten Jahren
        haben sich stark gewandelt und werden dies auch weiter
        tun. Viele Menschen können und wollen auch im Alter
        tätig sein. Es ist auch zu berücksichtigen, dass die
        Lebenserwartung der Menschen gestiegen ist und dies
        auch weiter tun wird. Das ist ein gutes Zeichen, was die
        Lebensqualität in unserer Gesellschaft betrifft, führt aber
        auch dazu, dass die durchschnittliche Rentenbezugs-
        dauer immer weiter steigt. Entscheidend ist, die gesetzli-
        che Rente so zu gestalten, dass sich die Älterwerdenden
        darauf verlassen können und die Jungen nicht überfor-
        dert werden. Eine Erhöhung der Regelaltersgrenze kann
        dazu einen Beitrag leisten.
        Eine längere Lebensarbeitszeit ist aber nur dann zu
        vertreten ist, wenn es für die älteren Menschen auch die
        Chance gibt, erwerbstätig zu sein. In den Betrieben muss
        sich die Kultur der Altersarbeit noch entscheidend
        verändern. Derzeit herrscht auf dem deutschen Arbeits-
        markt noch immer der Jugendwahn. Jedes zweite Unter-
        nehmen beschäftigt keine über Fünfzigährigen. Berufliche
        Weiterbildung, altersgerechte Arbeitsplätze und Gesund-
        heitsförderung sind das Gebot der Stunde, werden aber in
        den wenigsten Unternehmen umgesetzt. Das muss sich
        dringend ändern.
        Darüber hinaus benötigen wir flexible Übergangs-
        möglichkeiten in den Ruhestand. Es macht einen Unter-
        schied, ob jemand lange Zeit auf dem Bau oder an der
        Universität gearbeitet hat. Dieser Unterschied muss
        berücksichtiget werden. Der Bezug von Teilrente sollte
        bereits ab dem 60. Lebensjahr möglich sein. Das macht
        es für ältere Beschäftigte leichter, bis zur Regelalters-
        grenze weniger Stunden zu arbeiten und mit der verblei-
        benden Arbeitszeit weiterhin Rentenanwartschaften auf-
        zubauen.
        Außerdem darf die Rente mit 67 keinesfalls eine bloße
        Rentensenkung durch die Hintertür sein. Bei denjenigen,
        die nicht bis zu der – ab 2012 schrittweise steigenden –
        Regelaltersgrenze arbeiten können, ist dies aber der Fall.
        Deswegen wollen wir die Altersgrenze für eine ab-
        schlagsfreie Erwerbsminderungsrente auf 63 Jahre sen-
        ken.
        Eine Erhöhung der Regelaltersgrenze muss mit einem
        besseren Schutz vor Armut einhergehen. Deswegen plä-
        dieren wir für die Einführung einer Garantierente, die
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        ie Rente auf ein Mindestniveau aufstockt, welches den
        rundbedarf für alle sichert. Die Bürgerinnen und Bür-
        er müssen sich darauf verlassen können, dass sie als
        angjährig Versicherte der gesetzlichen Rentenversicher-
        ng auch als Geringverdienende, Teilzeiterwerbstätige
        der mit unterbrochenen Erwerbsbiografien im Alter
        icht auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen
        ein werden.
        Die Bedingungen, die wir für eine Erhöhung der Re-
        elaltersgrenze stellen, sind zum jetzigen Zeitpunkt noch
        icht erfüllt. Allerdings beginnt die Erhöhung erst ab
        012, und erst ab 2029 gilt die Regelaltersgrenze von
        7 Jahren. Es bleibt noch etwas Zeit, um die Weichen
        nders zu stellen. Darin liegt die Herausforderung der
        ächsten Jahre. Eine simple Zurücknahme der beschlos-
        enen Regelung lehne ich ab und stimme deshalb gegen
        en Antrag der Linken.
        nlage 6
        Erklärungen nach § 31 GO
        zur Abstimmung über den Entwurf eines Geset-
        zes zur Regelung des Datenschutzaudits und
        zur Änderung datenschutzrechtlicher Vorschrif-
        ten (Tagesordnungspunkt 69 a)
        Gitta Connemann (CDU/CSU): Dem vorliegenden
        esetzentwurf zur Regelung des Datenschutzaudits und
        ur Änderung datenschutzrechtlicher Vorschriften
        timme ich nicht zu. Denn der vorliegende Kompromiss
        ur Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes, BDSG,
        eist zahlreiche komplizierte, rechtlich unklare und teil-
        eise widersprüchliche Regelungen auf. Ein sachge-
        echter Interessenausgleich zwischen Wirtschaft und
        erbrauchern einerseits sowie zwischen Arbeitnehmern
        nd Arbeitgebern andererseits wird damit nach meiner
        esten Überzeugung nicht erreicht. Im Gegenteil. Es
        rohen große Rechtsunsicherheit für die Werbe-
        reibenden sowie neue praxisuntaugliche und teils wider-
        innige bürokratische Hürden, die insbesondere kleine
        nd mittlere Unternehmen überfordern werden. Gerade
        n der derzeitigen tiefen Rezession ist das ein falsches
        ignal. Deshalb kann ich diesen Gesetzentwurf nicht
        ittragen. Ausschlaggebend für meine ablehnende Hal-
        ung sind insbesondere folgende Punkte:
        Die verantwortungsvolle geschäftsmäßige Nutzung
        on Adressdaten und zielgruppenspezifischen Werbe-
        aßnahmen ist im modernen Wirtschaftsleben gerade
        ür Mittelständler alternativlos. Die nun vorgesehenen
        euen Regelungen zur Datennutzung und -übermittlung
        ür Werbezwecke sind jedoch teilweise ungenau, oftmals
        nverständlich und insgesamt nicht praktikabel. Damit
        ird ganzen Branchen im Direktmarketing, Versand-
        andel oder dem Verlagswesen die Grundlage für unver-
        ichtbare Neukundengewinnung entzogen oder unnötig
        rschwert. Mittelständische Existenzen sowie deren
        rbeitsplätze werden gefährdet, erfolgreiche Unterneh-
        26220 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009
        (A) )
        (B) )
        men ohne Not zur Verlagerung ihrer Aktivitäten ins be-
        nachbarte Ausland getrieben.
        Die vorgesehenen Maßnahmen zur Datensicherheit in
        Unternehmen belasten den Betriebsfrieden in Klein-
        unternehmen in unverhältnismäßiger Art und Weise.
        Schon heute genießt ein betrieblicher Datenschutzbeauf-
        tragter einen besonderen Abberufungsschutz. Eine or-
        dentliche Kündigung wegen dieser Tätigkeit ist ausge-
        schlossen. Dieser Schutz ist erforderlich, damit ein
        Datenschutzbeauftragter seiner Aufgabe auch ungehin-
        dert nachkommen kann. Mit der Neuregelung soll die or-
        dentliche Kündigung eines Datenschutzbeauftragten
        jetzt grundsätzlich ausgeschlossen werden, selbst wenn
        keinerlei Bezug zu seiner Tätigkeit besteht. Der Daten-
        schutzbeauftragte soll zukünftig denselben Schutzstatus
        wie ein Betriebsratsmitglied haben. Diese Angleichung
        ist jedoch nicht gerechtfertigt, da er nicht die Interessen
        der Arbeitnehmer vertritt, sondern den Arbeitgeber bei
        der Umsetzung der Regelungen aus dem BDSG unter-
        stützt. Ein Sonderkündigungsschutz ist deshalb nicht nur
        nicht erforderlich, sondern würde zu einer unberech-
        tigten Besserstellung eines Datenschutzbeauftragten ge-
        genüber weiten Teilen der Belegschaft führen. Da bereits
        in Betrieben mit mehr als neun mit Personendatenverar-
        beitung befassten Mitarbeitern Datenschutzbeauftragte
        bestellt werden müssen, hat dies zur Folge, dass in vielen
        Kleinunternehmen beispielsweise des Handwerks quasi
        durch die Hintertür der Betriebsfrieden gefährdet wird.
        Weitere Kosten werden diesen Betrieben dadurch ent-
        stehen, dass Arbeitgeber einem Datenschutzbeauftragten
        zukünftig ermöglichen müssen, an Schulungs- und Bil-
        dungsveranstaltungen teilzunehmen und die Kosten hier-
        für zu übernehmen haben. Es wird also ohne nachvoll-
        ziehbaren Grund ein pauschaler Fortbildungsanspruch
        begründet. Es ist sicherlich erforderlich, dass ein Daten-
        schutzbeauftragter sich schulen und fortbilden lässt.
        Dies sollte sich aber nach dem Umfang der Datenbear-
        beitung und dem Schutzbedarf der personenbezogenen
        Daten richten. Ein pauschaler Fortbildungsanspruch er-
        öffnet Missbrauchsmöglichkeiten und belastet gerade
        Mittelständler mit unnötigen Kosten sowie zusätzlicher
        Bürokratie.
        Am 16. Februar 2009 wurde im Rahmen eines Spit-
        zentreffens zum Arbeitnehmerdatenschutz vereinbart,
        eine Grundsatzregelung in das BDSG aufzunehmen und
        eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die unter Beteiligung
        der Tarifparteien den Handlungsbedarf im Bereich des
        Arbeitnehmerdatenschutzes prüft und die Arbeiten zu ei-
        nem Arbeitnehmerdatenschutzgesetz in der nächsten Le-
        gislaturperiode fortführen soll. Das Bundeskabinett be-
        schloss dementsprechend am 18. Februar 2009 die
        Verankerung einer Grundsatzregelung im BDSG, die das
        geltende Recht nicht verändert, sondern vielmehr klar-
        stellt, dass dieses auch für das Arbeitsverhältnis gilt. Bei
        dem jetzt vorliegenden § 32 BDSG geht es aber nicht
        mehr allein um eine Klarstellung. Vielmehr sieht diese
        Regelung eine erhebliche Änderung des geltenden Ar-
        beitsschutzrechts im Arbeitsverhältnis vor. Damit wird
        eine Lex specialis geschaffen. Als Folge drohen in der
        betrieblichen Praxis widersinnige neue Bürokratie und
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        rhebliche Rechtsunsicherheit. Korruptions- und Krimi-
        alitätsbekämpfung sowie Compliance in Unternehmen
        erden unverhältnismäßig erschwert. Arbeitgeber wer-
        en in ihren Möglichkeiten zur Abwehr von ungerecht-
        ertigten Klagen nach dem Allgemeinen Gleichbehand-
        ungsgesetz, AGG, deutlich beschnitten. Selbst bewährte
        nd unstrittige Praktiken bei Bewerbungsverfahren, wie
        ie Einrichtung eines internen Bewerberpools oder die
        utzung von allgemein zugänglichen Daten auf Internet-
        obbörsen, sind künftig nicht mehr ohne Weiteres mög-
        ich. Das ist weder im Interesse von Arbeitgebern noch
        on ihren Beschäftigen und potenziellen Bewerbern.
        Ich bedauere, dass es in den Verhandlungen zwischen
        en Koalitionsfraktionen wegen des Widerstandes der
        PD nicht möglich war, zu vernünftigen, ausgewogenen
        nd praxistauglichen Lösungen mit Augenmaß zu kom-
        en. Es bedarf einer grundlegenden und sachgerechten,
        leichsam wirtschafts- und verbraucherfreundlichen
        odernisierung des Datenschutzrechtes anstelle vieler
        leiner, offensichtlich mit heißer Nadel gestrickter
        nderungen, die niemandem wirklich helfen. Im Übri-
        en waren alle Datenskandale jüngerer Zeit in Großun-
        ernehmen bereits nach geltender Rechtslage illegal. Es
        st zu befürchten, dass durch diese Novelle in der Praxis
        assive Probleme auftreten werden, die derzeit noch
        icht absehbar sind. Gerade für kleine und mittlere Un-
        ernehmen sind die Neuregelungen aus meiner Sicht un-
        umutbar.
        Leo Dautzenberg (CDU): Dem Gesetzentwurf zur
        egelung des Datenschutzaudits und zur Regelung da-
        nschutzrechtlicher Vorschriften – Drucksache 16/12011 –
        ann ich bei der Beratung in zweiter und dritter Lesung
        icht zustimmen.
        Die vorgesehenen Regelungen zur Ausweitung des
        ündigungsschutzes des Datenschutzbeauftragten und
        ie Verpflichtung der betroffenen Betriebe, dem Daten-
        chutzbeauftragten die Teilnahme an Fort- und Weiterbil-
        ungsveranstaltungen zu ermöglichen und deren Kosten
        u übernehmen, stellen für die betroffenen Unternehmen
        ine unzumutbare Belastung dar. Dies gilt insbesondere,
        a die Unternehmen bereits jetzt verpflichtet sind, einen
        eauftragten für den Datenschutz zu ernennen, wenn
        ehr als neun Personen ständig mit der automatisierten
        erarbeitung personenbezogener Daten beschäftigt sind.
        Ernst Hinsken (CDU/CSU): Der vorliegende Kom-
        romiss zur Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes,
        DSG, weist zahlreiche komplizierte, rechtlich unklare
        nd teilweise widersprüchliche Regelungen auf. Ein
        achgerechter Interessenausgleich zwischen Wirtschaft
        nd Verbrauchern einerseits sowie zwischen Arbeitneh-
        ern und Arbeitgebern andererseits wird damit nach
        einer festen Überzeugung nicht erreicht. Im Gegenteil.
        ielmehr drohen große Rechtsunsicherheit für die
        erbetreibenden sowie neue praxisuntaugliche und teils
        idersinnige bürokratische Hürden, die insbesondere
        leine und mittlere Unternehmen überfordern werden.
        erade in der derzeitigen tiefen Rezession ist das ein
        alsches Signal. Deshalb kann ich diesen Gesetzentwurf
        Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009 26221
        (A) )
        (B) )
        nicht mittragen. Ausschlaggebend für meine ablehnende
        Haltung sind insbesondere folgende Punkte:
        Die verantwortungsvolle geschäftsmäßige Nutzung
        von Adressdaten und zielgruppenspezifischen Werbe-
        maßnahmen ist im modernen Wirtschaftsleben gerade
        für Mittelständler alternativlos. Die nun vorgesehenen
        neuen Regelungen zur Datennutzung und -übermittlung
        für Werbezwecke sind jedoch teilweise ungenau, oftmals
        unverständlich und insgesamt nicht praktikabel. Damit
        wird ganzen Branchen im Direktmarketing, Versand-
        handel oder dem Verlagswesen die Grundlage für unver-
        zichtbare Neukundengewinnung entzogen oder unnötig
        erschwert. Mittelständische Existenzen sowie deren
        Arbeitsplätze werden gefährdet, erfolgreiche Unterneh-
        men ohne Not zur Verlagerung ihrer Aktivitäten ins
        benachbarte Ausland getrieben.
        Die vorgesehenen Maßnahmen zur Datensicherheit in
        Unternehmen belasten den Betriebsfrieden in Klein-
        unternehmen in unverhältnismäßiger Art und Weise.
        Schon heute genießt ein betrieblicher Datenschutzbeauf-
        tragter einen besonderen Abberufungsschutz. Eine or-
        dentliche Kündigung wegen dieser Tätigkeit ist ausge-
        schlossen. Dieser Schutz ist erforderlich, damit ein
        Datenschutzbeauftragter seiner Aufgabe auch ungehin-
        dert nachkommen kann. Mit der Neuregelung soll die or-
        dentliche Kündigung eines Datenschutzbeauftragten
        jetzt grundsätzlich ausgeschlossen sein, selbst wenn
        keinerlei Bezug zu seiner Tätigkeit besteht. Der Daten-
        schutzbeauftragte soll zukünftig denselben Schutzstatus
        wie ein Betriebsratsmitglied haben. Diese Angleichung
        ist jedoch nicht gerechtfertigt, da er nicht die Interessen
        der Arbeitnehmer vertritt, sondern den Arbeitgeber bei
        der Umsetzung der Regelungen aus dem BDSG unter-
        stützt. Ein Sonderkündigungsschutz ist deshalb nicht nur
        nicht erforderlich, sondern würde zu einer unberechtig-
        ten Besserstellung eines Datenschutzbeauftragten gegen-
        über weiten Teilen der Belegschaft führen. Da bereits in
        Betrieben mit mehr als neun mit Personendatenverarbei-
        tung befassten Mitarbeitern Datenschutzbeauftragte
        bestellt werden müssen, hat dies zur Folge, dass in vielen
        Kleinunternehmen, beispielsweise des Handwerks, quasi
        durch die Hintertür eine Betriebsratsmentalität Einzug
        hält und der Betriebsfrieden gefährdet wird.
        Weitere Kosten entstehen diesen Betrieben dadurch,
        dass Arbeitgeber einem Datenschutzbeauftragten ermög-
        lichen müssen, an Schulungs- und Bildungsveranstaltun-
        gen teilzunehmen, und die Kosten hierfür zu überneh-
        men haben. Künftig wird ohne nachvollziehbaren Grund
        ein pauschaler Fortbildungsanspruch begründet. Es ist
        sicherlich erforderlich, dass ein Datenschutzbeauftrag-
        ter sich schulen und fortbilden lässt. Dies sollte sich aber
        nach dem Umfang der Datenbearbeitung und dem
        Schutzbedarf der personenbezogenen Daten richten. Ein
        pauschaler Fortbildungsanspruch eröffnet Missbrauchs-
        möglichkeiten und belastet gerade Mittelständler mit un-
        nötigen Kosten sowie zusätzlicher Bürokratie.
        Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorschriften
        von Unternehmen müssen selbstverständlich geahndet
        werden. Es ist seit vielen Jahren bewährte Praxis, dass
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        ie zuständigen Aufsichtsbehörden in diesen Fällen die
        eseitigung solcher Missstände anordnen. Künftig sol-
        en die Aufsichtsbehörden allerdings darüber hinaus die
        efugnis erhalten, auch detailliert vorzuschreiben, wie
        nd in welcher Form solche Missstände vom Unterneh-
        er abzustellen sind. Die vorgesehenen behördlichen
        nordnungs- und Untersagungsbefugnisse stellen eine
        eue Qualität des Hineinregierens in die Unternehmen
        ar. Sie sind ordnungspolitisch verfehlt und in der Sache
        ufgrund der Vielzahl von unbestimmten Rechtsbegrif-
        en und Abwägungstatbeständen im Datenschutzrecht
        edenklich.
        Am 16. Februar 2009 wurde im Rahmen eines Spit-
        entreffens zum Arbeitnehmerdatenschutz vereinbart,
        ine Grundsatzregelung in das BDSG aufzunehmen und
        ine Arbeitsgruppe einzusetzen, die unter Beteiligung
        er Tarifparteien den Handlungsbedarf im Bereich des
        rbeitnehmerdatenschutzes prüft und die Arbeiten zu
        inem Arbeitnehmerdatenschutzgesetz in der nächsten
        egislaturperiode fortführen soll. Das Bundeskabinett
        eschloss dementsprechend am 18. Februar 2009 die
        erankerung einer Grundsatzregelung im BDSG, die das
        eltende Recht nicht verändert, sondern vielmehr klar-
        tellt, dass dieses auch für das Arbeitsverhältnis gilt. Bei
        em jetzt vorliegenden § 32 BDSG geht es aber nicht
        ehr allein um eine Klarstellung. Vielmehr sieht diese
        egelung eine erhebliche Änderung des geltenden
        rbeitsschutzrechts im Arbeitsverhältnis vor. Damit
        ird eine Lex specialis geschaffen. Als Folge drohen in
        er betrieblichen Praxis widersinnige neue Bürokratie und
        rhebliche Rechtsunsicherheit. Korruptions- und Krimi-
        alitätsbekämpfung sowie Compliance in Unternehmen
        erden unverhältnismäßig erschwert. Arbeitgeber wer-
        en in ihren Möglichkeiten zur Abwehr von ungerecht-
        ertigten Klagen nach dem Allgemeinen Gleichbehand-
        ungsgesetz, AGG, deutlich beschnitten. Selbst bewährte
        nd unstrittige Praktiken bei Bewerbungsverfahren, wie
        ie Einrichtung eines internen Bewerberpools oder die
        utzung von allgemein zugänglichen Daten auf Internet-
        obbörsen, sind künftig nicht mehr ohne Weiteres mög-
        ich. Das ist weder im Interesse von Arbeitgebern noch
        on ihren Beschäftigen und potenziellen Bewerbern.
        Zudem ist zu befürchten, dass die für zum Beispiel
        leine und mittlere Zeitungs- und Zeitschriftenverlage
        nverzichtbare Leserwerbung mit dieser neuen Daten-
        chutznovelle nicht mehr in ausreichendem Maße mög-
        ich sein wird.
        Ich bedauere, dass es in den Verhandlungen zwischen
        en Koalitionsfraktionen aufgrund des Widerstandes der
        PD nicht möglich war, zu vernünftigen, ausgewogenen
        nd praxistauglichen Lösungen mit Augenmaß zu kom-
        en. Es bedarf einer grundlegenden und sachgerechten,
        leichsam wirtschafts- und verbraucherfreundlichen
        odernisierung des Datenschutzrechtes anstelle vieler
        leiner, offensichtlich mit heißer Nadel gestrickter
        nderungen, die niemandem wirklich helfen. Im Übri-
        en waren alle Datenskandale jüngerer Zeit in Großun-
        ernehmen bereits nach geltender Rechtslage illegal. Es
        st zu befürchten, dass durch diese Novelle in der Praxis
        assive Probleme auftreten werden, die derzeit noch
        26222 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009
        (A) )
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        nicht absehbar sind. Gerade für kleine und mittlere
        Unternehmen sind die Neuregelungen unzumutbar.
        Datenschutz ist zu wichtig für kurzfristige Wahlkampf-
        taktik und faule Kompromisse.
        Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Der vorliegende
        Kompromiss zur Novelle des Bundesdatenschutzgeset-
        zes weist zahlreiche komplizierte, rechtlich unklare und
        teilweise widersprüchliche Regelungen auf. Der erhoffte
        Interessenausgleich zwischen Wirtschaft und Verbrau-
        chern einerseits sowie zwischen Arbeitnehmern und Ar-
        beitgebern andererseits wird nicht erreicht. Stattdessen
        drohen große Rechtsunsicherheit für die Werbetreiben-
        den sowie neue praxisuntaugliche und bürokratische
        Hürden, die insbesondere kleine und mittlere Unterneh-
        men überfordern werden. Gerade in der derzeitigen tie-
        fen Rezession ist das ein falsches Signal. Folgende
        Punkte halte ich für besonders kritisch:
        Erstens. Die verantwortungsvolle geschäftsmäßige
        Nutzung von Adressdaten und zielgruppenspezifischen
        Werbemaßnahmen sind im modernen Wirtschaftsleben
        gerade für Mittelständler alternativlos. Die nun vorgese-
        henen neuen Regelungen zur Datennutzung und -über-
        mittlung für Werbezwecke sind jedoch teilweise unge-
        nau, oftmals unverständlich und insgesamt nicht
        praktikabel. Damit wird ganzen Branchen im Direkt-
        marketing, Versandhandel oder dem Verlagswesen die
        Grundlage für unverzichtbare Neukundengewinnung
        entzogen oder unnötig erschwert. Mittelständische Exis-
        tenzen sowie deren Arbeitsplätze werden gefährdet,
        erfolgreiche Unternehmen ohne Not zur Verlagerung
        ihrer Aktivitäten ins benachbarte Ausland getrieben.
        Zweitens. Die vorgesehenen Maßnahmen zur Daten-
        sicherheit in Unternehmen belasten den Betriebsfrieden
        in Kleinunternehmen in unverhältnismäßiger Art und
        Weise. Schon heute genießt ein betrieblicher Daten-
        schutzbeauftragter einen besonderen Abberufungs-
        schutz. Eine ordentliche Kündigung wegen dieser Tätig-
        keit ist ausgeschlossen. Dieser Schutz ist erforderlich,
        damit ein Datenschutzbeauftragter seiner Aufgabe auch
        ungehindert nachkommen kann. Mit der Neuregelung
        soll die ordentliche Kündigung eines Datenschutzbeauf-
        tragten jetzt grundsätzlich ausgeschlossen sein, selbst
        wenn keinerlei Bezug zu seiner Tätigkeit besteht. Der
        Datenschutzbeauftragte soll zukünftig denselben Schutz-
        status wie ein Betriebsratsmitglied haben. Da bereits in
        Betrieben mit mehr als neun mit Personendatenver-
        arbeitung befassten Mitarbeitern Datenschutzbeauftragte
        bestellt werden müssen, hat dies zur Folge, dass in vielen
        Kleinunternehmen beispielsweise des Handwerks quasi
        durch die Hintertür ein betriebsratsähnlicher Posten ein-
        geführt wird, dem Schulungen, Sonderurlaub und
        Kündigungsschutz zustehen. Wir belasten unsere Mittel-
        ständler mit unnötigen Kosten sowie zusätzlicher Büro-
        kratie.
        Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU): Dem Ge-
        setzentwurf zur Regelung des Datenschutzaudits und zur
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        egelung datenschutzrechtlicher Vorschriften – Druck-
        ache 16/12011 – kann ich bei der Beratung in zweiter
        nd dritter Lesung nicht zustimmen.
        Lena Strothmann (CDU/CSU): Der vorliegende
        ompromiss zur Novelle des Bundesdatenschutzgeset-
        es weist zahlreiche komplizierte, rechtlich unklare und
        eilweise widersprüchliche Regelungen auf. Ein sachge-
        echter Interessenausgleich zwischen Wirtschaft und
        erbrauchern einerseits sowie zwischen Arbeitnehmern
        nd Arbeitgebern andererseits wird nach meiner festen
        berzeugung nicht erreicht.
        Die verantwortungsvolle geschäftsmäßige Nutzung von
        dressdaten und zielgruppenspezifischen Werbemaß-
        ahmen ist im modernen Wirtschaftsleben gerade für
        ittelständler alternativlos. Mit den neuen Regelungen
        ird ganzen Branchen im Direktmarketing, Versandhan-
        el oder dem Verlagswesen die Grundlage für unver-
        ichtbare Neukundengewinnung entzogen oder unnötig
        rschwert. Mittelständische Existenzen sowie deren Ar-
        eitsplätze werden gefährdet, erfolgreiche Unternehmen
        hne Not zur Verlagerung ihrer Aktivitäten ins benach-
        arte Ausland getrieben.
        Die vorgesehenen Maßnahmen zur Datensicherheit in
        nternehmen belasten den Betriebsfrieden in Kleinun-
        ernehmen in unverhältnismäßiger Art und Weise. Schon
        eute genießt ein betrieblicher Datenschutzbeauftragter
        inen besonderen Abberufungsschutz. Eine ordentliche
        ündigung wegen dieser Tätigkeit ist ausgeschlossen.
        ieser Schutz ist erforderlich, damit ein Datenschutzbe-
        uftragter seiner Aufgabe auch ungehindert nachkom-
        en kann. Mit der Neuregelung soll die ordentliche
        ündigung eines Datenschutzbeauftragten jetzt grund-
        ätzlich ausgeschlossen sein, selbst wenn keinerlei Be-
        ug zu seiner Tätigkeit besteht. Diese Angleichung an
        en Schutzstatus eines Betriebrates ist jedoch nicht ge-
        echtfertigt, da der Datenschutzbeauftragte nicht die In-
        eressen der Arbeitnehmer vertritt, sondern den Arbeit-
        eber bei der Umsetzung der Datenschutzregelungen
        nterstützt. Da bereits in Betrieben mit mehr als neun
        it Personendatenverarbeitung befassten Mitarbeitern
        atenschutzbeauftragte bestellt werden müssen, hat dies
        ur Folge, dass in vielen Kleinunternehmen beispiels-
        eise des Handwerks durch die ungerechtfertigte Bes-
        erstellung eines Datenschutzbeauftragten der Betriebs-
        rieden gefährdet wird.
        Weitere Kosten entstehen den Betrieben dadurch, dass
        rbeitgeber einem Datenschutzbeauftragten die Teil-
        ahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen er-
        öglichen müssen und die Kosten zu übernehmen haben.
        ieser pauschale Fortbildungsanspruch eröffnet Miss-
        rauchsmöglichkeiten und belastet gerade kleine und
        ittlere Unternehmen mit unnötigen Kosten sowie zu-
        ätzlicher Bürokratie.
