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ID1621407500

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    Plenarprotokoll 16/214 Wolfgang Gehrcke, Monika Knoche, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Keine NATO-Erweiterung – Si- cherheit und Stabilität mit und nicht ge- gen Russland (Drucksachen 16/11247, 16/11971) . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Jürgen Trittin, Winfried Nachtwei, Kerstin Müller (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Überprüfung und Korrektur der Stra- tegie beim Afghanistanengagement vor dem NATO-Gipfel in Kehl/Straßburg beginnen (Drucksache 16/12113) . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Jürgen Trittin, Winfried Nachtwei, Kerstin Müller Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gert Weisskirchen (Wiesloch) (SPD) . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Eckart von Klaeden (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . Eckart von Klaeden (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23120 A 23120 A 23130 C 23131 B 23133 B 23135 A 23136 B 23136 D 23138 D 23139 A 23139 C 23140 B Deutscher B Stenografisc 214. Si Berlin, Donnerstag, I n h a Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Uwe Beckmeyer, Dr. Max Stadler und Wilhelm Josef Sebastian . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 9 . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . Tagesordnungspunkt 3: a) Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin: zum NATO-Gipfel b) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Paul Schäfer (Köln), 23117 A 23117 B 23119 B 23119 B 23120 A (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: NATO-Gipfel für eine strategische Neu- ausrichtung nutzen – Neue Schritte zur undestag her Bericht tzung den 26. März 2009 l t : Abrüstung und für gemeinsame Sicher- heit einleiten (Drucksache 16/12322) . . . . . . . . . . . . . . e) Antrag der Abgeordneten Dr. Rainer Stinner, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: 60 Jahre NATO – Deutschland muss sich in Diskussion über die Zukunft der NATO konstruk- tiv einbringen (Drucksache 16/12433) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Walter Kolbow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oskar Lafontaine (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 23120 B 23120 B 23120 C 23125 C 23127 A 23128 C Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 23141 D 23143 A II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 Tagesordnungspunkt 4: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung uner- laubter Telefonwerbung und zur Ver- besserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen (Drucksachen 16/10734, 16/12406) . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Hans-Michael Goldmann, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Mechthild Dyckmans, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der FDP: Verbrau- cherschutz beim Telefonmarketing ver- bessern – Call-Center erhalten (Drucksachen 16/8544, 16/12406) . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Bärbel Höhn, Jerzy Montag, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Verbot von Telefonwerbung zum Schutz der Verbraucherinnen und Ver- braucher wirksam durchsetzen (Drucksachen 16/4156, 16/6059) . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Julia Klöckner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Günter Krings (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dirk Manzewski (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 36: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 6. November 2008 zwischen der Bun- desrepublik Deutschland und der Repu- blik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Erbschaftsteuern bei Erbfällen, in denen der Erblasser nach dem 31. De- zember 2007 und vor dem 1. August 2008 verstorben ist (Drucksache 16/12236) . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- 23144 C 23144 D 23144 D 23145 A 23146 C 23147 C 23149 B 23150 D 23152 A 23152 D 23153 C 23155 C 23157 C zes zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im Grundbuchverfahren sowie zur Änderung weiterer grundbuch-, re- gister- und kostenrechtlicher Vorschrif- ten (ERVGBG) (Drucksache 16/12319) . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Umsetzung des Rahmenbe- schlusses 2006/783/JI des Rates vom 6. Oktober 2006 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen An- erkennung auf Einziehungsentschei- dungen (Umsetzungsgesetz Rahmenbe- schluss Einziehung) (Drucksache 16/12320) . . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Zweiten Geset- zes zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungs- maßnahmen (Drucksache 16/12321) . . . . . . . . . . . . . . e) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Fünf- ten Gesetzes zur Änderung des Bundes- zentralregistergesetzes (Drucksache 16/12427) . . . . . . . . . . . . . . f) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Ge- walttaten (Drucksache 16/12428) . . . . . . . . . . . . . . g) Antrag der Abgeordneten Jan Mücke, Horst Friedrich (Bayreuth), Patrick Döring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Konjunktur jetzt stär- ken – Überlange Planungszeiten verhin- dern (Drucksache 16/11750) . . . . . . . . . . . . . . h) Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Monika Lazar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Flüchtlinge entsprechend den Vorgaben der Qualifikationsrichtlinie schützen (Drucksache 16/12323) . . . . . . . . . . . . . . i) Antrag der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Markus Kurth, Irmingard Schewe-Gerigk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gleiche Bezahlung, gleiche Behandlung und Mindestlohn für Leih- arbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer (Drucksache 16/12435) . . . . . . . . . . . . . . j) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Umweltgutachten 2008 des Sachver- 23157 C 23157 D 23157 D 23157 D 23158 A 23158 A 23158 A 23158 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 III ständigenrates für Umweltfragen: Um- weltschutz im Zeichen des Klimawan- dels (Drucksache 16/9990) . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 3: a) Antrag der Abgeordneten Florian Toncar, Burkhardt Müller-Sönksen, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für ein kohärentes und effizientes Konzept der deutschen humanitären Hilfe (Drucksache 16/7523) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Horst Meierhofer, Hans-Michael Goldmann, Michael Kauch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Transparente und eindeutige Produktkennzeichnung als Voraussetzung für ökologische Kon- sumentenverantwortung (Drucksache 16/11911) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Wolfgang Wieland, Jerzy Montag, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Visumsfreie Einreise türkischer Staats- angehöriger für Kurzaufenthalte er- möglichen (Drucksache 16/12437) . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Fraktionen FDP, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ein- setzung eines Untersuchungsausschus- ses (Drucksache 16/12480) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 37: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des no- tariellen Disziplinarrechts (Drucksachen 16/12062, 16/12460) . . . . . b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Inter- nationalen Familienrechtsverfahrensge- setzes (Drucksachen 16/12063, 16/12461) . . . . . c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 8. Oktober 2008 zwischen der Bundes- republik Deutschland und der Republik Indien über Sozialversicherung (Drucksachen 16/12065, 16/12352) . . . . . 23158 B 23158 C 23158 C 23158 C 23158 D 23159 A 23159 B 23159 C d) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Haa- ger Übereinkommen vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, das anzu- wendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwor- tung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern (Drucksachen 16/12068, 16/12462) . . . . . e) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung der Vor- schriften des Internationalen Privat- rechts an die Verordnung (EG) Nr. 593/ 2008 (Drucksachen 16/12104, 16/12463) . . . . . f) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes (Drucksachen 16/12118, 16/12451) . . . . . g) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung der Frei- häfen Emden und Kiel (Drucksachen 16/12228, 16/12454) . . . . . h) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Zweiten Protokoll vom 26. März 1999 zur Haager Konvention vom 14. Mai 1954 zum Schutz von Kulturgut bei be- waffneten Konflikten (Drucksachen 16/12234, 16/12452) . . . . . i) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Sta- bilisierungs- und Assoziierungsabkom- men zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitglied- staaten einerseits und Bosnien und Her- zegowina andererseits (Drucksachen 16/12235, 16/12453) . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 4: a–j Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 543, 544, 545, 546, 547, 548, 549, 550, 551 und 552 zu Petitionen (Drucksachen 16/12438, 16/12439, 16/12440, 16/12441, 16/12442, 16/12443, 16/12444, 16/12445, 16/12446, 16/12447) . . . . . . . . 23159 D 23160 A 23160 B 23160 C 23160 D 23161 A 23161 B IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 Zusatztagesordnungspunkt 5: a) Wahl von Mitgliedern des Stiftungs- rates der unselbständigen Stiftung „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöh- nung“ Wahlvorschläge der Fraktionen der CDU/ CSU und der SPD (Drucksache 16/12417) . . . . . . . . . . . . . . . b) Wahl von Mitgliedern des Kuratoriums der Stiftung „Deutsches Historisches Museum“ – Wahlvorschläge der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN (Drucksache 16/12419) . . . . . . . . . . . . – Wahlvorschläge der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP (Drucksache 16/12418) . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktio- nen der CDU/CSU und der SPD: Bekämp- fung der Kinderpornografie im Internet Wolfgang Bosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Christoph Waitz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Renate Gradistanac (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Michaela Noll (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Monika Griefahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Kerstin Griese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Ulrike Höfken, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Anbau von gentechnisch verändertem Mais stoppen (Drucksache 16/11919) . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23162 B 23162 B 23162 B 23162 C 23164 A 23165 B 23166 C 23167 C 23169 A 23170 B 23172 A 23173 B 23174 B 23175 C 23176 D 23177 D 23179 B 23179 B Peter Bleser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . Heinz Schmitt (Landau) (SPD) . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . Dr. Wolfgang Wodarg (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . Arnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . Johannes Röring (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU) . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: a) Antrag der Abgeordneten Laurenz Meyer (Hamm), Eckhardt Rehberg, Wolfgang Börnsen (Bönstrup), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Margrit Wetzel, Garrelt Duin, Ludwig Stiegler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: In der Maritimen Wirtschaft Kurs halten (Drucksache 16/12431) . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung und Zukunftsperspektiven der maritimen Wirtschaft in Deutsch- land (Drucksache 16/11835) . . . . . . . . . . . . . . Dagmar Wöhrl, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Margrit Wetzel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Lutz Heilmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Clemens Bollen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Christian Kleiminger (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 23181 A 23181 B 23182 C 23183 D 23186 A 23188 B 23188 B 23188 B 23188 D 23189 D 23191 B 23191 C 23192 D 23193 B 23196 C 23197 A 23198 C 23198 C 23198 D 23200 C 23202 C 23204 C 23205 D 23207 C 23208 D 23211 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 V Tagesordnungspunkt 7: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanz- rechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) (Drucksachen 16/10067, 16/12407) . . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechthild Dyckmans (FDP) . . . . . . . . . . . . . Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Uwe Benneter (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: a) Antrag der Abgeordneten Michael Kauch, Horst Meierhofer, Horst Friedrich (Bay- reuth), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Elektromobilität – Für einen bezahlbaren und klimaver- träglichen Individualverkehr (Drucksache 16/10877) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Michael Kauch, Horst Meierhofer, Horst Friedrich (Bay- reuth), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Elektromobilität durch Änderung von immissionsschutz- und verkehrsrechtlichen Regelungen fördern (Drucksache 16/12097) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Winfried Hermann, Hans-Josef Fell, Dr. Anton Hofreiter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Umfassende Förderstrategie für Elek- tromobilität mit grünem Strom ent- wickeln (Drucksache 16/11915) . . . . . . . . . . . . . . . Horst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Scheuer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Ulrich Kasparick, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) . . . . . . . . . . . 23212 A 23212 B 23213 C 23214 C 23215 D 23217 A 23217 D 23219 A 23220 C 23220 D 23220 D 23221 A 23222 C 23224 B 23225 A 23225 D 23227 A Tagesordnungspunkt 11: Beschlussempfehlung und Bericht des Vertei- digungsausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Bernd Siebert, Ulrich Adam, Michael Brand, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Rainer Arnold, Dr. Hans-Peter Bartels, Petra Heß, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Konzept der Inneren Führung stärken und weiterentwickeln – zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Elke Hoff, Dr. Rainer Stinner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Innere Führung stärken und weiterentwickeln – zu dem Antrag der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Alexander Bonde, Marieluise Beck (Bremen), weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Bundeswehr – Innere Führung konsequent umsetzen (Drucksachen 16/8378, 16/8376, 16/8370, 16/12071) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Gerd Höfer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hedi Wegener (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales zu dem An- trag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Barbara Höll, Dr. Dietmar Bartsch, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Kostenpflichtige Service-Telefon- nummer der Arbeitsagentur in eine gebüh- renfreie Rufnummer umwandeln (Drucksachen 16/9097, 16/11802) . . . . . . . . . Katja Mast (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Ent- 23227 D 23228 B 23229 B 23230 C 23231 C 23232 B 23233 B 23234 C 23235 D 23236 A 23237 A 23238 B VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 wurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes (Drucksache 16/12413) . . . . . . . . . . . . . . . . . Antje Blumenthal (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Winfried Hermann, Bettina Herlitzius, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Besteuerung von Dienstwagen CO2-effizient ausrichten und Privilegien abbauen (Drucksache 16/10978) . . . . . . . . . . . . . . . . . Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien – zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Peter Albach, Dorothee Bär, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Steffen Reiche (Cottbus), Monika Griefahn, Siegmund Ehrmann, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD: Einheit in Vielfalt – Kulturpolitik in und für Europa aktiv gestalten – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Uschi Eid, Undine Kurth (Quedlin- burg), Marieluise Beck (Bremen), wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Viel- falt verbindet – Europäische Kultur stärken und weiterentwickeln (Drucksachen 16/11221, 16/10339, 16/12137) b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für einen Beschluss des Euro- päischen Parlaments und des Rates über das Programm „Kultur 2007“ (2007–2013) 23239 C 23239 C 23241 A 23242 B 23243 C 23244 A 23245 A 23245 B 23246 B 23248 A 23249 C 23250 B KOM (2004) 469 endg.; Ratsdok. 11572/04 (Drucksachen 16/820 Nr. 72, 16/1700) . . c) Antrag der Abgeordneten Christoph Waitz, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Dr. Claudia Winterstein, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Euro- päische Kulturpolitik neu ausrichten (Drucksache 16/11909) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Stephan Eisel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Steffen Reiche (Cottbus) (SPD) . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . Dr. Uschi Eid (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: Beschlussempfehlung und Bericht des Vertei- digungsausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Rainer Stinner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Schutzsystem gegen Sprengfallen unverzüglich beschaffen (Drucksachen 16/6999, 16/8242) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD: Pakistan stabilisieren und seine de- mokratische Entwicklung vorantreiben (Drucksache 16/12432) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Wolfgang Nešković, Sevim Dağdelen, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Rücknahme der Klage gegen Ita- lien vor dem Internationalen Gerichtshof und Entschädigung für italienische und griechische NS-Opfer (Drucksache 16/12168) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Monika Griefahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Werner Hoyer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes (Drucksachen 16/10731, 16/12405) . . . . . 23250 C 23250 D 23250 D 23252 C 23254 A 23254 D 23256 B 23256 C 23256 D 23256 D 23257 C 23259 A 23259 D 23261 A 23261 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 VII b) Antrag der Abgeordneten Gisela Piltz, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Hans- Joachim Otto (Frankfurt), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Mög- lichkeiten missbräuchlicher Ortung von Mobiltelefonen mittels privater Anbie- ter begegnen (Drucksache 16/9608) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 18: Beschlussempfehlung und Bericht des Innen- ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Manuel Sarrazin, Josef Philip Winkler, Rainder Steenblock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Für eine zukunftstaugliche und men- schenrechtlich fundierte Europäische Mi- grationspolitik (Drucksachen 16/10341, 16/12464) . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 19: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Zivildienstgesetzes und anderer Ge- setze (Drittes Zivildienstgesetzände- rungsgesetz) (Drucksachen 16/10995, 16/12372 . . . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 16/12373) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 20: Antrag der Abgeordneten Ina Lenke, Sibylle Laurischk, Miriam Gruß, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der FDP: Adoptionen von minderjährigen Kindern fördern (Drucksache 16/12293) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ute Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neurege- lung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalis- musreform (Drucksache 16/12409) . . . . . . . . . . . . . . . 23261 D 23262 B 23262 C 23262 C 23263 A 23263 A 23264 D 23266 C 23267 A 23267 D 23268 C b) Antrag der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Britta Haßelmann, Nicole Maisch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Betreutes Wohnen für ältere Menschen – Qualitätskriterium Nutzerorientierung (Drucksache 16/12309) . . . . . . . . . . . . . . Markus Grübel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Angelika Graf (Rosenheim) (SPD) . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/D IE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Kues, Parl. Staats- sekretär BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Ulla Jelpke, Wolfgang Nešković, Sevim Dağdelen, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Ent- wurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes (Änderung der Altfallregelung) (Drucksache 16/12415) . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Birgitt Bender, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Verlängerung der Frist für die gesetzli- che Altfallregelung (Drucksache 16/12434) . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: – Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 4. Juli 2008 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Jersey über den Auskunftsaustausch in Steuersachen (Drucksachen 16/12066, 16/12449) . . . . . – Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 4. Juli 2008 zwischen 23268 C 23268 D 23270 B 23271 B 23272 A 23272 D 23273 D 23274 C 23274 D 23274 D 23275 D 23276 D 23277 C 23278 B 23279 B VIII Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Jersey über die Zusammenarbeit in Steuersachen und die Vermeidung der Doppelbesteuerung bei bestimmten Einkünften (Drucksachen 16/12067, 16/12449) . . . . . Manfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . Carl-Ludwig Thiele (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: a) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Birgitt Bender, Dr. Harald Terpe, Ulrike Höfken, weiteren Abgeord- neten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verankerung eines umfas- senden Schutzes vor Passivrauchen im Arbeitsschutzgesetz (Drucksachen 16/10337, 16/12351) . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Carola Reimann, Lothar Binding (Heidelberg), Dr. Margrit Spielmann und weiterer Abgeordneter: Effekti- ven Schutz vor Passivrauchen zügig gesetzlich verankern – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Höfken, Birgitt Bender, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wirksamen Schutz vor Passivrauchen im öffentlichen Raum umsetzen – zu dem Antrag der Abgeordneten Birgitt Bender, Dr. Harald Terpe, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bundesweit einheitlichen Schutz vor Passivrauchen in Gast- stätten verankern (Drucksachen 16/2730, 16/2805, 16/10338, 16/12408) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Maria Eichhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Marlies Volkmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Detlef Parr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23279 C 23279 C 23280 C 23281 D 23282 C 23283 C 23284 D 23285 A 23285 B 23286 B 23287 B 23288 A 23288 C Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: a) Antrag der Abgeordneten Anette Hübinger, Stefan Müller (Erlangen), Michael Kretschmer, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Ulla Burchardt, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Willi Brase, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ weiterhin ak- tiv umsetzen – Folgeaktivitäten zur UNESCO-Weltkonferenz entwickeln (Drucksache 16/12450) . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Cornelia Hirsch, Dr. Petra Sitte, Volker Schneider (Saar- brücken) und der Fraktion DIE LINKE: UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ konsequent umsetzen (Drucksache 16/12306) . . . . . . . . . . . . . . Anette Hübinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Ulla Burchardt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Uschi Eid (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Storm, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: Antrag der Abgeordneten Hans-Kurt Hill, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Strommarkt durchgreifend regu- lieren – Energiepreissenkungen durchset- zen (Drucksache 16/11908) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Rolf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Gudrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 27: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Bildung, Forschung und Tech- 23289 C 23290 C 23291 C 23291 C 23291 D 23292 B 23293 C 23294 B 23295 A 23296 B 23297 B 23297 C 23299 A 23300 B 23301 A 23301 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 IX nikfolgenabschätzung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Mitteilung der Kommission an das Europäische Parla- ment, den Rat, den Europäischen Wirt- schafts- und Sozialausschuss und den Aus- schuss der Regionen Gemeinsame Planung der Forschungsprogramme: bessere Be- wältigung gemeinsamer Herausforderun- gen durch Zusammenarbeit (inkl. 11935/08 ADD 1 und 11935/08 ADD 2) KOM(2008) 468 endg.; Ratsdok. 11935/08 (Drucksachen 16/10286 Nr. A.76, 16/12416) Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Pieper (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 28: a) Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Thilo Hoppe, Ute Koczy, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Humanitäre Ka- tastrophe in Sri Lanka verhindern (Drucksache 16/12436) . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Menschenrechte und Hu- manitäre Hilfe zu dem Antrag der Abge- ordneten Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Alexander Bonde, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Weitere Verschlechterung der Rechtssituation von Homosexuellen in Nigeria verhin- dern (Drucksachen 16/12107, 16/12459) . . . . . Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Holger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Angelika Graf (Rosenheim) (SPD) . . . . . . . . . Christel Riemann-Hanewinckel (SPD) . . . . . . Harald Leibrecht (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 29: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüs- tungsgüter im Jahre 2007 (Rüstungs- exportbericht 2007) (Drucksache 16/11583) . . . . . . . . . . . . . . . 23302 B 23302 C 23303 D 23305 A 23305 C 23306 C 23307 C 23307 C 23307 D 23308 D 23309 B 23309 D 23310 C 23311 C 23312 A 23313 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu dem Antrag der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Kerstin Müller (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine restriktive Rüstungsexportpolitik – Parlamentarische Kontrollmöglichkei- ten verbessern (Drucksachen 16/11388, 16/11975) . . . . . Erich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Rolf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Gudrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . . Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 7: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu dem Antrag der Abge- ordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Cornelia Behm, Ulrike Höfken, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Stärkung des europäischen Haischutzes (Drucksachen 16/12290, 16/12458) . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 8: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der aufsichts- rechtlichen Vorschriften der Zahlungs- diensterichtlinie (Zahlungsdiensteumset- zungsgesetz) (Drucksachen 16/11613, 16/11640, 16/12430, 16/12487) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Kostenpflichtige Service-Tele- fonnummer der Arbeitsagentur in eine gebüh- renfreie Rufnummer umwandeln (Tagesord- nungspunkt 10) Heinz-Peter Haustein (FDP) . . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23313 C 23313 C 23315 B 23316 B 23317 B 23318 B 23320 A 23320 B 23320 D 23321 A 23321 B 23322 A X Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Besteuerung von Dienstwagen CO2- effizient ausrichten und Privilegien abbauen (Tagesordnungspunkt 12) Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung: – der Beschlussempfehlung und des Be- richts zu den Anträgen: – Einheit in Vielfalt – Kulturpolitik in und für Europa aktiv gestalten – Vielfalt verbindet – Europäische Kul- tur stärken und weiterentwickeln – der Unterrichtung: Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über das Programm „Kultur 2007“ (2007–2013) – des Antrags: Europäische Kulturpolitik neu ausrichten (Tagesordnungspunkt 13 a bis c) Christoph Waitz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Schutzsystem gegen Sprengfal- len unverzüglich beschaffen (Tagesordnungs- punkt 14) Hans Raidel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Maik Reichel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Pakistan stabilisieren und seine demokratische Entwicklung vorantreiben (Ta- gesordnungspunkt 15) Holger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Christel Riemann-Hanewinckel (SPD) . . . . . . Johannes Pflug (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 23322 C 23323 B 23324 C 23325 D 23326 C 23327 C 23328 A 23329 A 23330 B 23330 D 23331 D 23333 A Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des: – Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Ände- rung des Telekommunikationsgesetzes – Antrags: Möglichkeiten missbräuchlicher Ortung von Mobiltelefonen mittels priva- ter Anbieter begegnen (Tagesordnungspunkt 17 a und b) Dr. Martina Krogmann (CDU/CSU) . . . . . . . Martin Dörmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Herbert Schui (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Für eine zukunftstaugliche und menschenrechtlich fundierte Europäische Mi- grationspolitik (Tagesordnungspunkt 18) Hans-Werner Kammer (CDU/CSU) . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Än- derung des Zivildienstgesetzes und anderer Gesetze (Drittes Zivildienstgesetzänderungs- gesetz) (Tagesordnungspunkt 19) Markus Grübel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Sönke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Reinke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23333 D 23334 D 23336 D 23338 A 23338 D 23339 B 23340 A 23341 B 23343 B 23344 B 23345 B 23346 C 23348 C 23349 C 23350 C 23351 B 23352 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 XI Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Stärkung des europäischen Hai- schutzes (Zusatztagesordnungspunkt 7) Dr. Peter Jahr (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Holger Ortel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) . . . . . . Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften der Zah- lungsdiensterichtlinie (Zahlungsdiensteumset- zungsgesetz) (Zusatztagesordnungspunkt 8) Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23353 B 23355 A 23356 A 23357 A 23357 C 23358 B 23359 B 23360 B 23360 D 23361 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 23117 (A) (C) (B) (D) 214. Si Berlin, Donnerstag, Beginn: 9
