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ID1622200400

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    Plenarprotokoll 16/222 Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Florian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franz Müntefering (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Christel Riemann-Hanewinckel (SPD) . . . . . Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, Jens Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD) . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 38: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Sechs- ten Gesetzes zur Änderung eisenbahn- rechtlicher Vorschriften (Drucksache 16/12587) . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Internetversteigerung in der Zwangsvollstreckung (Drucksache 16/12811) . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- 24326 A 24329 A 24331 A 24333 A 24336 B 24338 A 24339 B 24341 A 24356 A 24358 B 24359 D 24359 D Deutscher B Stenografisc 222. Si Berlin, Donnerstag I n h a Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 17 . . . Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . Begrüßung des Vizepräsidenten der Repu- blik Gabun, Herrn Daniel Ona Ondo . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Vereinbarte Debatte: 60 Jahre Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD) . . . . . . . . . . Oskar Lafontaine (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 24311 A 24312 C 24312 D 24323 A 24313 A 24317 B 24320 A 24323 B Ackermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Wachstumsprogramm zur Überwindung der Rezession (Drucksache 16/12887) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24344 B undestag her Bericht tzung , den 14. Mai 2009 l t : in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Christian Ahrendt, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Anti-Rezessionsprogramm auflegen (Drucksache 16/10867) . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Laurenz Meyer (Hamm) (CDU/CSU) . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . Ute Berg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24344 B 24344 C 24345 C 24347 B 24349 B 24351 B 24353 A 24354 D zes zur Erleichterung elektronische Anmeldungen zum Vereinsregister un anderer vereinsrechtlicher Änderunge (Drucksache 16/12813) . . . . . . . . . . . . . r d n . 24359 D II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Neuregelung der zivilrechtli- chen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform (Drucksache 16/12882) . . . . . . . . . . . . . . . e) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Europol-Gesetzes, des Europol-Auslegungsprotokollgeset- zes und des Gesetzes zu dem Protokoll vom 27. November 2003 zur Änderung des Europol-Übereinkommens und zur Änderung des Europol-Gesetzes (Drucksache 16/12924) . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 3: a) Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Angelika Brunkhorst, Jens Ackermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Energieforschung neu ausrich- ten – Deutschland, Energieland der Zu- kunft (Drucksache 16/10329) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Uwe Barth, Patrick Meinhardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Nachteile für den Forschungsstandort Deutschland aufheben – Für ein innova- tionsfreundliches Steuersystem (Drucksache 16/12474) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Gero Storjohann, Volkmar Uwe Vogel, Dr. Andreas Scheuer, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Heidi Wright, Klaas Hübner, Sören Bartol, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der SPD: Punkte- Systematik des Verkehrszentralregis- ters in Flensburg einfacher und ver- ständlicher gestalten (Drucksache 16/12993) . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Michaela Noll, Antje Blumenthal, Maria Eichhorn, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Edelgard Bulmahn, Petra Ernstberger, Iris Gleicke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Die Situation von Frauenhäusern verbessern (Drucksache 16/12992) . . . . . . . . . . . . . . . e) Antrag der Abgeordneten Winfried Hermann, Katrin Göring-Eckardt, Bettina Herlitzius, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Erinnerungsprojekt „Zug der Erinne- rung“ unterstützen (Drucksache 16/12991) . . . . . . . . . . . . . . . 24360 A 24360 A 24360 A 24360 B 24360 B 24360 C 24360 C Tagesordnungspunkt 39: a) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Alexander Bonde, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung der Strafprozessordnung (Drucksachen 16/7134, 16/12534) . . . . . . b) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 9. Juli 2008 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Mexikanischen Staaten zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Steuerverkürzung auf dem Ge- biet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksachen 16/12589, 16/12908) . . . . . c) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ver- trag vom 16. September 2004 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Vermar- kung und Instandhaltung der gemeinsa- men Grenze auf den Festlandabschnit- ten sowie den Grenzgewässern und die Einsetzung einer Ständigen Deutsch- Polnischen Grenzkommission (Drucksachen 16/12590, 16/12913) . . . . . d) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes (Drucksachen 16/12427, 16/13028) . . . . . e) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 12. November 2008 zwischen der Bun- desrepublik Deutschland und der Re- publik Bulgarien über die Zusammen- arbeit bei der Bekämpfung des grenzüberschreitenden Missbrauchs bei Leistungen und Beiträgen zur sozialen Sicherheit durch Erwerbstätigkeit und von nicht angemeldeter Erwerbstätig- keit sowie bei illegaler grenzüberschrei- tender Leiharbeit (Drucksachen 16/12588, 16/13017) . . . . . f) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem In- ternationalen Übereinkommen vom 20. Dezember 2006 zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen (Drucksachen 16/12592, 16/13029) . . . . . g) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD 24360 D 24361 A 24361 B 24361 C 24361 D 24362 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 III eingebrachten Entwurfs eines Ersten Ge- setzes zur Änderung des Treibhausgas- Emissionshandelsgesetzes (Drucksachen 16/12853, 16/13022) . . . . . h) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Ab- geordneten Sylvia Kotting-Uhl, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mit Bioraffinerien in Deutschland die Biomasse effizienter nutzen und zusätzliche Ressourcen er- schließen (Drucksachen 16/5529, 16/11220) . . . . . . i) Beschlussempfehlung und Bericht des Äl- testenrates zu dem Antrag der Abgeordne- ten Winfried Hermann, Bärbel Höhn, Bettina Herlitzius, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vorbildfunktion der Politik für Klimaschutz ernst nehmen – Für eine nachhaltige Senkung verkehrsbe- dingter CO2-Emissionen des Deutschen Bundestages (Drucksachen 16/9009, 16/12800) . . . . . . j) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie – zu der Verordnung der Bundesregie- rung: Vierundachtzigste Verord- nung zur Änderung der Außenwirt- schaftsverordnung – zu der Verordnung der Bundesregie- rung: Einhundertachtundfünfzigste Verordnung zur Änderung der Ein- fuhrliste – Anlage zum Außenwirt- schaftsgesetz – (Drucksachen 16/12195, 16/12357 Nr. 2.1, 16/12196, 16/12357 Nr. 2.2, 16/12819) . . k) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parla- ments und des Rates zur Schaffung ei- nes europäischen Schienennetzes für ei- nen wettbewerbsfähigen Güterverkehr (inkl. 17324/08 ADD 1 bis 17324/08 ADD 6) (ADD 1 bis ADD 5 in Franzö- sisch) KOM(2008) 852 endg.; Ratsdok. 17324/08 (Drucksachen 16/11721 Nr. A.27, 16/12842) l)–o) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 561, 562, 563 und 564 zu Petitionen (Drucksachen 16/12870, 16/12871, 16/12872, 16/12873) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24362 B 24362 C 24362 D 24363 A 24363 B 24363 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu dem Antrag der Abge- ordneten Thilo Hoppe, Marieluise Beck (Bre- men), Volker Beck (Köln), weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Landrechte stärken – „land grabbing“ in Entwicklungsländern verhin- dern (Drucksachen 16/12735, 16/13023) . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 20: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr, Bau und Stadtentwick- lung – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Andreas Scheuer, Dirk Fischer (Ham- burg), Dr. Klaus W. Lippold, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Rita Schwarzelühr-Sutter, Klaas Hübner, Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Mobilität zukunftsfä- hig machen – Elektromobilität fördern – zu dem Antrag der Abgeordneten Michael Kauch, Horst Meierhofer, Horst Friedrich (Bayreuth), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Elektromobilität – Für einen bezahlbaren und klimaver- träglichen Individualverkehr – zu dem Antrag der Abgeordneten Michael Kauch, Horst Meierhofer, Horst Friedrich (Bayreuth), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Elektromobilität durch Änderung von immissionsschutz- und verkehrsrechtlichen Regelungen fördern – zu dem Antrag der Abgeordneten Winfried Hermann, Hans-Josef Fell, Dr. Anton Hofreiter, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Umfassende Förderstrategie für Elektromobilität mit grünem Strom entwickeln (Drucksachen 16/12693, 16/10877, 16/12097, 16/11915, 16/12977) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kasparick, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP) . . . . . . . . . Dr. Andreas Scheuer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) . . . . . . . . . . Volkmar Uwe Vogel (CDU/CSU) . . . . . . . . . 24363 D 24364 A 24364 C 24365 C 24366 D 24368 D 24369 A 24370 A 24371 A IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 Tagesordnungspunkt 22: a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes (Drucksachen 16/12413, 16/13025) . . – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 16/13026) . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der Abgeord- neten Dr. Ilja Seifert, Klaus Ernst, Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Soforthilfe zur Teilhabe-Ermöglichung für Conter- ganbetroffene (Drucksachen 16/11639, 16/13025) . . . . . Ilse Falk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antje Blumenthal (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 19: a) Große Anfrage der Abgeordneten Diana Golze, Klaus Ernst, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Ursachen und Folgen von Ar- mut bei Kindern und Jugendlichen (Drucksachen 16/7582, 16/9810) . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – zu dem Antrag der Abgeordneten Miriam Gruß, Sibylle Laurischk, Ina Lenke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Existenz von Kin- dern sichern – Familien stärken – zu dem Antrag der Abgeordneten Ekin Deligöz, Markus Kurth, Brigitte Pothmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Kein Kind zurücklassen – Programm gegen Kinderarmut auf den Weg bringen – zu dem Antrag der Abgeordneten Ekin Deligöz, Irmingard Schewe-Gerigk, Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bessere Unterstützung für Alleinerziehende 24372 C 24372 C 24372 D 24373 A 24374 B 24375 B 24377 A 24378 A 24379 A 24380 C (Drucksachen 16/9433, 16/9028, 16/10257, 16/12201) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Ingrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Ingrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Spanier (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michaela Noll (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einla- gensicherungs- und Anlegerentschädi- gungsgesetzes und anderer Gesetze (Drucksachen 16/12255, 16/12599, 16/13024, 16/13038) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Frank Schäffler, Hans-Michael Goldmann, Dr. Hermann Otto Solms, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Reform der Anlegerentschädi- gung in Deutschland (Drucksachen 16/11458, 16/13024, 16/13038) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Dr. Herbert Schui, Dr. Barbara Höll, Ulla Lötzer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Sozialisierung der Verluste verhindern – Sicherungsfonds für privaten Finanzsektor schaffen (Drucksachen 16/8888, 16/10610) . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Karin Binder, Ulrich Maurer, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Verbesse- rung des Verbraucherschutzes beim Er- werb von Kapitalanlagen (Drucksachen 16/11185, 16/12354) . . . . . . . . Jörg-Otto Spiller (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24380 C 24381 A 24382 A 24383 B 24383 C 24383 D 24384 D 24386 D 24387 D 24389 A 24389 B 24389 B 24389 C 24389 C 24390 C 24391 B 24393 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 V Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Krista Sager, Priska Hinz (Herborn), weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Problem der ungenutzten Studienplätze in zulassungs- beschränkten Studiengängen umgehend lösen – Staatsvertrag jetzt vereinbaren (Drucksache 16/12476) . . . . . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Monika Grütters (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . Cornelia Hirsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 18: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zugewinnaus- gleichs- und Vormundschaftsrechts (Drucksachen 16/10798, 16/13027) . . . . . . . . Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ute Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Helga Lopez (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: Antrag der Abgeordneten Patrick Döring, Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Arbeitsplätze im Trans- portgewerbe sichern – Mauterhöhung bis Ende 2009 aussetzen (Drucksache 16/12731) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- wärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Eduard Lintner, Eckart von Klaeden, Klaus Brähmig, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Lothar Mark, Gert Weisskirchen (Wiesloch), Niels Annen, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Eine starke Partnerschaft – Europa und Lateinamerika/Karibik (Drucksachen 16/9072, 16/9466) . . . . . . . . . . Lothar Mark (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24394 B 24394 C 24395 C 24397 A 24398 A 24398 C 24400 A 24400 D 24401 A 24402 D 24403 A 24405 A 24406 A 24407 B 24407 C 24407 D Monika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Erich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien – zu dem Antrag der Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Christoph Waitz, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der FDP: Klare Rahmenbedin- gungen für den dualen Rundfunk im multimedialen Zeitalter – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Lothar Bisky, Dr. Petra Sitte, Cornelia Hirsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Öf- fentlich-rechtlicher Rundfunk im Digitalzeitalter – zu dem Antrag der Abgeordneten Grietje Bettin, Volker Beck (Köln), Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Besondere Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nach EU-Kompromiss sicherstellen (Drucksachen 16/5959, 16/6773, 16/5424, 16/7343) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien zu dem Antrag der Abgeordneten Elke Reinke, Dr. Lothar Bisky, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Neuregelung der GEZ-Be- freiungstatbestände – Neuverhandlung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages (Drucksachen 16/5140, 16/7345) . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien – zu der Unterrichtung durch den Beauf- tragten der Bundesregierung für Kultur und Medien: Medien- und Kommu- nikationsbericht der Bundesregie- rung 2008 – zu dem Entschließungsantrag der Ab- geordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Christoph Waitz, Gudrun Kopp, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP zu der Unterrichtung durch den Beauftragten der Bundesre- gierung für Kultur und Medien: Me- dien- und Kommunikationsbericht der Bundesregierung 2008 (Drucksachen 16/11570, 16/12135, 16/12909) 24408 C 24409 C 24410 D 24411 D 24412 C 24412 D 24413 A VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 Tagesordnungspunkt 28: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Bun- desvertriebenengesetzes (Drucksachen 16/12593, 16/13015) . . . . . . . . Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU) . . . . . . Maik Reichel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 27: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Ab- geordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Volker Beck (Köln), Cornelia Behm, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Be- drohung der Meeresumwelt durch Un- terwasserlärm stoppen (Drucksachen 16/5117, 16/7168) . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union zu dem Antrag der Abgeordneten Rainder Steenblock, Undine Kurth (Quedlinburg), Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Einführung eines Europäischen Tags der Meere (Drucksachen 16/8213, 16/12654) . . . . . . Bernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Christoph Pries (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurt Bodewig (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 30: Zweite und dritte Beratung des von den Frak- tionen der CDU/CSU und der SPD einge- brachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Helfer der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (Drucksachen 16/12854, 16/13016) . . . . . . . . Beatrix Philipp (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Gerold Reichenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . 24413 D 24414 A 24415 B 24416 B 24417 A 24417 D 24418 B 24418 C 24418 C 24419 B 24420 A 24420 C 24421 C 24422 B 24423 A 24424 B 24424 B 24425 C 24427 A Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 29: Antrag der Abgeordneten Frank Spieth, Dr. Martina Bunge, Klaus Ernst, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Krankenversicherung für Selbständige be- zahlbar gestalten (Drucksache 16/12734) . . . . . . . . . . . . . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marion Caspers-Merk, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 32: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD: Sicherheit, Stabilität und Demo- kratie im Südkaukasus fördern (Drucksachen 16/12102, 16/12726) . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Rainder Steenblock, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Demokratie und Sicherheit im Südkau- kasus stärken (Drucksachen 16/12110, 16/12727) . . . . . Manfred Grund (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Eduard Lintner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Link (Heilbronn) (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 31: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Frank Spieth, Klaus Ernst, Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Krankenhaus- infektionen vermeiden – Multiresistente Problemkeime wirksam bekämpfen (Drucksachen 16/11660, 16/12925) . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 24427 D 24428 A 24428 C 24428 D 24429 D 24431 C 24432 A 24432 D 24433 B 24433 D 24433 D 24434 A 24435 A 24435 D 24437 A 24438 D 24439 A 24440 A 24440 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 VII Tagesordnungspunkt 33: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung einer „Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ (Drucksachen 16/12230, 16/12976) . . . . . . . . Monika Grütters (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Wolfgang Thierse (SPD) . . . . . . . . . . Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 34: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung eines Sonderver- mögens „Vorsorge für Schlusszahlungen für inflationsindexierte Bundeswertpa- piere“ (Schlusszahlungsfinanzierungsge- setz – SchlussFinG) (Drucksachen 16/12233, 16/12905) . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 35: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Geset- zes über die Errichtung einer Bundesan- stalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufga- ben (BDBOS-Gesetz) (Drucksachen 16/12594, 16/12914) . . . . . . . . Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Gerold Reichenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 36: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemis- sionen und zur verbesserten Durchsetz- barkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung (Drucksache 16/12814) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 37: Erste Beratung des von den Abgeordneten Sibylle Laurischk, Irmingard Schewe-Gerigk, Dr. Konrad Schily und weiteren Abgeordne- 24441 B 24441 C 24443 A 24443 D 24444 C 24444 D 24445 D 24446 A 24446 B 24447 A 24448 C 24449 B 24449 D 24450 C ten eingebrachten Entwurfs eines … Geset- zes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Strafbarkeit der Genitalverstümmelung (Drucksache 16/12910) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ute Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede zum Entwurf eines Gesetzes zur Abschaf- fung des Progressionsvorbehalts für Kurzar- beitergeld (221. Sitzung, Tagesordnungs- punkt 9) Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschä- digungsgesetzes und anderer Gesetze – Beschlussempfehlung und Bericht: Reform der Anlegerentschädigung in Deutschland – Beschlussempfehlung und Bericht: Sozia- lisierung der Verluste verhindern – Siche- rungsfonds für privaten Finanzsektor schaffen – Beschlussempfehlung und Bericht: Ver- besserung des Verbraucherschutzes beim Erwerb von Kapitalanlagen (Tagesordnungspunkt 24 a und b, Zusatzta- gesordnungspunkte 5 und 6) Dr. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormund- schaftsrechts (Tagesordnungspunkt 18) Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24450 D 24450 D 24452 B 24453 A 24454 A 24454 D 24455 D 24455 B/D 24457 A 24457 D 24458 C 24459 B VIII Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Arbeitsplätze im Transportge- werbe sichern – Mauterhöhung bis Ende 2009 aussetzen (Tagesordnungspunkt 23) Wilhelm Josef Sebastian (CDU/CSU) . . . . . . Uwe Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Mücke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lutz Heilmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Eine starke Partnerschaft – Europa und Latein- amerika/Karibik (Tagesordnungspunkt 26) Marina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Beschlussempfehlung und Bericht: – Antrag: Klare Rahmenbedingungen für den dualen Rundfunk im multimedialen Zeitalter – Antrag: Öffentlich-rechtlicher Rundfunk im Digitalzeitalter – Antrag: Besondere Rolle des öffentlich- rechtlichen Rundfunks nach EU-Kompro- miss sicherstellen Beschlussempfehlung und Bericht: – Antrag: Neuregelung der GEZ-Befrei- ungstatbestände – Neuverhandlung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages Beschlussempfehlung und Bericht: – Unterrichtung: Medien- und Kommunika- tionsbericht der Bundesregierung 2008 – Entschließungsantrag: Medien- und Kom- munikationsbericht der Bundesregierung 2008 (Tagesordnungspunkt 25 a bis c) Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Monika Griefahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) . . . . . Dr. Lothar Bisky (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Grietje Staffelt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24460 D 24462 A 24464 A 24464 C 24465 B 24465 D 24467 A 24468 D 24469 D 24471 D 24473 A 24473 D Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Krankenhausinfektionen vermeiden – Multi- resistente Problemkeime wirksam bekämp- fen (Tagesordnungspunkt 31) Dr. Hans Georg Faust (CDU/CSU) . . . . . . . . Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Konrad Schily (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolf Schwanitz, Parl. Staatssekretär BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Vorsorge für Schlusszahlungen für inflationsindexierte Bundeswertpapiere“ (Schlusszahlungsfinan- zierungsgesetz – SchlussFinG) (Tagesord- nungspunkt 34) Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU) . . . . . . Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neurege- lung der Rechtsverhältnisse bei Schuldver- schreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprü- chen von Anlegern aus Falschberatung (Ta- gesordnungspunkt 36) Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Klaus Uwe Benneter (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Mechthild Dyckmans (FDP) . . . . . . . . . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 11 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24475 B 24476 C 24477 B 24477 C 24478 B 24478 D 24480 B 24480 D 24482 B 24482 C 24483 A 24484 A 24485 A 24486 A 24486 D 24488 C 24489 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 24311 (A) (C) (B) (D) 222. Si Berlin, Donnerstag Beginn: 9
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    igung 9 (C), dritter Absatz: Der lesen: „Der Arzt wird ver- en wir übernommen –, der is ein Angebot für die psy- en.“ ässt lebenslange irreparable chädigungen bei den Mäd- handelt sich hierbei auch um ch Migration und Flucht le- uen in Europa, die in ihren en wurden. Und es gibt El- diese grausame Praxis sei für endig. In Deutschland leben chenrechtsorganisation Terre 000 von Genitalverstümm- ie 4 000 bis 5 000 Mädchen, genommen werden. Somit k dass eine Genitalverstümmelu gehenden Aufenthalts im Au schen Strafrecht unterliegt. Mehrfach habe ich dazu au Genitalverstümmlung partei Nach den vielen Gesprächen liegt nun ein Gruppengesetzen verstümmlung ausdrücklich nommen werden soll. Dies wä Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 24457 (A) (C) (B) (D) 2,6 Millionen Menschen sind auf Kurzarbeit. Kurzarbeit bedeutet weniger Einkommen und große Unsicherheit,Meckel, Markus SPD 14.05.2009 geld (221. Sitzung, Tagesordnungspunkt 9) Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Krise ist auf dem Arbeitsmarkt angekommen: Karl A. Lösekrug-Möller, Gabriele SPD 14.05.2009 Anlage 1 Liste der entschuldi Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Addicks, Karl FDP 14.05.2009 Aigner, Ilse CDU/CSU 14.05.2009 Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.05.2009 Bätzing, Sabine SPD 14.05.2009 Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.05.2009 Becker, Dirk SPD 14.05.2009 Connemann, Gitta CDU/CSU 14.05.2009 Dreibus, Werner DIE LINKE 14.05.2009 Edathy, Sebastian SPD 14.05.2009 Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 14.05.2009 Flach, Ulrike FDP 14.05.2009 Fornahl, Rainer SPD 14.05.2009 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 14.05.2009 Grund, Manfred CDU/CSU 14.05.2009 Hänsel, Heike DIE LINKE 14.05.2009 Haibach, Holger CDU/CSU 14.05.2009 Heil, Hubertus SPD 14.05.2009 Hoff, Elke FDP 14.05.2009 Irber, Brunhilde SPD 14.05.2009 Kortmann, Karin SPD 14.05.2009 Krichbaum, Gunther CDU/CSU 14.05.2009 Dr. Lamers (Heidelberg), CDU/CSU 14.05.2009** Anlagen zum Stenografischen Bericht gten Abgeordneten * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO *** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der OSZE Anlage 2 Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede zum Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung des Progressionsvorbehalts für Kurzarbeiter- Merz, Friedrich CDU/CSU 14.05.2009 Dr. Möllring, Eva CDU/CSU 14.05.2009 Nešković, Wolfgang DIE LINKE 14.05.2009 Nitzsche, Henry fraktionslos 14.05.2009 Pflug, Johannes SPD 14.05.2009* Raidel, Hans CDU/CSU 14.05.2009 Dr. Scheer, Hermann SPD 14.05.2009 Schily, Otto SPD 14.05.2009 Schneider (Erfurt), Carsten SPD 14.05.2009 Dr. Schockenhoff, Andreas CDU/CSU 14.05.2009 Schummer, Uwe CDU/CSU 14.05.2009 Seib, Marion CDU/CSU 14.05.2009 Strothmann, Lena CDU/CSU 14.05.2009 Thönnes, Franz SPD 14.05.2009*** Waitz, Christoph FDP 14.05.2009 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 24458 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 (A) (C) (B) (D) wie es weitergeht. Da ist jede Erleichterung willkom- men. Die Gewerkschaften haben auch bereits an viele Abgeordnete geschrieben und uns aufgefordert, das Kurzarbeitergeld ganz aus der Besteuerung herauszu- nehmen. Kurzarbeitergeld wird zwar steuerfrei ausge- zahlt, führt aber zu einer höheren Besteuerung anderer Einkünfte der Steuerpflichtigen. Dem Anliegen der Ge- werkschaften entsprechend legt die Fraktion Die Linke jetzt einen Gesetzentwurf vor, der den sogenannten Progressionsvorbehalt beim Kurzarbeitergeld abschaffen würde. Die Schwierigkeit liegt nun darin, dass der Progres- sionsvorbehalt auf einen ganzen Katalog von Einkünften angewandt wird. Im Wesentlichen sind dies Lohnersatz- leistungen wie Arbeitslosengeld, Kurzarbeitergeld, Win- terausfallgeld, Insolvenzgeld, Übergangsgeld, Alters- übergangsgeld; auch das Krankengeld, Mutterschafts- geld, Verletztengeld und sogar das Elterngeld erhöhen heimlich die Steuerlast. Kurzarbeit ist also nur eines der Probleme, Arbeitslosengeld ist genauso betroffen. Auch die Arbeitslosenzahlen steigen rapide. Die EU- Kommission schätzt, dass 2009 und 2010 1,5 Millionen Menschen in Deutschland ihren Arbeitsplatz verlieren. Das ist dramatisch. Jemand, der seinen Arbeitsplatz ver- liert, wird sich natürlich fragen, warum Leute in Kurzar- beit, die also ihren Arbeitsplatz noch haben, besser be- handelt werden als Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz schon verloren haben. Ich vermute, dass sich dieser Ar- beitnehmer ungerecht behandelt fühlen würde. Und er hätte recht damit. Der Gesetzentwurf der Linken klam- mert diese Ungleichbehandlung aber einfach aus. Ich denke, so geht es nicht. Wir müssen uns die Auswirkun- gen des Progressionsvorbehaltes bei Lohnersatzleistun- gen insgesamt anschauen und dann eine Antwort finden, die allen Betroffenen gerecht wird. Dabei wird es ein wichtiger Punkt sein, dass der Progressionsvorbehalt kleinere Einkommen besonders trifft. Ich möchte das an einem Beispiel illustrieren. Wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer, je- weils verheiratet, ein zu versteuerndes Einkommen von 16 872 Euro erzielt, sind darauf 248 Euro Lohnsteuern zu zahlen. Das sind 1,47 Prozent des zu versteuernden Einkommens. Wenn diese Arbeitnehmerin oder dieser Arbeitnehmer nun außerdem noch 1 534 Euro Kurzar- beitergeld beziehen würde, erhöht sich die Steuerbelas- tung auf 464 Euro bzw. 2,75 Prozent. Das heißt, die Steuerbelastung des Gesamteinkommens steigt deutlich an. Ich stelle also fest: Der Progressionsvorbehalt erzeugt für alle Lohnersatzleistungen eine beträchtliche Steuer- mehrbelastung für die betroffenen Steuerpflichtigen. Ich schlage deshalb vor, im Rahmen der Ausschussberatun- gen typische Arbeitnehmerhaushalte zu betrachten, die Lohnersatzleistungen beziehen, um die steuerliche Mehr- belastung auf das Gesamteinkommen der Beschäftigten in den Blick zu nehmen. Das Bundesfinanzministerium kann ja schon einmal Musterrechnungen erstellen, um die sozialpolitische Dimension beurteilen zu können. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädi- gungsgesetzes und anderer Gesetze – Beschlussempfehlung und Bericht: Reform der Anlegerentschädigung in Deutschland – Beschlussempfehlung und Bericht: Soziali- sierung der Verluste verhindern – Siche- rungsfonds für privaten Finanzsektor schaf- fen – Beschlussempfehlung und Bericht: Verbes- serung des Verbraucherschutzes beim Er- werb von Kapitalanlagen (Tagesordnungspunkt 24 a und b, Zusatztages- ordnungspunkte 5 und 6) Dr. Axel Troost (DIE LINKE): Auf den ersten Blick scheint es so, als hätten wir es mit einer Verbesserung zu tun: Einlagensicherung und Anlegerschutz sollen auf zu- nächst 50 000 Euro, dann auf 100 000 Euro erhöht wer- den. Tatsächlich jedoch sind zwei entscheidende Fragen zu beantworten. Erstens. Wie zahlungsfähig sind die deutschen Systeme der Einlagen- und Wertpapiersiche- rung? Zweitens. Wer zahlt, wenn die Sicherungseinrich- tungen erschöpft sind? Zu Punkt eins, der Zahlungsfähigkeit der Sicherungs- einrichtungen, ist Folgendes festzustellen. Alle deut- schen Einlagensicherungen zusammengenommen – ge- setzliche und freiwillige – sind nicht in der Lage, einen Einlagenverlust bei der Deutschen Bank aufzufangen. Die Sicherungssysteme sind historisch einzig dazu ge- schaffen worden, Schwierigkeiten bei kleinen und mitt- leren Geldhäusern auszugleichen. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht vor, die Zah- lungsfähigkeit geringfügig zu verbessern: über Sonder- beiträge, die zugleich wieder eng gedeckelt sind, und über die Möglichkeit, Kredite aufzunehmen. Das bringt nicht mehr, als würde man fünf Topfkuchen verkaufen, um damit die Bankenrettungen zu finanzieren. Die Anhörung mit Sachverständigen im Finanzaus- schuss kam zum selben Ergebnis. Professor Dr. Wolfgang Gerke beschreibt das Problem wie folgt: „Aktuell würde die aus Anlegersicht wünschenswerte Einlagensicherung bei marktgerechter Beitragskalkulation … zu Insolven- zen führen.“ Mit anderen Worten: Die Banken sind nicht in der Lage, gemessen an ihrem Risiko in die Siche- rungssysteme einzuzahlen. Im Kern gilt daher: Die Bun- desregierung will hier eine EU-Richtlinie umsetzen, ohne sie auf ein tragfähiges Standbein zu stellen. Damit komme ich zur zweiten Frage. Wer zahlt, wenn die Sicherungseinrichtungen erschöpft sind? Wie so oft trifft es die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Daher brauchen wir weitere Schritte, um zu verhindern, dass Einlagensicherung und Anlegerschutz zulasten von Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 24459 (A) (C) (B) (D) Steuergeld erfolgen. Erstens müssen es die Banken sein, die für die Sicherung von Einlagen und Wertpapieren aufkommen. Selbst wenn dies zulasten von Zinserträgen und Wertpapiergewinnen erfolgt, ist das weit besser als zulasten von Steuergeld. Zweitens – dazu haben wir einen Antrag einge- bracht – brauchen wir einen zusätzlichen Sicherungs- fonds. Dieser Fonds würde durch eine Sonderabgabe der privaten Finanzinstitute finanziert. Er dient dazu, dass sich Banken gegenseitig vor Insolvenz bewahren. Hierzu können sie untereinander zeitlich befristet nicht werthal- tige Aktiva übernehmen. Die Sicherheit der Banken selbst ist der Grundstein, der zugleich Spareinlagen und Wertpapieranlagen schützt. Drittens fordern wir, den Verbraucherschutz beim Er- werb von Kapitalanlagen zu verbessern. Auch hierzu liegt ein Antrag der Linken vor. Was wir brauchen, ist eine Zulassungsstelle für Anlageprodukte. Diese kann sowohl Verbraucherinnen und Verbraucher schützen als auch Volkswirtschaften vor unüberschaubaren Risiken bewahren. Deshalb brauchen wir europäische Mindest- standards für Anlageprodukte. Wer Verbraucherinnen und Verbraucher schützen will, ohne sie als Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu belasten, muss an die Quelle des Risikos gehen. Nur so kann eine Sozialisierung der Verluste verhindert werden. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vor- mundschaftsrechts (Tagesordnungspunkt 18) Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): Im Kern geht es bei dem Thema Zugewinnausgleich um die gerechte Teilhabe der Eheleute nach einer Scheidung am im Zeitraum der Ehe erwirtschafteten Vermögen. Es geht um die gerechte Verteilung von Vermögen und den Schutz des schwächeren Ehepartners. Der Zugewinnaus- gleich ist eine Frage gleichberechtigter Werteteilhabe. Er ist die Grundlage für die selbstverantwortliche Lebens- gestaltung von Frauen und Männern nach dem Ende der Ehe. Lassen Sie mich zunächst auf einige Zahlen verwei- sen: 368 922 Eheschließungen standen im Jahr 2007 bundesweit 187 072 Ehescheidungen gegenüber. In der großen Mehrzahl der Scheidungsfälle wurde ein Zuge- winnausgleich vorgenommen, da der Ehe meist der so- genannte gesetzliche Güterstand der Zugewinngemein- schaft zugrunde lag. Vor den Amtsgerichten wurden 2007 allein 15 939 Verfahren zum ehelichen Güterstand erledigt. Diese Zahlen machen die große Bedeutung des Zugewinnausgleichs deutlich. Lassen Sie mich jedoch gleich einen großen Irrglau- ben ausräumen. Im Gegensatz zu einer weitverbreiteten Annahme in der Bevölkerung bedeutet der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft nicht, dass alle während der Ehe erworbenen Gegenstände gemein- schaftliches Vermögen beider Ehegatten werden. Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft bedeutet viel- mehr, dass grundsätzlich jeder Ehegatte Alleineigentü- mer seines vor und während der Ehe erworbenen Vermö- gens bleibt. Ein Ausgleich der unterschiedlichen Vermögen der Ehegatten, der sogenannte Zugewinnaus- gleich, findet erst mit dem Ende der Ehe statt. Seit dem Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgeset- zes 1958, also vor 50 Jahren, hat es kaum Änderungen im Recht des Zugewinnausgleichs gegeben. Und auch nach 50 Jahren wollen wir heute mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die Grundkonzeption des Zugewinnaus- gleichs nicht antasten. Vielmehr geht es um Korrekturen des bestehenden Systems, um Schwachstellen des bishe- rigen Rechts, die sich über die Jahre herausgebildet ha- ben, zu beseitigen. Mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des Zugewinn- ausgleichs und Vormundschaftsrechts wird das geltende Zugewinnausgleichssystem beibehalten, aber mit zahl- reichen Maßnahmen sollen insbesondere illoyale Vermö- gensverschiebungen vermindert werden. Dieser Zu- wachs an Gerechtigkeit ist das Ergebnis einer guten Vorarbeit durch das Bundesjustizministerium, aber auch vor allem intensiver Berichterstattergespräche zwischen allen Koalitionen und der Einbeziehung von hochkaräti- gen externen Sachverständigen in diese Berichterstatter- gespräche. Lassen Sie mich kurz auf die wesentlichen Elemente dieses Gesetzentwurfes eingehen. Für die Ermittlung des Endvermögens und damit für die Ermittlung der Höhe des Zugewinnausgleichs ist der Zeitpunkt der Berechnung von entscheidender Bedeu- tung. Als wesentlicher Zeitpunkt sind bei einer Trennung der Ehegatten in chronologischer Reihenfolge der Tren- nungszeitpunkt selbst, der Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages und letztendlich die Beendigung des Güterstandes zu nennen. Nach geltender Rechtslage galt als Berechnungszeitpunkt der Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages. Die Höhe der Ausgleichsforde- rung war jedoch begrenzt durch das Vermögen, das nach Beendigung des Güterstandes, also im Zweifel Jahre später, noch vorhanden war. Dieses Auseinanderfallen der Zeitpunkte lud zu Manipulationen ein. Nach der Neuregelung gilt für die Berechnung des Zugewinns und für die Höhe der Ausgleichsforderung der einheitliche frühe Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages. Der ausgleichsberechtigte Ehepartner wird dadurch we- sentlich besser geschützt. Diese Neuregelung bringt jedoch in der Praxis nur dann einen wirklichen Vorteil, wenn der ausgleichsbe- rechtigte Ehepartner auch weiß, wie hoch das Endver- mögen des ausgleichspflichtigen Partners wirklich ist. Als wichtige Neuregelung stellt sich somit die Änderung des Auskunftsanspruchs des ausgleichsberechtigten Partners gegen den ausgleichspflichtigen Partner dar. Zahlreiche Gespräche mit Praktikern, insbesondere auch mit Anwältinnen, haben gezeigt, dass in diesem Bereich enormer Verbesserungsbedarf besteht. 24460 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 (A) (C) (B) (D) Nach bestehender Rechtslage war nach Beendigung des Güterstandes jeder Ehegatte dem anderen Ehegatten gegenüber verpflichtet, Auskunft über den Bestand des Vermögens zu geben. Doch wie wir alle wissen, lässt sich viel sagen, wenn nicht auch entsprechende Belege vorzulegen sind. Eine solche Vorlage von Belegen zu Kontrollzwecken sah das geltende Recht jedoch gerade nicht vor. Damit war der Manipulation Tür und Tor ge- öffnet. Der ausgleichspflichtige Ehegatte, in den aller- meisten Fällen noch immer der Ehemann, reduzierte so auf einfache Weise seine Pflicht zur Zahlung des Zuge- winnausgleichs, und allen Beteiligten waren oftmals die Hände gebunden. Aus diesem Grunde wird nun die Be- legpflicht eingeführt. Damit wird die Kontrolle der ge- machten Angaben wesentlich erleichtert. Auch dies stellt somit einen wirksamen Schutz des Ausgleichsberechtig- ten dar. Im Rahmen des erweiterten Berichterstattergesprä- ches im Februar diesen Jahres hat insbesondere auch die von der FDP benannte Sachverständige Frau Professor Dr. Dethloff eindringlich darauf hingewiesen, dass aus- gleichspflichtige Ehegatten versuchen werden, noch vor dem Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages, letztendlich also mit der Trennung der Ehegatten, Ver- mögenswerte beiseitezuschaffen. Aus diesem Grunde setzte sich die FDP-Bundestagsfraktion in den Berichter- stattergespräche gezielt dafür ein, dass der Auskunftsan- spruch weiter ausgedehnt wird. Nach der uns nun zur Abstimmung vorliegenden Empfehlung des Rechtsaus- schusses des Deutschen Bundestages wird der Aus- kunftsanspruch ergänzt um einen weiteren Auskunftsan- spruch über den Bestand des Vermögens zum Zeitpunkt der Trennung. Flankiert wird dieser erweiterte Aus- kunftsanspruch durch eine Beweislastumkehr, wonach der Ausgleichspflichtige darzulegen und zu beweisen hat, dass eine Vermögensminderung in dem Zeitraum zwischen Trennung und Zustellung des Scheidungsan- trages nicht auf illoyalen Vermögensminderungen be- ruht. Damit wird der Schutz des ausgleichsberechtigten Ehegatten weiter gestärkt. Vervollständigt wird dieser Schutz durch die Mög- lichkeit, einen Anspruch auf Zahlung vorzeitigen Zuge- winns bei einer drohenden Vermögungsverschiebung un- mittelbar geltend zu machen. Durch dieses Bündel an Maßnahmen wird nach An- sicht der FDP-Bundestagsfraktion der Schutz des aus- gleichsberechtigten Ehepartners deutlich gestärkt. Als weitere wichtige Änderung ist die Berücksichti- gung negativen Anfangsvermögens bei der Ermittlung des Zugewinns zu nennen, die nach Ansicht der FDP- Bundestagsfraktion zu einer deutlichen Stärkung des Gerechtigkeitsempfindens beitragen wird. Nach der gel- tenden Rechtslage konnten Verbindlichkeiten niemals zu einem negativen Anfangsvermögen führen. Startete zum Beispiel der Ehemann mit Schulden in die Ehe und wur- den diese Schulden während der Ehe komplett abgebaut, wirkte sich dies im Falle eines späteren Zugewinnaus- gleichs überhaupt nicht aus. Die gemeinsame Schulden- tilgung der Eheleute kam also allein dem Ehemann zu- gute. Doch es ist nicht von der Hand zu weisen, dass eben auch der Abbau von Schulden bei einem Ehepart- ner letztendlich einen Vermögenszuwachs darstellt. Die- ses unbefriedigende Ergebnis, dass Schulden beim An- fangsvermögen nicht berücksichtigt wurden, wird nun nach 50 Jahren beendet. Zukünftig werden auch Schul- den, die die Ehegatten mit in die Ehe gebracht haben, beim Zugewinnausgleich berücksichtigt. Dies ist ein we- sentlicher Schritt zu mehr Gerechtigkeit nach einer Scheidung. Erst im Rahmen der Berichterstattergespräche hat der Verzicht auf eine sogenannte Kappungsgrenze Eingang in den vorliegenden Gesetzentwurf gefunden. Die Höhe der Ausgleichsforderung wird zwar richtigerweise auf das bei Ende des Güterstandes vorhandene Vermögen begrenzt. Eine Kappungsgrenze bei 50 Prozent des vor- handenen Vermögens, wie sie der Gesetzentwurf zu- nächst vorsah, hätte dem Gerechtigkeitsempfinden stark widersprochen und war daher abzulehnen. Auch darauf hat die Sachverständige der FDP dezidiert hingewiesen. Insgesamt liegt uns damit ein Gesetzentwurf vor, der die Zustimmung der FDP-Bundestagsfraktion verdient. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Arbeitsplätze im Transportgewerbe sichern – Mauterhöhung bis Ende 2009 aussetzen (Tagesordnungspunkt 23) Wilhelm Josef Sebastian (CDU/CSU): Die Situa- tion der Güterkraftverkehrsbranche ist schwierig, ja mehr noch: katastrophal. Es gibt gewaltige Umsatzein- brüche, und niemand kann voraussehen, wann es wieder aufwärtsgeht. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, die von Ihnen in Ihrem Antrag aufgeführten Fakten sind bis auf wenige Dinge richtig. Der im Antrag genannte durchschnittliche Mautsatz zum 1. Januar 2009 war nach Angabe des BMVBS 13,5 Cent und nicht 12,5 Cent. Aber um diese Differenz geht es mir gar nicht. Und ich stimme Ihnen zu, dass die Mauterhöhung die schwierige Lage für die Branche, die durch die Finanz- und Wirt- schaftskrise entstanden ist, deutlich verschärft. Weil wir das in unserer Fraktion genauso sehen, haben wir ja schon in der vergangenen Woche erklärt, dass hier drin- gend Handlungsbedarf gegeben ist. Wir haben auch klar formuliert, wie wir dem Gewerbe helfen wollen. Bei allen Überlegungen müssen wir aber auch ehrlich mit den Mautsätzen umgehen. 2003 haben wir uns in der Koordinierungsrunde zur Mauteinführung – in der übri- gens alle Fraktionen anwesend waren – auf 15 Cent pro gefahrenen Kilometer geeinigt. Wir haben die 15 Cent pro Mautkilometer nur nicht von Anfang an eingeführt, sondern einen moderateren Mautsatz gewählt, bis die volle Harmonisierung von 600 Millionen pro Jahr für das Gewerbe durchgesetzt werden konnte. Dies ist seit Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 24461 (A) (C) (B) (D) Anfang dieses Jahres der Fall. Darum sind diese 15 Cent fair, weil mit Ihnen die 2007 abgesenkte Kfz-Steuer, das Innovationsprogramm und die seit diesem Jahr abrufba- ren De-minimis-Beihilfen und die Förderung von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen gegenfinanziert werden. Die abgesenkte Kfz-Steuer, das Innovationsprogramm, die De-minimis-Beihilfen und die Förderung von Aus- und Weiterbildung kommen nur den deutschen Logistik- unternehmen zugute. Die 15 Cent muss auch die auslän- dische Konkurrenz bezahlen. Darüber hinaus fordern wir den durchschnittlichen Mautsatz von 15 Cent nicht nur bis Ende 2009, sondern bis nach Beendigung der Wirtschaftskrise, aber mindes- tens bis Ende 2010. Außerdem fordern wir, dass die von mir erwähnten De-minimis-Beihilfen aufgestockt wer- den und deren Auszahlung beschleunigt und entbürokra- tisiert wird. Die De-minimis-Beihilfen erfordern keine Anzeige und keine Genehmigung der Europäischen Kommission, waren aber deshalb in einem Rahmen von drei Jahren auf 100 000 Euro pro Unternehmen begrenzt. Nun hat die EU-Kommission wegen der Wirtschafts- krise eine Aufstockung dieser Beihilfen auf 500 000 Euro binnen drei Jahren pro Unternehmen erlaubt. Wir wollen diesen Rahmen besser ausschöpfen. Die Beihil- fen sollten deshalb von 600 Euro pro mautpflichtigem Fahrzeug und Jahr auf 1 000 Euro erhöht werden. Für sehr wichtig halten wir auch eine Entbürokratisie- rung des Auszahlungsverfahrens. Momentan zieht sich die Auszahlung über Wochen hin. Eine Möglichkeit wäre die von Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg vorge- schlagene Variante, den Unternehmen sofort nach der Be- willigung Abschlagszahlungen zu gewähren. Denn das Wichtigste ist, dass die Unternehmen in dieser Krise li- quide bleiben. Dazu trägt das von der Bundesregierung aufgelegte Kredit- und Bürgschaftsprogramm mit einem Gesamtum- fang von 115 Milliarden Euro bei. Dieser „Wirtschafts- fonds Deutschland“ besteht aus einem Kreditteil und aus einem Bürgschaftsteil, von dem auch die Transportunter- nehmen profitieren. Und das Bundeswirtschaftsministe- rium legt richtigerweise größten Wert darauf, dass die vorgelegten Fälle zügig entschieden werden. Daran sollte sich das Bundesverkehrsministerium einmal ein Beispiel nehmen. Auch könnte das Bundesverkehrsministerium an sei- ner Informationsphilosophie arbeiten. Im Zuge der Ab- wrackprämie wurde von vielen laut nach einer Abwrack- prämie auch für Nutzfahrzeuge gerufen. Offensichtlich war diesen Kritikern nicht bewusst, dass es beim Erwerb von schadstoffarmen Fahrzeugen bereits Zuschüsse oder verbilligte Kredite gibt. Diese Zuschüsse und verbilligten Kredite gibt es ihm Rahmen des Innovationsprogramms, welches eine Säule der Harmonisierungsmaßnahmen für das Transportgewerbe ist, von dem ich vorhin schon sprach, und – jetzt wiederhole ich mich – für dessen Fi- nanzierung wir unter anderem den durchschnittlichen Mautsatz auf 15 Cent und nicht auf 12,5 Cent senken sollten. Bis zu 4 250 Euro gibt es pro Fahrzeug. Diejeni- gen, die nach einer Abwrackprämie für Nutzfahrzeuge riefen, wussten das offensichtlich nicht. Andere, die dies sehr wohl wissen, nutzen dieses An- gebot nicht, weil sie sich schlicht und einfach keine neuen Fahrzeuge leisten können. Die würden zwar weni- ger Schadstoffe ausstoßen; entsprechend würde die Maut sinken. Doch ihre alten Fahrzeuge können sie schwerlich in Zahlung geben. Deren Preise sind teilweise um die Hälfte gesunken. Ich spreche von den Euro-3-Fahrzeu- gen. Da die Mautsätze für diese Fahrzeuge mit bis zu 9,4 Cent pro Kilometer auf jetzt 22,4 Cent pro Kilometer besonders stark angestiegen sind, ist ein wirtschaftlicher Einsatz dieser relativ neuen Lkw – drei Jahre und älter – im Vergleich zu Euro-5-Lkw mit einer Maut von 15,4 Cent pro Kilometer kaum noch möglich. Auch kön- nen die Transportunternehmen diese Fahrzeuge nur mit großen Abschlägen verkaufen. Dies führt zu Sonderab- schreibungen und Bonitätsverschlechterungen bei den betroffenen Unternehmen. Geringe Veräußerungswerte und schlechtere Bonitäten erschweren die Anschaffung neuer Lkw zusätzlich. Dabei fiel nach zähem Ringen bei der Mauterhöhung zum 1. Januar 2009 die Erhöhung schon um 2 Cent je Mautkilometer geringer aus als ge- plant, wofür die anderen Klassen mit 1 Cent stärker be- lastet wurden. Minister Tiefensee hat sich erst am Dienstag in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung be- sorgt über die Lage im Gewerbe geäußert und eine Ab- senkung der Maut ausgeschlossen. Aber er muss einse- hen, dass hier dringender Handlungsbedarf geboten ist. Aus diesem Grund ist ja auch eine interministerielle Kommission gebildet worden, die nach Lösungen su- chen soll. Wir bitten den Herrn Minister, in der Kommis- sion alles dafür zu tun, dass dem Gewerbe Hilfe gewährt wird. Gerne wiederhole ich an dieser Stelle unsere Forde- rungen: Wir wollen den Mautsatz von aktuell 18,3 Cent auf durchschnittlich 15 Cent absenken, und zwar bis nach Beendigung der Wirtschaftskrise, aber bis mindestens Ende 2010. Damit bleibt nur der Teil der Mauterhöhung bestehen, der für die Finanzierung der zum Jahresanfang endlich durchgesetzten Harmonisierung von 600 Millio- nen Euro benötigt wird. Dies hatten wir schon 2003 ein- vernehmlich mit dem Gewerbe ausgehandelt. Dafür kommt das Transportgewerbe in den Genuss der 600 Mil- lionen Euro in Form der abgesenkten Kfz-Steuer, des In- novationsprogramms, der De-minimis-Beihilfen und der Förderung von Aus- und Weiterbildung. Dieses Geld kommt allein den inländischen Unternehmen zugute, während die ausländische Konkurrenz die durchschnitt- lich 15 Cent pro Kilometer bezahlen muss. Es entfällt da- durch der Teil der Mauterhöhung, der auf dem aktuellen Wegekostengutachten beruht. Wir wollen die De-minimis-Beihilfen von aktuell 600 Euro pro mautpflichtigem Fahrzeug und Jahr auf 1 000 Euro aufstocken. Damit schöpfen wir den durch die EU erhöhten Rahmen besser aus. 24462 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 (A) (C) (B) (D) Und wir wollen das Auszahlungsverfahren bei den De-minimis-Beihilfen beschleunigen und entbürokrati- sieren. Nachdem durch die Krise die Eigenkapitaldecke vie- ler Unternehmen sehr niedrig ist und diese nun auch durch die sehr geringen Wiederverkaufswerte weiter ge- schwächt wird, können gerade kleine und mittlere Unter- nehmen vorgesehene Investitionen nicht mehr tätigen. Die geringen Wiederverkaufswerte, die durch die Maut- spreizung verursacht worden sind, zusammen mit der Mauterhöhung insgesamt verschärfen die Situation im durch die Krise gebeutelten deutschen Transportgewerbe enorm. Und zur Ehrlichkeit gehört: Die Mauterhöhung wäre in dieser Form nicht beschlossen worden, wenn das wahre Gesicht der Krise letztes Jahr schon abzusehen gewesen wäre. Deshalb muss sich Minister Tiefensee unbedingt der Sorgen im Transportgewerbe annehmen, damit nicht noch mehr Schaden entsteht. Uwe Beckmeyer (SPD): Wir beraten heute einen Antrag der FDP, der die Bundesregierung auffordert, die Arbeitsplätze im Transportgewerbe zu sichern und dafür die zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene Erhöhung der Maut bis Ende des Jahres 2009 auszusetzen. Das erste Anliegen des Antrags unterstützen wir als Sozialdemokraten vorbehaltlos. Es ist als Politik unsere Aufgabe, dem deutschen Transport- und Logistikge- werbe durch die Zeit der Wirtschaftskrise zu helfen und dabei Arbeitsplätze zu sichern. Daher habe ich bereits vor einem Monat die Vertreter der Branche zu einem Ge- spräch mit den Verkehrspolitikern meiner Fraktion ein- geladen und mit ihnen sowie dem Bundesverkehrsminis- terium vereinbart, dass in direkten Gesprächen – unter Einbindung weiterer Ressorts – besprochen wird, wie man helfen kann. Der erste Termin hat vor einer Woche stattgefunden. Ein nächstes Treffen ist für die kom- mende Woche vereinbart. Wir beobachten derzeit, dass die Wirtschaftskrise in einem rasanten Tempo alle wichtigen Branchen unserer Volkswirtschaft erreicht. Schlüsselsektoren wie die Au- tomobilindustrie, die chemische Industrie, der Maschi- nenbau beklagen einen immensen Einbruch der Auf- tragslage. In einem Land, das einen großen Teil seines Wohl- stands der Exportwirtschaft verdankt, ist klar, dass das Transport- und Logistikgewerbe ebenfalls direkt von den Produktionsausfällen betroffen ist. Wo weniger produ- ziert und exportiert wird, wird auch weniger transpor- tiert. Mir ist bewusst, dass sich die wirtschaftliche Situa- tion für das Logistikgewerbe durch die Wirtschaftskrise verschlechtert hat. Wir verzeichnen eine Zunahme der Insolvenzverfahren. Die Zahl der Betriebsaufgaben steigt. Ausbleibende Aufträge und damit verbundene Überhänge in der Laderaumkapazität ziehen Flottenstill- legungen im Straßengütergewerbe nach sich. Leasingra- ten für den Fuhrpark und Ausgaben für das Personal müssen jedoch weiterhin geleistet werden. In dieser Situation kommt dem Staat eine besondere Bedeutung zu. Wobei wir auch in den Zeiten der Krise nicht den Blick dafür verlieren dürfen, was der Staat leisten kann und was nicht. Als Politik sehen wir uns – verständlicherweise – derzeit einer riesigen Erwar- tungshaltung ausgesetzt. Trotzdem müssen wir auch sa- gen, was geht und was nicht. Meine Frage ist, ob die Antwort auf die Krise, die die Kolleginnen und Kollegen der FDP-Bundestagsfraktion mit ihrem vorgelegten Antrag vorschlagen, wirklich überzeugt. Auf den ersten Blick erscheint die Schlussfolgerung „Weniger Maut gleich weniger Ausgaben gleich weniger Belastung und damit mehr Einnahmen“ sehr einfach und einleuchtend. Ich will mich der Forderung prinzipiell nicht verweigern. Trotzdem müssen wir zwei Dinge be- achten: Ich bin mir nicht sicher, ob bei einer Absenkung der Maut die geringere Belastung wirklich beim Transport- und Logistikgewerbe ankommen würde. Oder ob nicht vielmehr die Auftraggeber die Chance nutzen und die Preise aufgrund der aktuell angespannten Lage noch weiter drücken würden. Dann hätten wir dem Gewerbe auf Kosten des Steuerzahlers einen Bärendienst erwie- sen. Hinzukommt, dass die mit der Veränderung der Maut zum 1. Januar 2009 prognostizierten Mehreinnahmen in die Finanzierung von wichtigen Verkehrsinfrastruktur- projekten fließt. Damit wird dem Transport- und Logis- tikgewerbe indirekt auch geholfen. Gute Infrastruktur heißt auch gute Rahmenbedingungen für das Gewerbe. Wer die Absenkung der Maut fordert, muss daher auch die Frage beantworten, wie die Mindereinnahmen kompensiert werden können. Aus meiner Sicht ist die Beantwortung der von mir genannten Fragen nicht so einfach. Ich vermute, das war auch der Grund, warum die Verkehrsminister der Länder auf ihrer letzten Tagung im April nicht die Forderung nach einem Aussetzen der Maut erhoben haben. Ich will an dieser Stelle auch noch einmal in Erinne- rung rufen, was das gemeinschaftliche Ziel der beiden Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD bei der Änderung der Mauthöheverordnung war: Wir wollten eine Verstetigung und deutliche Verstär- kung der erforderlichen Investitionen in die Verkehrsin- frastruktur erreichen. Dieses war nur möglich, wenn die Mautsätze an die tatsächlichen Wegekosten angepasst werden. Die bis dato geltenden Mautsätze basierten auf der Berechnung des Wegekostengutachtens aus dem Jahr 2002. Mehr Maut bedeutet mehr Investitionen. Durch die Neufestsetzung der Mauthöhe werden für das Jahr 2009 rund 1 Milliarde Euro zusätzlich an Mauteinnahmen er- wartet. Die Zahl wird sich in Anbetracht der wirtschaftli- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 24463 (A) (C) (B) (D) chen Lage sicherlich noch ändern. Fest steht aber: Diese Gelder sollen zusätzlich in die Verkehrsinfrastruktur, vor allem in die Fernstraßen, investiert werden. Ich will an dieser Stelle auch darauf hinweisen, dass wir das deutsche Transportgewerbe im Rahmen der Mautharmonisierungsmaßnahmen entlasten. Mit einem Maßnahmenpaket aus Absenkung der Kfz-Steuer, dem Innovationsprogramm für die Anschaffung schadstoffar- mer Lkw, den De-minimis-Beihilfen und der Förderung von Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen gleichen wir Wettbewerbsnachteile der Spediteure gegenüber der aus- ländischen Konkurrenz in einer Größenordnung von über 600 Millionen Euro aus. Und: Im Zuge des Konjunkturprogramms haben wir die Mittel noch einmal um 50 Millionen Euro für die De- minimis-Beihilfen und die Förderung von Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen aufgestockt. Mit den Konjunkturpaketen I und II helfen wir gene- rell, dass Arbeitsplätze und Unternehmen – auch in der Logistikbranche – gesichert und gestützt werden und dass die Konjunktur wieder in Gang kommt. Beide Maß- nahmenpakete zusammen haben einen Umfang von über 80 Milliarden Euro. Wir müssen nun schauen, wie an verschiedenen Stel- len die vorhandenen Instrumente passgenauer gemacht werden können, damit sie auf die besondere Situation in der Transport- und Logistikbranche zugeschnitten sind. Dabei müssen wir zum Beispiel über eine Feinjustie- rung der Kurzarbeiterregelungen reden. Die Koalitions- fraktionen sind sich einig, dass das Kurzarbeitergeld auf 24 Monate ausgeweitet werden soll und ab dem 7. Mo- nat die Sozialversicherungsbeiträge vom Staat übernom- men werden. Das wird auch dem Transport- und Logis- tikgewerbe helfen, ihre Mitarbeiter zu halten. Das Problem ist jedoch, dass die Löhne im Transport- und Logistikgewerbe sich mehrheitlich aus einem Grundeinkommen und einer ergänzenden Überstunden- vergütung zusammensetzt. Das Kurzarbeitergeld bezieht sich jedoch nur auf den Nettolohn. Überstunden bleiben derzeit außen vor. Das Bundesarbeitsgericht verweist in einem Urteil darauf, dass bei Arbeitnehmern, in deren Branchen Überstundenvergütungen üblicherweise im großen Maße vorkommen, diese auch in die Berechnung des Kurzarbeitergeldes einbezogen werden sollte. Hier sollten die Arbeitsmarktexperten noch einmal prüfen, ob hier nicht eine gesetzliche Klarstellung erfolgen sollte. Außerdem müssen wir uns anschauen, wie wir die in der Sache richtigen Liquiditätshilfen der KfW-Bank aus den beiden bereits beschlossenen Konjunkturprogram- men in ihrer Wirksamkeit verbessern. Die Unternehmen der Transport- und Logistikbranche beklagen im ver- stärkten Maße, dass die Hausbanken trotz der Hilfspro- gramme der KfW sehr zögerlich mit der Vergabe von Krediten umgehen. Möglicherweise müssen wir in die- sem Zusammenhang über ein befristetes Aussetzen der Eigenkapitalvorschriften (Basel II) für Kreditinstitute nachdenken. Darüber hinaus sollten wir prüfen, auf welche Art und Weise wir den Kombinierten Verkehr in seiner Struktur in der Zeit der Krise erhalten. Durch sinkende Preise im Straßengüterverkehr wan- dern derzeit verstärkt Verkehre von der Schiene wieder zurück auf die Straße. Das ist nicht im Sinne der Stär- kung des Kombinierten Verkehrs. Entsprechend sollten wir nach Wegen suchen, wie wir den Güterverkehr auf der Schiene halten können. Ferner sollten wir einen Eigenkapitalfonds prüfen, der nach Vorbild der Landesförderbanken Unternehmen, die sich in einer Notlage befinden, mit Eigenkapital versor- gen könnte. Parallel dazu wollen wir schauen, ob wir die Instru- mentarien der Mautharmonisierung punktuell so verän- dern können, dass sie den Unternehmen in der aktuellen Phase des Abschwungs gezielt helfen. Ein erster Schritt darüber hinaus könnte mit der Ver- längerung der Antragsfrist für die Harmonisierungsmit- tel über den 15. Mai 2009 gemacht werden. Gleichzeitig sollten wir prüfen, ob die Begrenzung der De-minimis-Förderung auf 600 Euro pro Fahrzeug und 33 000 Euro im Jahr pro Unternehmen flexibler ge- staltet werden kann. In ähnlicher Weise sollten wir schauen, ob im Rah- men der Mautharmonisierung die Förderansätze in der Förderrichtlinie zur Aus- und Weiterbildung flexibili- siert werden können. Denkbar wäre auch, dass die per Berufskraftfahrer- und Qualifizierungsgesetz obligatorisch vorgesehenen Nachprüfungen gefördert werden könnten. Genauso sollten wir überprüfen, ob die Förderung im Rahmen des De-minimis-Programms und der Aus- und Fortbildung vorerst als Pauschale oder Abschlagszah- lung an die Unternehmen ausgereicht werden können. Außerdem sollten wir prüfen, ob den Unternehmen ein verbessertes Abschreibungsverfahren für die Euro-3- Fahrzeuge helfen könnte, in neue Euro-5-Fahrzeuge zu investieren. Mit den von mir geschilderten Maßnahmen können wir ein Paket aus Instrumentarien schnüren, das dem Transport- und Logistikgewerbe in den kommenden Mo- naten durch die Wirtschaftskrise helfen kann. Dabei ist es von großem Vorteil, dass wir bestehende Programme der Mautharmonisierung und Hilfen der bereits be- schlossenen Konjunkturprogramme nutzen. So verlieren wir nicht viel Zeit und können schnell auf die schwierige Lage reagieren. Ich glaube, wir sind uns im Ziel, dem Transport- und Logistikgewerbe zu helfen, alle einig. Lassen Sie uns die Diskussion über konkrete Hilfen jedoch nicht auf die Frage „Mauthöhe runter – ja oder nein“ verkürzen und gemeinsam schauen, wie wir helfen können. 24464 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 (A) (C) (B) (D) Jan Mücke (FDP): Die Wirtschaftskrise hat die Gü- terkraftverkehrsbranche mit aller Wucht getroffen. Bin- nen eines Quartals verschlechterte sich die Auftragslage um 25 bis 30 Prozent. Ein Ende der Talfahrt ist nicht ab- zusehen. Suchte das Gewerbe im vergangenen Herbst noch händeringend Kraftfahrer, haben mittlerweile 40 Prozent aller deutschen Transportunternehmen Kurz- arbeit eingeführt. 60 Prozent der Betriebe sahen sich so- gar bereits gezwungen, Mitarbeiter zu entlassen. In dieser Situation täte die Politik gut daran, die Bran- che bestmöglich zu entlasten. Die Koalition hingegen überzieht sie seit Jahresbeginn mit der größten Maut- erhöhung seit Beginn der Mautpflicht. Was das für die Unternehmen bedeutet, erschließt sich, wenn man weiß, dass allein 25 bis 40 Prozent der Gesamtkosten eines Speditionsunternehmens mit eigenem Fuhrpark und schwerpunktmäßig nationalem Geschäft auf Kraftstoff und Maut entfallen. In der Bundesrepublik wird mit 0,47 Euro pro Liter Diesel bereits der europaweit zweit- höchste Steuersatz für Kraftstoffe erhoben. Man kann sich vorstellen, welche Auswirkungen zusätzliche Belas- tungen durch eine um 47 Prozent erhöhte Maut auf die wirtschaftliche Lage der Unternehmen haben. In der der- zeitigen, angespannten wirtschaftlichen Lage kann diese häufig nicht einmal teilweise an die Auftraggeber wei- tergegeben werden. Zudem ergaben die jüngsten Erhebungen, dass sich der durchschnittliche Mautsatz nicht, wie von der Bun- desregierung noch im letzten Jahr stets angeführt, auf 16,3 Cent pro Kilometer, sondern auf 18,4 Cent pro Ki- lometer erhöht hat. Die Bundesregierung zieht sich zwar darauf zurück, dass sich dieser Wert nicht allein auf das Mautaufkommen im Jahr 2009 beziehe, sondern einen Durchschnittswert der Mautsätze der Jahre 2009 bis 2011 darstelle. Was nutzt den Spediteuren in der heuti- gen Situation ein Durchschnittswert, der die Prognosen für spätere Jahre mit einbezieht? Zumal sich aller Vo- raussicht nach auch diese Prognosen nicht einstellen werden. Sie gründen auf der Annahme, dass die Unter- nehmen ihre Flotten kontinuierlich erneuern werden. Dafür fehlt ihnen aber schlichtweg das Geld. Vielmehr kämpfen viele Spediteure zurzeit ums reine Überleben. Hinzu kommt, dass durch die enorme Mautspreizung Euro-III-Fahrzeuge einen Großteil ihres bisherigen Marktwertes verloren haben. Dieser fehlt den Unterneh- men zusätzlich als Finanzierungsanteil. Die aktuelle Zu- lassungsstatistik des Kraftfahrt-Bundesamtes bestätigt die Krisenlage: Die Zahl der Neuzulassungen für Sattel- zugmaschinen nahm gegenüber dem jeweiligen Vorjah- resmonat im Januar 2009 um 28,7 Prozent, im Februar 2009 sogar um 48,2 Prozent ab. Angesichts dieser Zah- len ist es nicht nachvollziehbar, wie die Bundesregierung ihre Ziele erreicht sehen will. Die FDP-Bundestagsfraktion schlägt daher vor, die Mauterhöhung des Jahres 2009 bis zum Ende dieses Jah- res auszusetzen. Die Unternehmen werden hierdurch schnell und effektiv entlastet. Für viele ist es die letzte Chance. Wachen wir nicht erst auf, wenn es bereits zu spät ist! Den Pressemeldungen der letzten Tage war zu entnehmen, das auch Vertreter der Unionsfraktion eine Mautentlastung anstreben. Ich hoffe auf Ihre Unterstüt- zung. Lutz Heilmann (DIE LINKE): Die Wirtschaftsleis- tung geht in diesem Jahr um voraussichtlich 6 Prozent zurück. Güterverkehrsunternehmen verzeichnen Rück- gänge um bis zu 40 Prozent. Frachtraten auf Schiene und Straße gehen vor allem wegen des Exporteinbruchs zu- rück. Spediteure machen Dumpingangebote. Dadurch kommt es teilweise zur Verlagerung von Verkehren von der Schiene auf die Straße. Damit einher gehen Kurz- arbeit und steigende Arbeitslosigkeit in allen Bereichen der Wirtschaft. Besonders betroffen ist das Transportge- werbe. Ich stimme den Kolleginnen und Kollegen von der FDP in ihrem Anliegen ausdrücklich zu, Arbeitsplätze sichern zu wollen. Ist allerdings der vorgeschlagene Weg der Richtige? Ist die geforderte Aussetzung der Erhö- hung der Lkw-Maut der richtige Weg? Ich denke Nein. Warum? Die Lkw-Maut ist ein sinnvolles Mittel. Mit Einführung der Lkw-Maut zum 1. Januar 2005 wurde die Benachteiligung des in (fast) allen Belangen wesent- lich umweltfreundlicheren Schienenverkehrs weitge- hend aufgehoben. Seit der Einführung ist es tatsächlich zu einer Reduzierung von unnötigen Leerfahrten gekom- men. Auch sollen künftig weitere Anreize geschaffen werden, Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern. Ich stimme aber auch zu, dass Spediteure zurzeit große Probleme haben, die Lkw-Mauterhöhung weiter- zugeben. Zum Teil liegt das daran, dass die Weitergabe der Lkw-Maut einfach nicht vertraglich vereinbart wurde. Zum Teil zahlt die Wirtschaft aber ganz einfach nicht die höhere Maut für Lkws, die in einer schlechte- ren Emissionsklasse sind. Das ist insbesondere für kleine Spediteure ein Problem, die eben nicht neue und alte Fahrzeuge haben und jetzt einfach mal die alten mit schlechten Emissionswerten stehen lassen können. Eine spezielle Förderung kleiner Spediteure ist EU-beihilfe- rechtlich nicht unproblematisch, wäre aber nach meiner Auffassung der bessere Weg, als für alle Lkws die Maut- erhöhung auszusetzen. Eine Absenkung der Mauterhöhung wäre aber durch- aus möglich. Man wird jetzt fragen: Um wie viel? Dazu sage ich, einfach nur pauschal aussetzen ist der falsche Weg. Noch einmal zur Erklärung: Die Mauterhöhung er- folgt in zwei Stufen. Die erste kam zum 1. Januar 2009, und die zweite kommt zum 1. Januar 2011. Bei einem Dreiachser in der Schadstoffklasse III oder II mit Parti- kelminderungsstufe 1 bedeutet das eine Maut von 19 bzw. 21 Cent pro Kilometer. Es kommt damit zu der eigenartigen Entwicklung, dass 2009 und 2011 die Maut stark steigt, danach aber wieder fallen wird. Dabei sagt das Wegekostengutachten von 2007, dass ab 2012 die Maut steigen müsste, eben weil die Wegekosten steigen, im Durchschnitt 2012 auf 18 Cent. Nach der Verordnung ist es aber so, dass dieser Wert schon 2009 erreicht wird und danach wieder abfällt. Die Linke sagt: Wenn, dann sollte eine Neufestlegung der Lkw-Maut erfolgen. Dabei sollte in kleineren Schrit- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 24465 (A) (C) (B) (D) ten vorgegangen werden. Also könnten die Mautsätze jetzt durchaus etwas geringer sein und, was sinnvoll wäre, man könnte ein paar Stufen mehr einfügen, um dann bis 2012 den Mautsatz steigen zu lassen. Dann hät- ten gerade die kleineren Spediteure etwas mehr Zeit. Es würde zwar etwas weniger Geld reinkommen, aber ich denke, es wäre vertretbar und würde gerade jetzt den Spediteuren helfen. Letztlich wollen wir die Menschen bei dem, was wir tun, mitnehmen und nicht gegen sie et- was durchdrücken. Auch der Einbau eines Partikelfilters aus dem De- minimis-Programm kann nun gefördert werden. Mit ei- nem solchen Dieselrußfilter rutschen die Lkws in die nächstniedrigere Mautklasse. Das spart dann Maut. Hier kann durchaus die Förderung von derzeit maximal 2 000 Euro erhöht werden, denn ein Filter kostet 4 500 Euro. Das würde gerade auch für kleine Speditio- nen eine Entlastung bringen. Wie viele Fahrzeuge über- haupt schon umgerüstet wurden, dazu gibt die Bundesre- gierung keine Auskünfte. Es wäre aber wichtig zu wissen, ob die Unterstützung überhaupt angenommen wird. Darüber hinaus brauchen wir ein wirkliches Antikri- senprogramm, das die Arbeitsplätze der Menschen er- hält: eine Anhebung des Hartz-IV-Regelsatzes, einen ge- setzlichen Mindestlohn, ein Investitionsprogramm für den sozialen und ökologischen Umbau der Gesellschaft. Damit erhöhen wir die Nachfrage im Land. Und damit ich nicht falsch verstanden werde, die Linke steht für re- gionale Wirtschaftskreisläufe, das schließt die Vermei- dung von unnötigem Güterfernverkehr ein. Fazit: Der Antrag der FDP macht zwar auf beste- hende Probleme aufmerksam. Die Aussetzung der Maut- erhöhung wird von uns aber als nicht richtig erachtet. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der FDP-Antrag ist ein Showantrag, der nichts kostet, aber Wählerstimmen bei der Lkw-Lobby bringen soll. Denen sei ein Blick in das FDP-Wahlprogramm empfoh- len, das am Wochenende beschlossen werden soll. Kein Wort zur Senkung der Lkw-Maut, die hier gefordert wird. Und das ist auch logisch. Denn natürlich weiß auch die FDP, dass eine Senkung der Lkw-Maut eins zu eins auch zu einer Senkung der Verkehrsinvestitionen führen würde. Oder glaubt hier irgendjemand, dass angesichts von prognostizierten Steuerausfällen von 316 Milliarden Euro bis 2012 der Bundesfinanzminister dann ein- springt? Unterschlagen wird in der Diskussion um die Maut- erhöhung auch gerne, dass ein Großteil der Erhöhung di- rekt dem deutschen Speditionsgewerbe zugutekommt. Seit Wochen und Monaten stehen in den Fachzeitschrif- ten Tipps und Tricks, wie man an diese Hilfen kommen kann unter der Überschrift „So sichern Sie sich Ihr Geld vom Staat“. Würde man die Maut zurückdrehen, müsste man auch diese sogenannten De-minimis-Beihilfen zu- rückdrehen. Ich will ein Beispiel geben, was dann nicht mehr möglich wäre: So gewährt der Bund für die Nachrüstung eines Lkw mit Dieselrußpartikelfilter aus den De-mini- mis-Beihilfen 2 000 Euro Zuschuss. Mit dem Filter kom- men die Lkw dann in die nächstgünstigere Mautstufe. Ein umgerüsteter Euro-2-Lkw spart 8,4 Cent pro Kilo- meter, ein Euro-3-Lkw wird zu Euro-4, spart 2,1 Cent pro Kilometer und erhöht den Restwert beträchtlich. Das nutzt Spediteuren und Umwelt gleichermaßen. Das wäre aber nicht mehr möglich, wenn der FDP-Antrag umge- setzt würde. Außerdem wissen wir alle, dass die deutsche Lkw- Maut weit unter dem liegt, was nach dem letzten Wege- kostengutachten möglich wäre, und dass die externen Kosten des Lkw-Verkehrs immer noch nicht angelastet werden. In der Schweiz ist die Maut viermal so hoch wie in Deutschland, und trotzdem gibt es dort noch in nen- nenswerten Umfang Lkw-Verkehr. Aber was auf die Schiene verlagert werden kann, das wird in der Schweiz verlagert, und so sollten wir das hier auch machen. Statt über Hilfen für den Lkw zu reden, sollten wir da- her besser über Hilfen für den Schienengüterverkehr re- den. Gerade im kombinierten Verkehr drohen große Rückverlagerungen. Denn die gesamte Verbindung wird unwirtschaftlich, wenn das Ladungsaufkommen nur um 10 bis 20 Prozent einbricht. Genau das ist aber derzeit der Fall. Und obendrauf möchte die FDP mit der Union noch die Gigaliner zulassen, die nach einer aktuellen Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innova- tionsforschung, ISI, zu einer massiven Rückverlagerung des Verkehrs von der Schiene auf die Straße führen und damit die Klimabilanz des Gütertransports massiv ver- schlechtern würden. Daher lehnt meine Fraktion diesen Antrag ab. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Eine starke Partnerschaft – Europa und Lateinamerika/Karibik (Tagesordnungs- punkt 26) Marina Schuster (FDP): Es freut mich, dass es die Beziehungen zu Lateinamerika und der Karibik nach langer Pause auf die Tagesordnung des Plenums ge- schafft haben. Bedauerlich ist nur, dass einer strategisch so bedeutenden Thematik kein prominenter Platz einge- räumt wird. Eigentlich sollte uns diese Vernachlässigung nicht wundern. Die Lateinamerika-Politik führt bei der Bun- desregierung nach wie vor nur ein trauriges Schatten- dasein; das kann auch ihr Antrag nicht verdecken. Jahre- lang sind Sie wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Region unser natürlicher Partner ist, um den man sich nicht weiter zu bemühen braucht. Selbstver- ständlich, wir teilen mit den Menschen in der Region viele kulturelle, religiöse Werte. Doch in einer globali- 24466 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 (A) (C) (B) (D) sierten Welt sind natürliche Partner zu einer Rarität ge- worden. Wir müssen uns viel aktiver einbringen, um die engen Beziehungen zu dieser Region nicht aufs Spiel zu setzen. Das Beispiel Afrika zeigt, wie direkt vor unserer Haustüre Länder wie China vehement nicht nur ihre wirtschaftlichen Interessen vertreten und die Europäer dabei zunehmend ins Hintertreffen geraten. Auch in La- teinamerika bahnen sich ganz neue Partnerschaften an. Venezuela sucht demonstrativ den Schulterschluss mit Iran, China, Nordkorea und Russland – von Chávez mit zynischem Blick auf die USA „Achse des Guten“ ge- tauft. Auch Brasilien ist bestrebt, ein System globaler Bündnispartner aufzubauen – mit Erfolg: so war die stra- tegische Partnerschaft mit Indien und Südafrika Aus- gangspunkt für die Gründung der G 20. Brasilien hat sich darüber hinaus im Rahmen der WTO zu einem füh- renden Player entwickelt. Und vergessen wir nicht: Die asiatische Nachfrage nach Energie und Lebensmitteln aus Südamerika steigt rasant. Europa darf nicht den Zug verpassen, auf den andere schon längst aufgesprungen sind. Dies muss auch im la- teinamerikanischen Interesse liegen. Denn für die EU bleiben Demokratie und Rechtsstaat ein zentrales Ele- ment der Kooperation. In dieser umfassenden Zusam- menarbeit grenzt sich die EU von anderen Akteuren ab. Bestes Beispiel sind die EU-Assoziierungsabkom- men, welche in einigen Ländern zur Verhandlung stehen. Neben der wirtschaftlichen Zusammenarbeit bieten diese auch und gerade eine Plattform für den politischen Dia- log. Selbstverständlich stellen wirtschaftliche Aspekte einen zentralen Bestandteil dieser Abkommen dar, dies aber im beiderseitigen Interesse. Denn entgegen der öf- fentlichen Wahrnehmung profitieren gerade auch die Schwellenländer von einer schrittweisen Einbindung in die Weltwirtschaft. Dies hat der indisch-amerikanische Ökonom Jagdish Bhagwati in seinem jüngsten Buch be- legt: Der Rückgang von Armut ist vor allem dort zu verzeichnen, wo die Prinzipien der sozialen Marktwirt- schaft und des Freihandels verantwortungsvoll umge- setzt werden. Die Gesprächspartner vor Ort sprechen ganz offen aus: Schickt uns den Wirtschaftsminister und – bei allem Respekt – eben nicht die Entwicklungsministerin! Wir können nicht wegschauen, wenn Länder wie Kuba und Venezuela immer noch der alten Mär eines So- zialismus unter Palmen nacheifern – auf Kosten einer langfristigen Entwicklung ihrer Länder. Mit Petrodollars hat sich etwa der venezolanische Präsident Chávez die Gunst der armen Bevölkerung erkauft und die vieler Nachbarländer. Korruption und Verstaatlichungen schre- cken ausländische Investoren ab. Durch die Abhängig- keiten von teuren Nahrungsmittelimporten drohen mit dem sinkenden Ölpreis Versorgungskrisen. Hier wün- sche ich mir von der Bundesregierung mehr Mut, bilate- ral Flagge zu zeigen: Die Beschränkung elementarer Bürgerrechte, die Untergrabung freier Märkte und die Aushöhlung staatlicher Institutionen dürfen keine Schule machen. Davon kann ich in Ihrem Antrag nichts finden. Ich will hier aber nicht verallgemeinern. Bei der Be- wertung des in den vergangenen Jahren zu beobachten- den Trends zu Linksregierungen gilt es klar zu differen- zieren. Mit Brasilien, Argentinien und Chile erleben wir Regierungen, die eher einen gemäßigten, sozialdemokra- tischen Kurs verfolgen, die mit dem Chávez-Projekt ei- nes sozialistisch vereinten Lateinamerikas glücklicher- weise wenig gemein haben. Vor diesem Hintergrund dürfen wir uns nichts vorma- chen: Die starke Betonung regionaler Kooperation, wie sie im Koalitionsantrag festgehalten ist, wird der aktuel- len politischen Situation in der Region nicht mehr ge- recht, auch wenn wir uns das nach wie vor wünschen. Vielmehr gilt es, sie durch subregionale und gegebenen- falls auch bilaterale Kooperationsformen zu stärken, nämlich dann, wenn aufgrund innerer Spannungen, wie bei der Andengemeinschaft oder dem Mercosur, eine Blockade eingetreten ist. In diesem Rahmen müssen wir endlich strategische Fragen angehen wie die Bekämp- fung der internationalen Kriminalität, des Drogenhan- dels und der Fortschritte bei der rechtsstaatlichen Ent- wicklung. Aber auch viele andere Themen schreien geradezu nach Kooperation. So hat die Diskussion um nachwach- sende Kraftstoffe Brasilien fast von einem auf den ande- ren Tag ins Rampenlicht internationaler Energiepolitik gerückt. Doch welche Rolle soll Lateinamerika künftig bei der Energiediversifizierung der EU spielen? Die Bundesregierung hat auch darauf noch keine Antwort gegeben. Bis heute ist eine klare Strategie und präzise Definition von Zielen und Interessen nicht erkennbar. Daran ändert auch der vorliegende Antrag der Koalition nichts. So treffend die Bestandsaufnahme auch sein mag, so wenig überzeugt er in Fragen der politischen Konse- quenzen. Denn bis heute ist die 1999 in Rio beschwo- rene strategische Partnerschaft leider nicht mit Leben ge- füllt worden. Gleichzeitig ist die Bundesregierung gefordert, auf eine Kohärenz innerhalb der EU hinzuwirken. Es darf nicht sein, dass einzelne EU-Mitgliedstaaten politische Sonderwege zu einzelnen Staaten definieren. Denn da- mit untergräbt man die Glaubwürdigkeit der Gemeinsa- men Außen- und Sicherheitspolitik. Deutschland und die EU schöpfen ihr Potenzial in Lateinamerika weder politisch noch wirtschaftlich aus. Dabei haben wir einige Trümpfe in der Hand: das ge- meinsame Wertefundament, die traditionell guten Bezie- hungen Deutschlands zu Lateinamerika. Vor allem die ausgestreckte Hand unserer Partner in Lateinamerika ist eine exzellente Basis für eine vertiefte Kooperation. Die Kooperation bietet große Chancen. Sie von der Bundes- regierung müssen aufpassen, dass in Lateinamerika am Ende Ihrer Amtszeit nicht nur verpasste Chancen stehen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 24467 (A) (C) (B) (D) Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Beschlussempfehlung und Bericht: – Antrag: Klare Rahmenbedingungen für den dualen Rundfunk im multimedialen Zeital- ter – Antrag: Öffentlich-rechtlicher Rundfunk im Digitalzeitalter – Antrag: Besondere Rolle des öffentlich- rechtlichen Rundfunks nach EU-Kompro- miss sicherstellen Beschlussempfehlung und Bericht: – Antrag: Neuregelung der GEZ-Befrei- ungstatbestände – Neuverhandlung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages Beschlussempfehlung und Bericht: – Unterrichtung: Medien- und Kommunika- tionsbericht der Bundesregierung 2008 – Entschließungsantrag: Medien- und Kom- munikationsbericht der Bundesregierung 2008 (Tagesordnungspunkt 25 a bis c) Reinhard Grindel (CDU/CSU): Wir haben bereits vor einigen Wochen über den Medien-und Kommunika- tionsbericht debattiert. Insofern will ich mich vor allem mit den hier vorgelegten Oppositionsanträgen befassen. Richtig bleibt: Der Medien- und Kommunikationsbe- richt ist eine umfassende Grundlage für die Beschäfti- gung mit der Medienpolitik und ihren aktuellen gesetzli- chen Rahmenbedingungen. Der Bericht beschäftigt sich mit einer Vielzahl wichtiger Themen, die über die Me- dienpolitik im engeren Sinne hinausreichen, vom Ju- gendschutz über das Urheberrecht bis zu Onlinesucht und Breitbandstrategie. Es ist richtig, dass wir mit unse- rem Staatsminister für Kultur und Medien den entschei- denden Mann der Medienpolitik auf Bundesebene mit Sitz im Kanzleramt haben. Dieses dokumentiert ein- drucksvoll, dass es sich bei der Medienpolitik um eine wichtige Querschnittsaufgabe handelt, und die bedeu- tende Rolle, die die Bundesregierung ihrem Beauftrag- ten für Kultur und Medien dabei einräumt. Zu Recht bezeichnet die Bundesregierung die Medien in ihrem Bericht gleichermaßen als Kultur- und Wirt- schaftsgut. Dabei betont sie die Bedeutung eines qualita- tiv hochwertigen und vielfältigen Medienangebots für unsere Demokratie. Darauf sind wir als Politiker beson- ders angewiesen. Wir brauchen Plattformen für den öf- fentlichen Diskurs. Das können nur Medien leisten. Von der Lokalzeitung bis hin zu den großen Fernsehanstalten sind sie es, die dazu beitragen, dass wir den Menschen unsere Politik erläutern und den Wettbewerb unter- schiedlicher politischer Meinungen möglichst breitflä- chig abbilden können. Gerade vor dem Hintergrund der Europawahlen wird das besonders deutlich. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die befürchtete schwache Wahlbeteiligung und die zu geringen Kenntnisse über die gewachsene Bedeutung des Europaparlaments auch damit zusammenhängen, dass in unseren Medien zu wenig über die Arbeit des Parlaments und seine Kompetenzen berichtet wird. Weil in den verschiedenen FDP-Anträgen so viel von einem angeblich unfairen Wettbewerb zwischen öffent- lich-rechtlichen und privaten Rundfunkanstalten die Rede ist, darf an dieser Stelle darauf hingewiesen wer- den, dass die beiden großen öffentlich-rechtlichen An- stalten, ARD und ZDF, immerhin große Europastudios in Brüssel unterhalten, während Private wie zum Bei- spiel Sat.1 ihre Studios geschlossen haben. Die Privaten haben ein Lobbybüro in Brüssel, das die wirtschaftlichen und verbandspolitischen Interessen der Sender vertritt. Ein Redaktionsbüro haben sie nicht. Für sie sind die Me- dien offenbar eher ein Wirtschafts- als ein Kulturgut. Deshalb unterstütze ich ausdrücklich das Bekenntnis zu starken öffentlich-rechtlichen Anstalten, das sich im Medien- und Kommunikationsbericht findet. Ich will mich nicht in die Gebührendebatte einmischen: Der Be- richt gibt dazu ebenfalls einige Hinweise, so, dass die Rundfunkfinanzierung Sache der Länder ist. Ich will aber darauf hinweisen, dass wir in einer globalisierten Welt den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Kraft der Orientierung und Integration dringend benötigen. Dafür muss er finanziell angemessen ausgestattet werden. Der Bedarf wird durch die KEF transparent und fundiert fest- gestellt. Insofern halte ich es für die Grundvorausset- zung einer möglicherweise neu einzuführenden Medien- abgabe, die die Rundfunkgebühr ersetzen würde, dass dieses für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aufkom- mensneutral ausgeht. Das muss umso mehr gelten, als die mediale Inflation in den letzten Jahren die normale Preissteigerung wegen der deutlich gestiegenen Preise für Sport- und Filmrechte bei weitem übertroffen hat. Im Gegensatz zur FDP stelle ich ausdrücklich fest, dass ne- ben dem Auftrag für Kultur, Bildung und Information natürlich auch die Unterhaltung und der Sport wichtige Elemente des Programmangebots eines gebührenfinan- zierten Rundfunks sind. Die Öffentlich-Rechtlichen müssen sich neben dem Wettbewerb um Qualität auch dem Quotenwettbewerb stellen, weil zu einem gebüh- renfinanzierten Programmangebot gehört, dass es mas- senwirksam ist. Die Begründung für die Gebührenfinan- zierung würde wegfallen, wenn im Schnitt nur noch 3 bis 5 Prozent der Zuschauer die öffentlich-rechtlichen Sender einschalten würden. Deshalb ist es unverzichtbar, dass sich die öffentlich- rechtlichen Anstalten auf allen Verbreitungswegen an ihre Zuschauer oder Zuhörer wenden können. ARD und ZDF müssen auch über den Verbreitungsweg Internet ihre Integrationsfunktion in der Gesellschaft erfüllen, zumal sich immer mehr jüngere Menschen ausschließ- lich über das Internet informieren. Es ist auch nicht ein- zusehen, weshalb die zum Teil teure Ware nach sieben Tagen für den Zuschauer nicht mehr zur Verfügung ste- hen soll. 24468 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 (A) (C) (B) (D) Geradezu rührend ist die Aufforderung der FDP, die Bundesregierung möge sich gegen eine Diskriminierung der ausländischen Investoren in der Medienwirtschaft einsetzen. Wenn man sich die Entwicklung bei ProSie- benSat.1 anschaut, sieht man: Das Gegenteil der Fall. Die Investorengruppe KKR/Permira in Verbindung mit dem ausländischen Sender SBS bekam den Zuschlag und nicht die Axel-Springer-Gruppe, weil in diesem Fall das inländische Unternehmen aufgrund der kartellrecht- lichen Lage ProSiebenSat.1 nicht übernehmen durfte. Es ist Diskriminierung, wenn KKR/Permira ProSiebenSat.1 und den Axel-Springer-Verlag gemeinsam hätte erwer- ben können, der Verlag aber nicht den Sender. Wenn man sich anschaut, wie dort die Informationsangebote ein Opfer der radikalen Sparmaßnahmen und herunter- gefahren werden, kann das einem Medienpolitiker in der Seele wehtun. Ich bin ganz sicher, dass der Axel-Springer- Verlag ein journalistisch deutlich anspruchsvolleres Konzept mit dem Sender verfolgt hätte. Insofern ist es zu bedauern, dass sich die Übernahme so vollzogen hat. Von Diskriminierung kann man hier also wahrlich nicht sprechen. Vielmehr zeigt dieser Vorgang die Schutzbe- dürftigkeit deutscher Sender und Verlage vor ausländi- schen Investoren, deren Interesse eben ausschließlich dem Wirtschaftsgut und nicht dem Kulturgut Medien gilt. Die FDP spricht sich in ihrem Antrag für einen werbe- und sponsoringfreien öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus. Letzteres halte ich für richtig, sofern es sich nicht um Sportsendungen handelt, bei denen der Zu- schauer Sponsoring erwartet, nicht zuletzt wegen der Bandenwerbung in den Stadien und der Werbung auf den Trikots der Mannschaften. Aus Gründen der Glaub- würdigkeit sollte der öffentlich-rechtliche Rundfunk an- sonsten auf Sponsoring verzichten. Aber Werbefreiheit kann ich gerade mit Blick auf die werbende Wirtschaft nicht unterstützen. Die Wirtschaft hat ein großes Interesse daran, dass es eine gewisse Kon- kurrenz zwischen Öffentlich-Rechtlichen und Privaten gibt. Sonst hätte das wahrscheinlich einen erheblichen Anstieg der Tausenderkontaktpreise zur Folge. Es ist für die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Systems nicht falsch, wenn man nicht ausschließlich auf Gebüh- reneinnahmen angewiesen ist. Wenn wir über die Breitbandstrategie reden und die Versorgung des ländlichen Raums mit schnellen Inter- netzugängen betrachten, ist der Hinweis auf frei wer- dende Frequenzen im Rahmen der digitalen Dividende richtig. Ich will bei dieser Gelegenheit allerdings hervor- heben, dass es eine große Zahl von Konzertveranstaltern und Medienschaffenden gibt, die hier eine Problematik sehen, weil die Kommunikation mit drahtlosen Mikrofo- nen offenbar über einen Frequenzbereich geht, der dann in Konkurrenz zu den Frequenzen für das Internet stehen würde. Das muss untersucht werden, übrigens auch des- halb, weil auch die drahtlose Kommunikation unter Fuß- ballschiedsrichtern gefährdet wäre. Da die Fußball- schiedsrichter schon mit drahtloser Kommunikation oft genug schlecht pfeifen, wäre es nicht auszuhalten, wenn auch die noch wegfällt. Im Medienbericht wird zu Recht die große Bedeutung einer vielfältigen Presselandschaft betont. Auch die Printinitiative von Minister Neumann geht in diese Rich- tung. Wir werden nur dann eine vielfältige Zeitungsland- schaft erhalten können, wenn wir auch viele Zeitungsle- ser haben. Wir sind dringend darauf angewiesen, dass insbesondere vor Ort bei den Regional- und Lokalzeitun- gen ein vielfältiges Angebot erhalten bleibt. Das muss durch ein vernünftiges Pressekonzentrationsrecht ge- währleistet sein. Dabei sollten wir auch dafür sorgen, dass die Parteien, was ihre Beteiligung an Medien, vor allem Zeitungen, angeht, ein Höchstmaß an Zurückhal- tung üben müssen. Es ist schon widersprüchlich, wenn sich gerade die SPD für Staatsferne in Rundfunk und Fernsehen ausspricht, aber über ihre Beteiligung an Zei- tungen sogar wirtschaftlich direkt an Sendern beteiligt ist. Abschließend ein Wort zur Deutschen Welle. Sie hat den großen Vorteil, dass wir da als Bund sogar zuständig sind. Mit Blick auf die neue Aufgabenplanung, über die wir in einigen Monaten zu befinden haben, will ich beto- nen, dass wir nach meinem Eindruck damit aufhören müssen, immer nur Prioritäten zu benennen, wo wir auf der Welt Schwerpunkte in unserer Präsenz setzen wol- len. Wir haben nicht den notwendigen Spielraum, um hier alle Wünsche zu erfüllen. Wir kommen nicht umhin, auch einmal zu sagen, wo wir unsere Aktivitäten zurück- fahren müssen, um in anderen Regionen der Welt unse- ren Auftritt zu stärken. Der Medien- und Kommunikationsbericht ist eine gute Grundlage, um die zahlreichen Handlungsempfeh- lungen in parlamentarische Initiativen zu gießen. Damit werden wir in der neuen Legislaturperiode unmittelbar beginnen. Marco Wanderwitz (CDU/CSU): Mit dem von der Bundesregierung vorgelegten Medien- und Kommunika- tionsbericht 2008 liegt eine umfassende Dokumentation der erfolgreichen Bundesmedienpolitik der letzten Jahre vor. Die Bündelung der verschiedenen Berichtspflichten im Bereich der Medien- und Kommunikationspolitik trägt der Konvergenz der Medien und den tiefgreifenden Veränderungen der letzten Jahre auf diesem Sektor gut Rechnung. Gleichzeitig weist der Bericht in die Zukunft. Indem er Handlungsoptionen für die nächsten Jahre auf- zeigt, wird er quasi zum medienpolitischen Kursbuch künftigen Regierungshandelns. Aufgrund des breiten Themenspektrums möchte ich nur auf drei Initiativen ex- emplarisch kurz eingehen. Der schon 1597 vom britischen Philosophen Francis Bacon geprägte Ausspruch „Wissen ist Macht“ hat heute nicht im Geringsten an Bedeutung verloren. Wissen be- zieht man insbesondere auch durch Zeitungslektüre. Wer keine Zeitungen liest, sich nicht informiert und sich da- mit kein Wissen zugänglich macht, bringt sich um die Chance, die Zukunft des Gemeinwesens mitzugestalten. Aus diesem Grunde liegt mir die „Nationale Initiative Printmedien – Zeitungen und Zeitschriften in der Demo- kratie“ besonders am Herzen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 24469 (A) (C) (B) (D) Tatsache ist leider, dass immer weniger Jugendliche Zeitung lesen. Zeitungen und Zeitschriften sind aber auch im digitalen Zeitalter – zumindest noch – die wich- tigsten Leitmedien. Genau dieses Bewusstsein, den Wert, den Zeitungen und Zeitschriften in der Gesellschaft als Kulturgut haben, gilt es vor allem jungen Menschen stär- ker zu vermitteln. Jugendliche müssen das Handwerks- zeug, Zeitungstexte sachgerecht nutzen zu können, quasi als Kulturtechnik wie das Lesen erlernen. Wem die Lese- kompetenz insbesondere bei Zeitungen fehlt, der wird in letzter Konsequenz von der Teilnahme am gesellschaftli- chen Leben ausgegrenzt sein. Dem gilt es entgegenzu- wirken. Zu den Partnern der Initiative, die auch bereits vorhan- dene Projekte in Schulen wie „Zeitung in der Schule“ oder „Zeitschriften in der Schule“ bündelt, gehören unter anderem der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, der Verband Deutscher Lokalzeitungen, der Deutsche Journalisten-Verband und der Bundesverband Presse- Grosso. Dieses verdienstvolle private Engagement be- grüßt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ausdrücklich. Die „Nationale Initiative Printmedien“ stellt eine Kom- munikations- und Aktionsplattform dar, die der Unter- stützung einzelner Förderprojekte dient. Ein Schülerwett- bewerb ist ein wichtiger Bestandteil. An diese Bemühung, junge Menschen für Zeitungs- lektüre zu begeistern, schließt das nächste Projekt, die Ergründung und Bekämpfung eines neuen Phänomens, quasi nahtlos an. Nach verschiedenen Studien finden sich in Deutschland 3 bis 7 Prozent „onlinesüchtige“ In- ternetnutzer oder solche, die stark suchtgefährdet sind. Der exzessive Gebrauch der elektronischen Medien von 10 bis 18 Stunden pro Tag ist in der Folge eine Verab- schiedung vom realen gesellschaftlichen Leben, verbun- den mit allen negativen sozialen und gesundheitlichen Konsequenzen. Mangels ausreichender wissenschaftli- cher Expertise ist Online- oder Neue-Medien-Sucht bis- her international noch nicht ausreichend erforscht. Vor diesem Hintergrund begrüßt die CDU/CSU-Bundestags- fraktion, dass das Bundesministerium für Gesundheit Anfang 2008 eine zweijährige Studie über „Beratungs- und Behandlungsangebote zum pathologischen Internet- gebrauch in Deutschland“ in Auftrag gegeben hat. Der Bundestagsausschuss für Kultur und Medien hat sich des Themas ebenfalls bereits angenommen und am 9. April 2008 eine öffentliche Anhörung durchgeführt. Auf der Basis verlässlicher wissenschaftlicher Analy- sen werden sich, so hoffe ich, gezielt Präventionsmaß- nahmen und Behandlungsmethoden entwickeln lassen. Als solche kommen beispielsweise Warnhinweise zum Suchtpotenzial, verpflichtende Spieldauereinblendungen oder auch die Begrenzung der Spieldauer durch techni- sche Vorkehrungen in Betracht. Wichtig ist insbesondere aber die gezielte Förderung und Unterstützung von Me- dienkompetenz sowohl für Kinder und Jugendliche als auch für Erwachsene durch Zusammenarbeit von Eltern, Schulen und Medienpädagogik. Das dritte Projekt, das ich beispielhaft herausgreifen möchte, dient einer solchen Förderung. Das „Netz für Kinder“, www.fragFINN.de, ist eine Gemeinschaftsini- tiative von Bundesregierung und Wirtschaft. Dieses Pro- jekt trägt dazu bei, Kindern einen bewussten und ange- messenen Umgang mit dem Internet nahezubringen. Zum ersten Mal wurde in Europa ein gesicherter Surfraum für Kinder im Alter von acht bis zwölf Jahren geschaffen, ohne dabei potenziellen Gefahren oder den Nachteilen der anderweitig verfügbaren Filtersysteme ausgesetzt zu sein. „fragFINN“ verbindet auf sinnvolle Weise speziell für Kinder aufbereitete Inhalte, soge- nannte Kinderseiten, mit dem gesamten World Wide Web. Die Initiative hat in den ersten fünf Monaten be- reits eine „Weißliste“ mit mehreren Tausend Domains und über 30 Millionen Dokumenten aufgebaut. Täglich kommen weitere dazu, nachdem auf Vorschlag von Nut- zern die entsprechenden Seiten zuvor von besonders ge- schulten Medienpädagogen aufbereitet wurden. Diese Beispiele zeigen eindrucksvoll, dass diese Bun- desregierung medienpolitisch viel auf den Weg gebracht hat. Angesichts des insbesondere im Medienbereich be- sonders schnellen, tiefgreifenden und beständigen Wan- dels werden wir uns allerdings immer wieder auf neue Herausforderungen einstellen müssen. Die von der Bun- desregierung gestarteten Initiativen dazu sind vielver- sprechend. Wir werden diese auch weiterhin parlamenta- risch begleiten und weiterentwickeln. Mein besonderer Dank gilt an dieser Stelle Staatsminister Bernd Neumann, der sich um Kultur und Medien in unserem Land verdient macht. Monika Griefahn (SPD): Wir beraten heute ab- schließend den „Medien- und Kommunikationsbericht der Bundesregierung 2008“ und die Anträge der Fraktio- nen der FDP, des Bündnisses 90/Die Grünen und der Linken zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rund- funks. Mit der Vorlage des Medien- und Kommunikations- berichtes ist die Bundesregierung – wenn auch mit eini- ger Verspätung – ihren Berichtspflichten gegenüber dem Deutschen Bundestag zum Thema Medien, insbesondere zur fortschreitenden Digitalisierung im Medienbereich und zu Wegen der Überwindung der digitalen Spaltung der Gesellschaft nachgekommen. Dabei ist festzustellen, dass sich die Neukonzeptionierung des Berichts, mit dem verschiedene Berichtspflichten im Bereich der Me- dien- und Kommunikationspolitik gebündelt wurden, bewährt hat und der Konvergenz der Medien und den technischen Entwicklungen der letzten Jahre Rechnung trägt. Auch wenn es sicher Unterschiede bei der Bewertung im Detail gibt, so kann doch insgesamt festgestellt wer- den, dass der Medien- und Kommunikationsbericht eine umfassende Grundlage für die Beschäftigung mit der Medienpolitik, ihren aktuellen gesetzlichen und marktli- chen Rahmenbedingungen darstellt. Das breite Themen- spektrum – von Jugendschutz und Computerspielen über Medienkompetenz und Urheberrecht bis zu Onlinesucht und der Breitbandkabelstrategie – illustriert die Vielfalt und Komplexität des Politikfeldes Medienpolitik und 24470 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 (A) (C) (B) (D) macht zugleich die Bedeutung von Medienpolitik als Querschnittsaufgabe mit all ihren Facetten deutlich. Mit dem Medien- und Kommunikationsbericht wird zugleich eine Bilanz der Medienpolitik der vergangenen Jahre – der letzte Medienbericht datiert ja aus dem Jahr 1998 – gezogen, und gleichzeitig gibt der Bericht Hin- weise auf die Herausforderungen der Medien- und Kom- munikationspolitik in den kommenden Jahren. Aus der Fülle der mit dem Medien- und Kommunikationsbericht vorgelegten Informationen möchte ich für die SPD-Bun- destagsfraktion vor allem drei Themen aufgreifen: die Vielfaltssicherung, den Jugendmedienschutz und mögli- che Gefährdungen wie Medien- und Onlinesucht. Wie ein roter Faden zieht sich die Vielfaltssicherung auch in der digitalen Welt durch den Medien- und Kom- munikationsbericht. Notwendig ist auch in Zukunft die verfassungsrechtlich gebotene Vielfaltssicherung, die durch das Pressekartellrecht des Bundes und das Me- dienkonzentrationsrecht im Rundfunkstaatsvertrag der Länder sichergestellt wird. Dieses Grundmodell wirt- schafts- bzw. wettbewerbsrechtlicher Regelungen einer- seits und speziell auf die Meinungsvielfalt bezogener Bestimmungen andererseits hat sich nach gemeinsamer Auffassung von Bund und Ländern grundlegend be- währt. Reformbedarf bestehe jedoch insbesondere im Bereich des Medienkonzentrationsrechts der Länder, da dieses einseitig auf den Rundfunk fixiert sei und damit den komplexen Konvergenzentwicklungen nicht mehr gerecht werde. Bund und Länder prüfen derzeit die Möglichkeiten einer crossmedial orientierten Fortent- wicklung der geltenden Bestimmungen, die auch die zu- nehmende Internationalisierung der Medienbranche deutlich stärker als bisher wird berücksichtigen müssen. Neben der gebotenen Vielfaltssicherung wird auch der Frage der Sicherstellung von Qualität in den Medien entscheidende Bedeutung zukommen, verbunden mit der Frage, wie diese seitens des Bundes gefördert werden kann. Wichtig sind hierbei vernünftige Rahmenbedin- gungen für die Wirtschaft und ergänzende Fördermaß- nahmen. Auch das Urheberrecht – angepasst an die He- rausforderungen der digitalen Welt – spielt für eine angemessene Finanzierung eines anspruchsvollen und qualitativ hohen Medienangebots eine zentrale Rolle. Als problematisch wird in dem Bericht die Situation von Zeitungen und Zeitschriften beschrieben, die zum Teil erhebliche Reichweiten- und Auflagenrückgänge sowie Einbußen bei Anzeigenerlösen hinnehmen müssen. Hinzu kommt, dass die Nutzung von Zeitungen und Zeitschriften bei jungen Menschen weit überproportio- nal sinke. Hier sollte, neben dem Erhalt des Presse- Grosso, überprüft werden, ob weiterer Handlungsbedarf besteht. Medienkompetenz ist ein wichtiges Stichwort. Ein entscheidender, häufig unterschätzter Faktor für ein qua- litativ anspruchsvolles Medienangebot ist die Stärkung der Verantwortung von Medienanbietern und -nutzern. Ein wichtiger Baustein ist hier zunächst die von uns im Jahr 2003 initiierte Verbesserung des Jugendmedien- schutzes. Das Konzept der „regulierten Selbstregulie- rung“ wird als richtig bestätigt. Zudem wird die Bundes- regierung die konkreten Ansatzpunkte des aktuellen Evaluationsberichts des Hans-Bredow-Instituts zum Ju- gendmedienschutz aufgreifen. Medienkompetenz ist die Schlüsselqualifikation in der Informations- und Kommu- nikationsgesellschaft und fördert die Befähigung von Menschen, sich in unserer von Medien durchdrungenen Welt kompetent zu integrieren und zu orientieren. Dabei geht es nicht nur darum, die verschiedenen, sich immer schneller entwickelnden Medienanwendungen zu ken- nen und technisch zu beherrschen. Angesichts der Viel- zahl verfügbarer Quellen geht es vor allem auch um die Fähigkeit des kritischen Umgangs mit Informationen und Inhalten. Wichtig sind dabei auch der verantwor- tungsvolle Umgang mit persönlichen Daten sowie die Kompetenz, einzuschätzen, was sich durch die freiwil- lige Preisgabe persönlicher Daten ergeben kann. Eine besondere Herausforderung für den Jugendme- dienschutz sind gewalthaltige Computer- und Video- spiele sowie jugendgefährdende und illegale Inhalte im Internet. Mit der am 1. Juli 2008 in Kraft getretenen Än- derung des Jugendschutzgesetzes wurde ein Teil der Er- gebnisse der Evaluation zum Jugendmedienschutz be- reits umgesetzt. Ich habe gerade gestern zusammen mit dem Geschäftsführer der Unterhaltungssoftware Selbst- kontrolle, USK, neue Alterskennzeichen vorgestellt, die jetzt viel klarer gefasst sind als bisher. Ich bin der Mei- nung, dass solche untergesetzlichen Initiativen viel wirk- samer und nachhaltiger sind, als wenn wir das Gesetz öf- fentlichkeitswirksam immer weiter verschärfen, aber daraus gar keine Konsequenzen entstehen. Gesetzlich ist im Bereich des Jugendmedienschutzes alles vorhanden, was man braucht. Es muss von den Ländern nur umge- setzt und vollzogen werden. Was aus unserer Sicht darüber hinaus wirklich nötig ist, ist eine nachhaltige Verbesserung der Medienkompe- tenz, die unabdingbar ist, um eine digitale Spaltung der Gesellschaft in eine Infoelite einerseits sowie Technik- verweigerern und Modernisierungsverlierern anderer- seits zu vermeiden. Besonders zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang der von uns als SPD-Fraktion initiierte und inzwischen auf den Weg gebrachte „Deutsche Com- puterspielepreis“, der im März dieses Jahres zum ersten Mal vergeben wurde und der – nach dem Vorbild des Deutschen Filmpreises – Anreize für die Entwicklung hochwertiger und pädagogisch wertvoller Produkte schaffen und deren Verbreitung unterstützen soll. Die Nutzung elektronischer Medien kann auch mit problematischen gesundheitlichen und sozialen Konse- quenzen verbunden sein. Wenn, was in jüngster Zeit zu- nehmend beobachtet werden kann, die Mediennutzung so exzessiv betrieben wird, dass sie letztlich nicht mehr selbstbestimmt ist, sind die Auswirkungen und Begleit- erscheinungen den Symptomen anderer Suchterkrankun- gen vergleichbar. Das Ursache- und Wirkungsgefüge ist jedoch noch weitgehend unerforscht. Es spricht viel da- für, dass das Internet insoweit ein besonderes Gefähr- dungspotenzial hat, sodass auch von „Onlinesucht“, „neuer Mediensucht“ oder „pathologischem Internet- gebrauch“ gesprochen wird. Nach verschiedenen Stu- dien gelten in Deutschland 3 bis 7 Prozent der Internet- nutzer als „onlinesüchtig“ und ebenso viele als stark Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 24471 (A) (C) (B) (D) suchtgefährdet. Im Blickpunkt steht dabei die aus- ufernde Teilnahme an Onlinespielen oder Chats ebenso wie der übermäßige Konsum sexueller Inhalte. „Online- süchtige“ verbringen im Extremfall nahezu ihre gesamte Zeit – 10 bis 18 Stunden pro Tag – mit derartigen Aktivi- täten. In der Folge vernachlässigen sie ihre Umwelt mehr und mehr und beeinträchtigen oder verlieren da- durch ihre übrigen sozialen Kontakte. Mangels ausrei- chender wissenschaftlicher Expertise ist „Online- oder Neue-Medien-Sucht“ aber bisher international noch nicht als eigenständiges Krankheitsbild anerkannt. Auch wenn es noch keine Statistiken zur Häufigkeit in der Bevölkerung gibt, ist der exzessive Internetge- brauch ein sehr ernst zu nehmendes Problem. Es bedarf zunächst vor allem einer vertieften Forschung zu Stö- rungsbildern und der Entwicklung entsprechender dia- gnostischer Instrumente. Erst auf der Basis verlässlicher wissenschaftlicher Grundlagen lassen sich gezielte Prä- ventionsmaßnahmen und Behandlungsmethoden entwi- ckeln. Präventionsmaßnahmen müssen von staatlichen Einrichtungen und der Wirtschaft gemeinsam in Angriff genommen werden. Wir wollen uns dafür einsetzen, zu prüfen, wie diese Forschungsdefizite schnellstmöglich abgebaut werden können und ob dieses Krankheitsbild von der WHO als Krankheit anerkannt werden sollte. Wir müssen dafür sorgen, dass den Betroffenen und ih- ren Angehörigen schnellstmöglich geholfen werden kann. Die Koalitionsfraktionen haben bei der abschließen- den Beratung des Medien- und Kommunikationsberich- tes im Ausschuss eine Entschließung eingebracht und angekündigt, die zahlreichen Handlungsempfehlungen aufzugreifen und hierzu zeitnah parlamentarische Ini- tiativen zu initiieren. Aus Sicht der SPD-Bundestags- fraktion sind dies insbesondere die Sicherstellung der verfassungsrechtlich gebotenen Vielfaltsicherung im Medienbereich und der Schutz der Kommunikations- grundrechte sowie die Förderung von Qualität und Ver- antwortung von Medienanbietern und Nutzern als Grundprinzipien der Medien- und Kommunikationspoli- tik. Die FDP-Fraktion spricht in ihrem Antrag zum Me- dien- und Kommunikationsbericht vor allem die Sicher- stellung der Kommunikations- und Mediengrundrechte an. Vielleicht können wir als Medienpolitiker eine ent- sprechende Initiative nach der Bundestagswahl ergrei- fen. Gestatten Sie mir abschließend, auf die ebenfalls auf der Tagesordnung stehenden Anträge der Opposition zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk einzugehen. Grund- sätzlich ist zunächst zu begrüßen, dass sich offensicht- lich alle Fraktionen im Grundsatz dahin gehend einig sind, dass es – gerade angesichts der im Medien- und Kommunikationsbericht beschriebenen Herausforderun- gen – ein öffentlich-rechtliches Medienangebot geben muss, wenn auch nicht über dessen Umfang und Reich- weite. So konstatiert zwar die Fraktion der FDP in ihrem Antrag, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland einen Pfeiler der modernen Informations- gesellschaft bildet und die mediale Grundversorgung der Bevölkerung mit einem qualitativ hochwertigen, infor- mierenden, bildenden, beratenden und unterhaltenden Programm absichert. Auf der anderen Seite fordert sie aber gleichzeitig – trotz der Einigung zwischen der Europäischen Kom- mission und der Bundesregierung – eine Präzisierung der Vereinbarung dahin gehend, die Aufgaben und Pflichten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks klar zu definieren. Die Bundesregierung soll nach Auffassung der FDP gegenüber den Ländern für eine Evaluierung der Aktivitäten – vor allem auch mit Blick auf die Online- aktivitäten – der öffentlich-rechtlichen Rundfunkveran- stalter eintreten und gegebenenfalls für eine Rückführung auf den verfassungsrechtlich vorgegebenen Rahmen sor- gen. Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich dagegen, wie die beiden anderen Oppositionsparteien in ihren Anträ- gen, immer für einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk eingesetzt, dem es ermöglicht werden muss, die mit der Digitalisierung verbundenen Entwicklungs- potenziale auf allen Übertragungswegen, also auch im Onlinebereich, uneingeschränkt zu nutzen. Leider ist es uns als Koalition – auch nach langen und schwierigen Verhandlungen – nicht gelungen, einen ge- meinsamen Antrag zur Zukunftsfähigkeit des öffentlich- rechtlichen Rundfunks auf den Weg zu bringen, weil die Unionsfraktion eine abgestimmte Fassung des Antrages zurückgezogen hat. Vorausgegangen waren dem Rück- zug der Unionsfraktion Medienberichte, denen zufolge die Union mit diesem gemeinsamen Antrag einen Rich- tungswechsel in ihrer Medienpolitik vollzöge. Für die SPD-Bundestagsfraktion möchte ich nochmals mein Be- dauern zu diesem Rückzug von der gemeinsam erarbei- teten Position ausdrücken, weil es damit nach Jahrzehn- ten medienpolitischer Grabenkämpfe gelungen wäre, nach der wichtigen Entscheidung des Bundesverfas- sungsgerichtes einen medienpolitischen Grundkonsens über den Bestand und Erhalt sowie vor allem auch die Entwicklungsmöglichkeiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu formulieren. Wir werden aber als Fraktion das Thema „Fortentwicklung der dualen Medienordnung in Deutschland“ auch weiterhin auf die Tagesordnung setzen und uns auch weiterhin für einen starken öffent- lich-rechtlichen Rundfunk auf allen Übertragungswegen als Garant von Vielfalt und Qualität starkmachen. Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP): Der Me- dien- und Kommunikationsbericht der Bundesregierung liefert einen recht umfassenden und detaillierten Ein- blick in die Medienordnung von Heute und stellt auch ei- nige Perspektiven und Handlungsnotwendigkeiten für die Medien- und Kommunikationspolitik der Zukunft heraus. Wenngleich der Bericht in einigen Bereichen die relevanten Probleme nicht genügend herausstellt – etwa beim in den Jahren der Großen Koalition aus der Ba- lance geratenen Verhältnis zwischen den Sicherheitsinte- ressen des Staates und der Privatsphäre der Bürger – und auch gelegentlich nicht die richtigen Schlussfolgerungen aus den durchaus zutreffenden Erkenntnissen zieht, hat der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Me- dien dem Bundestag insgesamt doch eine geeignete Dis- kussionsgrundlage vorgelegt. 