        Aus diesen Gründen werde ich dem Gesetzentwurf
        icht zustimmen.
        Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009 26223
        (A) )
        (B) )
        Anlage 7
        Erklärung nach § 31 GO
        der Abgeordneten Elvira Drobinski-Weiß, Dr.
        Axel Berg, Ulrich Kelber und Waltraud Wolff
        (Wolmirstedt) (alle SPD) zur Abstimmung über
        den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des
        Datenschutzaudits und zur Änderung daten-
        schutzrechtlicher Vorschriften (Tagesordnungs-
        punkt 69 a)
        Nach den Datenschutzskandalen des Jahres 2008
        hatte sich der Datenschutzgipfel im vergangenen Sep-
        tember auf ein Bündel von Maßnahmen geeinigt. Als
        Kernelemente der Datenschutznovelle wurde von der
        Bundesregierung vorgeschlagen, dass das sogenannnte
        Listenprivileg abgeschafft wird, eine Nutzung und Wei-
        tergabe personenbezogener Daten zu Zwecken der Wer-
        bung nur noch mit ausdrücklicher Einwilligung der Be-
        troffenen – sogenanntes Opt-in – möglich sein soll und
        die Erbringung einer Leistung nicht an die Preisgabe
        personenbezogener Daten gekoppelt sein darf, soge-
        nanntes Koppelungsverbot. Wir bedauern sehr, dass
        diese für die Verbraucher wichtigen Punkte nicht durch-
        gesetzt werden konnten.
        Die im Regierungsentwurf enthaltene sogenannte
        ausdrückliche Einwilligungslösung ist gestrichen wor-
        den. Damit haben die Anbieter wie bisher die Möglich-
        keit, den Verbrauchern eine Einwilligung in den Allge-
        meinen Geschäftsbedingungen unterzuschieben. Das
        sogenannte Listenprivileg bleibt faktisch weiter beste-
        hen. Der Gesetzentwurf enthalt so viele Ausnahmen,
        dass Daten wie das Geburtsjahr oder der Beruf auch
        ohne Einwilligung an andere weiterverkauft werden
        können. Die Regelung zum Koppelungsverbot ist weit-
        gehend wirkungslos, weil sie nur dann greift, wenn eine
        gleichwertige Leistung bei einem anderen Anbieter nicht
        in zumutbarer Weise ohne eine Zustimmung in die
        Nutzung persönlicher Daten zu Werbezwecken erhält-
        lich ist. Zudem hat die CDU/CSU ein Unterlassungskla-
        gerecht für Verbraucherschutzverbände abgelehnt und
        damit ein – angesichts schlechter Personalausstattung
        bei den Datenschutzbehörden dringend erforderliches –
        zusätzliches Instrument zur Durchsetzung des Daten-
        schutzes verhindert.
        Anstatt sich im Interesse der Verbraucher für deren
        Recht auf Datenschutz einzusetzen, hat die CDU/CSU
        leider während der gesamten Verhandlungen den Interes-
        sen des Versandhandels und der Direktmarketing- und
        Verlagsbranche Priorität eingeräumt.
        Es wurde eine Chance vergeben: Das Grundrecht auf
        informationelle Selbstbestimmung wird mit diesem
        Gesetz für die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht
        wie nötig gestärkt.
        Auf Druck der SPD wurde allerdings der Arbeitneh-
        merdatenschutz wesentlich ausgebaut. Insbesondere der
        Kündigungsschutz für betriebliche Datenschutzbeauf-
        tragte ist eine deutliche Verbesserung. Diese Verbesse-
        rung ist notwendig. Deswegen stimmen wir dem Gesetz
        zu.
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        Es ist aber notwendig, den Datenschutz für Verbrau-
        herinnen und Verbraucher in der nächsten Legislatur-
        eriode erneut auf die Tagesordnung zu setzen. Verbrau-
        herinnen und Verbraucher müssen selbst entscheiden
        önnen, wer ihre Daten zu welchem Zweck nutzen darf.
        nlage 8
        Erklärung nach § 31 GO
        der Abgeordneten Klaus Brähmig, Marie-Luise
        Dött, Dr. Michael Fuchs, Jürgen Klimke, Dr.
        Rolf Koschorrek und Klaus-Peter Willsch (alle
        CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf
        eines Gesetzes zur Regelung des Datenschutz-
        audits und zur Änderung datenschutzrechtli-
        cher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 69 a)
        Der vorliegende Kompromiss zur Novelle des Bundes-
        atenschutzgesetzes – BDSG – weist zahlreiche kompli-
        ierte, rechtlich unklare und teilweise widersprüchliche
        egelungen auf. Ein sachgerechter Interessenausgleich
        wischen Wirtschaft und Verbrauchern einerseits sowie
        wischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern andererseits
        ird damit nach meiner festen Überzeugung nicht er-
        eicht. Im Gegenteil. Vielmehr drohen große Rechtsunsi-
        herheit für die Werbetreibenden sowie neue praxisun-
        augliche und teils widersinnige bürokratische Hürden,
        ie insbesondere kleine und mittlere Unternehmen über-
        ordern werden. Gerade in der derzeitigen tiefen Rezes-
        ion ist das ein falsches Signal. Deshalb kann ich diesen
        esetzentwurf nicht mittragen. Ausschlaggebend für
        eine ablehnende Haltung sind insbesondere folgende
        unkte:
        Die verantwortungsvolle geschäftsmäßige Nutzung
        on Adressdaten und zielgruppenspezifischen Werbe-
        aßnahmen ist im modernen Wirtschaftsleben gerade
        ür Mittelständler alternativlos. Die nun vorgesehenen
        euen Regelungen zur Datennutzung und -übermittlung
        ür Werbezwecke sind jedoch teilweise ungenau, oftmals
        nverständlich und insgesamt nicht praktikabel. Damit
        ird ganzen Branchen im Direktmarketing, Versand-
        andel oder dem Verlagswesen die Grundlage für unver-
        ichtbare Neukundengewinnung entzogen oder unnötig
        rschwert. Mittelständische Existenzen sowie deren
        rbeitsplätze werden gefährdet, erfolgreiche Unterneh-
        en ohne Not zur Verlagerung ihrer Aktivitäten ins
        enachbarte Ausland getrieben.
        Die vorgesehenen Maßnahmen zur Datensicherheit in
        nternehmen belasten den Betriebsfrieden in Kleinun-
        ernehmen in unverhältnismäßiger Art und Weise. Schon
        eute genießt ein betrieblicher Datenschutzbeauftragter
        inen besonderen Abberufungsschutz. Eine ordentliche
        ündigung wegen dieser Tätigkeit ist ausgeschlossen.
        ieser Schutz ist erforderlich, damit ein Datenschutz-
        eauftragter seiner Aufgabe auch ungehindert nachkom-
        en kann. Mit der Neuregelung soll die ordentliche
        ündigung eines Datenschutzbeauftragten jetzt grund-
        ätzlich ausgeschlossen sein, selbst wenn keinerlei Be-
        ug zu seiner Tätigkeit besteht. Der Datenschutzbeauf-
        ragte soll zukünftig denselben Schutzstatus wie ein
        26224 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009
        (A) )
        (B) )
        Betriebsratsmitglied haben. Diese Angleichung ist
        jedoch nicht gerechtfertigt, da er nicht die Interessen der
        Arbeitnehmer vertritt, sondern den Arbeitgeber bei der
        Umsetzung der Regelungen aus dem BDSG unterstützt.
        Ein Sonderkündigungsschutz ist deshalb nicht nur nicht
        erforderlich, sondern würde zu einer unberechtigten
        Besserstellung eines Datenschutzbeauftragten gegenüber
        weiten Teilen der Belegschaft führen. Da bereits in Be-
        trieben mit mehr als neun mit Personendatenverarbei-
        tung befassten Mitarbeitern Datenschutzbeauftragte be-
        stellt werden müssen, hat dies zur Folge, dass in vielen
        Kleinunternehmen beispielsweise des Handwerks quasi
        durch die Hintertür eine Betriebsratsmentalität Einzug
        hält und der Betriebsfrieden gefährdet wird.
        Weitere Kosten entstehen diesen Betrieben dadurch,
        dass Arbeitgeber einem Datenschutzbeauftragten ermög-
        lichen müssen, an Schulungs- und Bildungsveranstaltun-
        gen teilzunehmen und die Kosten hierfür zu übernehmen
        haben. Künftig wird ohne nachvollziehbaren Grund ein
        pauschaler Fortbildungsanspruch begründet. Es ist
        sicherlich erforderlich, dass ein Datenschutzbeauftrag-
        ter sich schulen und fortbilden lässt. Dies sollte sich aber
        nach dem Umfang der Datenbearbeitung und dem
        Schutzbedarf der personenbezogenen Daten richten. Ein
        pauschaler Fortbildungsanspruch eröffnet Missbrauchs-
        möglichkeiten und belastet gerade Mittelständler mit un-
        nötigen Kosten sowie zusätzlicher Bürokratie.
        Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorschriften
        von Unternehmen müssen selbstverständlich geahndet
        werden. Es ist seit vielen Jahren bewährte Praxis, dass
        die zuständigen Aufsichtsbehörden in diesen Fällen die
        Beseitigung solcher Missstände anordnen. Künftig sol-
        len die Aufsichtsbehörden allerdings darüber hinaus die
        Befugnis erhalten, auch detailliert vorzuschreiben, wie
        und in welcher Form solche Missstände vom Unterneh-
        mer abzustellen sind. Die vorgesehenen behördlichen
        Anordnungs- und Untersagungsbefugnisse stellen eine
        neue Qualität des Hineinregierens in die Unternehmen
        dar. Sie sind ordnungspolitisch verfehlt und in der Sache
        aufgrund der Vielzahl von unbestimmten Rechtsbegrif-
        fen und Abwägungstatbeständen im Datenschutzrecht
        bedenklich.
        Am 16. Februar 2009 wurde im Rahmen eines Spit-
        zentreffens zum Arbeitnehmerdatenschutz vereinbart,
        eine Grundsatzregelung in das BDSG aufzunehmen und
        eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die unter Beteiligung
        der Tarifparteien den Handlungsbedarf im Bereich des
        Arbeitnehmerdatenschutzes prüft und die Arbeiten zu
        einem Arbeitnehmerdatenschutzgesetz in der nächsten
        Legislaturperiode fortführen soll. Das Bundeskabinett
        beschloss dementsprechend am 18. Februar 2009 die
        Verankerung einer Grundsatzregelung im BDSG, die das
        geltende Recht nicht verändert, sondern vielmehr klar-
        stellt, dass dieses auch für das Arbeitsverhältnis gilt. Bei
        dem jetzt vorliegenden § 32 BDSG geht es aber nicht
        mehr allein um eine Klarstellung. Vielmehr sieht diese
        Regelung eine erhebliche Änderung des geltenden Ar-
        beitsschutzrechts im Arbeitsverhältnis vor. Damit wird
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        ine Lex specialis geschaffen. Als Folge drohen in der
        etrieblichen Praxis widersinnige neue Bürokratie und
        rhebliche Rechtsunsicherheit. Korruptions- und Krimi-
        alitätsbekämpfung sowie Compliance in Unternehmen
        erden unverhältnismäßig erschwert. Arbeitgeber wer-
        en in ihren Möglichkeiten zur Abwehr von ungerecht-
        ertigten Klagen nach dem Allgemeinen Gleichbehand-
        ungsgesetz, AGG, deutlich beschnitten. Selbst bewährte
        nd unstrittige Praktiken bei Bewerbungsverfahren, wie
        ie Einrichtung eines internen Bewerberpools oder die
        utzung von allgemein zugänglichen Daten auf Internet-
        obbörsen, sind künftig nicht mehr ohne weiteres mög-
        ich. Das ist weder im Interesse von Arbeitgebern noch
        on ihren Beschäftigen und potenziellen Bewerbern.
        Ich bedauere, dass es in den Verhandlungen zwischen
        en Koalitionsfraktionen aufgrund des Widerstandes der
        PD nicht möglich war, zu vernünftigen, ausgewogenen
        nd praxistauglichen Lösungen mit Augenmaß zu kom-
        en. Es bedarf einer grundlegenden und sachgerechten,
        leichsam wirtschafts- und verbraucherfreundlichen
        odernisierung des Datenschutzrechtes anstelle vieler
        leiner, offensichtlich mit heißer Nadel gestrickter
        nderungen, die niemandem wirklich helfen. Im Übri-
        en waren alle Datenskandale jüngerer Zeit in Groß-
        nternehmen bereits nach geltender Rechtslage illegal.
        s ist zu befürchten, dass durch diese Novelle in der
        raxis massive Probleme auftreten werden, die derzeit
        och nicht absehbar sind. Gerade für kleine und mittlere
        nternehmen sind die Neuregelungen unzumutbar. Da-
        enschutz ist zu wichtig für kurzfristige Wahlkampftak-
        ik und faule Kompromisse.
        nlage 9
        Erklärung nach § 31 GO
        der Abgeordneten Leo Dautzenberg und Albert
        Rupprecht (Weiden) (beide CDU/CSU) zur Ab-
        stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur
        Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuld-
        verschreibungen aus Gesamtemissionen und
        zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprü-
        chen von Anlegern aus Falschberatung (Tages-
        ordnungspunkt 71 a)
        Dem Gesetzentwurf zur Neuregelung der Rechtsver-
        ältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemis-
        ionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von
        nsprüchen von Anlegern aus Falschberatung – Druck-
        ache 16/12814 – kann ich bei der Beratung in zweiter
        nd dritter Lesung nicht zustimmen.
        Die darin enthaltene Regelung eines Rücktrittsrechts
        ei telefonischer Beratung ist nach meiner Einschätzung
        icht praktikabel und wird die telefonische Beratung im
        inanzbereich teilweise unmöglich machen. Darüber hi-
        aus bin ich davon ausgegangen, dass in der Koalition
        ereinbart wurde, das Gesetz in Gänze nicht umzuset-
        en, falls das Rücktrittsrecht aus dem Gesetz nicht he-
        ausgenommen werden kann.
        Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009 26225
        (A) )
        (B) )
        Anlage 10
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung:
        – Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der
        Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibun-
        gen aus Gesamtemissionen und zur verbes-
        serten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen
        von Anlegern aus Falschberatung
        – Antrag: Verbraucherschutz bei Finanzdienst-
        leistungen erweitern und durchsetzen
        (Tagesordnungspunkt 71 a und b)
        Marco Wanderwitz (CDU/CSU): Frau Parlamentari-
        sche Staatssekretärin Ursula Heinen hat für die Union
        zur Wichtigkeit und Notwendigkeit der heute zur Ab-
        stimmung stehenden Regelungen unter Verbraucher-
        schutzaspekten Stellung genommen. Ich will mich auf
        einige rechtspolitische Aspekte konzentrieren.
        Wichtig war für uns eine klare Trennung des Anwen-
        dungsbereichs der Dokumentationspflicht. Der Entwurf
        des BMJ, der bei der Protokollpflicht der Beratung keine
        Unterscheidung zwischen Privatkunden und professio-
        nellen Anlegern vornahm, schoss über das Ziel hinaus.
        Die Protokollpflicht ist nun auf Privatanleger im Sinne
        des Wertpapierhandelsgesetzes beschränkt. Mittelständi-
        sche Unternehmen sind dabei in der Regel Privatkunden.
        Für professionelle Anleger besteht nach § 31a VI Wert-
        papierhandelsgesetz die Option, sich beispielsweise bei
        einzelnen Wertpapierdienstleistungen oder Finanzinstru-
        menten als Privatkunde einstufen zu lassen, um unter
        den Anwendungsbereich der Beratungsprotokollierung
        zu fallen. Der angestrebte Schutzzweck wird durch diese
        Regelung umfassend erreicht.
        Der nun zu protokollierende Inhalt der Anlagebera-
        tung dient im Fall von Unklarheiten für beide Parteien
        als Beweismittel. Das ist ein wichtiger Fortschritt. Im
        Bereich der Vorortberatung in der Bank beispielsweise
        ist das regelmäßig unproblematisch: Beraten und ordern
        – Protokoll fertigen – gemeinsam nochmals durchgehen –
        unstreitiges Protokoll vorhanden, Ziel erreicht. Bei der
        telefonischen Beratung ist die Lage etwas komplizierter.
        Die im BMJ-Entwurf vorgesehene Aufzeichnungsrege-
        lung als Mitschnitt mit Aufbewahrung der Aufzeichnung
        innerhalb der Verjährungsfrist war viel zu teuer, letztlich
        für die Kunden, und datenschutzrechtlich problematisch.
        Die Anschaffung und Installation von tausendfacher
        Aufzeichnungstechnik und die Aufbewahrung von Mil-
        lionen von Mitschnitten im Jahr hätten insbesondere die
        kleinteiligeren Sparkassen und Genossenschaftsbanken,
        die zumeist bisher bereits eine sehr gute Beratung geleis-
        tet haben, überhart getroffen. Daher haben wir die be-
        rechtigte Kritik an dieser Stelle sehr ernst genommen
        und den Gesetzentwurf angemessen überarbeitet, ohne
        das Schutzniveau zu verringern. Nun erhält der Kunde
        kurzfristig ein der Vorortberatung vergleichbares Proto-
        koll zugestellt. So dies fehlerhaft oder unvollständig ist,
        steht dem Anleger ein Rücktrittsrecht zu. Der Fehler
        bzw. die Unvollständigkeit muss durch den Kunden da-
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        ei substanziiert vorgebracht werden. Die Grundsätze
        on Treu und Glauben gelten, das Rücktrittsrecht wurde
        uf einen angemessenen Zeitraum von einer Woche be-
        renzt. Damit ist Missbrauch weitgehend ausgeschlos-
        en.
        Eine gewisse Standardisierung der Protokolle über die
        nlageberatung befürwortet die Union. Dies liegt im In-
        eresse der Anleger und der Banken, eine Standardisie-
        ung wurde von den Sachverständigen sowohl aufseiten
        er Verbraucherschützer als auch aufseiten der Banken-
        erbände gefordert. Auch der Bundesrat hat in seiner
        tellungnahme zu Recht auf die Vorteile einer stärkeren
        tandardisierung hingewiesen. Starre gesetzliche Vorga-
        en an das Beratungsprotokoll lehnen wir aber ab, nicht
        uletzt da die Standardisierung eine natürliche Grenze
        at, da bei der Anlageberatung gerade auf die individuelle
        ituation des Anlegers eingegangen werden soll. Eine
        tandardisierung darf keinesfalls dazu führen, dass Pro-
        okolle sich nur aus vorgefertigten Textbausteinen zusam-
        ensetzen und nicht mehr den tatsächlichen Verlauf des
        onkreten Beratungsgesprächs wiedergeben. Es wird da-
        er von zusätzlichen Regelungen zur Standardisierung
        er Protokolle im Rahmen dieses Gesetzes abgesehen.
        tattdessen soll die Bundesregierung dafür sorgen, dass
        ie Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in
        usammenarbeit mit den Verbänden der Verbraucher und
        er Banken ein Papier mit Empfehlungen zu Inhalt und
        indestangaben erarbeitet und somit einen vernünftigen
        rad an Standardisierung des Protokolls bewirkt.
        Als angemessene Übergangsfrist für den Beginn der
        rotokollpflicht haben wir den 1. Januar 2010 gewählt.
        ine kürzere Frist wäre ob der vielen gesetzgeberischen
        ktionen in diesem Bereich keine angemessene Vorlauf-
        eit für die Sicherstellung der organisatorischen Vorbe-
        eitungen.
        Eine weitere wichtige Neuerung ist die Anpassung der
        erjährungsfrist von Schadenersatzansprüchen wegen
        chuldhafter Verletzung von Anlageberatungspflichten an
        ie regelmäßige Verjährungsfrist der §§ 195 ff. BGB. Die
        eratungshaftung der Banken kann mit der von anderen
        eratenden Berufen, wie der des Steuerberaters oder
        echtsanwalts verglichen werden, weshalb die Auswei-
        ung der Sonderverjährungsfrist angemessen ist. Prak-
        isch bedeutet dies, dass die Schadenersatzansprüche we-
        en Falschberatung nicht mehr in drei Jahren seit
        ertragsschluss verjähren. Nun beginnt die Dreijahres-
        rist erst mit der Kenntnis des Schadens. Grenze ist, um
        echtssicherheit zu gewährleisten, eine maximale Ver-
        ährungsfrist von zehn Jahren, die sich ebenfalls an die
        llgemeinen Regelungen des BGB anlehnt.
        Um die Verständlichkeit von Anleihebedingungen zu
        erbessern, wurde in § 3 Schuldverschreibungsgesetz
        in spezialgesetzliches Transparenzgebot für Anleihebe-
        ingungen hinsichtlich des Leistungsversprechens des
        mittenten verankert. Hiernach muss nach den Anleihe-
        edingungen die vom Schuldner versprochene Leistung
        urch einen Anleger, der hinsichtlich der jeweiligen Art
        on Schuldverschreibungen sachkundig ist, ermittelt
        erden können. Dazu gab es in der Fachpresse Irritatio-
        en, dass das Transparenzgebot für die Emittenten von
        26226 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009
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        Schuldverschreibungen deswegen eine zu große Rechts-
        unsicherheit schaffen könnte, weil sie gar nicht kontrol-
        lieren könnten, wer ihre Schuldverschreibungen konkret
        erwerbe. Nach dem Wortlaut der Norm kommt es aber
        für die Beurteilung der Transparenz eindeutig nicht dar-
        auf an, wer die betreffende Schuldverschreibung konkret
        erwirbt, sondern abstrakt auf einen objektiv sachkundi-
        gen Anleger. Eine Auslegung des § 3 dahin gehend, dass
        für die Beurteilung der Transparenz auf den konkreten
        Erwerber abgestellt würde, wäre nicht mit dem Wortlaut
        der Regelung vereinbar und auch unsinnig, weil der
        Kreis der konkreten Erwerber der Schuldverschreibun-
        gen zum Zeitpunkt der Abfassung der Anleihebedingun-
        gen und der Begebung der Schuldverschreibungen noch
        überhaupt nicht bekannt sein kann.
        Mit der Neufassung des Schuldverschreibungsgeset-
        zes erfolgt auch eine weitere Anpassung an international
        übliche Anforderungen. Hierzu wurde insbesondere das
        Recht der Gläubigerversammlung erneuert und an das
        bewährte Recht der Hauptversammlung bei der Aktien-
        gesellschaft angelehnt. Beispielweise erfolgt die Legi-
        timation des Anleihegläubigers in der Gläubigerver-
        sammlung nach dem Regelungsmodell des § 123 II
        Satz 2 Aktiengesetz. Daneben wird die Möglichkeit ei-
        ner Abstimmung ohne Versammlung, einer virtuellen
        Versammlung, eröffnet. Das Gesetz schafft zudem eine
        Rechtsgrundlage für Umschuldungsklauseln, die den
        Gläubigern Handlungsspielräume zu bestimmten Ände-
        rungen der Anleihebedingungen, beispielsweise in der
        Krise oder in der Insolvenz des Schuldners, ermögli-
        chen.
        Wir glauben, mit dem vorliegenden Gesetz das unser-
        seits Mögliche dafür getan zu haben, dass der Wertpa-
        pierhandel Vertrauen wieder zurückgewinnen konnte.
        Wir erhoffen uns, dass eigene Vermögensanlagen in
        Selbstverantwortung kritisch geprüft werden. Das Werk-
        zeug geben wir den Kunden in die Hand – die Verant-
        wortung können und wollen wir ihnen nicht abnehmen.
        Dr. Peter Jahr (CDU/CSU): Gestatten Sie mir hier
        ein paar Worte in eigener Sache und nicht zum eigentli-
        chen Gesetzentwurf der Bundesregierung: Das Wahlvolk
        und ich haben entschieden, dass ich zukünftig ins Euro-
        päischen Parlament wechseln werde. Das hat leider zur
        Folge, dass ich am Tag der konstituierenden Sitzung des
        Europäischen Parlamentes, dem 14. Juli 2009, aus dem
        Deutschen Bundestag ausscheiden muss.
        Neue Perspektiven zu erschließen ist eine schöne
        Sache. Gleichwohl überkommt einen schon ein wenig
        Wehmut nach den zahlreichen Jahren in Berlin. Zukünf-
        tig werde ich nun also im Europaparlament arbeiten. Ich
        tue dies mit einem lachenden und einem weinenden
        Auge; weinend, weil ich nach den Jahren meiner Arbeit
        im Deutschen Bundestag viel Freude an meiner Arbeit
        gefunden habe, gute Kolleginnen und Kollegen kennen
        gelernt habe und durchaus zusammen mit anderen etwas
        bewegen und verändern konnte. Dafür sage ich hier aus-
        drücklich Danke.
        Ich hätte diese Arbeit gern fortgesetzt, aber nun ergibt
        sich für mich ein neuer Lebensabschnitt, dem ich sehr
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        ptimistisch entgegensehe. Meine Erfahrungen und
        enntnisse, die ich aus der Zusammenarbeit hier gewon-
        en habe, werden mir dabei sehr hilfreich sein. Ich bin
        icher, dass für die deutsche Landwirtschaft auch in
        rüssel und Strassburg viel zu bewegen sein wird. Bitte
        nterstützen Sie mich dabei. Gerade weil ich im Europa-
        arlament hauptsächlich die gemeinsame Agrarpolitik
        itgestalten werde, verspreche ich Ihnen, dass wir noch
        oneinander hören werden. In diesem Sinne habe ich
        icht vor, mich großartig zu ändern.
        Ein besonderer Dank geht an die Abgeordneten des
        usschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
        raucherschutz. Das Schöne an einem Fachausschuss ist
        a bekanntlich der fachlich orientierte Streit. Ich habe
        edenfalls immer versucht, die Argumente des anderen
        u verstehen und, soweit es ging, auch aufzugreifen.
        erade in meiner Funktion als Tierschutzbeauftragter
        er CDU/CSU-Bundestagsfraktion haben wir mit dieser
        rbeitsphilosophie für den Tierschutz viel erreichen
        önnen. Gerade in diesem Bereich ist man natürlich nie
        ertig und es bleibt immer etwas zu tun. Aber ich finde,
        nsere Bilanz kann sich sehen lassen. Ärgerlich bin ich
        mmer dann geworden, wenn ideologisch – anstatt sach-
        ich und fachlich – diskutiert und argumentiert wurde.
        ch denke aber, dass es uns im Rückblick gelungen ist,
        eistens einen Ton in der Auseinandersetzung zu
        inden, der erträglich und nicht verletzend war.
        Die vielfältigen Themen, wichtig für unser Land und
        nsere Menschen, werden von uns allen auch in Zukunft
        iel Kraft, Mut und Ausdauer erfordern. Das, berufli-
        hen Erfolg, Gesundheit und Gottes Segen wünsche ich
        ns ausdrücklich.
        Klaus Uwe Benneter (SPD): Diese Woche war ich
        it Franz Müntefering in meinem Wahlkreis unterwegs.
        r hat mir von einem älteren Ehepaar erzählt. Die beiden
        atten 11 000 Euro angelegt, das Sparbuch lief aus. Sie
        ekamen einen Anruf von ihrer Bank, am Telefon war
        er nette Herr Bankberater, der sie seit 40 Jahren eigent-
        ich gut beraten hatte. Diesmal hatte er ein ganz beson-
        eres Angebot: Es wäre doch schade, das Geld jetzt ab-
        uheben, man könne es doch investieren, er habe da
        inen Tipp: Wertpapiere der Lehman-Bank. Gesagt, ge-
        an. Und das Ehepaar hat sein ganzes Geld verloren.
        Schon mehrmals habe ich mich mit der Interessenge-
        einschaft der Lehman-Geschädigten getroffen. Im
        ankjargon hießen sie A- und D-Kunden: alt und doof.
        iesen Menschen wurde in schicken Hochglanzprospek-
        en auch noch das letzte Schrottpapier aufgeschwatzt.
        avon, dass man sein Geld mit den Aktien auch kom-
        lett verlieren könnte, war natürlich nirgendwo die
        ede, nicht einmal im Kleingedruckten.