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    2) Anlage 11 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 23321 (A) (C) (B) (D) Heinz-Peter Haustein (FDP): „Im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt …“ So beginnt mit schöner Völlig klar: Es muss gelten, dass niemand durch hohe Telefonkosten davon abgehalten werden darf, bei der Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Kostenpflichtige Ser- vice-Telefonnummer der Arbeitsagentur in eine gebührenfreie Rufnummer umwandeln (Tages- ordnungspunkt 10) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.03.2009 Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.03.2009 Binding (Heidelberg), Lothar SPD 26.03.2009 Bülow, Marco SPD 26.03.2009 Dreibus, Werner DIE LINKE 26.03.2009 Gabriel, Sigmar SPD 26.03.2009 Gleicke, Iris SPD 26.03.2009 Granold, Ute CDU/CSU 26.03.2009 Hermann, Winfried BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.03.2009 Hirsch, Cornelia DIE LINKE 26.03.2009 Dr. Högl, Eva SPD 26.03.2009 Hoppe, Thilo BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.03.2009 Korte, Jan DIE LINKE 26.03.2009 Dr. Küster, Uwe SPD 26.03.2009 Kunert, Katrin DIE LINKE 26.03.2009 Lötzer, Ulla DIE LINKE 26.03.2009 Schily, Otto SPD 26.03.2009 Sebastian, Wilhelm Josef CDU/CSU 26.03.2009 Wieczorek-Zeul, Heidemarie SPD 26.03.2009 Zimmermann, Sabine DIE LINKE 26.03.2009 Anlagen zum Stenografischen Bericht Regelmäßigkeit im Frühjahr ein bekanntes Kinderlied. Mit derselben Regelmäßigkeit müssen wir uns hier lei- der mit den fixen Ideen der Linken befassen. Mit dem vorliegenden Antrag fordern die Linken nun eine kosten- lose Telefonhotline bei der Bundesagentur für Arbeit. Aus einer ganzen Reihe von Gründen muss der Antrag hier abgelehnt werden. Lassen Sie mich Ihnen ein paar davon nennen. Erstens. Zunächst muss festgestellt werden, dass es sich hier um eine Phantomdebatte handelt. Was die Lin- ken als schreiende Ungerechtigkeit brandmarken, ist ei- gentlich der Rede nicht wert. Laut Auskunft der Telekom dauert das durchschnittliche Telefonat zwei bis drei Mi- nuten. Bei Gebühren in Höhe von 3,9 Cent pro Minute macht das 11,7 Cent für ein dreiminütiges Gespräch. Bei der durchschnittlichen Zahl von acht Anrufen pro Jahr geht es hier um einen Betrag von 93,6 Cent – im Jahr! Zweitens. Abgesehen davon besteht die Möglichkeit des Rückrufs durch die Arbeitsagentur. Außerdem kann immer noch jeder, dem das zu teuer ist, persönlich zur Arbeitsagentur gehen, um seine Fragen im direkten Ge- spräch mit der Sachbearbeiterin oder dem Sachbearbei- ter zu klären. Gerade wenn es um individuelle Beratung geht, um Arbeitsangebote, konkrete Maßnahmen oder diffizile Probleme, empfiehlt sich ohnehin der direkte Kontakt zum persönlichen Berater. Drittens. Das Argument schließlich, dass es bei der Rentenversicherung bereits eine kostenlose Hotline gebe, wie es hier von den Linken ins Feld geführt wird, greift nicht. Zwar gibt es, wie von den Linken behauptet, bei der Rentenversicherung tatsächlich eine kostenlose Hotline. Über diese jedoch lassen sich nur allgemeine Fragen klären. Eine spezifische Beratung oder Bespre- chung konkreter Probleme einzelner Antragsteller er- folgt bei der Rentenversicherung über die Telefonhotline nicht. Viertens. Schon in seinem Grundgedanken ist der An- trag fehlerhaft. Denn selbst wenn man wie die Linken zu dem Ergebnis käme, dass es bei den Kommunikations- kosten einer stärkeren Unterstützung der Betroffenen be- dürfte, so könnte nicht die Lösung sein, gleich die kom- plette Telekommunikation kostenlos zur Verfügung zu stellen. Vielmehr müsste den betroffenen Menschen ziel- genau geholfen werden. Denn warum sollte auch der Ar- beitgeber, der einen Arbeitsplatz zu besetzen hat, oder der Schüler oder Student, der sich informieren will, oder auch jeder andere Bundesbürger, der die Agentur anruft, kostenlos telefonieren können? Fünftens. Ferner muss berücksichtigt werden, dass es sich um Mittel der Beitragszahler handelt, mit denen die kostenlose Hotline bezahlt werden soll. Im Interesse niedriger Lohnnebenkosten und angesichts des Ziels der Beschäftigungssicherung aber ist ein sparsamer Umgang mit den zur Verfügung stehenden Mitteln unerlässlich. 23322 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 (A) (C) (B) (D) Arbeitsagentur seine Fragen oder Probleme vorzutragen. Das wäre der Aufgabenerfüllung der Arbeitsagentur kontraproduktiv und würde ihren Zielen der Unterstüt- zung und Hilfe der Betroffenen zuwiderlaufen. Doch die anfallenden Gebühren für die existierende Hotline von 3,9 Cent pro Minute sind vertretbar. Mit einem herzlichen Glückauf aus dem Erzgebirge! Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zu Beginn möchte ich festhalten, dass drei der hier ver- tretenen Fraktion für eine kostenlose Servicenummer bei der Bundesagentur für Arbeit sind. Dabei handelt es sich um uns Grüne, um die Linke und um die SPD. Das reicht für eine klare parlamentarische Mehrheit. Und trotzdem wird der erstaunte Bürger am Ende dieses Tages feststel- len, dass sein Anruf bei der Bundesagentur auch in Zu- kunft Geld kosten wird. Kolleginnen und Kollegen der SPD, dass Sie hier auf fehlende Zuständigkeit machen, ist mehr als wunderlich. Das interessiert Sie doch sonst auch nicht, wenn Sie zum Beispiel der Bundesagentur auch gegen die Position der Selbstverwaltung Kosten aufdrücken, die eigentlich vom Steuerzahler zu tragen wären. Denn hier geht es nicht um Peanuts, wie es uns Union und FDP weismachen wollen, sondern hier geht es um richtig viel Geld, das ausgerechnet Arbeitslose und Arbeitsuchende bezahlen müssen, wenn sie sich da- rum bemühen, etwas an ihrer Situation zu ändern, oder wenn sie schlicht ihren Pflichten nachkommen. Denn nur Festnetzkunden zahlen 3,9 Cent pro Minute, wenn sie die Servicenummer der Bundesagentur anrufen. Mo- bilkunden können sogar bis zu 72 Cent pro Gesprächs- minute loswerden; bei Prepaidkarten liegen die Kosten teilweise noch höher. Auch Flatrate-Kunden sind ver- donnert, für die Sondernummer zu bezahlen. Ihr sparsa- mer Ansatz wird also nicht belohnt. Die Anwahl der Nummer kann also sehr hohe Kosten verursachen, insbesondere wenn die Anrufer nicht über einen Festnetzanschluss verfügen. Denn genutzt wird die Nummer nicht nur von den Arbeitsagenturen, sondern auch von den Arbeitsgemeinschaften, sodass auch Arbeits- losengeld-II-Bezieher von Gebühren betroffen sind. Gerade sie haben wenig Geld für teure Nummern, sodass die Servicenummer immer wieder zu Ärger und Unmut führt; das zeigen uns Rückmeldungen aus Berlin und Dresden. Im Dezember 2008 wurde der 100 000 000 000. Kun- denanruf über die Servicenummer getätigt. Und, so mel- dete die Bundesagentur in diesem Zusammenhang, in über 80 Prozent der Gespräche können die Anliegen der Anrufer abschließend behandelt werden. Das spricht für die Einrichtung einer zentralen Nummer, und das spricht für das Angebot der telefonischen Erledigung von Ge- schäftsvorgängen. Das spricht nicht für eine indirekte Gebühr durch Telefonkosten. Sowohl Arbeitslose als auch die Bundesagentur für Arbeit haben durch die tele- fonische Bearbeitung Vorteile und Effizienzgewinne, so- dass beide Seiten profitieren. Das sollte genügen. Ich finde kein Argument, das die Kostenpflicht der Servicenummer rechtfertigt. Darum werden wir Grüne uns nicht nur in diesem Sinne äußern, sondern auch in diesem Sinne handeln. Wir stimmen dem Antrag der Linken zu. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Besteuerung von Dienstwagen CO2-effizient ausrichten und Pri- vilegien abbauen (Tagesordnungspunkt 12) Dr. Volker Wissing (FDP): Ich habe bereits mit gro- ßem Interesse zur Kenntnis genommen, dass die Grünen kleinere Dienstwagen für Abgeordnete fordern. Es ist aber schade, dass Sie sich in aller Regel darauf beschrän- ken, Regelungen einzufordern, statt einfach mit gutem Beispiel voranzugehen. Warum gibt es eigentlich keinen Beschluss der grünen Bundestagsfraktion, auf die Dienstwagen der Fahrbereitschaft zu verzichten und stattdessen ausschließlich den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen? Das wäre ein Signal. Dazu brauchen Sie keine Mehrheit, dazu brauchen Sie keine Gesetzesinitiative, dazu brauchen Sie einfach in Ihrem Sinne Umweltbewusstsein und natürlich Selbst- überwindung. Aber so weit ist es dann mit Ihrem Umwelt- bewusstsein doch nicht her. Auf die großen Wagen der Fahrbereitschaft schimpfen, aber diese munter nutzen. Seltener wurde grüne Öko-Scheinheiligkeit auf ein- drucksvollere Weise vorgeführt. Es ist mir auch nicht bekannt, dass die grüne Partei- und Fraktionsspitze auf besonders kleine und spritsparende Dienstwagen zurückgreift. Und in ihrer aktiven Dienstzeit sind weder die Minister Trittin noch Fischer oder Künast im A-Klasse-Mercedes oder Einser-BMW vorgefahren. Im Gegenteil, der durchschnittliche Verbrauch und die Moto- risierung der Dienstwagenflotte des Bundes sind unter Rot-Grün kräftig angestiegen. Wer sich in der Regierungszeit mit größeren Dienstwa- gen bedient hat, ist heute nicht unbedingt glaubwürdig, wenn er kleinere Dienstwagen fordert. Es war eine der Errungenschaften der rot-grünen Bundesregierung, den durchschnittlichen Verbrauch der Dienstwagenflotte des Bundes von 10,99 l pro 100 km auf 11,84 l pro 100 km zu steigern. Die durchschnittliche Motorenleistung ist sogar von 87,75 kW in 1998, auf 123,33 kW in 2004 gestie- gen. Das ist die real existierende Dienstwagenpolitik der Grünen, und daran werden wir Sie messen und nicht an dem, was Sie hier in wohlfeilen Anträgen schreiben. Und wollen Sie wissen, was die damalige Bundes- regierung von 3-Liter-Autos hielt? Ich zitiere: Eine Ver- wendungsbreite dieser Fahrzeuge innerhalb der Aufga- ben der Bundesverwaltung ist nicht gegeben. Wenn man diese Geschichte kennt und dann Ihren An- trag liest, weiß man, dass das reinstes Öko-Pharisäertum Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 23323 (A) (C) (B) (D) ist. Bei den Grünen ist Umweltpolitik zu einer reinen Schaufensterdisziplin verkommen. Es liegt noch so in der Auslage, ist aber nicht mehr wirklich im Angebot. Genauso funktioniert auch dieser Antrag. Die Grünen bekämpfen die vermeintlichen Spritfresser. Wow, denkt man, sich die Grünen machen ernst mit Umweltschutz, und dann schaut man genauer hin und erkennt die grüne Mogelpackung. Was verursacht denn die Kohlendioxid-Emission? Die große Karosserie, der große Motor oder der Verbrauch von Kraftstoff. Wenn Sie über die Steuer den Kraftstoff- verbrauch senken wollen, dann erreichen Sie dieses nicht über die Kraftfahrzeug-, sondern die Mineralöl- steuer. Und genau an dieser Stelle zeigt sich auch, dass, wenn es zum Schwur kommt, der Umweltschutz bedeutend besser bei der FDP als bei den Grünen aufgehoben ist. Wir waren es, die eine aufkommensneutrale Umlage der Kfz- auf die Mineralölsteuer gefordert haben. Wir haben dazu sogar ganz konkrete Anträge gestellt, die können Sie nachlesen. Der FDP geht es um die Umwelt, den Grünen um die Überführung von Neiddebatten in die Umweltpolitik. Auch wenn ich jetzt den einen oder anderen von Ihnen überfordere: Der Siebener-BMW, der in der Garage steht, verursacht weniger Emissionen als der Einser- BMW auf der Autobahn. Und genau dort setzt die FDP an: Wir wollen das Maximum für die Umwelt erreichen, den Menschen aber nicht vorschreiben, welches Auto sie zu fahren haben. Uns geht es um Lösungen für die Um- welt und nicht um verbrämte Neiddebatten – genau darin unterscheiden wir uns von Ihnen. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung: – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu den Anträgen: – Einheit in Vielfalt – Kulturpolitik in und für Europa aktiv gestalten – Vielfalt verbindet – Europäische Kultur stärken und weiterentwickeln – der Unterrichtung: Vorschlag für einen Be- schluss des Europäischen Parlaments und des Rates über das Programm „Kultur 2007“ (2007–2013) – des Antrags: Europäische Kulturpolitik neu ausrichten (Tagesordnungspunkt 13 a bis c) Christoph Waitz (FDP): Kunst und Kultur, das sind die Grundpfeiler unserer Gesellschaft. Ohne Kunst und Kultur wären die Länder der Welt nur beliebige Zusam- menschlüsse von Menschenansammlungen. Ohne Kunst und Kultur gäbe es keine Identität. In Europa kommt Kunst und Kultur eine besondere Rolle zur Stärkung der Verständigung und Identitätsbil- dung unter den 27 Mitgliedstaaten zu. Nur wenn es uns gelingt, die kulturellen Gemeinsamkeiten und Traditio- nen zu betonen, wird aus einer wirtschaftlichen und poli- tischen Interessengruppe auch eine identitätsgeprägte Gemeinschaft wachsen. Die Enquete-Kommission „Kul- tur in Deutschland“ hat eine ganze Reihe von Hand- lungsempfehlungen beschlossen, um Kunst und Kultur auch auf europäischer Ebene zu stärken. Und ich freue mich, dass alle Fraktionen diese Handlungsempfehlun- gen im Großen und Ganzen teilen. Wir alle wissen: Die Kulturpolitik unterliegt auf der europäischen Ebene dem Subsidiaritätsprinzip. Das be- deutet konkret, dass die Mitgliedstaaten über Fragen der Kulturpolitik selbst entscheiden. Dieses Prinzip ist rich- tig und nur konsequent. Eine aus Brüssel harmonisierte Kulturpolitik wäre sonst womöglich geeignet, die kultu- relle Vielfalt in Europa ein Stück weit zurückzudrängen. Vielmehr lebt die europäische Kulturpolitik gerade von der Vielfalt der Kulturen. Aber ich sage Ihnen: Deutsch- land wird sich auch im Feld der Kulturpolitik in Europa künftig noch besser profilieren und aktiver werden müs- sen. Die heutige Debatte und unsere Anträge können nur der Anfang einer vertieften Diskussion sein, die eine ak- tivere Kulturpolitik Deutschlands auf europäischer Ebene ermöglichen soll. Da die Fraktionen nicht alle Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission gleichermaßen teilen, möchte ich heute die Unterschiede herausstellen und darlegen, warum die FDP-Bundestagsfraktion einen eigenen An- trag zur Neuausrichtung der europäischen Kulturpolitik in den Deutschen Bundestag eingebracht hat. Obwohl wir viele Forderungen des Koalitionsantrags teilen, stim- men wir in folgenden Punkten nicht überein: Der erste Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft die Frage der offenen Koordinierung. So gut das Instru- ment der offenen Koordinierung auch gemeint ist – die offene Koordinierung führt dazu, dass die Diskussion über europäische Kulturpolitik aus den demokratisch le- gitimierten Gremien in Round-Table-Runden der Tech- nokraten verlagert wird. Über die Ausrichtung der Kul- turpolitik entscheiden dann die EU-Kommission und Ministerialbeamte der Mitgliedstaaten. Wir befürchten, dass Politik, zivilgesellschaftliche Gruppen und Ver- bände nicht angemessen an der Diskussion innerhalb der offenen Koordinierung beteiligt werden könnten oder dass diesen Gruppen schlicht und ergreifend die Res- sourcen für eine solche Beteiligung fehlten. Die Konse- quenzen der Methode der offenen Koordinierung für die Kulturschaffenden sind erst in Ansätzen erkennbar. Da- bei müssen wir darauf achten, dass wir die Kulturschaf- fenden auch auf europäischer Ebene noch besser mit ein- binden. Sonst ist der Unfrieden der Kulturschaffenden vorprogrammiert. Daneben besteht die Gefahr, dass die Kulturpolitik der Europäischen Union noch maßgebli- cher als bisher von der Europäischen Kommission domi- 23324 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 (A) (C) (B) (D) niert wird, trotz der Geltung des Subsidiaritätsprinzips. Wir lehnen daher die Methode der offenen Koordinie- rung aus grundsätzlichen Erwägungen ab. Der zweite Punkt betrifft die Forderung nach einem europäischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Zum ei- nen dürfte ein solcher Rundfunk nicht die deutschen Vorstellungen zur Staatsferne einer solchen Einrichtung erfüllen. Zum anderen verfügen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union bereits über hervorragend ausge- statteten Rundfunk. Wer die Bedeutung der Europäi- schen Union und die Vermittlung von europäischen In- halten herausstellen möchte, der sollte in den einzelnen Mitgliedstaaten ansetzen und nicht auf der Ebene der Europäischen Union. Es ist unklar, wer für ein solches Angebot finanziell aufkommen sollte. Wir lehnen die Ausweitung um einen weiteren – europäischen – öffent- lich-rechtlichen Rundfunk ab. Der dritte Punkt betrifft die Finanzierung der auszu- weitenden Kulturausgaben. Die Koalitionsparteien schrei- ben in ihrem Antrag, dass für den wichtigen europäi- schen Kulturaustausch ein angemessener Budgetanteil des EU-Haushalts zur Verfügung gestellt werden muss. Diese finanzielle Forderung bleibt leider völlig nebulös. Bedeutet dies, dass das Gesamtbudget des EU-Haushal- tes angehoben werden muss? Dieser Forderung können wir nicht zustimmen. Eine Stärkung des Kulturhaushalts der Europäischen Union muss aus anderen Töpfen ge- genfinanziert werden. Lassen Sie mich den Inhalt unseres Antrags kurz vor- stellen: Er stellt die Grundlage dar, um die europäische Kulturpolitik nachhaltig zu stärken und neu auszurich- ten. Er unterstützt den Prozess des Zusammenfindens der Kulturen in Europa und stärkt das Ziel eines Europas der kulturellen Vielfalt. Er stärkt das zivilgesellschaftli- che Engagement, ohne das Kunst und Kultur nicht über- leben könnten. Zivilgesellschaftliche Akteure sollen ak- tiv an der Aufstellung einer Europäischen Kulturagenda mitwirken können. Unser Antrag fordert die Schaffung eines besonderen Kultursiegels für europäische Kultur- stätten. Damit könnten besonders bedeutsame Orte der Kultur und Geschichte Europas hervorgehoben werden. Der Antrag sieht die Stärkung des europäischen Films vor, indem die Präsentation des jährlich vergebenen eu- ropäischen Filmpreises deutlich aufgewertet wird. Er fordert die Entwicklung einer gemeinsamen europäi- schen außenkulturpolitischen Strategie ein, innerhalb de- rer sich deutsche und europäische Kultureinrichtungen und Organisationen besser vernetzen können. Dafür sollte der bereits bestehende Zusammenschluss der nationalen Kulturinstitute innerhalb der European National Insti- tutes of Culture weiter gefördert und ausgebaut werden. Nicht zuletzt sieht unser Antrag die Schaffung einer Eu- ropäischen Kulturstiftung vor. Diese könnte in Anleh- nung an die Kulturstiftung des Bundes staatenübergrei- fende Kulturprojekte initiieren und das Forum für einen europäischen Kulturdialog darstellen. Damit erfüllt un- ser Antrag konsequent die Vorgaben des Art. 151 EG- Vertrag. Daher bitte ich Sie um Unterstützung für diesen Antrag. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Schutzsystem gegen Sprengfallen unverzüglich beschaffen (Tages- ordnungspunkt 14) Hans Raidel (CDU/CSU): Unsere Soldatinnen und Soldaten leisten in Afghanistan einen hervorragenden Job. Sie riskieren für unsere Sicherheit Leib und Leben. Meines Erachtens muss uns dieser Einsatz der Bundes- wehr mit Dankbarkeit erfüllen. Die Bundeswehr hat einen wichtigen Auftrag: Es gilt, den Afghanistan Compact, den wir 2006 beschlossen ha- ben, auch in die Wirklichkeit umzusetzen. Er umfasst Se- curity, Economic Development und Good Governance. Die Bundeswehr schafft die Voraussetzungen für den Aufbau, um den es eben auch geht. Wir müssen das Ver- trauen der Menschen in Afghanistan gewinnen. Ich denke, es ist wichtig, immer wieder darzustellen, vor welchen Herausforderungen die Bundeswehr in Afgha- nistan steht. Unsere Soldatinnen und Soldaten sind dort in einer Art und Weise engagiert, dass der Ansatz der vernetzten Sicherheit umgesetzt und das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland gemehrt wird. Wie gefähr- lich die Aufgaben der Bundeswehr in Afghanistan sind, wird darin deutlich, dass in diesem Einsatz bereits 28 Sol- daten ihr Leben verloren haben. Zu den heimtückischs- ten Terroranschlägen gehören Sprengfallen. Wegen der mit dem Einsatz verbundenen Gefahren ist es notwendig, dass wir alle Voraussetzungen schaffen, damit unsere Soldaten ihren Auftrag dort gut erfüllen können. Wir haben mittlerweile über 700 geschützte Fahrzeuge in Afghanistan, mehr als alle anderen Natio- nen dort. Wir haben die Aufklärung verstärkt. Wir haben zusätzliche Verstärkungstruppen dorthin geschickt, weil wir aufgrund der Verschärfung der Sicherheitslage, die unbestritten eingetreten ist, mehr Flexibilität brauchen. Wenn die FDP mit ihrem Antrag wirklich eine Ver- besserung der Sicherheitssituation unserer Soldatinnen und Soldaten herbeiführen wollte, würde ich diese De- batte sehr begrüßen. Dem ist aber leider nicht so. Das äußerst sensible Thema der Schutzsysteme gegen Sprengfallen, die sogenannten Störsender, aber in der Öffentlichkeit zu debattieren, zeigt, vorsichtig formu- liert, einen Mangel an Sensibilität. Wenn wir jetzt an dieser Stelle etwas tiefer in die De- batte einsteigen wollten, müssen wir Details über die Wirkungsweise der Störsender nennen, Details, die aber die Sicherheit unserer Soldaten gefährden würden. Wir müssten darlegen, welche Kenntnisse wir von den Terro- risten haben, welche Strategie sie anwenden, welche Materialien sie nutzen, welche Schwachstellen sie haben etc., und dann müssten wir darlegen, wie wir mit wel- chem technischen Hilfsmittel darauf reagieren wollen. Jedem müsste klar sein, dass wir dies nicht machen können, weil Terroristen direkt darauf reagieren würden. Die Terroristen würden sich auf die Abwehrmethode Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 23325 (A) (C) (B) (D) einstellen, ihr Angriffssystem verbessern. Damit würde die Gefahrensituation unserer Soldatinnen und Soldaten drastisch verschlechtert. Deshalb sage ich Ihnen, meine Damen und Herren von der FDP: Diese von Ihnen ge- führte Debatte gehört in den Verteidigungsausschuss, in eine nichtöffentliche Sitzung. Die Bundeswehr tut im Moment alles, um die sich im Einsatz befindlichen Fahrzeuge mit möglichst effizien- ten Störsendern auszustatten. Mit Ausnahme sogenannter reaktiver Störsender sind alle Störsender gegen Remote Controlled Improvised Explosive Devices, RCIED, ent- wickelt, die durch die Bundeswehr eingeführt sind bzw. absehbar eingeführt werden. Die Bundeswehr nutzt bereits seit Anfang 2007 erste Störsender in Afghanistan. Zurzeit befinden sich über 80 Störsender im Einsatz. Mehr als 500 Störsender wer- den bis Ende 2010 folgen. Das ist eine Leistung, die sich sehen lassen kann. Die Störsender müssen, um wirksam sein zu können, elektromagnetische Strahlung abgeben. Für den Einsatz ist zu beachten, dass unbeteiligte Personen, anders als die Besatzungen der Fahrzeuge, nicht durch konstruktive Maßnahmen vor unzulässiger Belastung durch elektro- magnetische Strahlung geschützt sind. Hier greifen be- triebliche Maßnahmen, die die Besatzungen von Fahr- zeugen mit Störsendern lageabhängig nutzen können. Darüber hinaus können Störsender auch die eigene Funkkommunikation stören. Kommt es hierbei zu Frik- tionen, so muss der militärische Führer vor Ort entschei- den, was in der jeweiligen Lage Vorrang hat – das Stören von RCIED oder die ungestörte eigene Funkkommuni- kation. Hier muss weitergeforscht und weiterentwickelt werden. Die Schutzreichweite eines Störsenders ist entschei- dend davon bestimmt, wie weit der Auslösesender vom RCIED positioniert ist. Dies ist im Allgemeinen nicht bekannt. Hinzu kommt, dass die Schutzwirkung durch Abschattungen – Gelände, Häuser, Fahrzeuge zwischen Störsender und RCIED – eingeschränkt werden kann. Ein absoluter Wert als Mindestschutzreichweite für ei- nen Störsender lässt sich daher nicht angeben. Sollten die Auflagen für den Betrieb der Störsender, die in den Bestimmungen für den Einsatz niedergelegt sind, nicht beachtet werden, können Störsender Unbetei- ligte einer Belastung durch elektromagnetische Strah- lung aussetzen. Ebenso können sie die eigenen Funk- kommunikation stören. Darüber hinaus ist es möglich, dass Störsender andere Systeme stören, die ein ver- gleichbares Frequenzspektrum nutzen. Auch hier muss weiterentwickelt werden. Aufgrund der Beschaffenheit und Eigenschaften von Improvised Explosive Devices, IED, mit den unter- schiedlichsten Zünd-/Auslösemechanismen und Wirkla- dungen gibt es weltweit keine einheitliche technische Lösung, die für sich allein abstandsfähig und sicher je- des IED bekämpfen kann. Die Bundeswehr deckt ihren Bedarf an Störsendern sowohl über Maßnahmen des Einsatzbedingten Sofort- bedarfs, ESB, als auch über das Regelbeschaffungsver- fahren. Bisher wurden über 80 Störsender über ESB in die Bundeswehr eingeführt. Deren Finanzierung erfolgte aus Kapitel 14 03 Titelgruppe 08, Maßnahmen der Bun- deswehr im Zusammenhang mit internationalen Ein- sätze, dort Titel 554 81, Militärische Beschaffungen. Diese Schutzsysteme werden im Einsatzgebiet in Afgha- nistan in verschiedenen Fahrzeugtypen genutzt. Die Beschaffung und Integration von weiteren mehr als 500 Systemen ist beauftragt. Davon werden rund 440 Counter-IED Systeme über das übliche Beschaffungs- verfahren in die Streitkräfte eingeführt. Der Zulauf die- ser Schutzsysteme ist für dieses Jahr vorgesehen. Die In- tegration in die jeweiligen Trägerfahrzeuge wird – je nach operationeller Verfügbarkeit der jeweiligen Fahr- zeuge – bis ins nächste Jahr andauern. Die Beschaffung wird aus Kapitel 14 16 Titel 554 05, Beschaffung Fern- meldematerial, und die Integration in die Fahrzeuge aus Kapitel 14 16 Titel 554 07, Beschaffung Kampffahr- zeuge, finanziert. Neben den in die Bundeswehr eingeführten geschütz- ten Fahrzeugen mit ihrer definierten Widerstandsfähig- keit gegen eine Bedrohung – ihrem Schutz – versprechen Systeme, die IED frühzeitig detektieren können, einen weiteren Zuwachs an Schutz. Entsprechende Forschungs- projekte sind in Vorbereitung. Dies erscheint mir als ein weiterer sehr vielversprechender Ansatz, um mehr Si- cherheit für die Bundeswehr in Afghanistan zu erreichen. Ich hoffe und gehe fest davon aus, dass alle in diesem Hause mit mir darin übereinstimmen, dass wir uns ge- meinsam dafür einsetzen, alles zu unternehmen, um die Sicherheit unserer Soldaten weiter zu verbessern. Maik Reichel (SPD): Der Antrag der FDP stammt vom 7. November 2007. Bereits zu diesem Zeitpunkt war er überholt; allenfalls hat er das engagierte Handeln der Bundesregierung, die Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten stets zu erhöhen, unterstützt. Ich will gleich zu Beginn feststellen: Die Koalitions- fraktionen und die Bundesregierung legen großen Wert darauf, dass die Angehörigen der Bundeswehr und der Polizeien den höchstmöglichen Schutz während der Auslandseinsätze erhalten. Daran wird sich nichts än- dern. Dies lässt sich auch am Verteidigungshaushalt der letzten Jahre ablesen. Festzustellen ist zunächst, dass asymmetrische An- griffe, die mit den bislang eingesetzten militärischen Ge- genmaßnahmen nur bedingt beherrschbar sind, einen wesentlichen Teil der Bedrohung ausmachen. Billigste Flugkörper, die im Nahbereich gleichwohl immense Schäden anrichten können, Sprengfallen an Straßen, Au- tobomben und durch Saboteure und Selbstmordattentäter eingeschleuste Sprengsätze gehören dazu. Die Verwundbarkeit der Einsatzliegenschaften sowie der in den Krisenregionen operierenden Konvois wurde bereits durch eine Vielzahl von Vorfällen deutlich. Zu Recht betonen die Kollegen der FDP-Fraktion das Schutzbedürfnis deutscher Soldaten bei Auslandseinsät- zen. Ich gehe davon aus, dass nicht nur meine Fraktion dieses Anliegen unterstützt, und möchte zur besseren 23326 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 (A) (C) (B) (D) Darstellung kurz auf die eigentliche Herausforderung, welche die Anschaffung respektive die Entwicklung ei- nes solchen Schutzsystems mit sich bringt, eingehen. So muss man zunächst rein technische Unterscheidungen beim Schutz vor Sprengfallen treffen. Auf der einen Seite bedarf es eines elektronischen Schutzes vor funk- ferngezündeten Sprengfallen, auf der anderen Seite aber auch vor mechanisch zündenden Explosionskörpern. Da sich der eigentliche Angriff rein technisch nicht verhin- dern lässt, wurde und wird unser Augenmerk auf die Verbesserung des passiven Schutzes unserer Soldatinnen und Soldaten gelenkt. Die hier zum Truppentransport notwendigen Fahrzeuge wurden in den vergangen Jahren beschafft. Mehr als 800 geschützte Fahrzeuge befinden sich in Afghanistan. Als technisch problematischer stellte sich allerdings die Umsetzung eines elektronischen Funkstörsenders dar. Zwar steht der Bundeswehr der Störpanzer Hummel auf der Basis des Transportpanzers Fuchs zur Verfügung. Wie bei allen Transportpanzern, die der elektronischen Kampfführung dienen, ist in diesem Fahrzeug ein 15-kW-Stromaggregat integriert. Auffälliges Merkmal des Störsenders 33 ist eine Vielzahl von Antennen auf dem Fahrzeugdach. Das System ist in der Lage, im HF-, VHF- und UHF-Bereich mit Leistungen von 1 bzw. 2 kW als automatisch antwortender Störsender auf mehreren Kanälen gleichzeitig zu arbeiten. Verdeutlicht man sich jedoch allein den räumlichen Umfang dieses adaptiven Systems – es kann ohne größeren Aufwand auf jedem Transportpanzer Fuchs betrieben werden –, so stellt man unmittelbar fest, dass dieses in der bestehenden Form nicht auf andere, kleinere Fahrzeuge übertragbar war. Weiterhin sorgte der Zielkonflikt zwischen Größe des Systems, Leistungsfähigkeit und Schutzbedürfnis der ei- genen Soldaten in den vergangenen Jahren für Verzöge- rungen. Wenn ich hier von Schutzbedürfnis spreche, dann gehe ich damit nicht nur auf den Schutz vor Anschlägen ein als vielmehr auch auf die Auswirkungen, die die elek- tronischen Systeme auf unsere Soldaten haben. Wir wol- len Strahlungsschäden ausschließen. Deshalb empfinde ich es durchaus als verantwortungsbewusst, Systeme erst dann einzusetzen, wenn der durch sie verursachte Scha- den möglichst minimiert bzw. ganz verhindert wird. Purer Aktionismus, wie im Antrag der FDP gefordert, kostet wo- möglich mehr Menschenleben, als er schützt. Vor der flä- chendeckenden Einführung von Störsendern wurde ver- ständlicherweise eine Erprobung durchgeführt. Dies war notwendig, falls technische Schwierigkeiten auftreten würden. Dass die Bundesregierung sich jedoch nicht auf die- sem Fakt ausruht, sondern den angemahnten Schutzbe- darf erkannt hat, zeigt sich unter anderem auch darin, dass nun entsprechende Systeme verfügbar sind und auch durch das BMVg beschafft werden. Dieses Störsys- tem wurde so konzipiert, dass es an neun verschiedene Fahrzeugtypen spezifisch adaptiert werden kann. Hier- bei belaufen sich die Kosten für die bis zum Jahr 2011 zu beschaffenden 602 Systeme auf insgesamt 106 Millio- nen Euro, wobei die Bundeswehr nach eigenen Angaben bereits über 128 ausgelieferte Einheiten verfügt und diese auch einsetzt. Die Kleinstörsender werden weiter- hin nach und nach beschafft, was auch im Etat seinen Niederschlag findet. Wir können schlussfolgern: Die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen tun alles, um unsere Solda- tinnen und Soldaten so gut wie möglich zu schützen. Der Antrag war, wie gesagt, bereits zum Zeitpunkt seiner Stellung überholt. Elke Hoff (FDP): Anschläge mit improvisierten Sprengfallen, sogenannten IED, bleiben die größte Bedro- hung für unsere Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan. Ihre Zahl hat sich im Jahre 2008 im Vergleich zu 2007 sogar noch einmal erhöht. So gab es 2008 in Afghanistan insgesamt 1 343 IED-Anschläge. 