24472 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 (A) (C) (B) (D) Über die vorliegenden Entschließungsanträge zum Medien- und Kommunikationsbericht und über einige Anträge, die sich mit der Zukunft des dualen Rundfunk- systems auseinandersetzen, wird heute gemeinsam de- battiert. Auch die FDP-Fraktion hat bereits vor langer Zeit einen entsprechenden Antrag in den Bundestag ein- gebracht, der klare Rahmenbedingungen für den öffent- lich-rechtlichen Rundfunk im multimedialen Zeitalter einfordert. Es ist richtig, dass wir diese Anträge gemein- sam mit dem Bericht der Bundesregierung behandeln, denn gerade in der Rundfunkpolitik offenbart dieser doch eine seiner größten offenen Flanken. Und es ist auch richtig, dass sich der Deutsche Bundestag – trotz der Zuständigkeit der Länder für Medien und Rund- funk – mit diesen Themen auseinandersetzt. Denn auch die Bundespolitik trägt große Verantwortung für den Er- halt eines qualitativ hochwertigen und pluralistischen Mediensystems, für fairen Wettbewerb und für die euro- parechtskonforme Ausgestaltung des öffentlich-rechtli- chen Rundfunksystems. Der Antrag der FDP ist bereits fast zwei Jahre alt, der 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist beschlossene Sache und befindet sich in der Ratifizierungsphase, und der 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wird bereits zwischen den Staatskanzleien der Länder abgestimmt. Wie immer glänzen die Staatskanzleien nicht gerade mit besonders präziser Öffentlichkeitsarbeit, trotz der viel beschworenen notwendigen gesamtgesellschaftlichen Debatte über das duale Rundfunksystem. Gerade deswe- gen muss der Deutsche Bundestag hier aufmerksam blei- ben und vor allem auf die Einhaltung der europarechtli- chen Vorgaben achten. Nach wie vor bin ich übrigens der Meinung, dass der 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag nicht vollständig umsetzt, was die Bundesregierung mit der Europäischen Kommission im sogenannten Beihilfe- kompromiss im April 2007 ausgehandelt hat. Daher hat auch unser Antrag nichts von seiner Aktualität einge- büßt. Der Deutsche Bundestag muss sich endlich in die Debatte einschalten und die Medienordnung der Zukunft mitgestalten. Ein wesentlicher Punkt für einen fairen Wettbewerb im Mediensektor ist eine effektive, unabhängige und transparente Aufsicht für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Eine solche existiert bis heute nicht; das hat auch das Gezerre um den Chefredakteur des ZDF, über das wir bereits in der ersten Lesung ausgiebig gespro- chen haben, eindrucksvoll demonstriert. Wir müssen uns immer wieder vergegenwärtigen, dass die Aktivitäten von ARD, ZDF und Co., ausgestattet mit über 8 Milliar- den Euro Gebührengeldern pro Jahr, erhebliche Auswir- kungen auf den schnelllebigen Medienmarkt entfalten. Ein neues öffentlich-rechtliches Angebot kann dort sehr schnell das Ende eines privaten Angebots bedeuten, Ar- beitsplatz- und Vielfaltsverluste inklusive. Es führt kein Weg daran vorbei, dass dieser öffentlich-rechtliche Gigant wirksam kontrolliert wird. Im digitalen und kon- vergenten Zeitalter, gepaart mit rasantem technologi- schem Fortschritt, ist eine öffentlich-rechtliche Binnen- kontrolle durch auch noch so gutwillige ehrenamtliche Rundfunkräte bei weitem nicht mehr ausreichend. Was wir benötigen, ist eine moderne, professionelle, einheit- liche und externe Medienaufsicht für öffentlich-rechtli- chen sowie privaten Rundfunk, Medien und Telekom- munikation. Vorbild könnte hier die britische Ofcom sein. In diesem Zusammenhang möchte ich auch an dieser Stelle darauf hinweisen, dass eine effektive Kontrolle natürlich voraussetzt, dass auch belastbare Kritierien existieren, anhand derer die Kontrolle durchgeführt wer- den kann. Diese Anforderung hat der öffentlich-rechtli- che Rundfunkauftrag noch lange nicht erreicht. Daher muss er dringend präzisiert werden. Es muss klar sein, was der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit seinen Ge- bührenmilliarden leisten soll, und vor allem auch, was nicht. Ich denke, eine damit verbundene Stärkung der Programmschwerpunkte Information, Bildung und Kul- tur wäre an dieser Stelle ebenfalls angebracht. Lassen Sie mich den Kreis der dringlichsten Refor- men beim dualen Rundfunksystem schließen. Eine an das Bereithalten sogenannter Rundfunkempfangsgeräte – das können heute nicht nur Fernseher und Radios, son- dern auch PCs mit Modem, Telefone und demnächst wo- möglich auch Kühlschränke sein – anknüpfende Rund- funkgebührenpflicht passt in das digitale multimediale und mobile Zeitalter wie Wählscheiben zu Mobiltelefo- nen. Seit Jahren mühen sich Vertreter vor allem von CDU/CSU und SPD daran ab, wie sie die fällige Ablö- sung der Rundfunkgebühr noch länger hinauszögern können und wie sie danach ein möglichst kompliziertes und bürokratisches Nachfolgemodell finden können. Da- bei liegt die einfachste Lösung schon lange auf dem Tisch. Wir sollten mit Nachdruck darauf hinwirken, dass die Rundfunkgebühr durch eine allgemeine Medienab- gabe ersetzt wird. Diese würde von allen erwachsenen Bürgern mit steuerpflichtigen Einkommen getragen wer- den und müsste zum Erhalt des bisherigen Gebührenauf- kommens nur bei circa 11 Euro pro Monat liegen. Die aberwitzigen Doppelbelastungen – etwa für das Autora- dio, den PC am Arbeitsplatz und die beruflich bedingte Zweitwohnung – würden ein Ende haben, ebenso die un- fairen und unsystematischen Belastungen der Wirtschaft, die insbesondere den Mittelstand belasten. Betreiber von Hotels und Pensionen können Ihnen ein Lied davon sin- gen. Und der Clou bei der Medienabgabe: Auch die Ge- bühreneinzugszentrale – GEZ –, die man wohl nur noch als institutionalisiertes Imageproblem für ARD und ZDF ansehen kann, könnte abgeschafft, die Kosten von gut 200 Millionen Euro pro Jahr eingespart werden. Die Ge- bührenschnüffelei und die Jagd nach Schwarzsehern wä- ren ebenfalls vorbei. Die gäbe es nämlich nicht mehr. Wenn diese drei Reformbestandteile endlich angegan- gen werden, sind wir einen großen Schritt weitergekom- men auf dem Weg hin zu einem zukunftssicheren und modernen dualen Rundfunksystem. Wir dürfen nicht zu- lassen, dass der durchaus wichtige öffentlich-rechtliche Rundfunk aufgrund der medienpolitischen Zurückhal- tung in Deutschland dauerhaften Schaden nimmt. Auch das Mediensystem insgesamt muss, vor allem im Hin- blick auf die noch immer bemerkenswert hohe Qualität und Vielfalt der Angebote, gestärkt werden. Ich be- fürchte, dass etwa eine weitgehend unbegrenzte Expan- sion gebührenfinanzierter öffentlich-rechtlicher Ange- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 24473 (A) (C) (B) (D) bote in den Bereich der elektronischen Presse zu dauerhaften Verwerfungen in diesem ohnehin stark unter Druck geratenen Markt und zur Verringerung von Pres- sevielfalt führt. Das muss verhindert werden. Die FDP greift in ihrem Entschließungsantrag zum Medien- und Kommunikationsbericht die dortigen Im- pulse auf, entwickelt sie weiter und macht konkrete Vor- schläge zur Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für eine moderne Medien- und Kommunikationswelt im digitalen und konvergenten Zeitalter. Der FDP-Antrag zur Reform des dualen Rundfunksystems enthält die dringlichsten Reformbestandteile, die zur Stärkung und dauerhaften Sicherung des Systems unabdingbar sind. Für beide werbe ich um Ihre Unterstützung. Dr. Lothar Bisky (DIE LINKE): Die Welt der Me- dien befindet sich in einem rasanten Wandlungsprozess. Die Bedingungen der digitalen Kommunikation und ih- rer Netzwerke sind allgegenwärtig. Das gilt für die Presse, die Buchverlage, die Film- und die Musikindus- trie schon jetzt. Deren Zukunft liegt jenseits von Dru- ckerpresse, CD und DVD. Das sagen uns jedenfalls die handelnden Akteure und Akteurinnen des Internetzeital- ters. Damit werden tiefgreifende Umbrüche in den Ge- schäftsmodellen und der Beschäftigungssituation dieser Branchen verbunden sein. Schon jetzt ist ein Kultur- kampf darüber entbrannt, wie das neue Zeitalter zu regu- lieren ist. Er verläuft zwischen Jung und Alt, zwischen Digital und Analog. Die schnelle technologische Ent- wicklung zeigt allerdings, dass wir das Neue nicht nach den Maßstäben des Alten steuern können. Auch der klassische Rundfunk und das Fernsehen werden zunehmend vom Sog der Digitalisierung und der damit einhergehenden Revolutionierung althergebrach- ter kultureller Grundlagen erfasst. Während die Sende- möglichkeiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Internet mühselig erkämpft werden müssen, entwickeln private Internet- und Telekommunikationsunternehmen weltweit Programmangebote jenseits einer demokrati- schen Medienordnung. Sie mausern sich ohne kulturel- len Auftrag, ohne öffentliche Kontrolle und Transparenz zu Sendeanstalten von morgen. Öffentliche Berichter- stattung wird unter diesen Bedingungen zum Spielball rein finanzieller Interessen. Das lehnen wir Linke im In- teresse einer an Transparenz und Objektivität orientier- ten Berichterstattung ab. Wenn wir keine moderne Medienordnung schaffen, werden Radio und Fernsehen vom Internet verdrängt werden. Dann werden allein private Unternehmen wie Google und andere zum Rundfunk der Zukunft. Ohne moderne medienrechtliche Rahmenbedingungen wer- den die Bedingungen des Marktes und des Wettbewerbs zum bestimmenden Beweggrund digitaler Kommunika- tion. Einflussnahmen auf die öffentliche Meinung werden dann in naher Zukunft durch die Aufzeichnung des Nut- zungsverhaltens, durch individuell zugeschnittene Wer- bung, durch die Bündelung und Verwertung von Inhalten in vordefinierten Programmpaketen, durch elektronische Programmführer und durch einseitig dominierte Emp- fangsgeräte und Set-Top-Boxen erfolgen. Gegenüber einer vollständigen Kommerzialisierung von Kultur und Information kann der öffentlich-rechtli- che Rundfunk ein notwendiges Korrektiv sein. Auch im Digitalzeitalter bleibt sein Funktionsauftrag bestehen. Dazu müssen die Öffentlich-Rechtlichen die mit der Di- gitalisierung verbundenen neuen Entwicklungsmöglich- keiten frei und ohne Beschränkungen nutzen können. Das jetzige Verfahren – gefunden im Kompromiss zwi- schen der Europäischen Kommission und der Bundesre- gierung – ist für einen zukunftsfähigen öffentlich-recht- lichen Rundfunk ungeeignet. Es hat sich zu einem bürokratischen und kostenfressenden Monstrum entwi- ckelt. Der sogenannte Dreistufentest schafft keine Mi- nute neues Programm. Stattdessen verschlingt er unnö- tige Summen an Gebührengeldern – Gelder, die in die Entwicklung eines zukunftsfähigen Programmangebo- tes, in dem die Kreativen mehr und die Verwaltungen weniger zu sagen haben, aus Sicht der Linken besser an- gelegt wären. Das Fundament für einen öffentlich-rechtlichen Rund- funk im Digitalzeitalter ist seine konsequent werbefreie und nichtkommerzielle Ausrichtung. Nur so lässt sich seine Akzeptanz und seine Finanzierung durch Gebühren bei den Bürgerinnen und Bürgern langfristig sicherstellen und die zunehmende Konkurrenzsituation zu den privaten Rundfunkanbietern aufheben. Zugleich ist das die we- sentliche Vorrausetzung, um sich dem Druck des europäi- schen Wettbewerbsrechts und dem Primat der Kommis- sion zu entziehen. Ein Werbe- und Sponsoringverbot – mit Ausnahme des Sports – wäre dazu ein erster wich- tiger Schritt. Entgegen anderslautender Behauptungen sind Werbe- und Sponsoringfreiheit durchaus finanzier- bar, entweder über das Einspar- und Umschichtungspo- tenzial in den bestehenden Haushalten der öffentlich- rechtlichen Anstalten oder aber durch die Kompensation des Ausfalls von Gebührenbefreiungen durch die Träger sozialer Leistungen. Wir plädieren für Letzteres. Grietje Staffelt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist Wirklichkeit geworden, was wir Grünen gerne ver- hindert hätten: ARD und ZDF müssen nicht nur neue Onlineangebote dem Dreistufentest unterziehen, sondern auch das komplette bestehende Onlineangebot der Öf- fentlich-Rechtlichen muss noch einmal auf den Prüf- stand. Damit werden die Öffentlich-Rechtlichen im In- ternet noch stärker lahmgelegt als durch die engen Restriktionen, die im 12. Rundfunkänderungsstaatsver- trag ohnehin schon festgelegt sind, wie zum Beispiel das Verbot presseähnlicher Angebote oder die Siebentage- frist. Wir Grünen haben uns immer für eine 1:1-Umset- zung des Brüsseler Kompromisses starkgemacht. Statt- dessen haben wir es nun mit einem bürokratischen Monstrum zu tun. Warum auch das bestehende Onlineangebot im Nach- hinein noch einmal „zugelassen“ werden muss, ist un- klar. Es ist unnötig. Viel Geld, Personal und Aufwand werden für die Durchführung des Dreistufentests von den Redaktionen abgezogen, was nicht nur die inhaltli- 24474 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 (A) (C) (B) (D) che Arbeit und die Qualität gefährdet, sondern letztend- lich ein noch unüberschaubares Mehr an Gebührengel- dern fordert. Nach Schätzungen der ARD wird die Bestandsprüfung der gemeinschaftlichen Telemedien mindestens 5 Millionen Euro kosten. Damit wird den Anstalten ein Berg Arbeit aufgeladen, der wohl nur mit zusätzlichen Beschäftigten abgetragen werden kann. Das Programm wird dadurch nicht besser, aber viel teurer. Hier freuen sich die Verleger der Onlinepresse und die Privaten; denn sie haben es dank des 12. Rundfunk- änderungsstaatsvertrags geschafft, ARD und ZDF online ordentlich auszubremsen. Und sie lassen nicht locker: Die Attacken bei der Nichtveröffentlichung des Kika- Gutachtens belegen dies. Dabei sind die neuen Regelun- gen noch nicht einmal in Kraft. Ich fordere alle an den Prüfverfahren direkt und indi- rekt Beteiligten dazu auf, den Populismus eine Weile beiseite und ARD und ZDF in Ruhe ihre Verfahren aus- arbeiten zu lassen. Nach einer ersten Evaluierung ist immer noch Zeit genug, Änderungen vorzunehmen. Aber ich fordere auch alle am öffentlich-rechtlichen Pro- gramm interessierten Verbände und Institutionen auf, von ihrer Möglichkeit Gebrauch zu machen, zu den Te- lemedienangeboten im Rahmen des Dreistufentests schriftlich Stellung zu nehmen und damit die Rundfunk- gremien bei ihrer neuen Aufgabe zu unterstützen. Wenn hier nämlich nur Stellungnahmen von Verlegern und dem Privatrundfunk eintreffen, entsteht eine extreme Schieflage bei der Beurteilung des Angebots. Wir haben uns immer dafür ausgesprochen, dass die Bestands- und Entwicklungsgarantie des öffentlich- rechtlichen Rundfunks gewährleistet sein muss. Der öf- fentlich-rechtliche Rundfunk muss das Internet als dritte Säule neben Radio und TV nutzen dürfen. Er erreicht sonst wesentliche Zielgruppen nicht, und der Gebühren- einzug wird immer ungerechtfertigter. Bündnis 90/Die Grünen sind der Meinung, dass Rundfunkgebühren richtig und notwendig sind, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und sein Qualitätsange- bot zu erhalten und allen zugänglich zu machen. Die Ge- bührenerhebung pro Gerät macht aber in Zeiten der Kon- vergenz der Geräte und Inhalte keinen Sinn mehr. Vielmehr brauchen wir eine Medienabgabe pro Haushalt und Betrieb, unabhängig von den jeweiligen Geräten. Diese Reform kann kostenneutral und leicht durchge- führt werden, denn die GEZ würde auch weiterhin die Gebühren einziehen und verwalten. Sie müsste keine Kontrollbesuche mehr machen und nach verschiedenen Geräten „fahnden“; Verwaltungsaufwand und -kosten könnten reduziert werden. Die Mediengebühr pro Haus- halt ist unabhängig von technischen Entwicklungen und neuen Geräten und ist somit ein zukunftsfähiges Modell, das leidliche Diskussionen über die Gebühren für unter- schiedliche Gerätetypen unnötig macht. Dies sind keine leeren Worte im Wind. Wir haben ein solches Modell durchkalkuliert, und wir gehen sogar von einer etwas geringeren monatlichen Gebühr für die Haushalte aus. Wir wissen aber auch, dass es viele Menschen gibt, die sich die Gebühr auch heute schon nicht leisten kön- nen. Die GEZ muss den ihr zugedachten Beurteilungs- spielraum bei Härtefällen voll ausschöpfen. Es kann nicht sein, dass nur der befreit wird, der einen entspre- chenden Bescheid vorlegen kann, und Tausende damit durchs Raster fallen. Schließlich sollen die Regelungen zum Nutzen und nicht zulasten der Geringverdienenden wirken. Diese Befreiungsmöglichkeiten wollen wir auch bei einer Haushaltsmedienabgabe erhalten. Wir sind ge- spannt, ob sich die Ministerpräsidenten in diesem Jahr für unser Modell entscheiden. Noch einige Worte zum Medien- und Kommunikati- onsbericht, der heute ebenfalls beraten wird. Er bietet eine solide Grundlage und einen wunderbaren Überblick über das, was medienpolitisch geschieht, und auch darü- ber, was notwendig wäre. Allerdings entsprechen seine Inhalte nicht annähernd der tatsächlichen Politik unseres Beauftragten für Kultur und Medien, Bernd Neumann. Dessen „Medienpolitik“ drehte sich hauptsächlich um Filmförderung, Computerspielepreis und die Initiative Printmedien. Das ist sehr schade. Gerade weil die me- dienpolitischen Aktionsfelder so weit gestreut und ver- schiedenste Ressorts damit befasst sind, hätten wir uns mehr Engagement und eine zusammenführende Koordi- nation des gesamten Politikfeldes gewünscht. Zu medi- enpolitisch äußerst relevanten Fragen wie der Freiheit im Netz oder dem diskriminierungsfreien Zugang zu Ange- boten, zur Vorratsdatenspeicherung oder dem Breit- bandausbau äußert sich Herr Neumann einfach nicht. Die neuen Medien scheinen ihm bis auf Computerspiele seltsam fremd geblieben zu sein. Die wirklich wichtigen Themen überlässt er dem Familien-, Wirtschafts- oder Innenministerium. Im Bericht stellt die Bundesregierung die Freiheit der Medien in den schillerndsten Farben dar. Doch die Ten- denzen zur Überwachung der Bürgerinnen und Bürger im Internet sind erschreckend und stellen das genaue Ge- genteil dessen dar, was der Bericht propagiert. Der Be- griff der Medienfreiheit verkommt zur Floskel. Einige Beispiele. Seit dem 1. Januar 2009 gilt die Vorratsdatenspeicherung, das heißt, Telekommunika- tionsanbieter müssen verdachtslos für sechs Monate alle Verbindungsdaten der Deutschen speichern, also wer wann wem gemailt hat. Die Inhalte der Kommunikation wurden zum Glück noch ausgenommen. Hierzu haben wir kein Wort unseres Medienstaatsministers vernom- men. Darüber hinaus erleben die Bürger permanenten Missbrauch ihrer persönlichen Daten durch die Privat- wirtschaft, wie erst kürzlich bei Lidl, Telekom oder der Deutschen Bahn geschehen. Gerade Unternehmen müs- sen aber Datenschutz gewährleisten. Liebe CDU/CSU, bitte lassen Sie das von der Bundesregierung vorgeschla- gene Ende des Listenprivilegs im „Gesetz zur Regelung des Datenschutzaudits und zur Änderung datenschutz- rechtlicher Vorschriften“ so stehen und verwässern Sie es nicht durch entsprechende Anträge. Schenken Sie der Wirtschaftslobby hier kein Gehör! Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 24475 (A) (C) (B) (D) Noch ein letztes Beispiel. Im Bericht steht: „Die Bun- desregierung sieht die Medienvielfalt nicht konkret ge- fährdet.“ An anderer Stelle wiederum steht: „Ein Groß- teil der Nutzer nimmt nur das wahr, was von Google auf den ersten beiden Seiten ausgeworfen wird.“ Das sind zwei widersprüchliche Aussagen. Meinungsmacht haben nicht mehr allein die Bild-Zeitung oder das RTL-Ange- bot. Meinungsmacht gibt es längst bei Suchmaschinen und durch die Konvergenz von Print, Radio, TV und In- ternet. Die bestehende, für den Rundfunk- und Pressebereich gut funktionierende Medienkonzentrationskontrolle muss also ans Internet angepasst werden. Die Ermittlung von Meinungsmacht über Zuschaueranteile ist veraltet. Wir brauchen eine moderne Konzentrationskontrolle, die Google und Co. und mediale Verstrickungen mit ein- schließt. Beteiligungsbegrenzungen für internationale Medienunternehmen sind keine Lösung. Wir hätten uns sehr gewünscht, hier vonseiten des BKM einmal Vor- schläge und Antworten zu hören. Wir Grüne sprechen uns in jedem Fall für klarere Transparenzregeln aus. Surfer, Zuschauer, Leser und Hörer müssen nachvollziehen können, mit welchen Teil- habern und Mitgesellschaftern sie es bei den von ihnen genutzten Medien zu tun haben. Nur dann können sie frei entscheiden, von wem sie Informationen beziehen wollen. Ich wage kaum zu hoffen, dass wir irgendwann ein- mal ein eigenes Ministerium haben werden, das sich den drängenden Fragen der Informationsgesellschaft an- nimmt und sich die Medienpolitik mit ihren vielfältigen Themenfeldern zur Brust nimmt. Ich hoffe aber sehr, dass wenigstens der Medien- und Kommunikationsbe- richt zu einer Art Agenda des nächsten Beauftragten für Kultur und Medien wird. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Krankenhausinfektionen vermeiden – Multiresistente Problemkeime wirksam be- kämpfen (Tagesordnungspunkt 31) Dr. Hans Georg Faust (CDU/CSU): „Das Umden- ken muss bei den Akteuren im ambulanten und stationä- ren Bereich stattfinden, und hier als wichtigster Punkt die Verbesserung der Händehygiene.“ Diesen einfachen, aber nach wie vor zutreffenden Leitsatz zur Vermeidung von nosokomialen Infektionen der Übertragung einer Er- krankung auf Patienten im zeitlichen Zusammenhang mit einem Krankenhausaufenthalt oder eines Aufenthalts in einer anderen medizinischen Einrichtung formulierte Herr Professor Markus Dettenkofer vom Institut für Um- weltmedizin und Krankenhaushygiene an der Uniklinik Freiburg bereits im Oktober des vergangenen Jahres. Diese einfache und zugleich zutreffende Erkenntnis wurde im Wesentlichen auch durch die Sachverständi- gen, so zum Beispiel Frau Professor Dr. Petra Gastmeier, während der öffentlichen Anhörung des Gesundheitsaus- schusses am 25. März 2009 bestätigt. In diesem Zusam- menhang möchte ich eine weitere, mir als Krankenhaus- arzt wichtige Erkenntnis aus der öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses, hier auch vor dem Plenum des Deutschen Bundestages besonders hervorheben. Denn sowohl einzelne Medien als auch die Fraktion Die Linke verunsichern die Bevölkerung mit Angaben über durch im Krankenhaus erworbene Infektionen zu Tode gekommene Patientinnen und Patienten, die den Ein- druck erzeugen, dass es höchst gefährlich sei, ein deut- sches Krankenhaus aufzusuchen. Das Nationale Refe- renzzentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen, NRZ, führt in seiner schriftlichen Stellung- nahme diesbezüglich aus: Erstens. „(…) Zahlen wie 50 000 Tote durch Kran- kenhausinfektionen seien wissenschaftlich nicht haltbar, weil Studien dazu methodisch sehr anspruchsvoll sind. Denn wenn ein Patient mit Infektion stirbt, ist es häufig sehr schwer abzugrenzen, ob er wirklich ,an‘ der Infek- tion oder lediglich zeitlich ,mit‘ der Infektion verstorben ist, das heißt in diesem Falle wäre der Patient wahr- scheinlich ohnehin an seinen Grundkrankheiten verstor- ben (…).“ Zweitens. „(…) Das Europäische Center for Disease Control and Prevention (ECDC) schätzt die Anzahl der Todesfälle, die als direkte Konsequenz der nosokomia- len Infektionen pro Jahr in Europa auftreten, auf 37 000. Unter der Annahme einer gleichmäßig hohen Sterblich- keit wegen nosokomialer Infektionen in Europa müsste man somit in Deutschland mit circa 7 500 Todesfällen wegen nosokomialer Infektion rechnen. Nimmt man ei- nen Anteil von 20 bis 30 Prozent vermeidbarer Fälle an, kann man davon ausgehen, dass pro Jahr circa 1 500 bis 4 500 Patienten in Deutschland an einer vermeidbaren nosokomialen Infektion versterben (…).“ Diese Aussagen werden auch durch Untersuchungen bestätigt, die während des 33. Interdisziplinären Fortbil- dungsforums der Bundesärztekammer vorgestellt wur- den. So veröffentlichte dort unter anderem Frau Dr. Christine Geffers vom Hygieneinstitut der Charité Berlin aktuelle Daten zu methicillinresistenten Staphylo- kokken, MRSA, in Deutschland. Nach den medizinisch- wissenschaftlichen Erkenntnissen von Frau Dr. Geffers lag in Deutschland der Anteil der MRSA an allen Sta- phylokokken, S. aureus, in Blutkulturen im Jahr 2007 bei 16 Prozent, nach über 20 Prozent in den Jahren da- vor. Eine ähnlich gute rückläufige Tendenz ist bei post- operativen Wundabstrichen festzustellen: Hier lag die Quote im Jahr 2007 bei 20,7 Prozent, im Jahr zuvor noch bei 21,9 Prozent. Und wenn die tatsächlichen Infektio- nen in Kliniken analysiert werden, zeigt sich sogar ein noch deutlicherer Rückgang. So lag die Inzidenzdichte für MRSA-Infektionen auf deutschen Intensivstationen in den Jahren 2006 und 2007 bei 0,3 Infektionen pro 1 000 Patiententage. 1997 waren es noch 50 Prozent mehr Fälle. Die Auseinandersetzung mit nosokomialen Infektio- nen muss vor allem in den Krankenhäusern bzw. in den medizinischen Abteilungen und auf den pflegerischen 24476 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 (A) (C) (B) (D) Stationen erfolgen. Nur hier können die richtigen Schlüsse in Bezug auf mögliche Konsequenzen bei den Infektionspräventionsmaßnahmen gezogen werden. Und dass dieser Ansatz der zielführendere ist, wird durch die von mir soeben vorgetragenen medizinisch-wissen- schaftlichen Erkenntnisse unterstrichen. Dass die deutschen Krankenhäuser sich ihrer diesbe- züglichen Verantwortung auch bewusst sind, wird da- durch deutlich, dass mittlerweile 1 116 Krankenschwes- tern bzw. Krankenpfleger mit der Zusatzqualifikation „Hygienefachkraft“ in den Häusern beschäftigt werden und dort eine vorbildliche Arbeit leisten. Wirklich bedauerlich ist, dass Sie hier wieder einmal nur einen Antrag eingebracht haben, der wenig zur Lö- sung von Herausforderungen im Gesundheitssystem bei- trägt, sondern Ängste und Sorgen bei den Menschen weckt. Denn wenn es Ihnen ernsthaft um die Bekämp- fung von Krankenhausinfektionen gegangen wäre, hät- ten Sie – spätestens nach der Öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses vom 25. März 2009 – Ihren An- trag „Krankenhausinfektionen vermeiden – Multiresis- tente Problemkeime wirksam bekämpfen“ auf Bundes- tagsdrucksache 16/11660 zurückziehen müssen. Und da Sie diesen Mut zur besseren Erkenntnis nicht besessen haben, wird die CDU/CSU-Bundestagsfraktion daher heute diesen Antrag hier ablehnen. Wir stimmen Ihren Forderungen, wie zum Beispiel nach einer „Eindämmung der Krankenhauskeime“ sowie einer „wirkungsvollen verbindlichen Regelungen zur er- folgreichen Eindämmung und Prävention“ nicht zu, da das Infektionsschutzgesetz, IfSG, sowie die Kranken- haushygieneverordnungen auf Landesebene bei konse- quenter Umsetzung sowohl Prävention als auch Be- kämpfung von Krankenhausinfektionen bereits heute schon fördern und ermöglichen. Wir stimmen Ihren For- derungen nach einer „personellen Aufstockung und Qua- lifizierung des Personals in Gesundheitsämtern“ nicht zu, da dies Aufgabe der Länder ist und der Bund hier keine Regelungskompetenz hat. Allerdings möchte ich in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass die Bundesregierung die Qualitätssicherung in der Hygiene im Rahmen des Krankenhaus-Infektions-Surveillance- Systems, KISS, fördert und bei der Antibiotikaresistenz- strategie eine enge fachliche Kooperation zwischen Krankenhäusern und Gesundheitsämtern bereits schon vorgesehen ist. Wir stimmen Ihren Forderungen nach ei- ner „Präventionsstrategie gegen nosokomiale Infektio- nen, die für Krankenhäuser betriebswirtschaftlich sinn- voll sein soll“ nicht zu, da sowohl KISS als auch die Antibiotikaresistenzstrategie Vorgaben enthalten, die be- reits kurzfristig zu einer finanziellen Entlastung der Krankenhäuser führen, wenn die Eindämmung der Kran- kenhausinfektionen durch Investition in entsprechende Hygienemaßnahmen konsequent umgesetzt werden. Und wir stimmen abschließend Ihren Forderungen nach einer Kopie „von geeigneten Maßnahmen erfolgreicher europäischer Nachbarländer“ nicht zu, da bereits schon bei der MRSA-Bekämpfung das Euregio-Netzwerk zur MRSA-Bekämpfung bei der Antibiotikaresistenzstrate- gie zugrunde gelegt wurde. Darüber hinaus wurden bei der Erstellung der Strategie die Antibiotikaresistenzstra- tegien in Dänemark, Holland und den USA evaluiert. Die Auffassung, die Bundesregierung tue zu wenig ge- gen Krankenhausinfektionen, ist weder gerechtfertigt noch zutreffend. Vielmehr ist die Bundesregierung im Rahmen ihrer Zuständigkeit tätig und initiiert Aktivitäten in ihrer Zuständigkeit durch Gesetzgebung – Regelungen des IfSG, Vorbereitung einer Meldepflichtverordnung für MRSA –, fachliche Empfehlungen – der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention, KRINKO –, Projekte und Impulse – Nationales Referenzzentrum für die Surveillance von nosokomiale Infektionen und KISS, „Aktion saubere Hände“, Deutsche Antibiotikaresistenz- strategie und darin zusammengefasste Aktivitäten. Weil Ihr Antrag eben nicht auf der Höhe der Zeit ist, ist dieser abzulehnen. Für die CDU/CSU-Bundestags- fraktion sind die Patientensicherheit und die Qualität der Versorgung von Patientinnen und Patienten hohe Güter. Ihr Antrag hilft in dieser Beziehung aber nicht weiter. Dr. Carola Reimann (SPD): Der Antrag der Links- fraktion fordert die Bundesregierung auf, Maßnahmen zur Eindämmung der Krankenhausinfektionen zu ergrei- fen. Wir lehnen diesen Antrag ab, weil er Forderungen beinhaltet, die von der Bundesregierung längst in An- griff genommen wurden, und weil er darüber hinaus auch noch Zuständigkeiten missachtet. Das gilt bei- spielsweise für die Forderung nach mehr Fachpersonal in den Gesundheitsämtern. Dafür sind die Bundesländer und nicht der Bund zuständig. Auch der Erlass von Krankenhaus-Hygiene-Verordnungen ist Aufgabe der Länder. Einige Länder, wie zum Beispiel Bremen, Sach- sen und Berlin, spielen hier eine Vorreiterrolle. Ich er- warte, dass andere Länder diesem Beispiel folgen. Krankenhausinfektionen stellen ein ernsthaftes Pro- blem dar. Die Bundesregierung ist sich dieser Problema- tik sehr bewusst, und aus diesem Grund ist sie in diesem Bereich schon seit geraumer Zeit aktiv. Maßnahmen zur Bekämpfung der Krankenhausinfektion hat die Bundes- regierung längst in Angriff genommen: Zuallererst ist hier das Infektionsschutzgesetz zu nennen, das zahlrei- che Bestimmungen enthält, damit die Gesundheitsämter Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung nosoko- mialer Infektionen treffen können. Zudem kann auch den Kolleginnen und Kollegen der Linken nicht entgangen sein, dass das Bundesministerium für Gesundheit bereits eine Verordnung zur Erweiterung der Meldepflicht von MRSA in enger Abstimmung mit den Ländern, Verbän- den und Experten erarbeitet hat. Der Gesundheitsaus- schuss des Bundesrates hat ja bereits einstimmig für die Verordnung gestimmt. Morgen wird sich dann das Ple- num des Bundesrates damit befassen. Es ist davon aus- zugehen, dass die Verordnung im August in Kraft treten kann. Der Handlungsbedarf ist also längst erkannt, und entsprechende Maßnahmen sind ergriffen worden. Dazu bedarf es nicht auch noch eines zusätzlichen Antrages. Eine effektive Strategie zum Kampf gegen Kranken- hausinfektionen muss einen Mix aus verschiedenen Maßnahmen beinhalten. Neben gesetzlichen Bestim- mungen spielen Kampagnen und Programme für eine Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 24477 (A) (C) (B) (D) Verbesserung der Krankenhaushygiene eine wichtige Rolle. Ein Beispiel dafür ist die vom Bundesministerium für Gesundheit geförderte „Aktion Saubere Hände“. Die sorgfältige Handdesinfektion ist die wichtigste Maß- nahme zur Vermeidung der Übertragung von Infektions- erregern. Bundesweit nehmen fast 500 Krankenhäuser an dieser Aktion teil. Ich freue mich über die gute Reso- nanz. Diese vergleichsweise einfachen, aber höchst wirksamen Programme zur Handdesinfektion sind ein wichtiger Baustein zur Eindämmung von Krankenhaus- infektionen. Neben den hier genannten Programmen und gesetzli- chen Bestimmungen existieren noch zahlreiche andere, wirkungsvolle Maßnahmen. Zu nennen ist hierbei das Krankenhaus-Infektions-Surveilance-System, KISS, das die Erfassung und Analyse von Daten über Krankenhaus- infektionen ermöglicht und an dem sich über 800 Kran- kenhäuser beteiligen. Einen wichtigen Beitrag zur Ver- besserung der Krankenhaushygiene und zur Verhütung nosokomialer Infektionen leistet auch die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention, KRINKO. Sie stellt fachlich fundierte Empfehlungen auf dem Stand der Wissenschaft für Ärzte, Pfleger und Reinigungskräfte zur Verfügung. Die Bundesregierung hat also in ihrem Verantwor- tungsbereich die notwendigen Maßnahmen auf den Weg gebracht. Daher ist eine Aufforderung an die Bundesre- gierung, wie sie im vorliegenden Antrag formuliert ist, überflüssig. Aus diesem Grund lehnen wir den vorlie- genden Antrag ab. Dr. Konrad Schily (FDP): Jährlich kommt es Schät- zungen zufolge zu 20 000 bis 40 000 Todesfällen auf- grund von Krankenhausinfektionen. Dies ist auch aus unserer Sicht ein unhaltbarer Zustand. Hinzu kommt eine nur zu schätzende Zahl von Patienten, die sich bei einer medizinischen Behandlung im Krankenhaus infi- zieren. Diese Fakten beunruhigen uns sehr, da sie für den einzelnen Patienten zusätzliches und sogar vermeidbares Leiden bedeuten. Dazu kommen die enormen Zusatz- kosten, die sich aus den unnötigen und verlängerten Krankenhausaufenthalten ergeben. Das Anliegen der Fraktion der Linken, Krankenhaus- infektionen zu vermeiden, wird somit von der FDP-Bun- destagsfraktion ausdrücklich geteilt. Wir betrachten je- doch die im Antrag formulierten Forderungen und Maßnahmen als wenig zielführend. Als ein Indikator da- für kann die Behauptung der Linken betrachtet werden, dass die Bundesregierung eine Mitverantwortung trägt, die unhygienischen Zustände in den Krankenhäusern zu beenden. Diese Position können wir nicht unterstützen. Die Hygiene ist vielmehr eine ureigenste Aufgabe der Krankenhäuser selbst. In erster Linie müssen die Kran- kenhäuser die Verantwortung tragen. Darüber hinaus werden in diesem Antrag Maßnah- men vorgeschlagen, die bereits gesetzlich umgesetzt sind. Bei weiteren Maßnahmen muss man fragen, ob sie wirklich den behaupteten Nutzen bringen oder nicht bes- ser anders ausgestaltet werden sollten. Allein ein Ver- weis auf die Erfahrungen europäischer Länder lässt keine Ableitung auf unsere Situation in Deutschland zu. Das Blickfeld muss für eine breitere Diskussion geöffnet werden. Beispielweise ist der Antibiotikagebrauch in Deutschland eine Diskussion wert. Die Komplexität der Thematik lässt sich, aus unserer Sicht, nicht mit diesem Antrag nachhaltig und umfäng- lich bearbeiten. Deshalb enthält sich die Fraktion der FDP. Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Infektionen mit multiresistenten Keimen sind ein zuneh- mendes Problem in Krankenhäusern. Seit 1990 ist bei- spielsweise die Zahl der MRSA-Infektionen in Kliniken deutlich angestiegen, von 1,7 auf 32 Prozent. Die Linke schlägt eine umfassende Initiative des Bundes vor, um das Infektionsrisiko zu senken. Leichter gesagt als getan. Ich bezweifle, dass dieser Vorschlag wirklich trägt und zur Lösung des Problems in seiner ganzen Breite führen kann. Die Ursachen für die Infektion mit multiresistenten Keimen sind vielfältig. Und genauso vielfältig sind die Zuständigkeiten in dieser Frage. Ein Alleingang des Bundes ist hier schwer möglich. Eine spürbare Ände- rung der derzeitigen Situation können wir nur herbeifüh- ren, indem wir alle Verantwortungsträger einbeziehen. Wie bei allen biologisch aktiven, wandlungsfähigen Keimen werden wir derartige Infektionen nie umfassend und komplett verhindern können. Wir können aber einen Beitrag dazu leisten, dass Menschen vor bleibenden Ge- sundheitsschäden oder im schlimmsten Fall sogar vor dem Verlust ihres Lebens geschützt werden. Ein Aspekt, den die Linke zutreffend benannt hat: In deutschen Kliniken herrscht eine hohe Arbeitsbelastung. Es gibt zunehmende Dokumentationspflichten, und der damit verbundene Zeitmangel kann teilweise dazu füh- ren, dass Klinikbeschäftigte oder die Krankenhauslei- tung Maßnahmen zur Infektionsprävention nicht wirk- sam umsetzen. Die bessere personelle und materielle Ausstattung der Krankenhäuser, auch mit Hygienefach- kräften und -fachärzten, liegt allerdings in der Zustän- digkeit der Länder und der Krankenhausträger. Der Bund kann hier allenfalls Initiator einer konzertierten Aktion der Gesundheitsministerkonferenz sein, damit entsprechende personelle, materielle und organisatori- sche Ressourcen in Krankenhäusern mobilisiert werden. Ein weiterer Grund für die zunehmende Ausbreitung von resistenten Keimen ist ein sorgloser Umgang mit Antibiotika nicht nur bei der Behandlung von Menschen, sondern insbesondere auch in der Tiermast. Diesen As- pekt hat die Linke in ihrem Antrag leider völlig verges- sen. Die von der Bundesregierung im November 2008 verabschiedete Antibiotikaresistenzstrategie beschränkt sich leider auf die Beschaffung von Informationen und die Einrichtung einer interministeriellen Arbeitsgruppe. Wirklich effektive Strategien und Maßnahmen fehlen bislang. Viele Wege, über die resistente Keime übertragen werden, können – auch durch gesetzliche Regelungen oder Aktionen wie „Saubere Hände“ oder „HAND- 24478 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 (A) (C) (B) (D) KISS“ – nicht beseitigt werden, wenn die einzelnen Ak- teure nicht mitziehen. Die Einhaltung von bereits exis- tierenden Hygienevorschriften, beispielsweise des Robert-Koch-Instituts, oder das verantwortungsvolle Verschreiben von Antibiotika liegen in der Hand der Ärzte und des Pflegepersonals. Natürlich hat der Bund im Rahmen des Infektions- schutzgesetzes Möglichkeiten, auf die Ausbreitung be- stimmter Erreger Einfluss zu nehmen. Es bleibt aller- dings die Frage, ob Maßnahmen wie beispielsweise die vorgeschlagene Einführung einer Meldepflicht wirklich ausreichen. Wie sehr in dieser Frage die Zuständigkeiten zersplit- tert sind und Fortschritte vom Aktivwerden einzelner Akteure abhängen, zeigt auch eine andere Tatsache: Die Verbreitung von multiresistenten Keimen ist nicht nur von Bundesland zu Bundesland, sondern teilweise auch von Region zu Region und von Krankenhaus zu Kran- kenhaus unterschiedlich. Hier könnte zwar die Einfüh- rung einer Meldepflicht das Problembewusstsein schär- fen, gezielter auf die Einhaltung der Hygienevorschriften zu achten. Für eine wirkungsvolle Prävention aber brau- chen wir gezielte Maßnahmen auf allen Ebenen: von der Einführung von Screeningprogrammen über eine konse- quente Desinfektion bis hin zum vermehrten Einsatz von Hygienefachkräften und -fachärzten. Berlin, Bremen und Sachsen ebenso wie ein Modellprojekt im Raum Münster machen uns vor, wie es gehen könnte. Auch die Krankenkassen müssten im Zuge der Quali- tätsdiskussion ein Interesse daran haben, hier ihren Bei- trag zu leisten. Denn langfristig wird dadurch das Leid vieler Betroffenen verhindert, und so werden auch Kos- ten gesenkt. Dem vorliegenden Antrag der Linken ist zugutezuhal- ten, dass damit ein wichtiges Problem aufgegriffen wird. Der vermittelte Eindruck, dass es in der alleinigen Macht des Bundes stehe, die Infektionsgefahr durch entspre- chende Schutzmaßnahmen zu verringern, geht allerdings an der Realität vorbei. So wünschenswert dies in diesem Fall vielleicht wäre, weil es die Sache einfacher machen würde, so wenig stimmt es. Wir können daher dem An- trag der Linken nicht zustimmen. Rolf Schwanitz, Parl. Staatssekretär bei der Bun- desministerin für Gesundheit: Letzte Woche machte die WHO mit ihrem weltweiten Aktionstag „Safe Lives: Clean Your Hands“ auf die Bedeutung der Händehy- giene zur Eindämmung von Krankenhausinfektionen aufmerksam. Die Händehygiene ist eine einfache und kostengünstige, aber zugleich auch sehr wirkungsvolle Maßnahme, um Krankenhausinfektionen zu vermeiden. Das Bundesministerium für Gesundheit unterstützt die Aktion der WHO mit dem deutschen Projekt „Aktion Saubere Hände“, das bereits vor eineinhalb Jahren ange- laufen ist. Ein Viertel aller deutschen Krankenhäuser nehmen aktiv an der Aktion teil. Dies ist nur ein Bei- spiel, wie sich die Bundesregierung für die Verhinderung von Krankenhausinfektionen engagiert. Sie tut dies im Bereich der Rechtsetzung, wie jetzt ak- tuell die Meldepflichtverordnung für MRSA in Blut und Liquor zeigt, auf dem Gebiet der fachlichen Expertise, zum Beispiel durch die KRINKO-Empfehlungen, und durch gezielte wichtige Projekte wie die „Aktion Saubere Hände“. Unsere Aktivitäten haben wir in der Deutschen Antibiotikaresistenzstrategie in einem umfangreichen Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung und Verhütung von antimikrobiellen Resistenzen und Krankenhausinfektio- nen gebündelt. Diese Strategie wird jetzt umgesetzt. Jeder der beteiligten Akteure muss in seinem Zuständig- keitsbereich tätig werden, Verantwortung und Engage- ment zeigen. Auch bei der Anhörung mit Expertinnen und Exper- ten wurde deutlich, dass die Bundesregierung bereits die notwendigen vielfältigen und zielgerichteten Aktivitäten unternommen hat, um bei dem Problem der Kranken- hausinfektionen voranzukommen. Der vorliegende An- trag bringt keine wesentlichen weiteren Aspekte ein. Ich möchte abschließend noch einmal klarstellen: Die Risiken für Patientinnen und Patienten, sich bei einem Krankenhausaufenthalt zu infizieren, müssen minimiert werden. Die Bundesregierung nimmt diese Problematik sehr ernst und hat mit den eingeleiteten Maßnahmen zur Eindämmung der Krankenhausinfektionen und Antibio- tikaresistenzen den richtigen Weg eingeschlagen. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Vorsorge für Schlusszahlungen für inflationsindexierte Bundeswertpapiere“ (Schlusszahlungsfinanzie- rungsgesetz – SchlussFinG) (Tagesordnungs- punkt 34) Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU): Alleine den Titel dieses Gesetzentwurfs auszusprechen, erfordert höchste Konzentration. Worum es bei diesem Gesetzent- wurf aber eigentlich geht, möchte ich Ihnen hier zu- nächst verdeutlichen. Das Ziel ist, für den Bund bei der Fälligkeit von inflationsindexierten Wertpapieren hohe Einmalbelastungen vermeiden. Lassen sie mich zunächst erklären, was sich hinter dem Begriff „inflationsindexierte Wertpapiere“ verbirgt. Inflationsindexierte Wertpapiere zeichnen sich dadurch aus, dass sie im Gegensatz zu nominalverzinslichen Wertpapieren einerseits nur einen relativ niedrigen jähr- lichen Zinscoupon haben. Andererseits sind sie aber mit einem von der Entwicklung des Inflationsindexes abhän- gigen Rückzahlungsbetrag bei Fälligkeit des Wertpa- piers verknüpft, der sogenannten Schlusszahlung. Der Zins enthält zwei Komponenten. Zum einen ist er das Entgelt für den Konsumverzicht, den der Darlehensge- ber zugunsten des Darlehensnehmers leistet. Zum ande- ren enthält der Zins auch einen Ausgleich für den infla- tionsbedingten Wertverlust, den ein Darlehen zwischen der Gewährung und der Rückzahlung erleidet. Gerade Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 24479 (A) (C) (B) (D) die letzte Komponente enthält einen hohen spekulativen Anteil. Niemand kann vorhersehen, wie sich die Preis- entwicklung während der Laufzeit eines Darlehens ge- staltet. Genau hier setzt die inflationsindexierte Anleihe an. Sie will dieses Risiko für den Gläubiger praktisch ausschließen, indem anhand der tatsächlichen Verhält- nisse eine „Nachkalkulation“ vorgenommen wird. Diese gestaltet sich passgenau und kann ohne jegliche Sicher- heitsmarge erfolgen. Wenn man dagegen diesen Teil des Entgeltes am Beginn einer Laufzeit festlegt, so muss man einen Sicherheitszuschlag machen, weil niemand die Entwicklung genau vorhersehen kann. Um diesen einzusparen, kann man mit inflationsindexierten Anlei- hen arbeiten. Bei Inflation erhöht sich der Zinsbetrag in jedem Jahr, und im Fälligkeitsjahr der Papiere kommt die Schluss- zahlung, die eine Ausgleichszahlung für die Inflation über die gesamte Laufzeit enthält, auf den Bund zu. Durch diese Konstruktion der Papiere entstehen Pro- bleme für den Bundeshaushalt, weil sich zeitlich andere Belastungen als bei nominalverzinslichen Papieren erge- ben. Zwar sind die jährlichen Zinszahlungen bei infla- tionsindexierten Wertpapieren geringer, im Gegenzug ist aber die von der Inflation abhängige Schlusszahlung zu leisten, die es bei nominalverzinslichen Papieren nicht gibt. Daraus resultiert im Falle einer steigenden Infla- tionsrate eine hohe Einmalbelastung für den Bundes- haushalt im Fälligkeitsjahr, für die Vorsorge getroffen werden muss, die es bisher nicht gibt. Die Haushaltspla- nung berücksichtigt bisher nämlich nur die Couponzah- lungen, nicht aber die Schlusszahlungen, da die erstma- lige Fälligkeit einer fünfjährigen Bundesobligation im Jahr 2013 ansteht und damit nicht im aktuellen Finanz- planungszeitraum liegt. Die Höhe der im Haushalt aus- gewiesenen Kredittilgung des Bundes ist daher zu nied- rig angesetzt. Durch dieses Gesetz soll die Möglichkeit geschaffen werden, diesen Sprung zu vermeiden. Ich kann mir an dieser Stelle den Hinweis nicht ver- kneifen, dass ein modernes Haushaltsrecht den umständ- lichen Weg, der heute als Gesetz beschlossen werden soll, vermeiden würde. Hätte man ein doppisches Haus- haltsrecht, so hätten bereits in den Jahren, in denen die Anleihen laufen, Rückstellungen für die Schlusszahlung gebildet werden müssen. Es ist ganz klar, dass für jedes Jahr der Laufzeit am Ende feststeht, ob eine Schlusszah- lung fällig wird oder nicht. Durch die entsprechende Rückstellung würde automatisch zweierlei erreicht: Zum einen müsste die Rückstellung in dem Jahr gebildet wer- den, in dem die Inflationsrate eine Schlusszahlung erfor- derlich macht, und damit würde automatisch die Anlas- tung im richtigen Haushaltsjahr, dem Verursachungsjahr, sichergestellt. Zum anderen hätte man die fiskalische Wirkung, dass im Jahr der Fälligkeit die entsprechenden Kassenmittel zur Verfügung stehen, ohne dass sie dann den laufenden Etat außerordentlich belasten. Leider ha- ben wir ein solches fortschrittliches Haushaltsrecht nicht und werden es nach der jetzigen Beschlusslage mit der erweiterten Kameralistik auch nicht bekommen. Deshalb sind Hilfskonstruktionen erforderlich. Das heute zu be- schließende Gesetz soll eine solche Hilfskonstruktion schaffen. Wie geschieht dies? Es wird ein Sondervermögen er- richtet, um eine Vorsorge für die Schlusszahlungen die- ser Wertpapiere zu treffen. Durch die regelmäßigen Zah- lungen von Geldern im Jahr der Verursachung an das Sondervermögen wird dem Haushalt Geld entnommen und im Sondervermögen geparkt und so sichergestellt, dass bei Fälligkeit eines inflationsindexierten Wertpa- piers die Schlusszahlung komplett aus dem Sonderver- mögen geleistet werden kann und der Bundeshaushalt im Fälligkeitsjahr nicht mit der Schlusszahlung belastet wird. Dies entspricht einer vorausschauenden und nach- haltigen Finanzpolitik; denn durch das Sondervermögen können die Schlusszahlungen von der übrigen Finanz- entwicklung im Bundeshaushalt im jeweiligen Fällig- keitsjahr entkoppelt sowie die Kosten periodengerecht zugeordnet und dadurch transparent gemacht werden. Dies ist unter den gegebenen Umständen ein vernünfti- ger Weg, und deshalb wird die Union dem Gesetzent- wurf auch zustimmen. Das unschöne Ergebnis dieser „Krücke“ ist die Schaf- fung einer Sonderrechnung außerhalb des Haushaltes. Dies wollen wir aus Gründen der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit eigentlich gerade vermeiden. Es ent- stehen auf diesem Wege Töpfe und Nebenhaushalte; man kann sie auch als Schattenhaushalte bezeichnen, die niemand überblickt und die dem verfassungsrechtlich bestehenden Transparenzgebot zuwiderlaufen. Deshalb handelt es sich wirklich nur um eine „Krücke“ und nicht um eine vernünftige Lösung. Wenn es nach mir ginge, gäbe es noch einen anderen Weg, mit dem die Verabschiedung von Gesetzen wie dem vorliegenden nicht mehr erforderlich wäre. Ich for- dere nach wie vor – ich werde nicht müde, dies immer wieder zu unterstreichen, und die auf dem Tisch liegende Fehlentwicklung gibt mehr als Anlass dazu – die Einfüh- rung eines modernen, allen Anforderungen genügenden Haushaltsrechts in Form der öffentlichen Doppik. An- stelle einer Hilfskonstruktion wäre es auch heute besser, Nägel mit Köpfen zu machen und das richtige System zu schaffen. Leider habe ich dafür keine Mehrheit gefun- den. Ein unschöner Nebeneffekt der bisherigen Regelung ist, dass während der Laufzeit des Darlehens der Haus- halt eine höhere Konsumkraft ausweist, als eigentlich gegeben ist. Ohne die Belastung im laufenden Haushalt zum Aufbau einer entsprechenden Rückstellung in Form eines Sondervermögens werden die dafür notwendigen Zahlungen aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. In den Jahren, in denen sie aufgeschoben sind, scheint der Um- fang der Pflichtzahlungen des Staates zu niedrig und führt dementsprechend auch nicht zu einer Lenkung der Mittel in die richtigen Kanäle. Im Gegenteil: Es entsteht der Eindruck einer höheren Konsumkraft, die aus politi- schen Gründen regelmäßig auch genutzt wird. Der Staat gibt also Geld aus, das er eigentlich gar nicht mehr hat. Genau das müssen wir vermeiden. Da die Vernunft nicht ausreicht, müssen wir Zwangsmechanismen schaffen. Dieses Thema gibt mir Veranlassung, einen Appell an alle Kräfte dieses Hauses zu richten, endlich dem Grund- satz, auch der Staat kann nur das ausgeben, was er hat, 24480 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 (A) (C) (B) (D) Genüge zu tun. In der Beratung findet sich zur Sicher- stellung dieser Volksweisheit die sogenannte Schulden- bremse. Nun höre und lese ich insbesondere in der Han- noverschen Allgemeinen Zeitung, dass Teile dieses Hauses und damit leider auch Teile der Koalition von der Schuldenbremse Abstand nehmen wollen. Das ist eine Versündigung an der Generation unserer Kinder und un- serer Enkel. Wir konsumieren heute, und diese müssen morgen dafür zahlen, ohne dass sie die Möglichkeit hat- ten, unser Verhalten zu beeinflussen, oder wir ihnen ent- sprechend höhere Werte überlassen hätten. Gerade in der Krise wird deutlich: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not. – Wenn wir diesem in der Vergangenheit Rech- nung getragen hätten oder wenn wir wenigstens nicht mehr ausgegeben hätten, als wir eigentlich erwirtschaftet haben, dann wäre der Zinsblock im Bundeshaushalt deutlich geringer. Statt der 43 Milliarden Euro würde er vielleicht 15 bis 20 Milliarden Euro umfassen, die wir für den Wiederaufbau in den neuen Bundesländern oder für die Beseitigung der Schäden durch die kommunis- tische Diktatur im östlichen Teil unseres Vaterlandes aufwenden müssten. Was könnten wir dann nicht alles Gutes zur Förderung der Wirtschaft und damit zur Be- kämpfung der augenblicklichen Notlage erreichen! Ich empfehle Ihnen heute die Zustimmung, obwohl ich mir persönlich etwas Weitergehenderes wünsche. Aber für Erkenntnisse ist es ja nie zu spät; vielleicht ist auch diese Regelungsnotwendigkeit eine Treppenstufe auf dem Wege zur Erkenntnis, dass wir eines Tages doch noch das wirklich Richtige tun. Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (SPD): Die Er- richtung eines Sondervermögens „Vorsorge für Schluss- zahlungen für inflationsindexierte Bundeswertpapiere“ hat das Ziel, den Aufbau dieses Marktsegments fortzu- setzen, um damit über ein breites Spektrum an Instru- menten für eine möglichst günstige Kreditaufnahme zu verfügen. Die haushaltspolitischen Folgen der interna- tionalen Finanz- und Wirtschaftskrise erfordern weitaus höhere Kreditaufnahmen und daher beabsichtigen wir, den Aufbau dieses – auch an den internationalen Finanz- märkten etablierten – Instruments fortzusetzen. Was sind inflationsindexierte Bundeswertpapiere? Es sind Schuldverschreibungen, deren Verzinsung an einen Inflations- bzw. Preisindex gekoppelt ist. Die Indexie- rung ermöglicht den Investoren eine Absicherung gegen schwankende Inflationsraten und ermöglicht es dem Kreditnehmer, den Wertpapiercoupon deutlich zu sen- ken. Das ist gut für Anleger und Kreditnehmer, die beide von einer verbesserten Risikoaufteilung profitieren. Der Bund nutzt dieses Marktsegment bereits seit 2006 und strebt an, mittelfristig bis zu fünf Prozent der Brutto- kreditaufnahme am Kapitalmarkt über diese Papiere zu decken. Bisher hat die Finanzagentur im Auftrag des Bundes sehr erfolgreich inflationsindexierte Bundes- wertpapiere mit einem Volumen von 22 Milliarden Euro auf den Kapitalmarkt gebracht. Für das Haushaltsjahr 2009 hat die Finanzagentur die Emission dieser Papiere mit einem Volumen von 6 bis 10 Milliarden Euro ange- kündigt. Für den Bundeshaushalt ergeben sich aus inflations- indexierten Bundeswertpapieren zeitlich andere Belas- tungen als bei nominalverzinslichen. Die jährlichen Zinszahlungen sind bei inflationsindexierten Bundes- wertpapieren geringer als bei nominalverzinslichen. Im Gegenzug ist bei Fälligkeit der inflationsindexierten Bundeswertpapiere eine von der Entwicklung der Infla- tion abhängige Schlusszahlung zu leisten, die es bei nominalverzinslichen Bundeswertpapieren nicht gibt. Auf den Bundeshaushalt kommt im Fälligkeitsjahr des inflationsindexierten Bundeswertpapiers eine hohe Ein- malbelastung zu, während in anderen Jahren keine Schlusszahlungen inflationsindexierter Bundeswertpa- piere fällig sind. Eine vorausschauende und nachhaltige Haushalts- und Finanzpolitik – nach der jüngsten Steuerschätzung wich- tiger denn je – erfordert eine Vorsorge für die in Zukunft mit Sicherheit entstehenden kassenwirksamen Ausgaben aus der Kreditaufnahme. Aus diesem Grund soll durch dieses Gesetz ein Sondervermögen des Bundes geschaf- fen werden, das Vorsorge für die Schlusszahlungen dieser inflationsindexierten Bundeswertpapiere trifft. Mit der Errichtung des Sondervermögens können die Schlusszah- lungen von der übrigen Finanzentwicklung im Bundes- haushalt im jeweiligen Fälligkeitsjahr entkoppelt sowie die Kosten periodengenau zugeordnet und dadurch auch absolut transparent gemacht werden. Durch die kontinu- ierliche Zuführung von Mitteln an das Sondervermögen wird sichergestellt, dass bei Fälligkeit eines inflationsin- dexierten Bundeswertpapiers die Schlusszahlung, also der den Gesamtnennbetrag übersteigende, der Inflation während der Laufzeit des Wertpapiers geschuldete Be- trag, aus dem Sondervermögen geleistet werden kann, und der Bundeshaushalt im Fälligkeitsjahr insoweit nicht mit der Schlusszahlung belastet wird. Ich bitte um Zustimmung und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Otto Fricke (FDP): Wieso müssen wir plötzlich ein weiteres Sondervermögen, diesmal mit dem Titel „Vor- sorge für Schlusszahlungen für inflationsindizierte Bun- deswertpapiere“ errichten? Hat sich das Geschäftsgeba- ren des Bundes auf dem Kapitalmarkt etwa in den letzten Jahren derart verändert, dass der Bund seine Geschäfte absichern muss? Mindestens 1,5 Milliarden Euro beträgt der Finanzbe- darf, der sich für die inflationsindizierten Bundeswertpa- piere allein bis 2012 gegenwärtig ergibt. „Hedgen“ ist der Begriff, der in der Finanzwelt das Absichern von Ge- schäften gegen bestimmte Risiken bezeichnet. Genau die- ses Hedgen gibt den Namen für Hedgefonds, die Minis- ter Steinbrück so gerne kritisiert. Warum begab sich der Staat auch auf diese Spielfläche? Weshalb müssen wir ein Sondervermögen schaffen, um die Finanzierungsge- schäfte des Bundes zu gewährleisten und Haushaltsklar- heit herzustellen? In der Vergangenheit war es eben nicht notwendig, solch einen „Nebenhaushalt“ zu führen, um Finanzierungskosten periodengerecht zu erfassen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 24481 (A) (C) (B) (D) Der Grund für solch eine Abgrenzung ist einfach: Der SPD-Finanzminister und die Koalition haben 2006 be- gonnen, auf die Entwicklung des Europäischen Infla- tionsniveaus zu wetten. Die Wette erfolgte in der Form, dass seit März 2006 Bundesobligationen und Bundesan- leihen begeben wurden, deren Rückzahlungshöhe von der Inflationsrate im Euroraum abhängt. Ich denke, dass sich das Bundesfinanzministerium wiederholt gefragt hat, warum es ohne Not ein neues Fi- nanzierungsinstrument, oder sagen wir besser: Wettin- strument, genutzt hat, dessen Folgen es wirklich nicht abschätzen, geschweige denn kontrollieren kann. Die allermeisten Bürgerinnen und Bürger, aber auch Unternehmen kennen Bundesschatzbriefe, Bundesanlei- hen und Tagesanleihen des Bundes und schätzen diese sichereren Anlageformen. Dies liegt unter anderem da- ran, dass die Finanzkraft des Bundes von den Rating- agenturen als nahezu bestmöglich auf der Welt angese- hen wird. AAA nennt sich das dann und eröffnet den Weg zu günstigster Finanzierung. Warum war eine Abweichung von den normalen Fi- nanzierungsformen notwendig? War sie notwendig? Den Erklärungsversuch, dass inflationsindizierte Anleihen international zunehmend begeben werden, kann die FDP nicht gelten lassen, denn die Nachfrage nach altbekann- ten Bundeswertpapieren war ungebrochen. Die Argu- mentation, die anderen machen es ja auch, kann nicht ziehen. Welche Rolle sollte und darf der Staat bei der Be- schaffung seines Kapitalbedarfs einnehmen? Broker? Oder ist er eben doch in erster Line Treuhändler des Steuerzahlers? Nach dem Verständnis meiner Fraktion ist es eben nicht Aufgabe des Staates, Zinswetten einzu- gehen und dafür Risiken in Kauf zu nehmen. Das zeigt gerade die aktuelle Finanzmarktsituation. Hätte die Große Koalition ernsthaft versucht, Zinsen einzusparen, dann hätte sie die Neuverschuldung zu- rückfahren müssen, als sie die Gelegenheit dazu hatte. Zinsen spart man nämlich am besten dadurch, dass man keine neuen Schulden anhäuft. Vorschläge zur Vermei- dung von Neuverschuldung der FDP – Stichwort: Libe- rales Sparbuch: gab es. Ich möchte betonen, dass die FDP immer wieder konkrete, umsetzbare Vorschläge zur Reduzierung der Staatsausgaben eingebracht hat. Diese wurden von der Großen Koalition immer wieder igno- riert. Statt also den Bundeshaushalt in Ordnung zu bringen hat, die Bundesregierung ihre Ausgaben stets stärker er- höht, als die Wirtschaft gewachsen ist. Um ihre Unfähig- keit bei der Haushaltskonsolidierung zu überspielen, hat die Bundesregierung sich auf die Spielwiese des „Ca- sino-Kapitalismus“ begeben, um das Geld der Steuer- zahler eben nicht auf Rot oder Schwarz, sondern auf fal- lende bzw. stagnierende Inflation zu setzten. Vernünftige Haushaltspolitik sieht anders aus. Wie aber funktionieren diese neuen Wettinstrumente? Der Bund garantiert den Anlegern einen Zinssatz, der um die Inflation angepasst wird. Der Rückzahlungsbe- trag des Wertpapieres ergibt sich aus dem Nennwert multipliziert mit dem harmonierten Verbraucherpreis- index zum Ende der Laufzeit. Um den Einflussfaktor der Inflationsentwicklung bewusst zu machen, will ich Ih- nen zwei Beispiele anführen: Eine Inflationsrate von durchschnittlich 1,5 Prozent führt dazu, dass einem Anleger, der 10 000 Euro Bun- desanleihe nominal gezeichnet hat, am Ende der Lauf- zeit circa 11 600 Euro zurückgezahlt werden. Beträgt jedoch die Inflation 2,5 Prozent, würde der gleiche Anleger fast 13 000 Euro zurückbekommen. Welches Risiko sich hieraus ergibt, brauche ich bei 22 Milliarden Euro an begebenen Wertpapieren nicht weiter auszuführen – Quelle: www.deutsche-finanzagen tur.de. Wir sehen also deutlich, dass die Entwicklung der Inflationsrate einen enormen Einfluss auf die Rückzah- lung der Anleihen hat. Zum Hintergrund inflationsindizierter Wettpapiere möchte ich ein paar Punkte anführen: Wie entsteht Inflation, welche Einflussgrößen beein- flussen also die Rückzahlungshöhe der Wertpapiere? Die Inflation hat mehrere Gründe. Die Ursachen liegen unter anderem in einer hohen, am Markt befindlichen Geld- menge, in einem starken Wirtschaftswachstum oder ei- ner Nachfrage, die nicht von einem entsprechenden An- gebot gedeckt wird. Hieraus ergibt sich doch die Frage, welche Erwar- tungshaltung das Bundesfinanzministerium hatte, als es die Wertpapiere begeben hat. Hat der Bundesfinanzmi- nister seit 2006 mit einem Abschwung gerechnet? Ab- schwung oder Rezession führt nämlich tendenziell erst einmal zu sinkenden Inflationsraten. In diesem Fall würde der Finanzminister davon profitieren, dass es der deutschen Wirtschaft schlecht geht. Die zweite denkbare Alternative ist, dass der Bundes- finanzminister die Schwankung der Inflation falsch ein- geschätzt hat, denn in 2008 lag die Inflation deutlich über dem von der EZB angepeilten Wert von rund, aber nicht über 2 Prozent, was die Kosten der Wettpapiere des Bundes in die Höhe treibt. Das Bundesfinanzministe- rium hat gewettet, dass die EZB die Inflationsrate im Zielkorridor von rund 2 Prozent halten wird und das Bundesfinanzministerium so einen Zinsvorteil gegen- über bewährten Finanzinstrumenten haben wird. Ob dies langfristig aufgeht, bezweifle ich. Wie viele Banker bestätigen, ist kurz und mittelfristig mit einer stark inflationären Tendenz zu rechnen. Was für den Bürger an der Zapfsäule ärgerlich ist und für den Sparer erst recht, bedeutet für den Staat einen Aufwand in Milliardenhöhe. Für diesen Mehraufwand beim Inflationsausgleich, der in Zukunft mit Sicherheit entstehen wird und für den im Haushaltsplan noch keine Vorsorge getroffen wurde, soll jetzt ein Sondervermögen errichtet werden. Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass die Bundesre- gierung nun endlich bekennt, dass sie die Kosten ihres aufgenommenen Kapitalbedarfs transparent machen muss, insbesondere, da so auch im Bundeshaushalt die Maastricht-Abgrenzungskriterien für die Defizitberech- 24482 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 (A) (C) (B) (D) nung nachvollzogen werden. Die Kriterien sehen näm- lich ausdrücklich vor, dass inflationsbedingte Verände- rungen des aufgenommenen Kapitals bereits als entstandene Zinsbelastungen anzusehen sind. Ähnlich der Zuordnung von Nullcouponanleihen – Zerobonds – ist nämlich der am Ende der Laufzeit fällige Aufwand haushälterisch den Jahren zuzuordnen, in dem er ent- standen ist. Fraglich ist, warum die Bundesregierung erst jetzt erkennt, dass für die inflationsindizierten Anleihen Aufwendungen anfallen, die bislang noch nicht abge- grenzt wurden. Prinzipiell lehnen wir als FDP-Fraktion Sonderver- mögen ab. Nach unserer Auffassung widersprechen Son- dervermögen den Grundsätzen der Wahrheit und Klar- heit bei der Haushaltsführung. Wozu diese Sondervermögen führen, haben wir ja am Beispiel des Erblastentilgungsfonds und des Finanzmarktstabilisie- rungsfonds gesehen. Abschließend stellt die FDP-Fraktion fest: Erstens. Wir lehnen inflationsindizierte Wertpapiere als Wettgeschäfte ab und sprechen uns gegen die Bege- bung neuer inflationsindizierter Wertpapiere des Bundes aus. Zweitens. Wir sind für eine transparente Regelung der Zuordnung von Kosten zu den einzelnen Haushaltsjah- ren. Ich will Ihnen gerne zugestehen, dass im konkreten Fall keine andere Lösung kameralistisch möglich ist. Folglich können wir dem Gesetz nicht zustimmen und wir werden uns enthalten. Roland Claus (DIE LINKE): In der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung heißt es, ich zitiere: „Der Bund hat im Frühjahr 2006 erstmalig eine inflationsindexierte 10-jährige Bundesanleihe begeben …“ – hier müsste es „ausgegeben“ heißen, meine Damen und Herren – „… und ist damit der Entwicklung an den internationalen Kapitalmärkten gefolgt, in denen infla- tionsindexierte Wertpapiere seit längerem ein etabliertes Instrument sind“. Nun ist in der jüngeren Vergangenheit durch einige an den internationalen Finanzmärkten etablierte Instrumente die größte Finanz- und Wirtschaftskrise seit der großen Depression hervorgerufen worden. Die vom Bund aus- gegebenen Anleihen gehören ausdrücklich nicht dazu, doch will und muss ich hier dennoch betonen, dass es für nichts anderes als für politische Ignoranz spricht, wenn ein dem Gemeinwesen und – in diesem Falle besonders zu betonen – dem Steuerzahler verpflichteter Politiker den Produkten der internationalen Finanzmärkte hinter- herrennt, nur weil diese angeblich etabliert sind. Was da- bei passieren kann, zeigen uns die Bankenrettungs- schirme, die Sie derzeit zulasten der Allgemeinheit spannen. Die inflationsindexierte Anleihe ist nichts an- deres als ein Wettspiel der Anleger auf die Inflationsent- wicklung. Je höher diese ausfällt, desto mehr Geld ver- dienen diese; und zwar verdienen die Anleger: Steuergeld. Mir fällt es schwer, darin keine Umvertei- lung des gesellschaftlichen Reichtums zu erkennen. Aber darin sind Sie ja erfahren. Mit dem Schlusszahlungsfinanzierungsgesetz wollen Sie nun drei Jahre nach Erstausgabe der inflationsinde- xierten Bundeswertpapiere die Grundlage für die Errich- tung eines Sondervermögens schaffen. Auch das ist typisch für Ihre Art zu regieren: erst machen, ohne nachzuden- ken, und dann gucken, was geschieht, und die Kosten dem Steuerzahler aufbürden. Um Sie nicht durchweg zu kritisieren: Von einem technokratischen Standpunkt aus betrachtet, kann es durchaus für sinnvoll erachtet wer- den, dass der Bund für absehbare Schlusszahlungen für bereits laufende inflationsindexierte Bundeswertpapiere Vorsorge betreibt. Durch den Aufbau des Sondervermö- gens kann die Inflation, die während der Laufzeit eines inflationsindexierten Bundeswertpapiers stattfindet, pe- riodengenau berücksichtigt werden und durch die Infla- tion verursachte Zinsausgaben der indexierten Bundes- wertpapiere können periodengerecht zugeordnet werden. Ein solches technokratisches Verständnis macht sich die Linke nicht zu eigen. Deshalb lehne ich im Interesse der Menschen, auf deren Geld gewettet wird, die Schaf- fung weiterer Sondervermögen, die neben dem Bundes- haushalt bestehen sollen, ab. Es ist aus unserer Sicht nicht die Aufgabe des Staates, Wettangebote an Käufer mit hohen Zinserwartungen zu etablieren, um in Ihrer Diktion zu bleiben. Inflationsindexierte Bundeswertpa- piere sind nach Ansicht der Linken kein notwendiges und sinnvolles Finanzierungsinstrument des Bundes. Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Schlussfinanzierungsgesetz regelt die Form der Be- gleichung inflationsindexierter Schulden. Gezielt wurde erstmals im Jahr 2006 das Instrument inflationsindexierter Kreditaufnahme am Kapitalmarkt gewählt, um als Schuldner bei niedriger Inflation nur niedrige Zinszahlungen leisten zu müssen. Sowohl Gläu- biger als auch Schuldner können nämlich vom Konstrukt dieses Finanzierungsinstruments profitieren: Der Anle- ger hat die Sicherheit, dass seine Forderungen nicht von der Inflation aufgefressen werden, der Schuldner, hier der Bund, senkt seine Finanzierungskosten. Soweit die Theorie. In der Praxis müssen wir nun feststellen, dass dieses Finanzierungsinstrument mit steigender Inflation deut- lich teurer zu werden droht als die bis dahin klassische Kreditaufnahme mit Festverzinsung. Die Große Koali- tion hat allzu leichtfertig den Versuch einer zehnjährigen inflationsindexierten Anleihe im Jahr 2006 um eine wei- tere fünfjährige Anleihe noch im letzten Jahr ergänzt. Angesichts der sehr ungewissen Entwicklung der Teue- rungsraten wäre es notwendig gewesen, die weitere Neu- emission inflationsindexierter Papiere kritisch zu über- prüfen. Das heute zu beschließende Schlussfinanzierungsge- setz bügelt eine andere offensichtliche Schwäche der in- flationsindexierten Anleihen aus. Bislang erfolgte die Zahlung sämtlicher auflaufender Verpflichtungen an die Gläubiger erst zum Ende der Laufzeit. Es wurden also Zahlungsverpflichtungen unübersichtlich in die Zukunft verlagert. Zur Vermeidung solcher zukünftigen hohen Einmalzahlungen durch die Schlusszahlungen soll ein Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 24483 (A) (C) (B) (D) Sondervermögen errichtet werden, welchem ab sofort schon während der Laufzeit des Papiers die entspre- chend jeweils zu erwartenden Schlusszahlungen zuge- führt werden. Das Schlussfinanzierungsgesetz konkret ist daher also trotz aller generellen Skepsis am Instrument der infla- tionsindexierten Wertpapiere zu begrüßen, da hierdurch Klarheit und Wahrheit zu eingegangenen Verpflichtungen entsteht. Damit werden zukünftige Kosten jeweils aktuell „gebucht“ und verhindert, dass ungedeckte Schecks auf die Zukunft ausgestellt werden. Das Schlussfinanzierungsgesetz ist damit eine seltene und in der Großen Koalition aussterbende Art: nämlich der Erhalt von Klarheit und Wahrheit im immer konfuse- ren, intransparenteren und unehrlicheren Zahlenwerk. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuld- verschreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprü- chen von Anlegern aus Falschberatung (Tages- ordnungspunkt 36) Marco Wanderwitz (CDU/CSU): 2008 fand eine zweifelhafte Ehrung statt. Zum Wort des Jahres wurde von der Gesellschaft für deutsche Sprache das uns auch heute anhaltend beschäftigende Wort Finanzkrise gekürt. Leider ist es eben nicht nur ein Wort, sondern beschreibt unsere derzeitige Wirtschaftssituation, die auch so schnell nicht in Vergessenheit geraten wird. Viele Bürger leiden unter der Krise, bedauerlicherweise auch auf- grund fehlerhafter Finanzberatungen. Die damit verbun- dene skeptische Einschätzung des Wertpapierhandels ist für uns Politiker Herausforderung für eine sinnvoll ver- tiefende und zugleich behutsame rechtliche Neuregelung zu sorgen, die wieder Vertrauen schafft; denn für die Volkswirtschaft ist der Wertpapierhandel essenziell. Dies ist Ziel des Gesetzes: den gesetzlichen Rahmen des Wertpapierhandels zu verbessern. Durch die Modernisierung des Schuldverschreibungs- rechts soll der Anlegerschutz beim Erwerb von Schuld- verschreibungen und anderen Anlagen gestärkt werden. Rechtshistorisch betrachtet enthält das Gesetz eine Neufassung des Schuldverschreibungsgesetzes von 1899. Das alte Schuldverschreibungsgesetz schränkt die Befugnisse der Gläubiger aus heutiger Sicht zu stark ein und ist verfahrensrechtlich veraltet. Hervorzuheben von den vorgeschlagenen neuen Re- gelungen sind die grundsätzlichen Änderungen der Bera- tungs- und Dokumentationspflicht für ein ausgewogene- res Kräfteverhältnis der Vertragspartner. Sie sollen dem verbesserten Ausgleich einer gestörten Vertragsparität, wie sie nicht zu Unrecht oft im Verhältnis zwischen klei- nem Anleger und großer Bank gesehen werden, dienen. Doch ich möchte betonen, dass nicht alle jetzt betrof- fenen Anleger falsch beraten worden sind. Es gab auch diejenigen, die nur die möglicherweise zu erwartenden Gewinne im Blick hatten und bewusst die Augen vor den aufgezeigten Risiken verschlossen haben und nun in die Klage der tatsächlich Getäuschten mit einstimmen. Hier müssen wir differenzieren – in der rückwärtigen Sicht und auch künftig. Mittels Beratungs- und Dokumenta- tionspflicht soll sich künftig im Nachhinein feststellen lassen, ob die Beratung fehlerhaft war oder ob man es mit den Risiken anlegerseitig bewusst nicht ganz so genau ge- nommen hat. In Zukunft soll die Verpflichtung bestehen, den Inhalt jeder Anlageberatung zu protokollieren. Dem Anleger wird ein zivilrechtlicher Herausgabeanspruch hinsichtlich der Aufzeichnungen des beratenden Unter- nehmens eingeräumt. Wichtig bei dem Protokoll ist dabei die allgemeine Verständlichkeit, wozu insbesondere die Ausgangswünsche des Kunden sowie die vom Berater er- teilten Empfehlungen und die hierfür maßgeblichen Gründe gehören. Sinn und Zweck dieser Dokumentations- pflicht ist – was eigentlich immer selbstverständlich sein sollte – die Veranlassung zur Einhaltung höchster Sorg- faltspflichten der Anlageberatung und somit die Förde- rung der Qualität der Beratung. Im Streitfall kann das Beratungsprotokoll dann von jeder Seite herangezogen werden, zur Entlastung oder auch zu Belastung. Geht aus dem Protokoll ein Bera- tungsfehler hervor, hat der Anleger das erforderliche Be- weismittel in Händen. Dem Anleger wird es damit künf- tig erleichtert, Schadensersatzansprüche durchzusetzen, indem die Anforderungen an die Dokumentation der Be- ratung erhöht werden und dem Anleger ein einklagbarer Anspruch auf Aushändigung der Dokumentation einge- räumt wird. Selbstverständlich ebenso möglich ist damit die Exkulpation des Beraters. Eine weitere Regelung ist die Abschaffung der kurzen Sonderverjährungsfrist wegen Falschberatung bei Wert- papieranlagen, die an die regelmäßige Verjährungsfrist des Bürgerlichen Gesetzbuches angepasst wird. Scha- densersatzansprüche wegen Falschberatung verjähren da- mit nicht mehr binnen drei Jahren nach Vertragsschluss. Die Dreijahresfrist beginnt erst zu laufen, wenn der An- leger von dem Schaden Kenntnis hat. Unabhängig von der Kenntnis des Anlegers vom Schaden verjähren die Ansprüche jedoch spätestens binnen zehn Jahren, und das ist aus Gründen der Rechtssicherheit auch unent- behrlich. Des Weiteren wird das Verfahren der Gläubigerab- stimmung grundlegend neu geregelt und an das moderne und bewährte Recht der Hauptversammlung bei der Ak- tiengesellschaft angelehnt. Zudem enthält der Gesetzent- wurf Vorschriften, wer stimmberechtigt ist, und führt die Möglichkeit eines gemeinsamen Vertreters der Gläubi- ger ein. Die Verfahrensregelungen zur Einberufung, Frist und Bekanntmachung von Gläubigerversammlungen werden modernisiert, die Anfechtung von Gläubigerbe- schlüssen zugelassen sowie die Möglichkeit einer virtu- ellen Gläubigerversammlung eingeführt. Mit der Neufassung des Schuldverschreibungsgeset- zes erfolgt eine Anpassung an international übliche An- 24484 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 (A) (C) (B) (D) forderungen. Das Gesetz schafft eine Rechtsgrundlage für Umschuldungsklauseln, sogenannte Collective Action Clauses, die den Gläubigern Handlungsspielräume zu bestimmten Änderungen der Anleihebedingungen ver- mitteln. Erforderlich kann das während der Laufzeit ei- ner Anleihe aus verschiedenen Gründen sein, beispiels- weise in der Krise oder Insolvenz des Schuldners. Die Regeln des Gesetzes entsprechen insoweit den interna- tional üblichen Klauselinhalten. Die bisherige Anwen- dungsbeschränkung des Gesetzes auf Emittenten mit Sitz im Inland fällt weg. Zur Verbesserung der Verständlichkeit von Anleihe- bedingungen wird eine spezialgesetzliche Regelung zur Transparenz eingeführt. Wir haben uns hier einiges vorgenommen und wün- schen, dass nicht zuletzt dadurch der Wertpapierhandel wieder ein Stück Vertrauen zurückgewinnen kann, dass wir die Parteien ähnlich stark ausstatten können, ohne aber die Eigenverantwortlichkeit des Einzelnen aus dem Auge zu verlieren. Ich freue mich auf die parlamentari- schen Beratungen des Regierungsentwurfes. Klaus Uwe Benneter (SPD): Schade, dass wir so einen wichtigen Gesetzentwurf nur in dieser Form disku- tieren. Hinter dem sperrigen Titel „Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldver- schreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesser- ten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen bei Falschbera- tung“ verbirgt sich ganz konkrete Politik für die Menschen. Die Finanzkrise trifft nicht nur Banken und Unternehmen, sie trifft auch Tausende von Anlegern: Viele haben Geld verloren, weil sie sich über das Risiko ihrer Wertpapiere nicht im Klaren waren. Vielfach wur- den sie von den Banken schlecht beraten und ungewollt zum Kauf gedrängt, weil üppige Provisionen für die Be- rater gelockt haben. Immer wieder wurden Schutzvor- schriften nicht eingehalten und die wichtigen Informa- tionen in schicken Hochglanzprospekten verschleiert oder gleich komplett weggelassen. So etwas soll es in Zukunft nicht mehr geben: Wir wollen starke Anleger, die wissen, für welches Anlageprodukt sie sich entschei- den und die eine Chance haben, später ihre Rechte durchzusetzen. Dazu enthält der Gesetzentwurf wesent- liche Verbesserungen. Was haben wir vor: Wir wollen Transparenz bei der Anlageberatung auf eine völlig neue Grundlage stellen. Ein Bankberatungsgespräch ist deshalb in Zukunft um- fassend in einem regelmäßig schriftlichen Protokoll zu dokumentieren. Kein Bankberater kann dann mehr be- haupten, er habe über alle Risiken des Anlagegeschäftes aufgeklärt und außerdem sei eigentlich der Kunde schuld, weil er sich nicht deutlich genug ausgedrückt habe. Bis jetzt müssen die Banken nur ganz grobe Auf- zeichnungen von den Beratungsgesprächen machen. Dort steht dann zum Beispiel nur, ob überhaupt eine Be- ratung stattgefunden hat. Was dort aber konkret bespro- chen wurde, was der Kunde eigentlich wollte und der Bankberater daraufhin empfohlen hat, taucht dort nicht auf. Damit ist jetzt Schluss. In Zukunft gilt: Alles ist zu protokollieren: was der Kunde will, was der Bankberater daraufhin empfiehlt und warum. Telefonieren beide, kann der Anleger von der Bank verlangen, dass das Tele- fongespräch aufgezeichnet wird. Vorher muss er nichts unterschreiben. Was erreichen wir damit: Erstens. Der Kunde kann sich das Protokoll zu Hause noch einmal in Ruhe durchlesen, nicht nur zur Kontrolle, sondern auch zum Vergleich. Mit seinem individuellen Angebot hat er die Möglichkeit, zur Konkurrenz zu ge- hen, und das nicht mit einem Stapel schicker, aber nichtssagender Hochglanzprospekte. Was heute in jedem Mediamarkt bei jeder kleinen Musikanlage selbstver- ständlich ist, gilt nun endlich auch in der Anlagebera- tung. Zweitens. Die Bankberater müssen ab jetzt sehr sorg- fältig arbeiten. Mit dem Gesetzentwurf soll die Qualität der Beratung merklich besser werden. Nach einer Studie des Verbraucherschutzministeriums von Ende 2008 ge- hen in Deutschland den Anlegern jedes Jahr ungefähr 30 Milliarden Euro durch falsche Beratung verloren. Eine ungeheure Zahl. Natürlich ist die Anlageberatung in Deutschland nicht per se schlecht. Der Berater kann ja wirklich gut ausgebildet sein. Dennoch schwatzt er den Anlegern ein windiges Zertifikat auf, nur um seine vor- gegebenen Verkaufsquoten zu erfüllen und die in Aus- sicht stehenden Provisionen einstreichen zu können. Jetzt schaffen wir die Möglichkeiten, solche Falschbera- tungen auch nachzuweisen. Das wird dafür sorgen, zur Sicherheit lieber noch einmal beim Kunden nachzufra- gen und die eigenen Empfehlungen doppelt zu überprü- fen. Drittens. Wir erleichtern den Betroffenen die Mög- lichkeit, mit einer Klage zu obsiegen. Eine Schadenser- satzklage gegen die Bank wegen Falschberatung ist si- cher das letzte Mittel, die Ultima Ratio. Einmal vor Gericht haben die Geschädigten dann aber schlechte Karten. Wie kann ich beweisen, dass vor Jahren der Be- rater schlecht beraten hat? Ich war bei vielen Geschädig- ten der pleitegegangenen deutschen Tochter von Lehman Brothers in Deutschland. 