        Die Banken haben sich über ihre Profite gefreut und
        ie Bankberater über ihre Provisionen. Jetzt ist das ge-
        amte System aus maßlosem Profitstreben und unge-
        ügelter Gier zusammengebrochen, und die Anleger
        aben gemerkt, dass sie falsch beraten worden sind.
        enn sie jetzt Jahre später vor Gericht gegen die Bank
        lagen, haben sie schlechte Karten: Die Bank redet sich
        atürlich raus. Der Berater habe ja über alle Risiken auf-
        Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009 26227
        (A) )
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        geklärt, und eigentlich sei ja der Kunde schuld, weil der
        sich nicht klar genug ausgedrückt habe.
        So etwas soll es in Zukunft nicht mehr geben. Wir
        wollen, dass die Anlageberatung für den Anleger endlich
        so transparent ist, dass er weiß, welches Risiko er ein-
        geht, und wenn das Kind erst einmal in den Brunnen ge-
        fallen ist, eine echte Chance hat, gegen seine Bank vor
        Gericht zu gewinnen. Dazu muss das Beratungsgespräch
        zukünftig umfassend protokolliert werden: was der
        Kunde will, was der Bankberater daraufhin empfiehlt
        und warum. Das Protokoll kann sich der Kunde dann zu
        Hause in Ruhe zur Kontrolle durchlesen.
        Auch wenn der Anleger seinen Bankberater anruft,
        um die Wertpapiere gleich am Telefon zu kaufen, muss
        der Bankberater ein Protokoll über das Telefonat schrei-
        ben. Das muss er dem Kunden dann unverzüglich zu-
        senden. Findet der Anleger einen Fehler im Protokoll
        oder ist es nicht vollständig, kann er innerhalb einer Wo-
        che von dem Geschäft zurücktreten.
        Der Ursprungsgesetzentwurf sah eine Pflicht der Ban-
        ken vor, jedes Beratungstelefonat auch technisch aufzu-
        zeichnen. Das haben wir gestrichen. Ich denke, die
        Protokollpflicht mit dem Rücktrittsrecht für die Anleger
        ist ein guter Kompromiss. Sonst hätten wir datenschutz-
        rechtliche Probleme bekommen. Außerdem hätten wir
        mit so einer Regelung die Filialbanken bestraft, die bis-
        her im Wesentlichen anständig beraten haben. Vor allem
        die Direktbanken haben damit ja Schindluder getrieben.
        Einmal vor Gericht, hilft den Anlegern das Protokoll
        bei der Beweisführung gegen ihre Bank auch noch Jahre
        später. Wenn das Protokoll unschlüssig oder lückenhaft
        ist, muss nämlich die Bank beweisen, das sie ordnungs-
        gemäß beraten hat. Das ist eine echte Verbesserung für
        die Anleger.
        Mit dem Gesetz schaffen wir endlich auch die Son-
        derverjährungsvorschriften für die Banken ab. Im nor-
        malen Bürgerlichen Recht knüpft der Beginn der Ver-
        jährung ganz selbstverständlich an zwei Bedingungen
        an: Anspruchsentstehung und Kenntnis. Nicht so bei den
        Wertpapieren nach dem Wertpapierhandelsgesetz: Drei
        Jahre nach Vertragsschluss mit der Bank ist der An-
        spruch auf Schadensersatz verjährt, egal was der Anle-
        ger schon weiß, Schrottpapiere im Depot hin oder her.
        Damit ist jetzt Schluss. Die Dreijahresfrist beginnt in
        Zukunft erst dann zu laufen, wenn der Anleger von sei-
        nem Schaden erfahren hat.
        Mit dem Gesetz werden die notwendigen Konsequen-
        zen aus der Finanzmarktkrise gezogen, die nicht nur
        Banken und Unternehmen getroffen hat, sondern auch
        viele Anleger. Denen wollen wir für die Zukunft mit
        dem Gesetz helfen. Was die Vergangenheit angeht, dür-
        fen wir aber auch die Lehman-Geschädigten nicht ver-
        gessen. Bad Banks braucht es nicht nur für Banken.
        Marianne Schieder (SPD): In quasi letzter Minute
        beschließen wir heute auch den Koalitionsantrag „Ver-
        braucherschutz bei Finanzdienstleistungen erweitern und
        durchsetzen“. Dass wir das erst am letzten Sitzungstag
        schaffen, liegt nicht an uns. Wir haben schon lange
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        rkannt, dass ein dringender Handlungsbedarf im Be-
        eich Finanzdienstleistungen besteht. Einen ersten
        ntragsentwurf hatten wir Sozialdemokratinnen und
        ozialdemokraten bereits im September letzten Jahres
        orgelegt. Die CDU/CSU konnte sich dann lange nicht
        ntscheiden, ob sie wirklich substanzielle Verbesserun-
        en für die Verbraucher fordern oder lieber – wieder ein-
        al – dem Druck der Wirtschaft nachgeben will. Bis
        etzte Woche haben wir über diesen Antrag verhandelt.
        uletzt wollte der Wirtschaftsflügel der Union noch eine
        ormulierung durchdrücken, wonach mehr Verbraucher-
        chutz nur realisiert werden darf, wenn er nicht zu „mehr
        ürokratischen Belastungen für Unternehmen“ führt. Da
        ieht man, was uns blüht, wenn wir eine schwarz-gelbe
        ehrheit im September nicht verhindern!
        Auch bei diesem Antrag hat die CDU/CSU nach ih-
        em bewährten Motto gearbeitet: „Abwarten, abgucken,
        raufsetzen“. Der Vorschlag zur Protokollierung der Be-
        atung kam nämlich nicht von Frau Aigner, wie sie das
        ürzlich bei Hart aber fair behauptet hat. Der Vorschlag
        am von uns, nachzulesen in der Pressemitteilung mei-
        er Kollegen Hans-Ulrich Krüger, Joachim Stünker und
        on mir vom 5. Dezember 2008. Die Union hat die Erar-
        eitung unseres Antrags abgewartet, sich Vorschläge
        araus abgeguckt und sich dann – auch Frau Klöckner
        m Mai in der Rheinischen Post – damit in der Öffent-
        ichkeit gebrüstet.
        Die Regelungen zur Einlagensicherung, zur Verjäh-
        ungsverlängerung und zur Protokollierung des Bera-
        ungsgesprächs sind erste Schritte. Hierbei darf es nicht
        leiben. Wichtig ist zunächst, dass die Beratungsproto-
        olle nun auch so gestaltet werden, dass die Verbrau-
        herinnen und Verbraucher sie auch verstehen und dass
        ie alle wesentlichen – aber auch nur diese – Informatio-
        en über die Beratung enthalten. Die Erfahrungen im
        ereich der Versicherungen haben gezeigt, dass man die
        erbraucher auch mit einem Zuviel an Informationen
        erwirren und täuschen kann. Ich erwarte, dass die
        aFin sich mit Kreditinstituten und Verbraucherver-
        änden zusammensetzt und ein einheitliches Muster
        ntwickelt. Sonst müssen wir das auf dem Verordnungs-
        eg wie bei der VVG-Informationspflichtenverordnung
        egeln.
        Die Finanzmarktkrise hat noch einige weitere Löcher
        m Kessel des Kapitalanlagerechts offenbart: Oft sind es
        icht die Banken sondern freie sogenannte Finanzver-
        ittler, die dem Kapitalanleger ein Süppchen kochen,
        as er so nie löffeln wollte. Vor allem bei den Finanzver-
        ittlern, die sich auf dem sogenannten grauen Kapital-
        arkt tummeln, bedarf es einer Regulierung. Man muss
        ich das einmal vor Augen halten: Eine Friseurin oder
        in Friseur hat eine dreijährige Ausbildung zu absolvie-
        en, bevor sie oder er uns die Haare schneiden darf. Von
        inem Finanzvermittler fordern wir hingegen überhaupt
        eine Ausbildung. Das kann nicht so bleiben, schließlich
        eht es oftmals um das ersparte Geld der Leute und um
        ine solide Altersversorgung. Wir fordern deshalb für
        ie Zukunft eine ordentliche Berufsqualifikation sowie
        ine Registrierungspflicht für alle Finanzvermittler. Ich
        reue mich, dass – wie ich heute in der Zeitung lese –
        rau Ministerin Aigner sich unserer Forderung an-
        26228 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009
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        schließt und derzeit an Qualifikationskriterien arbeitet.
        Frau Aigner, Sie haben uns hier an Ihrer Seite.
        Außerdem müssen wir dafür sorgen, dass der betro-
        gene Kapitalanleger seine Ansprüche wegen Falschbera-
        tung auch durchsetzen kann. Oftmals steht er nach jahre-
        langem Streit einem insolventen Vermittler gegenüber.
        Deswegen müssen wir – wie wir es im Versicherungsbe-
        reich bereits getan haben – eine obligatorische Berufs-
        haftpflichtversicherung für Finanzvermittler einführen.
        Auch in der Anhörung zum grauen Kapitalmarkt am
        letzten Mittwoch wurde deutlich: Dort sind oft Produkte
        – wie geschlossene Immobilienfonds – zu finden, die
        kaum ein Verbraucher und nur wenige Finanzvermittler
        verstehen. Diese Produkte gibt es in unterschiedlichster
        Qualität und Ausgestaltung. Sie können als Anlageform
        auch durchaus geeignet sein. Ob sie sich eignen, kann
        aber nur ein fachkundiger Berater feststellen. Deshalb
        gilt: Ziel in der nächsten Legislatur ist eine konsistente,
        alle Produkte und Vertriebswege umfassende Regulie-
        rung, die geeignet ist, Transparenz, Verständlichkeit und
        Sicherheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu
        verbessern.
        Ob Kurzinformationsblatt, Finanz-TÜV oder Stär-
        kung der Verbraucherberatung: Ich könnte jetzt noch viel
        über die vielen guten Vorschläge sprechen, die in unse-
        rem Antrag stecken. Aber bitte lesen Sie den Antrag
        selbst. Ich möchte lieber noch auf ein paar Punkte auf-
        merksam machen, die wir als Sozialdemokratinnen und
        Sozialdemokraten leider in dem Antrag nicht durchset-
        zen konnten:
        Wir wollen einen Finanzmarktwächter, der nach dem
        Motto „Schnüffeln, bellen, beißen“ unseriöse Praktiken
        am Finanzmarkt aufspürt, Regelungslücken gegenüber
        der Politik und der Öffentlichkeit thematisiert und unse-
        riöse Anbieter durch Abmahnungen und Unterlassungs-
        klagen vom Markt drängt. Das fand die CDU/CSU wohl
        ein Zuviel an Verbraucherschutz.
        Die Union hat viele Formulierungen abgeblockt, die
        die Durchsetzung von Verbraucherrechten effektiv ver-
        bessert hätten. Wir durften nicht herausstellen, dass die
        Verbraucherzentralen im Bereich AGB-Kontrolle und
        Lauterkeitsrecht wichtige Funktionen erfüllen, die wir
        dringend ausbauen müssen. Auch das ging Ihnen schon
        zu weit.
        Also: Auch in der nächsten Legislatur ist viel zu tun.
        Wir stehen zu dem Antrag und werden uns für dessen
        weitere Umsetzung einsetzen. Und wir haben darüber hi-
        naus noch viele Vorschläge, die wir aber wohl nur mit
        anderen Mehrheiten durchsetzen können.
        Mechthild Dyckmans (FDP): Der Titel des uns
        heute vorliegenden Gesetzentwurfes „Gesetz zur Neu-
        regelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschrei-
        bungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten
        Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus
        Falschberatung“ deutet auf einen etwas falschen
        Schwerpunkt hin. Zumindest aus politischer Sicht liegt
        dieser Schwerpunkt nämlich nicht auf der Neuregelung
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        er Schuldverschreibungen, sondern ganz deutlich im
        ereich der Anlageberatung bei Bankgeschäften.
        Gerade im Rahmen der Finanzmarktkrise hat eine
        eträchtliche Zahl von Anlegern erhebliche Teile ihres
        ermögens mit Anlagen eingebüßt, die von Anlage-
        eratern als sichere Anlageform bezeichnet worden
        aren. Viele Anleger sind tief verunsichert. Zu nennen
        st hier zum Beispiel das Stichwort Lehman Brothers.
        och auch schon vor der Finanzmarktkrise kam es zu
        ohen Verlusten von Anlegern. Ich darf hier nur an den
        all Phoenix erinnern. Die Notwendigkeit einer besseren
        nlageberatung ist somit nicht von der Hand zu weisen.
        Hier sind wir uns – das darf ich wohl sagen – über
        raktionsgrenzen hinweg einig. Aber auch beim An-
        egerschutz geht die FDP Bundestagsfraktion zunächst
        inmal vom grundsätzlich mündigen Bürger aus. Anzu-
        treben ist eine nachhaltige Verantwortungsgemeinschaft
        wischen Verbrauchern und Banken mit einer wirk-
        amen Aufsicht. Die jetzige Krise bietet die Chance,
        ehlentwicklungen im gesamten Bereich der Beratung
        nd der Vermittlung von Finanzprodukten zu korri-
        ieren. Dabei kann es nicht darum gehen, dem Ver-
        raucher die Risiken des Kapitalmarktes vollständig
        bzunehmen. Der Verbraucher muss aber in die Lage
        ersetzt werden, eine eigenständige Entscheidung treffen
        u können. Aus diesem Selbstverständnis heraus hat die
        DP-Bundestagsfraktion am 20. April 2009 auch eine
        iel beachtete Diskussionsveranstaltung unter dem Titel
        Wie kommt das Vertrauen der Verbraucher zurück? –
        onsequenzen aus der Finanzmarktkrise“ abgehalten.
        ie Anlageberatung war auch dabei ein wichtiges
        hema. Bereits vor zwei Monaten hat die FDP-Bundes-
        agsfraktion ein umfassendes Positionspapier mit dem
        itel „Verbraucherrechte im Finanzmarkt stärken“ auf
        en Weg gebracht, dessen Forderungen weit über den
        ier vorliegenden Gesetzesentwurf hinausgehen.
        Schlechte Beratung und Verstöße gegen verbraucher-
        chützende Vorschriften dürfen sich nicht länger lohnen.
        ann können sich die Anbieter mit den besten Produkten
        nd der besten Beratungsqualität besser am Markt
        urchsetzen. Dies setzt voraus, dass Schadensersatzan-
        prüche bei Falschberatung für Geschädigte effektiv
        urchsetzbar sind. Die gegenwärtige Situation der
        eschädigten ist unbefriedigend, da ihre Ansprüche
        asch verjähren, oder der Geschädigte den Beratungsfeh-
        er mangels Unterlagen nicht nachweisen kann. Die
        älle der Lehman-Brothers-Geschädigten zeigen dies
        eutlich.
        Diesen zwei Punkten, also der effektiven Durchsetz-
        arkeit und der Verjährung, nimmt sich auch der Gesetz-
        ntwurf an. Mit dem neuen Gesetz wird es Anlegern er-
        eichtert, im Falle einer fehlerhaften Beratung ihre
        nsprüche durchzusetzen. Dazu wird ein schriftliches
        eratungsprotokoll eingeführt, das konkrete Dokumen-
        ationspflichten beinhaltet, die den Verlauf der Beratung
        rkennen lassen. Gerade diese Dokumentation des Bera-
        ungsverlaufs ist besonders wichtig. Aus dem Protokoll
        ird erkennbar sein, mit welchen Vorstellungen der
        unde die Bank betreten hat, in welche Richtung die
        Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009 26229
        (A) )
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        Beratung ging und mit welcher Empfehlung der Kunde
        am Ende die Bank auch wieder verlässt. Dieses Proto-
        koll ist dem Kunden am Ende der Beratung und vor dem
        Kauf des Anlageproduktes auszuhändigen. Eine verbes-
        serte Transparenz wird dadurch erreicht, dass der Anla-
        geberater verpflichtet ist, die für die Empfehlung ent-
        scheidenden Erwägungen zu dokumentieren. Das
        Vorliegen eines solchen Beratungsprotokolls erleichtert
        darüber hinaus die Beweisführung in strittigen Fällen.
        Zu klären blieb die Frage, was im Falle einer telefoni-
        schen Beratung geschehen soll. Laut Auskunft der Ban-
        kenvertreter macht der Anteil der telefonischen Beratung
        an der Anlageberatung zumindest 50 Prozent aus. Um
        auch in Zukunft die telefonische Beratung mit anschlie-
        ßender Auftragserteilung zu ermöglichen, sind im
        Gesetzentwurf Sonderregelungen vorgesehen. In diesem
        Fall kann der Kunde ausdrücklich einen Geschäftsab-
        schluss vor Erhalt des Protokolls herbeiführen. Die zu-
        nächst im Gesetzentwurf vorgesehene Regelung einer
        Aufzeichnung der Telefongespräche wurde nach einer
        Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss des
        Deutschen Bundestages auch auf Einwirken der FDP-
        Bundestagsfraktion aufgrund vielfältiger tatsächlicher
        und rechtlicher Schwierigkeiten gestrichen. Man stelle
        sich nur einmal vor, welch gigantische Menge an Daten
        angefallen wäre, wenn man komplette Beratungsgesprä-
        che aufgezeichnet hätte. – Für eine liberale Bürger-
        rechtspartei wie die FDP eine unerträgliche Vorstellung.
        Die jetzige Formulierungshilfe sieht vor, dass bei
        einer telefonischen Beratung ein einwöchiges Rücktritts-
        recht für den Fall eines fehlerhaften oder unvollständi-
        gen Protokolls eingeführt wird. Ich will nicht unerwähnt
        lassen, dass diese Frist zum Rücktritt von meiner Frak-
        tion durchaus auch kritisch gesehen wird. Es besteht die
        Gefahr, dass dadurch Spekulationen zulasten der Kredit-
        institute ermöglicht werden. Die Verbraucher haben
        künftig das Recht zum Rücktritt, bei jedem – kleinen –
        Fehler und auch der kleinsten Unvollständigkeit des
        Protokolls. Das kann nicht im Sinne des Erfinders sein.
        Wieder einmal wird erst die Rechtsprechung Kriterien
        entwickeln müssen, damit diese gesetzliche Regelung in
        der Praxis sinnvoll angewendet werden kann. Hier hätte
        ich mir etwas mehr Klarheit vom Gesetzgeber
        gewünscht.
        Die Verjährung für Schadenersatzansprüche wegen
        fehlerhafter Anlageberatung wird an die allgemeinen
        Verjährungsregeln angepasst. Das bedeutet, dass die Ver-
        jährung erst drei Jahre nach Kenntnis des Kunden von
        den anspruchsbegründenden Tatsachen und spätestens
        nach zehn Jahren eintritt. Dies wird von der FDP-
        Bundestagsfraktion begrüßt, wobei wir auch eine
        Höchstfrist von fünf Jahren für ausreichend erachtet hät-
        ten.
        Eine weite wichtige Änderung, die unter anderem
        auch auf Betreiben der FDP-Bundestagsfraktion noch
        Eingang in den Gesetzgebungsprozess gefunden hat, ist
        die Frage des Anwendungsbereichs. Der ursprüngliche
        Gesetzentwurf hielt auch professionelle Kunden, wie
        zum Beispiel Versicherungen, im Rahmen der Anlagebe-
        ratung für schutzwürdig. Richtigerweise beschränkt sich
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        er Anwendungsbereich nun auf Privatkunden. Die
        sprüngliche Regelung hätte einen unnötigen büro-
        ratischen Aufwand bedeutet.
        Lassen Sie mich zum Schluss noch kurz erwähnen, in
        elchen Punkten die FDP-Bundestagsfraktion weiteren
        andlungsbedarf sieht. Zu nennen sind eine Verbesse-
        ung der Finanzaufsicht, die Schaffung funktionstüchti-
        er Sicherungssysteme, ein verbesserter Schutz gegen
        isiken des grauen Kapitalmarkts, einheitliche Min-
        estanforderungen an die Beraterqualifikation und ein
        reiwilliges Gütesiegel für Finanzprodukte.
        Der vorliegende Gesetzentwurf stellt also nur einen
        rsten Schritt in die richtige Richtung dar. Die FDP-
        undestagsfraktion wird dem Gesetzentwurf daher zu-
        timmen.
        Sevim Dağdelen (DIE LINKE): Die Regierungsko-
        lition hat es geschafft. Sie legte uns zuerst unter ge-
        ohnt geschmeidiger Titulierung den „Entwurf eines
        esetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei
        chuldverschreibungen aus Gesamtemissionen und zur
        erbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von An-
        egern aus Falschberatung vor“. Das war – merke! – am
        4. April dieses Jahres. Und im Schnellverfahren soll
        as Ganze heute zu einem Abschluss kommen. Offen-
        ichtlich ist der Bundesregierung kurz vor Ablauf dieser
        ahlperiode aufgefallen, dass das alte Schuldverschrei-
        ungsgesetz bereits in die Jahre gekommen ist.
        10 Jahre, um genau zu sein. Nun, wahrhaftig, da kommt
        s mit den euphemistisch sogenannten dynamischen
        ntwicklungen am Finanzmarkt nicht mehr so recht mit.
        Na, in anderen Bereichen ist das Beharrungsvermö-
        en auch recht groß. Und so hat die Koalition – immer
        en Blick auf die neuesten Entwicklungen – in der ihr
        anz eigenen Art auch überraschend „schon“ in dieser
        oche den Beschlussantrag „Verbraucherschutz bei
        inanzdienstleitungen erweitern und durchsetzen“ ein-
        ebracht. Richtig, es hat lange gedauert, bis der Koali-
        ion eingefallen ist, dass der Steuerbürger – der gerade
        ur Rettung der Banken getreu dem kapitalistischen
        otto „Gewinne werden privatisiert und Verluste verge-
        ellschaftet“ geschröpft wurde – doch gleichzeitig
        rgendwie auch Verbraucher ist. Weil doch gerade Wahl-
        ampf ist, will die Koalition ja nicht nur negativ beim
        teuerzahler und Verbraucher auffallen.
        Um nicht missverstanden zu werden: Maßnahmen für
        ine nachhaltige Bereinigung von Irrungen im Finanz-
        arkt sind höchst angebracht. Ich darf darauf hinweisen,
        ass die Linke bereits im Dezember 2008 ihren Antrag
        Verbesserung des Verbraucherschutzes beim Erwerb von
        apitalanlagen“ mit der Drucksachennummer 16/11185
        ingebracht hat. Gerade im Zusammenhang mit der aktu-
        llen Finanzkrise und den tiefgreifenden Einbrüchen im
        redit- und Immobiliensektor, dem Renditedruck, dem
        reditinstitute auf den internationalen Finanzmärkten un-
        erworfen sind und der ihr Risikoverhalten fundamental in
        ichtung einer dramatischen Absenkung des Risikobe-
        ussteins verändert hat, muss die Stellung der Verbrau-
        herinnen und Verbraucher gestärkt werden. Dies gilt ins-
        esondere vor dem Hintergrund, dass Bürgerinnen und
        26230 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009
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        Bürger durch den Abbau von Sozialleistungen von der
        Bundesregierung immer stärker in langfristige Geldanla-
        gen oder Kreditnahmen gedrängt werden, um zum Bei-
        spiel für ihre Alterssicherung oder Ausbildung Vorsorge
        zu treffen.
        Doch unsere Vorschläge waren der Großen Koalition
        wohl doch zu sehr zugunsten der Verbraucherinnen und
        Verbraucher. Die Ablehnung eines tatsächlich an den aus
        der Krise gewonnenen Konsequenzen orientierten Ver-
        braucherschutzes war dann für die Koalition am 14. Mai
        2009 nur folgerichtig.
        Aber seien wir fair: Die Modernisierung des Schuld-
        verschreibungsgesetzes war überfällig und ist – als In-
        strument außergerichtlicher Sanierung – ein wichtiges
        Mittel, dessen Bedeutung gerade angesichts der Finanz-
        krise nicht zu unterschätzen ist. Das SchuldVG fasst die
        Inhaber von Schuldverschreibungen angesichts der Tat-
        sache, dass sie gegenüber dem Emittenten gleich-
        gerichtete Interessen verfolgen, zu einer gesetzlich ver-
        fassten Interessengemeinschaft zusammen und regelt
        Handlungs- und Beteiligungsrechte wie Gläubigerver-
        sammlung, Gläubigerverteter, Mehrheitsverhältnisse etc.
        Sachlich gesehen ist das Gesetz vor allem Sanierungs-
        und Insolvenzrecht. Die neuen Regelungen erweitern
        den Anwendungsbereich auch auf Emittenten mit Sitz
        außerhalb Deutschlands, erleichtern die Willensbildung
        der Gläubiger und erweitern die kollektive Bindung
        aufgrund von Mehrheitsentscheidungen.
        Der Entwurf legt also einen Paradigmenwechsel von
        der einfachen gemeinschaftlichen Interessenvertretung
        hin zu einem effektiven Sanierungsinstrument vor, in
        dem widerstreitende Gläubigerinteressen eingebunden
        werden. Dies wird nicht zuletzt auch durch das Sonder-
        insolvenzrecht nach §§ 18 ff. Schuldverschreibungs-
        gesetz sichergestellt. Dennoch steht es in einem gewis-
        sen Wertungswiderspruch zur Ratio des Gesetzgebers
        der Insolvenzordnung, der das gerichtliche Sanierungs-
        verfahren präferiert.
        Soweit sich der Gesetzentwurf der Anlageberatung
        annimmt, ist es erklärtes Ziel, die Durchsetzung von
        Schadenersatzansprüchen zu erleichtern. Wenn der Ge-
        setzentwurf jedoch einleitet mit der Feststellung, dass
        „gerade im Zusammenhang mit der Finanzmarktkrise
        sich gezeigt habe, dass viele Anleger die Risiken der
        teilweise hochkomplexen Produkte nicht hinreichend
        verstehen“, macht er deutlich, dass hier noch von einer
        falschen Prämisse ausgegangen wird. Denn es sind vor
        allem die Bankberater, die die Produkte nicht verstehen
        und sie dennoch – auch trotz der Erkenntnisse aus der
        Finanzkrise – an den Kunden bringen, wie auch erst
        kürzlich durchgeführte Untersuchungen in den Medien
        ergeben haben. Insofern ist jedenfalls die Proto-
        kollierung schon vor diesem Hintergrund unabdingbares
        Instrument, um eine Sensibilisierung der Berater zu
        erreichen. Zutreffend weist der Bundesrat in seiner
        Stellungnahme darauf hin, dass das Wertpapierhandels-
        gesetz nur einen sehr eingeschränkten Anwendungsbe-
        reich hat. Nicht erfasst werden die diversen Fonds.
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        Daher ist eine umfassende Strategie zum Verbrau-
        herschutz im Bereich der Kapitalanlagen und anderen
        inanzdienstleistungen unsere fortbestehende dringende
        orderung. Dazu gehört etwa, die Beweislast bei der An-
        ageberatung umzukehren. Genauso gehört dazu, die
        erpflichtung, den Anlegern ein einheitliches, verständ-
        iches und nicht manipulierbares Beratungsprotokoll
        orzulegen. Die Beratungsdokumentation ist in Anleh-
        ung an die §§ 6 und 62 des Versicherungsvertragsgeset-
        es auszuführen. Der Nachweis eines konkreten Scha-
        ens ist im Sinne von § 44 des Börsengesetzes zu
        rleichtern. Die Haftung der Emittenten von Kapitalan-
        ageprodukten und der Mitglieder der Leitungs- und
        ufsichtsorgane des Emittenten bei Verbreitung falscher
        ngaben über das Produkt ist zu verschärfen. Dabei
        ann angeknüpft werden an den von der ehemaligen rot-
        rünen Bundesregierung am 7. Oktober 2004 erarbeite-
        en, aber nicht eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur
        erbesserung der Haftung für falsche Kapitalmarktinfor-
        ationen.