2007 waren es noch 905. Erschwerend kommt der Trend hinzu, dass IED immer häufiger große Wirkladungen haben, gegen die selbst geschützte Fahrzeuge nur einen relativ geringen Schutz bieten können. Deswegen bin ich froh, dass inzwischen eine spürbare Verbesserung bei der Ausstattung mit Schutzsystemen gegen Sprengfallen erreicht werden konnte. Erfahrungen in Afghanistan zeigen, dass Operationen auch im Norden des Landes nicht mehr ohne Störsender durchgeführt werden können. Eine ausreichende Anzahl von Störsendern auf geschützten Fahrzeugen ist also ein absolutes Ausstattungsmuss für die deutsche ISAF- Truppe. Dabei ist auch auf einen ausgewogenen Flotten- mix an leichten und schwereren Fahrzeugen als Träger dieser Jammer zu achten, um die Mobilität auch in unter- schiedlichem Gelände gewährleisten zu können. Weiter- hin muss die Ausbildung zur Entdeckung von IED im Einsatzland in der einsatzvorbereitenden als auch in der einsatzbegleitenden Ausbildung eine wichtige Rolle spielen, um die Sensibilität der Soldaten für diese Gefahr hoch zu halten. Eine rechtzeitig entdeckte Sprengfalle kann entschärft werden und keinen Schaden mehr an- richten. Wichtig bleibt aber eine rasche Ausstattung der Bundeswehrsoldaten in Afghanistan mit genügend ge- eigneten Störsendern, da die Gefahr durch IED allgegen- wärtig ist und mit den jetzt beginnenden milderen Witterungsbedingungen wieder ansteigen wird. Der erreichte Einstieg in die Beschaffung der Schutz- systeme gegen Sprengfallen ist auch ein Erfolg des Drän- gens und Werbens des Deutschen Bundestages gegenüber der Bundesregierung, schnell und pragmatisch Abhilfe zu schaffen. Dennoch dürfen sich weder Bundesregierung noch Parlament nun zurücklehnen und den erreichten Ausrüstungszustand bewundern. Für Selbstzufriedenheit besteht kein Anlass. Vielmehr muss man das Erreichte als einen wichtigen ersten Schritt begreifen. Bisher ist noch nicht einmal ein Viertel der auszurüstenden Fahr- zeuge mit Schutzsystemen ausgerüstet, und ob es sich bei der derzeit bekannten Größenordnung der zu beschaf- fenden Systeme um den tatsächlichen Bedarf handelt, darf bezweifelt werden. Der Deutsche Bundestag muss weiter Druck ausüben, dass die Bundesregierung endlich den tat- sächlichen Bedarf für die Beschaffung von Schutzsystemen gegen Sprengfallen definiert und umgehend beschafft. Die Bundeswehr braucht ausreichend geschützte Fahr- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 23327 (A) (C) (B) (D) zeuge im Einsatz, die auch gegen die Hauptbedrohung in Afghanistan gerüstet sind. Hier handelt es sich um eine Fähigkeitslücke, die schnellstmöglich geschlossen werden muss. Deswegen bin ich nicht glücklich darüber, das zwei Drittel der zu beschaffenden Schutzsysteme regulär über den CPM und nicht im Wege des einsatzbedingten Sofortbedarfs beschafft werden sollen. Über das widersprüchliche Verhalten der Koalitions- fraktionen zu diesem Thema im Deutschen Bundestag und seinen Fachausschüssen bin ich sehr erstaunt. SPD und Union halten den vorliegenden Antrag der FDP- Fraktion für wenig sachlich, weil sich ihnen der Eindruck aufdränge, er sei prophylaktisch gestellt worden, um beim nächsten Anschlag auf diesen Antrag hinweisen zu kön- nen. Meine Damen und Herren, das ist zynisch, und wir verwahren uns gegen diesen Vorwurf. Darüber hinaus haben sie diesem Antrag als wortgleichen Haushaltsan- trag am 24. Oktober 2007 im Verteidigungsausschuss zugestimmt und dann die seitens der FDP-Fraktion bean- tragte notwendige Erhöhung der Haushaltsmittel abge- lehnt. So macht man keine verantwortungsvolle Politik. Die Bereitstellung finanzieller Mittel ist die konkrete Umsetzung des politischen Willens. Und genügend Geld wird beim Umgang mit der Bedro- hung durch Sprengfallen auch weiterhin notwendig sein. Seit Monaten ist zu beobachten, dass die Aufständischen auf die Schutzmaßnahmen der Bundeswehr reagieren und die IEDs nicht mehr vorrangig per Mobiltelefon, sondern durch Drahtvorrichtungen oder andere alternative Auslös- mechanismen zur Explosion bringen. Dieses Hase-und- Igel-Spiel wird die Bundeswehr dauerhaft beschäftigen. Die Bundesregierung muss dafür Sorge tragen, dass auf aktuelle Entwicklungen ausreichend reagiert werden kann. So ist schon heute gewiss, dass automatisierte Mini- sonden und Robotersysteme geprüft und erprobt werden müssen, um die IED-Protektion auf größere Strecken ausdehnen zu können. In diesem Zusammenhang kann ich auch nur schwer nachvollziehen, warum die Haushalts- mittel für die Systemfähigkeitsforderung Counter-IED im Haushaltsjahr 2009 gegenüber dem Vorjahr deutlich gekürzt worden sind. Hier setzt sich die verfehlte Haushalts- und Beschaf- fungspolitik des Verteidigungsministeriums fort, die wir seit Beginn der Legislaturperiode immer wieder deutlich kritisieren. Ich kann leider keine klare Priorisierung in der Ausgabenpolitik des Verteidigungsministeriums er- kennen. Auch in den letzten Monaten wurde mit dem Geld der Steuerzahler mehr Industriepolitik betrieben, als die Bundeswehr für die Erfüllung ihres Auftrages ausgestattet wurde. Dafür ist die zu langsame Beschaf- fung der Schutzsysteme gegen Sprengfallen ein Beispiel unter vielen. Ärgerlich ist für mich, dass viele der am dringendsten notwendigen Dinge in der Relation des Verteidigungshaushalts wenig Geld kosten. Ich bin mir immer weniger sicher, ob das Umsteuern im Verteidi- gungsministerium auf eine einsatzorientierte Beschaf- fungspolitik eine Frage des politischen Willens oder des Mangels an Kenntnis der Entscheider ist. Der Kontakt zur Truppe zeigt immer wieder überdeut- lich, wie sehr die Auftragserfüllung durch die Defizite in Ausrüstung und Ausbildung leidet. Das Fehlen ge- schützter Fahrzeuge insbesondere in den kleineren Schutzklassen in Afghanistan schränkt immer noch die Patrouillentätigkeit erheblich ein. Es fehlen so wichtige Ausrüstungsgegenstände wie Nachtsichtgeräte, Laser- Licht-Module und persönliche Ausstattung. Auch andere Mängel in der persönlichen Ausstattung der Truppe wer- den von den Soldatinnen und Soldaten immer häufiger durch private Beschaffungen kompensiert und dem Mantra des Ministers, die Bundeswehr sei für ihren Ein- satz bestens ausgerüstet und ausgebildet, wird zuneh- mend mit Resignation begegnet. Inge Höger (DIE LINKE): Bundeswehrangehörige durch technische Verbesserungen gegen explodierende Sprengfallen zu schützen, das klingt – oberflächlich be- trachtet – plausibel. Durch Störsender an gepanzerten Fahrzeugen soll die Zündung von improvisierten Sprengfallen, besonders in Afghanistan, unterbunden werden, um so Soldatinnen und Soldaten weniger häufig zu Anschlagsopfern werden zu lassen. Doch woher kommt der Widerstand – auch gegen die Bundeswehr –, wo diese doch angeblich nur helfen soll und will? Warum werden die ISAF-Angehörigen von immer mehr Menschen in Afghanistan nur noch als bru- tale Besatzer wahrgenommen? Diesen Fragen weicht so- wohl die Bundesregierung als auch die FDP mit diesem rein technokratischen Antrag aus. Aber auch jenseits dieser grundsätzlichen Erwägun- gen weist der FDP-Antrag immanente Schwächen auf. Was die FDP hier fordert, wird die Bundesregierung oh- nehin umsetzen, wenn auch möglicherweise ein klein wenig langsamer, als es im vorliegenden Antrag gefor- dert wird. Doch völlig egal, wie schnell diese Störsender beschafft werden, sie nützen den Soldatinnen und Solda- ten bestenfalls kurzfristig, wenn überhaupt. Attentäter stellen sich schnell auf das Schutzniveau ihrer jeweiligen Gegner ein, und entsprechend ist die Aufrüstungsspirale im Straßenkampf längst im Gange. Im Irak zeigt sich das Dilemma schon seit Jahren. Kaum waren dort in größe- rem Umfang Störsender im Einsatz, kamen auch neue Generationen von Sprengfallen zum Einsatz. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis neue Technologien für Attentate auch in Afghanistan zur Verfügung stehen. Bereits heute sind viele Sprengfallen so aufgebaut, dass sie durch Störsender nicht zu stoppen sind. Als im Sommer letzten Jahres deutsche Polizisten einem Anschlag zum Opfer fielen, war der Zündmechanismus ein ganz primitiver: Die Sprengladung wurde mit einem Kabel gezündet. Es gibt zahlreiche alternative Zündmethoden von Infrarot- sendern bis zur Fernsteuerung für Spielzeugautos. All das lässt sich mit gängigen Störsendern nicht stoppen. Die Einzigen, die wirklich von der Ausrüstung der Fahr- zeuge mit Störsendern profitieren, sind die Hersteller dieser Apparate. Diese Störsender, auch Jammer genannt, sind nach Herstellerangaben so konstruiert, dass durch die Geräte keine gesundheitliche Gefährdung der Fahrzeugbesatzung zu befürchten ist. Doch jüngste EU-Studien ergaben, dass selbst längeres Telefonieren mit Handys gesund- 23328 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 (A) (C) (B) (D) heitliche Schäden hervorrufen kann. Im Verhältnis dazu sind dauerhafte Bestrahlungen durch Störsender, die noch dazu parallel auf verschiedenen Frequenzen senden und denen die Soldaten auf engstem Raum ausgesetzt sind, eine wesentlich ernsthaftere Gefährdung. Die Sol- datinnen und Soldaten bezahlen so für einen ungewissen Schutz vor Sprengfallen mit einer konstanten gesund- heitlichen Gefährdung und unbekannten Spätfolgen. Die Verwendung der Störsender kann zudem zur wei- teren Verschärfung der Situation in den Einsatzgebieten führen, wenn überall dort, wo Bundeswehrfahrzeuge auftauchen, die Mobilfunkkommunikation lahmgelegt wird. Gerade in den Einsatzgebieten der Bundeswehr im Kosovo und in Afghanistan sind Mobiltelefone wesentlich weiter verbreitet als Festnetztelefone. Aus Gesprächen mit Bundeswehrsoldaten weiß ich zudem, dass auch sie bei Patrouillen in Afghanistan zur Kommunikation auf das dortige Mobilfunknetz zurückgreifen, was bei aktiven Störsendern natürlich nicht mehr funktioniert. Der effektive Schutz der Soldatinnen und Soldaten ist weder eine finanzielle noch eine technische Frage, sondern eine politische. Die Linke beteiligt sich nicht daran, wenn Soldatinnen und Soldaten eine technische Illusion von Sicherheit vorgegaukelt wird. Der einzig wirkliche Schutz für die Bundeswehrangehörigen in Afghanistan besteht darin, sie sofort und vollständig abzuziehen. Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Bundesregierung setzt die Schwerpunkte für militä- rische Beschaffungen falsch. Die Bundeswehr ver- schwendet Geld, indem sie beharrlich immer wieder die gleichen Fehler wiederholt. Verteidigungsminister Franz Josef Jung hat sich dieser Problematik in der gesamten Legislaturperiode nie angenommen und damit die Liste der schlechten Amtsführung eindrucksvoll um einen wichtigen Punkt verlängert. Erster Fehler: Die Bundeswehr betreibt aus ihrem Etat zu viel Industriepolitik und Subventionierung der Rüstungsindustrie. Jüngstes Beispiel der letzten Monate ist dabei der dritte Einsatzgruppenversorger für die Bun- desmarine. Das Verteidigungsministerium hat hinge- nommen, dass die Industrie den Wettbewerb selbst aus- schaltet, indem sie sich einfach zusammenschließt und für den dritten EGV das Zweieinhalbfache der Vorgän- ger berechnet. Betrachtet man dies im Zusammenhang mit der Tatsache, dass es eine schlüssige Strategie zur Rüstungsindustrie seitens der Bundesregierung über- haupt nicht gibt, stellt man fest, dass das Geld der Steu- erzahler völlig wirkungslos versickert – während es gleichzeitig an allen Ecken und Enden fehlt. Zweiter Fehler: Die Bundeswehr hängt in ihren Be- drohungsszenarien gedanklich immer noch an den gro- ßen Konflikten. Wenn es schon nicht mehr der Kalte Krieg ist, dann doch bitte zumindest noch die symmetri- schen Schlachten. Auch hier ein aktuelles Beispiel aus der letzten Woche: die Bundesregierung beschafft als ersten Schritt 30 000 Schuss Sprengmunition für die Panzerhaubitze 2000. Das Preisschild verzeichnet über 60 Millionen Euro, und dies für Munition, die wir in den Depots einlagern werden, bis die Haltbarkeit überschrit- ten ist und wir sie wieder vernichten, um Platz für die nächste Generation an unnötiger Munition zu machen. In welchen UN-mandatierten Stabilisierungsmissionen oder humanitären Einsätzen wollen Sie eigentlich die Panzer- haubitze 2000 auf 30 Kilometer großflächig schießen lassen? Über die Investitionsruine Eurofighter zu sprechen, werden Sie uns vor der Bundestagswahl ja noch ausrei- chend Gelegenheit bieten. Die Kette der Beispiele ließe sich noch lange fortführen. Die Bundeswehr setzt den Schwerpunkt darauf, das volle Spektrum an Waffen im Depot bzw. auf dem Park- platz stehen zu haben, unabhängig davon, ob man es der- zeit benötigt. Man könnte es ja in der Zukunft benötigen! Aus diesem falschen Konzept resultiert schlussend- lich der dritte Fehler: Es fehlen die Mittel für die heute wirklich erforderliche Ausrüstung. Was in dem heute stattfindenden Auslandseinsatz möglichst schnell und dringend benötigt würde, wird nur halbherzig beschafft, in winzige Beschaffungshäppchen aufgeteilt oder auf der Zeitachse geschoben. Was bei den UN-mandatierten Einsätzen der Bundeswehr benötigt würde, sind mehr geschützte Fahrzeuge im Einsatzgebiet, besserer Feldla- gerschutz, bessere persönliche Ausrüstung, mehr Luft- transportkapazitäten. Und wir benötigen es schnell. Da ist der Antrag der Kolleginnen und Kollegen der FDP, den wir hier beraten, richtig: Vordringlich beschafft werden diese Projekte von der Regierung nicht. Auch wenn im Bereich des Schutzes gegen Sprengfallen mitt- lerweile mehr Systeme im Einsatz sind: Schnell und prio- risiert war die Beschaffung leider nie. Stattdessen hören wir vom Verteidigungsministerium und von den Koali- tionsfraktionen immer wieder das gleiche Mantra: Die Bundeswehr sei bestens ausgerüstet, man tue doch alles, alles Wichtige sei in Planung oder Beschaffung. Warum widerspricht dies diametral allen Aussagen, die man hört und sieht, wenn man mal die Ebene der Bundeswehr- pressesprecher und der BMVg-Sprechzettel verlässt? Sind die Klagen der Soldatinnen und Soldaten im Aus- landseinsatz erfunden? Mitnichten! Die Klagen sind berechtigt, denn aus den genannten Gründen werden die wichtigen Beschaffungen immer zwischen Rüstungsindustrieförderung und Depotauffül- lung gequetscht, nicht schnell und nicht mit Priorität, son- dern nur danach, wie viel Luft nach den falschen unnüt- zen Beschaffungen dem Etat gerade noch bleibt. Die Schutzsysteme gegen Sprengfallen mögen ein Detail ge- wesen sein – aber sie sind symptomatisch für die Kon- zeptlosigkeit dieses Verteidigungsministers und die Geld- verschwendung, die diese Regierung auszeichnet. Beim vergleichsweise kostengünstigen zivilen Wiederaufbau und beim Schutz der Soldatinnen und Soldaten wird ge- knausert, aber bei milliardenschweren Großprojekten kann es immer nicht genug geben. Werden Sie endlich Ih- rer Verantwortung gerecht, und beenden Sie diesen Un- fug! Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 23329 (A) (C) (B) (D) Anlage 6 zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Pakistan stabilisieren und seine demokratische Entwicklung voran- treiben (Tagesordnungspunkt 15) Holger Haibach (CDU/CSU): Was haben Frauen- rechte und der Ausbau von Mobilfunknetzen miteinan- der gemeinsam? Beides stößt bei den radikalislamischen Taliban in Pakistan auf Widerstand. Zwar haben sie, als die Regierung in Islamabad ihnen im Swat-Tal und ande- ren Gegenden die Einführung der Scharia als Rechtsord- nung zugestand, erklärt, Mädchenschulen nicht schlie- ßen zu wollen. Zur gleichen Zeit wurden aber elf dieser Mädchenschulen niedergebrannt – eine ausgesprochen effektive Methode, Unterricht von Mädchen zu unterbin- den und Angst und Schrecken zu verbreiten. Und der Mobilfunk? Als die pakistanische Regierung in dieser Woche bekanntgab, im Grenzgebiet zu Afghanistan ein Mobilfunknetz ausbauen zu wollen, reagierten die Taliban mit einem Flugblatt folgenden Inhalts: „Wir werden Regierungsbehörden und diejenigen, die SIM- Karten verkaufen, wie Kriminelle behandeln.“ Das Netz sei dazu bestimmt, die Taliban auszuspionieren. Diese beiden Begebenheiten verdeutlichen, welchen innenpolitischen Herausforderungen die pakistanische Regierung durch die Taliban ausgesetzt ist. Dass Pakis- tan endlich die weltweite Aufmerksamkeit erfährt, die es sicherlich verdient, zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass sich der Deutsche Bundestag in der dritten aufeinander- folgenden Sitzungswoche mit diesem Land beschäftigt. Wir, die Fraktionen von CDU/CSU und SPD, legen Ihnen heute einen Antrag vor, von dem wir sicher sind, dass er der komplexen Situation Pakistans gerecht wird. Unbestritten auch in diesem Hohen Hause ist sicher- lich, dass die Lage in Pakistan großen Anlass zur Sorge gibt: Die Auseinandersetzung zwischen Präsident Zadari und Oppositionsführer Sharif, die in dem Streit um die Wiedereinsetzung des Obersten Richters Chaudry gipfelte. Die angespannte Sicherheitslage, die offensichtliche bisher fehlgeschlagene Bekämpfung radikalislamischen Terrors, der ebenso offensichtliche Machtverfall der Zentralregie- rung, die desaströse Wirtschaftslage, die ohne das Ein- greifen der internationalen Gemeinschaft zum Konkurs des Landes hätte führen können, die Lage in den Tribal Areas im Grenzgebiet zu Afghanistan, der ungelöste Kaschmir-Konflikt mit all seinen Implikationen, der Han- del mit Drogen und Waffen – die Liste ist lang und ließe sich nach Belieben fortsetzen. Ebenso unstreitig dürfte sein, dass die Einwohner Pa- kistans, wie alle anderen Menschen auch, das Recht auf eine friedliche Entwicklung und auf Zukunftschancen haben. Schließlich sollte uns allen ebenfalls klar sein, dass es auch in unserem eigenen Interesse ist, Pakistan als starken Partner in dieser Region an unserer Seite zu wissen und nicht als ein Staat, der durch seine Instabilität nicht nur die gesamte Region, sondern auch die Sicher- heit von Tausenden deutscher Soldatinnen und Soldaten, Diplomaten, Entwicklungshelfern und vielen anderen gefährdet. Darüber hinaus steht außer Frage, dass Deutsch- land ein Interesse daran haben muss, den Nuklearwaffen- staat Pakistan zu stabilisieren. Die Frage stellt sich also: Was kann und muss getan werden, um, wie es in unserem Antrag heißt, „Pakistan zu stabilisieren und seine demokratische Entwicklung voranzutreiben“? Und: Welchen Beitrag kann besonders Deutschland dazu leisten? Zuerst möchte ich dazu feststellen, dass Deutschland früher als andere Länder die Notwendigkeit des Handelns erkannt und entsprechende Vorschläge gemacht sowie Ressourcen vielerlei Art zur Verfügung gestellt hat. Deutschland engagiert sich an vorderster Stelle in der Ende 2008 gegründeten Gruppe „Freunde des demokrati- schen Pakistans“, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die in- ternationale Unterstützung für Pakistan in den Bereichen Sicherheit, Entwicklung, Energie und Aufbau besser zu koordinieren. All die Hilfsangebote aus dem Ausland werden aller- dings nicht fruchten, wenn die innere Stabilität Pakistans nicht wiederhergestellt werden kann. Wir dürfen bei aller Unterstützung die politisch Handelnden im Land nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Es wird ihre Aufgabe sein, durch entsprechende gesetzliche Maßnahmen, aber auch durch eigenes Verhalten dafür zu sorgen, dass die Voraussetzungen für eine gute Entwicklung des Landes geschaffen werden. Denn alleine die Tatsache, dass ein Militärmachthaber durch eine demokratisch legitimierte Staatsführung abgesetzt wurde, löst bei Weitem nicht alle Probleme. Im Gegenteil: Scheitert diese Führung, droht die Radikalisierung der Gesellschaft und der er- neute Ruf nach einem „starken“ Mann. Es geht also um nichts weniger als den Aufbau eines unabhängigen und qualifizierten Rechtssystems, den Kampf gegen Drogen und Korruption, die Auseinander- setzung mit den Taliban und damit auch den Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen in bisher völlig unkontrol- lierten Gebieten, die Einbindung der Zivilgesellschaft in den weiteren Prozess, die Bewältigung einer Wirt- schaftskrise und die Schaffung einigermaßen zufrieden- stellender Beziehungen zu allen Nachbarn. Zusätzlich hierzu müssen das Militär und besonders der militärische Geheimdienst ISI einer effektiven politischen Kontrolle unterzogen werden. Bei all dem, insbesondere beim Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen, kann Deutschland einen wichtigen Beitrag leis- ten: zum einen durch entsprechende finanzielle Ressourcen, zum anderen durch die langjährige Erfahrung deutscher Experten auf diesen Gebieten. Deutschland kann auch unterstützend tätig sein, wenn es um die Verbesserung der Beziehungen Pakistans zu seinen Nachbarn geht. Sowohl zu Afghanistan – auf- grund der schon länger währenden Grenzstreitigkeiten – als auch zu Indien – aufgrund des Kaschmir-Konflikts und anderer tradierter Auseinandersetzungen – gibt es keine wirklich stabilen, geschweige denn gutnachbarli- chen Beziehungen. Hier kann Deutschland allerdings nur im Zusammenwirken mit seinen europäischen Part- 23330 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 (A) (C) (B) (D) nern, aber auch gemeinsam mit den Partnern des transat- lantischen Bündnisses, vor allem den USA, erfolgreich unterstützend eingreifen. Inzwischen gilt es meiner Meinung nach als anerkannt, dass eine erfolgreiche Stabilisierung Pakistans, Afghanis- tans und mithin der gesamten Region nur im Zusammen- wirken aller regionalen Akteure erreicht werden kann. Dies schließt neben diesen beiden Staaten sicherlich auch Indien und den Iran ein. Sicherlich ist es auch richtig, mit all denen zu verhandeln und zu reden, die sich einer Stabilisierung der Region verpflichtet fühlen. Solche Gespräche verbieten sich allerdings mit Gruppen, die, wie die radikalislamischen Kräfte, Ziele verfolgen, die denen der internationalen Staatengemeinschaft zuwider- laufen. Abschließend möchte ich feststellen, dass es uns nur ge- lingen kann, bei der Stabilisierung und Demokratisierung Pakistans erfolgreich zu helfen, wenn alle Beteiligten, seien es innerstaatliche, seien es regionale oder internatio- nale Akteure nicht nur dasselbe Ziel, sondern auch eine abgestimmte Strategie zur Erreichung dieses Ziels ver- folgen. Vor allem aber wird es sehr darauf ankommen, dass die Menschen in Pakistan das Gefühl haben, dass es ihr Weg ist, den sie gehen. Deshalb ist es so wichtig, dass Politiker und gesellschaftlich Handelnde in Pakistan ihre Verantwortung erkennen und wahrnehmen. Denn nur aus dem Bewusstsein der eigenen Verantwortung er- wächst die Bereitschaft zu eigenständigem Handeln. Christel Riemann-Hanewinckel (SPD): Am ver- gangenen Wochenende hat die pakistanische Regierung auf massiven Druck der Opposition den vor 16 Monaten entlassenen Obersten Richter des Landes, Richter Iftikhar Muhammad Chaudhry, wieder eingesetzt. Mit ihm können weitere 60 Richter ihr Amt nun wieder ausüben, nach- dem sie vor den Wahlen im Jahr 2008 noch unter der Mi- litärregierung von Pervez Musharraf abgesetzt worden waren. Endlich hat Asif Ali Zardari seinen Widerstand aufgegeben. Es ist nicht hinnehmbar, dass ein demokra- tisch gewählter Präsident sich weiterhin der Methoden einer Militärdiktatur bedient, um sich in seinem Amt zu sichern. Der pakistanische Staat befindet sich auf einem langen Weg hin zur Demokratie. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn sich die Situation der Bevölkerung insge- samt ändert. Die Armut der Menschen in Pakistan muss bekämpft werden, damit die Ressourcen der Menschen für den Aufbau der Zivilgesellschaft freigesetzt werden können. Demokratie und Stabilität in Pakistan sind von großer Bedeutung für die Entwicklung der gesamten Region. Deshalb erwägt nun auch die US-Regierung im Rahmen ihrer Afghanistan-Strategie, die Mittel für die militärische und zivile Unterstützung Pakistans zu erhöhen, die Summe für den zivilen Bereich soll sich sogar verdreifachen. Ich begrüße es sehr, dass der Aufbau Pakistans Schwerpunkt in der deutschen Entwicklungszusammen- arbeit ist. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat im Februar Botschafter Mützelburg zum Sonderbeauftragten für Afghanistan und Pakistan ernannt. Dies ist ein deutliches Signal an Pakistan und an Präsi- dent Zardari, dass Pakistan von uns im Hinblick auf wirtschaftliche Entwicklung und auf Demokratisierung unterstützt wird. Im vergangenen Jahr hat Deutschland seine Mittel für Pakistan verdoppelt. Schwerpunkte in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit sind: Erstens. Vergabe von Mikrokrediten zur Unterstützung der Menschen, die eigene Geschäfte oder Projekte finan- zieren wollen und damit eine wirtschaftliche Grundlage für ihr Leben schaffen. Dabei hat sich erwiesen, dass insbe- sondere Frauen das Geld aus Mikrokrediten in Bereichen investieren, die der gesamten Gemeinschaft zugutekom- men. Außerdem sind Frauen besonders verlässliche Rück- zahlerinnen. Zweitens. Förderung von Kleinbetrieben als Rückgrat der Wirtschaft: Das deutsche Know-how im Bereich er- neuerbare Energien sollte im Rahmen von Kooperationen in den Aufbau einer funktionierenden Energieversorgung in Pakistan einfließen. Das öffentliche Stromnetz kann durchschnittlich für vier Stunden pro Tag Strom liefern. Darüber hinaus behelfen sich die reicheren Menschen in Pakistan mit Dieselgeneratoren, die Armen müssen ohne elektrischen Strom auskommen. Dies vergrößert die Lücke zwischen Arm und Reich. Darüber hinaus tragen die Gene- ratoren erheblich zur Umweltverschmutzung in Pakistan bei. Drittens. Entwicklung der Zivilgesellschaft. Deutsch- land unterstützt die Arbeit von deutschen und pakistani- schen Nichtregierungsorganisationen, beispielsweise den Evangelischen Entwicklungsdienst und SPARC, die sich für die Entwicklung der Zivilgesellschaft engagieren und damit den Aufbau der Demokratie unterstützen. Auch der Aufbau eines effizienten Bildungssystems, das allen Kindern offensteht, unterstützt den Demokratisierungs- prozess wesentlich. Ich habe vor einigen Monaten Pakistan besucht. Meine Gesprächspartner dort haben mich darum gebeten, zu erreichen, dass Deutschland in Regierungsverhandlun- gen mit Pakistan darauf dringt, dass das Blasphemiegesetz außer Kraft gesetzt wird. Dieses dient zur Denunziation und Verfolgung von Einzelnen und von Gruppen, die sich für die demokratische Entwicklung Pakistans ein- setzen. Die Taangh Wasaib Organisation in Sargodha führt Rechtsberatungsprojekte für Frauen im ländlichen Punjab durch. Über 50 Dörfer sind daran beteiligt. Das Beson- dere daran ist, dass die Entwicklung der Frauen spürbare Entwicklungen in der gesamten Region angestoßen haben. Demokratische Entwicklung braucht alle Menschen im Land. Deshalb müssen insbesondere die Rechte von Frauen und Mädchen gestärkt werden. Dies muss sich in der Verfassung niederschlagen. Johannes Pflug (SPD): Ich beginne mit einer guten Nachricht: Die Wiedereinsetzung des Obersten Richters Chaudhry durch den pakistanischen Staatspräsidenten Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 23331 (A) (C) (B) (D) Zardari hat die innenpolitische Krise vorerst beendet und Ruhe geschaffen für einen Neubeginn des Demokratisie- rungsprozesses. Das ist eine gute Nachricht, aber wir dürfen uns jetzt nicht zurücklehnen und mit verklärtem Blick auf eine demokratische Entwicklung warten. Präsident Zardari hat die verfassungswidrige Abset- zung Chaudhrys durch Ex-Militärherrscher Musharraf nicht aus demokratischer Überzeugung rückgängig ge- macht, und er wollte schon gar kein Wahlversprechen einlösen. Die Reformkräfte in Pakistan haben ihm keine Wahl gelassen. Diese Kräfte sind tief verankert in der pa- kistanischen Gesellschaft: Juristen, Menschenrechtler, Gewerkschaftler, die Oppositionspartei PML-N und so- gar sein eigener Ministerpräsident Gilani und letztlich auch Armeechef Kyani. Der Fall Chaudhry zeigt: Diese Reformkräfte können demokratische Entwicklungen er- zwingen. Realismus bleibt aber das Gebot der Stunde, das Land steht vor großen Problemen. Pakistan steckt in einer schweren Wirtschaftskrise, die unsere Krise in Deutschland wie einen Aufschwung wirken lässt. Im vergangenen Herbst verhinderte nur ein Kredit des IWF über 7,6 Milliarden US-Dollar einen fi- nanziellen Zusammenbruch des Landes. In diesem Jahr braucht Pakistan ein Wachstum von mindestens 6,5 Pro- zent, um die Zahl der Arbeitslosen nicht weiter anwach- sen zu lassen. Prognostiziert für das laufende Jahr sind allerdings bestenfalls 2,5 Prozent. Gleichzeitig muss das Land ein akutes Flüchtlings- problem bewältigen. Hunderttausende Menschen aus den FATA-Gebieten und aus dem Swat-Tal flüchten nach Peschawar, Islamabad, Lahore und vor allem nach Kara- chi. Dort werden bereits mehr als 1,3 Millionen Paschtu- nen vermutet, die auf eine Bevölkerungsgruppe mit Mi- grationshintergrund aus Indien treffen. Diese wird reprä- sentiert durch die MQM, eine Partei, die in der Vergan- genheit durch militante Mitglieder auffiel. Ein dritter schwerer Konflikt schwellt im Panjab. Seit dem Disqualifikationsurteil gegen die beiden Sharif- Brüder am 25. Februar wird die Provinz an der Grenze zu Indien von einem Gouverneur regiert, den der Staats- präsidenten mit aller Kraft durchgesetzt hat – und nur am Rande sei erwähnt: der ein guter Bekannter von Zardari ist. Dies stellt im traditionellen Stammesgebiet der PML-N eine große Provokation dar. Premierminister Gilani hat bereits eine Revision gefordert. Der Panjab-Konflikt kann für Präsident Zardari exis- tenziell werden. Zum Zweiten hängt seine Zukunft von den Entscheidungen des Obersten Richters Chaudhry ab. Dieser könnte den Prozess gegen Zardari ebenso wieder aufgreifen wie den Prozess gegen Ex-Präsident Musharraf. Sollte er das tun, könnte das Militär aber auch noch eingreifen. Das sind aber nur die innenpolitischen Krisenherde. Außenpolitisch ist die Atommacht Pakistan für die Si- cherheit Süd- und Zentralasiens von großer Bedeutung, insbesondere für die Entwicklung im benachbarten Af- ghanistan und in Indien. Die erfolgreiche Bekämpfung der Terroristen auf pakistanischem Boden und die innere Stabilität Pakistans sind daher eine wesentliche Voraus- setzung für den Erfolg der ISAF-Mission der NATO in Afghanistan. Die Bundesregierung hat im Jahr 2007 die deutsche Doppelpräsidentschaft in EU und G 8 für eine Initiative zur Stabilisierung der Lage in Pakistan genutzt – insbe- sondere in den Stammesgebieten und in der Grenzregion – sowie zur Verbesserung der Kooperation mit Afghanis- tan. Sie ist zudem in der Ende September 2008 gegrün- deten Gruppe der „Freunde des demokratischen Pakis- tans“ engagiert, welche die internationale Unterstützung für Pakistan in den Bereichen Sicherheit, Entwicklung, Energie und Aufbau rechtsstaatlicher Institutionen bes- ser abstimmen soll. Gleichzeitig hat die Bundesregie- rung Pakistan zu einem Schwerpunkt der Entwicklungs- politik gemacht. Meine Kollegin Christel Riemann- Hanewinkel wird zu diesem Thema gleich noch alles Wichtige sagen. Wir müssen Pakistan bei seinem Aufbau weiter unter- stützen. Im Bildungsbereich müssen die Grundbildung als Alternative zum Unterricht in den Madrassas und auch die Berufsbildung ausgebaut werden. Wir können helfen, die pakistanische Wirtschaft zu entwickeln und für die Menschen ein Mindestmaß an sozialer Fürsorge und Sicherheit zu schaffen. In das öffentliche Gesund- heitssystem beispielsweise investierte das Land nur 0,5 Prozent seines BIP. Wir müssen aber vor allem alles tun, um die Zivilge- sellschaft und die Reformkräfte in Pakistan zu unterstüt- zen. Sie haben gerade im Fall Chaudhry gezeigt, dass sie für eine Demokratisierung kämpfen können. Das kann nur in unserem Interesse sein. Eine friedliche Stabilisie- rung des Landes ist die beste Grundlage für eine weitere demokratische Entwicklung. Noch eine Anmerkung zum Schluss: Die