50 000 von ihnen wurden üble Zertifikate aufgeschwatzt. Dass der Wert der Papiere auch auf null sinken kann, dass das ganze angelegte Geld weg sein könnte, wurde geflissentlich verschwie- gen. In Musterprozessen wollen die geschädigten Anle- ger nun die Banken verklagen, die diese Papiere in Deutschland verkauft haben. Schon mehrmals wurden solche Klagen aber aus Mangel an Beweisen abgewie- sen. Damit haben viele Kleinanleger ihre private Alters- vorsorge, ihre Alterssicherung verloren. Immerhin: Kürzlich hat als erstes Gericht das Landge- richt Frankfurt am Main die Frankfurter Sparkasse zu Schadensersatz wegen Falschberatung verurteilt. Ob aber andere Gerichte genauso entscheiden, steht in den Ster- nen. Mit der Neuregelung ist jetzt die Bank im Obligo: Ist das Protokoll lückenhaft oder unschlüssig, muss die Bank beweisen, dass ordnungsgemäß beraten wurde. Hat sich der Kunde zum Beratungsgespräch kein Protokoll Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 24485 (A) (C) (B) (D) aushändigen lassen, kann er die Bank auch auf Heraus- gabe dieses Protokolls verklagen. Wir wollen auch das Verjährungsrecht bei Falschberatung ändern. Im norma- len Bürgerlichen Recht knüpft der Beginn der Verjäh- rung an zwei Bedingungen an: Anspruchsentstehung und Kenntnis. Wer einen Anspruch geltend machen will, muss wissen, dass er einen Schaden hat. Das ist eigent- lich selbstverständlich und nach dem BGB auch so gere- gelt. Nicht so bei Wertpapieren nach dem Wertpapierhan- delsgesetz: Drei Jahre nach Vertragsschluss mit der Bank ist der Anspruch auf Schadensersatz verjährt, egal was der Anleger schon weiß, Schrottpapiere im Depot hin oder her. Das wird jetzt geändert. Die Dreijahresfrist be- ginnt in Zukunft erst dann, wenn der Anleger von sei- nem Schaden erfahren hat, unabhängig davon spätestens in zehn Jahren. Ein Sonderrecht für die Banken gibt es nicht mehr. Eine echte Verbesserung. Politik wird künf- tig den Schaden, den falsche und schlechte Anlagebera- tung durch maßloses Profitstreben und ungezügelte Gier angerichtet haben, nicht völlig verhindern können. Aber mit dem Gesetzentwurf ziehen wir die notwendigen Konsequenzen für die Zukunft. Was die Vergangenheit angeht, müssen wir den durch Lehman-Papiere geschä- digten Kleinanlegern versuchen zu helfen. Nicht nur die Banken brauchen Bad Banks. Mechthild Dyckmans (FDP): Die Tageszeitungen kennen zurzeit fast nur ein Thema: die Wirtschaftskrise, eine Krise, die sich aus der Finanzmarktkrise heraus ent- wickelt hat. In diesem Zusammenhang wird auch der Verbraucherschutz zu Recht immer wieder auf die Ta- gesordnung gesetzt. Jedem sind die Berichte bekannt, nach denen Bankberater einem Kunden, der nach einer sicheren Anlage gefragt hat, ein Zertifikat der Invest- mentbank Lehman Brothers empfohlen hat. Die Invest- mentbank Lehman Brothers ist mittlerweile Geschichte. Zurück bleiben die Verbraucherinnen und Verbraucher, die Zertifikate dieser Bank erworben hatten. In vielen Fällen stellt sich die Frage: Haben die Bankberater zu sehr auf eigene Provisionen geschielt, mehr als auf das Wohl ihrer Kunden? Hat vielleicht auch so mancher Kunde das Risiko, welches mit einer solchen Anlage- form verbunden ist, nicht wahrhaben wollen mit Blick auf eine Rendite, die höher ist als auf dem klassischen Sparbuch? Vor diesem Hintergrund ist der Gesetzentwurf zu er- klären, der dem Deutschen Bundestag heute in erster Lesung vorliegt. Der Titel „Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Ge- samtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung“ führt dabei leicht in die Irre. Nicht, dass die Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen nicht wichtig wäre, der Schwerpunkt liegt jedoch eindeutig auf dem zweiten Teil, der Anlageberatung, auf den ich hier näher eingehen möchte. Liberale Verbraucherpolitik geht von dem mündigen Bürger aus. Verbraucherpolitik ist dabei Wirtschaftspoli- tik für den Konsumenten. Liberale Verbraucherpolitik setzt auf eine Stärkung des Menschen im Markt und nicht auf Schutz vor dem Markt. Moderne Verbraucher wollen nicht vom Staat bevormundet werden, sondern bessere Information, mehr Wissen über die Märkte und effektive Verbraucherrechte. Das Leitbild der FDP-Bun- destagsfraktion ist dabei die Befähigung des Verbrau- chers zu eigenverantwortlichen und selbstbestimmten Entscheidungen. Aus diesem Selbstverständnis heraus hat die FDP-Bundestagsfraktion am 20. April 2009 auch eine viel beachtete Diskussionsveranstaltung unter dem Titel „Wie kommt das Vertrauen der Verbraucher zu- rück? – Konsequenzen aus der Finanzmarktkrise“ abge- halten. Die Anlageberatung war dabei auch ein ganz wichtiges Thema. Das Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfes, eine hohe Qualität der Anlageberatung sicherzustellen, ist zu begrüßen. Dies soll durch mehr Verständlichkeit und Transparenz geschehen. Anleger sollen im Falle einer fehlerhaften Beratung ihre Ansprüche leichter durchset- zen können. Im Blick behalten müssen wir jedoch auch die dadurch entstehenden Bürokratiekosten. Allein die Protokollierung wird Kosten in Höhe von 50 Millionen Euro jährlich hervorrufen. Und es steht zu erwarten, dass sich auch der Kontrollaufwand der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht erhöhen wird. Frau Minis- terin Aigner hat darüber hinaus in zahlreichen Presse- erklärungen Anfang des Jahres weitergehende Regelun- gen angekündigt, sodass sich die Frage stellt, wie sich diese Ankündigungen zum vorliegenden Gesetzentwurf verhalten. Im Mittelpunkt der Vorschläge zum Anlegerschutz im Rahmen dieses Gesetzentwurfes steht, wie oben darge- legt, der Schutz des Verbrauchers, also des Privatkun- den. Die Neuregelungen, auf die im Weiteren noch näher einzugehen sein wird, haben jedoch einen Anwendungs- bereich, der alle Kunden einer Bank betrifft. Dies wären auch Versicherungen oder andere große Unternehmen. Ein Schutzbedürfnis dieser Gruppen ist nicht wirklich zu erkennen. Das Wertpapierhandelsgesetz kennt schon eine Differenzierung in geeignete Gegenparteien, profes- sionelle Kunden und Privatkunden. Schutzbedürftig scheinen nur die Privatkunden zu sein. Alternativ könnte auch überlegt werden, auf den Begriff des Verbrauchers im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) abzustellen. Um unnötige Bürokratie und Kosten zu vermeiden, sollte der Anwendungsbereich dementsprechend eingeschränkt werden. Die generelle Aufzeichnungspflicht, die alle Wertpa- pierdienstleistungen betrifft, wird durch den Gesetzent- wurf für den Bereich der Anlageberatung konkretisiert. Es wird ein Protokoll über das Beratungsgespräch ver- langt, das eine Kontrolle des Gesprächshergangs ermög- licht. Diese Protokollierung des Gesprächshergangs halte ich für einen guten Ansatz, da dann deutlich wird, mit welchen Erwartungen der Kunde die Bank betreten und mit welchem Produkt er sie verlassen hat. Die bishe- rige Protokollierung im Rahmen des Wertpapierhandels- bogens wird zu Recht vielfach als unzureichend empfun- den. Inwieweit noch eine weitere Konkretisierung des Inhalts eines solchen Protokolls zu erfolgen hat, wird mit Sicherheit auch Gegenstand des weiteren Gesetzgebungs- 24486 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 (A) (C) (B) (D) verfahrens werden. Der Bundesrat schlägt in seiner Stel- lungnahme zudem eine Beweislastumkehr vor, sollte das Protokoll nicht vollständig sein oder nicht rechtzeitig ausgehändigt werden. Bedenken begegnet jedoch die geplante Einführung einer Telefonaufzeichnung im Rahmen von telefoni- schen Beratungen. Anders als in einem schriftlichen Pro- tokoll werden bei der Aufzeichnung eines Gespräches auch sensible Information von dem Kunden preisgege- ben, sei es über familiäre Verhältnisse, sei es über Rat- schläge eines Anwaltes oder Steuerberaters. Es ent- stünde eine gigantische Datensammlung, die sicher auch wieder Begehren bei staatlichen Institutionen auslösen wird. Darüber hinaus sind auch hier die Kosten nicht zu unterschätzen, die sich für die deutsche Kreditwirtschaft laut Bankenverband leicht auf 600 Millionen Euro reine Anschaffungskosten belaufen würden. Die Verjährung für Schadenersatzansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung soll an die allgemeinen Ver- jährungsregeln angepasst werden. Von einer wirklichen Vereinheitlichung kapitalmarktrechtlicher Verjährungs- vorschriften sind wir jedoch nach wie vor weit entfernt. Insgesamt besteht also für meine Fraktion noch er- heblicher Beratungsbedarf. Ohne eine Sachverständi- genanhörung werden wir wohl auch bei diesem Thema nicht auskommen. Sevim Dağdelen (DIE LINKE): Das Kind ist in den Brunnen gefallen und die Bundesregierung legt ein – wei- teres – feuchtes Handtuch zur Rettung bereit. Was ich damit sagen will: Das hier debattierte Reformwerk im Bereich des Wertpapier- und Kapitalmarktrechts kommt zeitlich zu spät. Dass das Recht der Schuldverschrei- bungen seit seiner Einführung im Zuge der großen zi- vilrechtlichen Kodifikation Ende des 19. Jahrhunderts infolge der rasanten Marktentwicklung und der fanta- siereichen Entwicklung und staatlichen Zulassung im- mer neuer sogenannter Finanzprodukte aus Sicht der Fi- nanz- und Rechtspraxis anpassungsbedürftig geworden war, ist bekannt. Dass diese – zu welchem Zeitpunkt auch immer – womöglich andere sachliche Schwer- punkte gesetzt hätten als die Linke, ist dabei so erkenn- bar wie nebensächlich. Das staatliche Versagen im Bereich des Finanzmarkts, mithin die willfährige Zulassungspraxis bezüglich im- mer subtilerer Finanzprodukte und das tätige Mitwirken am Handel damit waren und sind mit Blick auf das ideo- logische und gebetsmühlenartige Festhalten am System selbst – im falschen Jargon – „systemisch“. Dass der Schutz der Anleger dabei ins Hintertreffen geraten ist, während gleichzeitig die gesamte soziale Gemeinschaft infolge des Schleifens der Sozialsysteme zwangsweise zum Anlegen angehalten wurde und infolgedessen viele von der Krise betroffen wurden, ist die blanke Realität. Um eine Vorstellung von der Ernsthaftigkeit der An- strengungen der Bundesregierung im Umgang mit ge- prellten Anlegern und deren schützenswerten Interessen in Zeiten vor der aktuellen Krise zu geben, sei mir noch der Hinweis auf die Antwort der Bundesregierung vom März 2007 auf die von mir eingereichte Kleine Anfrage zur „Situation der Anlegerinnen und Anleger in so ge- nannte islamische Holdings“ auf Drucksache 16/4836 erlaubt. In ihren Antworten bezeugt die Bundesregierung über weite Strecken Unkenntnis und verweist bei der Frage nach Hilfestellung für Geschädigte auf Gewaltenteilung und die Zuständigkeit von Zivilgerichten. Deren Ent- scheidungen sind aber bekanntlich an Gesetze gebunden, die zu initiieren nicht zuletzt der Bundesregierung zu- kommt. Der Euphemismus in der Richtung „besser spät als nie“ sollte angesichts dessen im Halse stecken blei- ben. Was bringt die Regelung denn sachlich? Zum Teilbe- reich des Schuldverschreibungsgesetzes lässt sich fest- halten, dass mit dem Entwurf ein weiterer Stein in das Gesamtgebäude einer Insolvenz- und Sanierungsrechts- reform gefügt wird. Die Reform bringt vor allem eine Stärkung des kollektiven Aspekts. Wie sich das im Ver- hältnis unterschiedlicher Inhabergruppen – insbeson- dere zwischen institutionellen und individuellen Inha- bern – auswirkt, wird kritisch zu beobachten sein. Im Bereich der größeren Schnittmengen, des Anleger- schutzes, stellt der Entwurf das vernünftigerweise nicht hintergehbare und längst erforderliche Minimum an an- leger- bzw. verbraucherschützender Transparenz- und Dokumentationspflicht her. Zudem werden der Materie die Verjährungsregeln des BGB zugrunde gelegt. Bis- lang sollte die Frist schon bei Abschluss des Vertrages nach erfolgtem Beratungsgespräch mit dem am Verkauf interessierten Produktvermittler zu laufen beginnen. Nunmehr soll der Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch den Anleger von etwa im Beratungsgespräch ver- schwiegenen Risiken etc. maßgeblicher Anknüpfungs- punkt für die Haftung wegen verkaufsorientierter Falschberatung sein. Die hierfür erforderliche Strei- chung des § 37 a des Wertpapierhandelsgesetzes ist übrigens eine Forderung, die die Linke bereits in ihrem Beschlussantrag „Verbesserung des Verbraucherschutzes beim Erwerb von Kapitalanlagen“ auf Drucksache 16/11185 vom Dezember 2008 unter Punkt 4 vorge- bracht hatte. Der vorliegende Gesetzentwurf bleibt nach alledem mutlos hinter den Möglichkeiten zurück, die wir bereits im erwähnten Antrag vorgeschlagen haben. Weder die unabhängige und fachliche Finanzberatung findet hier Niederschlag noch die über das dortige Vorschlagspro- gramm hinausreichende Überlegung einer Marktbereini- gung durch das Hinwirken auf ein konzertiertes Verbot von bestimmten Finanzprodukten in mindestens europäi- scher, besser globaler Kooperation. Es besteht also er- heblicher Nachbesserungsbedarf am sinkenden Schiff. Lieber wäre mir allerdings ein neues Schiff. Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf macht es sich die Bundesregierung zur Aufgabe, das Recht der Schuldver- schreibungen zu modernisieren und gewisse Rechte der Anlegerinnen und Anleger bei erfolgter Falschberatung zu stärken. Beide Zielvorgaben begrüßen wir ausdrück- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 24487 (A) (C) (B) (D) lich. Aus grüner Perspektive sind insbesondere jene Re- gelungen des Gesetzentwurfes von Bedeutung, die der Verbesserung des Anlegerschutzes im Privatkundenseg- ment dienen. Meine Ausführungen werden sich daher in Bezug auf das Schuldverschreibungsrecht auf solche As- pekte beschränken, die im Zusammenhang mit dem An- lageprodukt Zertifikat stehen. Was den Schuldverschreibungsteil anbelangt, so möchte ich zunächst eine allgemeine Bemerkung voranstellen. Die Grünen begrüßen eine Modernisierung des Schuld- verschreibungsrechts. Ein ursprünglich aus dem Jahre 1899 stammendes Gesetz ist dringend an die Entwick- lungen des 21. Jahrhunderts anzupassen. Gleichwohl sollte sich diese Modernisierung ausschließlich daran orientieren, die Vorschriften sachgerechter und prakti- kabler zu gestalten. Die Bundesregierung führt in der Gesetzesbegründung an, man sei sich der Dominanz des angloamerikanischen Rechts bei der Vertragsgestaltung von Anleihen bewusst. Darauf folgt der Hinweis, dass insbesondere die Inhalts- kontrolle der allgemeinen Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches als Hemm- schuh gesehen würden. Am Ende entschließt sich die Bundesregierung nicht dazu, darauf hinzuwirken, dass die §§ 305 ff. BGB zum Schutze der Verbraucherinnen und Verbraucher auf Anleihebedingungen für anwendbar erklärt werden. Ich warne an dieser Stelle ausdrücklich davor, den Wettbewerb der Rechtsordnungen dergestalt zu interpre- tieren, man müsse das deutsche Recht für Schuldver- schreibungen nur ausreichend emittentenfreundlich aus- gestalten, um seine internationale Akzeptanz zu erhöhen. Das geht zulasten eines gerechten Interessenausgleichs, hält Privatanleger davon ab, Kapital zu investieren und widerspricht zudem grünen Vorstellungen eines ange- messenen Anlegerschutzniveaus. Was die Regelungen im Konkreten betrifft, so ist ins- besondere der nachträglich eingefügte § 3 Schuldver- schreibungsgesetz hervorzuheben, der das Leistungsver- sprechen einer Anleihe transparent machen soll. In der Gesetzesbegründung wird explizit erwähnt, das diene auch der Transparenz bei Anlagezertifikaten, die ja ihrer rechtlichen Konstruktion nach auch Anleihen bezie- hungsweise Schuldverschreibungen sind, was viele Bür- gerinnen und Bürger im Zusammenhang mit der Pleite von Lehman Brothers leidvoll erfahren mussten. Zunächst ist es begrüßenswert, dass die Bundesregie- rung die Missstände bei Zertifikaten nicht länger voll- ständig ignoriert, sondern nach und nach Ideen aufgreift, die wir Grüne bereits in einem Antrag im Mai 2007 for- muliert haben. Die Leistungsversprechen bei Zertifi- katen sind größtenteils intransparent und die Anleihe- bedingungen so schwammig und voller allgemeiner Rechtsbegriffe, dass Emittenten regelmäßig Anpassun- gen zu eigenen Gunsten vornehmen, die sie durch die Anleihebedingungen gedeckt sehen. Gerichtsurteile, die hier willkürlichen Gestaltungen einen Riegel vorschie- ben, sind mir nicht bekannt. Es muss also etwas passie- ren. Gleichwohl scheint mir der eingeschlagene Weg der Bundesregierung eher ein Akt von Symbolwirkung. Man lehnt die Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB ab, führt aber zur Besänftigung ein spezielles Transparenzgebot ein. Das tut auch nicht weh, zumal man in der Begrün- dung selbst zugibt, dass in der Regel ohnehin angloame- rikanisches Vertragsrecht gewählt und dieses Transpa- renzgebot daher keine Rolle spielen wird. Gegenteilig weisen erste Expertenmeinungen darauf hin, dass § 3 Schuldverschreibungsgesetz so unklar formuliert ist, dass die geschaffene Rechtsunsicherheit sogar bisher nach deutschem Recht vorgehende Emittenten ins anglo- amerikanische Vertragsrecht drängen wird. Denn was unter einem „bezüglich der jeweiligen Schuldverschrei- bung sachkundigen Anleger“ zu verstehen ist, bleibt schleierhaft. Heißt das, gewöhnlichen Anlegerinnen und Anlegern kann am Bankschalter nur noch ein Indexzerti- fikat angeboten werden, weil andere Konstruktionen in den Prospektbedingungen zu unverständlich sind? Und wer ist der maßgebliche Adressat, wenn, wie durchaus üblich, der Emittent die Zertifikate zuvor an die Ver- triebsbank unter Abschlag verkauft? Die Vertriebsbank dürfte wohl regelmäßig „sachkundig“ im Sinne des Ge- setzes sein. Hier sollte im Zuge der parlamentarischen Beratungen dringend nachgebessert und präzisiert wer- den. Letztlich wird die Bundesregierung auch nicht um- hinkommen, sich dem Zertifikatemarkt nochmals in ei- ner gesonderten Gesetzesinitiative umfassend zu wid- men. Die Komplexität der Produkte, die fehlende Nachvollziehbarkeit eines fairen Wertes, versteckte Ge- bühren und die Monopolstellung, wenn Emittenten zu- gleich den Vertrieb und das Market Making steuern, ma- chen eine maßgeschneiderte Regulierung unumgänglich. Lassen Sie mich nun zu dem Teil des Gesetzes kom- men, der einer verbesserten Durchsetzbarkeit von An- sprüchen der Anlegerinnen und Anleger aus Falschbera- tung dienen soll. Hier nimmt die Bundesregierung in Angriff, was längst überfällig war und systematisch in eine Umsetzung der Finanzmarktrichtlinie MiFID An- fang 2007 gehört hätte. Damals verweigerte sich die Bundesregierung aber einer anlegerfreundlichen Weiter- entwicklung der Anlageberatung. Als Begründung folgte der formelle Verweis, man habe sich im Koalitionsver- trag auf eine 1:1-Umsetzung von Richtlinien verpflich- tet. Nun, nachdem viele Bürgerinnen und Bürger in der Finanzmarktkrise systematisch schlecht beraten wur- den, rudert die Bundesregierung zurück und fügt hek- tisch in einem sachfremden Gesetz einige Punkte zur Verbesserung des Anlegerschutzes ein. Das ist ein bitte- res Versäumnis, das die Anlegerinnen und Anleger aus- baden durften. Was die Vorschläge zur besseren Durchsetzbarkeit von Ansprüchen aus Falschberatung im Einzelnen anbe- langt, so begrüßen wir die Maßnahmen im Großen und Ganzen. Wie sollten wir auch nicht, schließlich decken sich die hier vorgeschlagenen Regelungen im Wesentli- chen mit Forderungen, die wir Grüne bereits in einem Entschließungsantrag zu besagter Finanzmarktrichtlinie MiFID im März 2007 eingebracht haben. 24488 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 (A) (C) (B) (D) Die Streichung der kurzen Verjährungsfrist in § 37 a WpHG ist überfällig. Die Anlegerinnen und Anleger können häufig erst nach langer Zeit feststellen, ob eine Anlageempfehlung oder -beratung falsch war und daraus ein Schaden resultierte oder ob die Werteinbuße ihrer Anlage lediglich auf Marktgegebenheiten zurückzufüh- ren ist, auf deren Unwägbarkeiten im Rahmen der Bera- tung hingewiesen wurde. Mit der Streichung der Spe- zialnorm § 37 a WpHG wird der Rückgriff auf die Verjährungsregelungen des Allgemeinen Teils des BGB eröffnet. § 37 a WpHG wurde 1998 eingeführt, weil die damals 30 Jahre betragende Regelverjährungsfrist des Bürgerli- chen Gesetzbuches für die beratenden Wertpapierunter- nehmen als unangemessenes Risiko erachtet wurde. Seit der Schuldrechtsmodernisierung 2001 ist dieses Haupt- motiv jedoch entfallen, da die Regelverjährung auf drei Jahre verkürzt wurde. Die Norm des § 37 a WpHG hat ihre Daseinsberechtigung damit verloren. Es schadet eher dem Ansehen des Finanzplatzes Deutschland, wenn berechtigten Ansprüchen von Anlegerinnen und Anle- gern kategorisch mit der Verjährungseinrede begegnet wird. Im Übrigen sollte auch erneut geprüft werden, ob nicht die weiteren kapitalmarktrechtlichen Verjährungsfristen ebenfalls anzupassen sind. Wir begrüßen die hierzu vom Bundesrat in seiner Stellungnahme gemachten Vor- schläge etwa zu Normen des Investmentgesetzes oder des Börsengesetzes. Ob die Einführung erweiterter Dokumentationspflich- ten in der Anlageberatung tatsächlich eine bessere Durchsetzbarkeit etwaiger Ansprüche bei Falschbera- tung bedingt, erscheint uns fragwürdig. An dieser Stelle wird viel auf die konkrete Ausgestaltung des Protokolls ankommen. Denn Protokolle können auch umgekehrt eine wunderbare Absicherung der Berater gegen Haf- tung darstellen und so eine gut gemeinte Intention ins Gegenteil verkehren. Hier werden wir im weiteren parla- mentarischen Beratungsverlauf darauf achten, dass ein sinnvoller Weg zwischen Standardisierung auf Checklis- tenniveau und zu viel Interpretationsspielraum durch in- dividuelle Ausgestaltung gefunden wird. Wir können es uns nicht leisten, ein wirkungsloses Instrument zu schaf- fen, das dann auch noch gigantische Bürokratie mit sich bringt. Eines lässt sich aber zu den angedachten Regelungen zur Dokumentation bereits jetzt sagen: Der vorgesehene Sanktionsmechanismus, sofern die Dokumentation nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig angefertigt wird, ist absolut verfehlt. Denn ein ins Ermessen der Auf- sichtsbehörde gestelltes Bußgeld nützt dem Anleger für seine Durchsetzbarkeit von Ansprüchen vor Gericht herzlich wenig. Vielmehr muss zumindest in diesen Fäl- len der formellen Mängel des Beratungsprotokolls die Beweislast zugunsten der Verbraucherinnen und Ver- braucher erleichtert werden. Wir werden uns im parlamentarischen Verfahren da- für starkmachen, grundsätzlich eine Beweislasterleichte- rung zugunsten der Anlegerinnen und Anleger einzufüh- ren. Bisher scheitern diese nämlich regelmäßig bereits bei der substanziierten Darlegung der Pflichtverletzung des Bankberaters. Die Finanzdienstleister legen schlicht- weg das Protokoll vor, in welchem regelmäßig pauschal angekreuzt wurde, dass etwa über Risiken aufgeklärt wurde. Wir haben unsere Zweifel, dass an diesem Zu- stand durch ein neues, besseres Protokoll etwas geändert würde. Darüber hinaus sehen wir darin auch keine unan- gemessene Benachteiligung der Finanzbranche. Wenn die Dienstleistung oder das Produkt tatsächlich zum An- leger passt, kann der Finanzdienstleister das anhand sei- ner Expertise und umfangreichen Dokumentation pro- blemlos darstellen. Abschließend sei daran erinnert, dass die Bundesre- gierung es versäumt, die strukturellen Probleme bei der Anlageberatung effektiv anzugehen. Denn der Ansatz ei- ner gesetzgeberischen Tätigkeit sollte stärker darin be- stehen, Falschberatung bei der Wurzel zu packen, also präventiv zu vermeiden, und nicht nur die Kompensa- tionsmöglichkeiten zu verbessern, wenn der Anleger be- reits geschädigt ist, das Kind also im Brunnen liegt. Dazu aber hätte man sich der unbequemen Diskussion um eine Abschaffung oder zumindest Eindämmung der provisionsbasierten Finanzdienstleistungen stellen müs- sen, wovor die Bundesregierung sich jedoch offenkundig drückt. Langfristig wird an dieser Debatte aber kein Weg vorbeiführen. Wir Grüne werden jedenfalls vehement für eine neue Kultur der Anlageberatung streiten. Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz: Wie schon der Name des Gesetzes zeigt, verfolgt die Bundesregierung mit dem Entwurf zwei Ziele. Erstens wird das alte Schuldver- schreibungsgesetz aus dem Jahr 1899 modernisiert. So sind international übliche Umschuldungsklauseln künf- tig in Deutschland eindeutig möglich. In der Krise des Schuldners können Gläubiger schnell und ohne unnöti- gen organisatorischen Aufwand auf die Anleihebedin- gungen durch Mehrheitsentscheidungen einwirken. Deutsches Recht wird damit wettbewerbsfähiger. Zweitens stärken wir den Anlegerschutz. Mit der In- ternationalisierung der Märkte haben sich die als Schuld- verschreibungen begebenen Produkte weiterentwickelt und sind teilweise sehr komplex geworden. Die Finanz- marktkrise hat gezeigt, dass viele Anleger die Risiken der von ihnen erworbenen Produkte nicht verstanden ha- ben und – wenn man ehrlich ist – oft auch gar nicht ver- stehen konnten. Das darf nicht sein. Versprochene Leis- tungen müssen eindeutig, klar und nachvollziehbar sein. Der Regierungsentwurf sorgt hier für mehr Nachvoll- ziehbarkeit und Transparenz. Damit helfen wir Anle- gern, mögliche Risiken aus einer Schuldverschreibung zu erkennen, und verbessern letztlich die Produktquali- tät. Hier sind die Entwicklungen noch nicht abgeschlos- sen. Die Bundesregierung ist weiterhin bestrebt, dass in- ternational, zumindest aber auf Ebene der Europäischen Union einheitliche Standards geschaffen werden. Zur Stärkung des Anlegerschutzes wird ferner die Durchsetzung von Ansprüchen aus Falschberatung ver- bessert. Banken werden künftig verpflichtet, den Inhalt und Ablauf jeder Anlageberatung zu protokollieren und dem Kunden eine Ausfertigung des Protokolls auszuhän- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 24489 (A) (C) (B) (D) digen. Dies schafft Klarheit für den Fall späterer Kon- flikte zwischen Kunden und Berater. Wenn der Berater Angaben und Wünsche des Kunden sowie erteilte Emp- fehlungen und die für seine Empfehlung maßgeblichen Gründe protokollieren muss und wenn er dieses Proto- koll dem Kunden – als Beweismittel für einen etwaigen späteren Prozess – aushändigen muss, dann wird diese Verpflichtung ihn zu höherer Sorgfalt bei der Beratung veranlassen. Das Gesetz wird damit nicht nur die Quali- tät der Finanzprodukte, sondern auch die Qualität der Beratung verbessern. Schließlich wird die Verjährungsfrist bei Schadens- ersatzansprüchen aus Falschberatung an die allgemeine zivilrechtliche Verjährung angepasst. Die bestehende kurze Sonderverjährungsfrist hat anlässlich der Abschaf- fung der allgemeinen 30-jährigen Verjährungsfrist ihre Berechtigung verloren. Schadensersatzansprüche verjäh- ren damit nicht mehr drei Jahre nach Vertragsschluss, sondern drei Jahre nach Kenntnis des Anlegers von sei- nem Schaden, spätestens in zehn Jahren. Auf diesem Weg helfen wir geschädigten Anlegern, ihre berechtigten Ansprüche durchzusetzen. Seitens einiger Banken wurde deutliche Kritik an der Beratungsdokumentation laut. Sie beklagen eine Belas- tung durch Bürokratie und Kosten. Ich halte diese Kritik nicht für gerechtfertigt, auch wenn man sicherlich über Nachbesserungen im Detail nachdenken kann. Die Fi- nanzkrise hat gezeigt, dass es Defizite bei der Beratung gibt und Anleger deshalb Produkte gekauft haben, über deren Risiken sie nicht hinreichend informiert wurden. Hier besteht gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Die Beratungsdokumentation ist ein geeignetes und verhält- nismäßiges Mittel. Aus meiner Sicht liegt die Regelung letztlich auch im Interesse der Banken selbst, weil so das Vertrauen der Anleger in die Qualität der Anlagebera- tung wieder gestärkt werden kann. Auch wenn Sie eine Vielzahl anderer Gesetze zu beraten haben und die Zeit hierfür langsam knapp wird: Dieses Gesetz sollte noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden, damit wir als Gesetzgeber zeigen, dass uns in Reaktion auf die Finanzkrise auch Regelungen zugunsten der Anleger wichtig sind. Dieses Gesetz sollte dabei – darauf hat auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme hingewie- sen – nur ein erster Schritt sein. Weitere Regelungen zur Verbesserung des Anlegerschutzes sollten dann in der nächsten Legislaturperiode folgen. Anlage 11 Amtliche Mitteilungen Der Abgeordnete Detlef Parr hat mitgeteilt, dass er seine Unterschrift auf dem Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes auf Drucksache 16/11330 zurückzieht. Die Abgeordneten Gesine Multhaupt und Detlef Parr haben mitgeteilt, dass sie ihre Unterschriften auf dem Antrag Wirkungsvolle Hilfen in Konfliktsituationen während der Schwangerschaft ausbauen – Volle Teil- habe für Menschen mit Behinderung sicherstellen auf Drucksache 16/11342 zurückziehen. Die Abgeordnete Sylvia Kotting-Uhl hat mitgeteilt, dass sie ihre Unterschrift auf dem Entwurf eines … Ge- setzes zur Änderung des Gesetzes zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten auf Drucksache 16/11347 zurückzieht. Der Abgeordnete Dr. Karl Addicks hat mitgeteilt, dass er seine Unterschrift auf dem Entwurf eines … Ge- setzes zur Änderung des Schwangerschaftskonflikt- gesetzes auf Drucksache 16/12664 zurückzieht. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die deutsche Perso- nalpräsenz in internationalen Organisationen – Drucksache 16/10963 – Ausschuss für Wirtschaft und Technologie – Unterrichtung durch den Nationalen Normenkontrollrat Jahresbericht 2008 des Nationalen Normenkontrollra- tes Bürokratieabbau – Jetzt Entscheidungen treffen – Drucksachen 16/10285 Nr. 15, 16/10039 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über das Ministertreffen der Welthandelsorganisation in Genf vom 21. bis 30. Juli 2008 (Doha-Runde) – Drucksachen 16/10285 Nr. 23, 16/10171 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung 2008 zur Anwendung des Standardkosten-Modells und zum Stand des Bürokra- tieabbaus – Drucksachen 16/11963 Nr. 1.1, 16/11486 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung und Zukunftsperspektiven der maritimen Wirtschaft in Deutschland – Drucksache 16/11835 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter im Jahre 2007 (Rüs- tungsexportbericht 2007) – Drucksache 16/11583 – Ausschuss für Gesundheit – Zwischenbericht der Enquete-Kommission Ethik und Recht der modernen Medizin Verbesserung der Versorgung Schwerstkranker und Sterbender in Deutschland durch Palliativmedizin und Hospizarbeit – Drucksache 15/5858 – 24490 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 222. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 (A) (C) (B) (D) Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Verkehrsinvestitionsbericht 2008 – Drucksachen 16/12357 Nr. 1.1, 16/11850 – Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zum Veränderungsbedarf des bestehenden Rechtsrahmens für Anwendungen der Nanotechnologie – Drucksache 16/6337 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unions- dokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- tung abgesehen hat. Ratsdokument 15908/08 Drucksache 16/11517 Nr. A.11 Ratsdokument 15910/08 Drucksache 16/11517 Nr. A.12 Ratsdokument 15920/08 Drucksache 16/11517 Nr. A.13 Ratsdokument 15923/08 Drucksache 16/11517 Nr. A.14 Ratsdokument 15927/1/08 REV 1 Drucksache 16/11517 Nr. A.15 Ratsdokument 15939/08 Drucksache 16/11517 Nr. A.16 Ratsdokument 15944/1/08 REV 1 Drucksache 16/11517 Nr. A.17 Ratsdokument 16053/08 Drucksache 16/12188 Nr. A.12 Ratsdokument 5972/09 Drucksache 16/12778 Nr. A.15 EuB-EP 1869; P6_TA-PROV(2009)0038 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Rechtsausschuss Drucksache 16/11965 Nr. A.4 Ratsdokument 5146/09 Drucksache 16/12511 Nr. A.2 Ratsdokument 6996/09 Finanzausschuss Drucksache 16/11965 Nr. A.7 Ratsdokument 16960/08 Drucksache 16/12369 Nr. A.7 Ratsdokument 5985/09 Drucksache 16/12369 Nr. A.8 Ratsdokument 5991/09 Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Drucksache 16/2555 Nr. 2.92 Ratsdokument 11510/06 Drucksache 16/11517 Nr. A.7 Ratsdokument 15906/1/08 REV 1 Drucksache 16/11517 Nr. A.8 Ratsdokument 15905/08 Drucksache 16/11517 Nr. A.9 Ratsdokument 15907/08 Drucksache 16/11517 Nr. A.10 sellschaft mbH, Amsterdamer Str. 19 Drucksache 16/12188 Nr. A.19 Ratsdokument 6158/09 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 16/11517 Nr. A.30 Ratsdokument 16521/08 Drucksache 16/11721 Nr. A.22 Ratsdokument 16545/08 Drucksache 16/11819 Nr. A.14 Ratsdokument 17479/08 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 16/3573 Nr. 1.12 EuB-EP 1408 Drucksache 16/10286 Nr. A.73 Ratsdokument 11010/08 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 16/11965 Nr. A.14 Ratsdokument 5112/09 Drucksache 16/12188 Nr. A.32 Ratsdokument 5996/09 nd 91, 1 2, 0, T 22 222. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 14. Mai 2009 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Gerhardt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen

    und Kollegen! Auf die Frage nach der entscheidenden
    Bedeutung des Grundgesetzes hat Theodor Heuss ein-
    mal geantwortet, dass sie für ihn in der Versöhnung der
    deutschen politischen Eliten mit den parlamentarischen
    Systemen des Westens liege. Ganz ähnlich hat sich im
    Übrigen nach meiner Erinnerung auch Carlo Schmid
    eingelassen – so, als wäre das ein Schlusskapitel in dem
    Buch des großen Historikers Heinrich August Winkler
    „Der lange Weg nach Westen“.

    Theodor Heuss hat das aus tiefer Erfahrung aus der
    Weimarer Republik und ihrem Scheitern gesagt, in der
    eine Gesellschaft weder willens noch in der Lage war,
    eine Reichsverfassung zu verteidigen, und schließlich
    diesem totalitären Angebot unterlag, das Ralf
    Dahrendorf so prägnant beschrieben hat: auf der Seite
    der Nazis mit Bindung und Führung und auf der Seite
    der Stalinisten – so drückte er sich aus – mit Bindung
    und Hoffnung. Die Gesellschaft hat das totalitäre Poten-
    zial überhaupt nicht erkannt und ist am Ende trotz einer
    freiheitlichen Verfassung gescheitert.

    Das, was mit dem Grundgesetz nach dem einmaligen
    deutschen Abweichen vom Pfad jeglicher Zivilisation
    versucht worden ist, war im Kern der Versuch einer not-
    wendigen neuen Selbstvergewisserung, die man doku-
    mentieren musste und mit der man erneut um Anerken-
    nung in der Welt nachgesucht hat, dieses Mal endlich
    zivil und human und nicht totalitär und imperial. Das ist
    im Kern die Bedeutung dieses Werkes.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Das war eine gute Lösung. Das Grundgesetz ist die beste
    Visitenkarte nach innen und nach außen. Es gibt keine
    bessere.