        Längst überfällig ist auch die Einführung eines Anti-
        uchergesetzes, um die intransparente Kreditpraxis ins-
        esondere bei der Vergabe von Kleinkrediten zu be-
        ämpfen. Nach Professor Dr. Udo Reifner vom Institut
        ür Finanzdienstleistungen in Hamburg wird die tatsäch-
        iche Zinsbelastung eines Kredits oft verschleiert, indem
        reditkosten in einer Restschuldbefreiungsprämie sowie
        eren Finanzierungskosten versteckt würden, die bei der
        blichen Umschuldung zu Buche schlügen.
        Schließlich ist die unabhängige Verbraucherberatung
        n Finanzdienstleistungen kurzfristig so auf- und auszu-
        auen, dass mindestens 1 Prozent der Privathaushalte
        ährlich beraten werden kann. Dies muss finanziell
        auerhaft und in ausreichender Höhe abgesichert wer-
        en. Zur Durchführung der Finanzberatung müsste eine
        pezialisierte Verbraucherzentrale Finanzen bei den
        erbraucherzentralen sowie bei dem Verbraucherzen-
        rale Bundesverband e. V. eingerichtet werden.
        Der vorliegende Gesetzentwurf bleibt nach alledem
        utlos hinter den Möglichkeiten zurück, die wir bereits
        m erwähnten Antrag vorgeschlagen haben. Weder die
        nabhängige und fachliche Finanzberatung findet hier
        iederschlag noch die über das dortige Vorschlagspro-
        ramm hinausreichende Überlegung einer Marktbereini-
        ung durch das Hinwirken auf ein konzertiertes Verbot
        on bestimmten Finanzprodukten in mindestens europäi-
        cher, besser in globaler Kooperation. Es ist aber nicht
        u verkennen, dass sich die Koalition in ihrem
        eschlussantrag zumindest unseren hier und schon frü-
        er geäußerten Forderungen annähert. Es besteht aber
        erade deshalb erheblicher Nachbesserungsbedarf.
        Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir
        eden bei der heutigen Debatte zum Schuldverschrei-
        ungsgesetz über Verbraucherschutz bei Finanzdienst-
        eistungen. Das Schuldverschreibungsgesetz ist nur ein
        ropfen auf dem heißen Stein. Die Sonderfristen bei der
        erjährung abzuschaffen, das haben wir Grünen seit lan-
        em gefordert. Aber es ist noch keine Antwort auf die
        Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009 26231
        (A) )
        (B) )
        Finanzkrise. Und auch die Dokumentation der Beratung
        hat noch etliche Haken. Was passiert eigentlich, wenn
        nicht rechtzeitig über das neue Rücktrittsrecht bei telefo-
        nischer Beratung belehrt wird? Und wie soll eigentlich
        belehrt werden? Insgesamt ist die Bilanz der Bundesre-
        gierung beim Thema Verbraucherschutz bei Finanz-
        dienstleistungen vernichtend und lautet: zu spät, zu
        lückenhaft, zu inkonsequent. Sie haben – genau wie die
        Banken – aus der Finanzkrise einfach nichts gelernt.
        Die Banken nehmen gerne die Rettungspakete auf
        Kosten der Steuerzahlerinnen und -zahler entgegen, um
        sich damit aus der selbstverschuldeten Krise zu katapul-
        tieren. Aber ansonsten machen sie weiter wie bisher:
        Das zeigt nicht nur das Beispiel der Zinspolitik, bei dem
        die Schere zwischen Soll- und Habenzinsen immer grö-
        ßer wird, und zwar zulasten der Verbraucherinnen und
        Verbraucher. Schon seit Monaten fordern wir Grüne die
        Bundesregierung auf, den unfairen Geschäftspraktiken
        der Banken einen Riegel vorzuschieben. Denn allein die
        unseriöse Zinspolitik lässt 1,3 Milliarden Euro in den
        Taschen der Finanzinstitute verschwinden, statt Kredit-
        ausgaben und Konjunktur zu entlasten. Damit wird die
        Zinspolitik der Europäischen Zentralbank konterkariert,
        und die Bundesregierung schaut tatenlos zu. Hier wäre
        Frau Aigner gefordert, für die Bankkundinnen und -kun-
        den in die Bresche zu springen; stattdessen verharrt sie
        in ihrer verbraucherpolitischen Arbeitsstarre. Alle Vor-
        schläge, die wir im Ausschuss und in unseren Anhörun-
        gen dazu diskutiert haben, kamen von der Opposition.
        Das Handeln der Ministerin erschöpft sich in Pressemit-
        teilungen und launigen Reden auf Konferenzen.
        Die Bundesregierung hatte nach der Krise eigentlich
        die Aufgabe, die Bankenlandschaft so zu regeln, dass
        Missstände beseitigt werden und die Verbraucherinnen
        und Verbraucher wieder Vertrauen in den Finanzmarkt
        haben. Dankenswerterweise dokumentieren Sie im vor-
        liegenden Antrag noch einmal schriftlich, was Sie alles
        versäumt haben: Sie haben weder die Beweislastumkehr
        bei Falschberatung auf den Weg gebracht, noch wurde
        das Problem der Zertifikate geregelt oder die Finanz-
        marktaufsicht gestärkt. Und auch die Qualifikationsan-
        forderungen an Finanzvermittler wurden nicht neu
        definiert, um nur einige Beispiele zu nennen. Während
        wir aus Großbritannien hören, dass die britische Finanz-
        aufsicht die Finanzvermittlerbranche radikal umbauen
        will und endlich auf eine Honorarberatung statt auf
        Beraterprovisionen setzt, bleibt hier alles beim Alten.
        Lassen Sie sich in Verbraucherfragen doch einfach mal
        von unseren Nachbarländern inspirieren.
        Die letzten neun Monate haben deutlich gezeigt: Eine
        schwarz-rote Regierung ist keine Antwort auf die Ban-
        ken- und Finanzkrise. Das von allen kritisierte Provi-
        sionssystem läuft weiter, Bankkunden müssen sich über
        willkürliche Gebühren ärgern, und die Kaupthing-Opfer
        mussten monatelang um ihr Geld zittern. Wer für diese
        ganzen Probleme eine Lösung sucht, muss wissen, eine
        Verbraucherstimme ist bei Schwarz-Rot schlecht ange-
        legt. Deshalb muss dieses Koalitionsmodell vom Markt
        verschwinden. Die Krise kann nur überwunden werden,
        wenn Finanzmärkte fair und verbraucherfreundlich orga-
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        isiert werden. Aber dafür steht die derzeitige Bundesre-
        ierung nicht zur Verfügung.
        Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin bei der
        undesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und
        erbraucherschutz: Der Sturm der Finanzkrise hat vie-
        en Menschen in unserem Land schwere finanzielle Ver-
        uste zugefügt. Jetzt sind wir dabei, aufzuräumen und
        orsorge für die Zukunft zu treffen. Mit unserem heuti-
        en Antrag haben wir die Ausgangslage markiert und
        lar und deutlich Lösungswege aufgezeigt.
        Schlechte Beratung, mangelnde Risikoaufklärung und
        ie Orientierung der Berater an ihrer Provision statt an
        er Lebenssituation ihrer Kunden müssen der Vergan-
        enheit angehören. Die Langfristschäden fehlerhafter
        eratung belaufen sich auf 20 bis 30 Milliarden jährlich.
        s ist daher wohl angebracht, aus der Finanzkrise auch
        esetzliche Konsequenzen zu ziehen.
        Ein erster Schritt zu mehr Sicherheit war das Gesetz
        ur Einlagensicherung und Anlegerentschädigung. Jetzt
        eht es um erweiterte Rechte und effektivere Rechts-
        urchsetzung. Dem dient der heutige Gesetzesentwurf
        um Schuldverschreibungsrecht: die Verlängerung der
        erjährungsfristen für Schadenersatzansprüche, die Do-
        umentationspflicht von Beratungsgesprächen und das
        ransparenzgebot hinsichtlich des Leistungsverspre-
        hens. Diese drei Punkte verbessern die Rechtslage für
        ie Verbraucher erheblich. Es ist ein großer Schritt in
        ichtung des Ziels, dass sich Banken und Verbraucher
        uf Augenhöhe begegnen können. So kann wieder Ver-
        rauen wachsen. In dieser Politik fühle ich mich auch be-
        tätigt durch die jüngsten Urteile verschiedener Rechts-
        nstanzen.
        Ich begrüße die Leitlinien des Bankenverbandes zur
        tärkung des Anlegervertrauens. Allerdings beunruhigen
        ich Zeitungsberichte, wonach Banken- und Finanz-
        ienstleister ihre Beratungspraxis kaum geändert hätten.
        eshalb fordere ich die Banken mit allem Nachdruck
        uf, die notwendigen Reformen auch einzuleiten.
        Die soziale Marktwirtschaft geht vom mündigen Ver-
        raucher aus. Dieser bedarf der Information und Aufklä-
        ung, um die für ihn richtige Entscheidung treffen zu
        önnen. Das gilt besonders für den Markt der Anlagen-
        nd Finanzprodukte. Hier werden über 200 000 ver-
        chiedene, zum Teil hochkomplizierte Produkte angebo-
        en. Mit der „Qualitätsoffensive Verbraucherfinanzen“
        öchte ich den Verbrauchern einen Routenplaner an die
        and geben, damit diese sich in dem oft undurchsichti-
        en Finanzdschungel zurechtfinden können.
        Beim Thema „transparente Informationen“ sind wir
        uf einem guten Weg. Ich verweise auf unsere Check-
        iste für Finanzanlagen, die Kurse und das Service-Heft
        ur Altersvorsorge, das interaktive Internetportal, das
        oraussichtlich in den nächsten Wochen freigeschaltet
        ird, und die Erarbeitung eines prägnanten Produktin-
        ormationsblattes. Dazu werde ich eine Arbeitsgruppe
        it Vertretern der Finanzwirtschaft und von Schutzorga-
        isationen der Anleger einsetzen. Hinsichtlich Sicher-
        26232 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009
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        heit, Flexibilität, Rendite und Kosten sollen auf einen
        Blick alle wesentlichen Produkteigenschaften erkennbar
        sein. Informationen müssen so einfach wie möglich sein,
        damit sie auch jemand versteht, der sich nicht täglich da-
        mit beschäftigt.
        Als weiterer Schwachpunkt hat sich die oft unzurei-
        chend qualifizierte Finanzberatung herausgestellt. Ge-
        meinsam mit Wissenschaftlern, Verbraucherorganisatio-
        nen, Banken und Versicherungen ist mein Haus dabei,
        verbindliche Mindeststandards für Finanzvermittler zu
        entwickeln. Da geht es um Fragen wie Beratungsqualität
        und Haftung. Auch bei den betriebsinternen Anreizsys-
        temen bin ich im Gespräch mit Branchenvertretern, um
        Verbesserungen zu erreichen. Auch hier müssen noch
        harte Bretter gebohrt werden.
        An einem konsequenten Verbraucherschutz bei Fi-
        nanzdienstleistungen führt aber kein Weg vorbei. Die
        Verbraucherinnen und Verbraucher können dabei auch
        zukünftig auf mein Haus zählen.
        Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär bei der
        Bundesministerin der Jusitz: Der Gesetzesentwurf in der
        heute vorliegenden Fassung ist das Ergebnis kurzer, aber
        intensiver Beratungen. Ich möchte Ihnen, meine sehr ge-
        ehrten Damen und Herren, herzlich danken, dass Sie den
        Regierungsentwurf so positiv aufgenommen und in eini-
        gen Teilen auch sehr effektiv weiterentwickelt haben.
        Dabei wurden selbstverständlich auch die Anregungen
        des Bundesrates in die Überlegungen aufgenommen.
        Besonders freue ich mich aber darüber, dass wir in
        den Ausschüssen – auch mit Zustimmung von Teilen der
        Opposition – den Anlegerschutz ganz erheblich zuguns-
        ten der Bürgerinnen und Bürger verbessern konnten.
        Wenn auch in der Presse vereinzelt von einem „Mini-
        malkompromiss“ gesprochen wird, so kann ich diese
        Einschätzung nicht teilen. Wir haben getan, was in der
        kurzen Zeit möglich war.
        In der Sache selbst sind die Abschaffung der Sonder-
        verjährung im Wertpapierhandelsgesetz und die damit
        einhergehende Verlängerung der Verjährung auf maxi-
        mal zehn Jahre mittlerweile breiter Konsens.
        Die Pflicht zur Dokumentation des Beratungsge-
        sprächs halte ich für einen großen Erfolg des Gesetzge-
        bungsprojekts. Die Banken werden verpflichtet, Her-
        gang und Empfehlungen des Beratungsgesprächs im
        Lichte der persönlichen und finanziellen Situation der
        Kunden festzuhalten. Das ist neu und nimmt die Banken
        viel besser als bisher in die Pflicht, anlegergerecht zu be-
        raten. Ich halte dieses Konzept sogar für fortschrittlicher
        als die immer wieder geforderte Beweislastumkehr.
        Denn die Beweislastumkehr greift erst in Streitfällen ein,
        wenn man nicht feststellen kann, was tatsächlich passiert
        ist. Das Protokoll schafft aber von Anfang an Klarheit
        und vermeidet spätere Streitigkeiten. Wir werden selbst-
        verständlich beobachten, wie sich die Praxis entwickeln
        wird.
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        Bei der telefonischen Beratung haben wir, wie ich
        inde, eine auch für die Banken tragbare Regelung ge-
        unden, indem statt der Sprachaufzeichnung dem Kunden
        in einwöchiges Rücktrittsrecht einzuräumen ist. Das
        ücktrittsrecht ist auch nicht unbeschränkt, sondern
        reift in dem Fall, dass das nach Geschäftsabschluss
        bersandte Protokoll falsch ist. Wir kommen hier einer-
        eits der Forderung entgegen, die Kosten, wie sie bei ei-
        er umfassenden Sprachaufzeichnung entstanden wären,
        öglichst gering zu halten. Andererseits nehmen wir un-
        ere Verantwortung den Verbrauchern gegenüber ernst
        nd haben zumindest in diesem Bereich im Fall eines
        ehlerhaften Protokolls eine punktuelle Beweislastum-
        ehr zugunsten der Anleger eingeführt.
        Auch beim neuen Schuldverschreibungsgesetz, das in
        en Beratungen weniger im Vordergrund stand, wird et-
        as zur Verbesserung des Anlegerschutzes getan. Das
        eue Transparenzgebot ist ein erster und ganz wesentli-
        her Schritt zur Verbesserung der Produktqualität. Die
        nleihebedingungen müssen eine eindeutige und klare
        rmittlung des Leistungsversprechens ermöglichen. Wir
        chaffen zudem eine rechtliche Grundlage für die Ände-
        ungen von Anleihebedingungen, die im Sanierungsfall
        en Anleger bei Schuldverschreibungen aus Gesamt-
        missionen gegebenenfalls vor einem Totalverlust seiner
        eldanlage schützen kann.
        An dieser Stelle möchte ich nochmals betonen, dass
        ieses Gesetz nur der erste Schritt ist. Weitere Maßnah-
        en werden wir prüfen und in der nächsten Legislatur-
        eriode in Angriff nehmen. Ich nehme hier ganz bewusst
        ezug auf den gemeinsamen Antrag der CDU/CSU- und
        PD-Fraktion zur Erweiterung und Durchsetzung des
        erbraucherschutzes bei Finanzdienstleistungen. Wir
        erden an der Fortentwicklung der Regulierung von
        rodukten und Vertriebswegen genauso arbeiten wie an
        er Frage der Einführung eines „Finanz-TÜVs“. Wir
        erden prüfen, wie die Verbraucherberatung am besten
        estärkt werden kann. Entgeltstrukturen in der Finanz-
        ienstleistungsbranche, die Anreize für Falschberatun-
        en geschaffen haben müssen verantwortungsbewusst ge-
        ndert werden. Wir werden uns intensiv mit der Frage
        eschäftigen, wie wir effektiv die ökonomische Fach-
        ompetenz der Anleger verbessern können. Learning by
        oing kann sich hier – im wahrsten Sinne des Wortes –
        iemand leisten. Gleiches gilt übrigens auch für die
        achkompetenz vieler Finanzvermittler.
        In vielen Teilen liegen die Forderungen aus dem
        oalitionsantrag auf einer Linie mit den Anregungen des
        undesrates nach mehr Beratungsqualität, einer Verbes-
        erung der Provisionsstrukturen und Produkttransparenz.
        ie sehen, die Verbesserung des Verbraucherschutzes im
        apitalmarkt wird auch in der nächsten Legislatur-
        eriode ein wichtiges Thema sein.
        Abschließend denke ich, dass wir uns über eines alle
        inig sind. Als Reaktion auf die aktuelle Finanz- und
        irtschaftskrise muss auch das Vertrauen der Verbrau-
        her in die Finanzmärkte zurückgewonnen werden. Da-
        an arbeiten wir und werden es auch in Zukunft tun.
        Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009 26233
        (A) )
        (B) )
        Anlage 11
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung der Beschlussempfehlung und des
        Berichts: Finanzumsatzsteuer auf EU-Ebene
        einführen (Tagesordnungspunkt 13)
        Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU): In
        Deutschland wurde die Börsenumsatzsteuer 1991 abge-
        schafft. Gegenwärtig sind Umsätze mit Aktien und Deri-
        vaten innerhalb der EU weitgehend frei von einer Be-
        steuerung.
        Die Grünen problematisieren die fehlende steuerliche
        Belastung von Umsätzen mit Finanzprodukten in ihrem
        Antrag, den wir heute debattieren. Diese Ausnahme sei
        nach ihrer Meinung ungerecht. Wie andere Produkte
        müssten daher auch Finanztransaktionen mit einer Um-
        satzsteuer belegt werden. Unter Bezugnahme auf Be-
        rechnungen des österreichischen Wirtschaftsforschungs-
        instituts WiFo gehen die Grünen davon aus, dass ein
        Steuersatz von 0,01 Prozent zu einem jährlichen Steuer-
        aufkommen in Höhe von 70 Milliarden Euro in der Eu-
        ropäischen Union führen werde. Die Steuer könne den
        Hang der Finanzmärkte zur Konstruktion von risikorei-
        chen und von der Realwirtschaft weitgehend abgekop-
        pelten Finanzprodukten mäßigen, so die Begründung.
        Wer einer solchen Steuer eine Lenkungswirkung zu-
        schreibt, argumentiert populistisch. Hier geht es doch
        nur darum, eine neue Steuer einzuführen, die die Men-
        schen weiter belastet, sie weiter zum Ausweichen vor
        der Steuerlast treibt. Und die Bevölkerung wird doch
        nicht glauben, dass es bei einem solch niedrigen Steuer-
        satz bliebe. Ganz im Gegenteil, Steuererhöhungen und
        Steuerbegehren wären Tür und Tor geöffnet. Neue Steu-
        erlasten wären Gift in der derzeitigen Situation. Sie wür-
        den die Menschen doch nur noch mehr verunsichern.
        Die Grünen argumentieren, langfristig angelegte
        Transaktionen, die zum Beispiel der Altersvorsorge die-
        nen, würden kaum belastet. Warum denn dann überhaupt
        eine Steuer? Eine Steuer, die Investoren aus Europa ver-
        treibt. In einer globalen Welt ist es eine Leichtigkeit, per
        Computer die Geschäfte über Drittstaaten abzuwickeln.
        Ich halte es für äußerst naiv zu glauben, Spekulationen
        würden durch eine solche Finanzumsatzsteuer einge-
        schränkt. Wenn diese überhaupt wirken soll, dann müs-
        sen wir sie international abstimmen, zum Beispiel über
        die G 20.
        Die Union ist der Auffassung, dass Finanzprodukte in
        der gegenwärtigen krisenhaften Situation nicht noch
        durch eine steuerliche Belastung verteuert werden soll-
        ten.
        Die nationale Börsenumsatzsteuer, eine Art der von
        den Grünen favorisierten Finanzumsatzsteuer, ist ein Re-
        likt aus dem 19. Jahrhundert. Zum Hintergrund und zur
        Verdeutlichung noch einmal: Sie ist ursprünglich aus der
        fiskalischen Belastung von Urkunden des Börsenver-
        kehrs hervorgegangen, für die früher behördlich gestem-
        peltes Papier zu verwenden war. 1881 wurden erstmals
        Schlussnoten über gewisse Wertpapieranschaffungen mit
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        iner fixen Stempelabgabe belegt. Die nationale Börsen-
        msatzsteuer, die ihren Ursprung, wie gesagt, im vorver-
        angenen Jahrhundert hat, wurde nicht zuletzt nach
        laren Einlassungen der damaligen unionsgeführten
        undesregierung 1991 durch das Finanzmarktförde-
        ungsgesetz abgeschafft.
        Die Begründungen gegen eine nationale Börsenum-
        atzsteuer sind heute noch so aktuell wie damals. Ers-
        ens. Kapitalverkehrsteuern behindern die Kapitalbe-
        chaffung zur Stärkung des Eigenkapitals. Zweitens.
        apitalverkehrsteuern behindern die Mobilität des
        inanzkapitals. Drittens. Kapitalverkehrsteuern laufen
        em Gedanken einer EU-weiten Integration der Märkte
        öllig zuwider. Viertens. Kapitalverkehrsteuern stellen
        inen Wettbewerbsnachteil für den Finanzplatz Deutsch-
        and dar.
        Eine Wiedereinführung der verwandten Steuer auf
        inanztransaktionen ist in diesen Zeiten nicht sinnvoll.
        ine Krise ist nicht die Zeit, neue Steuern einzuführen.
        ine solche Besteuerung würde doch ohne jeden Zweifel
        erzeit die Bereitschaft der Bürger zu einer Altersvor-
        orge mit hoher Eigenbeteiligung schwächen, für eine
        usreichende Eigenvorsorge ist schließlich privates Spa-
        en mit hohen Nachsteuerrenditen erforderlich. Dazu ist
        ie Anlageform Aktie aufgrund ihres langfristigen Ren-
        itevorteils – trotz der derzeitigen Verwerfungen – be-
        onders geeignet.
        Eine isolierte nationale Wiedereinführung der Steuer
        äre auch standortschädlich für Deutschland. Der An-
        eiz für einen Investor, aus dieser Steuer auszuscheren
        nd auf einen „freien Kapitalmarkt“ auszuweichen, der
        ntsprechend höhere Gewinne ermöglicht, ist hoch. Dies
        äuft den Bestrebungen der Bundesregierung, den deut-
        chen Finanzmarkt im internationalen Wettbewerb zu
        tärken, diametral entgegen. Bei einer umfassenden Be-
        teuerung von Börsenumsätzen in Deutschland ist mit ei-
        em erneuten Anstieg der Steuerflucht zu rechnen; ähn-
        ich der Entwicklung, die bei der Einführung der
        insabschlagsteuer zu beobachten war.
        Eine Finanzumsatzsteuer widerspricht auch dem Ziel
        ines integrierten Finanzmarktes. Schauen wir doch
        uch mal auf die Wirkungen einer Börsenumsatzsteuer
        der Finanzumsatzsteuer oder wie man die neue Belas-
        ung auch immer taufen würde. In dem immer wieder
        ern angeführten Großbritannien gilt die Stamp Duty
        everse Tax nur auf inländische Transaktionen. Zudem
        ind weitere Finanzprodukte wie Renten, Derivate, Ex-
        hange Traded Funds und ausländische Aktien ausge-
        ommen. Festzuhalten ist auch, dass in keinem EU-Mit-
        liedstaat in den letzten 20 Jahren eine Transaction Tax
        ür Börsengeschäfte eingeführt wurde. Schauen Sie sich
        ie Realität an. Schweden hat 1983 mit 165 Millionen
        uro pro Jahr gerechnet, es sind aber durchschnittlich
        ur 9 Millionen Euro geworden. Schweden hat dieses
        rojekt schnellstmöglich wieder eingestellt.
        Tatsache ist: Die meisten Staaten in der Europäischen
        nion haben die Börsenumsatzsteuer abgeschafft: Spa-
        ien 1988, die Niederlande 1990, Dänemark 1999 und
        sterreich 2000. An anderen, nichteuropäischen Finanz-
        lätzen wie zum Beispiel den USA und Japan ist die
        26234 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009
        (A) )
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        Börsenumsatzsteuer ebenfalls abgeschafft worden, in
        den Vereinigten Staaten 1966 und in Japan 1999. Wir se-
        hen also: Die Entwicklung hinsichtlich der Börsen-
        umsatzsteuer in den Mitgliedstaaten der Europäischen
        Union zeigt deutlich einen Trend hin zur Abschaffung.
        Selbst Länder, die die Steuer erheben, haben in den letz-
        ten Jahren Anpassungen vorgenommen.
        Auf die Finanzmarktkrise können und dürfen wir der-
        zeit also nicht mit neuen Steuern reagieren, ganz im Ge-
        genteil: Angemessene und wirksame Regulierungsmaß-
        nahmen sind das Zauberwort. Erstens: Wir müssen die
        Eigenkapitalregeln anpassen. Zweitens: Die Bankenauf-
        sicht muss wirksamer werden und international abge-
        stimmt agieren. Drittens: Ratingagenturen sind einer
        Aufsicht zu unterstellen, und die muss auch wirksam
        sein.
        Die Grundlagen hierzu bilden die Beschlüsse der
        G 20, Mitte September dieses Jahres werden diese finali-
        siert. Dann heißt es für den europäischen Verordnungs-
        und Richtliniengeber sowie für uns im Deutschen Bun-
        destag, diese Maßnahmen umzusetzen. Wir dürfen hier-
        bei nicht nachlassen. Nichts ist schlimmer, als jetzt nicht
        aus der Krise zu lernen. „Weiter so“ darf nicht die Parole
        sein. Leider hört man dies aber inzwischen wieder des
        Öfteren aus Finanzkreisen. Nein, und das sage ich noch
        einmal mit aller Deutlichkeit: Ein „Weiter so“ wird es
        nicht geben.
        Florian Pronold (SPD): Die Krisenentwicklung hat
        gezeigt, dass sich die Finanzmärkte zunehmend ver-
        selbstständigt haben; denn sie haben nicht mehr dazu
        beigetragen, die Realwirtschaft mit Kapital zu versor-
        gen. Stattdessen wurden immer undurchschaubarere Fi-
        nanzprodukte geschaffen und immer risikoreichere Wet-
        ten auf zukünftige Entwicklungen abgeschlossen, alles
        mit dem Ziel, noch schneller noch höhere Renditen zu
        kassieren. Das Volumen der Finanztransaktionen war
        2007 74-mal höher als das nominelle Weltbruttoinlands-
        produkt.
        Eine stärkere Regulierung der internationalen Finanz-
        märkte ist unausweichlich. Selbst neoliberale Verfechter
        unregulierter Märkte haben nach staatlicher Hilfe geru-
        fen. Diese Hilfe ist gewährt worden, aber sie muss über
        ein kurzfristiges Krisenmanagement hinausgehen und
        derartige Fehlentwicklungen für die Zukunft unmöglich
        machen. Bundesfinanzminister Steinbrück hat frühzeitig
        mit zahlreichen Vorschlägen und Initiativen europaweit
        und international dazu beigetragen, dass das Ausmaß der
        Krise begrenzt wurde. Seine bzw. unsere Vorschläge
        haben zum Ziel, die Finanzmärkte dauerhaft zu stabili-
        sieren. Dabei geht es auch um Mittel und Wege, kurzfris-
        tige Spekulationen auf den Finanzmärkten einzudäm-
        men.
        Die dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zu-
        grunde liegende Überlegung, auch Umsätze auf den
        Finanzmärkten zu besteuern, halte ich für grundsätzlich
        diskussionswürdig. Es muss nämlich dort, wo die Krise
        ihren Ursprung hat, auch ein solidarischer Beitrag zur
        Finanzierung der mit Steuergeld gespeisten Krisenbe-
        wältigung eingetrieben werden. Der Wunsch ist das eine,
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        ie Machbarkeit das andere. Der Versuch, alle Umsätze,
        ie auf europäischen Finanzmärkten gemacht werden, zu
        esteuern, wird nicht bzw. kann nicht von Erfolg gekrönt
        ein, da er nicht operationalisierbar ist.