Anerken- nung des Rechts der Scharia im Swat-Tal mag zwar ver- fassungsgemäß und auch historisch nachvollziehbar sein, aber sie ist eine Teilkapitulation gegenüber den Is- lamisten und Radikalen im Land. Ich behaupte, sie ist ein umgefallener Dominostein. Es dürfen keine weiteren folgen. Elke Hoff (FDP): Der vorliegende Antrag der Regie- rungsfraktionen enttäuscht. Die Regierungsfraktionen scheinen sich inzwischen auch in der Außen- und Si- cherheitspolitik nur noch auf einen Minimalkonsens ver- ständigen zu können. Wenn dieser Antrag die Bilanz der Pakistan-Politik der Großen Koalition sein soll, wäre dies ein Armutszeugnis. Dass die Bundesregierung die Doppelpräsidentschaft Deutschlands in EU und G 8 für eine Initiative zur Stabilisierung der Lage in Pakistan ge- nutzt haben soll, ist mir leider entgangen. Dabei hätte ich mir diese ausdrücklich gewünscht. Auch der Verweis auf die Gründung der Gruppe „Freunde des demokratischen Pakistans“ überrascht mich. Nach meinem Kenntnis- stand haben sich die Aktivitäten dieser Gruppe auf die Gründung und eine einzige rein prozedurale Arbeitssit- zung im November letzten Jahres beschränkt. Bis heute ist für mich keinerlei Pakistan-Strategie der Bundesregierung erkennbar. Eine mehr oder weniger zu- 23332 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 (A) (C) (B) (D) treffende Bestandsaufnahme kann eigene Aktivitäten nicht ersetzen. Es genügt nicht, immer wieder Pakistan als einen Schlüssel zur Lösung der Probleme in der Region zu benennen, wenn der Analyse dann kaum kon- krete Projekte folgen. Pakistan hofft auf deutsche Unter- stützung bei der weiteren Stabilisierung und Demokrati- sierung des Landes. Deutschland ist hierbei als ehrlicher Makler hochwillkommen. Wenn Deutschland einen Beitrag zur Stabilisierung Pakistans leisten will, muss es auch möglich sein, die pa- kistanischen Sicherheitskräfte, insbesondere die Grenz- polizei, sowohl bei deren Ausbildung als auch bei der Ausstattung zu unterstützen. Pakistan muss vor allem auch durch internationale Rückendeckung in die Lage versetzt werden, die Proliferation von sensiblem Wissen und Technologien an nichtstaatliche Akteure zu verhin- dern. Hier war Pakistan in der Vergangenheit zu anfällig, wie der Erfolg des Khan-Netzwerkes gezeigt hat. Ich möchte die Bundesregierung ermuntern, die Anstrengun- gen beim Ausbau der bilateralen Beziehungen deutlich zu verstärken. Ich hoffe sehr, dass neue Impulse für ein stabileres Pakistan auch von der Afghanistan-Konferenz in Den Haag ausgehen werden. Es ist aus meiner Sicht alterna- tivlos, eine internationale Strategie zur Stabilisierung und Entwicklung der pakistanischen und zugleich der afghanischen Wirtschaft kurzfristig auf den Weg zu brin- gen. Dies bedeutet neben der Entwicklung von lokalen und regionalen Märkten auch die Öffnung westlicher Märkte für Produkte aus beiden Ländern. Lob verdient der Antrag deshalb auch dafür, dass sich die Regierungs- fraktionen für den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zum Iran einsetzen und sich damit auch wohltuend von der Iran-Politik der Bundesregierung absetzen. Ein weiterer gravierender Konfliktherd Pakistans ist die mangelhafte Versorgung mit Energie und Elektrizität. Die Gasversorgung über eine neue Pipeline aus dem Iran wird von der internationalen Gemeinschaft bisher nicht gerade unterstützt, sodass die pakistanische Regierung kaum eine Alternative zu chinesischer Atomenergie hat, um die 170 Millionen Bürger mit Energie zu versorgen. Gerade deshalb streut die Ausnahmeregelung der Nu- clear Suppliers Group zum Handel mit Nukleartechnolo- gie für den indischen Nachbarn hier besonders Salz in die Wunde. Gerade in dem Bereich der Energieversorgung könnte Deutschland einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung Pakistans leisten. Hilfe bei der konzeptionellen Entwick- lung und beim technologischen Ausbau erneuerbarer Energien wäre auf pakistanischer Seite hochwillkommen. Der Bau und die Wartung dieser Anlagen vor Ort würden mittelfristig neue Arbeitsplätze generieren und knappe Ressourcen schonen. Ein weiterer Bereich, der eine Stabilisierung des Lan- des gefährdet, ist das hohe Ausmaß an Analphabetismus sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen. Eine breit angelegte, gut strukturierte Alphabetisierungskampagne, verbunden mit der Unterstützung beim Aufbau funktio- nierender staatlicher Schulen und entsprechender Curri- cula unter Berücksichtigung religiöser Befindlichkeiten, könnte ein äußerst sinnvoller Beitrag der internationalen Gemeinschaft sein. Der Charakter dieser Anstrengungen müsste jedoch weit über einen Projektcharakter hinausge- hen und langfristig angelegt sein. Uns sollte Mut machen, dass Pakistan trotz des verbrei- teten Analphabetismus auch über ein großes Reservoir an gut ausgebildeten jungen Menschen verfügt, die Teil einer zukünftigen politischen und wirtschaftlichen Elite sein können und wollen. Mit diesen Hoffnungsträgern muss ein intensiver Dialog aufgenommen werden. Von einer Stabilisierung Pakistans kann, insbesondere in den teilautonomen Stammesgebieten im Nordwesten des Landes, leider immer noch keine Rede sein. Der zu- nehmende Verlust der Kontrolle im Swat-Tal, die An- griffe auf Nachschublager und Nachschubwege der ISAF am Khaiberpass und die große Zahl ziviler Ver- luste bei Gefechten zwischen Extremisten und den pa- kistanischen Sicherheitskräften machen wenig Mut. Auch hier schweigt der Antrag der Regierungsfraktionen. Ein Pakistan-Antrag, der kein Wort über die Operationen der amerikanischen Partner in den Stammesgebieten ver- liert, ist schlicht ungenügend. Die nationale Souveränität Pakistans ist zu achten. Auf der anderen Seite wäre es aber auch hilfreich, wenn die pakistanische Regierung ge- genüber der eigenen Bevölkerung offener kommunizieren würde, dass sie mitunter auf die militärische Kooperation mit den USA und anderen Partnern im Kampf gegen Ex- tremisten und Terroristen im eigenen Land angewiesen ist. Darüber hinaus ist sich Pakistan aber zunehmend be- wusst, dass es einen eigenen Beitrag zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus leisten muss. Es besteht auch die Bereitschaft Pakistans, dabei militärische Mittel einzusetzen. Damit dies aber in der Praxis auch Erfolg haben kann, muss die pakistanische Bevölkerung diesen Kampf gegen Extremisten und Terroristen als ein ureigenes Anliegen begreifen. In der Vergangenheit war dies leider nicht der Fall. Die Wahrnehmung innerhalb der pakistani- schen Bevölkerung, dass das Vorgehen der pakistanischen Regierung und der Sicherheitskräfte lediglich stellvertretend und im Auftrag der US-Amerikaner erfolge, ist fatal. Ohne Frage ist Pakistan auch ein Jahr nach den Wahlen weiterhin von stabilen demokratischen Verhältnissen, wie wir sie uns vorstellen, entfernt. Daher brauchen wir Geduld und sollten unsere Erwartungen an die Geschwin- digkeit von Modernisierungsprozessen auf ein realistisches Maß reduzieren. Nur wenn wir die gesellschaftlichen und kulturellen Besonderheiten Pakistans verstehen, wird ein Dialog mit Pakistan Erfolg haben können. Pakistan steht nicht an der Grenze zum Staatszerfall, und die Nuklearwaffen drohen derzeit auch nicht in die Hände von Extremisten zu fallen. Auch wenn sich die Rolle des Militärs in Pakistan mit unseren Vorstellungen von Streitkräften innerhalb einer Demokratie nicht ver- einbaren lässt, so muss man aber konstatieren, dass es auch in den Zeiten größter Instabilität die Kontrolle über die pakistanischen Nuklearwaffen sichergestellt hat. Die Wahlen im letzten Jahr haben gezeigt, dass die Masse der pakistanischen Bevölkerung die Islamisten nicht will und politisch nicht unterstützt. Sie haben nur Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 23333 (A) (C) (B) (D) einen Sitz im Parlament errungen und haben darüber hi- naus in den paschtunischen Stammesgebieten an der Grenze zu Afghanistan und in der Nordwestprovinz ihre Regierungsbeteiligung verloren. Die Bewegung der Rechtsanwälte hat in den letzten Monaten gezeigt, dass es auch außerhalb der Parteien ein großes zivilgesell- schaftliches Potenzial in Pakistan gibt. Hierauf sollte die internationale Gemeinschaft aufbauen. Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Der Antrag der Regierungskoalition „Pakistan stabilisieren und seine demokratische Entwicklung vorantreiben“ verdient es, um diese Uhrzeit behandelt zu werden: ein nichtssagen- der, langweiliger Antrag. In jeder Tageszeitung kann man mehr und Besseres zum Thema lesen. An irgendei- ner Stelle des Antrages stellen die Antragsteller fest: „Die Bundesregierung hat Pakistan zu einem Schwer- punkt ihrer Außen- und Entwicklungspolitik gemacht.“ Wenn Schwerpunkte so aussehen, möchte ich nicht wis- sen, wie die Außen- und Entwicklungspolitik gegenüber Ländern gestaltet werden soll, die kein Schwerpunkt sind. Das Interessanteste an diesem Antrag sind die The- men, die nicht angesprochen werden: Der Antrag setzt sich in keiner Weise mit den völkerrechtswidrigen An- griffen der US-Armee auf pakistanische Grenzregionen zu Afghanistan auseinander. Unter den Forderungen an die Bundesregierung fehlt dann selbstverständlich auch die Aufforderung, gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika eine verbindliche Aussage über die Ein- stellung dieser Handlungen zu fordern. Zu Recht wird auf das gespannte Verhältnis zwischen Indien und Pakis- tan hingewiesen. Aber die Antragsteller verweigern sich einer Auseinandersetzung darüber, dass die deutsche Zu- stimmung zum Atom-Deal Indien–USA eben diese Spannungen verschärft und nicht zur Entspannung in der Region beigetragen hat. Es scheint so, dass nach wie vor Forderungen an die USA für die deutsche Bundesregie- rung und die sie tragende Koalition tabu sind. Mehr Mut, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unter der Präsident- schaft Barack Obamas darf man auch die US-Adminis- tration kritisieren. Tatsache ist doch, dass die Luftangriffe auf pakistani- sches Territorium nicht dazu beigetragen haben, den Ter- rorismus zu bekämpfen, sondern terroristischen Organi- sationen Zulauf verschaffen und Rechtfertigung bieten. Tatsache ist auch, dass der Atom-Deal zwischen den USA und Indien der Glaubwürdigkeit der gesamten Nichtweiterverbreitungspolitik schweren Schaden zuge- fügt hat. Notwendig wäre gewesen, immer wieder auf Pakistan und auf Indien mit der Forderung nach atoma- rer Abrüstung einzuwirken. Ich weiß nicht, ob die Koalitionsfraktionen mittler- weile deutsche Rüstungslieferungen unter den Begriff Entwicklungszusammenarbeit subsumieren. Dieses Thema taucht im Antrag der Koalitionsfraktionen überhaupt nicht auf. Das lässt verschiedene Schlussfolgerungen zu: Entweder ist Ihnen das Thema so peinlich, dass sie nicht darüber reden wollen, oder Sie wollen verheimlichen, dass an der Rüstungszusammenarbeit nichts geändert werden soll. Ich stelle fest: Deutschland exportiert Waf- fen in ein Spannungsgebiet. Dass Pakistan ein Span- nungsgebiet ist, kann man selbst in Ihrem Antrag nachle- sen. Völlig lieblos wird in Ihrem Antrag die Idee einer re- gionalen Sicherheitskonferenz als ein Beitrag zur Been- digung des Krieges in Afghanistan behandelt. Die Linke hat seit Monaten immer wieder darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung Initiativen für eine solche Konfe- renz auf den Weg bringen muss. Das hat sich inzwischen die Shanghai-Organisation zu eigen gemacht. Es ist ein wichtiger Schritt, wenn Afghanistan, Pakistan und In- dien, der Iran, Russland und China sowie zentralasiati- sche Staaten zusammentreten und über Sicherheit in der Region beraten. Im Zentrum dieser Beratungen stehen Möglichkeiten, den Afghanistan-Krieg zu beenden. Ein Ende des Krieges in Afghanistan stabilisiert auch Pakis- tan. Die neue US-Regierung stellt sich positiv zum Ge- danken der regionalen Sicherheit. Zumindest das hätte die Regierungskoalition zu mehr Überlegungen als den dürftigen Punkt 6 ihres Antrages führen können. Nota- bene: Ein originärer deutscher Beitrag zu einer regiona- len Sicherheitskonferenz könnte die Ankündigung des Abzuges deutscher Soldaten aus Afghanistan sein. Das wiederum ist von der jetzigen Bundesregierung nicht zu erwarten. Regionale Sicherheitsstrukturen können auch einen Einfluss auf die gewaltsame Auseinandersetzung um Kaschmir nehmen. Solche Vorschläge können Sie alle bei der Linken nachlesen. Unsere Vorschläge mindern die Gefahren mi- litärischer Konflikte und sind insofern auch geeignet, Terrorismus wirksam zu bekämpfen. Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Koalition hat einen Antrag zum Thema „Pakistan stabilisieren und demokratische Entwicklung vorantrei- ben“ vorgelegt. Damit kommt bereits die gestiegene Aufmerksamkeit für Pakistan auch seitens der deutschen Politik zum Ausdruck, was nicht zuletzt mit den wieder gewachsenen Spannungen zwischen Pakistan und Indien nach den Anschlägen in Mumbai im September 2008, vor allem aber mit den bekannten Verbindungen zur schwierigen Sicherheitslage in Afghanistan zusammen- hängt. Ich möchte hier ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen vor ziemlich genau einem Jahr, im April 2008, einen ähnli- chen Antrag vorgelegt hat, der von den Koalitionsfrak- tionen abgelehnt wurde. Der Titel lautete: „Für eine um- fassende Strategie zur demokratieverträglichen und zivilgesellschaftlichen Stabilisierung Pakistans“. Die Ähnlichkeit des Titels mit dem heute diskutierten Antrag der Koalitionsfraktionen ist schon frappierend. Und im September 2008 haben wir einen Antrag eingebracht mit dem Titel „Kontraproduktive US-Operationen in Pakis- tan sofort einstellen – Umfassende Strategie zur Stabili- sierung Pakistans entwickeln“. Viele unserer Forderun- gen finden sich jetzt auch im Antrag der Koalition wieder: vor allem die Forderung, Pakistans Weg Rich- 23334 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 (A) (C) (B) (D) tung Rechtsstaatlichkeit und mehr Demokratie nach der Ära Musharraf zu unterstützen. Hier sind wir uns einig. Dazu muss die pakistanische Regierung die notwendigen Reformen durchführen. Die internationale Gemeinschaft muss diesen Weg unterstützen, denn wir alle wissen, dass eine Eindämmung extremistischer Rückzugsorte vor allem in den Stammesgebieten und dem Grenzgebiet zu Afghanistan und ein dauerhaft stabiles Pakistan Grundvoraussetzungen nicht nur für eine Verbesserung der Lage in Afghanistan, sondern auch für Stabilität in der ganzen Region sind. Dazu ist ein weiterer Ausbau der Entwicklungszusammenarbeit, vor allem Investitio- nen in Bildung und die wirtschaftlichen Perspektiven des Landes notwendig. Hoffnung gibt die jüngste Entwicklung und die Wie- dereinsetzung des Obersten Richters Iftikhar Chaudhry nach den landesweiten Demonstrationen der Anwälte- und Richterbewegung. Pakistan ist nicht nur das poten- ziell „gefährlichste Land der Welt“, wie es dieser Tage manchmal heißt – es ist auch ein Land mit ungeheurem Potenzial, einer breiten Zivilgesellschaft und einer be- merkenswert unabhängigen Medienlandschaft. Im Be- reich dieser Zivilgesellschaft würden wir uns noch mehr positives Engagement der internationalen Gemeinschaft, der EU und der Bundesrepublik wünschen. An mögli- chen Partnern mangelt es in Pakistan nicht. Die Men- schenrechte und die Lage der Frauen müssen dabei noch mehr in den Mittelpunkt rücken und als Schwerpunkt nachhaltig gefördert werden. Ich will aber auch deutlich sagen, was wir in dem An- trag der Koalition vermissen: Dazu zählt ein klares Be- kenntnis im Antrag, diese Spannungsregion mit einer deutlichen Absage an Rüstungslieferungen nicht zu be- lasten. Wer in der jetzigen Situation Rüstungsexporten nach Pakistan oder Indien zustimmt, handelt unverant- wortlich und nimmt das Risiko in Kauf, die wachsenden Spannungen zwischen den beiden Nuklearmächten an- zuheizen. Es fehlt auch eine neue strategische Ausrichtung. Es gibt zwar jetzt einen Beauftragten des Auswärtigen Am- tes, Bernd Mützelburg, für Afghanistan und Pakistan, was wir begrüßen. Aber während die neue US-Regie- rung ihre bisherige Politik umfassend evaluiert und in Kürze bei der Afghanistan-Konferenz in Den Haag die Ergebnisse vorstellen wird, bleibt unklar, welche umfas- senden strategischen Konzepte für Pakistan und die Re- gion die Bundesregierung eigentlich anstrebt. Dass zeigt sich zum Beispiel bei der Frage nach effektiver Terroris- musbekämpfung in Afghanistan und Pakistan. Im An- trag heißt es dazu, dass es hier eines „neuen Ansatzes“ bedürfe. Eine Antwort, was damit gemeint ist, bleibt der Antrag aber schuldig. Kritisch beschrieben wird das jüngste Abkommen der pakistanischen Regierung mit Taliban-Kräften in der Region Swat. Eine kritische Be- trachtung dieser Vereinbarung ist angebracht, da mit ihr die Legitimität einer konservativen Auslegung von Sharia-Recht bereits zur Ermordung Oppositioneller und einer drastischen Verschlechterung der Menschenrechts- lage geführt hat. Wer eine neue Strategie der Terroris- musbekämpfung einfordert, der muss aber auch die Frage möglicher Verhandlungen ausloten, gerade wenn der neue US-Präsident das Thema der Verhandlungen mit sogenannten „gemäßigten Taliban“ prominent ange- sprochen hat. Das Thema der anhaltenden US-Luftangriffe mit Drohnen auf mutmaßliche Taliban-Stützpunkte in den Stammesgebieten wird im Antrag der Koalition schlicht ausgespart. Mit diesen Angriffen über die Grenze nach Pakistan hinweg setzt die Obama-Regierung die Präven- tivschlag-Strategie der Bush-Regierung fort. Laut Pres- seberichten denkt sie sogar über eine Ausweitung nach. Diese Angriffe, bei denen wiederholt auch Zivilisten ums Leben kamen, drohen die Autorität der pakistani- schen Regierung zu untergraben und so kontraproduktiv zu wirken. In dieser Frage erwarten wir eine klare Hal- tung der Bundesregierung, die einem nicht völkerrechts- konformen Vorgehen bei der Terrorismusbekämpfung eine klare Absage erteilt. Dies steht in engem Zusammenhang mit der unge- klärten Frage der OEF-Einsätze in Afghanistan, die keine ausreichende völkerrechtliche Grundlage mehr ha- ben, sondern die Legitimität des gesamten Einsatzes ge- fährden. Dass diese Debatte, welche Bündnis 90/Die Grünen schon seit 2006 zu führen versuchen, alles an- dere als eine Phantomdebatte ist, hat der jüngste Vorfall in Kundus gezeigt: Zum wiederholten Male sind Zivilis- ten bei einem geheimen Kommandoeinsatz getötet wor- den, diesmal im deutschen Zuständigkeitsbereich. Dass die deutschen ISAF-Verantwortlichen gar nicht infor- miert waren und mit dem Bürgermeister einer ihrer wichtigsten Partner zur Angriffsfläche wird, ist eine ab- surde und unhaltbare Situation, welche die gesamten Aufbaubemühungen gefährdet. Die Bundesregierung hat sich bisher geweigert, dazu kritisch Stellung zu nehmen. Ein Festhalten am Status quo ist keine Lösung. Wir müs- sen diese schwierigen Fragen offen mit den Partnern dis- kutieren und die richtigen Antworten darauf finden, wenn wir nicht in Kauf nehmen wollen, dass die Aus- sichten auf eine Stabilisierung in der Region noch schlechter werden. Die Chancen dafür, zum Beispiel auf dem bevorstehenden NATO-Gipfel, müssen unbedingt genutzt werden. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des – Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Ände- rung des Telekommunikationsgesetzes – Antrags: Möglichkeiten missbräuchlicher Ortung von Mobiltelefonen mittels privater Anbieter begegnen (Tagesordnungspunkt 17 a und b) Dr. Martina Krogmann (CDU/CSU): Die Telekom- munikationsbranche lebt und entwickelt sich rasant wei- ter. Es ist klar, dass bei dem Innovationstempo auch der rechtliche Rahmen von Zeit zu Zeit überprüft werden muss. Dies hat die Große Koalition mit dem vorliegenden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 23335 (A) (C) (B) (D) Gesetz erfolgreich getan: Wir schaffen den rechtlichen Rahmen für Innovation und einen zeitgemäßen Verbrau- cherschutz. Gerade dieses Gesetz zeigt, dass wir Ver- braucherschutz und Innovation so kombiniert haben, dass sie sich gegenseitig befruchten und nicht behindern. Ein weiterer wichtiger Baustein des Gesetzes ist die Fortführung des Vermittlungsdienstes für Menschen mit Hörbehinderungen. Ich will auf die aus meiner Sicht wichtigsten Punkte eingehen: Zunächst möchte ich auf einen Missstand zu sprechen kommen, der ehrliche Unternehmen schädigt und dem Verbraucher Leistungen aufzwingt, die er nicht möchte: Zurzeit muss die Betreibervorauswahl vom Netzbetreiber schon dann umgestellt werden, wenn ein Unternehmen dem Netzbetreiber mitteilt, dass ein bestimmter Kunde sich für eine Betreibervorauswahl zu seinen Gunsten entschieden hätte. So weit, so gut. Einige unseriöse Unter- nehmen haben daraus dann ein Selbstbedienungsmodell zu Lasten aller anderen Beteiligten entwickelt: Alles beginnt ganz harmlos. Eine freundliche Stimme fragt, ob man nicht ohne lästige Sparvorwahl günstig tele- fonieren möchte. Dann ist gleichgültig, was geschieht: Selbst wenn Sie „Nein“ ins Telefon brüllen oder die Ver- bindung unterbrechen, teilen die unseriösen Unterneh- men dem Netzbetreiber mit, dass Sie in Zukunft die Ge- spräche über dieses Unternehmen abwickeln wollten. Der Netzbetreiber stellt um, die Kunden erhalten keine Nachricht. Sie merken erst, wenn die ersten Rechnungen vom Netzbetreiber und vom unseriösen Unternehmen kommen, dass irgendetwas nicht stimmt und sie Opfer krimineller Machenschaften geworden sind. Dann müssen die Kunden, oft ältere Menschen, von Pontius zu Pilatus laufen, um den Ursprungszustand wiederherzustellen. Geschädigt werden durch diese sogenannten unterge- schobenen Verträge nicht nur die Verbraucher, sondern auch ihre ursprünglichen Vertragspartner, die durch die Skrupellosigkeit der „schwarzen Schafe“ Kunden verlieren. Diesem Missbrauch schieben wir heute einen Riegel vor. Die Erklärung der Teilnehmer zur Einrichtung oder Änderung der Betreibervorauswahl oder die Vollmacht zur Abgabe dieser Erklärung bedarf zukünftig der Text- form. Der Netzbetreiber stellt nur um, wenn eine schrift- liche Erklärung des Konsumenten vorliegt – das kann eine Mail, eine SMS oder auch eine Postkarte sein. Sonst tut sich gar nichts. Auch wenn der eine oder andere Marktteilnehmer es lieber gehabt hätte, wenn nur eine notariell beglaubigte Erklärung wirksam wäre, glaube ich, dass wir hier die Balance zwischen dem Schutz der Verbraucher und der redlichen Marktteilnehmer einerseits und der Akquisitionsmöglichkeiten für Wettbewerber andererseits gewahrt haben. Hier zeigt sich wieder, dass der Schutz der Lauterkeit des Wettbewerbs in vielen Fällen auch der beste Schutz der Konsumenten ist. Klarheit und Wahrheit im Geschäftsleben nützt allen. Bitte lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch auf den nächsten großen Themenkomplex kommen: Die Strukturierung des Raumes der 0180er-Rufnummern für Servicedienste, die zum Beispiel Versandhändler, Versi- cherungen, die Post und viele andere Dienstleister nutzen. Die preiswerten Servicedienste, bei denen der Preis nicht – wie bei den 0900er-Nummern – vorher angesagt werden muss, müssen von den wesentlich teureren Premium- diensten abgegrenzt werden. Bisher hat die Bundesnetz- agentur gemäß § 67 Abs. 2 TKG Preishöchstgrenzen für Anrufe aus dem Festnetz bei Servicediensten festgelegt. Eine Preishöchstgrenze für Anrufe von Handys gibt es zurzeit nicht, das heißt, Sie wissen nie genau – wenn Sie vorher nicht die geradezu sprichwörtlich transparenten Preisübersichten der Mobilfunkunternehmen studiert ha- ben –, wie teuer das Gespräch eigentlich ist. Und das kann ins Geld gehen: Bis zu 87 Cent pro Minute werden derzeit für solche Anrufe in Rechnung gestellt. Dies ist unter dem Gesichtspunkt der Transparenz durchaus ver- besserungsbedürftig. Wir haben uns dafür entschieden, für Anrufe bei Ser- vicediensten aus dem Festnetz eine Preishöchstgrenze von 14 Cent pro Minute oder 20 Cent pro Anruf fest- zulegen. Dies orientiert sich an den von der Bundesnetz- agentur schon bisher festgelegten Preisen. Um den Raum der 0180er-Rufnummern abschließend zu struktu- rieren, haben wir uns auch für Preishöchstgrenzen für Anrufe aus den Mobilfunknetzen entschieden. Mit Regu- lierung hat das nichts zu tun. Solche Behauptungen wer- den auch nicht durch ständige Wiederholungen wahrer. Wir haben uns für Preisobergrenzen für den Mobil- funk auf 42 Cent pro Minute oder 60 Cent pro Anruf ent- schlossen. Damit tragen wir nicht nur den grundsätzlich anderen Kostenstrukturen im Mobilfunk Rechnung, son- dern auch dem Vertrauen der Anbieter in ihre Geschäfts- modelle. Es wird allzu leicht vergessen, dass es hier nicht nur um die vier Mobilfunkanbieter geht, sondern auch um eine Vielzahl kleiner und mittelständischer Unternehmen, die die nachgefragten Dienstleistungen erbringen. Bei der ursprünglichen Vorgabe des Regie- rungsentwurfs wären hier existenzbedrohende Margen- schrumpfungen nicht auszuschließen gewesen. Es er- schien uns auch nicht angebracht, die Innovations- und Investitionskraft der Mobilfunker durch eine überzogene Preishöchstgrenze zu schwächen. Deutschland braucht starke und leistungsfähige Mobilfunkanbieter, die auch die Erschließung des ländlichen Raumes mit schnellen Internetzugängen schultern können. Das Gesetz ermöglicht innovative Geschäftsmodelle. Viele Menschen in der Bundesrepublik haben inzwi- schen keinen Festnetzanschluss mehr, sondern telefonie- ren ausschließlich mobil. Dies führt dann aber auch sehr oft dazu, dass diese Mobilfunkanschlüsse nicht mehr in den Verzeichnissen der Telefonauskunft enthalten sind. Wir ebnen jetzt den Weg dafür, dass man andere Mobil- funkteilnehmer, deren Nummern man nicht weiß und auch nicht erfragen kann, trotzdem erreichen kann. Sie rufen bei einem Dienst an und erbitten eine Mobilfunk- nummer. Weil der Dienst die nicht herausgeben darf, schickt er dem angefragten Mobilfunkteilnehmer eine SMS, in der er diesem Gesprächswunsch, Name und Rückrufnummer übermittelt. Es muss gemäß § 95 Abs. 2 Satz 3 deutlich sichtbar und gut lesbar darauf hingewiesen werden, dass der Teilnehmer der Versendung weiterer Nachrichten jederzeit schriftlich oder elektronisch wider- sprechen kann. Diese Pflicht ist bußgeldbewehrt. Nach 23336 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 (A) (C) (B) (D) erfolgtem Widerspruch ist die Übermittlung weiterer Kontaktwünsche unzulässig. Es ist also eine Opt-out-Mög- lichkeit gegeben. Dies ist wichtig, da niemand belästigt werden soll. Der Mobilfunkteilnehmer hat nun drei Mög- lichkeiten, auf die SMS mit der Rückrufbitte zu reagieren: ignorieren, weiteren Nachrichten solcher Art widerspre- chen oder aber zurückrufen. Dies ist ein Dienst, der in unsere mobile Zeit passt. Ein Dienst, der den Menschen nützt, innovativ ist und Arbeitsplätze sichert und schafft. Mit besonderer Freude habe ich gesehen, dass die FDP beim anderen TK-Thema, den Diensten, die auf der Ortung eines Mobiltelefons basieren, die Linie der Großen Koalition teilt. Die Standortdaten eines Handys können heute leicht auch von Privatfirmen ermittelt werden und für viele sinnvolle Dienste verwendet werden. Doch auch hier gilt: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Unproblematisch sind Local Based Services, die dem In- haber des Handys – insbesondere in der Fremde – das Leben erleichtern. Die guten Feen aus der Welt der Dienstleister nennen ihm in Windeseile die indischen Restaurants, Werkstätten, Weinläden und vieles mehr in der Nähe seines Standorts. Hinter den Kulissen spielt sich Folgendes ab: Der Mobilfunkbetreiber übermittelt die Standortdaten auf Wunsch des Nutzers dem Informa- tionsdienst. Der wiederum übermittelt die gewünschten Informationen dem Nutzer. Alle sind zufrieden. Anders sieht es in den Fällen aus, in denen die Stand- ortdaten Dritten oder anderen Mobilfunkteilnehmern übermittelt werden. Hier besteht eine evidente Miss- brauchsgefahr. Ich will Ihnen dies an zwei Beispielen verdeutlichen: Person A überlässt ein Handy, das bei ei- nem Ortungsdienst angemeldet ist, Person B. Dadurch kann Person A Person B über die praktische und kosten- günstige Ortungsflatrate kontrollieren und den Standort von Person B erfahren. Oder: Ein Jugendlicher meldet sich per SMS bei einem Dienst an, der es allen Mitglie- dern seiner Clique erlaubt, sich über den Aufenthaltsort der anderen zu informieren. Auch wenn er die lustige SMS-Anmeldung längst vergessen hat, wird er geortet. Wir wollen die Dienste, aber nicht deren Missbrauch. Martin Dörmann (SPD): Heute ist ein guter Tag für den Verbraucherschutz in Deutschland: Vor wenigen Stunden haben wir im Bundestag das Gesetz zur Be- kämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbes- serung des Verbraucherschutzes bei besonderen Ver- triebsformen verabschiedet. Künftig können Verträge, die am Telefon abgeschlos- sen worden sind, generell widerrufen werden. In der Ver- gangenheit haben sich unseriöse Unternehmen immer wieder über das bereits geltende Recht hinweggesetzt, wonach telefonische Werbung verboten ist, wenn der Angerufene zuvor nicht eingewilligt hat. Die Verbrau- cherinnen und Verbraucher dürfen nicht durch unerbe- tene Werbung belästigt oder geschädigt werden. Schwar- zen Schafen sagen wir nachdrücklich den Kampf an. Verstöße werden künftig mit einem Bußgeld von bis zu 50 000 Euro bestraft. Auch die Rufnummerunterdrückung bei Werbeanru- fen ist nun verboten. Nur so lässt sich feststellen, wer wirklich angerufen hat. Missachtungen werden mit einer Geldbuße von bis zu 10 000 Euro geahndet. Diese Maßnahmen sind notwendig geworden, um der Fülle der vermeintlich oder tatsächlich untergeschobe- nen Verträge entgegenzuwirken, die insbesondere ältere Menschen getroffen hat. Nicht zuletzt stärken wir damit alle seriösen Anbieter. In dieser Debatte geht es um die Änderung des Tele- kommunikationsgesetzes. Auch hier verfolgt die Große Koalition das Ziel, die Verbraucherrechte zu verbessern und mehr Sicherheit und Transparenz zu schaffen. Im Bereich der Telekommunikation haben wir es mit einem besonders dynamischen Markt zu tun. Neue technische Möglichkeiten bringen immer wieder neue Geschäfts- modelle hervor. Das ist prinzipiell gut so. Allerdings muss der Gesetzgeber genau beobachten, wo es Ent- wicklungen im Markt gibt, die unerwünscht sind, und gegebenenfalls nachjustieren, um die Rechte der Tele- fonkunden zu wahren oder zu stärken. Dabei müssen wir insbesondere folgende Fragestellungen im Auge behal- ten: Wo gibt es Fehlentwicklungen? Wie können die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher wirksam gewahrt werden? Und wie können wir die Rahmenbe- dingungen für die TK-Unternehmen so setzen, dass wir die wirtschaftliche Dynamik in diesem Bereich nicht un- nötig bremsen und auch weiterhin Anreize für Investitio- nen setzen? Insgesamt geht es also darum, die notwen- dige Balance zwischen einem freien Markt und notwendigen Regulierungen zu wahren. Ein gutes Beispiel hierfür sind die 0180er-Rufnum- mern, die bisher „Geteilte-Kosten-Dienste“ heißen und nun im Gesetz als „Service-Dienste“ bezeichnet werden. Über diese Rufnummerngasse bieten die unterschied- lichsten Organisationen und Unternehmen Dienstleistun- gen an, von Banken und Versicherungen bis hin zu Be- hörden. Die Kunden beziehungsweise die Bürgerinnen und Bürger können über diese Nummern Informationen oder andere Servicedienste abrufen. Es ist wichtig, diese Rufnummerngasse so auszugestalten und zu strukturie- ren, dass die Anrufenden wissen, welche Kosten bei der Nutzung auf sie zukommen. Zugleich wollen wir unseriö- se Anbieter, die nur ein möglichst gutes Geschäft ma- chen wollen und den Rufnummernbereich zur „Tarnung“ nutzen, fernhalten. Aus diesem Grund gab es bislang schon eine Preishöchstgrenze für Anrufer aus dem Fest- netz in Höhe von 14 Cent pro Minute bzw. von 20 Cent pro Anruf. Neu eingeführt haben wir nun auch eine Preishöchstgrenze für Anrufe aus dem Mobilfunknetz, und zwar in Höhe von 42 Cent pro Minute bzw. von 60 Cent pro Anruf. Zugleich muss der Höchstpreis für einen Anruf aus den Mobilfunknetzen künftig angege- ben werden. Mit dieser Regelung tragen wir verschiede- nen Aspekten in angemessener Weise Rechnung: Der von einem Handy Anrufende weiß nun, was ihn der An- ruf höchstens kostet. Die unterschiedlichen Kosten für die Unternehmen bei Festnetz und Mobilfunk werden berücksichtigt. Zugleich bleibt den Unternehmen Spiel- raum für Preiswettbewerb. Und es wird erreicht, dass ein klarer Unterschied zur 0900er-Rufnummerngasse be- steht, in der höhere Preise möglich sind. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 23337 (A) (C) (B) (D) Im ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregie- rung waren niedrigere Höchstpreise für Anrufer aus dem Mobilfunknetz vorgesehen, während die Mobilfunkun- ternehmen natürlich am liebsten auf neue Preisobergren- zen verzichtet hätten. Die nun gefundenen Beträge sind aus Sicht der Koalitionsfraktionen ein ausgewogener Kompromiss. Er wird der Zielsetzung der Bundesregie- rung, keine Preisregulierung, sondern lediglich eine bes- sere Strukturierung der Rufnummerngassen vorzuneh- men, voll gerecht. Alle gesteckten Ziele werden erreicht, ohne dass eine Überregulierung stattfindet, die die Marktdynamik unnötig bremst. Wir wollen, dass die Mobilfunkunternehmen auch in Zukunft im gesetzten Rahmen mit unterschiedlichen Preisen in den Wettbe- werb gehen können. Zugleich wollen wir Investitionsan- reize nicht unnötig bremsen. Zudem ist die Vorleistungs- kette in diesem Bereich zu berücksichtigen. Wir haben es nämlich nicht nur mit den Telekommunikationsunter- nehmen zu tun. Vielmehr werden die eigentlichen Tele- fondienste von produzierenden Unternehmen erbracht, die auch ausreichend am Umsatz partizipieren müssen. Ein zu geringer Preis könnte den notwendigen Spielraum für solche Dienste infrage stellen und somit bestimmte Serviceleistungen gefährden. Zudem würde ein zusätzli- cher Lohndruck auf die Beschäftigten entstehen, den wir vermeiden wollen. Der nunmehr festgelegte Höchstpreis wird diesen Gesichtspunkten gerecht. Dies ist auch ein Ergebnis der erweiterten Berichterstatterrunde, an der zahlreiche Experten und auch die Oppositionsfraktionen teilgenommen haben. Ich will einen zweiten Punkt nennen, bei dem wir ebenfalls zwischen den Interessen der Unternehmen ei- nerseits und den Bedürfnissen der Verbraucherinnen und Verbraucher andererseits einen vernünftigen Ausgleich gefunden haben. In jüngerer Zeit werden zunehmend Dienste angeboten, bei denen die Teilnehmer ihr Handy orten lassen können und der Standpunkt verabredungs- gemäß an Dritte weitergegeben wird. Beispielsweise ge- schieht dies bei der Notfallortung älterer Menschen oder verlorengegangener Kinder. Ein anderes nutzerfreundli- ches Beispiel wird unter dem Begriff „Social Commu- nity“ zusammengefasst: Hierbei lassen sich unterwegs Freunde und Bekannte mit deren vorheriger Zustim- mung lokalisieren, die der Handynutzer spontan treffen oder besuchen will. Bislang genügte zur Beauftragung eines solchen Dienstes eine entsprechende SMS des Teilnehmers. Nun bewegen wir uns in diesem Bereich allerdings in einem sensiblen Umfeld, bei dem es um Datensicherheit geht. Möglichen Missbrauch durch Dritte wollen wir unbedingt vermeiden. Aus diesem Grund wird die Ortung eines Handys durch eine andere Privatperson nun strengeren Vorgaben unterworfen. Zu- künftig bedarf es einer schriftlichen und ausdrücklichen Einwilligung des Teilnehmers, also des Inhabers der Te- lefonnummer. Zudem muss der Diensteanbieter den Nut- zer nach fünfmaliger Verwendung des Ortungsdienstes informieren, sodass Kontrolle ermöglicht und Miss- brauch ausgeschlossen wird. Damit wird der Gefahr vor- gebeugt, dass beispielsweise ein Ehemann seiner Frau hinterherspionieren kann oder umgekehrt. Denn selbst wenn der Ehemann Inhaber des Handys sein sollte, würde die betroffene Ehefrau als Nutzerin per Kurznach- richt von der Ortung erfahren. Die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher werden künftig auch durch den Schutz vor untergescho- benen Verträgen gestärkt. In der Vergangenheit war die Form des „Slamming“, also des Unterschiebens von Ver- trägen, zu einer ärgerlichen Abzocke geworden, der das Gesetz den Garaus machen will. War es bisher so, dass die Umstellung des Telefonanschlusses auf eine Betrei- bervorauswahl (Preselection) praktisch auf Zuruf mög- lich war, wird künftig das Textformerfordernis zu mehr Rechtssicherheit bei allen Beteiligten führen. Viele Kun- den hatten gar nicht bemerkt, dass sie die Erklärung zu einem Vertragswechsel gegeben haben sollen, weil sie am Telefon lediglich der Zusendung von Informations- material zugestimmt hatten. So kam es in vielen Fällen nicht nur zu berechtigtem Ärger bei den Betroffenen, sondern auch zu juristischen Streitigkeiten. Flankiert wird diese Maßnahme von dem bereits erwähnten Ge- setz gegen unerlaubte Telefonwerbung, das ein allgemei- nes Widerrufsrecht für am Telefon abgeschlossene Ver- träge vorsieht. Des Weiteren geht es im Gesetzentwurf um die wirk- same Durchsetzung der europäischen Verordnung über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen. Diese sieht beispielsweise vor, dass den Kunden im europäi- schen Ausland für abgehende und ankommende Anrufe keine überhöhten Preise in Rechnung gestellt werden. Der Eurotarif soll ein hohes Verbraucherschutzniveau garantieren und zugleich für eine ausreichende Gewinn- spanne der beteiligten Unternehmen sorgen. Die tatsäch- liche Umsetzung der Verordnung muss auf der nationa- len Ebene sichergestellt werden. Hierzu sieht der Gesetzentwurf Bußgelder bei Verstößen der Unterneh- men vor. Außerdem werden die Befugnisse der Bundes- netzagentur gestärkt. Die Regulierungsbehörde kann von sich aus tätig werden, um die Einhaltung der Verordnung zu gewährleisten, und kann bei Verstößen die sofortige Beendigung anordnen. Die Zahl der Mobilfunkverträge ist in den vergange- nen Jahren rapide angestiegen. Inzwischen gibt es in Deutschland mehr Handys als Einwohner. Im Gegensatz zu den Inhabern von Festnetzanschlüssen sind die Han- dybesitzer nur in geringem Umfang in den Teilnehmer- verzeichnissen enthalten. Um hier Abhilfe zu schaffen, soll der Inhaber eines Mobilfunkanschlusses künftig per Textmitteilung über den Kontaktwunsch eines anderen Teilnehmers informiert werden. Dabei werden Name und Telefonnummer des Interessenten angegeben. Der gesuchte Teilnehmer kann somit selbst entscheiden, ob er den Kontakt erwidern will, ohne dass es zur Übermitt- lung seiner Mobilfunknummer kommt. Schließlich haben wir auch den Dienst für gehörlose und hörgeschädigte Menschen umfassend geregelt. Diese können die bereitgestellten Vermittlungsdienste der Anbieter zu einem erschwinglichen Preis und unter Berücksichtigung ihrer besonderen Situation in An- spruch nehmen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ist es gelungen, die Verbraucherrechte so zu stärken, dass zugleich auch 23338 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 (A) (C) (B) (D) für die Unternehmen ein zusätzlicher Nutzen entsteht, sei es durch mehr Transparenz, attraktive Dienste oder größere Rechtssicherheit. Deshalb bitte ich um Ihre Zu- stimmung. Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP): Der vorlie- gende Entwurf zur Änderung des Telekommunikations- gesetzes ist ein Flickwerk von Einzelmaßnahmen ohne klare sachliche oder ordnungspolitische Linie. Die Bun- desregierung hat es bis heute nicht bewerkstelligt, fun- dierte Begründungen für einen großen Teil der Änderun- gen vorzulegen. Andere Stellschrauben werden sogar bewusst in die falsche Richtung gedreht. Damit ich Ihnen nicht den Abend vermiese, beginne ich mit den positiven Aspekten des Gesetzentwurfes. So- gar davon gibt es einige wenige. Zunächst ist zu begrü- ßen, dass Sie das Thema Standortdaten aufgenommen haben, wie es auch von der FDP vorgeschlagen wurde. Der Antrag der FDP dazu wird hier heute ebenfalls bera- ten, und ich bitte um Ihre Unterstützung. Ebenfalls be- grüßenswert ist die Ermöglichung eines innovativen Dienstes durch eine Ergänzung von § 95 Abs. 2, mit dem von beiden Seiten gewünschte Kontaktaufnahmen zwi- schen Bürgern im Einklang mit Datenschutzerfordernis- sen ermöglicht werden. Überhaupt kein Verständnis habe ich allerdings nach wie vor für die von der Bundesregierung vorgeschlage- nen Preisobergrenzen in der 0180er-Nummerngasse. Bei einem erweiterten Berichterstattergespräch zu diesem Gesetzentwurf hatten wir uns alle gewünscht, die Argu- mente der Bundesregierung zu den Preisobergrenzen nachgeliefert zu bekommen. Wir mussten feststellen: Es existierten keine, jedenfalls keine tragfähigen. Die Fest- setzung der Obergrenze ist völlig willkürlich, ordnungs- politisch verfehlt und entbehrt jeglicher Notwendigkeit. Bis heute konnten weder die Vertreter der Bundesregie- rung noch die Vertreter der Großen Koalition nachvoll- ziehbar darlegen, worin überhaupt der Anlass für einen solch schwerwiegenden Eingriff in den Markt liegen soll. Massenhafter Missbrauch zumindest konnte nicht nachgewiesen werden; er liegt tatsächlich auch nicht vor. Mich persönlich hat in diesem Zusammenhang auch das Festhalten am Textformerfordernis nach wie vor nicht überzeugt. Bereits das geltende Recht verfügt über hinreichende Mechanismen. Das Textformerfordernis er- höht die Bürokratie und behindert den Wettbewerb; denn viele auch vom Kunden eigentlich gewünschte Vertrags- wechsel werden aufgrund des Aufwandes, den das Text- formerfordernis mit sich bringt, nicht abgeschlossen werden. Außerdem wird diese Vorgabe ohnehin nur die seriösen Anbieter treffen; die wenigen Abzocker lassen sich doch davon nicht beeindrucken. Untergeschobene Verträge – ob sie schriftlich hätten fixiert werden müssen oder nicht – sind ja schon bisher nicht zulässig, kommen aber trotzdem vor. Die FDP-Bundestagsfraktion kann dem vorliegenden Gesetzentwurf daher nicht zustimmen. Es ist bedauer- lich, dass auch die Vertreter der Großen Koalition den Telekommunikationsmarkt nach wie vor eher als Tum- melbecken fieser Abzocker verstehen statt als innovati- ven und immer wichtigeren Teil der Volkswirtschaft, der bisher der Wirtschaftskrise besser trotzt als fast alle an- deren Branchen. Gerade in der aktuellen Situation halte ich das für töricht. Vor diesem Hintergrund möchte ich auch auf die Breitbandstrategie der Bundesregierung hinweisen, die nach eigenem Bekunden die Förderung einer wachs- tums- und investitionsorientierten Regulierung zum Ziel hat. Die vorgesehene gesetzliche Festschreibung von Preisobergrenzen, welche von tatsächlichen Preisbil- dungsprozessen vollständig entkoppelt ist, steht dem entgegen. Wir sollten keine widersprüchlichen Signale setzen, zumal für den Fall, dass sich die Bundesregie- rung bei den ausgeheckten Preisen irrt – so etwas soll ja vorkommen –, eine neuerliche Anpassung nur über den gesetzlichen Weg möglich wäre. Unflexibler und fort- schrittsfeindlicher geht es kaum, zumal diese Lösung die Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur aushebelt. Die nun hoffentlich baldmöglichst endende Legisla- turperiode ist gekennzeichnet von einer massiven Aus- weitung von Überwachung und Speicherungspflichten. Dabei wurde ein gesundes Maß zwischen gebotenen Si- cherheitsinteressen einerseits und dem Schutz der Mei- nungs-, Medien- und Kommunikationsfreiheit anderer- seits häufig nicht gefunden. Diese Tatsache wurde der Bundesregierung von unterschiedlichsten gerichtlichen Instanzen bereits mehrfach unter die Nase gerieben. Die anstehende Änderung des TKG hätte die Möglichkeit er- öffnet, wenigstens eine kleine Verbesserung bei der Rechtssicherheit im Telekommunikationsbereich durch die Verlängerung des Bußgeldmoratoriums in § 150 Abs. 12 b zu erreichen. Auch das haben Sie versäumt, ohne Begründung wohlgemerkt. Den ausformulierten Änderungsantrag, welchen die FDP-Fraktion im Aus- schuss für Wirtschaft und Technologie gestellt hatte, ha- ben Sie ja leider einfach abgelehnt. Die FDP-Fraktion hat heute einen Entschließungsan- trag zum TKG-Änderungsgesetz vorgelegt, der die größ- ten Löcher des Regierungsentwurfs stopfen soll. Ich bitte Sie nicht nur, sondern ich empfehle Ihnen nach- drücklich, diesem Ihre Zustimmung zu geben. Der er- folgreiche Wettbewerb zugunsten von Innovation und Investitionen im Telekommunikationssektor, von dem nicht zuletzt die Verbraucher durch attraktive Dienste und günstige Preise profitieren, muss fortgeführt wer- den. Der Regierungsentwurf zielt im Großen und Gan- zen genau in die andere, die falsche Richtung. Reißen Sie das Ruder noch herum! Dr. Herbert Schui (DIE LINKE): Der Entwurf zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes liegt jetzt schon seit mehr als einem Jahr vor. Schade dass der Ver- braucherschutz von dieser Regierung immer wieder auf die lange Bank geschoben wird, bevor es zu Beschlüssen kommt. Wir hätten sicherlich gerne alle etwas länger ge- wartet, wenn in der Zwischenzeit noch grandiose Ver- besserungen am Gesetz erfolgt wären; aber das ist ja nicht passiert. Verstehen Sie mich nicht falsch. Die vorliegenden Änderungen gehen zum Teil in die richtige Richtung. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 23339 (A) (C) (B) (D) Wenn beispielsweise Vermittlungsdienste für Gehörlose verpflichtend eingeführt werden und wenn der Abzocke- rei mit Telefonservicediensten endlich zumindest ansatz- weise entgegengetreten wird, dann ist das zu begrüßen. Gerade Telefongespräche über die 0180-Vorwahl, die auch von öffentlichen Stellen benutzt wird, dürfen nicht zu teuer sein, wenn die Telefonrechnung keine bösen Überraschungen bringen soll. Schade ist allerdings, dass die Bundesregierung so zaghaft handelt, wenn es um den Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern geht. Noch schlimmer ist es, dass die Koalitionsfraktionen nur einen Tag vor der Beratung im Wirtschaftsausschuss den Entwurf der Regierung noch einmal entscheidend ver- schlechtert haben. Dafür sollten Sie sich schämen, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Union. Der Verbraucherzentrale-Bundesverband betont be- reits seit langem, dass Preishöchstgrenzen für 0180er- Nummern einheitlich bei 10 Cent liegen müssten, um die Verbraucher vor Abzocke zu schützen. Die Bundesregie- rung hatte die Höchstgrenze für Telefonate aus dem Festnetz bei 14 Cent festgelegt und für Anrufe vom Handy – ohne triftige Begründung – sogar bei 28 Cent. Jetzt kommt die Große Koalition und erhöht die Grenze im Mobilfunk in letzter Minute noch einmal auf 42 Cent. Es ist klar, woher dieser Sinneswandel kommt; schließ- lich hatten die Telefonkonzerne im Vorfeld der Beratun- gen lauthals gejammert, sie würden bei Preisobergrenzen überhaupt keine Gewinne mehr machen. SPD und Union fallen ein weiteres Mal vor den Konzernlobbyisten auf die Knie – ein trauriges Bild. Auch beim Schutz vor untergeschobenen Verträgen hätten Sie mutiger sein können, liebe Kolleginnen und Kollegen von Union und SPD. Zu Recht beklagen ja auch Sie, dass unseriöse Unternehmen den Telefonver- trag von Verbrauchern zum Teil ohne deren Wissen ab- ändern lassen. Warum verlangen Sie aber in Ihrem Ge- setz bei der Betreibervorauswahl nur Textform und nicht Schriftform, also eine eigenhändige Unterschrift des Te- lefonkunden? Wenn ein Kunde wirklich seinen Vertrag ändern oder zu einem anderen Anbieter wechseln will, so sollte er das selbst mit seiner Unterschrift bestätigen – nur so ließe sich Missbrauch wirklich ausschließen. Dennoch: Kleine Verbesserungen sind besser als gar keine. Deshalb wird Die Linke Ihr Gesetz nicht ableh- nen, sondern sich enthalten. Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes setzt eine EU-Verord- nung zum Thema Roaming um und enthält gleichzeitig weitere verbraucherpolitische Aspekte des Telekommu- nikationsmarktes. Wir begrüßen, dass mit dem Gesetz Verbraucherrechte und der Verbraucherschutz gestärkt werden sollen. Da Verbraucherschutz aber nachweislich nicht die Stärke der Großen Koalition ist, ist es wenig verwunderlich, dass einige Änderungen auf halber Stre- cke stehen bleiben und nicht des Pudels Kern treffen. Konkret geht es um das Problem der sogenannten untergeschobenen Verträge. Kunden werden ohne ihr persönliches Einverständnis zur Umstellung der Betrei- berauswahl gebracht. Dem Missbrauch bei der Betreiber- auswahl soll mit dem Gesetz ein Riegel vorgeschoben werden. Wir begrüßen, dass diese Problematik endlich angegangen wird; doch leider geht der Gesetzentwurf der Bundesregierung an dieser Stelle nicht weit genug. Im Gesetzentwurf wird die Textform zur Bestätigung der Betreiberauswahl vorgesehen. Dies reicht nicht aus, um Betrug wirksam zu bekämpfen, weil die bloße Textform nicht zwangsläufig eine eigenhändige Unterschrift vor- sieht. Wir fordern, die Schriftform als verbindlich in das Gesetz aufzunehmen. Kunden müssten so für einen Ver- tragsabschluss den Stift in die Hand nehmen und wären vor dubiosen Verträgen deutlich besser geschützt. Ähnlich unzureichend wie bei den untergeschobenen Verträgen sieht der Gesetzentwurf bei dem brisanten Thema der Lokalisierungsdienste im Mobilfunk aus. Erstens ist dieses Thema erst durch die Stellungnahmen des Bundesrates auf die Agenda des Gesetzesentwurfs genommen worden, und zweitens wird das Problem des Datenschutzes nicht gelöst. Die FDP weist in ihrem Antrag zu Recht auf das Recht einer jeden Person auf in- formationelle Selbstbestimmung hin. Mit der jetzigen Formulierung in § 98 Abs. 1 Satz 1 – „… seine Einwilli- gung ausdrücklich, gesondert und schriftlich erteilen“ – kann dem Problem des Missbrauchs nicht wirklich be- gegnet werden. Wenn Handyvertragspartnerin und Han- dynutzer auseinanderfallen, kann der Ortungsdienst nach wie vor untergeschoben werden. Wir finden den Vor- schlag des BITKOM, eine Einwilligung per SMS zu ge- ben, die mit einer Auftragsbestätigung per SMS und ei- ner Information, wie der Dienst sofort beendet werden kann, ergänzt durch SMS-Benachrichtigungen, verfol- genswert. So weiß jeder, sobald der Lokalisierungsdienst ohne sein Wissen eingerichtet wurde, a) dass man über- wacht wird und b) wie man den Dienst wieder abstellen kann. Auch die Preisfestlegung für Anrufe bei Service- diensten der 0180er-Nummern gibt uns Rätsel auf. Prin- zipiell befürworten wir einen verbraucherfreundlichen Schutz vor überhöhten Gebühren. Es bleibt aber offen, ob diese Preisfestsetzung in § 66 des TKG geregelt wer- den muss oder ob sie nicht Aufgabe der Bundesnetz- agentur ist. Die Preisgrenze von ursprünglich 28 Cent pro Minute und jetzt 42 Cent pro Minute für Anrufe aus dem Mobilfunknetz sind beide nicht aus Kostenberech- nungen oder einer Marktanalyse abgeleitet. Im erweiterten Berichterstattergespräch zum TKG forderte die Verbraucherzentrale Bundesverband sogar, den Preis noch weiter zu senken. Weder Verbandsvertre- ter noch die Vertreter des BMWi konnten eine plausible Preiskalkulation vorlegen. Folglich erscheinen die Preis- grenzen für den Mobilfunk aus der Luft gegriffen. Für das Festnetz wird die Preisgrenze von 14 Cent pro Mi- nute aus dem Preis, der sich am Markt entwickelt hat und von der Bundesnetzagentur festgesetzt wurde, abge- leitet. Uns bleibt aber verschlossen, wieso für Gespräche aus Mobilfunknetzen ein dreifacher Preisaufschlag zu- lässig sein soll. Im Sinne der Verbraucherinnen und Ver- braucher hätten wir uns eine verpflichtende Preisansage zu Beginn eines Anrufs mit genauen Preisangaben ge- wünscht. Dadurch wäre es ein Leichtes, Transparenz in 23340 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 (A) (C) (B) (D) das Dickicht der unterschiedlichen Tarife für Service- dienste der 0180er-Nummern zu bringen. An meinen Ausführungen wird deutlich, dass die Bundesregierung zwar den richtigen Ansatz verfolgt, aber mal wieder die nötige Konsequenz vermissen lässt. Statt Probleme umfassend im Sinne der Verbraucher zu lösen, wird ein Gesetzentwurf mit vielen Lücken vorge- legt. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Für eine zukunftstaug- liche und menschenrechtlich fundierte Europäi- sche Migrationspolitik (Tagesordnungspunkt 18) Hans-Werner Kammer (CDU/CSU): Was die Frak- tion Bündnis 90/Die Grünen uns hier als Antrag auf- tischt, kommt mir vor wie ein Eintopf. Willkürlich haben Sie verschiedene Zutaten aus dem Gemischtwarenladen Ihrer Flüchtlingspolitik zu einem bunten Eintopf zusam- mengerührt. Ob dieser Eintopf so gut schmeckt wie der samstägliche Eintopf bei mir zu Hause, wage ich zu be- zweifeln. Der Europäische Pakt zu Einwanderung und Asyl hat eine koordinierte Einwanderungs- und Asylpolitik der Mitgliedstaaten zum Ziel. Keineswegs geht es darum, Europa zu einer undurchlässigen Festung zu machen, wie vielfach von linker Seite behauptet wird. Wir wollen in und für die EU legale Wege zur Einwanderung benö- tigter Arbeitskräfte öffnen. Illegale Einwanderer sollen in ihre Heimat zurückgeschickt werden, können aber aus wirtschaftlichen Gründen auch Aufenthaltsgenehmigun- gen bekommen. Es ist richtig, dass diese Entscheidungen in den Mitgliedstaaten gefällt werden. Denn nur dort kann am besten beurteilt werden, ob die wirtschaftliche Situation und die Lage am Arbeitsmarkt Zuwanderung erforderlich machen. Wir möchten wirtschaftliche Mi- gration ermöglichen, dies aber doch an den Erfordernis- sen der Menschen, gleich ob Deutsche oder ausländische Mitmenschen, die bereits bei uns leben und arbeiten, orientieren. Was Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von Bünd- nis 90/Die Grünen, wollen, ist eine unkontrollierte Zu- wanderung auf unseren Arbeitsmarkt und damit auch in unser Sozialsystem. Das kann man nur als verantwor- tungslos bezeichnen. Wenn Fachkräfte benötigt werden und unter den bereits hier lebenden Menschen nicht zu finden sind, dann, aber auch nur dann sollten wir natür- lich auf einwanderungspolitische Instrumente zurück- greifen. Es ist unbestritten, dass wir in dem einen oder anderen Bereich Einwanderung benötigen werden. Es kann jedoch nicht unser Auftrag sein, hier lebende Fach- kräfte durch Zuwanderer zu ersetzen, nur weil Erstere „zu teuer“ sind. Wir sind ferner in der Verantwortung ge- genüber den Ländern, aus denen die Menschen zuwan- dern wollen. Gesteuerte Zuwanderung bedeutet nämlich auch, dass dafür Sorge getragen wird, dass die Länder in Afrika, Asien und Südamerika nicht urplötzlich eine er- hebliche Zahl an dringend benötigten Fachkräften verlie- ren. Zur Schleuserproblematik. Ich glaube, es ist das Ziel der meisten Fraktionen im Bundestag, Schleusern und Schleppern das Handwerk zu legen. Wir können dem tödlichen Geschäft der Schleuserbanden die Existenz- grundlage nur entziehen, indem wir dann, wenn im Falle ihrer Heimkehr keine Gefahr für die Menschen besteht, Rückführungen auch konsequent durchführen. Ihr Be- mühen, illegalen Flüchtlingen aus humanitären Erwä- gungen heraus zu einem dauerhaften Bleiberecht zu ver- helfen, in allen Ehren. Aber Legalisierungskampagnen, wie Sie sie in Ihrem Europawahlprogramm fordern, könnten von Schleppern und Schleusern eher als Ermun- terung verstanden werden. Wenn Sie auch noch Gesund- heitsversorgung und Schulbesuch fordern, dann fehlen mir schon die Worte. Schließlich muss sich in den Her- kunftsländern herumsprechen, dass es nicht attraktiv ist, auf illegalem Wege nach Europa zu kommen. Leider unterstellen Sie in Ihrem Antrag dem Europäi- schen Migrations- und Asylpakt, er sei überwiegend re- striktiv formuliert. Das ist der Pakt nicht; Europa lässt die Herkunftsländer mit ihren Sorgen nicht allein. Wir sehen die Partnerschaft mit den Herkunftsstaaten als eine dringende Notwendigkeit, um illegale Migration mit all ihren Gefahren, auch und gerade für die Migrantinnen und Migranten, zu bekämpfen. Ich zitiere an dieser Stelle den Bundesinnenminister: … und das erreichen wir natürlich besser, wenn wir es als Europäer gemeinsam machen. Wenn wir ge- meinsam handeln, haben wir eher eine Möglichkeit, afrikanische Staaten davon zu überzeugen, dass es in ihrem Interesse ist, Illegale auch zurückzuneh- men. Zur Bekämpfung von Schleuserbanden gehört, dass die Arbeit von FRONTEX gestärkt wird. Ich bitte Sie, Ihre ideologischen Scheuklappen und Ihr stetes Miss- trauen gegen Polizei und Militär abzulegen. Die Bundes- polizei beteiligt sich mit Hubschraubern daran, Menschen, die durch gewissenlose Schleuser in Lebens- gefahr gebracht wurden, aus selbiger zu retten. FRON- TEX nimmt an den Außengrenzen die Aufgaben war, die wir früher an den Binnengrenzen der EU, welche, Gott sei Dank, nicht mehr da sind, ausgeführt haben. Die Floskel von der „Festung Europa“ soll wohl suggerieren, dass wir uns hier einmauern und niemanden reinlassen wollen. Das Gegenteil ist der Fall: Wir fördern eine maß- geschneiderte und passgenaue Migration, die den Men- schen, sowohl denen, die nach Europa kommen wollen, als auch unseren Bürgerinnen und Bürgern, gerecht wird. Dabei handeln wir natürlich auch in Verantwor- tung für unsere Sicherheit und unsere Arbeitsmärkte. Wir begreifen die Globalisierung auch im Migrationsbe- reich als Chance für uns und für die Herkunftsländer. Ich finde es unerträglich wie hier mit dem Kampfbegriff „Festung Europa“ Stimmung gemacht wird. Dann fordern Sie für Drittstaatsangehörige, die sich länger hier in Deutschland aufhalten, als Beitrag zu de- ren besserer Integration aktives und passives Wahlrecht. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 23341 (A) (C) (B) (D) Für die kommunale Ebene haben wir im Koalitionsver- trag einen Prüfauftrag dazu vereinbart, und dazu gibt es ja, das will ich gerne einräumen, unterschiedliche Rechtsauffassungen. Ich sage aber ganz klar, dass ein solches Wahlrecht am Endpunkt der erfolgreichen Inte- gration eines ausländischen Mitbürgers, nämlich mit dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit, stehen sollte. Volle Staatsbürgerrechte stehen am Ende einer ge- glückten Integration nicht am Anfang. Alles andere wäre widersinnig. Hinzu kommt, dass sich zwar die Mehrheit der hier lebenden Drittstaatsangehörigen nach Recht und Gesetz verhalten, es aber auch eine kleine Minderheit gibt, die insbesondere das passive Wahlrecht dazu nut- zen, sich für politische Ideologien und ausländische Gruppierungen einsetzen, die mit unserem Verständnis von einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung nichts zu tun haben. Sie täuschen sich, wenn Sie denken, ein von vornherein eingeräumtes Wahlrecht sei ein Mit- tel zur Integration. Das stimmt nur insofern, als das Wahlrecht und alle Staatsbürgerschaftsrechte ein Anreiz für Integrationsbemühungen der Migranten darstellen. Sie und ja wohl auch der SPD-Kollege Veit wollen das Pferd von hinten aufzäumen, indem Sie das Wahlrecht an jeden verschenken wollen. Was die gebetsmühlenartig vorgetragene Behauptung angeht, ein Großteil der Kommunen begrüßen dies eben- falls, so muss ich Ihnen leider sagen: Diese Behauptung wird durch permanente Wiederholung nicht richtiger. Im Gegenteil, der Deutsche Städtetag lehnt dies ab. Gleich- wohl wissen wir natürlich, dass Migrantinnen und Mi- granten aus Drittstaaten bei den Angelegenheiten, die sie betreffen, ein Mitspracherecht brauchen. Dazu gibt es in vielen Kommunen kommunale Ausländerbeiräte, wo Drittstaatsangehörige am kommunalen Geschehen betei- ligt werden. Und man kann sicher bei den Kommunen in Deutschland dafür werben, von dieser Möglichkeit stär- ker Gebrauch zu machen; denn ein Gremium, in dem so- wohl die Integrationswilligen als auch die integrierenden Kommunen zusammenkommen, kann bei der Integra- tion nur helfen. Der von Ihnen hier zusammengerührte Eintopf ist we- der für die Migranten noch für unsere Bürgerinnen und Bürger bekömmlich. Deshalb lehnen CDU und CSU den Antrag ab. Die CDU/CSU steht voll und ganz hinter der Einwanderungs- und Asylpolitik von Herrn Bundes- innenminister Dr. Schäuble, auch wenn diese von eini- gen Kolleginnen und Kollegen der SPD nicht voll unter- stützt wird. Rüdiger Veit (SPD): Vor fünf Monaten haben wir hier schon einmal über diesen Antrag debattiert, und schon damals habe ich gesagt, dass der Antrag aus Sicht der SPD-Fraktion ganz überwiegend richtigen Inhalts ist. Inzwischen hat auch das Europäische Parlament der Blue-Card-Richtlinie Ende November zugestimmt. In diesem Punkt hat die – positive – Realität den Antrag überholt. Die SPD-Bundestagsfraktion und die sozialde- mokratischen Abgeordneten im Europäischen Parlament haben die Blue-Card-Initiative immer ausdrücklich be- grüßt. Ohne Zweifel wird die Regelung – vernünftig aus- gestaltet und angewandt – dazu beitragen, dass Europa vor allem im Wettbewerb mit anderen Einwanderungs- ländern – ein solches ist Deutschland – an Attraktivität gewinnt. Das ist dringend notwendig; denn wir brauchen Einwanderung Hochqualifizierter als Bereicherung für unsere Gesellschaft. Aber wir brauchen eben nicht nur die hochqualifizierten Einwanderer, um zum Beispiel den Folgen des demografi- schen Alterungsprozesses und dem Problem des Fachkräf- temangels nachhaltig begegnen zu können. Langfristig wollen wir die Vorrangprüfung als Grundsatz der deutschen Migrationspolitik nach und nach aufheben und schließ- lich ein Punktesystem mit Kontingenten für die Anzahl der Arbeitsmigranten einführen. Das ist, wie Sie alle wissen, keineswegs ein neuer Gedanke; die Einführung eines Punktesystems war unter der rot-grünen Bundes- regierung Gegenstand der Verhandlungen zum neuen Zuwanderungsrecht. Damals scheiterte dieses Vorhaben am Widerstand der CDU/CSU im Bundesrat. Möglichkeiten zur legalen Migration können zudem dazu beitragen, illegale Einwanderung nach Europa ein- zudämmen. Wir sind einer Meinung mit den Antragstellern, die ei- nen menschenrechtlich einwandfreien Umgang mit soge- nannten Bootsflüchtlingen fordern. Menschenrechte sind universell gültig, ohne Frage. Das ist selbstverständlich. Die Thematik der Bootsflüchtlinge und die Gefahr der Umgehung des Refoulement-Verbotes sind uns daher sehr präsent, insbesondere die Problematik der sogenannten gemischten Migrationsströme, also Migrantengruppen, deren Mitglieder zum einen aus Migranten bestehen, die zum Zweck der illegalen Arbeit nach Europa wollen, auf der anderen Seite aber auch aus Migranten, die nach in- ternationalen Konventionen schutzbedürftig sind. Letz- teren muss nach unserer Überzeugung Zugang zu einem Staatsgebiet gewährt werden, auf dem solche Verfahren überhaupt möglich sind. Dies ist in keinem afrikanischen Staat der Fall. Die Thematik der gemischten Flüchtlings- ströme haben wir anlässlich einer Dienstreise von Mit- gliedern der AG Inneres nach Warschau gerade letzte Woche mit dem Strategic Development Officer bei FRONTEX erörtert. Es ist klar geworden, dass es für den Umgang mit Bootsflüchtlingen keine einheitliche Hand- habe gibt, aber eine solche dringend notwendig ist. Wir unterstützen daher die Empfehlung des Deutschen Institutes für Menschenrechte, den Schengener Grenzkodex menschenrechtskonform auszugestalten und verbindliche Regelungen für den Umgang mit Bootsflüchtlingen sowie eine Entlastung der EU-Randstaaten auf EU-Ebene zu beschließen. Solange ein solidarisches System in der EU fehlt, das die durch Asylanträge und Grenzschutz über- proportional belasteten Randstaaten wie Griechenland, Malta, Spanien oder Italien entlastet, und der Schengener Grenzkodex grundlegende Menschenrechtsstandards nicht klar und verbindlich festschreibt, solange wird sich an der gegenwärtigen unbefriedigenden Situation nichts ändern. Die SPD-Fraktion wird sich in der EU für eine solche Änderung einsetzen. Nur so kann Deutschland seiner Verantwortung für den Grundrechtsschutz an der ge- meinsamen EU-Außengrenze gerecht werden. 