    Das Grundgesetz gibt uns die nötige – der Kollege
    Kauder hat das gesagt – kraftspendende Identität,
    wenn wir sie annehmen wollen. Es erwartet den Bürger
    und nicht den bequemen Untertan. Im Grundgesetz sind
    die unveräußerlichen Rechte niedergelegt, die wir seit
    Immanuel Kant unter dem Begriff der Menschenwürde
    kennen. Es hat eine freiheitliche Gesellschaft grundge-
    legt, die Joachim Fest als eine Gesellschaft beschreibt,
    die sich auf Voraussetzungen gründen muss, die manch-
    mal gegen die menschliche Natur sind, wenn sie frei
    bleiben will. Das Grundgesetz – das gilt für jede Verfas-
    sung – muss auch Mechanismen enthalten, die eine Ge-
    sellschaft zügeln. Dass eine Mehrheit nicht alles darf
    und alles kann, gehört zu den Voraussetzungen, die im
    Grundgesetz normiert sind.


    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Deshalb weiß das Grundgesetz bei allen Freiheits-
    rechten auch, dass mit Freiheit sorgfältig umgegangen
    werden muss. Sie kann nicht zügellos genutzt werden,
    und das muss eine Gesellschaft begreifen. In diesen
    Punkten liegt, so schreibt der leider schon verstorbene
    Joachim Fest, das eigentümliche Pathos einer freiheitli-
    chen Ordnung.

    Das Grundgesetz hat ein Gespür dafür, dass Demo-
    kratie zerbrechlich ist und dass Toleranz nicht mit
    Gleichgültigkeit verwechselt werden darf.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Es sichert nach den Katastrophen in unserer Geschichte
    eine Art zivilisatorischer Bestände und sagt uns: Ihr
    dürft sie nicht dem Amüsierbetrieb freigeben.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Das ist eine wichtige Aufforderung, die sich an alle poli-
    tischen Gruppierungen richtet.

    Das Grundgesetz hat sich ohne jeden Zweifel be-
    währt. Es hat sich durchgesetzt, und zwar auch – auch
    das sage ich an dieser Stelle – durch die kluge und über-
    zeugende Rechtsprechung des Bundesverfassungsge-
    richts, das der Parlamentarische Rat zu Recht an die
    Spitze der dritten Gewalt gesetzt hat.


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/ CSU und der SPD)


    Wir sollten immer sehen, dass neben dem Grundgesetz
    die dritte Gewalt in Gestalt des Bundesverfassungsge-






    (A) (C)



    (B) (D)


    Dr. Wolfgang Gerhardt
    richts in der politischen Geschichte unseres Landes
    Maßstäbe gesetzt hat.

    Das Grundgesetz hat nahezu vorausschauend für all
    das, was sich später ereignet hat, eine kluge Grundlage
    gegeben: Es hat uns eine Verfassung für die notwendige
    Integration in Europa gegeben; es hat uns eine Verfas-
    sung für die Zusammenarbeit im Transatlantischen
    Bündnis, für den Eintritt in die NATO, gegeben; es hat
    uns eine Verfassung für die Verträge mit den ost- und
    mittelosteuropäischen Nachbarn der Bundesrepublik
    Deutschland gegeben, und es war auch gegen den Ver-
    such der Überdehnung der Freiheit im Namen der Frei-
    heit gewappnet, die in einem bestimmten Abschnitt un-
    ser Land heimgesucht hat; wir wissen alle, wovon ich
    spreche.

    Das Grundgesetz war weitsichtig und hat den Weg
    zur Wiedervereinigung Deutschlands immer offen ge-
    halten. Der Brief Walter Scheels zum Moskauer Vertrag,
    der diese Option nach langen Verhandlungen, auch mit
    Egon Bahr, ausdrücklich zum Gegenstand des Vertrags-
    werks machte, hat gezeigt, dass das nicht nur ein Lippen-
    bekenntnis war.

    Das Grundgesetz war immer eine Einladung an
    18 Millionen Deutsche. Es war immer eine ausgestreckte
    Hand. Diese 18 Millionen können stolz darauf sein, dass
    sie durch eigene Aktivität die Mauer vom Osten aus ein-
    gedrückt haben, um diese ausgestreckte Hand zu ergrei-
    fen. Schon deshalb sage ich: Das Grundgesetz ist nie-
    mandem übergestülpt worden. Es war eine Hoffnung für
    Millionen in der Geschichte unseres Landes.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Als der bedeutende Historiker Fritz Stern in der
    Frankfurter Paulskirche den Friedenspreis des Deut-
    schen Buchhandels bekam und sich in einer Dankesrede
    äußerte, hat er einen ganz einfachen Satz gesagt. Er be-
    richtete von Schwierigkeiten aus seiner persönlichen
    Biografie, aufgrund derer er sich mit Deutschland erst
    spät versöhnt hatte. Er sagte ganz einfach: Ein bisschen
    mehr Freude über das Erreichte täte uns gut. – Mehr ist
    dazu gar nicht zu sagen.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Es gibt Verfassungen, die mehr soziale Grundrechte
    niedergelegt haben, manche im besten Willen, manche
    aber auch in bewusster Verachtung der bürgerlichen
    Freiheitsrechte. Die Verfassungen, die im besten Willen
    soziale Grundrechte niedergelegt haben, sind irgend-
    wann in schwierige Situationen gekommen, weil Staaten
    – bei allem guten Willen – nie mehr für die Menschen
    tun können, als die Menschen für sich selbst tun könnten
    und sollten.

    Manche Staaten haben versucht, soziale Grundrechte
    in einer Art und Weise zu verwirklichen, durch die per-
    sönliche Freiheitsrechte nahezu zerstört und erdrückt
    wurden. Deshalb sage ich an dieser Stelle: Es ist und
    bleibt Unrecht – und es muss auch so genannt werden
    dürfen –, wenn man sich im Namen von Gerechtigkeit
    und Solidarität derart zum Herren über das Schicksal
    von Menschen macht, wie es das politische System der
    DDR getan hat.


    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Es tut fast körperlich weh, wenn man hört, mit wel-
    chen Argumenten in der letzten Zeit die Grenzen zwi-
    schen Freiheit und Unfreiheit in der Bundesrepublik
    Deutschland durch Diskussionsteilnehmer verwischt
    worden sind. Es mag der jeweiligen politischen Bewer-
    tung überlassen bleiben, zu entscheiden, ob an dem ei-
    nen oder anderen Punkt im Lauf der Geschichte Ergän-
    zungen des Grundgesetzes notwendig bleiben und ob sie
    notwendig waren. Allerdings gilt es, ein Erfordernis an
    alle Wünsche des Hinzufügens zu stellen: Sie sollten
    sich am Maßstab der Schlichtheit und Klarheit des
    Grundgesetzes orientieren.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Deshalb scheint mir das durchaus diskussionswürdige
    Vorhaben der Schuldenbremse jedenfalls stilistisch noch
    kein Gesamtkunstwerk zu sein, das sich nahtlos einpas-
    sen wird.


    (Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Mit Renaissance und Humanismus haben sich in
    einem Teil der Welt freiheitliche Lebensweisen und frei-
    heitliche Verfassungen durchgesetzt. Aber moderne
    Setzungen, so sagt Udo Di Fabio, der Bundesverfas-
    sungsrichter, sind auch gefährdet. Es ist wahr: Unser
    Menschen- und Weltbild ist kulturell und religiös wo-
    möglich voraussetzungsreicher, als wir rationalen Men-
    schen es uns selbst immer versichern. Es gibt alte
    Gegengewichte zum Neuen – das stellen wir fest –, die
    wir in ihrer Heftigkeit nach dem Zusammenbruch der al-
    ten bipolaren Weltordnung so gar nicht erwartet hatten.
    Sie sind aber da. Es gibt Menschen, die mit solch einer
    Gewissheit ihre Positionen vertreten, dass diejenigen,
    die ihnen die Wahrheit sagen wollen, so sagt ein altes
    chinesisches Sprichwort, ein schnelles Pferd brauchen.

    Die freie Entfaltung von Menschen braucht einen
    Staat, der Frieden und Sicherheit, Meinungsfreiheit und
    Versammlungsfreiheit, all diese unersetzlichen Voraus-
    setzungen für menschliches Zusammenleben sichern
    muss. Sicherheit und soziale Sicherheit sind die Voraus-
    setzungen für Teilhabe an der Freiheit. Unser Grundge-
    setz macht uns gegen Feinde der Freiheit nicht wehrlos.
    Vertretern einer konfrontativen Weltsicht müssen wir
    noch längst nicht die Bühne überlassen, in welchen Kos-
    tümen sie auch daherkommen.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Dr. Wolfgang Gerhardt
    Eines gilt aber: Ein Rechtsstaat wird niemals in der
    Auseinandersetzung mit seinen Gegnern seine eigene
    ethische Überlegenheit aufs Spiel setzen dürfen. Das
    war der Fehler, den die Führungsmacht Vereinigte Staa-
    ten von Nordamerika im politischen Programm des Wes-
    tens gemacht hat und der ihrem Ansehen weltweit ge-
    schadet hat. Wir haben ein massives Interesse, dass der
    44. amerikanische Präsident die Chance ergreift, dieses
    Programm zu ändern, weil wir als Westen nicht eine Art
    politische Geografie sein wollen, sondern der Welt eine
    Art politisches Programm anbieten und beispielgebend
    sein wollen.


    (Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Es gibt keinen besseren Satz als den, den die Harvard
    Law School ihren Graduierten in die Diplome schreibt:
    „to think of law as wise restraint that makes man free.“
    Es geht um die Selbstdisziplinierung – nicht mehr und
    nicht weniger – freiheitlicher Gesellschaften.

    Unser weltanschaulich neutraler Staat – Herr Kollege
    Kauder hat das angesprochen – schützt sich selbst vor
    Überhöhung durch eine Religion und schützt die Reli-
    gionen im wohlverstandenen Interesse durch eigene
    Überhöhung vor Übernahme des Staates. Er ist in seiner
    weltanschaulichen Neutralität niemals Gegner von reli-
    giösen Bekenntnissen. Er ist auf viele religiöse Aktivitä-
    ten – nehmen wir die Kirchen – in der Gesellschaft ange-
    wiesen. Er hat aber das legitime Recht, die Authentizität
    religiöser Bekenntnisse auf ihre Übereinstimmung mit
    Menschenrechten zu hinterfragen, an die er auch selbst
    gebunden ist.


    (Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ich sage das deshalb, weil man in unserer Gesell-
    schaft manchmal eine irritierende Unsicherheit spürt,
    wie man damit umgeht. Es ist für uns völlig klar, dass
    niemand hinter einem religiösen Bekenntnis mit An-
    spruch auf eine Authentizität die Verletzung von Men-
    schenrechten verstecken kann.


    (Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


    Es muss klar sein, dass Menschenrechte nicht umgangen
    werden dürfen.

    Der frühere Limburger Bischof Franz Kamphaus hat
    das mit Blick auf die eigene Kirchengeschichte selbstkri-
    tisch festgestellt: Wir sollten nicht überheblich sein.
    Auch die katholische Kirche habe im Grunde bis zum
    Zweiten Vatikanischen Konzil gebraucht, bis sie das be-
    griffen hätte, so sagt er. Deshalb müssten wir etwas Ge-
    duld mit anderen haben. Er hat einen Satz geprägt, der
    fantastisch genau die Sachlage beschreibt: Religionen
    sollen Gott verehren, aber sie sollen nicht selbst Gott
    spielen. – Mehr ist dazu überhaupt nicht zu sagen.


    (Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Wenn eine Gesellschaft sich selbst nicht mag, dann
    kann sie niemanden integrieren. Deshalb sind ein norma-
    les Selbstbewusstsein und ein Stolzsein auf das, was in
    der Bundesrepublik Deutschland erreicht worden ist,
    richtig. Wir müssen immer wissen, wie viel Verbindlich-
    keiten wir uns leisten können, zu verlieren, und wie viel
    Gemeinsamkeiten wir immer neu schaffen müssen. Des-
    halb ist die Verfassung auf eine reife Mentalität der Ge-
    sellschaft angewiesen. Wenn die Verfassung nur ge-
    schrieben wäre und wir uns nicht danach richten würden,
    bekämen wir Probleme.

    Ich komme zum Schluss. In einer Zeit, in der mehr als
    eine Generation den Nationalsozialismus gar nicht mehr
    erlebt hat und die den Stalinismus nur aus Geschichtsbü-
    chern kennt, müssen wir immer wieder an die nächste
    Generation weitergeben, wo die Kernpunkte, der Kom-
    pass einer freiheitlichen Gesellschaft liegen. Manche
    machen Europa zu einer nebensächlichen Angelegen-
    heit. Sie wissen gar nicht mehr, warum diese europäi-
    sche Politik entstanden ist. Für viele ist sie zu kompli-
    ziert. Das ist verständlich. Die ältere Generation hat zwei
    Hyperinflationen erlebt. Der Abschied von der D-Mark
    war schon eine gewaltige Anstrengung, die niemand un-
    terschätzen sollte.

    Kritik und Einwände sollten eines berücksichtigen
    – ich sage das mit Blick auf die Wahl, die vor uns steht,
    ohne parteipolitisch zu werden –: In keinem Abschnitt
    der deutschen Geschichte hat es eine solche Leistung des
    Poolens von Souveränität, des Verzichtens auf nationale
    Souveränität in manchen Bereichen gegeben, um nicht
    wieder einen Rückfall in alte imperative Politiken, in
    Politik gegeneinander, zu bekommen. Wir haben jetzt
    60 Jahre des Friedens, eine unglaublich lange Periode,
    wie sie in den letzten zwei Jahrhunderten kaum eine Ge-
    neration in Deutschland erlebt hat. Selbst wenn Europa
    nicht mehr gebracht hätte als das, müsste man sagen:
    Schon das hätte gereicht.


    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Die Zusammenarbeit in Europa ist nicht mehr eine
    reine Option, sie ist eine unmittelbare und zwingende
    Notwendigkeit, es gibt zu ihr keine Alternative. Wir soll-
    ten jedenfalls dabeibleiben, mit Kooperation und Inte-
    gration als Charakterzüge unserer Verfassung und auch
    als Charakterzüge der deutschen Außenpolitik.

    Das Grundgesetz bleibt, was es war und ist: ein Kom-
    pass für die Zukunft einer freiheitlichen Gesellschaft. Es
    liegt an uns, diesen Kompass zu nutzen. Wir, die Freien
    Demokraten, wollen das tun.

    Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


    (Anhaltender Beifall bei der FDP – Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Die Kollegin Dr. Däubler-Gmelin ist nächste Redne-

rin für die SPD.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)







(A) (C)



(B) (D)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Herta Däubler-Gmelin


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

    alle sind uns, glaube ich, bewusst, dass die heutige De-
    batte keine unserer normalen, tagespolitischen Debatten
    ist. Das haben schon die Reden meiner Vorredner ge-
    zeigt. Ich möchte hinzufügen, dass der Rückblick auf
    60 Jahre Grundgesetz und auf 60 Jahre Bundesrepublik
    Deutschland – was ja eine lange Zeit ist – für unsere
    Kinder und Enkel einen Blick in die Geschichte bedeu-
    tet, für die Angehörigen meiner Generation aber einen
    Blick auf unser ganzes Leben. Das beeinflusst natürlich
    das, was wir heraussuchen und hier herausstellen, so
    auch meine Rede.

    Ich bin im Gründungsjahr der Bundesrepublik
    Deutschland in die Schule gekommen. Ich erinnere mich
    noch genau an das sehnlichst erwartete Carepaket, dem
    ich eine Schiefertafel und eine Tafel Schokolade – was
    mir immer in Erinnerung bleiben wird – verdanke, und
    auch an die Schulspeisung. Und ich habe noch gut in Er-
    innerung, wie das damals war, wenn eine ausgebombte
    Mutter mit vier Kindern in die Wohnung anderer Leute
    eingewiesen wurde, und was es bedeutete, die Kinder
    sattzumachen, wenn der Vater nicht da war, gefallen
    oder, wie meiner, in Gefangenschaft war.

    Seit dieser Zeit – lassen Sie mich das sagen – habe ich
    unglaublichen Respekt vor der Leistung der Genera-
    tion meiner Mutter. Die Frauen haben ja nicht nur als
    Trümmerfrauen gearbeitet, sie haben auch die Familie
    zusammengehalten und damit die Grundlage für den
    Wiederaufbau, übrigens in ganz Deutschland, gelegt.


    (Beifall im ganzen Hause)


    In der Schule haben wir dann vieles über die Eckpfei-
    ler der neuen Gesellschaftsordnung, des neuen Staates
    gelernt. Wir haben gelernt – der Kollege Kauder hat es
    ausgeführt –, was Demokratie ist, was Rechtsstaatlich-
    keit ist, warum Menschenrechte so wichtig sind und wa-
    rum es so wichtig ist, dass alle staatliche Gewalt, ohne
    Lücke, an sie gebunden ist.

    Ich hatte, in Tübingen aufgewachsen, das Glück, rela-
    tiv frühzeitig Persönlichkeiten kennenzulernen, die na-
    türlich unser Denken und unser Leben geprägt haben. Da
    war Carlo Schmid, der so viele Beiträge zu unserem
    Grundgesetz geleistet hat, und da war Theodor Heuss,
    der nie müde wurde, es zu leben und es zu erläutern, und
    der durch seine Sprache – auch er sprach Schwäbisch
    mit deutschem Akzent –


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    zusätzlich Identifikation geschaffen hat.

    In jener Zeit traf man aber nicht nur solche Persön-
    lichkeiten, man traf auch viele, die in der neuen Zeit
    noch nicht angekommen waren. Das will ich an einem
    Beispiel deutlich machen: Ich habe mich schon immer
    dafür interessiert, was das Auswärtige Amt so tut.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist auch gut so!)


    Als ich anfing, zu studieren, ging ich deshalb in eine
    Vorlesung, in der ein damals schon ältlicher Vortragen-
    der Legationsrat Erster Klasse die Tätigkeiten und die
    Berufsmöglichkeiten im Auswärtigen Amt vorstellte.
    Selbstverständlich habe ich hinterher gefragt, wie das ei-
    gentlich mit den Chancen für Frauen sei, und bekam die
    Antwort: Frauen nehmen wir nicht, sie gehören da nicht
    hin. Werden Sie lieber Erzieherin!


    (Heiterkeit im ganzen Hause – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das ist wie heute!)


    Da war sie wieder: die alte Rolle. Sie können sich vor-
    stellen, wie „gut“ mir das gefallen hat, übrigens nicht
    nur, weil ich fand, dass der Mann in der neuen Zeit noch
    nicht angekommen war, sondern schlichtweg auch des-
    halb, weil mich auch diese Missachtung der Erziehungs-
    leistung unheimlich geärgert hat.


    (Beifall im ganzen Hause)


    Geärgert hat mich auch, dass die Auseinandersetzung
    um die Gleichberechtigung von Männern und
    Frauen, die ja wirklich erkämpft werden musste – auch
    im Parlamentarischen Rat – und bitter erkämpft wurde,
    ganz offensichtlich völlig an ihm vorbeigegangen war.
    Elisabeth Selber und ihre Mitstreiterinnen wollten eben
    nicht mehr die alte, unverbindliche Formulierung der
    Weimarer Reichsverfassung, und sie setzten sich damit
    schließlich durch, obwohl sie nur vier Frauen waren,
    weil eben die Frauen aus der Generation meiner Mutter
    damals trotz ihrer Belastung gesagt haben: „Das wollen
    wir jetzt endlich einmal wissen, und gleiche Rechte wol-
    len wir haben“, und das mit massenhaften Postkarten-
    aktionen auch durchsetzten.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Mich persönlich hat das natürlich eher angespornt;
    das ist völlig richtig. Ich glaube, hier ist das Wort, das
    Wolfgang Gerhardt mit völligem Recht gesagt hat:
    „Freude über das Erreichte“, wirklich angebracht. Wir
    können sehen, dass Frauen heute weitgehend den Platz
    haben, der ihnen zukommt, auch wenn dort noch eine
    Menge zu tun ist.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Bei uns ist das so!)


    Die Gewöhnung an die Werte und Maßstäbe des
    Grundgesetzes hat insgesamt aber schon noch ein biss-
    chen länger gedauert. Ende der 60er-Jahre war ich zur
    Ausbildung beim Oberlandesgericht, und ich musste
    dort natürlich Revisionsfälle bearbeiten. Dafür zog ich
    die Maßstäbe und Grundwerte des Grundgesetzes heran.
    Was hörte ich von meinem Ausbilder? – Mir wurde ge-
    sagt: Lassen wir doch dieses neumodische Zeug, wir hal-
    ten uns lieber an das bewährte BGB.

    Wenn man sich anschaut, wie die Gerichtsurteile in
    den 50er- und 60er-Jahren manchmal aussahen, dann
    geht einem heute der Hut hoch. Ich will nur an Folgen-
    des erinnern:

    Da passte Eltern der Umgang ihrer Tochter mit einem
    Jungen nicht; sie bestraften die Tochter mit Essensent-
    zug; sie banden sie ans Bett und an einen Stuhl fest; sie






    (A) (C)



    (B) (D)


    Dr. Herta Däubler-Gmelin
    schnitten ihr die Haare so unregelmäßig kurz, dass es sie
    entstellte. Und zu alledem sagte der BGH: Das sei vom
    elterlichen Züchtigungsrecht umfasst. Warum war das
    so? Das Gericht sagte: Mit 16 Jahren sei man der Strafe
    der Eltern unterworfen, und wenn man entgegen dem
    Willen der Eltern mit einem Jungen Kontakt pflegen
    wolle, dann sei man sittlich verdorben.

    Dieses Züchtigungsrecht gibt es heute nicht mehr,
    sondern heute gibt es die elterliche Verantwortung. Die
    Stellung der Kinder hat sich grundlegend verändert, und
    ich denke, wir sollten das auch durch Kinderrechte im
    Grundgesetz dokumentieren.


    (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Lassen Sie mich auch an den schrecklichen
    § 175 StGB erinnern, der damals für verfassungsgemäß
    gehalten wurde. Dieser Paragraf war eine Quelle von
    Ungerechtigkeit, von Diskriminierung, von menschli-
    chem Leid und von ständiger Erpressbarkeit. Gott sei
    Dank haben wir auch den abgeschafft. Auch deswegen
    können wir Freude über das Erreichte empfinden.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN)


    Schauen Sie sich auch einmal an, in wie vielen Ge-
    richtsprozessen gerade in den 50er-Jahren Nazitäter ge-
    schont und Opfer zum zweiten Male diskriminiert wur-
    den. Auch das gehört in die Kette der Erinnerung, die
    wir bewahren müssen, um Gefahren zu erkennen, die
    jetzt nicht drohen, die aber auch nie wieder drohen dür-
    fen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


    Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den skandalö-
    sen Umgang mit den Mördern von Dietrich Bonhoeffer.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


    Eindrucksvolle Persönlichkeiten wie Richard Schmid
    oder auch der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer
    hatten es schwer. Die Rebellion in diesem Bereich be-
    gann eigentlich erst so richtig, als es das Kammergericht
    Berlin Mitte der 60er-Jahre übertrieben hatte und auch
    noch Freislers Volksgerichtshof den Charakter eines de-
    mokratischen, rechtsstaatlichen, unabhängigen Gerichtes
    zubilligen wollte. Das war dann wirklich zu viel. Damals
    kam es zur Kritik durch die Öffentlichkeit und auch zu
    den Demonstrationen.

    Allerdings wissen wir auch, dass der Bundesgerichts-
    hof bis ins Jahr 1995 brauchte, um das „folgenschwere
    Versagen“, wie er es nannte, der bundesdeutschen Straf-
    justiz bei der Auseinandersetzung mit der NS-Justiz zu
    kritisieren. Dann allerdings hat er das mit klaren und ein-
    drucksvollen Worten getan, wenn auch möglicherweise
    von manchem Leser der bittere Unterton bemerkt wird,
    dass er das aus Anlass der Verurteilung eines DDR-Rich-
    ters getan hat.

    (Dr. Peter Struck [SPD]: Ja!)


    Das war korrekt, aber die Entscheidung zur Nazi-Justiz
    war spektakulär und bemerkenswert.

    Liebe Kollegen, heute wissen wir alle, dass das
    Grundgesetz anerkannt ist, wir teilen die Einschätzung
    Gustav Heinemanns, dass das Inkrafttreten des Grundge-
    setzes eine Sternstunde der Geschichte oder auch, wie
    andere es nennen, ein Glücksfall war. Dies wurde aber
    nicht immer so gesehen: Was Ernst Friedländer am
    19. Mai 1949 in der Zeit geschrieben hat, macht deut-
    lich, unter welch unglaublich beißender Kritik das
    Grundgesetz 1949 in Kraft gesetzt wurde. Er zitierte
    nicht nur die Kritik von „Grundgesetz gleich Schundge-
    setz“, vom Parlamentarischen Rat als einer Versamm-
    lung von Langweilern, das Grundgesetz sei langatmig,
    und der Mann auf der Straße habe andere Sorgen, son-
    dern auch von Kautschukbegriffen – von wegen
    Schlichtheit und Klarheit –, und es wurde der Vorwurf
    erhoben, das Grundgesetz sei „keine Kreation schöpferi-
    scher Fantasie“. Die Verfassungsexperten seien sowieso
    nicht die Repräsentanten der Bevölkerung gewesen.

    In der Sache selber hat man auch die Unabänderlich-
    keit der Grundsatzentscheidung für die Menschen-
    rechte und den Staatscharakter kritisiert, weil die
    Mehrheit ganz bewusst nicht daran rütteln können
    sollte. Friedländers Folgerung war: „Papier ist gedul-
    dig“, aber auch: Geben wir dem Grundgesetz und denen,
    die es anwenden müssen, eine Chance zur Bewährung!

    Diese Bewährung hat bis heute stattgefunden, auch
    wenn viele das am Anfang noch nicht erkannt haben.
    Das gilt für das Grundgesetz, aber auch für die Bewäh-
    rung durch die Ausfüllenden und Handelnden.

    Zehn Jahre später – ich habe die Festveranstaltung
    1959 vor Augen – gab es immer noch große Zweifel.
    Damals hat Bundeskanzler Adenauer es geradezu ent-
    schuldigt, dass es Mängel gebe, und so das Grundgesetz
    verteidigt. Ich will Ihnen zusätzlich ein Zitat des damali-
    gen Festredners Jahrreiß nicht vorenthalten. Er stellte
    fest, der Parlamentarische Rat sei „von seinem eigentli-
    chen Auftrag abgewichen“. Er habe sich nämlich davon
    „gelöst, ein bloßes Organisationsstatut zu schaffen“, und
    „wie in einem Rausch“ sei er „darüber hinausgegangen,
    um sich dann doch vor der größeren, der weiteren Auf-
    gabe des Vollverfassungsgebens als zu schwach zu er-
    weisen“.

    Das ist ein bisschen kompliziert ausgedrückt, aber
    eindeutig ein Verriss.


    (Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Richtig!)


    Was hat sich bis 1969 geändert, dem Jahr, ab dem
    dann das Grundgesetz als Sternstunde und Glücksfall be-
    zeichnet wurde? Ich glaube, dass wir nicht vergessen
    dürfen, dass in den 60er-Jahren ein erheblicher und
    signifikanter Aufbruch stattgefunden hat.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Dr. Herta Däubler-Gmelin
    Das mag manchem heute nicht passen. Mancher mag die
    Verirrungen und Verbrechen sehen wollen, die einige be-
    gangen haben. Mancher mag nur sehen, was es an Illu-
    sionen oder Fehleinschätzungen gegeben hat. Richtig ist
    aber, dass in den 60er-Jahren durch eine neue, in Demo-
    kratie und Rechtsstaatlichkeit erzogene Generation ein
    Aufbruch angestoßen wurde, dass es einen Aufbruch in
    der Gesellschaftsordnung gegeben hat und dass man die
    Maßstäbe des Grundgesetzes sehr viel ernster nahm.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Mich, die ich damals auch demonstrierte, hat damals
    Gustav Heinemann unglaublich beeindruckt, mit einem
    Bild, das er damals gezeichnet hat. Es war die Zeit der
    Osterunruhen 1968. Sie erinnern sich sicherlich: Martin
    Luther King war umgebracht worden, und auf Dutschke
    war geschossen worden. Es gab gewalttätige Krawalle
    und Zerstörungen in Berlin, die selbstverständlich heftig
    kritisiert wurden, zum Teil auch sehr einseitig. Gustav
    Heinemann hat gegenüber denjenigen, die kritisiert ha-
    ben, ein Bild geprägt, das aber gleichzeitig auch an die
    Demonstrierenden gerichtet war. Er hat gesagt, wer in
    allgemeinen Vorwürfen „mit dem Zeigefinger auf den
    oder die vermeintlich verantwortlichen Anstifter oder
    auch politisch Verantwortlichen“ zeige, der solle beden-
    ken, dass „dabei drei Finger seiner Hand auf ihn selber“
    zeigten. Ich glaube, besser kann man nicht ausdrücken,
    was im neuen Grundgesetz mit Demokratie gemeint war.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Dazu gehört immer die Verantwortlichkeit der Han-
    delnden. Dazu gehört aber genauso die Verantwortlich-
    keit derjenigen, die mitgestalten sollen, die wählen. Die
    Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht nur zuschauen und
    hinterher maulen, sondern müssen sich engagieren und
    einbringen. Nicht umsonst hat Gustav Heinemann im-
    mer davon gesprochen, dass unser „Grundgesetz ein gro-
    ßes Angebot“ für Meinungsfreiheit sowie unterschiedli-
    che Auffassungen und Religionen – das wurde hier
    schon dargelegt; das ist völlig richtig – darstellt. Er hat
    auch darauf hingewiesen, dass der einzelne Bürger und
    die einzelne Bürgerin Instrumente in der Hand haben,
    die sie befähigen, eigene Rechte durch Demonstrationen
    und Partizipation in Parteien, aber auch durch Petitionen
    und auf juristisch-gerichtlichem Weg durchzusetzen.

    Über die segensreiche Rolle des Bundesverfassungs-
    gerichts ist heute schon gesprochen worden. Wenn man
    das fortführt, Herr Gerhardt, und schaut, wie viele gute
    Ideen und Maßstäbe des Grundgesetzes durch Verfas-
    sungsbeschwerden der Bürger entstanden sind und in un-
    sere Lebenswirklichkeit eingebracht wurden, dann zeigt
    dies die unglaublich wichtige Bedeutung des Instru-
    ments der Verfassungsbeschwerde. Beispiele hierfür rei-
    chen von der Stellung der Frau über die Stellung der
    Kinder bis in die jüngste Zeit, in der es um Fragen be-
    treffend den Persönlichkeitsschutz und den Datenschutz
    geht.

    (Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


    Das dokumentiert aber auch: Im Grundgesetz wird poli-
    tische Macht als Vollmacht, wie wir Juristen das aus-
    drücken, verstanden, und zwar als inhaltlich und zeitlich
    gebundene Macht. Das Grundgesetz meint eben nicht
    politische Macht, die Bürgerinnen und Bürger gegenüber
    „denen da oben“ ohnmächtig werden lässt, mit dem
    Empfinden: Wir können sowieso nichts machen. Das ist,
    glaube ich, eine ganz wichtige Feststellung, die wir in
    Zukunft besonders berücksichtigen müssen. Neben der
    Partizipation ist es die Machtbegrenzung, die als Ele-
    ment unserer Verfassung und damit unserer Gesell-
    schaftsordnung für die Weiterentwicklung unserer Ge-
    sellschaft und unserer Rechtsordnung ganz besonders
    wichtig ist.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


    Lassen Sie mich mit Blick auf das, was von Herrn
    Gerhardt schon angesprochen wurde und mir unter ei-
    nem etwas anderen Blickwinkel besonders wichtig zu
    sein scheint, schließen. Eine der wirklich genialen
    Grundentscheidungen von 1949 war – diese Entschei-
    dung hat sich nicht nur bewährt, sondern muss auch
    Maßstäbe für die Zukunft setzen; es war eine großartige
    Leistung –, die Gesellschaftsordnung und die Politik,
    aber auch die Rechtsordnung der neuen Bundesrepublik
    Deutschland in die der zivilisierten Völkergemeinschaft
    einzuordnen. Das war in der Tat eine richtig gute, eine
    unglaublich wichtige Grundentscheidung; dazu gehört
    auch das Verbot des völkerrechtswidrigen Angriffskrie-
    ges; ich hoffe, dass Deutschland helfen kann, die Anti-
    aggressionskonvention im Rahmen des Internationalen
    Strafgerichtshofs durchzusetzen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


    Wichtig ist die Entscheidung, dass internationales
    Recht auch unser Recht ist und dass internationales
    Recht und internationale Gerichtsbarkeit sowohl in Eu-
    ropa als auch beim Internationalen Strafgerichtshof nicht
    nur für andere, sondern auch für uns gelten. Internationa-
    les Recht darf nie nur Recht für andere sein, genauso we-
    nig wie die internationale Gerichtsbarkeit. Für diesen
    Gedanken müssen wir bei Freunden werben; denn erst
    mit einer solchen Einordnung, einer wertegebundenen
    Macht, der Einhaltung der Menschenrechte und vor allen
    Dingen mit der Förderung von Partizipation lässt sich
    eine menschenwürdige Gesellschaft erreichen. Etwas
    weniger vollmundig ausgedrückt: So können wir einer
    menschenwürdigen Gesellschaft einen Schritt näher-
    kommen, die wir auch auf globaler Ebene wollen. Da
    müssen wir hin. Da wollen wir hin.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


    Ernst Bloch, dessen Vorlesungen ich in Tübingen be-
    suchen konnte und der lange in der damaligen DDR ge-
    wirkt hat, bevor er gehen musste, hat einmal gesagt: Er-
    innerung taugt eigentlich nur, wenn wir uns gleichzeitig






    (A) (C)



    (B) (D)


    Dr. Herta Däubler-Gmelin
    daran erinnern, was noch zu tun ist. – Ich glaube, das ist
    völlig richtig.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Sie werden es mir nachsehen, dass ich mit sehr viel kür-
    zeren, aber das Gleiche ausdrückende Wort von Herbert
    Wehner ende, der meinte, nein, er hat es eigentlich ge-
    knurrt: „Nicht nur Gedenken, sondern Gedanken“ sind
    auch gefragt.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall im ganzen Hause)