        Realistischerweise haben wir Sozialdemokraten des-
        alb eine Beschränkung auf die Börsenumsätze vorge-
        ommen. Nach dem Vorbild der in Großbritannien exis-
        ierenden Stempelsteuer wollen wir 0,5 bis 1,5 Prozent
        es Kurswertes auf börsliche Wertpapiergeschäfte ab ei-
        em Umsatz von 1 000 Euro erheben. Das häufig vorge-
        rachte Argument, mit dieser Steuer würden wir das
        cheue Reh Finanzinvestor vertreiben, geht angesichts
        er Erfahrungen in Großbritannien, den USA und der
        chweiz ins Leere. Unser Vorschlag hat darüber hinaus
        en großen Vorteil, dass wir die gesetzliche Grundlage –
        ie entsprechenden Mehrheiten vorausgesetzt – in
        eutschland schaffen können und damit einen guten
        usgangspunkt für eine europaweite Einführung haben.
        Selbstverständlich bleibt aus meiner Sicht die Aus-
        eitung auf weitere Finanztransaktionen eine Option,
        ie es zu prüfen gilt und die auf internationaler Ebene zu
        erwirklichen wäre.
        Bei aller Sympathie für Ihr Anliegen plädiere ich da-
        ür, den langen Weg einer europäischen Finanzmarktbe-
        teuerung zunächst mit dem ersten Schritt zu beginnen.
        er besteht in der Realisierung einer Börsenumsatz-
        teuer.
        Frank Schäffler (FDP): Die FDP-Fraktion lehnt die
        inanzumsatzsteuer strikt ab. Wer in der jetzigen Situa-
        ion Steuererhöhungen oder gar die Einführung neuer
        teuern fordert, richtet erheblichen Schaden an. Allein
        chon die Diskussion über neue Steuern verunsichert die
        ürger. SPD, Linke und Grüne, die in rot-rot-grüner Ei-
        igkeit eine Wiedereinführung der Börsenumsatzsteuer
        ordern, schüren genau diese Verunsicherung. Die SPD
        egründet ihre Ablehnung des Grünen-Antrags – so ist
        s im Bericht des Finanzausschusses nachzulesen – da-
        it, dass der vorgeschlagene Steuersatz zu niedrig sei.
        ie Bürger wissen dadurch immerhin, dass diese Steuer
        ach der Bundestagswahl sicher eingeführt wird, falls es
        icht zu einer bürgerlichen Mehrheit kommen sollte.
        Eine Finanzumsatzsteuer, wie sie die Grünen fordern,
        st genau das Gegenteil dessen, was wir brauchen und
        as der Finanzplatz Deutschland braucht. Wir müssen
        afür sorgen, dass am Finanzmarkt wieder Vertrauen
        ntsteht. Dies umfasst das Vertrauen in die Finanzdienst-
        eistungswirtschaft und in die staatlichen Rahmenbedin-
        ungen gleichermaßen. Der Staat muss eine zuverlässige
        inanzaufsicht bereitstellen und für verlässliche steuerli-
        he Rahmenbedingungen sorgen.
        Die Tendenz des Antrags, die Steuer international ein-
        uführen, hat keine Aussicht auf Erfolg, da viele andere
        änder ihre Börsenumsatzsteuer – so wie Deutschland
        991 – ja bewusst abgeschafft haben. Das liegt an den
        egativen Erfahrungen, die insbesondere Länder wie
        chweden gemacht haben. Am Ende würden andere
        änder, die schon zu einer höheren Einsicht gelangt
        ind, ein gemeinsames Vorgehen ablehnen und die Bör-
        Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009 26235
        (A) )
        (B) )
        senumsatzsteuer würde im nationalen Alleingang in
        Deutschland eingeführt. Die Börsenumsatzsteuer würde
        dadurch protektionistisch wirken. Dies lehnen wir strikt
        ab.
        Wir lehnen es aber auch ab, eine Börsenumsatzsteuer
        als EU-Steuer einzuführen, weil wir an der nationalen
        Steuerhoheit festhalten wollen. Wenn eine staatliche
        Ebene erst mal eine neue Steuer erhebt, ist schnell eine
        Verselbstständigung der Steuer zu erwarten. Die Börsen-
        umsatzsteuer wird ja auch nach Gutmenschenart gefor-
        dert und oft direkt mit einem Vorschlag versehen, wie
        die vermeintlichen Einnahmen auszugeben sind. Als
        Kollateralschäden würden die Bürger von der privaten
        Altersvorsorge abgeschreckt und Unternehmen hätten
        noch größere Probleme, dringend benötigtes Kapital zu
        erhalten. Wir wollen im Gegenteil Anreize für private
        Altersvorsorge und privaten Vermögensaufbau setzen.
        Eine Wiedereinführung der Börsenumsatzsteuer wäre
        dafür Gift.
        Dr. Axel Troost (DIE LINKE): Wer in die Wirt-
        schaftspresse schaut, findet dort regelmäßig Werbung für
        Derivate. Derivate sind Geschäfte mit den Schwankun-
        gen anderer Wertpapiere und Güter. Krise hin oder her,
        der kurzfristige und exzessive Handel ist keineswegs
        verschwunden. Man kann ja auch auf fallende Kurse
        wetten. Diese und andere Finanzgeschäfte unterliegen
        bislang keinerlei Besteuerung. Eine Steuer würde den
        Handel entschleunigen und zugleich Einnahmen gene-
        rieren. Die Linke hat im letzten September einen
        Entschließungsantrag eingebracht, in dem sie eine
        Finanztransaktionsteuer – mit anderen Worten: Finanz-
        umsatzsteuer – fordert. Der Deutsche Gewerkschafts-
        bund, DGB, und andere sind dafür. Die SPD lehnt ab.
        Warum? Das frage ich mich auch. Die SPD – im Finanz-
        ausschuss über ihre Genossin Nina Hauer – versucht ei-
        nige Gründe anzuführen, die ich hier widerlegen werde.
        Die SPD hält es für schwierig, die zu versteuernden
        Finanztransaktionen einzugrenzen. Dabei entfällt die
        Steuer schlichtweg auf alle Arten von Wertpapier- und
        Devisenumsätzen: a) alle börslichen Umsätze, b) alle au-
        ßerbörslichen Umsätze und c) alle Devisenumsätze, ge-
        nauso, wie das österreichische Institut für Wirtschafts-
        forschung es vorgeschlagen hat. Wenn Sie noch eine
        Lücke finden, dann schließen Sie die doch – und alle an-
        deren Steuerschlupflöcher gleich mit. Jede Finanztrans-
        aktion wird elektronisch dokumentiert, damit Banken
        nachweisen können, wer welche Zahlung in welcher
        Höhe vorgenommen hat.
        Weiter bezweifelt die SPD, dass eine Steuer von
        0,01 Prozent eine Lenkungswirkung entfalten, also ent-
        schleunigend wirken kann. Auch dies hat das öster-
        reichische Institut für Wirtschaftsforschung detailliert
        berechnet. Der Steuersatz von 0,01 Prozent ist nichts an-
        deres als ein Beispiel. Ein solcher Bagatell-Steuersatz ist
        geeignet, wenn man die Steuer zunächst national ein-
        führt. Damit kann vermieden werden, dass sich der Han-
        del bloß verlagert. Da die Steuer bei jeder Transaktion
        anfällt, verteuert und verlangsamt bereits ein geringer
        Steuersatz den kurzfristigen Handel. Wird, was natürlich
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        ie bessere Lösung ist, die Steuer europäisch eingeführt,
        ässt sich der Steuersatz gut und gerne hochsetzen. Die
        PD ist doch sonst nicht so unflexibel im Anpassen von
        teuersätzen.
        Dann hat die SPD noch ein Problem mit der Gerech-
        igkeit: Es werde der Bedeutung des Finanzplatzes
        eutschland nicht gerecht, die Einnahmen auf EU-
        bene durch die Mitgliedsländer zu teilen. Erst einmal
        leibt ein Teil der Einnahmen in dem Land, wo die
        teuer erhoben wird. Zweitens scheint die SPD mittler-
        eile ein Gerechtigkeitsempfinden zu haben, das jegli-
        hes Prinzip von Progression vergisst: Demnach hält die
        PD es nicht für gerecht, dass, wer mehr hat, einen höhe-
        en Anteil zum Gemeinwesen beiträgt. Drittens – und das
        t sehr wichtig, wenn wir die Steuer nicht verwässern
        ollen – sind internationale Steuern für internationale
        ufgaben da. Eine internationale Finanztransaktionsteuer
        uss in erster Linie zur Entwicklungsfinanzierung in den
        ändern des Südens beitragen.
        Wir stimmen dem Antrag der Grünen zu. Wir haben
        ie Steuer selbst letztes Jahr im September vorgeschla-
        en. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich inter-
        ational für die Finanzumsatzsteuer einzusetzen.
        Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
        ach wie vor unterliegt die Finanzbranche einer nicht
        achvollziehbaren Sonderregelung. Im Gegensatz zu
        ast allen sonstigen Gütern und Dienstleistungen sind
        hre Produkte von der Umsatzsteuer ganz befreit. Im
        lartext: Durch die Entrichtung der Mehrwertsteuer tra-
        en Normalverdiener mit dem Einkauf im Supermarkt,
        eim Friseurbesuch oder bei der Renovierung ihrer
        ohnung zur staatlichen Finanzierung bei, während sich
        inanzstarke Kapitalmarktakteure diesem Beitrag oft ent-
        iehen. Warum eigentlich?
        Spätestens in den letzten Monaten ist deutlich gewor-
        en, dass einseitige Privilegien für die Finanzbranche
        eineswegs einen insgesamt wohlfahrtsfördernden Ef-
        ekt haben müssen. Natürlich; auch eine Finanzumsatz-
        teuer bringt Verzerrungen des reinen Marktergebnisses
        it sich. Aber das tut jede Steuer. So einfach, jede Steuer
        bzulehnen, kann man es sich nicht machen. Wir müssen
        ns vielmehr darüber unterhalten, wie die notwendige
        teuerlast zwischen Real- und Finanzwirtschaft in geeig-
        eter Weise aufgeteilt werden kann. Dabei setzen wir be-
        usst nicht auf eine nationale Börsenumsatzsteuer, wie
        ie die Linkspartei und nun auch wieder die SPD fordert.
        enn dieses Modell hat zwei gravierende Nachteile. Ers-
        ens findet schon heute mehr als die Hälfte des Finanz-
        arkthandels außerhalb der Börse statt. Besteuert man
        ur die Börsengeschäfte, sorgt man also für eine Un-
        leichbehandlung der Anleger und fördert auch noch die
        erlagerung von Finanztransaktionen in den intranspa-
        enten außerbörslichen Bereich. Zweitens können wir
        ei der Einführung auf nationaler Ebene mit erheblichen
        erlagerungseffekten hin zu anderen europäischen
        inanzplätzen rechnen.
        Stattdessen wollen wir mit einer europäischen Finanz-
        msatzsteuer für eine solidarische Beteiligung der
        inanzbranche an der Bewältigung öffentlicher Aufga-
        26236 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009
        (A) )
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        ben sorgen. Das grüne Konzept ist zu Ende gedacht: Wir
        setzen auf der EU-Ebene an, weil nur so der starken Inte-
        gration des EU-Finanzmarkts Rechnung getragen wird.
        Und so beugen wir auch möglichen Ausweichreaktionen
        vor; denn niemand wird sich wegen einer geringen
        Steuer aus dem gesamten wichtigen europäischen
        Finanzmarkt zurückziehen. Zweitens bezieht unser Kon-
        zept alle Finanztransaktionen ein, also auch den außer-
        börslichen Bereich. So vermeiden wir auch hier Verdrän-
        gungseffekte auf andere, nicht besteuerte Produkte und
        erreichen mit dieser breiten Bemessungsgrundlage schon
        bei einem geringen Steuersatz ein relevantes Aufkom-
        men.
        Auf 89,4 Milliarden US-Dollar schätzt das Öster-
        reichische Institut für Wirtschaftsforschung das Auf-
        kommen einer europaweiten Finanzumsatzsteuer; das
        sind heute gut 63 Milliarden Euro. Und diese Berech-
        nung gilt bei einem Steuersatz von nur 0,01 Prozent und
        einer zugrunde gelegten hohen Verdrängung des Han-
        delsvolumens.
        Übrigens: Kollege Schäffler von der FDP hat uns
        Grünen in der ersten Lesung dieses Antrags vorgewor-
        fen, im wissenschaftlichen Gutachten sei von wesentlich
        weniger Aufkommen die Rede. Das konnten wir in-
        zwischen klären. Wir Grünen haben richtig gerechnet.
        Dieses Aufkommen ist mit restriktiven Annahmen ge-
        rechnet, also nur das Minimum dessen, was eine Finanz-
        umsatzsteuer einbringen kann. Käme dieses Geld dem
        EU-Haushalt zu, könnten die nationalen Beiträge ent-
        sprechend gekürzt und somit die Belastung der Bürge-
        rinnen und Bürger durch andere Steuern gesenkt werden.
        Das wäre ein erster Schritt hin zu einer gerechteren Be-
        lastung von Realwirtschaft und Finanzbranche, ein
        Thema, das gerade von dem Hintergrund der aktuellen
        Wirtschaftskrise an Brisanz deutlich zugenommen hat.
        Einige von Ihnen werden nun wahrscheinlich einwen-
        den, dass die Finanzumsatzsteuer auch einfache Anlege-
        rinnen und Anleger, die etwa am Kapitalmarkt für ihr
        Alter vorsorgen, treffen würde. Doch dieses Argument
        ist nicht haltbar. Denn weil die Steuer pro Transaktion
        fällig wird, trifft sie diese langfristig orientierten Anle-
        ger praktisch nicht. Stattdessen werden diejenigen belas-
        tet, die die Kapitalmärkte intensiv nutzen und deswegen
        auch zumeist überdurchschnittlich von ihnen profitieren.
        Es ist nur fair, dass sie nicht gegenüber jenen bevorzugt
        werden, die jeden Tag mit ihren Einkäufen Umsatzsteuer
        an den Staat entrichten.
        Noch ein Punkt ist mir wichtig: Die Finanzumsatz-
        steuer hat nicht nur eine positive Verteilungswirkung, sie
        trägt auch zu mehr Finanzmarktstabilität bei. Wir Grüne
        wurden in den vergangenen Jahren oft belächelt, als wir
        die segensreichen Wirkungen gänzlich liberalisierter Fi-
        nanzmärkte infrage gestellt und dabei auch die steuerli-
        chen Privilegien skeptisch betrachtet haben. Heute zeigt
        sich: Wir lagen nicht falsch. Eine Finanzumsatzsteuer ist
        zwar beileibe kein Allheilmittel gegen spekulative
        Auswüchse auf den Finanzmärkten, aber sie ist eine not-
        wendige Ergänzung zu anderen Maßnahmen der Finanz-
        marktstabilisierung, die gerade auf nationaler und euro-
        päischer Ebene mehr oder weniger erfolgreich anlaufen.
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        enn eine potenzielle Destabilisierungswirkung haben
        uf den Finanzmärkten vor allem die Geschäfte, die mit
        ehr kurzfristigen Zeithorizonten arbeiten und kleinste
        argen ausnutzen. Beides wird durch die Erhebung ei-
        er Finanzumsatzsteuer unattraktiver.
        Das öffentliche Gut Finanzmarktstabilität wurde in
        er letzten Zeit bekanntermaßen in großem Stil vernach-
        ässigt. Die Finanzumsatzsteuer ist auch ein Baustein zu
        hrer Wiederherstellung und hat damit übrigens einen
        ohlfahrtsfördernden Effekt. Deswegen denkt die FDP
        u kurz, wenn sie vor allem über die destruktiven Wir-
        ungen einer jeden Steuer redet.
        Die SPD hingegen hat sich unserer Forderung zwar
        ier und da offen gezeigt, lässt ihrer Rhetorik aber keine
        aten folgen. Es nutzt nichts, wenn sich Finanzminister
        teinbrück und Außenminister Steinmeier im Grund-
        ätzlichen für eine Einführung aussprechen, aber dort,
        o konkret etwas bewegt werden könnte, nämlich auf
        uropäischer Ebene, nichts dafür tun. Unser Antrag zeigt
        en Weg, der zu gehen wäre: Die EU-Kommission muss
        on der deutschen Bundesregierung aufgefordert wer-
        en, ein konkretes Umsetzungskonzept vorzulegen, das
        ann der Ministerrat beschließt. Die österreichische
        undesregierung ging da bereits mit gutem Beispiel
        oran, als sie genau diese Forderung beschlossen hat.
        afür muss sich auch die SPD starkmachen; sonst sind
        ie Äußerungen ihrer Spitzenleute unglaubwürdig.
        nlage 12
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur
        Modernisierung des Haushaltsgrundsätzege-
        setzes (Haushaltsgrundsätzemodernisierungs-
        gesetz – HGrGMoG) (Tagesordnungspunkt 73)
        Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU): Das vorge-
        egte Gesetz enthält zwei sehr unterschiedliche Teile:
        Im ersten Teil geht es um die Modernisierung des
        aushaltsrechtes, allerdings nicht in dem Sinne, dass das
        undeshaushaltsrecht neu geordnet wird, sondern in
        em Sinne, dass die unterschiedlichen Entwicklungen
        ieder eingefangen werden und zu einer möglichen
        esamtstatistik zusammengebracht werden.
        Im politisch bedeutsameren zweiten Teil geht es um
        ie Beteiligungsverwaltung des Bundes und die Parla-
        entsrechte. Hier hat die Politik immer wieder erlebt,
        ass die Bundesregierung ohne Wissen und Kenntnis der
        olitik Veränderungen in der Beteiligung des Bundes
        orgenommen hat – mit starken Auswirkungen. Obwohl
        ie Politik praktisch keinen Einfluss darauf hatte, wurde
        ie in der Öffentlichkeit für die Folgen verantwortlich
        emacht. Ich erinnere an das Desaster mit der IKB und
        hren Töchtern. Hier hat der Bund einen finanziellen
        chaden von 8,9 Milliarden Euro erlitten, ohne dass die
        olitik überhaupt davon wusste, dass die diesen Schaden
        erursachenden Beteiligungen vom Bund erworben wor-
        en sind; geschweige denn hat sie Einfluss darauf
        ehabt.
        Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009 26237
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        Es kommt immer wieder zu Friktionen, weil sich die
        Bundesregierung weigert, entsprechende Auskünfte in
        den Gremien zu geben. Ich verhehle nicht, dass es erheb-
        liche Diskussionen um diese Änderung gegeben hat.
        Hier hat sich das Parlament durchgesetzt. Ob die jetzt
        getroffenen Regelungen ausreichen, muss die Praxis
        erweisen. Wir wollen auf jeden Fall, dass in einem
        Untergremium des Haushaltsausschusses die Bundesre-
        gierung stärker gezwungen wird, Rede und Antwort zu
        stehen, damit frühzeitiger Einfluss genommen wird.
        Wir fühlen uns durch verschiedene Ereignisse wie IKB
        und ihre Töchter sowie durch die Beschäftigung des
        Haushaltsausschusses mit gewissen Gehaltsstrukturen in
        den Bundesunternehmen bestätigt. Eine krasse Fehlent-
        scheidung in den letzten Tagen, wo bei einer Vergütungs-
        festlegung Verantwortung und eingeräumte Vergütung in
        krassem Missverhältnis stehen, bestätigt, dass hier gehan-
        delt werden muss.
        Allein die Tatsache, dass die Bundesregierung künftig
        offenlegen muss und damit rechnen muss, dass das
        Parlament sich mit den Dingen befasst, wird eine päda-
        gogische Wirkung entfalten.
        Künftig wird die Bundesregierung über alle wesentli-
        chen Entwicklungen im Bereich der Beteiligungen
        berichten müssen. Es geht dabei nicht nur um das Nach-
        zeichnen von Geschehenem, sondern auch um wesentli-
        che Absichten, sodass Fehlentwicklungen früher das
        Licht der Welt erblicken werden als in der Ver-
        gangenheit. Dabei geht es weder um die Einmischung
        des Bundestages in das Regierungshandeln noch darum,
        die Regierung zu lähmen. Die Regelungen sind flexibel
        genug, um einerseits einer Verbesserung der Verhältnisse
        Rechnung zu tragen und andererseits die Regierung
        nicht zu behindern.
        Ich komme nun zurück auf den ersten Teil des vorge-
        legten Gesetzes, die Haushaltsfragen: Das Haushalts-
        recht des Bundes und der Länder war durch die Haus-
        haltsreform 1969 grundlegend neu gestaltet worden. In
        den Folgejahren erfuhr das Haushaltsrecht verschiedene
        Änderungen. Insbesondere mit dem am 1. Januar 1998 in
        Kraft getretenen Haushaltsrechtsfortentwicklungsgesetz
        wurde grundsätzlich die Möglichkeit geschaffen, den
        Dienststellen bei der Bewirtschaftung von Haushaltsmit-
        teln mehr Flexibilität einzuräumen; ferner wurde die
        Kosten- und Leistungsrechnung gesetzlich verankert.
        Gegenwärtig sind auf staatlicher Ebene unterschiedli-
        che Entwicklungstendenzen zur Umgestaltung des Haus-
        halts- und Rechnungswesens festzustellen. In einigen
        Bundesländern sind Reformvorhaben auf den Weg
        gebracht worden; dort sollen die bislang kameralen
        Haushalts- und Rechnungswesensysteme auf doppische
        Systeme umgestellt werden. Auch für die Kameralistik
        des Bundes hat der Bundesrechnungshof in seinem
        Bericht nach § 99 BHO über die Modernisierung des
        staatlichen Haushalts- und Rechnungswesens, Bundes-
        tagsdrucksache 16/2400, Reformbedarf gesehen. Nicht
        zuletzt vor dem Hintergrund der HGrG-Initiative der
        Länder Hamburg und Hessen, Bundesratsdrucksache
        504/06, und der breiten Reformdebatte sind die Grund-
        sätze für einheitlich geltende rechtliche Rahmen-
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        edingungen neu zu regeln. Wesentliches Ziel ist dabei,
        ine Koexistenz unterschiedlicher Rechnungswesensys-
        eme zu ermöglichen, innerhalb dieser Systeme jeweils
        in Mindestmaß einheitlicher Vorgaben zu setzen und
        ber die jeweiligen Gebietskörperschaften hinaus eine
        inheitlichkeit der erforderlichen übergreifenden Daten-
        ieferung zu gewährleisten. Leider konnte sich der Bund
        elbst nicht zu einer nachhaltigen Reform entschließen.
        as System bestimmt das Denken, deshalb brauchen wir
        orrekturen. Das Bundeskonzept der erweiterten
        ameralistik trägt den Anforderungen nicht Rechnung.
        Wir haben mit unserem gegenwärtigen Haushaltssys-
        em drei Probleme: Erstens bietet es die Möglichkeit,
        onsumtive Ausgaben mit Krediten zu finanzieren. Die
        rennung von Fach- und Finanzverantwortung zwischen
        achminister und Finanzminister versus Fachpolitiker
        nd Haushaltspolitiker begünstigt leichtfertige Ausgabe-
        ntscheidungen, weil niemand das Ende sieht. Wir
        etrachten bei Projekten nicht die Lebenszykluskosten,
        ondern immer nur den Ausgabenaufwand, also den
        iquiditätsschluss im ersten Jahr. Das begünstigt Ent-
        cheidungen, die wir uns nicht leisten können und die
        en Haushalt sprengen. In unserem gegenwärtigen
        aushaltsrecht dürfen wir Investitionen mit Krediten
        inanzieren, und später gibt es keine Tilgung. Das führt
        azu, dass konsumtive Ausgaben in hohem Umfang mit
        rediten finanziert worden sind. Wie funktioniert das?
        enn wir ein Auto beschaffen, dann ist das nach der
        aushaltsgruppierung eine Investition und darf damit
        us Krediten finanziert werden. Seit Jahrzehnten wurden
        lle Investitionen mit Krediten finanziert. Die Beschaf-
        ung des Autos an sich ist aber noch keine Vermögens-
        eränderung. Entweder ist es ein Aktivtausch, in dem ich
        armittel gegen den Vermögensstand „Auto“ tausche,
        der es ist eine „Aktiv-Passiv-Mehrung“, indem ich den
        ermögensgegenstand „Auto“ erwerbe und gleichzeitig
        öhere Darlehensverpflichtungen eingehe. Erst wenn
        as Fahrzeug benutzt wird, setzt ein Werteverzehr ein.
        ieser spiegelt sich im Haushalt aber nicht wider. Das
        ührt zu der abstrusen Erscheinung, dass wir für Fahr-
        euge, die wir Anfang der 70er-Jahre erworben haben,
        eute noch Zinsen bezahlen, obwohl nicht einmal mehr
        er Rost sichtbar ist, geschweige denn eine Nutzungs-
        öglichkeit besteht. Hier ist ganz klar eine konsumtive
        utzung mit Krediten finanziert.
        Wir müssen wieder zu der Grundweisheit zurückfin-
        en, dass niemand auf Dauer mehr ausgeben kann, als er
        innimmt. Dies gilt auch für den Staat. Durch Kredite
        ann man seinen Finanzspielraum mittel- und langfristig
        esehen nicht ausweiten. Man kann lediglich den Zeit-
        unkt, zu dem eine Ausgabe getätigt wird, „vorziehen“.
        Ich will den Mechanismus noch einmal verdeutlichen,
        amit klar wird, dass Schulden an sich nichts Gutes und
        ichts Böses sind. Feuer kann wärmen, dann ist es gut,
        s kann zerstören, dann ist es böse. Es kommt eben
        mmer darauf an, was man damit macht. Gelingt es, über
        chulden zusätzliche Einnahmen zu erschließen, die
        insen und Tilgung überschreiten, dann ist das ein
        ositiver Effekt. Das ist der Fall von Investitionen in der
        irtschaft. Denkbar ist dieses aber auch beim Staat,
        enn ich an die rentierlichen Einrichtungen wie Wasser,
        26238 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009
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        Abwasser, Müll usw. denke. Immer wenn bezogen auf
        den Einzelhaushalt eine Kreditaufnahme zu mehr Aus-
        gaben führt, dann erhöht sie den Schuldensockel und
        führt in die Schuldenfalle. Genau hier muss die Korrek-
        tur im öffentlichen Haushaltsrecht ansetzen.
        Eine wichtige Vorleistung hat die Föderalismusreform II
        gebracht. Mit ihren Beschlüssen ist ein Paradigmen-
        wechsel verbunden; denn der Bund wird künftig alle auf-
        genommenen Schulden tilgen. Sowohl die ordentliche
        Schuldenaufnahme als auch die außerordentliche Schul-
        denaufnahme wird dazu führen, dass der Schuldenberg
        nicht weiter anwächst, sondern mit der Schuldenauf-
        nahme auch gleichzeitig die Tilgung eingeleitet wird.
        Das zweite Problem unseres gegenwärtigen Haus-
        haltssystems: Durch die Trennung der Finanzierungs-
        kosten in die Einzelpläne des Finanzministers und die
        Sachausgaben in den Fachhaushalt wird der Finanz-
        minister mit der Finanzierung völlig allein gelassen. Die
        Fachressorts entscheiden mit den Fachpolitikern über
        Investitionen auf Kredit und niemand sieht, dass dadurch
        ein „Rattenschwanz“ von Zinskosten ausgelöst wird.
        Benutzt man ein Gebäude 50 Jahre lang und legt eine
        Verzinsung von 5 Prozent zugrunde, dann sind die anfal-
        lenden Zinskosten im Laufe der Jahre höher als der Bau-
        aufwand für das Gebäude. Da die Fachpolitik die Finan-
        zierungskosten nicht sieht, entscheidet sie nur über den
        Gebäudeaufwand und nicht über die Folgekosten. Ver-
        schlimmert wird das noch dadurch, dass allein 25 Pro-
        zent der Baukosten, nämlich die Bauplanungs-, -leitungs-
        und -überwachungskosten im Haushalt des Bauministers
        aufgrund einer Bund-Länder-Vereinbarung abgewickelt
        werden. Auch diese sieht die Fachpolitik nie.
        Das dritte Problem ist, dass wir nur den Geldaufwand
        im ersten Jahr der Beschaffung betrachten. Die Folge-
        kosten spielen in der Regel bei einer Entscheidung keine
        Rolle. Zwar gibt es mit vielfältigen Unterlagen wie der
        Haushaltsunterlage „Bau“ und Projektbeschreibungen
        Nebenunterlagen, die die Kosten belegen, aber damit
        beschäfigt sich niemand ernsthaft. Am deutlichsten wird
        das bei der Personaleinstellung. Die Personalkosten
        bestehen aus zwei Teilen, zunächst aus dem unmittelba-
        ren Gegenwert für die Arbeitsleistung in Form von Ge-
        halt, aber auch aus den anteiligen Pensionskosten, die
        zwangsweise mit der Einstellung von Personal anfallen,
        auch wenn es später nicht mehr produktiv tätig sein
        kann. Da keine entsprechenden Rückstellungen gebildet
        werden, bildet der Haushalt die Kosten nur unvollstän-
        dig ab und stellt damit eine verkürzte Entscheidungs-
        grundlage dar.
        Dass all dieses so falsch läuft, liegt nur an einem fal-
        schen Rechnungswesen. Buchführung ist eben nichts für
        das Finanzamt oder für den Bundesrechnungshof, son-
        dern sollte eigentlich ein Steuerungsinstrument für
        Politik und Verwaltung sein. Und es gibt Systeme, die
        genau diese Fehler vermeiden. Das ist die Doppik. Die
        gegenwärtig vorhandene Kameralistik verzeichnet nur
        Einnahmen und Ausgaben, also nur Liquiditätsflüsse,
        und registriert keine Wertströme. Das Doppik-System,
        eine Anlehnung an die Betriebe unserer Wirtschaft,
        bildet Wertströme ab und ist deshalb in der Lage, auch
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        en Entscheidern ein besseres Bild zu zeichnen. Genau
        eshalb bin ich persönlich der Auffassung, dass wir zu
        iesem System übergehen sollten und müssen. Denn:
        as System bestimmt das Denken der Menschen. Des-
        alb ist die Vorgabe des Systems auch eine der Ursachen
        ür unsere Haushaltskrise. Wenn man etwas ändern will,
        ann muss man das Übel an der Wurzel bekämpfen und
        amit zu einem neuen System kommen. Nur das wird
        m Ende wirklich helfen.
        Die Lösung durch das vorliegende Haushaltsgrund-
        ätzemodernisierungsgesetz besteht einerseits in einer
        bkehr von der bisher zwingenden Verpflichtung, das
        aushalts- und Rechnungswesen kameral zu gestalten
        nd alternative Möglichkeiten nur zusätzlich und Dop-
        elaufwand verursachend zuzulassen. Andererseits wird
        er bereits zu beobachtenden Tendenz divergierender
        nd möglicherweise alsbald ohne Gegensteuerung nicht
        ehr harmonisierbarer Entwicklungen entgegenge-
        irkt, indem für die Ausgestaltung typisierbarer
        eformvorhaben einheitliche Vorgaben etabliert werden.
        ies umfasst Systeme auf doppischer Basis, aber auch –
        ie bisher – kamerale Haushalte oder erweitert kamerale
        estaltungsweisen sowie produktorientierte Haushalte
        der Produkthaushalte. Schließlich wird geregelt, dass
        ie Gebietskörperschaften unabhängig von der Ausrich-
        ung ihrer Haushaltswirtschaft weiterhin für statistische
        nforderungen und sonstige Berichterstatterpflichten
        aten auf einheitlicher Grundlage zu liefern haben.
        Aus dem Haushaltsgrundsätzemodernisierungsgesetz
        rgibt sich für die Gebietskörperschaften keine Ver-
        flichtung zur Umgestaltung des Haushalts- und Rech-
        ungswesens, es werden lediglich Gestaltungsmöglich-
        eiten eröffnet. Sofern Reformvorhaben konkret
        mgesetzt werden sollen, bedarf es jeweils gesonderter
        eschlüsse und Überprüfungen und gegebenenfalls
        npassungen der jeweiligen finanzverfassungsrechtli-
        hen Vorgaben und Haushaltsordnungen.
        Dies ist zwar ein guter Ansatz, hat jedoch auch einen
        ntscheidenden Nachteil: Das Nebeneinander von unter-
        chiedlichen Systemen erschwert das Führen einer
        olkswirtschaftlichen Gesamtstatistik. Diese ist aber zur
        olitischen Steuerung dringend notwendig. Da man aber
        icht verschiedene Statistiken nebeneinander führen
        ann – das hätte keinen Aussagewert –, müssen Umrech-
        ungen auf ein System erfolgen. Dies haben wir in
        nserer Gesellschaft so gelöst, dass die fortschrittlichen
        odernisierer, die die Doppik anwenden wollen, auch
        ine Nebenrechnung in Form einer kameralen Rechnung
        rstellen müssen, um daraus dann die volkswirtschaft-
        iche Gesamtstatistik zu machen. Wenn man mehrere
        ysteme nebeneinander hat, ist das unerlässlich. Das ist
        in wichtiges Argument dafür, wieder ein einheitliches
        fer zu erreichen und für alle die im Trend der Zeit
        iegende Doppik wieder einzuführen.
        Über die wesentlichen Änderungen des vorliegenden
        esetzes möchte ich einen kurzen Überblick geben: Eine
        entrale Bedeutung kommt § 1 a Abs. 2 – neu – Haus-
        altsgrundsätzegesetz zu. In dieser Bestimmung werden
        ie doppischen Korrelate zu Ausgaben, Einnahmen und
        iteln quasi „vor die Klammer gezogen“, Generalklau-
        Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009 26239
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        sel, sodass die Regelungen für kamerale Haushalte ana-
        log für doppische Haushalte Anwendung finden – sofern
        im Einzelfall nicht explizit ausgeschlossen. Die Grund-
        sätze einer staatlichen Doppik sind in § 7 a – neu –
        Haushaltsgrundsätzegesetz geregelt. Nicht alle techni-
        schen Einzelheiten, die Doppik betreffend, können im
        Gesetz geregelt werden – zum Beispiel Ausgestaltung
        Verwaltungskontenrahmen, Integrierter Produktrahmen,
        Standards staatliche Doppik –; diese sollen deshalb in ei-
        nem Standardisierungsgremium, § 49 a Abs. 1 – neu –
        Haushaltsgrundsätzegesetz, festgelegt werden.
        Bevor die Novelle in Kraft tritt, muss eine hinrei-
        chende Konkretisierung des untergesetzlichen Regel-
        werks sichergestellt sein. Derzeit wird bereits in diversen
        existierenden, gesetzlich aber noch nicht unterfütterten
        Bund-Länder-Arbeitsgruppen intensiv daran gearbeitet.
        Um zu gewährleisten, dass die untergesetzlichen Regel-
        werke bis zum Inkrafttreten der HGrG-Reform durch Be-
        schluss des Standardisierungsgremiums vorliegen, ist ein
        gestaffeltes Inkrafttreten vorgesehen: § 49 a Abs. 1 – neu –
        Haushaltsgrundsätzgesetz am Tag nach Verkündung im
        Bundesgesetzblatt; die Gesetzesänderungen im Übrigen
        später am 1. Januar 2010.
        Die Erstellung eines konsistenten Gesamtbildes über
        die Finanzen aller öffentlichen Haushalte war bisher da-
        durch gesichert, dass sich alle Statistiken über die öffent-
        lichen Finanzen, Finanzstatistiken, direkt an den gemein-
        sam vereinbarten Systematiken der öffentlichen
        Haushalte – Gruppierungsplan und Funktionenplan – ori-
        entierten. Die Länder dürfen aufgrund der Änderung des
        HGrG künftig doppisch basierte Rechnungswesensys-
        teme mit entsprechend ausgerichtetem Haushaltswesen
        anwenden, ohne gleichzeitig einen Haushaltsplan nach
        kameraler Systematik aufzustellen. Demzufolge kann die
        Bereitstellung vergleichbarer finanzstatistischer Daten
        über alle öffentlichen Haushalte nur sichergestellt wer-
        den, wenn diese Länder verpflichtet sind, weiterhin ihre
        Finanzen – Einnahmen, Ausgaben – nach der für die
        Haushalte des Bundes und der Länder festgelegten ge-
        meinsamen Systematik des Funktionen- und des Grup-
        pierungsplans für die Finanzstatistiken zu melden. Eine
        entsprechende Klarstellung wurde in das Personal- und
        Finanzstatistikgesetz aufgenommen.
        Geplant war im vorgelegten Gesetz ein dritter Teil,
        nämlich die Verbesserung der Rahmenbedingungen für
        öffentlich-private Projekte, also für die Erweiterung von
        Möglichkeiten, mit Hilfe der Privatwirtschaft Investiti-
        onsvorhaben wirtschaftlicher zu gestalten. ÖPP ist kein
        Zaubermittel zur Schaffung neuer Ressourcen, sondern
        ist ein Weg, notwendige Investitionen preiswerter zu ge-
        stalten. Leider hat der Koalitionspartner hier geblockt,
        sodass wir deutliche Verbesserungen, die gerade in der
        Finanzkrise und bei den anstehenden vielen Investitio-
        nen der Haushaltsknappheit geboten gewesen wären,
        nicht umsetzen können.
        Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (SPD): Ers-
        tens. Der Gesetzentwurf. Die heutige zweite und dritte
        Lesung des von der Bundesregierung eingebrachten Ge-
        setzentwurfs zur Modernisierung des Haushaltsgrundsät-
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        emodernisierungsgesetzes scheint – zumindest auf den
        rsten Blick – eine eher trockene Materie zum Gegen-
        tand zu haben. Das Haushaltsgrundsätzegesetz er-
        cheint selten auf den Titelseiten der großbuchstabigen
        agespresse. Hierauf habe ich bereits in meiner Rede vor
        em Hohen Haus am 5. März 2009 hingewiesen.
        Ich habe allerdings auch festgestellt, dass die Geset-
        esnovelle dennoch nicht zu unterschätzen ist. Sie hat
        ine herausragende Bedeutung für die Haushalte von
        und und Ländern. Es handelt sich bei genauerem
        insehen um eine grundlegende Reform des föderalen
        aushaltsrechtlichen Rahmens. Wir beraten einen Ge-
        etzentwurf, der eine zentrale Weichenstellung für das
        taatliche Haushalts- und Rechnungswesen vornimmt.
        uch der Bundesrechnungshof hat in seinem Bericht
        ach § 99 BHO über die Modernisierung des staatlichen
        aushalts- und Rechnungswesens Reformbedarf gese-
        en. Das bisherige Haushaltsgrundsätzegesetz aus dem
        ahr 1969 ist nach fast 40 Jahren auch zweifelsfrei re-
        ormbedürftig.
        Zweitens. Gründe für die Gesetzesnovelle. Worum
        eht es? Bisher basiert die öffentliche Haushaltswirt-
        chaft mit ihrer an Ein- und Auszahlungen orientierten
        icht auf der Kameralistik. In einigen Bundesländern
        ind jedoch bereits vor einigen Jahren grundlegende Re-
        ormvorhaben auf den Weg gebracht worden. Einige
        änder wollen ihre bislang kameralen Haushalts- und
        echungswesensysteme auf ein kaufmännisch orientier-
        es Rechnungswesen, die staatliche Doppik, sowie auf
        rodukthaushalte umstellen. Die entsprechenden Pro-
        ekte in Hessen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen sind
        chon recht weit fortgeschritten. Das kamerale Rech-
        ungswesen ist nach geltendem HGrG allerdings unver-
        ndert obligatorisch. Daher müssen auch doppische
        änder einen kameralen Haushalt in Aufstellung, Be-
        irtschaftung und Rechnungslegung vollständig mitfüh-
        en. Um diesen Doppelaufwand zu vermeiden, gab es
        on Länderseite 2006 eine Initiative, die haushaltsrecht-
        ichen Rahmenbedingungen entsprechend anzupassen.
        und und Länder sondierten in den letzten zwei Jahren
        or diesem Hintergrund sehr intensiv, ob und unter wel-
        hen Bedingungen Doppik und Kameralistik sowie Pro-
        ukthaushalt und Titelhaushalt als Alternativen im
        aushaltsrahmenrecht verankert werden können.
        Drittens. Zentrale Bedingungen für die Modernisie-
        ung des Haushaltsrechts. Eine solche Pluralität im staat-
        ichen Haushalts- und Rechnungswesen zu ermöglichen,
        etzt zum einen voraus, dass die notwendigen finanzsta-
        istischen Daten von allen staatlichen Haushalten wie
        isher auf einheitlicher Basis bereitgestellt werden.
        ichtig ist dies allein schon mit Blick auf die
        aastricht-Statistik und den bundesstaatlichen Finanz-
        usgleich. Zum anderen ist sicherzustellen, dass die je-
        eiligen Systeme einheitliche Regelwerke haben und
        amit untereinander vergleichbar sind. Für kamerale Ti-
        elhaushalte existiert die bekannte Haushaltssystematik.
        ür die doppischen Produkthaushalte müssen ebenfalls
        inheitliche Regeln festgelegt werden. Der vorliegende
        esetzentwurf sichert dies alles ab. Die für die Doppik
        nd Produkthaushalte künftig geltenden Grundsätze sind
        n der HGrG-Novelle fixiert. Die umfangreichen Syste-
        26240 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009
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        matiken und technischen Details sind von einem Stan-
        dardisierungsgremium zu erarbeiten.
        Viertens. Fazit: Kern der Gesetzesreform. Zusam-
        menfassend ist festzuhalten: Mit dieser HGrG-Novelle
        wird künftig eine Koexistenz unterschiedlicher Rech-
        nungswesensysteme ermöglicht, also auch eine staatli-
        che Doppik im Alleinbetrieb zugelassen. Dabei wird in-
        nerhalb der verschiedenen Systeme das notwendige Maß
        einheitlicher Vorgaben gesetzt – insbesondere auch für
        die Reformbereiche staatliche Doppik und Produkthaus-
        halte. Ferner wird unabhängig von der jeweiligen Aus-
        richtung der Haushaltswirtschaft weiterhin gewährleis-
        tet, dass für statistische Anforderungen und sonstige
        Berichtspflichten die Daten auf einheitlicher Grundlage
        geliefert werden können.
        Fünftens. Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und
        die Länderhaushalte. Aus dem Gesetz allein folgen je-
        doch keine unmittelbaren Handlungsvorgaben zur Um-
        gestaltung des Haushalts- und Rechnungswesens bei
        Bund und Ländern. Die Gesetzesnovelle eröffnet Optio-
        nen. Die Länder, die ein doppisches Rechnungswesen
        als für ihre Verhältnisse am besten geeignet halten, wer-
        den in die Lage versetzt, ihre Reformmodelle vollständig
        umzusetzen. Gleichzeitig können die anderen Länder,
        die einen kameralen oder erweitert kameralen Haushalt
        als optimal betrachten, ihr Haushaltswesen unverändert
        beibehalten. Auch der Bund kann das von ihm favori-
        sierte Modell einer modernen, erweiterten Kameralistik
        weiter verfolgen. Damit verkörpert der Gesetzentwurf
        ein Stück funktionierenden Föderalismus. Es spricht für
        sich, dass der Bundesrat den Gesetzentwurf mit überwäl-
        tigender Mehrheit unterstützt.
        Auch die Beratungen der extra eingerichteten Be-
        richterstattergruppe des Haushaltsausschusses waren
        stets zielorientiert, und der inzwischen fertiggestellte
        Bericht unterstützt ebenfalls den erforderlichen Moder-
        nisierungsprozess. Der Haushaltsausschuss des Deut-
        schen Bundestages hat – wie aus der Ausschussdruck-
        sache 6079 vom 1. Juli 2009 hervorgeht – dem Gesetz
        mit großer Mehrheit zugestimmt. Dabei wurden auch die
        parlamentarischen Rechte gestärkt und insbesondere die
        zeitnahe und regelmäßige Unterrichtungspflicht im
        Sinne des Parlaments geregelt. Zum Adressaten dieser
        Unterrichtung durch die Bundesregierung wird das Gre-
        mium nach § 3 des Gesetzes zur Regelung des Schulden-
        wesens des Bundes bestimmt. Damit ist auch sicherge-
        stellt, dass durch dieses Verfahren ohne weitere
        Einzelbeschlüsse die Geheimhaltung sichergestellt ist.
        Ich bitte um Zustimmung.
        Otto Fricke (FDP): In meiner Rede vom 5. März zur
        ersten Lesung dieses Gesetzes habe ich die grundsätz-
        liche Zustimmung meiner Fraktion zu den Regeln des
        Gesetzentwurfes betont, weil ich die Möglichkeit einer
        Koexistenz unterschiedlicher Rechnungswesensysteme
        für gegenwärtig notwendig halte.
        Meine Kritik, die ich jedoch damals ebenfalls deutlich
        machte, richtet sich nach wie vor auf das Fehlen einer
        gesetzlich geregelten Beteiligung respektive einer Ein-
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        indung und damit einer Einflussnahmemöglichkeit des
        arlamentes auf die in § 49 a HGrGMoG vorgesehenen
        usgestaltungen der Standards für kamerale, doppische
        owie für Produkthaushalte. Sie besteht nach wie vor.
        uf diese Kritik sicherte das Bundesfinanzministerium
        em Haushaltsausschuss jedoch numehr wenigstens zu,
        as Parlament unverzüglich und umfangreich über beab-
        ichtigte Ausgestaltungen in diesem Bereich zu infor-
        ieren. Damit besteht zukünftig eine gewisse Einfluss-
        ahmemöglichkeit des Haushaltssouveräns in diesem
        ichtigen Bereich des Handwerksrechts der Haushalts-
        ührung. In der Hinterhand bleibt, dass der Gesetzgeber
        ederzeit in der Lage wäre, Änderungen des Gesetzes
        orzunehmen.
        Ich bleibe aber dabei, dass Verfahrensrecht und tech-
        ische Regularien auch ein Teil des Rechts sind und
        inen erheblichen Machteinfluss vermitteln können. Ge-
        ade die Fehler des Bilanzrechtes, insbesondere bei Ban-
        en, die wir über die EU auf ein Fachgremium übertra-
        en, ohne dass es eine wirkliche parlamentarische
        ontrolle gibt, haben doch in den vergangenen Monaten
        ns allen gezeigt, wie notwendig es ist, sich mit Produkt-
        chlüsseln, Ziffern, Buchungsvorgaben und vielem
        hnlichen mehr zu beschäftigen, was auf den ersten
        lick technisch wirkt, auf den zweiten Blick aber von
        roßer Bedeutung ist.
        Dass solche Technik bei manchen Abgeordneten nicht
        o beliebt ist, mag zutreffen, jedoch werden wir als Ab-
        eordnete nicht dafür gewählt, nur die Gesetze zu ma-
        hen, die wir mögen, sondern für diejenigen, die wir ma-
        hen müssen bzw. machen sollten. Die nunmehr erfolgte
        usdrückliche mündliche Zustimmung zu den frühzei-
        igen Informationen nach § 49 a Abs. 1 und Abs. 2
        acht es meiner Fraktion leichter, zuzustimmen.
        Endgültig jedoch hat sich die FDP-Bundestags-
        raktion entschieden, dem Gesetzentwurf zuzustimmen,
        eil sie über einen gemeinsamen Änderungsantrag mit
        en Fraktionen der CDU/CSU und der SPD im Bereich
        er Unternehmensbeteiligung etwas ereicht hat, was
        iele Haushälter schon die ganze Legislaturperiode
        rreichen wollten. Ich verweise insofern diejenigen
        einschmecker, die diese Entscheidung interessiert, auf
        ie Haushaltsdrucksache 16(8)6079 vom 30. Juni 2009
        nd deren Begründung.
        Worum geht es? Vorab: Der neue Art. 4, der mit dem
        nderungsantrag eingefügt worden ist, sieht einerseits
        or, dass nunmehr auch das Vertrauensgremium des
        aushaltsausschusses die gleichen Kontrollrechte und
        ontrollinstrumente erhält wie das parlamentarische
        ontrollgremium. Entsprechend wird außerdem eine
        erichtspflicht etabliert. Diese Änderung des § 10 Abs. 3
        er Bundeshaushaltsordnung war sachlogisch nötig und
        ichtig.
        Viel wesentlicher jedoch ist die Einfügung des § 69 a
        n die Bundeshaushaltsordnung. Spiritus Rector hinter
        ieser Regelung ist, und dafür möchte ich mich aus-
        rücklich bedanken, der Kollege Jochen Konrad
        romme. Ihm gebührt großer Dank, wie ich finde,
        eitens des gesamten Parlamentes, denn mit diesem
        esetzentwurf sind die Kontrollrechte des Bundestages
        Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009 26241
        (A) )
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        bei Bundesbeteiligungen wesentlich gestärkt worden. Es
        ist seinem Einsatz nicht unwesentlich zu verdanken, dass
        es doch noch zu diesem Ergebnis gekommen ist. Die
        FDP hat auch deswegen den Antrag mit gestellt, weil wir
        seit Beginn der Legislaturperiode kritisiert haben, dass
        viele Bereiche der Bundesbeteiligungen außerhalb der
        Kenntnis des Parlamentes sind und dass das Parlament
        dann sowohl die guten wie auch die schlechten Nach-
        richten nur hinnehmen konnte und die haushälterischen
        Verpflichtungen, viel seltener die haushälterischen Vor-
        teile, umsetzen musste. Besonders ärgerlich war der
        ständige Verweis auf angeblich gesetzlich gegebene
        Geheimhaltungspflichten und vieles andere mehr. Der
        Bund ist der Eigentümer, der Steuerzahler ist für diese
        Beteiligung in der Haftung, deswegen muss es dem
        Eigentümer, vertreten durch sein Parlament, dieses ver-
        treten durch den Haushaltsausschuss, möglich sein, die
        entsprechenden Informationen auch zu bekommen.
        Da sich der Haushaltsausschuss durchaus bewusst
        war, dass die Informationen im Rahmen der Kontrolle
        von Bundesbeteiligungen sehr sensibel sein können, hat
        er die Unterrichtung über grundsätzliche bzw. wesentli-
        che Fragen der Beteiligungen des Bundes an privatrecht-
        lichen Unternehmen dem, wie es verkürzt heißt, Kredit-
        finanzierungsgremium, also dem Gremium nach § 3 des
        Gesetztes zur Regelung des Schuldenwesens des Bundes
        übertragen. Dieses Gremium tagt nun schon seit mehre-
        ren Jahren und befasst sich mit den sensiblen Fragen der
        Bundesschuldenverwaltung. Bisher hat es aus diesem
        Gremium keine Berichte gegeben, was, insofern sei auch
        dem gegenwärtigen Vorsitzenden Steffen Kampeter aus-
        nahmsweise einmal gedankt, für das Gremium und seine
        Professionalität spricht.
        Wir haben als Haushälter die Pflicht, uns um die
        finanziellen Risiken für den Bundeshaushalt und damit
        für die gesamte Gesellschaft zu kümmern. Dazu gehört
        nun einmal auch der Bereich der Bundesbeteiligungen.
        Würden wir hier nicht nachfragen, würden wir hier nicht
        kontrollieren, würden wir hier nicht der Bundesregie-
        rung entsprechende Hinweise geben, wir würden unsere
        Aufgabe nicht richtig wahrnehmen können und haben
        dieses teilweise in der Vergangenheit, egal mit welchen
        Parteien die Bundesregierung besetzt war, auch nicht tun
        können. In Richtung Exekutive sei mir deshalb noch
        erlaubt, darauf hinzuweisen, dass es zwar schön ist,
        wenn die Regierung die Bundesbeteiligung kontrolliert,
        aber auch die Regierung muss immer wieder damit rech-
        nen, dass im Rahmen der Gewaltenteilung das Parlament
        nicht nur der Gesetzgeber ist, sondern auch derjenige ist,
        der die Exekutive die Grenzen aufzeigt, denn sonst wird
        die Tendenz zu einer exekutiven Demokratie mit einem
        kleinen parlamentarischen Annex weiter verstärkt. Dass
        wir das nicht wollen, sollte sich eigentlich aus sich selbst
        ergeben, hat sich doch erst wieder in dieser Woche durch
        das Bundesverfassungsgericht eine notwendige Korrek-
        tur in die richtige Richtung ergeben. Über das durch die-
        ses Urteil auch für die Haushälter notwendig gewordene
        Nachsitzen freue ich mich daher ebenso, wie über dieses
        Gesetz und hoffe nunmehr, dass der Bundesrat weise
        entscheidet und dem Gesetzentwurf zustimmt.
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        Roland Claus (DIE LINKE): Da wollen wir also die
        aushaltsgesetze modernisieren. Bis vor kurzem galt es
        ls nahezu rückständig, sich gegen Ideen zu äußern, die
        it den Begriffen Modernisierung und Reform daherka-
        en. Nun hat die Krise vielen die Augen geöffnet, man-
        hen jedoch noch nicht.
        Vorgestern wurde der Gesetzentwurf im Haushalts-
        usschuss des Deutschen Bundestags mit den Worten
        erteidigt, „andere seien dem Bund in der Haushaltsfüh-
        ung voraus“. Vor der Krise wäre dies ein schlagkräfti-
        es Argument gewesen, heute fragen sich die Leute:
        War es wirklich gut und richtig, dass Politiker und Ban-
        er im Kampf um fantastische Renditen ihrer Zeit voraus
        aren? Waren sie nicht eher im Namen von Fortschritt
        nd Renditeglauben die Totengräber von Zukunft und
        achhaltigkeit?“ Die Fraktion Die Linke lehnt den vor-
        iegenden Gesetzentwurf ab, obwohl einige seiner In-
        alte durchaus unsere Zustimmung finden.
        Zum Sachverhalt: Das Grundgesetz regelt im Art. 109
        ie Haushaltswirtschaftsbeziehungen von Bund und
        ändern und damit auch von Kommunen. Im Haushalts-
        rundsätzegesetz des Bundes werden die Einzelheiten
        äher beschrieben. Die Haushaltswirtschaft von Bund,
        ändern und Kommunen hat sich inzwischen recht ver-
        chieden entwickelt. Ziel einer Arbeitsgruppe des Haus-
        altsausschusses des Deutschen Bundestages war es des-
        alb, die Vergleichbarkeit der Haushaltspläne weiterhin
        u gewährleisten, auch um weiterhin eine zuverlässige
        olkswirtschaftliche Gesamtrechnung für die Bundesre-
        ublik zu ermöglichen. Neue Entwicklungen bei der
        aushaltswirtschaft und Buchhaltung sollten gefördert
        erden.
        Aktuell stehen sich vor allem zwei Systeme der Buch-
        ührung gegenüber, zum einen die Kameralistik – also
        ie klassische Buchung von Einnahmen und Ausgaben,
        ie sie am meisten bei den Haushalten bei Behörden an-
        utreffen ist –, auf der anderen Seite die sogenannte dop-
        elte Buchführung, auch Doppik genannt, bei der Kom-
        unen oder auch Länder ihre Buchführung ähnlich wie
        nternehmen vornehmen, also zum Beispiel den Res-
        ourcenverbrauch regelmäßig widerspiegeln. Bereits
        twa 300 Kommunen in Deutschland wenden diese dop-
        elte Buchführung an.
        Parallel zu diesen Beratungen der Arbeitsgruppe des
        aushaltsausschusses wurden die Haushaltsbeziehungen
        on Bund, Ländern und Kommunen in der Föderalis-
        uskommission und in einem speziellen Arbeitskreis er-
        rtert. Die Fraktion Die Linke vertritt dazu folgende
        osition: Wir stimmen dem Gesetzentwurf in jenen Pas-
        agen zu, in denen es um die weitere Vergleichbarkeit
        er Haushalte, um eine auch künftig den Realitäten ent-
        prechende volkswirtschaftliche Gesamtrechnung geht.
        as bedeutet jedoch für viele Kommunen einen zusätzli-
        hen Aufwand, weil sie auch weiterhin nach dem alten,
        ameralistischen Buchungssystem die Daten führen
        üssen. Die Linke stimmt nicht mit jenen Vorschlägen
        berein, die zu einer weiteren Beförderung der doppel-
        en Buchführung gemacht werden. Diese Haushalte füh-
        en letztendlich dazu, dass ihr Inhalt nur noch von
        ämmerinnen und Kämmerern und nicht mehr von Bür-
        26242 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009
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        gerinnen und Bürgern zu verstehen ist. Die Linke ist für
        Bürgerhaushalte, also für die Beteiligung der Einwohne-
        rinnen und Einwohner an richtungweisenden kommuna-
        len Entscheidungen auch bei den städtischen Haushal-
        ten. Wenn Haushalte immer weniger transparent und
        verständlich wären, würden die Möglichkeiten der direk-
        ten Demokratie verringert.
        Nicht alles, was als Modernisierung daherkommt,
        bringt auch wirkliche Verbesserungen. Vor zehn Jahren
        haben viele Finanzbeamte und Kämmerer Cross-Border-
        Leasing-Geschäfte für eine heilsame Modernisierung ge-
        halten. Sie werden nun eines Besseren belehrt.
        Zum Schluss: Wichtiger als Änderungen bei der
        Buchführung wären Überlegungen von Bundestag und
        Bundesregierung für eine langfristig gesicherte bessere
        Finanzausstattung der Kommunen in unserem Land. Zu-
        stimmung wiederum finden bei der Linken die neuen
        Vorschläge zur besseren parlamentarischen Kontrolle
        der Verwendung von Steuermitteln, auch wenn es dabei
        um geheim gehaltene Informationen geht. Besser als
        vermeintliche parlamentarische Kontrolle von Geheim-
        diensten wäre allerdings deren Auflösung.
        Insgesamt stimmt die Fraktion Die Linke trotz einer
        Reihe von Übereinstimmung mit dem Gesetzentwurf
        wegen der mangelnden Transparenz und Bürgernähe ge-
        gen den Antrag.
        Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
        Das Haushaltsgrundsätzemodernisierungsgesetz stellt
        eine Verbesserung der rechtlichen Grundlagen für die
        Haushaltspolitik dar. Im Grundsatz geht es in diesem
        Gesetz um eine verbesserte und transparentere Art und
        Weise der Haushaltsführung. Gerade in den Zeiten eines
        schwerwiegenden Haushaltsdefizits ist Transparenz ein
        hohes Gut. Leider wird es von der Großen Koalition
        sträflich missachtet. Statt Haushaltsklarheit und -wahr-
        heit werden die Rekordschulden im aktuellen Haushalt
        auch in den Schattenhaushalten im Bereich der Banken-
        rettung und beim Investitions- und Tilgungsfonds
        versteckt.
        Das Haushaltsgrundsätzemodernisierungsgesetz schafft
        im Bereich der Beteiligungsverwaltung eine wesentliche
        Verbesserung. Im Bundesfinanzierungsgremium soll das
        Beteiligungsmanagement des Bundes jetzt endlich parla-
        mentarisch institutionalisiert werden. Diese Änderung
        der Bundeshaushaltsordnung begrüßen wir. Es ist not-
        wendig, dass eine politische Kontrolle von Entscheidun-
        gen in Bezug auf Beteiligungen des Bundes besteht, da
        diese Beteiligungen häufig wesentliche und langfristige
        Auswirkungen auf den Bundeshaushalt haben.
        Aber auch die Berücksichtigung von Abschreibungen
        und Ressourcenverbrauch halten wir für eine begrüßens-
        werte Änderung der Haushaltsgesetzgebung. Ebenso un-
        terstützen wir den Top-down-Ansatz bei der Aufstellung
        des Haushalts.
        Durch den produktorientierten Haushalt, den das
        Gesetz vorsieht, kann die Politik klare Ansagen darüber
        machen, welche Leistungen der Staat erbringen soll, und
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        ierfür Mittel zur Verfügung stellen. Die Ausführung
        bliegt dann stärker als bislang den Ressorts.
        Die Ressorts können durch Zielvereinbarungen
        elenkt werden. So kann eine stärkere politische Über-
        achung der Mittelverwendung gleichzeitig effizienter
        ontrolliert werden. Durch die Kosten- und Leistungs-
        echnung werden Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen we-
        entlich erleichtert. So wird die Transparenz und Nach-
        ollziehbarkeit von Kosten und Leistungen erhöht. Das
        esetz ermöglicht eine Vermögensrechnung. Dadurch
        önnen auch Abschreibungen erfasst werden.
        Wir Grüne haben diesen Prozess der Modernisierung
        es Haushaltsrechts von Beginn an konstruktiv unter-
        tützt. In unserem Zukunftshaushaltsgesetz, das wir ins
        lenum eingebracht haben, werden maßgebliche
        estandteile des nun vorliegenden Haushaltsgrundsätze-
        odernisierungsgesetz bereits vorgeschlagen.
        Die erweiterte Kameralistik halten wir für eine deutli-
        he Verbesserung im Vergleich zum bestehenden Sys-
        em. Durch die Einführung der doppischen Haushalts-
        irtschaft hätte man allerdings noch mehr Transparenz
        rzielen können.
        Haushaltsaufstellung, Haushaltsbeschluss, Haushalts-
        ollzug und Haushaltskontrolle werden durch das Gesetz
        esser verständlich und transparenter. Der Ressourcen-
        insatz kann stärker daran ausgerichtet werden, Ziele
        ffizienter zu erreichen. Die wahre Vermögenslage und
        er wahre Werteverzehr des Bundes werden trans-
        arenter.
        Gerade hat das Bundesverfassungsgericht in seiner
        ntscheidung zum Lissabon-Vertrag die Stimme des
        eutschen Bundestages wesentlich gestärkt. Auch in der
        aushaltspolitik brauchen wir Parlamentarier, die als
        tatthalter der Steuerzahler über den sinnvollen Umgang
        it Steuergeldern wachen. Gerade bei den größeren
        öpfen, die mit dem veränderten Haushaltsgesetz ausge-
        eben werden können, ist dies von großer Bedeutung.
        chattenhaushalte und Sondervermögen müssen wir
        ermeiden. Es kann nicht sein, dass die Große Koalition
        ünftig, wie am Mittwoch dieser Woche im Haushalts-
        usschuss geschehen, plötzlich neue Anträge aus der
        asche zieht und en passant im Rahmen des 2. Nach-
        ragshaushalts die Nettokreditaufnahme um weitere
        ,5 Milliarden Euro erhöht. Diese Ausweitung der
        erschuldung fand ohne Berichterstattergespräche statt,
        och gab es sonstige Vorberatungen. Es ist unverant-
        ortlich, in welcher Weise diese weitere Erhöhung der
        erschuldung erfolgt. Statt endlich mehr Transparenz zu
        chaffen und in der Krise klare Prioritäten zu setzen,
        chafft die Große Koalition wieder in Hinterzimmer-
        ompromissen neue Belastungen für die Steuerzahlerin-
        en und Steuerzahler. Es steht zu befürchten, dass zwar
        ormal die Rahmenbedingungen verbessert werden, dass
        ber in der Praxis die großkoalitionäre gefährliche
        erschleierungstaktik einer ehrlichen und transparenten
        aushaltswirtschaft entgegenläuft.
        Mit einem Haushaltsgrundsätzemodernisierungsge-
        etz das Haushaltsrecht verbessern ist das eine, aber
        ann braucht es auch eine Koalition, die eine Haushalts-
        Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009 26243
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        grundsätzeeinhaltungspolitik betreibt. Die Aussichten
        für die nächsten Jahre sind unter Haushaltsgesichtspunk-
        ten ausgesprochen trübe. Bis 2013 wird allein nach den
        offiziellen Berechnungen eine Ausweitung der Verschul-
        dung in nie gekanntem Maße stattfinden. Nach dem
        Finanzplan wird der Bund bis 2013 310 Milliarden Euro
        Schulden aufnehmen. Wenn man die Schattenhaushalte
        berücksichtigt, wird daraus sogar ein echtes Defizit von
        über 435 Milliarden Euro. 310 Milliarden Euro neue
        Schulden führen zu einer Zunahme beim Schuldendienst
        in Höhe von 10,9 Milliarden Euro pro Jahr. Damit verlie-
        ren wir haushalterische Spielräume und damit letztlich
        alle Möglichkeiten, Politik zu gestalten.
        Anlage 13
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung:
        – Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen
        vom 1. Oktober 2008 zwischen der Regie-
        rung der Bundesrepublik Deutschland und
        der Regierung der Vereinigten Staaten von
        Amerika über die Vertiefung der Zusam-
        menarbeit bei der Verhinderung und Be-
        kämpfung schwerwiegender Kriminalität
        – Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des
        Abkommens zwischen der Regierung der
        Bundesrepublik Deutschland und der Regie-
        rung der Vereinigten Staaten von Amerika
        vom 1. Oktober 2008 über die Vertiefung
        der Zusammenarbeit bei der Verhinderung
        und Bekämpfung schwerwiegender Krimi-
        nalität
        – Beschlussempfehlung und Bericht zu den
        Anträgen:
        – Abkommen zwischen der Bundesrepublik
        Deutschland und den Vereinigten Staaten
        von Amerika über die Vertiefung der Zu-
        sammenarbeit bei der Verhinderung und
        Bekämpfung schwerwiegender Krimina-
        lität neu verhandeln
        – Kein uferloser Datenaustausch mit den
        USA
        (Tagesordnungspunkt 75 a und b)
        Clemens Binninger (CDU/CSU): Einer unserer
        wichtigsten Partner im Kampf gegen den internationalen
        Terrorismus sind die Vereinigten Staaten von Amerika.
        Zur Intensivierung unserer Zusammenarbeit in diesem
        Bereich haben wir mit den USA am 1. Oktober 2008 ein
        Abkommen geschlossen, das wir mit den vorliegenden
        Gesetzentwürfen ratifizieren.
        Terroristische und kriminelle Netzwerke agieren zu-
        nehmend international, über Landesgrenzen hinweg, ein
        Aspekt der Globalisierung, wie er in den 90er-Jahren
        vielleicht so noch nicht absehbar gewesen ist. An dieser
        Entwicklung muss sich auch unsere Sicherheitspolitik
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        rientieren. Wenn wir diese Entwicklung ernst nehmen,
        üssen wir erkennen, dass ein einzelner Staat allein oft
        icht mehr viel ausrichten kann. Vielmehr müssen wir
        emeinsam mit unseren Partnern wirksame Lösungen
        inden, wie es auch in der Vergangenheit schon ge-
        chehen ist. Wir müssen unsere Kooperation – davon bin
        ch überzeugt – ausbauen, um auch in Zukunft gegen den
        nternationalen Terrorismus effektiv vorgehen zu kön-
        en.
        Das Abkommen, das uns heute zur Abstimmung vor-
        iegt, ist ein wichtiger Schritt auf diesem Weg, weil es
        rmöglicht, Daten zu übermitteln mit dem Ziel,
        nschläge zu verhindern, Daten über Personen zu über-
        itteln, die im begründeten Verdacht stehen, terroristi-
        che Straftaten zu begehen oder Terrorausbildungslager
        urchlaufen zu haben, Daten zur Bekämpfung schwer-
        iegender Kriminalität.
        Im Kern lassen sich drei Bereiche der Kooperation
        nterscheiden. Wir ermöglichen den Austausch von Fin-
        erabdruckdaten und den Austausch von DNA-Daten.
        er Austausch erfolgt in diesen Bereichen nach dem
        it-/No-hit-Verfahren. Die USA und Deutschland räu-
        en sich also gegenseitig nur den Zugriff auf anonymi-
        ierte Indexdatenbanken ein. Liegt ein Treffer vor,
        üssen die weiteren personenbezogenen Daten im kon-
        entionellen Rechtshilfeverfahren beim Partner anhand
        iner Kennnummer erfragt werden. Darüber hinaus wer-
        en nach Art. 10 des Abkommens bei Terrorverdacht
        ersonenbezogene Daten wie Namen, Geschlecht, Ge-
        urtsdatum, Staatsangehörigkeit usw. übermittelt.
        Ein besonderes Augenmerk wird in dem Abkommen
        uf den Schutz der in Art. 12 genannten, besonders
        ensiblen personenbezogenen Daten gelegt, die Auf-
        chluss geben über ethnische Herkunft, politische An-
        chauungen, religiöse Überzeugungen, den Gesundheits-
        ustand, das Sexualleben oder die Zugehörigkeit zu
        iner Gewerkschaft. Um es an dieser Stelle noch einmal
        eutlich zu sagen: Diese Daten sind in Art. 12 aufge-
        ommen, weil sie besonders sensibel sind und deshalb
        esonders geschützt sein müssen. Eine Weitergabe die-
        er sehr sensiblen Daten ist nur möglich, wenn sie für die
        wecke des Abkommens besonders relevant sind und es
        ich um einen Terrorverdächtigen oder Verdächtigen
        iner schweren Straftat handelt. Gleichzeitig schreibt
        rt. 12 besondere Sicherheitsmaßnahmen vor, um diese
        aten zu schützen.
        Wenn ich die Anträge der Opposition lese, habe ich
        en Eindruck, dass das nicht von allen verstanden
        urde. Die Aufnahme dieser Daten ist weder neu noch
        ußergewöhnlich. Im Gegenteil. In zahlreichen Abkom-
        en gerade im Bereich der Terrorismusbekämpfung fin-
        et sich eine solche Formulierung, so im Art. 11 des
        SA-Eurojust-Abkommens oder in Art. 6 des USA-Eu-
        opol-Abkommens. Auch das Datenschutzgesetz sieht
        iese Daten als besonders schützenswert an. Mit ihrem
        ntschließungsantrag macht die Koalition noch einmal
        eutlich, welchen hohen Stellenwert der Datenschutz
        at. Dennoch muss uns klar sein, dass in sehr seltenen
        usnahmefällen auch eine Weitergabe solcher Daten
        26244 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009
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        möglich sein muss, eine Position, die auch der Daten-
        schutzbeauftragte ausdrücklich anerkennt.
        Es scheint mir doch schon sehr problematisch zu sein,
        wenn von manchem der Eindruck erweckt wird, dass
        eine Datenweitergabe fast jeden betreffen könnte. Nein,
        es werden ausschließlich Daten über Personen weiterge-
        geben, die von den deutschen oder US-amerikanischen
        Behörden mit einem konkreten und bestätigten Verdacht
        dem terroristischen Umfeld zugerechnet werden oder
        schwerer Straftaten verdächtigt werden. Hinzu kommt:
        Die Bundesrepublik Deutschland entscheidet, welche
        Daten von den deutschen Sicherheitsbehörden zur Verfü-
        gung gestellt werden. Es gibt hier keinen Automatismus.
        Wir sind Herr der Daten. Das BKA wird hier in Zukunft
        als zentrale Behörde die Anfragen und die Datenweiter-
        gabe koordinieren.
        Natürlich brauchen wir auch hier transparente Regeln
        zum Schutz personenbezogener Daten. Genau diese
        sieht das Abkommen vor. Das Hit-/No-hit-Verfahren
        wird von Datenschutzexperten sehr positiv bewertet,
        weil es sehr grundrechteschonend ist. Personendaten
        werden erst dann ersichtlich, wenn Übereinstimmungen
        vorliegen, also ein übereinstimmender Fingerabdruck
        oder ein gleiches DNA-Profil. Außerdem sieht das
        Abkommen die vertrauliche Verwendung übermittelter
        Daten vor. Falsche Datensätze müssen korrigiert werden.
        Daten müssen gelöscht werden, wenn sie nicht mehr
        erforderlich sind. Das BKA muss dabei den USA den im
        deutschen Recht vorgesehenen Löschungszeitpunkt nen-
        nen und kann nach Art. 10 Abs. 4 Bedingungen für die
        Verwendung der Daten festlegen. Die US-Sicherheitsbe-
        hörden sind an diese Bedingungen gebunden. Gleiches
        gilt auch für Daten, die deutsche Sicherheitsbehörden
        aus den USA erhalten. Darüber hinaus ist die Bundesre-
        publik Deutschland nach dem Umsetzungsgesetz ver-
        pflichtet, die vereinbarten völkerrechtlichen Auskunfts-,
        Sperrungs- und Löschungsansprüche eines Betroffenen
        gegenüber den USA geltend zu machen.
        Dieses Abkommen verbindet den Datenaustausch für
        eine effektive Zusammenarbeit bei der Terrorismusbe-
        kämpfung mit klaren Datenschutzstandards. Das Miss-
        trauen, das dem Abkommen vor allem in den Anträgen
        der Opposition entgegengebracht wird, ist fehl am Platz.
        Wenn dieses Misstrauen der Maßstab aller Verträge
        wäre, machten alle internationalen Verträge keinen Sinn.
        In diesem Abkommen sind die Bedingungen für das
        Sammeln, Weitergeben und Löschen von Informationen
        genau festgeschrieben. Wir verlassen uns also darauf,
        dass die Daten vertragsgemäß genutzt werden.
        Der frühzeitige Austausch von Informationen ist eine
        wesentliche Voraussetzung, um unseren Sicherheits-
        behörden bei grenzüberschreitenden Aktivitäten von
        Terroristen die Möglichkeit zu geben, Bedrohungen
        rechtzeitig zu erkennen und abzuwehren. Das Abkom-
        men zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten
        von Amerika ist dafür eine wichtige Grundlage. Wie
        wichtig diese Kooperation ist, zeigt auch die Tatsache,
        dass mittlerweile auch andere EU-Staaten vergleichbare
        Abkommen mit den Vereinigten Staaten abschließen.
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        Die CDU/CSU-Fraktion stimmt den vorliegenden
        esetzen und der Entschließung zu.
        Wolfgang Gunkel (SPD): Wir beraten heute zum
        weiten Mal den Gesetzentwurf der Bundesregierung für
        in Gesetz zum Abkommen vom 1. Oktober 2008 zwi-
        chen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland
        nd der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika
        ber die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhin-
        erung und Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität
        owie ein Gesetz zur Umsetzung desselben Abkom-
        ens. Das Abkommen soll die Zusammenarbeit bei der
        erhinderung und Bekämpfung schwerwiegender
        riminalität vertiefen. Mit schwerwiegender Krimi-
        alität ist damit insbesondere Terrorismus gemeint.
        onkret geht es natürlich um Datenaustausch.
        Geregelt werden in dem Vertrag, dass Fingerabdrücke
        nd DNA-Daten automatisiert in den Datenbänken bei-
        er Länder abgeglichen werden können, dass personen-
        ezogene Daten zu sogenannten terroristischen Gefähr-
        ern im Wege der Rechtshilfe übermittelt werden.
        ngelehnt ist das Abkommen dabei an den Vertrag von
        rüm, der als Abkommen zwischen den EU-Staaten die
        renzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Strafver-
        olgung festschreibt. Inzwischen wurde das Abkommen
        on Prüm unter der deutschen Ratspräsidentschaft in den
        U-Rechtsrahmen überführt.
        Grundsätzlich möchte ich festhalten, dass es eine ver-
        tärkte Zusammenarbeit zwischen den Ländern der
        uropäischen Union und den USA geben muss. Neue,
        or allem asymmetrische Bedrohungen bedürfen der
        ooperation und des engen Austausches von Informatio-
        en. Die Bedrohung durch den internationalen Terroris-
        us darf nicht kleingeredet werden. Wir wissen alle,
        ass viele sicherheitspolitische Szenarien noch aus der
        eit des Kalten Krieges stammen. Daher ist eine Vernet-
        ung notwendig. Nicht zuletzt erhielten deutsche Ermitt-
        er aus den USA den Hinweis auf die „Sauerland-
        ruppe“. Deren geplante Anschläge gegen den US-ame-
        ikanischen Luftwaffenstützpunkt Ramstein sowie US-
        merikanische und usbekische Konsulareinrichtungen in
        eutschland konnten so 2007 verhindert werden.
        Das Abkommen mit den USA ist daher richtig und
        otwendig. Allerdings stellt sich auch hier wie bei so
        ielen gesetzgeberischen Reaktionen auf die neuen
        edrohungen die Frage nach der Verhältnismäßigkeit.
        as Spannungsfeld zwischen notwendiger Sicherheit auf
        er einen Seite und der Wahrung elementarer Grund-
        echte auf der anderen Seite muss immer wieder neu aus-
        ariert werden. Gerade bei internationalen Abkommen
        reffen oft völlig unterschiedliche Rechtsstaatsbegriffe
        ufeinander.
        Dass die Übertragung personenbezogener Daten an
        ie Vereinigten Staaten von mir kritisch gesehen wird,
        issen Sie spätestens seit den Beratungen zum Fluggast-
        atenabkommen zwischen Europa und den USA.
        Auch hier können die Vertragspartner nach Art. 10
        es Abkommens personenbezogene Daten wie Namen
        nd Geburtsdatum nach Maßgabe des nationalen Rechts
        Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009 26245
        (A) )
        (B) )
        auch ohne Ersuchen übermitteln. Maßgeblich für die
        Zulässigkeit der Informationsübermittlung bleiben daher
        die Übermittlungsvorschriften der jeweiligen Sicher-
        heitsbehörden. So gelten in diesem Falle etwa § 19
        Abs. 3 Bundesverfassungsschutzgesetz oder § 14 Abs. 1
        BKA-Gesetz.
        Wichtig ist an dieser Stelle auch, festzuhalten, dass
        die Übertragung der Daten im Gegensatz zu den Daten
        der Flugpassagiere Richtung Vereinigte Staaten nicht an-
        lasslos erfolgt. Übersandt werden ausschließlich Daten
        zu Personen, die von deutschen oder US-amerikanischen
        Behörden dem terroristischen Umfeld zugerechnet
        werden. Dieser eng begrenzbare Personenkreis muss
        nach Erkenntnis der Behörden mit terroristischen Straf-
        taten im Zusammenhang stehen, etwa weil die Personen
        engen Kontakt zu terroristischen Straftätern pflegen oder
        eine Ausbildung in einem Trainingslager absolviert
        haben mit dem Ziel, Anschläge zu begehen.
        Hochsensible Daten wie politische Anschauung, die
        Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft oder solche, die
        Gesundheit und Sexualleben betreffen, können laut
        Abkommen nach Maßgabe des Art. 12 übertragen wer-
        den. Hier handelt es sich durchaus um einen erheblichen
        Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestim-
        mung. Der Kritik aus weiten Teilen dieses Hauses ist
        nun mit einem Entschliessungsantrag der Koalitionsfrak-
        tionen begegnet worden, der die besondere Bedeutung
        der Gewerkschaften und die nach unserem Dafürhalten
        völlige Irrelevanz der Gewerkschaftszugehörigkeit im
        Bezug auf die Kriminalitätsbekämpfung hervorhebt.
        Die Daten dürfen allerdings nur zur Verfügung ge-
        stellt werden, wenn sie für die Zwecke des Abkommens
        besonders relevant sind. Hier handelt es sich um eine
        erhöhte Schwelle für die Übermittlung, auch im Gegen-
        satz zu der Übermittlung nach Art. 10. Diese besondere
        Voraussetzung dient gerade auch dem Schutz der hoch-
        sensiblen Daten.
        Ich möchte für diesen Sachverhalt ein kleines Bei-
        spiel anführen. Es wird gegen eine Person ermittelt, die
        terroristischen Kreisen zugerechnet wird. Gleichzeitig
        ist die Person auch Gewerkschaftsmitglied. Die Tatsa-
        che, dass sie Gewerkschaftsmitglied ist, darf aber nur
        übermittelt werden, wenn dies für die Bewertung im
        Rahmen einer Gefährdungsanalyse besonders relevant
        ist. Dies könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn
        Erkenntnisse darüber bestehen, dass die Gewerkschafts-
        zugehörigkeit genutzt wird, um Anwerbeversuche für
        terroristische Organisationen durchzuführen, oder wenn
        unter der missbräuchlichen Ausnutzung der Strukturen
        einer gewerkschaftlichen Organisation eine konspirative
        Gruppe zur Vorbereitung eines Anschlages gegründet
        werden soll.
        Sie sehen also, dass der Anwendungsbereich dieser
        Übermittlungsvorschrift äußerst gering ist. Die Vor-
        schrift ist gerade nicht dafür gedacht, wie vermutet, sys-
        tematisch Daten zur Gewerkschaftszugehörigkeit zu
        sammeln.
        Neben den Übermittlungsvorschriften gibt es eine
        Reihe weiterer Regelungen, die kritisiert werden. Gene-
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        ell gibt es Bedenken hinsichtlich des Datenschutz-
        iveaus, so zum Beispiel, dass es keine subjektiven
        echte der Betroffenen auf Auskunft, Berichtigung,
        öschung oder Sperrung gibt. Das Datenschutzniveau
        es Vertrages orientiert sich grundsätzlich am Prümer
        ertrag. Richtig ist aber auch, dass die amerikanische
        eite diese Betroffenenrechte mit dem Hinweis auf die
        nvereinbarkeit zum bestehenden nationalen ameri-
        anischen Datenschutzregime ablehnt, ebenso eine
        ertragliche Verpflichtung zur Einrichtung unabhängiger
        atenschutzkontrollstellen, bzw. bestehender Kontroll-
        tellen zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit.
        Uns allen ist hier sehr deutlich bewusst, dass die
        atenschutzrechtlichen Standards der Vereinigten
        taaten bei weitem nicht dem genügen, was wir gewohnt
        ind. Auch unter Barack Obama hat sich der von uns oft
        ls töricht empfundene Umgang mit personenbezogenen
        aten noch nicht geändert. Insofern bin ich bei aller
        kepsis gegenüber neuen sicherheitspolitischen Ideen
        mmer noch einigermaßen zufrieden mit dem Grund-
        echteschutz in Deutschland. Klar ist aber auch, dass
        an dieses datenschutzrechtliche Niveaugefälle bei den
        erhandlungen mit den Vereinigten Staaten nicht igno-
        ieren kann. Das lehrte uns nicht zuletzt das bereits
        rwähnte Flugpassagierdatenabkommen. Insofern kann
        ch mir vorstellen, dass die Abstimmungen in diesem
        ereich für die Verhandlungsführer äußerst schwierig
        aren.
        Als Ausgleich dafür, dass es die gerade genannten
        tandards nicht gibt, wurde dem Vertragsstaat ein um-
        assender Auskunfts-, Berichtigungs- und Löschungsan-
        pruch zugestanden. Zur Geltendmachung dieses
        nspruchs kann die Vertragspartei im Rahmen des
        ationalen Rechts verpflichtet werden, in dem Fall, in
        em der Betroffene dies gerichtlich veranlasst, wenn der
        taat nicht von sich aus tätig wird.
        Weiterhin wird oft kritisiert, dass es keine gemein-
        ame Definition terroristischer Straftaten bzw. schwer-
        iegender Kriminalität als Voraussetzung gibt. In dieser
        insicht kann ich Sie beruhigen: Die Bundesregierung
        egt im Verhältnis mit den Vereinigten Staaten keine
        ndere Terrorismusdefinition zugrunde als im Verhältnis
        u den Mitgliedstaaten des Prümer Vertrages.
        Die Zusammenschau meiner Ausführungen zeigt,
        ass man dem Abkommen trotz mancher Bedenken den-
        och zustimmen muss.
        Gisela Piltz (FDP): Vor einem Jahr und einem Mo-
        at haben wir hier im Hause über die beiden Anträge, die
        eute hier abschließend beraten werden, debattiert. Ich
        abe – ganz ernsthaft – kurz darüber nachgedacht, ob ich
        infach meine Rede von damals hier noch einmal vor-
        rage. Denn geändert hat sich nichts. Die Bundesregie-
        ung hat die Kritik schlichtweg ignoriert, Kritik übri-
        ens, die von allen Seiten an dem Abkommen geäußert
        urde – nicht nur von der Opposition –, von den Ge-
        erkschaften, von zahlreichen Verbänden wie Schwu-
        en- und Lesben-Verbänden und Bürgerrechtsinitiativen
        owie dem Bundesdatenschutzbeauftragten.
        26246 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009
        (A) )
        (B) )
        Obwohl: So ganz scheint die Kritik auch an CDU/
        CSU und SPD nicht vorbeigegangen zu sein. Denn in
        dieser Woche legten Sie, die Kolleginnen und Kollegen
        der Koalitionsfraktionen, einen Entschließungsantrag im
        Innenausschuss zum eigenen Gesetz vor, in dem Sie sich
        selbst auffordern, die Finger von den Gewerkschaftsda-
        ten zu lassen. Das muss man sich mal vorstellen: Die
        von Ihnen getragene Bundesregierung hat über ein Ab-
        kommen verhandelt und es unterzeichnet. Dann hat sie
        ein Umsetzungsgesetz eingebracht. Weder in den Ver-
        handlungen noch bei der Formulierung des Umsetzungs-
        gesetzes hat sie sich für einen Schutz besonders sensibler
        Daten eingesetzt, ja offenbar nicht einmal infrage ge-
        stellt, ob diese Daten überhaupt in irgendeiner Bezie-
        hung zu schwerwiegender Kriminalität, insbesondere
        Terrorismus, stehen. Und dann kommen die Koalitions-
        fraktionen und wollen nicht etwa das Gesetz ändern,
        sondern bringen einen Entschließungsantrag im Aus-
        schuss ein. Unverbindlicher geht’s ja wohl kaum. Wa-
        rum, muss man sich da schon mal fragen, schreiben Sie
        das nicht in das Umsetzungsgesetz? Das wäre doch das
        Mindeste, wenn Sie Ihre eigene Regierung schon nicht
        dazu gebracht haben, von einem derartigen Abkommen
        Abstand zu nehmen.
        Die FDP-Fraktion bringt deshalb heute hier einen Än-
        derungsantrag ein, der genau dem entspricht, was die
        Koalitionsfraktionen als Entschließungsantrag vorgelegt
        haben. Ich gehe davon aus, dass es keinen Grund geben
        kann, warum die Koalition diesem Änderungsantrag
        nicht zustimmen wird, insbesondere nachdem ich ja vom
        Kollegen Wiefelspütz so ermutigende Worte im Aus-
        schuss hörte: „Das Parlament sind wir und nicht die
        Bundesregierung.“ Jetzt können Sie das beweisen!
        Eigentlich müssten noch zahlreiche weitere Änderun-
        gen vorgenommen werden. Für diese gibt es aber in der
        Koalition erkennbar keinerlei Zustimmung. Das ist
        höchst bedauerlich. Im Gegenteil, die Koalition verwei-
        gert sich – wieder einmal – den Erkenntnissen, die hier
        im Hause mehr als deutlich zutage getreten sind. Der
        BND-Untersuchungsausschuss hat sich intensiv damit
        befasst, wie die USA Terrorismus definieren, und hat
        festgestellt, dass sich deren Herangehensweise sehr
        deutlich von dem unterscheidet, was wir hier in Deutsch-
        land unter einem rechtsstaatlichen Verfahren verstehen.
        Nicht zum ersten Mal ist dabei auch zutage getreten,
        dass das Datenschutzniveau in den USA ein anderes ist.
        Das haben wir alles schon im Zusammenhang mit der
        Übermittlung von Fluggastdaten beraten. Da übrigens
        gab es Widerspruch gegen die ungeschützte Übermitt-
        lung von personenbezogenen Daten an die USA auch
        von denen, die heute hier anscheinend gar keine Bauch-
        schmerzen haben. Oder vielleicht doch ein paar Bauch-
        schmerzen, die sie aber gut kaschieren. In der Aus-
        schusssitzung vorgestern trug Herr Wiefelspütz ja vor,
        dass das Problem ja vor allem darin liege, dass man nicht
        wisse, was in den USA mit den Daten dann geschieht.
        Mit diesem Problem hätte sich ja bislang gar keiner be-
        schäftigt. Ich möchte das noch einmal in aller Deutlich-
        keit festhalten: Doch, Herr Wiefelspütz, damit haben wir
        uns schon beschäftigt. Sie haben nur nicht zugehört. Sie
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        önnen es aber gerne noch einmal nachlesen: Plenarpro-
        okoll vom 5. Juni 2008, Drucksache 16/166.
        Und wenn ich hier gerade schon die Literaturliste auf-
        ache, dann gebe ich Ihnen gleich noch einen Tipp:
        esen Sie sich einmal die Verfassungsbeschwerde
        BvR 637/09 von Patrick Breyer zur Datenweitergabe
        n die USA durch. Der europäische Datenschutzbeauf-
        ragte Peter Hustinx hat schon den Vertrag von Prüm als
        atenschutzalbtraum bezeichnet. Dieses schlechte Vor-
        ild aber nehmen Sie sich nun für einen Vertrag mit den
        SA, wo nicht einmal das nach Hustinx’ Worten „kom-
        lizierte Flickwerk“ des europäischen Datenschutzes
        ilt. Sie bleiben hinter dem Vertrag von Prüm sogar weit
        urück.
        Das hier vorgelegte Ratifizierungsgesetz soll ein Ab-
        ommen in deutsches Recht transferieren, das in vieler-
        ei Hinsicht rechtsstaatlich unzureichend ist. Das hier
        orgelegte Umsetzungsgesetz gibt sich nicht einmal
        ühe, dem hinreichend zu begegnen. Neben den Daten
        ur Mitgliedschaft in Gewerkschaften sollen auch Daten
        um Sexualleben, zur religiösen Überzeugung und Welt-
        nschauung übermittelt werden können. Ich kann Ihnen
        ur mal empfehlen, sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-
        en von der Koalition, sich mit den Ergebnissen des Un-
        ersuchungsausschusses zu beschäftigen. Das Ver-
        chwindenlassen von Personen durch die USA, in dem
        icht nur eine Verletzung des Völkerrechts lag, sondern
        uch ein grober Verstoß gegen die Menschenwürde, ge-
        en die Freiheit der Person, gegen das Recht auf ein fai-
        es Verfahren, gegen einen ganzen Reigen von Grund-
        echten also, stützte sich aller Wahrscheinlichkeit nach
        uf genau solche Daten, auf Daten, die den Staat erst ein-
        al wirklich nichts angehen, auf Daten, die den Staat
        or allem deshalb nichts angehen, weil die Religionsfrei-
        eit, weil die Vereinigungsfreiheit zu den höchsten
        echtsgütern gehören. Wir haben in Deutschland den
        rdre Public zu beachten, wenn es darum geht, ob wir
        eispielsweise Personen ausliefern. Und danach ist ganz
        lar, dass wir Personen nicht ausliefern, wenn ihnen
        roht, gefoltert zu werden oder ohne faires Verfahren ih-
        er Freiheit beraubt zu werden. Personen werden hier
        icht „ausgeliefert“, sondern personenbezogene Daten –
        inter denen aber jeweils eine Person steht, die anhand
        ieser Daten dann genau in die genannten Gefahren ge-
        aten kann. Deshalb ist es unverantwortlich, ohne rechts-
        taatliche Absicherungen höchst sensible personenbezo-
        ene Daten herauszugeben.
        Sie haben es weiterhin versäumt, den Begriff „terroris-
        ische und schwerwiegende Kriminalität“ genauer zu de-
        inieren. Sie haben nicht konkretisiert, welche Fingerab-
        rücke genau übermittelt werden. Das alles hat mit einem
        echtsstaatlichen Handeln nichts zu tun. Denn was Terro-
        ismus oder schwerwiegende Verbrechen sind, ist nicht
        estgelegt. Und ich möchte nur mal darauf verweisen,
        ass seit Einführung der Katalogstraftaten in § 100 a
        tPO die Liste von Straftaten, die in Deutschland als
        schwer“ gelten, ständig länger geworden ist, und dass
        uch dauernd noch neue – und zum Teil sehr grenzwertige –
        traftatbestände hinzukommen, wie zum Beispiel jetzt
        erade neu der Aufenthalt in Terrorcamps, also reines Ge-
        innungsstrafrecht. Das ist schon auf unserer Seite be-
        Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009 26247
        (A) )
        (B) )
        denklich. Und vonseiten der USA wird es nicht anders
        sein. Und damit können sensible Daten wegen zig Straf-
        taten über den Atlantik hin- und herwandern, ohne dass
        die Betroffenen überhaupt Rechtsklarheit haben, dass sie
        überhaupt betroffen sein könnten. So könnten zum Bei-
        spiel meine beiden Freundinnen, mit denen ich leider
        heute nicht gemeinsam ihren Geburtstag feiern kann – de-
        nen ich aber hier wenigstens schnell noch ganz herzlich
        gratulieren will –, ohne es zu wissen, unter Verdacht ge-
        raten. Das ist mit dem Rechtsstaat nicht zu vereinbaren.
        Die Koalition beweist hier noch einmal – sozusagen
        zum krönenden Abschluss der letzten regulären Sitzungs-
        woche – ihr mangelhaftes Rechtsstaatsbewusstsein. Ich
        habe es heute Vormittag schon einmal gesagt: Die Ach-
        tung der Grundrechte zeigt sich im täglichen Handeln.
        Davon ist diese Bundesregierung, ist diese Koalition weit
        entfernt.
        Vielen Dank.
        Jan Korte (DIE LINKE): Ich habe es bereits in der
        ersten Lesung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung
        gesagt und möchte es dennoch wiederholen: Wenn die
        Bundesregierung das Parlament dazu missbraucht,
        längst beschlossene internationale Abkommen nur noch
        formal abzunicken, beschädigt sie damit die Demokratie
        und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den
        Parlamentarismus.
        Darüber hinaus ist ebenfalls festzuhalten, dass wir
        heute zum wiederholten Male einen Gesetzentwurf der
        Bundesregierung vorgelegt bekommen, der einen
        schwerwiegenden Eingriff in die Freiheits- und Grund-
        rechte, in den Datenschutz und die Schutzbestimmungen
        des Grundgesetzes darstellt. Dies überrascht nun weder
        mich noch die Bürgerinnen und Bürger, ist doch der
        letzte reguläre Tagesordnungspunkt in der 16. Legisla-
        turperiode des Bundestages symptomatisch für die bür-
        gerrechts- und grundgesetzfeindliche Politik der Großen
        Koalition.
        Das „Gesetz zu dem Abkommen vom 1. Oktober
        2008 zwischen der Regierung der Bundesrepublik
        Deutschland und der Regierung der Vereinigten Staaten
        von Amerika über die Vertiefung der Zusammenarbeit
        bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerwiegen-
        der Kriminalität“ regelt die Voraussetzungen für das In-
        krafttreten des Abkommens in Deutschland. Das Ab-
        kommen selbst steht jedoch nicht zur Debatte. Das
        Abkommen aber regelt den Datenaustausch zwischen
        den USA und der BRD zur Bekämpfung schwerwiegen-
        der Kriminalität, „insbesondere“ des Terrorismus. Gere-
        gelt werden hierin unter anderem der automatiserte Da-
        tenaustausch von DNA- und daktyloskopischen Daten,
        die gegebenenfalls um weitere personenbezogene Daten
        ergänzt werden können. In einzelnen Artikeln werden
        die Bestimmungen des Prümer Vertrages übernommen.
        Dessen Türöffnerfunktion für den umfassenden Aus-
        tausch von DNA- und Fingerabdruckdaten bestätigt sich
        durch das BRD-USA-Abkommen nun deutlich. Diese
        Gefahr der Öffnung von Tür und Tor durch die Verab-
        schiedung des Prümer Vertrages für eine verstärkte
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        berwachung der Bürgerinnen und Bürger wurde durch
        lle Oppositionsfraktionen vor Jahren bereits kritisiert.
        Erneut wird durch die Bundesregierung in dem ge-
        annten Abkommen – wie bei so vielen anderen, auch
        em Prümer Vertrag – obendrein noch ungelenk und un-
        pezifisch mit dem Kampf gegen den Terrorismus jon-
        liert, und dies, ohne dass die Regierung auch nur den
        auch einer Definition des Begriffes Terrorismus besit-
        en würde. Dies verwundert nicht, denn bei der Eindäm-
        ung und Bekämpfung von Terrorismus hat die Bundes-
        egierung, also SPD und CDU/CSU, vollends versagt.
        eiden Fraktionen geht es mit dem Abkommen lediglich
        m die uferlose Weitergabe, Speicherung und Verknüp-
        ung personenbezogener Daten. Die neue Qualität be-
        teht jedoch in der Dreistigkeit, neue Datenkategorien zu
        rfassen und den amerikanischen Diensten zur Verfü-
        ung zu stellen. So können demnach auch Daten an US-
        oltergeheimdienste weitergereicht werden, die Infor-
        ationen zu Rasse oder ethnischer Herkunft, zu politi-
        cher Anschauung, zu religiöser oder sonstiger Überzeu-
        ung oder zur Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft
        einhalten. Auch die Gesundheit und das Sexualleben
        on potenziell Verdächtigen scheinen für deutsche wie
        merikanische Dienste von Interesse zu sein.
        Niemanden darf es angesichts dieser Fülle von Daten,
        ie über den großen Teich geschickt werden sollen, ver-
        undern, dass Auskunftsrechte für Betroffene in dem
        bkommen nur ungenügend ausgestaltet und die
        weckbindung der Daten nicht nur nicht gewährleistet,
        ondern nahezu freigestellt ist.
        Das Gesetz, über das das Parlament heute aber ent-
        cheiden soll, setzt lediglich das soeben kritisierte Ab-
        ommen mit den USA in nationales Recht um und legt
        as Bundeskriminalamt, BKA, als nationale Kontakt-
        telle für den automatisierten Datenaustausch und den
        ustausch von personenbezogenen Daten im Einzelfall
        ur Strafverfolgung fest. Das BKA ist damit die verant-
        ortliche Schaltstelle bei der Weitergabe von DNA- und
        ingerabdruckdaten sowie – spezieller – personenbezo-
        ener Daten diverser Sicherheitsbehörden, die auch zur
        trafverfolgung weitergegeben werden können. Das
        KA entscheidet darüber hinaus auch über eine mögli-
        he Zweckänderung bei der Verwendung dieser Informa-
        ionen in den USA. In diesem Zusammenhang weist die
        undesregierung geradezu pampig die doch sehr sanfte
        orderung des Bundesrates nach einer besonderen Kon-
        rolle der Datenweitergabe beim BKA zurück: Die Ein-
        ichtung einer besonderen Kontrollinstanz sei nicht
        rforderlich, weil die Mitarbeiter „ausreichend sensibili-
        iert“ seien „was den Umgang mit besonders sensiblen
        ersonenbezogenen Daten anbelangt“ und das BKA be-
        eits heute ohne besondere Kontrollinstanz sensible Da-
        en an ausländische Stellen übermittelt.
        Die Linke lehnt aus diesem Grunde und wegen der
        ielen rechtlichen, technischen und handwerklichen
        ehler im Abkommen selbst und im Gesetz zu dessen
        msetzung beide Vorhaben konsequent ab.
        Nun liegen uns heute ebenfalls Anträge von FDP und
        rünen zur Beschlussfassung vor. Der Antrag der FDP
        ezieht sich auf das bereits angesprochene Ausgangsab-
        26248 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009
        (A) )
        (B) )
        kommen mit den USA, mit dem der umfassende Daten-
        austausch zwischen den USA und Deutschland eröffnet
        werden soll. Auch die FDP kritisiert unter anderem den
        Umfang der Datenübermittlung, die ungenügende
        Datenschutzausgestaltung in den USA – vor allem die
        Speicherfristen betreffend – sowie die Weitergabe hoch-
        sensibler Daten zur Religionszugehörigkeit, Gewerk-
        schaftszugehörigkeit und ethnischen Herkunft. Vor die-
        sem Hintergrund wird eine Neuverhandlung des
        Abkommens zwischen den transatlantischen Partnern
        gefordert. Zwar ist dieser Antrag leider überholt, den-
        noch greift er dezidiert die inhaltliche Kritik an dem Ab-
        kommen unter den Gewerkschaften, in der Linken und
        unter den Bürgerinnen und Bürgern im Land auf. Die
        Linke wird deshalb dem Antrag der FDP zustimmen.
        Die Grünen wollen ihrerseits vor allem die Rechte der
        Betroffenen, zum Beispiel im Hinblick auf Auskunfts-
        und Widerspruchsrechte, stärken. Anders als die FDP
        fordern die Grünen eine Überprüfung des Bedarfs eines
        solchen Abkommens. Dies findet die Unterstützung der
        Linken. Gleichzeitig kann ich Ihnen mitteilen, dass wir
        einen solchen Bedarf bereits geprüft haben und zu einem
        eindeutigen Ergebnis gekommen sind: Dieses Abkom-
        men muss besser gestern als heute aufgelöst werden, und
        stattdessen muss für einen globalen, umfassenden Da-
        tenschutz gekämpft werden. Die Bundesregierung hat
        dies leider nicht verstanden. Da insbesondere die Union
        im Bund nicht aus der Regierungstätigkeit heraus – im
        Gegensatz zur Koalition in Hamburg – ihre Position zum
        Datenschutz grundlegend verändern kann, hoffe ich in-
        ständig, dass beide Fraktionen, also SPD und Union, in
        der kommenden Legislaturperiode auf den Oppositions-
        bänken Platz nehmen, um dort an ihrer Haltung zum Da-
        tenschutz zu arbeiten.
        Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
        Vor gut einem Jahr wurde der Öffentlichkeit dieses Ab-
        kommen bekannt – und seitdem ist es in der Kritik! Und
        das ist auch richtig so, denn dieses Abkommen ist eine
        Zumutung.
        Es geht, das sagt der Titel, um die Verhinderung und
        Bekämpfung von schweren Verbrechen und von Terro-
        rismus. Erreicht werden soll das durch einen sehr frei-
        giebigen Datenaustausch mit dem großen Bruder, mit
        den USA. Und das beschreibt sehr gut die Probleme: Be-
        griffe wie schwere Verbrechen oder Terrorismus sind im
        Abkommen bestenfalls schwammig definiert. Und des-
        halb muss man damit rechnen, dass unser Vertragspart-
        ner selbst darangehen wird zu definieren, was er darun-
        ter versteht.
        Auf einer solch wackligen Basis sehr liberal Daten zu
        übermitteln ist ein Risiko, das man nicht eingehen darf.
        Denn was US-Regierungen bisher für Terrorismus halten
        und was sie für einen ausreichenden Verdacht halten, je-
        manden als Terroristen zu bezeichnen ist, das haben wir
        in der Vergangenheit sehen können. Im Zweifel führt das
        die Betroffenen nach Guantanamo oder per Geheimflug
        ins Foltergefängnis. Der erste Untersuchungsausschuss
        hat in mühevoller Kleinarbeit rekonstruiert, wie auf ge-
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        au einer solchen unbestimmten Rechtsgrundlage in den
        SA Menschen als Terroristen eingestuft wurden und
        ann ohne jedes rechtsstaatliche Verfahren interniert und
        chikaniert wurden. Mit diesem Abkommen leisten wir
        u genau solchen Praktiken Beihilfe, wenigstens verhal-
        en wir uns aber grob fahrlässig.
        Der Datenschutz und die entsprechenden Rechte der
        etroffenen sind in diesem Abkommen unzureichend
        eregelt, dafür werden dann aber Daten übermittelt, die
        n keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Terror-
        ekämpfung stehen. Bestes Beispiel dafür ist die soge-
        annte Schutzklausel in Art. 12 dieses Vertrages. Da
        eht es um so höchst terrorverdächtige Eigenschaften
        ie die Gewerkschaftszugehörigkeit. Schutzklausel
        eißt der Passus, weil solche Daten nur bei besonderer
        elevanz weitergegeben werden sollen. Wann bitte soll
        enn das der Fall sein? Warum werden solche Daten
        berhaupt erst erfasst? Der DGB unterhält doch keine al-
        aida-Zellen!
        Solche Fragen beantwortet die Koalition mit einem
        ntschließungsantrag sinngemäß etwa so: „Wir haben
        irklich keine Ahnung, was diese Daten mit Terroris-
        us zu tun haben. Wir denken nicht, dass sie weiterge-
        eben werden sollen. Aber der Vertrag soll es trotzdem
        rmöglichen.“ Warum schreibt man denn dann solche
        aten in den Vertrag? Und was will die Koalition hier
        irklich? Im Innenausschuss war ja prompt zu hören,
        ass man sehr wohl diese Daten weitergeben will.
        Wir bleiben dabei: Diesen Vertrag kann man so nicht
        atifizieren. Wir werden hier im Bundestag dagegenstim-
        en und in Person des grünen Hamburger Justizsenators
        ill Steffen auch in der Ständigen Vertragskommission
        nseren Widerstand aufrechterhalten. Dann merkt viel-
        eicht auch die Bundesregierung noch, was der einzig
        ichtige Umgang mit diesem Abkommen ist: schreddern
        nd neu verhandeln!
        nlage 14
        Amtliche Mitteilungen
        Der Vermittlungsausschuss hat in seiner 13. Sitzung
        m 1. Juli 2009 folgenden Einigungsvorschlag beschlos-
        en:
        Das vom Deutschen Bundestag in seiner 222. Sitzung
        m 14. Mai 2009 beschlossene
        Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die
        Errichtung einer Bundesanstalt für den Digital-
        funk der Behörden und Organisationen mit Si-
        cherheitsaufgaben (BDBOS-Gesetz)
        – Drucksachen 16/12594, 16/12914, 16/13357 –
        ird bestätigt.
        Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
        itgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2
        er Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den
        achstehenden Vorlagen absieht:
        Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009 26249
        (A) )
        (B) )
        Finanzausschuss
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Bericht über die aktualisierten Stabilitäts- und Konver-
        genzprogramme 2008/2009 der EU-Mitgliedstaaten
        – Drucksachen 16/12617, 16/12949 Nr. 2 –
        Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
        Reaktorsicherheit
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Umweltgutachten 2008 des Sachverständigenrates für
        Umweltfragen
        Umweltschutz im Zeichen des Klimawandels
        – Drucksache 16/9990 –
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Dritter Bericht der Bundesregierung über die For-
        schungsergebnisse in Bezug auf die Emissionsminde-
        rungsmöglichkeiten der gesamten Mobilfunktechnolo-
        gie und in Bezug auf gesundheitliche Auswirkungen
        – Drucksachen 16/11557, 16/11718 Nr. 1.7 –
        Ausschuss für Bildung, Forschung und
        Technikfolgenabschätzung
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Bundesbericht zur Förderung des Wissenschaftlichen
        Nachwuchses
        – Drucksache 16/8491 –
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Hauptgutachten 2007 des Wissenschaftlichen Beirats
        der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen
        „Welt im Wandel – Sicherheitsrisiko Klimawandel“
        und
        Stellungnahme der Bundesregierung
        – Drucksache 16/11600 –
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        14. Bericht des Ausschusses für die Hochschulstatistik
        für den Zeitraum 1. Juni 2004 bis 31. Mai 2008
        – Drucksachen 16/12781, 16/12949 Nr. 5 –
        Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit
        und Entwicklung
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Fortschrittsbericht 2007
        über die Umsetzung des Programms „Nachhaltige
        Energie für Entwicklung“
        – Drucksachen 16/7235, 16/7573 Nr. 3 –
        – Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Tech-
        nikfolgenabschätzung (18. Ausschuss) gemäß § 56a der
        Geschäftsordnung
        Technikfolgenabschätzung (TA)
        Internetkommunikation in und mit Entwicklungslän-
        dern – Chancen für die Entwicklungszusammenarbeit
        am Beispiel Afrika
        – Drucksache 16/9918 –
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Dreizehnter Bericht zur Entwicklungspolitik der Bun-
        desregierung
        – Drucksache 16/10038 –
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        Ausschuss für Tourismus
        – Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Tourismuspolitische Leitlinien der Bundesregierung
        – Drucksache 16/11594 –
        Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
        itgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden
        nionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei-
        er Beratung abgesehen hat.
        Auswärtiger Ausschuss
        Drucksache 16/12954 Nr. A.2
        EuB-EP 1891; P6_TA-PROV(2009)0077
        Drucksache 16/12954 Nr. A.3
        EuB-EP 1892; P6_TA-PROV(2009)0078
        Drucksache 16/12954 Nr. A.4
        Ratsdokument 8182/09
        Innenausschuss
        Drucksache 16/11517 Nr. A.2
        EuB-EP 1816; P6_TA-PROV(2008)0521
        Drucksache 16/12778 Nr. A.13
        Ratsdokument 5553/09
        Sportausschuss
        Drucksache 16/6389 Nr. 1.59
        Ratsdokument 11811/07
        Drucksache 16/9693 Nr. A.3
        EuB-EP 1721; P6_TA-PROV(2008)0198
        Rechtsausschuss
        Drucksache 16/629 Nr. 2.24
        Ratsdokument 5203/06
        Drucksache 16/820 Nr. 1.9
        Ratsdokument 5597/05
        Drucksache 16/5329 Nr. 2.4
        Ratsdokument 8302/07
        Drucksache 16/5806 Nr. 1.9
        Ratsdokument 10089/07
        Drucksache 16/6389 Nr. 1.56
        Ratsdokument 11771/07
        Drucksache 16/7575 Nr. A.25
        Ratsdokument 15342/07
        Drucksache 16/7817 Nr. A28
        Ratsdokument 15727/07
        Drucksache 16/8135 Nr. A.31
        Ratsdokument 5037/08
        Drucksache 16/8135 Nr. A.35
        Ratsdokument 5213/08
        Drucksache 16/8135 Nr. A.36
        Ratsdokument 5039/08
        Drucksache 16/8455 Nr. A.4
        Ratsdokument 5968/08
        Drucksache 16/8609 Nr. A.4
        Ratsdokument 5785/08
        Drucksache 16/8983 Nr. A.5
        Ratsdokument 7403/08
        Drucksache 16/8983 Nr. A.6
        Ratsdokument 7473/08
        Finanzausschuss
        Drucksache 16/13264 Nr. A.10
        Ratsdokument 9281/09
        26250 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231. Sitzung. Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009
        (A) (C)
        (B) (D)
        Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
        Drucksache 16/8815 Nr. A.l5
        Ratsdokument 6725/08
        Drucksache 16/12954 Nr. A.12
        Ratsdokument 8291/09
        Drucksache 16/13068 Nr. A.4
        EuB-EP 1927; P6_TA-PROV(2009)0166
        Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
        Verbraucherschutz
        Drucksache 16/11517 Nr. A.21
        Ratsdokument 15694/08
        Drucksache 16/11517 Nr. A.22
        Ratsdokument 15869/08
        Drucksache 16/12188 Nr. A.17
        Ratsdokument 5883/09
        Drucksache 16/12954 Nr. A.15
        Ratsdokument 8677/09
        Drucksache 16/13068 Nr. A.6
        Ratsdokument 8977/09
        Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
        Drucksache 16/10666 Nr. A.12
        EuB-EP 1776; P6_TA-PROV(2008)0399
        Drucksache 16/10666 Nr. A.13
        EuB-EP 1777; P6_TA-PROV(2008)0401
        Drucksache 16/10666 Nr. A.14
        Ratsdokument 12809/08
        Drucksache 16/11819 Nr. A.11
        Ratsdokument 17495/08
        Drucksache 16/12511 Nr. A.6
        Ratsdokument 7017/09
        Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
        Entwicklung
        Drucksache 16/12778 Nr. A.22
        Ratsdokument 6810/09
        Drucksache 16/12778 Nr. A.23
        Ratsdokument 6963/09
        Ausschuss für Tourismus
        Drucksache 16/1475 Nr. 2.5
        Ratsdokument 7669/06
        Drucksache 16/7393 Nr. A.14
        Ratsdokument 14248/07
        Drucksache 16/8135 Nr. A.1
        EuB-EP 1628; P6_TA-PROV(2008)0575
        Drucksache 16/11965 Nr. A.15
        EuB-EP 1841; P6_TA-PROV(2009)0597
        Ausschuss für die Angelegenheiten
        der Europäischen Union
        Drucksache 16/10286 Nr. A.93
        Ratsdokument 11364/08
        Ausschuss für Kultur und Medien
        Drucksache 16/9394 Nr. A.11
        EuB-EP 1694; P6_TA-PROV(2008)0123
        231. Sitzung
        Berlin, Freitag, den 3. Juli 2009
        Inhalt:
        Redetext
        Anlagen zum Stenografischen Bericht
        Anlage 1
        Anlage 2
        Anlage 3
        Anlage 4
        Anlage 5
        Anlage 6
        Anlage 7
        Anlage 8
        Anlage 9
        Anlage 10
        Anlage 11
        Anlage 12
        Anlage 13
        Anlage 14