23342 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 (A) (C) (B) (D) Die weiteren im Antrag enthaltenen Ideen zur Sicher- stellung des menschenrechtskonformen Umgangs mit Bootsflüchtlingen wie zum Beispiel eine intensive Schu- lung für Mitarbeiter von europäischen- und Grenzschutz- behörden bezüglich internationalen Menschenrechts- und Flüchtlingsschutzes und die Sicherstellung einer parlamen- tarischen Kontrolle der Grenzschutzagentur FRONTEX sind gut. Gerne werden wir diese Vorschläge aufgreifen und ebenfalls auf EU-Ebene unterstützen. Wie sie alle wissen, hat der Rat der Europäischen Union mit Beschluss vom 27. November letzten Jahres die Aufnahme von insgesamt 10 000 irakischen Flücht- lingen aus Syrien und Jordanien beschlossen. Bund und Länder haben sich geeinigt, 2 500 Flüchtlingen die Auf- nahme – Resettlement – in Deutschland zu gewähren. Die ersten Flüchtlinge sind bereits in Deutschland ange- kommen. Auch wenn diese Aktion einmalig sein sollte und nicht unter dem Stichpunkt eines allgemeinen Re- settlement-Programms für die EU diskutiert worden ist, so freue ich mich darüber und werte die Aufnahme der irakischen Flüchtlinge quasi als Fortschritt hin zu einem EU-weiten Resettlement-Programm. Dem können Sie unschwer entnehmen, dass wir auch für die Etablierung eines solchen europaweiten Systems sind. Wiederholt hat zudem Bundesinnenminister Schäuble das Thema bei JI-Treffen auf die Tagesordnung gesetzt, und wir werden ihn in diesem Punkt weiter unterstützen. Im Asylbereich streiten wir auf EU-Ebene – wie die Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen – für eine gleichmäßigere und solidarischere Lastenvertei- lung bei der Aufnahme von Flüchtlingen und den anfallen- den Kosten nicht nur im Zusammenhang mit den Boots- flüchtlingen. Wir stehen hier unter zwei Gesichtspunkten in der Verantwortung: Erstens müssen wir häufiger als bisher von der Möglichkeit des Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen, wenn in dem nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Staat die Durchführung eines rechtsstaatlichen Asylverfahrens nicht gewährleistet ist. Sie wissen, dass das zum Beispiel in Griechenland leider nicht der Fall ist. Das führt mich zum zweiten Gesichtspunkt: So richtig es ist, dass die Zustände in Griechenland dramatisch sind, so falsch wäre es, hier allein mit dem erhobenen Zeigefinger zu reagieren. Wichtiger ist es, ein europäi- sches Lastenteilungssystem zu etablieren, damit wir inner- halb einer solidarischen Gemeinschaft von EU-Mitglied- staaten die Staaten an den Südgrenzen der EU mit ihren Herausforderungen nicht alleine lassen. Wir werden uns deshalb nicht nur bei der anstehenden Überarbeitung der Dublin-II-Verordnung dafür einsetzen, dass Personen nur dann in das Erstasylland zurückgeschoben werden können, wenn dort die Durchführung eines vollständigen Asylverfahrens garantiert ist. Wir werden uns auch für die geforderte Lastenteilung einsetzen. Zum Thema Rückführungsrichtlinie habe ich schon in meinem ersten Redebeitrag zu diesem Antrag festgestellt, dass sie inhaltlich sowohl für unsere Kolleginnen und Kollegen in Brüssel als auch für uns ein schwerer Kom- promiss war und ist. Immerhin legt sie aber allgemein- verbindliche Mindeststandards fest. Das ist insbesondere für die Staaten von Bedeutung, die in zentralen Fragen wie der Haftdauer oder der Befristung von Wiedereinreise- sperren zurzeit noch über keinerlei Standards verfügen. Mit Bauchschmerzen haben unsere europäischen Kolle- ginnen und Kollegen daher die Regelung befürwortet. Diesen umkämpften Kompromiss jetzt noch einmal auf- zuschnüren ist illusorisch. Die Aufgabe, die jetzt vor uns als Parlamentarier eines mitgliedstaatlichen Parlamentes vor allem liegt, ist eine andere als die im Antrag vorgeschlagene. Ich möchte in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf verweisen, dass es eine politische Verabredung im Rat gab, wonach sich die Mitgliedstaaten verpflichtet haben, bestehende innerstaatliche Standards nicht abzusenken, sofern sie höher als die von der Richtlinie vorgegebenen sind. Deshalb müssen wir nunmehr unsere innerstaatlichen Standards prüfen und sie anheben, wo die Richtlinie dies erfordert, ohne sie abzusenken, wo sie es erlaubt. Mittel- fristig werden wir jedoch auf eine Anhebung der einzel- nen Standards auch auf europäischer Ebene hinarbeiten. Auch müssen für Abschiebegefängnisse europäische Mindeststandards gelten, damit die Menschen und ins- besondere besonders schutzbedürftige Personengruppen wie Frauen, unbegleitete Minderjährige und Behinderte nicht unwürdig untergebracht werden. Gleichwohl hätten wir uns im Zusammenhang mit der Rückführungsrichtlinie aber vor allem gewünscht, dass eine Inhaftierung Minderjähriger grundsätzlich aus- geschlossen ist oder zumindest Altersuntergrenzen fest- gelegt werden. Außerdem ist die in der Richtlinie einge- räumte Möglichkeit einer Haftdauer von bis zu achtzehn Monaten zu lang, erst recht natürlich für ein Kind. Unbegleitete Kinder und Jugendliche sind von den Restriktionen in der Abschiebungshaft ganz besonders betroffen; darüber besteht zwischen uns sicher Einigkeit. Die Erfahrung der Haft in einem Land, von dem sich die Kinder und Jugendlichen Sicherheit und Schutz vor der Verfolgung im Herkunftsland erhofft haben, hat immense Auswirkungen auf die aktuelle psychische Situation der Betroffenen und auf ihre weitere Entwicklung. In inter- nationalen Übereinkommen wie der UN-Kinderrechts- konvention werden deshalb hohe Hürden gegen die Inhaftierung Minderjähriger errichtet. Der Hohe Flücht- lingskommissar der Vereinten Nationen – UNHCR – in- terpretiert die UN-Kinderrechtskonvention so, dass Abschiebungshaft bei Kindern unter 16 Jahren grund- sätzlich nicht und bei Jugendlichen unter 18 Jahren nur als letztes Mittel verhängt werden darf. In einigen Bundesländern existieren Erlasse, die die Verhängung von Abschiebungshaft bei Kindern unter 16 Jahren generell untersagen, so in Baden-Württem- berg, Bayern, Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Thüringen. Unser Ziel sollte es sein, dies unbedingt für alle Bundesländer zu erreichen. Ich möchte jetzt noch ein Stichwort nennen, das nicht in dem vorliegenden Antrag vorkommt, aber zum Gesamt- kontext sehr wohl gehört. Auch habe ich es schon in meinem Redebeitrag zu diesem Antrag in erster Bera- tung und bei vielen anderen Gelegenheiten genannt: Beschulung von Kindern ohne einen legalen Aufenthalts- status. Wiederholt möchte ich darauf hinweisen, dass wir in dieser Angelegenheit meiner Ansicht nach eine Eini- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 23343 (A) (C) (B) (D) gung dahin gehend gefunden haben, das sich illegal bei uns aufhältigen Kindern der Schulbesuch ohne Angst vor Entdeckung – sonst ist es eben in der Praxis nicht die Gewährung des Schulbesuchs – gewährleistet werden muss. Für diejenigen unter Ihnen, die immer noch nicht ganz überzeugt sind, habe ich etwas Neues, nämlich Plausibilitätsüberlegungen und Alternativberechnungen zur Zahl der Kinder ohne Aufenthaltsstatus, vorgestellt und erarbeitet von Frau Dr. Dita Vogel, Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut, anlässlich der V. Jahrestagung Illegalität Anfang März dieses Jahres. Gemäß den Über- legungen von Frau Dr. Vogel erscheint eine Zahl von mindestens 8 000 und maximal 30 000 Kindern ohne Aufenthaltsstatus – 0 bis unter 16 Jahre – für die heutige Situation in der Bundesrepublik Deutschland plausibel. Bezieht man diese Zahlen auf die Gesamtzahl von mehr als 9 Millionen Schülerinnen und Schülern in allgemein- bildenden Schulen in Deutschland, kommt man auf An- teile von 0,09 bis 0,7 Prozent. 0,09 oder 0,7 Prozent Kin- der ohne einen Aufenthaltstitel an deutschen Schulen, das kann unser System frag- und problemlos gut verkraf- ten. Davor sollten nun wirklich auch die Zweifler unter Ihnen keine Angst haben. Ich fordere Sie noch einmal auf, hier auf eine Reform der Mitteilungspflichten hinzu- wirken und vor allem auch mit den Ländervertretern in Kontakt zu treten. Wenn ich vor fünf Monaten an gleicher Stelle zum selben Antrag gesagt habe, dass es bezüglich der Voraus- setzung des deutschen Spracherwerbs im Ausland für nachziehende Ehegatten für Ausländer, aber auch bezüg- lich des Erwerbs der deutschen Sprache im Ausland als Voraussetzung für den Ehegattennachzug von Dritt- staatsangehörigen zu Unionsbürgern mit der Fraktion der CDU/CSU einen unüberbrückbaren Dissens gibt, so kann ich das heute nur wiederholen und anfügen, das die uns in der Koalition in diesen Punkten trennende Kluft in den vergangenen letzten fünf Monaten nicht kleiner geworden ist. In einigen Bereichen des vorliegenden Antrages sind wir als Große Koalition schon auf einem guten Weg, in anderen – das ist der Hauptgrund dafür, dass wir ihn heute wieder ablehnen müssen – sind wir als SPD-Frak- tion aufgrund der derzeitigen Koalitionsbindung zu einer Zustimmung nicht in der Lage, auch wenn wir viele Punkte für richtig halten. Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): In manchem ha- ben die Grünen mit Ihrem Antrag recht: Wir brauchen ein europäisch abgestimmtes Flüchtlings- und Asylkon- zept. Wir brauchen eine europäische Lastenteilung im Bereich der Flüchtlingsströme. Wir können Malta oder die Kanaren nicht mit Tausenden von Migranten allein- lassen. Es darf aber auch keine Anreizsysteme geben, die eine weitere unkontrollierte Zuwanderung ermöglichen. Wir dürfen nicht außer Acht lassen, dass kriminelle Schleuser mit falschen Versprechungen und aus Geldgier Menschen nach Europa locken und billigend sogar den Tod der Verschleppten auf See in Kauf nehmen. Wir müssen die wirklichen Ursachen dieser Flüchtlings- ströme bekämpfen. Durch den Antrag wird auch der Eindruck erweckt, dass nicht nur bei den Linken, sondern auch bei bestimm- ten Vertretern der Grünen nach wie vor eine naive Freude an unkontrollierter und unsteuerbarer Zuwanderung be- steht. Wir brauchen eine Steuerung der Zuwanderung, keine Ausweitung der Anreize und Vereinfachungen der Möglichkeiten der unkontrollierten Zuwanderung. Nur dann können wir diffuse Ängste bei den Bürgern unseres Landes abbauen. Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände sind sich einig, dass der stärkere Zuzug von Fachkräften nach Deutschland ein Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslo- sigkeit bei uns ist; denn der Einsatz jeder weiteren Fach- kraft zieht weitere Arbeitsplätze nach sich. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist eine Zukunftssiche- rung durch Forschung und Entwicklung neuer Produkte durch Fachkräfte erforderlich. Die FDP fordert deshalb ein Punktesystem, das die Zuwanderung nach klaren Kriterien steuert und auch un- sere Interessen und Erwartungen an die Zuwanderer klar definiert. Es kommt vor allem auf die professionelle Qualifikation und die gesellschaftliche Integrationsfä- higkeit der Migranten an. Wir Liberalen freuen uns natürlich, wenn die Grünen ähnliche Forderungen erheben. Wir halten auch eine EU- weite Diskussion über die Zuwanderung von Hochqualifi- zierten und Fachkräften für begrüßenswert. Die konkreten Maßnahmen dafür müssen allerdings in den Mitglied- staaten und nicht in Brüssel erarbeitet werden, da die spe- zifischen Bedingungen der Arbeitsmärkte und vor allem auch der sozialen Sicherungssysteme zu stark divergie- ren. Hier ist die Bundesregierung für die Steuerung des Zuzugs nach Deutschland dringend gefordert. Sie hat bis- her versäumt, ein schlüssiges Gesamtkonzept vorzulegen. Wir sind auf die gesteuerte Zuwanderung von Hoch- qualifizierten und Fachkräften angewiesen. Deutschland droht, den Wettbewerb um die klügsten Köpfe zu verlie- ren. Es wird Zeit, endlich alten ideologischen Ballast über Bord zu werfen und sich modernen Konzepten zu- zuwenden. Die FDP kann und will die Bundesregierung aus dieser Verantwortung nicht entlassen. Deutschland ist Nettozahler in der EU. Die Grünen verlangen mit ihrer Forderung im Ergebnis, dass der deutsche Steuerzahler nicht nur für die Integrationskos- ten der Zuwanderer nach Deutschland, sondern auch für die der Zuwanderer in andere europäische Staaten auf- kommt. Die Grünen fordern in ihrem Antrag auch den Ausbau der europäischen Antidiskriminierungsregeln. Schon die existierenden sind eine unsägliche Gängelung der Bür- gerinnen und Bürger. Sie versprechen Gleichberechti- gung, die rechtlich bereits besteht, und schaffen Büro- kratie und Bevormundung. Wer den Ruf Europas als bürokratisches Monster bei den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes weiter rui- nieren will, soll nur munter weiter solche Forderungen 23344 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 (A) (C) (B) (D) stellen. Der positive Duktus im Grünen-Antrag zur zir- kulären Migration wundert mich. Zirkuläre Migration, wie sie von Innenminister Schäuble propagiert wird, ist eine Fortsetzung der Gastarbeiterpolitik, die Integration verhindert hat. Es ist natürlich nicht falsch, EU-weit bestimmte As- pekte der Einwanderungspolitik abzustimmen. So war die Verabschiedung der Rückführungsrichtlinie eine Vorgabe, die in die richtige Richtung ging; denn sie hat Mindeststandards in der EU geschaffen. So ist die Dauer der Abschiebehaft nunmehr endlich auch in allen EU- Staaten begrenzt. Dies ist eindeutig zu begrüßen, und es hat mich schon gewundert, warum die Grünen im Euro- paparlament sich hier verweigerten. Das aber thematisiert der vorliegende Antrag aus nachvollziehbaren Gründen leider nicht. Stattdessen re- det er einer „signifikanten Liberalisierung der Aufent- haltsregeln“ das Wort und fordert EU-Mittel zur Einglie- derung von Migrantinnen und Migranten. Integration kann aber nicht von Brüssel aus gesteuert werden, son- dern erfolgt vor Ort, individuell. Steuern heißt, Zuwanderung gegebenenfalls auch zu verhindern, wenn unsere Interessenlage das gebietet. Un- sere Interessen aber zu bestimmen, das nimmt uns nie- mand ab, auch Europa nicht. Umgekehrt bedeutet Zuwan- derung zu steuern aber eben auch, Zuwanderung zuzulassen. Mit klaren Kriterien können wir die Willkom- menskultur schaffen, die wir brauchen, um Hochqualifi- zierte und Fachkräfte aus dem Ausland für Deutschland zu gewinnen. Eine moderne Zuwanderungssteuerung braucht kei- nen europäischen Wasserkopf, sondern eine klare Ent- scheidung der deutschen Regierung. Diese Entscheidung ist mehr als überfällig. Sevim Dağdelen (DIE LINKE): Männer und Frauen suchen sich nicht aus, wo sie geboren werden. Doch sie sollten das Recht haben, zu wählen, wo sie leben wollen. Und das gilt gerade für Menschen, deren Existenz durch Hunger, Durst, Krankheiten und Krieg bedroht ist. Statt aber die Ursachen für Flucht und erzwungene Migration zu bekämpfen, werden leider die Menschen bekämpft. Statt ihre Verantwortung für die auf dem Tri- kont bestehenden Situationen zu übernehmen, wälzt auch die EU im großen Maßstab die ökonomischen, so- zialen und ökologischen Kosten ihres Entwicklungsmo- dells auf diese Länder ab. Vom Schengen-Abkommen bis zum Dublin-Abkommen, von der EU-Agentur für die Koordinierung der Kontrollen an den Außengrenzen, FRONTEX, bis zu den beiden umfassenden Datenban- ken Schengener Informationssystem, SIS, und VISA-In- formations-System, VIS, vom geschlossenen Aufnahme- lager, den Abschiebungen und den Abwehrmethoden an den Grenzen bis zur Unterdrückung in den Metropolen: Europa beweist, dass es Flucht und Migration als ein Problem begreift, dem mit Grenzüberwachung und Re- pression begegnet werden muss. Die bisherigen Höhe- punkte menschenverachtender EU-Migrationspolitik sind die sogenannte Rückführungsrichtlinie – eine inhumane Abschiebungsrichtlinie und Direktive der Schande – und der „Pakt für Einwanderung und Asyl“. Gerade Letzterer verdeutlicht den neokolonialistischen Stil seitens der EU gerade gegenüber afrikanischen Staa- ten. Im Zentrum des Paktes steht die Kombination einer verstärkten Aufrüstung an den Außengrenzen, die Ein- bindung von Transitstaaten in die Flüchtlingsabwehr, die Neuauflage des „Gastarbeitermodells“ im Gewande der „zirkulären Migration“ und der Abschluss sogenannter Mobilitätspartnerschaften. Die Erfüllung der von der EU vorgegebenen Bedingungen, zum Beispiel der Abschluss von Rückübernahmeabkommen und die Verhinderung der Flucht nach Europa durch schärfere Grenzkontrol- len, wird mit der vagen Aussicht auf einen besseren Zu- gang seiner Bürgerinnen und Bürger zur EU gekauft. Auf diese Weise kann in Abhängigkeit vom jeweiligen Bedarf auf dem europäischen bzw. deutschen Arbeits- markt auf Arbeitskräfte aus Drittstaaten zurückgegriffen werden. Gleichzeitig weiß man sich aber auf der siche- ren Seite, diese dann auch wieder „loszuwerden“, wenn sie nicht mehr gebraucht werden. Darüber hinaus wird die Aufgabe der Flüchtlingsabwehr aus der EU verla- gert, und mittels der in Gegenleistung dann auch noch „selbstlos“ zur Verfügung gestellten Mittel zur Entwick- lungszusammenarbeit werden die Märkte für deutsche bzw. EU-Produkte geöffnet. So sieht der, wie es Herr Grindel von der CDU/CSU-Fraktion in der ersten Le- sung so nett formulierte, „entwicklungshilfepolitische Ansatz“ aus, der mit dem Instrument „zirkuläre Migra- tion“ verfolgt wird. Es geht um geo- und militärstrategi- sche, energie- bzw. rohstoffpolitische oder ökonomische Eigeninteressen, um Flüchtlingsabwehr und Auslese von Fachkräften und Hochqualifizierten für den „globalen Standortwettbewerb“. Genau diesen Zusammenhang lässt der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen weitgehend unberücksichtigt, wenn sie „zirkuläre Migration“ und sogenannte Punkte- migration im Grundsatz mitträgt. Bei den Vorschlägen zur Arbeitsmigration bleibt unklar, wie die Forderung, es solle legale und dauerhafte Einwanderungsmöglichkei- ten auch für nicht hochqualifizierte Migrantinnen und Migranten geben, konkret umgesetzt werden soll. Der Vorschlag eines „Punktesystems“ ist im Gegenteil ganz klar einseitig an den Interessen der Nationalstaaten aus- gerichtet. Er führt zur Selektion nach Nützlichkeitskrite- rien. So wie die Linke es ablehnt, Kopfnoten zu vertei- len, lehnen wir es ab, Menschen nach Punkten zu bewerten. Zwar sollen Fluchtursachen bekämpft werden, doch es gibt keine Kritik an der Militär-, Außen- und Freihan- delspolitik der EU. Unklar bleibt auch, wie die Bekämp- fung eigentlich konkret geschehen soll. Auch die Aufgabe und Arbeit von FRONTEX, die eine möglichst lückenlose Abschottung vor unerwünsch- ter Migration organisieren soll, wird weder klar benannt noch grundsätzlich infrage gestellt. Die Forderung nach mehr parlamentarischer Kontrolle von FRONTEX und neuen Dokumentationspflichten greift viel zu kurz. Die Linke fordert die Abschaffung von FRONTEX und nicht Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 23345 (A) (C) (B) (D) die parlamentarische Kontrolle, wie es Bündnis 90/Die Grünen tun. Hinsichtlich der Dublin-II-Verordnung werden ledig- lich Forderungen gestellt, wie sie jetzt auch von der EU- Kommission vorgeschlagen wurden. Dies geht zwar in eine richtige Richtung, aber die Linke fordert, dass sich Asylsuchende ihr Zufluchtsland in der EU selbst aussu- chen können müssen. Die Forderung nach einer Korrektur der Rückfüh- rungsrichtlinie – insbesondere im Hinblick auf die Inge- wahrsamnahme von Minderjährigen ist aus unserer Sicht viel zu zurückhaltend formuliert und spart wesentliche Kritikpunkte an der menschenrechtswidrigen Abschie- bungsrichtlinie aus. Das betrifft unter anderem die Mög- lichkeit einer Inhaftierung zur Sicherung einer Abschie- bung bis zu 18 Monaten. Schließlich bleiben in dem Antrag auch mehrere As- pekte ausgespart, etwa Legalisierungsmöglichkeiten für Illegalisierte. Die Linke steht für eine grundlegend neu ausgerich- tete europäische Migrations-, Flüchtlings- und Integra- tionspolitik, eine, die sich nicht nach den Verwertungsin- teressen des Kapitals richtet. Wir wollen eine Migra- tions- und Integrationspolitik, deren Maßstab der Mensch ist, eine Migrations- und Integrationspolitik, die sich für die Verknüpfung von Menschen- und Arbeitnehmerrech- ten starkmacht. Die Linke will, dass „Entwicklungszusammenarbeit“ nicht in ausbeuterischer Absicht instrumentalisiert wird bzw. vom „Wohlverhalten“ der Länder bei Öffnung ihrer Ökonomien, bei Rückübernahmen und Grenzüberwa- chung abhängt. Wir fordern, dass der Schutz von Flüchtlingen in den Mittelpunkt gestellt wird. Das bedeutet für uns Linke die Achtung des Refoulement-Verbots, die Aufnahme be- sonders schutzbedürftiger Flüchtlinge (Resettlement), den Verzicht auf Regelungen „sicherer Drittstaaten“, dass Flüchtlingen die Wahl ihres Zufluchtslandes überlassen wird sowie Illegalisierten Legalisierungsmöglichkeiten eingeräumt und deren Kämpfe gegen ausbeuterische Ar- beitsbedingungen unterstützt werden. Das sind für uns Schritte hin zu einer menschen- freundlich fundierten europäischen Migrationspolitik. Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen beinhaltet we- der solche Schritte noch eine grundsätzliche Kritik an dem bestehenden Migrationsregime. Stattdessen wird auf eine etwas moderatere Verwertungspolitik abgeho- ben. Deshalb lehnen wir den Antrag ab. Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Heute ist für 120 Menschen ein ganz besonderer Tag. Heute vor einer Woche sind die ersten der 2 500 iraki- schen Flüchtlinge auf dem Flughafen Hannover gelan- det, um in Deutschland ein neues Leben zu beginnen; ein Neuanfang mit der Hoffnung, endlich wieder in Sicher- heit zu leben, frei von Gewalt und Verfolgung. Dass die EU-Staaten rund 10 000 schutzbedürftige Flüchtlinge aus dem Irak im Rahmen des Resettlement- Programms aufnehmen werden, ist ein wichtiger und längst überfälliger Schritt in die richtige Richtung. Doch der Weg dahin war steinig: Lange wurde im Rat der eu- ropäischen Innen- und Justizminister über die Aufnahme der Iraker nur geredet. Innenminister Schäuble hielt an der Vorstellung fest, dass Deutschland nur christliche Iraker aufnehmen solle. Die Christen im Irak sind als re- ligiöse Minderheit einer besonderen Bedrohung ausge- setzt. Für uns Grüne ist aber klar, dass neben den Chris- ten auch andere schutzbedürftige Menschen nach Deutschland kommen können müssen. Bei den irakischen Flüchtlingen hat die EU lange ge- braucht, um endlich ihre gemeinsame Verantwortung ge- genüber Flüchtlingen und Migrantinnen und Migranten wahrzunehmen. Die europäischen Innen- und Justizmi- nister drücken sich aber weiter vor wichtigen Entschei- dungen im Sinne von Humanität und Menschenrechten, zum Beispiel wenn es darum geht, endlich verbindliche Leitlinien für die Einsätze der europäischen Grenz- schutzagentur FRONTEX zu verabschieden. Die humanitäre Lage an den Außengrenzen der EU ist unerträglich. Im vergangenen Jahr sind 1 502 Menschen bei dem verzweifelten Versuch ertrunken, die Küsten der Europäischen Union zu erreichen. Es kann nicht länger der Fall sein, dass im Umgang mit sogenannten Boots- flüchtlingen rechtliche Grauzonen bestehen und die Mit- gliedstaaten versuchen, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Wir Grünen wollen, dass das Refoulement-Ver- bot aus Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonven- tion und der Genfer Konvention auch auf hoher See Gel- tung hat und aufgegriffene Schiffbrüchige auf das Territorium des flaggeführenden oder des nächstgelege- nen Mitgliedstaats gebracht werden. Dort muss dann entschieden werden, wer schutzbedürftig ist und wer rückgeführt werden soll. Auch eine einheitliche Auslegung des internationalen Seerechts durch die EU-Mitgliedstaaten muss gewähr- leistet sein, so bei der Definition von Seenot. Die Ver- handlungen über die Leitlinien sind im vergangenen Sommer an der Blockadehaltung einiger Mitgliedstaaten gescheitert. Das darf diesmal nicht passieren. Weitere entscheidende Punkte sind Transparenz und parlamentarische Kontrolle. Die gemeinsamen verbind- lichen Leitlinien werden nun im vollkommen intranspa- renten Komitologie-Verfahren verhandelt. Leider konn- ten wir Parlamentarier schon während der ersten Verhandlungsrunde die Positionen der Mitgliedstaaten nicht nachzuvollziehen. Doch bei der Dringlichkeit des Themas muss die Bundesregierung den Bundestag end- lich informieren. Genauso gilt immer noch unsere For- derung nach einer parlamentarischen Kontrolle von FRONTEX durch die nationalen Parlamente und das Eu- ropäische Parlament. Das Budget von FRONTEX setzt seinen Höhenflug fort, während die verbindlichen Leitli- nien noch immer nicht verabschiedet sind. Dies macht erneut deutlich, dass diese Agentur nicht frei von parla- mentarischer Aufsicht agieren kann. Dafür müssen auch die europäischen Innenministerinnen und Innenminister als Verantwortliche sorgen. 23346 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 (A) (C) (B) (D) Ich habe von der Ankunft der irakischen Flüchtlinge gesprochen, was eine erfreuliche Nachricht ist. Gleich- zeitig erreichen uns tagtäglich weniger erfreuliche Nach- richten. Nicht nur sterben leider immer noch Menschen während ihrer Flucht in schiffbrüchigen Booten nach Europa. Wer profitiert, sind kriminelle Schlepper. Auch erreichten uns Nachrichten über Aufstände in Flücht- lingslagern in Italien und Malta. Diese Lager sind voll- kommen überbelegt und die Lebensbedingungen dort menschenunwürdig. Darauf hat neulich erst die Hilfsor- ganisation „Ärzte ohne Grenzen“ aufmerksam gemacht. Wir Grüne fordern, dass Verfahren, Praktiken und Stan- dards für die Anerkennung von Flüchtlingen und Asyl sowie bei der Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen in allen EU-Staaten gelten müssen. Die Er- richtung eines europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, welches die Europäische Kommission vor- schlägt, kann die Chance bieten, dass sich die Standards zum Schutz von Flüchtlingen endlich auf hohem Niveau angleichen. Malta hat sich um den Sitz dieses Büro be- worben. Doch der Sitz des europäischen Asylbüros ver- pflichtet, mit gutem Beispiel voranzugehen, bestehende Vorgaben umzusetzen und die Hausaufgaben in Sachen Asyl und Flüchtlingsschutz zu erledigen. Innenminister Schäuble kann die Hilferufe der Innen- minister von Malta, Italien, Griechenland und Zypern nach mehr Unterstützung im Bereich der irregulären Mi- gration nicht länger ignorieren. Wir Grüne fordern end- lich eine solidarische innereuropäische Verteilung von asylsuchenden Personen und eine verbesserte und faire Aufteilung der finanziellen Kosten zwischen den Mit- gliedstaaten. Mit enormer Skepsis betrachten wir Grüne die zunehmenden Abkommen mit Drittstaaten, seien es Rückübernahmeabkommen oder sei es die sogenannte Zusammenarbeit mit Drittstaaten bei FRONTEX-Einsät- zen. Sie dürfen für die EU kein Instrument sein, die Ver- antwortung abzuwälzen, und müssen strengen humanitä- ren und menschenrechtlichen Standards genügen. Der Innenminister spricht viel über illegale Migration. Legale Migration wird aus der Debatte meistens ausge- klammert. Wir werden die Situation an den Außengren- zen aber nur lösen können, wenn wir mehr Möglichkei- ten der legalen Migration zulassen. Die EU muss neue legale Wege der Einwanderung, insbesondere der dauer- haften Einwanderung, ermöglichen, sowohl für hochqua- lifizierte Einwanderer als auch für nicht hochqualifi- zierte. Die europäische Blue-Card, wie sie ursprünglich von der Europäischen Kommission vorgestellt wurde, wäre ein erster guter Schritt gewesen, um Europa für die Zuwanderung von Hochqualifizierten attraktiv zu ma- chen. Das, was von der Blue-Card nach zähen Verhand- lungen im Rat und unter dem Druck von Innenminister Schäuble noch übrig blieb, ist für die EU und den von der CDU/CSU nominierten Kommissionspräsidenten Barroso kein großer Wurf mehr. Einerseits loben Sie Barroso, an- dererseits haben Sie mit der Blue-Card eines seiner er- klärten Vorzeigeprojekte kastriert. Der Innenminister hat noch eine Chance, Offenheit und Europaaffinität zu beweisen. Die Kommission will noch vor den Wahlen zum Europäischen Parlament den Richtlinienentwurf über die Einreise- und Aufenthalts- bestimmungen von Saisonarbeitern vorschlagen. Eine solche europäische Regelung ist wichtig. Sie bietet Sai- sonarbeitern eine legale Möglichkeit der Einreise und des befristeten Aufenthaltes, sodass sich hoffentlich we- niger Menschen gezwungen fühlen, mithilfe von krimi- nellen Schlepperbanden in die EU zu gelangen. Zudem werden Saisonarbeiter in vielen europäischen Staaten dringend benötigt. Ich bin gespannt, ob Herr Schäuble und seine Kollegen für solch einen Vorschlag reif sind. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Dritten Geset- zes zur Änderung des Zivildienstgesetzes und anderer Gesetze (Drittes Zivildienstgesetzände- rungsgesetz) (Tagesordnungspunkt 19) Markus Grübel (CDU/CSU): Jahr für Jahr leisten 90 000 junge Männer in Deutschland Zivildienst. Sie ar- beiten in Pflegeheimen, Behinderteneinrichtungen, Ju- gendhäusern, Kliniken und betreuen pflegebedürftige Menschen. In diesen sozialen Diensten steckt ein großes Potenzial für die Gesellschaft. Junge Männer arbeiten in Bereichen, mit denen sie teilweise im späteren Leben nicht mehr eng in Berührung kommen. Sie erlangen so- ziale Kompetenzen, die für andere Berufe von großer Bedeutung sind. Es ist gut und richtig, dass junge Men- schen, auch wenn sie technische Berufe erlernen oder später studieren, mit sozialen Arbeiten intensiv in Be- rührung kommen. Wir haben uns nun über ein Jahr mit der Weiterent- wicklung des Zivildienstes befasst. Als Berichterstatter meiner Fraktion – ich denke bei den anderen Bericht- erstattern war es genauso – habe ich eine Vielzahl von Gesprächen mit den Verbänden geführt. Manchmal war die gleiche Organisation sogar zwei- oder dreimal in meinem Büro. Wir haben uns intensiv mit den Proble- men auseinandergesetzt und auch die Interessen der Pra- xis berücksichtigt und diskutiert, sodass ich heute sagen kann: Es gab einen lebhaften Diskurs und Meinungsaus- tausch zwischen der Politik und den Interessen- und Fachorganisationen im Bereich des Zivildienstes. Ich denke, das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen. Leider konnte bei der „freiwilligen Verlängerung“ keine Einigung mit dem Koalitionspartner erreicht werden. Die Zivildienstleistenden stellen für die Gesellschaft ein großes Potenzial dar. Wir möchten die jungen Men- schen, die diesen Dienst leisten, in ihrer Persönlichkeits- entwicklung und beim Qualifikationserwerb unterstützen bzw. die fachlichen und persönlichen Kompetenzen der Zivildienstleistenden weiter ausbauen und stärken. Ebenso möchten wir mit dem Gesetz erreichen, dass die Zivildienstleistenden, das in den Einsatzstellen erwor- bene Wissen auch theoretisch vertiefen können. Dies soll insbesondere durch ein zusätzliches einwöchiges Semi- nar zur Förderung der persönlichen und sozialen Kompe- tenzen erreicht werden. Außerdem sieht der Gesetzent- wurf einen einheitlichen verbindlichen Informationstag zu Dienstbeginn und, soweit erforderlich, ein viertätiges Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 23347 (A) (C) (B) (D) Seminar zu speziellen Fachthemen vor. Er bietet darüber hinaus optional die Möglichkeit eines zusätzlichen dienstlichen Erfahrungsaustauschs zur Reflexion. Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, dass je- der Zivildienstleistende ein obligatorisches qualifiziertes Dienstzeugnis erhält, welches den Inhalt des Dienstes, Tätigkeit und Leistung des Dienstleistenden sowie die während des Zivildienstes erworbenen Kompetenzen für den weiteren beruflichen Lebensweg umfasst. Schon heute kann ein qualifiziertes Dienstzeugnis auf Antrag des Dienstleistenden von den Dienststellen ausgestellt werden. Es hat sich als Grundlage für die Anerkennung des Zivildienstes als berufliche Qualifikationsvorausset- zung bewährt. Neu eingeführt wird eine Berichtspflicht des bzw. der Bundesbeauftragten für den Zivildienst gegenüber dem Deutschen Bundestag, analog zum Bericht des Wehrbe- auftragten. Der Tätigkeitsbericht soll regelmäßig über die Lage und die Entwicklungen im Zivildienst infor- mieren. Damit wird auch eine regelmäßige Evaluierung des Gesetzes gewährleistet. Zudem wird gesetzlich ab- gesichert, dass sich die Dienstleistenden zukünftig mit Anregungen und Beschwerden direkt an den Zivildienst- beauftragten wenden können, ohne dienstliche Nachteile befürchten zu müssen. Bislang wurde nicht bekannt, zu welchen Ergebnissen dies geführt hat, da es im Gegen- satz zum Bericht des Wehrbeauftragten keine Veröffent- lichungspflicht gibt. Darüber hinaus enthält der Gesetzentwurf Folgeände- rungen, Änderungen aufgrund höchstrichterlicher Recht- sprechung bzw. redaktionelle Anpassungen, insbesondere zur geschlechtergerechten Fassung, im Zivildienst-, Kriegs- dienstverweigerungs-, Zivildienstvertrauensmann-, Wehr- pflicht- und Arbeitsplatzschutzgesetz. Zudem haben wir eine Lösung gefunden, die in Fällen eines Freiwilligen Jahres nach § 14 c des Zivildienstge- setzes eine Umsatzsteuerpflicht weitgehend vermeidet. Die Regelung in § 11 Abs. 2 des Jugendfreiwilligendien- stegesetzes ist auch mit § 14 c des Zivildienstgesetzes vereinbar, sodass entsprechende Verträge auch für den Freiwilligendienst anerkannter Kriegsdienstverweigerer geschlossen werden können. Das Bundesamt für den Zivildienst hat durch einen Erlass – also eine außergesetzliche Regelung – alle Trä- ger des FSJ und des FÖJ darüber informiert, dass für den Freiwilligendienst anerkannter Kriegsdienstverweigerer Verträge nach § 11 Abs. 1 und 2 JFDG möglich sind und bezuschusst werden. Der Bundesarbeitskreis FSJ hat für die Träger diese Lösung ausdrücklich begrüßt. Deshalb haben wir auch nicht die vom Bundesrat geforderte ge- setzliche Regelung aufgegriffen, denn diese ist nicht not- wendig, um das Ziel, nämlich die Vermeidung der Um- satzsteuer, zu erreichen. Leider konnte keine gesetzliche Grundlage für die frei- willige Verlängerung des Zivildienstes geschaffen wer- den. Dies bedauere ich sehr – zumal es auch beim Koali- tionspartner durchaus Kollegen gab, die dieser Regelung offen gegenüber standen. Wir als Unionsfraktion hätten den Zivildienstleistenden gerne die Möglichkeit eröffnet, entsprechend der für Wehrdienstleistende geltenden Re- gelungen den Zivildienst freiwillig zu verlängern und während dieser Phase einen abgesicherten sozialen Status zu haben. Die Praxis behilft sich hier teilweise mit Prak- tikumsverträgen, teilweise mit geringfügiger Beschäfti- gung oder anderen Lösungen. Zudem haben die Verbände und die Betroffenen selbst die freiwillige Verlängerung überwiegend begrüßt. Dies belegen auch durchgeführte Umfragen. Ich persönlich halte diese Regelung weiter für not- wendig und sinnvoll; aber wo es ein 1., 2. und 3. Zivil- dienstgesetzänderungsgesetz gab bzw. gibt, wird es in der nächsten oder übernächsten Wahlperiode auch ein 4. Zivildienstgesetzänderungsgesetz geben, da bin ich mir ganz sicher. Vielleicht ergibt sich dann eine politi- sche Konstellation, die eine solche Regelung durchset- zen kann. Trotz allem möchte ich darauf verweisen, dass es uns gelungen ist, den Zivildienst als Lerndienst weiter aus- zugestalten. Ich denke, da sind wir uns alle weitgehend einig, außer den Fraktionen, die den Zivildienst als Pflichtdienst kategorisch ablehnen und ihn, wie den Wehrdienst, am liebsten sofort abschaffen würden. Lei- der haben sie keinen konstruktiven Beitrag geleistet. Stattdessen haben Bündnis 90/Die Grünen Forderungen der Zentralstelle KDV wortgleich in einen Antrag ge- schrieben und sich somit zum Erfüllungsgehilfen eines nur schwer erträglichen politischen Manövers der KDV machen lassen. Die FDP hat „kurz vor knapp“ noch ei- nen Entschließungsantrag eingebracht, der irreführend und falsch ist. Zentrales Anliegen des Gesetzentwurf ist die Ausgestaltung des Zivildienstes als Lerndienst und nichts anderes. Sie suggerieren etwas vollkommen ande- res und wollen über diese Schiene Argumente für die Abschaffung des Wehrdienstes liefern. Ihnen scheint entgangen zu sein, dass dies hier überhaupt nicht zur De- batte steht. Im Übrigen bin ich gespannt, ob Ihr Frak- tionsvorsitzender Westerwelle nach der nächsten Bun- destagswahl in einer möglichen Koalition mit der Union wirklich Außenminister wird und ob er auch dann die Wehrpflicht zur Disposition stellt. Die Antwort können sie sich ja selbst geben! Die Anhörung am 17. Dezember 2008 hat gezeigt, dass der Gesetzentwurf nicht perfekt ist und Änderungen notwendig sind. Wir haben diese Kritik und die Anre- gungen seitens der Praxis in die politische Debatte auf- genommen und gezeigt, dass wir lernfähig sind. Ein wesentlicher Kritikpunkt vonseiten der Praxis be- zog sich auf die unverbindliche Regelung bei der Se- minarteilnahme im Bereich sozialer Kompetenzen. Es wurde befürchtet, dass dadurch die Ausgestaltung des Zivildienstes als Lerndienst nicht ausreichend gewähr- leistet werde. Einhellig wurde mehr Verbindlichkeit ge- fordert. Die Gestaltung des Zivildienstes als Lerndienst fördert sowohl die sozialen als auch die persönlichen Kompetenzen des Zivildienstleistenden. In diesen neuen Seminaren sollen die im Dienstalltag erworbenen Kom- petenzen identifiziert, reflektiert und gesichert werden. Aber: Seminare zur Förderung sozialer Kompetenzen kosten Geld. 23348 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 (A) (C) (B) (D) Im ursprünglichen Arbeitsentwurf zum 3. ZDGÄndG vom 28. Februar 2008 waren diese Seminare als ver- pflichtend vorgesehen. Mit der Folge, dass dies ab 2011 circa 13,5 Millionen Euro Mehrkosten verursacht hätte. Weder im Zivildiensthaushalt noch im BMFSFJ-Ge- samthaushalt kann eine solche Summe eingespart wer- den. Auch der Finanzminister hat zusätzliche Finanzmit- tel verweigert. Dies hatte zur Folge, dass im jetzigen Gesetzentwurf, Drucksache 16/10995, eine schwammige Formulierung gewählt wurde. Die Formulierung „sind die Dienstpflichtigen berechtigt …“ – § 25 b Abs. 2 Satz 1, 3. ZDGÄndG – enthält keine verbindliche Vorgabe. Aus zivildienstpolitischer Sicht ist diese Regelung je- doch unbefriedigend. Zentrales Ziel der Zivildienstno- velle ist ja gerade die Ausgestaltung des Zivildienstes als Lerndienst. Wenn die wichtigen Seminare zur Weiterent- wicklung sozialer Kompetenzen unverbindlich geregelt werden, wird dieses Ziel konterkariert; darüber waren wir schnell mit dem Koalitionspartner einig. Ich bin froh, dass wir über einen Änderungsantrag mehr Ver- bindlichkeit ins Gesetz schreiben konnten und dass ab 2011 die Seminare zur Vertiefung der im Dienst erwor- benen persönlichen und sozialen Kompetenzen verbind- lich vorgesehen sind. Auch mit der Konsequenz, dass dies den Bund circa 13,5 Millionen Euro zusätzlich kos- ten wird. Uns war klar, dass eine Einigung mit den Haushältern schwierig wird; denn gerade die Haushaltskonsolidie- rung ist ein wichtiges politisches Ziel. Aber man kann natürlich auch nicht überall sparen. Die Konjunkturpa- kete I und II zeigen, dass der Staat in besonderen Aus- nahmesituationen auch den Geldhahn aufdrehen und zu- sätzliche Gelder bereitstellen muss. Ich bin daher den Haushältern sehr dankbar, dass sie den jährlichen Mehr- ausgaben ab 2011 keine Steine in den Weg gelegt haben und damit auch einen großen Beitrag zur Aus- und Fort- bildung der Zivildienstleistenden tätigen. Nur durch die Unterstützung der Haushaltspolitiker konnte unser zivil- dienstpolitisches Anliegen umgesetzt werden. Der Zivildienst ist eindeutig ein Erfolgsmodell und für jeden jungen Mann auch eine persönliche Bereicherung. Zudem trägt der Zivildienst wesentlich zur Berufsfin- dung und Berufsorientierung bei. Mit der weiteren Aus- gestaltung zum Lerndienst – dem Erwerb von Schlüssel- qualifikationen im Dienst selbst sowie der weiteren qualitativen Verbesserung von Lehrgängen – wird der Zi- vildienst noch attraktiver für die jungen Menschen. Die Zivildienstnovelle ist auch ein Baustein zur För- derung von bürgerschaftlichem Engagement. Im Gegen- satz zu den Freiwilligendiensten, wie dem Freiwilligen Sozialen Jahr oder dem Freiwilligen Ökologischen Jahr, ist der Zivildienst ein Wehrersatzdienst und damit ein Pflichtdienst. Dennoch gibt es zwischen den beiden Dienstarten eine Menge von Berührungspunkten und Gemeinsamkeiten, die im Bericht der Kommission „Im- pulse der Zivilgesellschaft“ ausführlich dargestellt wer- den. Die zentrale Forderung des Berichts wird nun mit der Novelle umgesetzt: die Ausgestaltung des Zivil- dienstes als Lerndienst. Wir sind damit auch dem Auf- trag aus dem Koalitionsvertrag vom November 2005 nachgekommen und haben eine Fachdiskussion, die schon in der letzten Legislaturperiode mit der bereits ge- nannten Arbeitsgruppe „Impulse für die Zivilgesell- schaft“ begonnen hatte und mit mehreren Fachkonferen- zen fortgeführt wurde, zu einem guten Ende geführt. Sönke Rix (SPD): „Auch ein langer Weg beginnt mit dem ersten Schritt“. Diese Weisheit von Laotse ist inzwi- schen über 2 600 Jahre alt. Er muss damals schon etwas vom Dritten Zivildienstgesetzänderungsgesetz geahnt haben. Der erste Schritt fand im Koalitionsvertrag von No- vember 2005 statt. Zwischen SPD und CDU wurde be- schlossen, dass der Zivildienst zu einem Lerndienst aus- gebaut werden soll. Die Koalition war sich einig, dass der Zivildienst schon immer ein Lerndienst war. Aller- dings konnte der Zivildienstleistende bisher nur schwer nachweisen, ob und was er während des Zivildienstes gelernt hatte. In den vergangenen drei Jahren gab es auf dem Weg zu diesem Gesetzentwurf viele Schritte. Es gab Schritte nach vorn und auch ein paar Schritte wieder zurück. Ideen wurden geboren und aufgeschrieben, Initiativen, wie die freiwillige Verlängerung des Zivildienstes, ge- startet und – zum Glück – wieder fallengelassen. Erst im November 2008 gab es dazu den Gesetzentwurf der Bundesregierung, über den wir heute in abschließender Beratung reden. Obwohl es eine lange Reise war, die die Berichterstat- ter zu diesem Gesetz miteinander im Jahr 2005 angetre- ten haben, sind wir nie aus dem Tritt gekommen. Bei manchen versagte höchstens kurzzeitig das Navigations- gerät. Aber heute stehen wir hier und präsentieren einen Gesetzentwurf mit einem ergänzenden Änderungsantrag. Zentrale Elemente im vorliegenden Gesetzentwurf sind die Neuregelungen für eine verpflichtende Lehr- gangsteilnahme der Zivildienstleistenden, das Recht auf ein qualifiziertes Dienstzeugnis und die neu geschaffene Berichtspflicht des Bundesbeauftragten für den Zivil- dienst. Was in dieser Legislaturperiode nie zur Debatte stand, war die Zukunft des Zivildienstes. Der Zivildienst ist ein Pflichtdienst, und trotzdem soll dieser Dienst sowohl dem jungen Mann als auch der Ge- sellschaft nutzen. Es geht nicht um das sture Ableisten des Dienstes. Vielmehr nehmen die Zivildienstleistenden auch etwas mit. Sie haben neue Eindrücke, sie lernen neue Menschen kennen. Sie kommen in ein völlig neues soziales Umfeld. Sie üben Tätigkeiten aus, die völlig neu für sie sind. Das geht nur durch Lernen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sah dafür Folgendes vor: einen verpflichtenden eintägigen Lehr- gang über die Rechte und Pflichten des Zivildienstleis- tenden, einen viertägigen Lehrgang zur politischen Bil- dung und einen einwöchigen fachlichen Lehrgang, dessen Verpflichtung allerdings von der Art der Tätigkeit des Zivildienstleistenden abhängig ist. Die Teilnahme an einem dreitägigen Reflexionsseminar sowie an einem einwöchigen Kurs zur Stärkung sozialer Kompetenzen sollten freiwillig sein. Das hätte dazu geführt, dass es Zi- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 23349 (A) (C) (B) (D) vildienstleistende gegeben hätte, die während ihrer Dienstzeit an keiner einzigen Lernveranstaltung teilge- nommen hätten. Aber: Kein Zivildienstleistender sollte seinen Dienst ohne mindestens einen Lernteil beenden. Auch das Bun- desamt für den Zivildienst hat in seinen ersten Eckpunk- ten diesem Gedanken Rechnung getragen. Wir haben uns darum zusammen mit dem Koalitionspartner auf den vorliegenden Änderungsantrag geeinigt. In einem ge- staffelten Verfahren soll ein einwöchiges Seminar zur Vertiefung der im Dienst erworbenen persönlichen und sozialen Kompetenzen ab 2011 verpflichtend für alle Zi- vildienstleistenden stattfinden. In diesem Seminar lernt jeder Zivildienstleistende Verhaltensweisen, die er in seinem neuen Umfeld gegenüber den Kollegen, den an- deren Zivildienstleistenden aber auch den mittelbar oder unmittelbar zu pflegenden oder zu betreuenden Men- schen anwenden kann. Wir wollen, dass alle Zivildienst- leistenden an diesen Kursen teilnehmen, denn auch wer in seinem Zivildienst nur hausmeisterähnliche Aufgaben erfüllt, wird zum Beispiel mit Bewohnern eines Heimes, Kindern in Tageseinrichtungen oder auch Kranken in ei- nem Krankenhaus in Kontakt kommen. Schon ab 2010 sollen die Zivildienstleistenden das Recht haben, an die- sen Kursen teilzunehmen. Ich wünsche mir, dass sie schon dann regen Gebrauch davon machen. Für uns in der SPD-Bundestagsfraktion ist klar: Wir begrüßen den rechtlichen Anspruch auf noch mehr Qua- lifizierung, Reflexion und Fortbildung. Mit dieser Ände- rung haben wir ein gutes Gesetz geschaffen, dass dem Ziel „Zivildienst als Lerndienst“ gerecht wird, was uns auch die Fachleute während der Anhörung im Dezember bestätigt haben. Ausdrücklich begrüßen wir, dass jetzt den Zivil- dienstleistenden ein qualifiziertes Dienstzeugnis ausge- stellt wird. Sie können es für ihre berufliche Zukunft nutzen und die erworbenen Fähigkeiten bei zukünftigen Arbeitgebern nachweisen. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Weiterent- wicklung des Zivildienstes zu einem formalen Lern- dienst – informell war er das natürlich schon immer – nicht nur den jungen Männern zugutekommt. Auch die Gesellschaft profitiert von den Qualifikationen, die die Zivildienstleistenden während ihres Dienstes erwerben. Auch vor diesem Hintergrund ist die Weiterentwicklung wichtig und richtig. Ein Wort zum Schluss noch zu der sogenannten frei- willigen Verlängerung, über die lange diskutiert wurde. Ich begrüße ausdrücklich, dass diese angedachte Rege- lung nicht im Gesetzentwurf erwähnt wird. Wir als SPD haben nach Diskussionen deutlich gemacht, dass wir dieses Instrument nicht wollen und auch nicht brauchen. Zum einen würde diese Regelung zu einer Konkurrenz zwischen Freiwilligem Sozialen Jahr und Zivildienst führen. Zum anderen wollten wir den Zivildienst durch eine freiwillige Verlängerung nicht verstetigen. Und was viele vergessen: Die Kosten der freiwilligen Verlänge- rung wären auf den Träger oder die Einsatzstelle zuge- kommen. Wenn ein Zivildienstleistender jedoch Zeit zu über- brücken hat, weil sein Studium erst in einigen Monaten beginnt, ist eine Verlängerung heute schon möglich. Die Zivildienstleistenden werden dann von ihrer Einsatz- stelle für drei oder mehr Monate angestellt. „Man kommt ja nicht ans Ziel, weil man vom Ziel ge- träumt hat. Sondern man kommt zum Ziel, weil man den Weg dahin gegangen ist.“, sagte schon Helmut Schmidt. Das haben wir getan. Ina Lenke (FDP): 2008 gab es circa 460 000 Muste- rungsverfahren und 200 000 Ausmusterungen. Als ich 1998 als neue Abgeordnete in den Deutschen Bundestag einzog, wurden noch rund 160 000 Grundwehrdienstleis- tende einberufen, im Jahre 2008 waren es noch rund nur 68 000, hierin inbegriffen sind sehr viele, die während der ersten Monate wieder nach Hause geschickt wurden und sogar die freiwillig länger dienenden Wehrdienstleisten- den, die wesentlich höhere Bezüge als den normalen Wehrsold erhalten. Im Zivildienst haben wir die gleiche Situation: 1998 gab es rund 129 00 Einberufungen, 2008 waren es noch 85 000 Einberufungen. Wenn – bei etwa gleich großen Jahrgängen – jährlich über 140 000 junge Männer weniger der Wehrpflicht nachkommen, kann schon bei oberflächlicher Betrachtung irgendwas nicht mehr stimmen. Wenn Zivildienstleistende, die nach dem Grundgesetz nur einen Ersatzdienst für die Wehrpflicht leisten, mittlerweile wesentlich mehr sind als die Grund- wehrdienstleistenden, ist das gesamte System aus den Fugen geraten. Ursprünglich wurde der Entwurf des vorliegenden 3. ZDGÄndG seitens der Bundesregierung initiiert, um den sogenannten „Freiwillig verlängerten Zivildienst“ zu installieren, was zu noch mehr Ungerechtigkeiten geführt und die Zivildienstleistenden gegenüber den Grund- wehrdienstleistenden deutlich schlechter gestellt hätte – ein Vorhaben, das daher von der Mehrheit des Deutschen Bundestages abgelehnt wird, also selbst in der Großen Koalition letztendlich wegen des Widerstandes in der SPD keine Mehrheit fand. Der vorliegende Gesetzentwurf ist also lediglich eine Rumpffassung des eigentlich geplanten Gesetzes. Dies wurde besonders in der Anhörung deutlich, in der vor allem darüber diskutiert wurde, was aus dem Gesetz gestrichen wurde und in der die Sachverständigen immer wieder mit der Frage nach der zeitlichen Verlängerungsoption konfrontiert wurden. Statt weiterhin, trotz des Scheiterns dieser Verlänge- rungsoption, diese Überlegungen zu verfolgen, sollte das Ministerium mehr über die fast unbekannte Möglichkeit, den Zivildienst in zeitlich getrennten Abschnitten – 6 plus 3 Monate – abzuleisten, informieren. Der richtige Ansatz, die zeitliche Lücke zwischen dem Ende des neunmonatigen Zivildienstes und dem Beginn einer Ausbildung über- brücken zu können, ist bereits heute möglich. Im Zivil- dienstgesetz regelt der § 24 Abs. 2 ZDG die Möglichkeit des abschnittsweisen Zivildienstes, wovon der erste Abschnitt also 6 Monate dauert. Hiermit können bereits heute Wartezeiten, zum Beispiel bei Aufnahme eines Studiums, weitgehend vermieden werden, wenn alle 23350 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 (A) (C) (B) (D) Beteiligten über den Ablauf und die Organisation eine Einigung erzielen. Die Aufteilung muss allerdings heute bereits im Einberufungsbescheid festgelegt werden, eine spätere einvernehmliche Lösung ist nicht möglich. Die FDP hat hierzu einen Entschließungsantrag vorgelegt, um aufzuzeigen, dass bereits heute eine Schließung die- ser Zeitlücke möglich ist. Der vorliegende Gesetzentwurf schafft es weder den Zivildienst zu einem Lerndienst auszubauen noch die mögliche zeitliche Kluft zwischen Beendigung des Zivil- dienstes und der Aufnahme eines Studiums oder einer anderen Ausbildung zu schließen. Der Änderungsantrag der Koalition hat den Entwurf verbessert, aber die Änderungen sind unzureichend, um von einem Lerndienst sprechen zu können. Dass durch den Änderungsantrag der Koalition der Art. 4 Nr. 3 des ZDÄndG gestrichen wurde, ist zwar zu begrüßen, dass diese Regelung aber überhaupt den Weg durchs Kabinett und die Zustimmung der zuständigen Ministerin fand, ist skandalös. Die gestrichene Änderung hätte die heutige Rechtsstel- lung des Zivildienstleistenden quasi auf den Kopf gestellt und hätte weitere Nachteile für Pflichtdienstleistende ein- geführt. Bisher können Zivildienstleistende, wenn sich während des Zivildienstes eine vorübergehende Dienstuntauglich- keit einstellt, die über das Ende der Wehrpflicht hinaus andauerte, nur auf ihren Antrag hin entlassen werden. Stellen diese keinen Antrag, geht der Dienst planmäßig und unter Beibehaltung der Geld- und Sachbezüge zu Ende, ohne dass aktiv am Dienst teilgenommen werden darf. Diese Regelung gibt Planungssicherheit für die Wehr- pflichtigen wie für Arbeit- und Ausbildungsplatzgeber. Insbesondere wird aber die Wehrpflicht zusammenhängend abgeleistet und spätere Einberufungen sind nicht mehr möglich. Die beabsichtigte Änderung hätte ermöglicht, bei neu eintretenden oder durch die Wehrpflicht verur- sachten gesundheitlichen Einschränkungen, die zu einer vorübergehenden Dienstuntauglichkeit führen, die über das planmäßige Dienstende hinaus andauern, die Entlassung auch gegen den Willen des Wehrpflichtigen auszusprechen. Die spätere Wiederherstellung der Dienstfähigkeit hätte zur erneuten Einberufung für die noch offene Grund- wehrdienstzeit geführt. Die betroffenen Wehrpflichtigen hätten nicht nur Nachteile durch ihre gesundheitlichen Einschränkungen, sondern sie wären zusätzlich belastet worden, weil ihnen zugemutet worden wäre, ihre gesamte Ausbildungs-, Berufs- und Lebensplanung auf eine zweite Einberufung abzustellen. Dieses Beispiel zeigt exemplarisch die Qualität des ge- samten Gesetzesvorhabens. Dass es der Bundesregierung nicht um die Einführung eines Lerndienstes geht, sondern mit ein paar Begriffen gespielt wird, die sich gut anhören und deren politische Vermarktung einfach erscheint, liegt leider auf der Hand. So sieht der Bundeshaushalt 2009 eine Absenkung der Lehrgangskosten von 33,68 Millionen Euro (2008) auf 30,68 Millionen Euro (2009) vor. Gleich- zeitig soll die Zahl der Einberufungen von 85 000 auf 88 700 angehoben werden. Mehr Einberufungen hätten bei einer gleichbleibenden Seminarquote zwangsläufig ein Aufstocken der Haushaltsmittel zur Folge. Es geschieht aber das genaue Gegenteil, die Zahl der Einberufungen steigt und gleichzeitig werden die Haushaltsmittel für Lehrgänge verringert. Deutlicher kann die Bundesregie- rung es nicht zeigen: Dieses Gesetz dient ausschließlich der Augenwischerei! Elke Reinke (DIE LINKE): Wieder einmal zeigt sich: Die Bundesregierung tut sich schwer, den Zivil- dienst von Grunde auf zu verbessern. Der Änderungsan- trag der Koalitionsfraktionen bringt auch nur leichte, zö- gerliche Korrekturen. Am Ende werden wir aber trotzdem wieder den gerne verwendeten Satz hören: „Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung.“ Aber wo ist das Ziel? Das Ziel der Fraktion Die Linke ist hingegen eindeu- tig: Wir sind für die Abschaffung der Wehrpflicht und al- ler Zwangsdienste. Die Wehrpflicht ist ein erheblicher Eingriff in die Grundrechte und Lebensplanungen junger Männer. Sie ist ein Auslaufmodell und wird für die Lan- desverteidigung nicht gebraucht. Wir sind daher für die Umwandlung des Zivildienstes, der als Ersatzdienst Be- standteil der Wehrpflicht ist. Durch freiwerdende Mittel müssen die Jugendfreiwil- ligendienste gestärkt werden: Es ist eine echte Offensive für sozial abgesicherte, regulär bezahlte und mitbestim- mungsrelevante Dienste nötig. Die Zahl der Freiwilli- gendienstplätze muss mindestens verdoppelt werden, da- mit alle jungen Menschen, die einen Freiwilligendienst leisten wollen, das auch tun können. Die freiwilligen Dienste müssen zudem als Lern- und Bildungsdienste hohen qualitativen Anforderungen genügen. Solange wir noch die Wehrpflicht haben, wünsche ich mir das natür- lich auch für den Zivildienst. Dies bleibt aber leider ein frommer Wunsch, denn es gibt unter anderem folgende drei Problemfelder: Ein Problem bleibt die Wehrungerechtigkeit. Für die Bundesregierung ist der Zivildienst anscheinend immer noch das ungeliebte Kind der Wehrpflicht. Der Ersatz- dienst ist inzwischen längst Regeldienst. Und die Wehr- ungerechtigkeit würde sich ohne die Kriegsdienstver- weigerer noch viel deutlicher zeigen. Die Möglichkeit, als Kriegsdienstverweigerer zum Zivildienst einberufen zu werden, ist nämlich wesentlich höher als die, zur Bundeswehr einberufen zu werden. Der Linken ist wichtig, dass die jungen Männer nicht in einem Zustand der Ungewissheit gehalten werden. Sie dürfen nicht in ihrer Lebensgestaltung verunsichert wer- den, weil sie nicht wissen, ob und wann der Staat mit der Wehrpflicht zuschlägt. Welch geringe Bedeutung die Bundesregierung dem Zivildienst beimisst, zeigt sich auch an Folgendem: Anders als für die Grundwehrdienstleistenden haben „Zivis“ keinen Vertreter im Bundestag, der sich für ihre Anliegen einsetzt und dessen Jahresberichte dort sogar diskutiert werden müssen. Stattdessen wird der Beauf- tragte für den Zivildienst von der Bundesregierung ein- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 23351 (A) (C) (B) (D) gesetzt. Hier wäre ein Umdenken in Richtung Mitbe- stimmung dringend geboten. Die Wehrpflicht behindert zweitens die Ausbildungs- und Berufschancen junger Männer. Durch dieses Gesetz entstehen für die Wehrpflichtigen Nachteile auf dem Arbeitsmarkt, da auch § 2 des Arbeitsplatzschutzgeset- zes geändert werden soll. Wehrpflichtige haben in der Vergangenheit zu Recht stets darauf verwiesen, dass Ar- beitgeber die Verlängerung eines befristeten Arbeitsver- hältnisses oder die Übernahme der Wehrpflichtigen ab- lehnen, wenn die Ableistung des Wehr- oder Zivildienstes bevorsteht. Wenn am Ende des Zwangs- dienstes dann der Arbeitsplatz weg ist, ist das nicht das Problem der Bundesregierung. Die Linke kann nicht hinnehmen, dass so mit der be- ruflichen Zukunft junger Menschen gespielt wird. Wir werden hier um Verbesserungen kämpfen. Schließlich bereitet es mir Sorgen, dass mit Zivildienstleistenden verstärkt sozialversicherungspflichtige reguläre Arbeits- plätze besetzt und damit ersetzt werden. Der Ersatz- dienst ist nicht arbeitsmarktneutral, wie ursprünglich vorgesehen: Zivildienstleistende übernehmen oft Tätig- keiten, die im Grunde von ausgebildeten Fachkräften ausgeübt werden müssen. Und sie werden außerdem von der Zivildienststelle wegen der geringeren Lohnkosten bevorzugt eingestellt. So tragen „Zivis“ unabsichtlich zur Verdrängung von regulären Arbeitsplätzen bei. Die Linke will die Arbeit zum Beispiel in der Alten- betreuung, Kinderbetreuung sowie im Gesundheits- und Pflegebereich anders organisieren: Wir brauchen hier vor allem gut ausgebildete und qualifizierte, wenigstens nach gesetzlichem Mindestlohn bezahlte Fachkräfte, nicht Zivildienstleistende als Nothilfsmaßnahme. Wir wollen einen öffentlich finanzierten Beschäftigungssek- tor, aber keinen Zivildienst zum Minimaltarif. Der Gesetzentwurf führt insgesamt nicht zu einer zu- kunftsfähigen Entwicklung des Zivildienstes. Natürlich begrüßt die Linke, dass sich die Mehrheit der jungen Männer für einen zivilen sozialen Dienst und nicht für den Kriegsdienst entscheidet. Sie dürfen jedoch für ihre gesellschaftlich wertvolle, anerkannte Arbeit nicht auch noch benachteiligt werden. Über alledem steht aber unsere Forderung: Die Wehr- pflicht muss weg! Zum einen, weil die Linke eine Frie- denspartei ist, die sich den Menschenrechten und dem Völkerrecht eng verbunden fühlt. Zum anderen, wie ge- sagt, weil die Wehrpflicht die Ausbildungs- und Berufs- chancen beeinträchtigt. Unsere Gesellschaft braucht engagierte und gut aus- gebildete junge Menschen. Anstatt dieses Potenzial in einem Zwangsdienst zu verheizen, wäre es dringend er- forderlich, allen jungen Menschen einen ungehinderten Einstieg ins Berufsleben zu ermöglichen und gleichzei- tig Freiwilligendienste wirklich zu fördern. Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das im Koalitionsvertrag von Union und SPD vereinbarte Ziel, den Zivildienst zum Lerndienst umzugestalten, wird mit dem vorgelegten Gesetzentwurf verfehlt. Zwar ist es ein kleiner Fortschritt, dass die Zivildienstleistenden in Zu- kunft nach ihrer Tätigkeit den Anspruch auf ein qualifi- ziertes Zeugnis haben, in dem ihre Kompetenzen doku- mentiert werden. Viel wichtiger wäre es jedoch gewesen, eine angemessene Zahl an Bildungstagen für alle Zivil- dienstleistenden tatsächlich verbindlich zu ermöglichen. Die diesbezüglichen Änderungen der Koalitionsfraktio- nen im Gesetzgebungsverfahren sind unzulänglich, denn eine bloße Berechtigung zur Teilnahme an Seminaren reicht nicht aus. Die Verpflichtung, an einem Seminar zu speziellen Fachthemen teilzunehmen, wird durch die Formulierung „soweit dies erforderlich ist“ aufgeweicht und ad absurdum geführt. Für viele Zivildienstleistende gilt damit weiterhin das Prinzip „learning by doing“. Dies wird ihren verantwortungsvollen Aufgaben absolut nicht gerecht! Zentrale Probleme des Zivildienstes werden in die- sem Dritten Änderungsgesetz von der Koalition nicht angegangen. Angesichts der Schließung von Zivildienst- schulen und einer Kürzung der Mittel für Lehrgänge bei gleichzeitig mehr Zivildienstleistenden, kann nicht von einer Umgestaltung zum Lerndienst gesprochen werden. Es ist bezeichnend, dass erst kurz vor dem Ende Ihrer Regierungszeit eine Gesetzesänderung beschlossen wird, bei der es mehr als zweifelhaft ist, dass sie tatsäch- lich zu spürbaren Verbesserungen im Alltag der Zivil- dienstleistenden führt. Der angebliche „Lerndienst“ wird von Ihnen auch da- durch konterkariert, dass Sie im aktuellen Haushaltsjahr 2009 die Mittel für Vorhaben zur Ausgestaltung des Zi- vildienstes als Lerndienst von 750 000 Euro auf 350 000 Euro mehr als halbiert haben. Das ist kein Signal für ei- nen zivildienstpolitischen Aufbruch, sondern für Ab- bruch gewesen. Nicht zuletzt haben Sie in Ihrem Änderungsgesetz die Forderung von Verbänden nicht aufgegriffen, die frie- densethische Profilierung des Zivildienstes voranzutrei- ben und Lerninhalte wie „konstruktive Konfliktlösung“ als Aufgabenstellung zu benennen. Unseren Änderungsantrag, Ungleichbehandlungen von Wehrpflichtigen und Zivildienstleistenden bei der Teilnahme an Musterungsuntersuchungen zu beseitigen, haben Sie im Ausschuss abgelehnt, ohne auch nur ein einziges Gegenargument zu nennen. Ich appelliere an Sie: Hören Sie endlich auf, den Gleichbehandlungs- grundsatz mit Füßen zu treten! Erfinden Sie nicht immer neue Ausflüchte bei den Untauglichkeitszahlen, und las- sen Sie nicht erst Gerichte entscheiden, dass es mit der ungerechten Einberufungspraxis so nicht weitergehen kann! Erst gestern hat das Kölner Verwaltungsgericht er- klärt, dass es die geltende Einberufungspraxis und die mit ihr verbundene Wehrungerechtigkeit als verfas- sungswidrig beurteilt, und hat eine entsprechende Rich- tervorlage an das Bundesverfassungsgericht weitergege- ben. Sie haben in dieser Legislaturperiode die eklatante Wehrungerechtigkeit weiter verschlimmert und benach- teiligen dabei insbesondere die Kriegsdienstverweigerer und damit die Zivildienstleistenden. Durch die Uneinigkeit der Regierungskoalition wurde das Zivildienstgesetz deutlich verzögert. Hauptgrund 23352 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 (A) (C) (B) (D) war die von der Union und Ministerin von der Leyen ge- wollte optionale Dienstverlängerung, die das ungerechte System der Wehrpflicht weiter zementiert hätte. Erst auf massiven Druck haben Sie dieses unsinnige Instrument, das reguläre Arbeitsplätze hätte gefährden können, wie- der aus Ihrem Gesetzentwurf gestrichen. Traurig, aber wahr: Diese Nichtänderung ist das Beste an Ihrem Ge- setz. Warum die FDP dieser „alten Kamelle“ nun einen eigenen Entschließungsantrag widmet, ist wenig ver- ständlich. An den weiterhin bestehenden und entschei- denden Schwachpunkten des vorgelegten Gesetzes geht sie damit vorbei. Die heutige Verabschiedung des Gesetzes dokumen- tiert aber auch, dass die Koalition am Dogma der Wehr- pflicht und dem von ihr abgeleiteten Zivildienst festhält. Dies ist im europäischen Vergleich strukturkonservativ, rückwärtsgewandt und sicherheitspolitisch unnötig! Unsere grünen Alternativen zu dieser Politik sind klar: ein Ausstieg aus der Wehrpflicht und die Konver- sion des Zivildienstes, eine Verdoppelung der Freiwilli- gendienstplätze und keine sozialen Pflichtdienste sowie parallel die Umwandlung der Bundeswehr in eine Frei- willigenarmee mit einem freiwilligen Kurzdienst für junge Männer und Frauen. Neben diesen mittelfristigen Zielen müssen kurzfristig die Möglichkeiten zum Ersatz des Pflichtdienstes durch Freiwilligendienste dringend ausgeweitet werden. Anstatt alte Strukturen zu zementieren, brauchen wir schnellstmöglich einen massiven Ausbau der Jugendfrei- willigendienste nach klaren und transparenten Qualitäts- standards. Hier gibt es ein riesiges Potenzial von engage- mentbereiten Jugendlichen, die nur darauf warten, sich einbringen zu können. Als Grüne haben wir entspre- chende Vorschläge zu Konzeption und Finanzierung ge- macht. Notwendig ist jetzt der Mut zu klaren Entscheidungen und richtigen Prioritätensetzungen. Ich hoffe, dass sich in diesem Parlament bald die Mehrheit für Freiwilligkeit statt Zwang entscheidet und es dann keine mutlosen Ge- setze zur Fortführung von Pflichtdiensten mehr gibt. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Ju- gend: Am 10. April 1961 traten die ersten Kriegsdienst- verweigerer ihren Wehrersatzdienst an; in diesem Jahr werden mehr als 85 000 junge Männer ihren Zivildienst leisten. Das ist etwa jeder vierte junge Mann eines Jahr- gangs. Gegenstand dieses Gesetzentwurfs und dieser Aus- sprache ist nicht die allgemeine Wehrpflicht. Solange es diese gibt und solange junge Männer von ihrem Grund- recht auf Kriegsdienstverweigerung Gebrauch machen, so lange gibt es den Zivildienst. Und so lange ist es un- sere gemeinsame Aufgabe, diesen Dienst so gut wie möglich zu gestalten. Leider gibt es Wehrpflichtgegner, die meinen, ihrem Ziel zu dienen, wenn sie den Zivildienst kritisieren oder gar verteufeln. Ich wende mich entschieden gegen diese Stellvertreterkämpfe, die vor allem dem Engagement der Zivildienstleistenden Unrecht tun. Junge Männer geben im Zivildienst heute neun Monate ihres Lebens für un- sere Gesellschaft, leisten ihren Beitrag für mehr Menschlichkeit. Sie erleben die tägliche Praxis sozialer Probleme und menschliches Leid häufig zum ersten Mal. Dies ist für ihren späteren Lebens- und Berufsweg prä- gend. Ihre Werte, Einstellungen und Schlüsselqualifika- tionen entwickeln und verändern sich in diesen neun Monaten. Der Zivildienst ist daher eine besondere so- zial- und jugendpolitische Chance für unsere Gesell- schaft. Deshalb ist es unsere Pflicht, diese neun Monate Lerndienst weiterzuentwickeln. Das Dritte Zivildienst- gesetzänderungsgesetz wird den rechtlichen Rahmen da- für schaffen. Zum Dienstbeginn wird es für jeden Zivildienstleis- tenden einen besonderen Informationstag über Rechte und Pflichten, über Geld- und Sachbezüge geben. Da- rüber hinaus soll selbstverständlich jeder Zivildienstleis- tende weiterhin an einem Seminar zur politischen Bil- dung sowie jeder Zivildienstleistende mit fachlich anspruchsvoller Tätigkeit weiterhin an einem Seminar zu fachspezifischen Fragen teilnehmen. In einem neuen einwöchigen Seminar zur Vertiefung der persönlichen und sozialen Kompetenzen sollen die im Dienst erwor- benen Schlüsselqualifikationen und -kompetenzen für die Zukunft der jungen Männer bewusst gemacht und gesichert werden. Ferner wollen wir die Gelegenheit zur Reflexion der Erlebnisse im Dienst schaffen. Dies ist vor allem für die Zivildienstleistenden, die mit menschli- chem Leid konfrontiert werden, eine wertvolle und not- wendige Unterstützung. Den Dienst und die dort erworbenen Kompetenzen je- des Zivildienstleistenden wollen wir, insbesondere für die berufliche Zukunft, in einem qualifizierten Dienst- zeugnis für alle sichern. In der Praxis bewährt hat sich, dass der Bundesbeauf- tragte für den Zivildienst für jeden Zivildienstleistenden ohne Verpflichtung zur Einhaltung des Dienstwegs quasi als Ombudsmann zur Verfügung steht und sich um seine Sorgen und Probleme kümmern kann. Das wollen wir gesetzlich klarstellen. Für sein persönliches und uner- müdliches Engagement möchte ich hier dem Bundesbe- auftragten, Herrn Dr. Jens Kreuter, besonders danken. Außerdem soll der Bundesbeauftragte für den Zivil- dienst künftig in einem ausführlichen Bericht über die Entwicklung und Lage im Zivildienst Rechenschaft ab- legen. Dies wird für uns alle von großem Interesse sein; denn allein die Zahlen im Zivildienst sind beeindru- ckend: Über 2,5 Millionen junge Männer haben seit 1961 Zivildienst geleistet. Im Jahr 2007 haben wir eine Trendwende erreicht. Seitdem steigen die Zahlen wieder. Zusammen mit den Ersatzdiensten, insbesondere den Friedensdiensten im Ausland, erfüllen Jahr für Jahr mehr als 90 000 anerkannte Kriegsdienstverweigerer ihre Zi- vildienstpflicht. In den unterschiedlichsten Institutionen sind Zivil- dienstleistende anzutreffen: in Krankenhäusern, in geschützten Werkstätten, integrativen Schulen, Alten- pflegeeinrichtungen und bei der individuellen Schwerst- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 23353 (A) (C) (B) (D) behindertenbetreuung, aber auch bei Bahnhofsmissionen, in der Kultur, im sozialen Sport oder im Umweltschutz. Ein neueres Einsatzgebiet sind Kindertagesstätten, in de- nen Zivildienstleistende als männliche Bezugspersonen für unsere Kinder mehr als willkommen sind. Ebenso bedeutend ist, dass viele junge Männer zum ersten Mal soziale Felder unserer Gesellschaft erleben; Felder, die immer noch in ihrer Beschäftigungsstruktur weiblich dominiert sind. Erste Ergebnisse unseres der- zeit laufenden Forschungsprojekts bestätigen dies ein- drucksvoll: Aus Sicht der Zivildienststellen entwickeln sich die Kompetenzen der jungen Männer im Zivildienst weiter. Insbesondere im Bereich der sozialen Kompeten- zen sehen über 90 Prozent der Zivildienststellen positive Entwicklungen bei den Zivildienstleistenden. Mehr als die Hälfte der Zivildienststellen wurde von den For- schern als „eher lernfeldaktiv“ bewertet. Bereits jetzt ge- staltet eine große Anzahl von Einsatzstellen das Lernfeld Zivildienst aktiv. Die Bundesregierung hat so zum richtigen Zeitpunkt einen Gesetzentwurf vorgelegt, der den Zivildienst auf dieser tragfähigen Grundlage als Lerndienst weiter ge- stalten wird. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Stärkung des europäi- schen Haischutzes (Zusatztagesordnungspunkt 7) Dr. Peter Jahr (CDU/CSU): Wir beraten heute die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Stärkung des eu- ropäischen Haischutzes“. Um es vorwegzunehmen: Ich stimme der Beschlussempfehlung zu, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abzulehnen. Bevor ich dies im Detail erläutere, möchte ich mich zunächst dem Thema etwas genauer zuwenden, um das es in diesem Antrag geht. Denkt man an einen Hai, dann hat man in Anlehnung an berühmte Filme oft das Bild eines angsteinflößenden und für Menschen gefährlichen Tieres vor Augen. Die Realität jedoch sieht anders aus. Haie sind in der Regel scheue und vorsichtige Fische. Menschen gehören jedoch nicht zu ihrem Beuteschema. Pro Jahr gibt es nur ungefähr 100 Hai-Unfälle, von de- nen fünf bis 15 tödlich enden. Diese sind zwar sehr tra- gisch, aber in der Relation zu den vielen Millionen Men- schen, die jedes Jahr Aktivitäten im Wasser ausüben, ist das eine sehr geringe Zahl. Generell gelten nur 44 der 500 Haiarten als gelegentliche Angreifer. Im Gegensatz zu seinem schlechten Image ist der Hai vielmehr ein wichtiger Teil des maritim-biologischen Gleichgewichtes. Denn die Haie gehören zu den ältesten Tieren der Welt – schon vor den Dinosauriern schwam- men sie durch die Meere. Noch heute besteht eine große Artenvielfalt von über 500 verschiedenen Haiarten. Haie leben in nahezu allen Gewässern auf der Welt. Sie neh- men eine Schlüsselrolle ein. Da sie häufig schwache und kranke Tiere fressen, tragen sie so zur Gesunderhaltung der Beutetierbestände bei. Da sich die Meeresökosys- teme über Millionen von Jahren als Ganzes entwickelt haben, kommt jeder Art eine wichtige Funktion zu. Wenn ein Beutegreifer im Nahrungsnetz verschwindet, kann es zur starken Vermehrung der Beutetiere kommen, und das Gleichgewicht gerät ins Wanken. Ungemach droht dem Hai vonseiten der Menschen. Wir stellen heute für den Hai eine viel größere Gefahr dar, als sie es für uns je waren. Haie sind nicht nur als Einzeltier, sondern in ihrer ganzen Spezies bedroht. Wie eine Studie aus dem Jahr 2003 zeigt, wurden die Hai- bestände im nordwestlichen Atlantik in den letzten 16 Jahren durchschnittlich um die Hälfte reduziert. Be- sonders stark betroffen sind einige große Arten: Der Ti- gerhai büßte 65 Prozent, der Weiße Hai 79 Prozent und der Hammerhai gar 89 Prozent seiner Bestände ein! Auch in Europa sind die Haie von diesem Niedergang nicht verschont: Von den 116 verschiedenen in den Ge- wässern der Europäischen Union lebenden Haiarten sind zahlreiche vom Aussterben bedroht. So gelten bereits ein Viertel der bei uns lebenden Haiarten als stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht – weitere 20 Prozent sind gefährdet. Vom Dornhai ist beispielsweise nur noch 5 Prozent seines ursprünglichen Bestandes vorhanden. Hauptsächliche Ursache dafür ist die starke Befi- schung des Haies. Seit 1984 ist die weltweite Fang- menge um ein Drittel auf 800 000 Tonnen pro Jahr ge- stiegen. In der EU wurden 100 000 Tonnen gefangen. Als Beispiel sei an dieser Stelle nur an die Schillerlocke erinnert – eine Delikatesse in Deutschland. Diese wird aus dem Bauchlappen des Dornhais gewonnen. Damit tragen auch die Verbraucher in unserem Land maßgeb- lich zu dessen Dezimierung bei. Mittlerweile hat der Ap- petit der Europäer dazu geführt, dass der Dornhai nur noch außerhalb von europäischen Gewässern gefangen werden kann. Daneben verenden unzählige Haie als Bei- fang auf der Suche nach Thunfisch und Marlin. Des Wei- teren werden Haie gezielt für pharmazeutische Produkte und zur Gewinnung der Haihaut für Lederprodukte aller Art gejagt. Schließlich bedrohen auch gewisse Sportfi- scher den Hai, für die die Haikiefer begehrte Trophäen sind. Besonders grausam ist die Fangmethode, um an die Haifischflossen zu gelangen, das sogenannte „Finning“. Die Flossen gelten als beliebte Delikatesse, und der Han- del damit gilt als besonders lukrativ. Den Haien werden beim „Finning“ die Flossen abgeschnitten und die Tiere lebend ins Wasser zurückgeworfen, wo sie dann elendig verenden. Die Flossen machen nur 14 Prozent des Kör- pers aus, bringen auf dem internationalen Markt aber wesentlich mehr als das Fleisch. Erschwerend kommt hinzu, dass die Haie nur sehr langsam wachsen und des- halb eine längere Zeit für ihre Geschlechtsreife benöti- gen. Einige Haiarten erzeugen erst nach 15 oder bis zu 30 Jahren Nachkommen und sind deshalb besonders an- fällig für Überfischung. Angesichts der dramatischen Situation der Hai- bestände hat die Europäische Union bereits seit 2003 eine Reihe von Regelungen zur Erhaltung und nachhalti- gen Bewirtschaftung von Haibeständen erlassen. Dazu 23354 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 (A) (C) (B) (D) gehören die Festsetzung von Gesamtfangmengen und Quoten, die Finningverordnung, die Verordnung über das Management von Tiefseefischerei sowie ein Fang- verbot für Riesenhai und Weißen Hai. Seit 2005 wurden zudem immer strengere Regelungen zum Schutze des Dornhaies und des Heringshaies erlassen. Konnte zu- nächst noch unkontrolliert Jagd auf beide Arten gemacht werden, hat sich dies nun geändert. So ist der gezielte Fang verboten und lediglich der Beifang erlaubt. Aber auch hier wurden die Quoten kontinuierlich zum Schutz der Tiere gesenkt. Mit dem am 5. Februar 2009 von der EU-Kommis- sion vorgelegten Haiaktionsplan sollen nun Ratsbe- schlüsse zu zusammenhängenden Maßnahmen zum Schutz und Wiederaufbau sowie zur Sicherstellung einer nach- haltigen Bewirtschaftung von Haien innerhalb der EU vorbereitet werden. Dabei sollen die bereits genannten Regelungen zusammen mit weiteren Maßnahmen in ei- nem schlüssigen und zielführenden gemeinschaftsweiten Plan zum Schutz der Haie zusammengeführt werden. Auch wenn man nun kritisieren kann, dass es lange ge- dauert hat, bis sich die EU mit dem Schutz der Haie in- tensiv befasst hat, ist es nicht zuletzt dem Druck Deutschlands zu verdanken, dass dies nun geschehen ist. Ein großer Erfolg, wie ich finde. Vor allem für die in den Gewässern der EU lebenden Haiarten! Dieser EU-Haiaktionsplan enthält nun kurz gesagt Regelungen zur besseren Erforschung der Haibestände, der Rolle der Haie im Ökosystem, verfolgt das Ziel einer nachhaltigen Haifischerei, einer Regulierung der Bei- fänge und einer Verschärfung des Verbotes des Abtren- nens von Haifischflossen. Die endgültigen Schlussfolge- rungen des Agrar- und Fischereirates sind für Ende April zu erwarten. Hier setzt auch der Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen an, die den Aktionsplan als in Teilen zu vage kritisiert. Die Bundesregierung soll sich daher für die zü- gige Konkretisierung und Umsetzung der Ziele des EU- Haifischaktionsplans einsetzen. Angesichts der Dezi- mierung der Haifischbestände sei ein besonderer Schutz – insbesondere der bereits gefährdeten Arten – dringend erforderlich. Die Bundesregierung solle sich daher dafür stark machen, im Rahmen der Umsetzung des EU-Hai- aktionsplans, die Fang- und Beifanghöchstgrenzen für alle Haiarten zu reduzieren und für gefährdete Arten auf null herabzusetzen, sich auf internationaler Ebene kon- sequent für den Schutz gefährdeter Haie einzusetzen und Ausnahmeregelungen des EU-weiten Finningverbotes zu beenden und dies auch zu kontrollieren. Diesen Antrag habe ich mit Interesse zur Kenntnis ge- nommen, muss aber im Ergebnis feststellen, dass er nicht notwendig ist, da die Bundesregierung bereits auf allen Feldern, die der Antrag anspricht, aktiv geworden ist – und dies auch mit Erfolg. Lassen Sie mich das et- was genauer ausführen, wobei ich eines besonders beto- nen möchte: Wir setzen uns nachdrücklich für eine nach- haltige Fischerei von Haien und einen verstärkten Schutz von gefährdeten Haiarten ein. Deshalb begrüßen wir den EU-Haiaktionsplan ausdrücklich. Damit dieser erfolg- reich sein kann, kommt es auf eine konsequente und un- verzügliche Umsetzung an – nicht ohne Grund setzt sich die Bundesregierung daher seit langem für eine zügige Erarbeitung des Aktionsplanes und die Verabschiedung klarer Ratsbeschlüsse in Brüssel ein. Dabei kommt folgenden Punkten besondere Bedeu- tung zu: So gilt es zunächst einmal, die Datenlage zu verbessern, damit man am Ende auch genau weiß, wo- rüber man eigentlich redet. Ohne genaue Angaben über den Bestand einzelner Haiarten ist es nur sehr schwer möglich, sinnvolle und zielführende artspezifische Re- gelungen zu deren Schutz und Bewirtschaftung zu fin- den. Zudem gilt bei allen Maßnahmen zu beachten, dass Haie nur über niedrige Reproduktionsraten verfügen und von einer Überfischung daher besonders betroffen sind. Auch die wichtige Bedeutung der Haie für das Ökosys- tem muss berücksichtigt werden. In diesem Zusammen- hang ist auch die Vermeidung von Beifängen besonders wichtig. Hier müssen technische Lösungen gefunden werden, damit diese Tiere nicht mehr oder weniger zu- fällig in den Netzen der Fischer landen. Dies kann man sich angesichts der angespannten Bestandssituation nicht länger leisten. Wenn es doch zu unerwünschten Beifän- gen kommt, muss auch klar geregelt sein, in welchem Zustand der Hai sein muss, damit man ihn wieder zurück ins Wasser werfen kann, ohne ihn vorsätzlich an Bord des Schiffes oder im Wasser verenden zu lassen. Abschließend ist auch – wie von Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gefordert – die soge- nannte Finningverordnung zu verbessern. Hier gibt es ganz klare Defizite, sodass nach wie vor noch viel zu vielen Tieren nach dem Fang die Flossen abgeschnitten werden. Die Bundesregierung wird sich für eine unver- zügliche Überarbeitung dieser Verordnung einsetzen, um diesen tierquälerischen Methoden einen Riegel vorzu- schieben. Hier habe ich einen klaren Standpunkt: Ohne einen vernünftigen Grund darf man kein Tier töten. Eine Verwendung von nur 15 Prozent der Tiere für die menschliche Ernährung ist sicherlich kein solcher Grund. Diesem Anspruch muss die überarbeitete Fin- ningverordnung gerecht werden. Um es auf den Punkt zu bringen: Die Bundesregie- rung setzt sich bereits sehr engagiert und erfolgreich für den Schutz der Haie ein. Und dies nicht nur im Rahmen der Verhandlungen zum Haiaktionsplan auf europäischer Ebene. Auch auf internationaler Ebene nutzt die Regie- rung zahlreiche Organisationen und Abkommen, um den Schutz von Haibeständen sicherzustellen. Als Beispiel sei nur einmal die Vertragstaatenkonferenzen des Bonner Übereinkommens zum Schutz wandernder, wild leben- der Tierarten erwähnt. Hier hat man sich erfolgreich für die Aufnahme des Dorn- und Heringshais eingesetzt. Gleiches soll bei dem Washingtoner Artenschutzüber- einkommens wiederholt werden. Zusammenfassend lautet mein Petitum deshalb: Ers- tens. Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist wegen fehlender gegenwärtiger Notwendigkeit, auf- grund der bereits großen Anstrengungen der Bundesre- gierung im Rahmen des Haischutzes, abzulehnen. Zwei- tens. Zudem kündige ich bereits heute an, dass wir das Thema Anfang Mai erneut im Ausschuss beraten wer- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 23355 (A) (C) (B) (D) den, um uns über die endgültigen Ergebnisse des Haiak- tionsplanes zu informieren. Wir tragen eine große Verantwortung für unsere Mit- geschöpfe, denn sie bereichern nicht nur unser Leben, sie ermöglichen es erst. Deshalb profitieren vom Schutz der Haie nicht nur die Tiere, sondern auch wir selbst. Holger Ortel (SPD): Mit dem am 5. Februar von der Kommission verabschiedeten Haiaktionsplan kommt endlich mehr Bewegung in das Vorhaben des Schutzes gefährdeter Haibestände in Gewässern inner- und außer- halb der Gemeinschaft. Die Bemühungen gingen zu- nächst schleppend voran. Sie nehmen nun aber an Fahrt auf. Es gilt, einige gefährdete Bestände effektiv zu schützen, was jedoch vor dem Hintergrund unterschied- licher Interessen in der Gemeinschaft eine komplexe Aufgabe darstellt. Für Haie gilt, was für alle Meeresbewohner gilt: Sind sie gefährdet, brauchen sie unseren Schutz. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass von den im Antrag aufge- führten 130 Arten einige Bestände in bedrohlichem Zu- stand befinden. Deshalb begrüßen wir den Haiaktions- plan und die Bemühungen der Bundesregierung, diesen Plan zügig umzusetzen. Was die konkrete Umsetzung des Plans allerdings anbelangt, bleibt der Antrag doch weitestgehend unkonkret. Ich hätte mir schon ein wenig mehr erhofft als die Forderung nach der zügigen Kon- kretisierung und Umsetzung. Ihr Antrag sagt nichts über Ihre Vorstellungen über konkrete Maßnahmen aus. Da- mit machen sie es sich zu einfach. Eine gezielte, nach- haltige Bewirtschaftung der Haibestände ist kompliziert. Wie ja bekannt ist, werden die meisten Haie als Beifänge angelandet, in der Tiefseefischerei, der demersalen wie auch der pelagischen Fischerei. Die gemischten Fische- reien, vor allem die demersalen, so zu regeln, dass Bei- fänge vermieden werden können, ist eine komplexe Auf- gabe. In einigen Teilen der Tiefsee existiert ein Stellnetzverbot, durch das Tiefseehaie geschont werden. Ein Verbot kann aber nicht überall Anwendung finden. Für eine nachhaltige Befischung unter Schonung der Haifischbestände bedarf es der Erforschung und Ent- wicklung fangtechnischer Methoden, die es ermögli- chen, andere Fischarten zu befischen, ohne dass gleich- zeitig Haie als Beifänge ins Netz gehen. Die Selektivität der Fangtechniken muss mit dem Ziel einer Verringe- rung des Beifangs von Haien erhöht werden. Doch dazu braucht es auch eine fundierte wissen- schaftliche Basis. Die Rolle der Haie als Predatoren im Ökosystem ist bislang nur ansatzweise bekannt. Diese muss noch wesentlich mehr erforscht werden. Der ICES oder andere wissenschaftliche Einrichtungen können es gar nicht leisten, von jetzt auf gleich die Bestände der wichtigsten Haibestände zu schätzen, sodass auch Maß- nahmen zur Erhaltung der Bestände nur sukzessive ein- geführt werden können. Und mit der Bestandsschätzung wäre ja erst ein Anfang gemacht. Den im Februar vorgelegten Haiaktionsplan begrüßen wir ausdrücklich. Die Bemühungen um die Haie inner- und außerhalb der Gemeinschaftsgewässer gingen bis- lang verhalten voran. Deutschland hat kein Interesse an einer langsamen Umsetzung des Haiaktionsplanes. Die Bundesregierung konnte für ihr Vorhaben, den Dornhai auf der 14. CITES-Konferenz in Anhang II listen zu las- sen, keine Mehrheit gewinnen. Aber sie hat bereits ange- kündigt, es auf der nächsten Konferenz im Jahr 2010 er- neut zu versuchen. Im Agrar- und Fischereirat im Dezember 2008 hat sich die Bundesregierung bereits für ein Verbot der ge- zielten Fischerei auf Dornhai in Gemeinschaftsgewäs- sern eingesetzt. Der Rat konnte sich aber nicht dafür ent- scheiden. Die Bundesregierung hat allerdings eine Mehrheit für ein Verbot der Fischerei auf Dornhai ab dem Jahr 2010 finden können. Ich kann versichern: Die Bundesregierung wird sich hier auch für die Einhaltung dieses Verbotes stark machen und darüber hinaus für Er- haltungsmaßnahmen des Heringshais einsetzen. Der Antrag der Grünen geht leider gar nicht auf die Gewässer außerhalb der Gemeinschaft ein, in denen die Mitgliedstaaten Haie gezielt oder als Beifänge fangen. Auch darauf findet der Haiaktionsplan Anwendung. Bei der Bewirtschaftung dieser Bestände kann die Gemein- schaft auf die Nachhaltigkeit hinwirken. In einer Reihe von regionalen Fischereiorganisationen ist die Gemein- schaft Mitglied. Ich möchte die Bundesregierung auffor- dern, auch in diesen Organisationen, wie zum Beispiel NEAFC oder NAFO, die Bemühungen für eine Verbes- serung der Datenlage und für angemessene Bewirtschaf- tungsmaßnahmen weiterhin zu unterstützen. Hier zeigt sich, dass die verschiedenen Bestände nicht alle in schlechtem Zustand sind. Ein großes Handelsunterneh- men, Vorreiter im Vertrieb ökozertifizierter Produkte, hat die Schillerlocke, die aus dem Bauchlappen des Dorn- hais hergestellt wird, wieder in sein Sortiment aufgenom- men. Es lässt sogar den Dornhai im Nordwestatlantik zer- tifizieren. Eine gezielte Betrachtung der verschiedenen Bestände, auf die der Haiaktionsplan abzielt, ist also an- gebracht. Abschließend möchte ich auf den letzten Punkt des Antrages, die Aufklärung und Information der Bevölke- rung über mögliche gesundheitsschädigende Auswirkun- gen des Verzehrs von Haifleisch, eingehen. Die Bundes- regierung ist sowohl auf dem Gebiet der Forschung wie auch auf dem Gebiet der Aufklärung und Information der Bevölkerung aktiv. Die Bundesregierung verfügt über gute Kenntnisse zur Belastung von Haifischfleisch mit toxischen Substanzen wie beispielsweise Methyl- quecksilber. Die zuständigen Bundesländer prüfen risi- koorientiert und anhand von Stichproben, ob die gelten- den lebensmittelrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden. Angesichts eines durchschnittlichen Pro-Kopf- Verbrauchs von bis zu 15,7 Gramm tut die Bundesregie- rung das ihr Mögliche, um die Bevölkerung vor den möglichen Gefahren des Verzehrs von Haiprodukten zu warnen. Im Übrigen ist der Verbrauch in Deutschland seit Jahren rückläufig. Ich denke, das Grundanliegen dieses Antrages wird in allen Fraktionen positiv gesehen. Aber worauf die Bun- desregierung festgelegt werden soll, ist eine Mischung aus Maßnahmen, die sie bereits ergriffen hat, und Maß- 23356 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 (A) (C) (B) (D) nahmen, die keineswegs praktikabel sind. Dabei sollte Ihnen doch bekannt sein, dass sich die Bundesregierung nachdrücklich für ein verantwortungsvolles Manage- ment von Haifischereien und für einen verstärkten Schutz gefährdeter Haiarten einsetzt. Jeder will einen angemessenen Schutz für gefährdete Meerestiere, aber mit undifferenziertem Aktionismus und ungenauer Da- tenlage werden wir diesen Schutz nicht erreichen. Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): Haie sind fas- zinierende Tiere. Der Hai gehört mit den Rochen und Seekatzen zu den Knorpelfischen. Weltweit umfasst diese Fischgruppe über 1 000 verschiedene Arten. In den EU-Gewässern lassen sich insgesamt 118 unterschied- liche Arten nachweisen. Bei vielen Menschen verursachen Haie eher Angst und Schrecken als Interesse. Durch Kinofilme wie „Der weiße Hai“ wird das negative Image der Haie als men- schenfressende Killer weiter verstärkt – ganz zu Un- recht, denn es gibt nur wenige Beweise für die viel- zitierte Gefährlichkeit der Haie. Unsere Angst vor dem Mythos Hai ist auf die generelle menschliche Furcht vor dem Unbekannten, dazu in dem uns fremden Element Wasser, zurückzuführen. Mittlerweile sind viele Haiarten in ihrem Bestand be- droht. Der Anfang des Jahres vorgestellte EU-Aktions- plan für die „Erhaltung und Bewirtschaftung der Hai- bestände“ führt den Rückgang der Haipopulationen primär auf die spezifischen biologischen Merkmale der Haie sowie auf eine unregulierte und zu intensive Befi- schung zurück. Weltweit ist der legale Haifischfang zwi- schen 1984 und 2004 von 600 000 auf 840 000 Tonnen im Jahr angestiegen. Hinzu kommen schätzungsweise circa 13 Millionen Haie, die pro Jahr als ungewollter Beifang in der Fischerei verenden. Wegen ihres biolo- gisch bedingten geringen Reproduktionspotenzials kön- nen sich die Haibestände nur schwer von Überfischung oder anderen negativen Entwicklungen erholen. Die derzeit in der EU gültigen Fanggrenzen für den Hai und die bestehenden Schutzbestimmungen gelten nur für wenige Arten und sind häufig entgegen den wis- senschaftlichen Empfehlungen des Internationalen Rates für Meeresforschung, I-CES, erfolgt; sie sind zumeist zu hoch. Im Nordostatlantik sind bereits ein Drittel aller Haiarten vom Aussterben bedroht und auf der Roten Liste der bedrohten Arten der Weltnaturschutzunion, IUCN, zu finden. Deutschland hat sich bereits in der Vergangenheit in der Diskussion um den Haiaktionsplan für den Schutz der Haie eingesetzt. Unser Land hat in den letzten Jahren mehrere Artenschutzinitiativen, wie Anträge beim Washingtoner Artenschutzübereinkom- men, CITES, für Dorn- und Heringshai sowie die Auf- nahme von Hai- und Rochenarten auf die Liste der ge- fährdeten Arten bei der Oslo-Paris Konvention, OSPAR, eingebracht. Die FDP-Bundestagsfraktion setzt sich im Rahmen der Umsetzung des EU-Haiaktionsplanes für die Redu- zierung der Fanghöchstgrenzen für Haiarten, besonders für die in den EU-Gewässern gefährdeten Arten wie Dorn- und Heringshai, ein. Anders als in den EU-Ge- wässern hat sich die Bestandssituation des Dornhais vor der Westküste der USA, Nordostpazifik, in den vergan- genen Jahren deutlich verbessert. Der Bestand ist hier mittlerweile wieder so gut, dass die offiziellen Fangquo- ten für die Jahre 2007 und 2008 erhöht werden konnten. Die Dornhai-Populationen um Südafrika und im Südpa- zifik um Australien und Neuseeland herum werden nach Angaben der IUCN-Roten-Liste als „nicht gefährdet“ eingestuft. Für die Zukunft bietet sich bezogen auf den Dornhai noch eine weitere Alternative: Es gibt derzeit vielversprechende Bestrebungen, den Dornhai als erste Haiart durch den Marine Stewardship Council, MSC, zertifizieren zu lassen. Nach jetziger Planung, wird diese MSC-Zertifizierung bereits Ende 2009 ihren Abschluss gefunden haben. Wir befürworten eine Zertifizierung durch den MSC, weil dadurch die nachhaltige Bewirt- schaftung von Dornhaibeständen gesichert wird. Das heißt, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher auch künftig nicht völlig auf den Genuss der beliebten Schil- lerlocken verzichten müssen. Als Schillerlocken werden die geräucherten Bauchlappen des Dornhais bezeichnet. Aus Sicht der FDP ist von besonderer Bedeutung, dass im EU-Aktionsplan ein umfassendes Verbot des Finnings EU-weit implementiert wird. Nur durch eine solche Maßnahme kann sichergestellt werden, dass diese tierschutzwidrige Praxis endlich beendet wird. Beim so- genannten Finning werden den Fischen die Flossen ab- geschnitten, und die oft noch lebenden Tiere werden an- schließend ins Meer zurückgeworfen. Die gewonnenen Haifischflossen werden als beliebte Delikatesse zumeist auf dem asiatischen Markt vertrieben; sie finden sich aber auch auf den Speisekarten vieler europäischer Res- taurants wieder. Die FDP setzt sich in diesem Bereich für die von Fi- schereiwissenschaftlern schon seit langem geforderte Hai-Ganzkörperanlandung im Hafen ein – nur so kann gewährleistet werden, dass kein Finning praktiziert wird. Ein weiteres Ziel muss nach unserer Auffassung sein, auf internationaler Ebene konsequent für eine Verbesse- rung des Schutzes gefährdeter Haiarten einzutreten. Die Verminderung von Haifisch-Beifängen im Bereich der Industriefischerei ist hierfür eine geeignete Maßnahme. Die FDP hatte bereits in der vergangenen Legislatur- periode in ihrer Initiative: „Industrieller Fischfang in Nord- und Ostsee“, Bundestagsdrucksache 15/1447, ge- fordert, die Industriefischerei in den EU-Gewässern ein- zuschränken. Weder die rot-grüne noch die jetzige Bun- desregierung haben in diesem Bereich bislang etwas unternommen. Die im Antrag von Bündnis 90/Die Grünen gestellte Forderung zur stärkeren Kontrolle und Überwachung von Fischtrawlern der EU-Fangflotte verkennt, dass be- reits heute umfangreiche Überwachungsmaßnahmen er- folgen. Eine zusätzliche Verschärfung der Kontrollen in der Fischerei führt zu weiterem bürokratischen Aufwand und ist für die Fischer nicht mehr hinnehmbar. Trotzdem stimmt die FDP-Bundestagsfraktion dem vorliegenden Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zu. Wir wollen, dass der EU-Haiaktionsplan zügig konkretisiert und umge- setzt und das jeglichem Tierschutz widersprechende Fin- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 23357 (A) (C) (B) (D) ning beendet wird. Die Einschätzung der Großen Koali- tion, es sei schon alles getan worden, teilen wir nicht. Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Die Linke unterstützt ausdrücklich den Antrag der Fraktion Bünd- nis 90/Die Grünen zur Stärkung des europäischen Hai- schutzes. Knorpelfische, zu denen der Hai gehört, zählen zu den ältesten Lebewesen. Ihr Alter wird auf mehr als 400 Millionen Jahre geschätzt. Gegenüber anderen Fischarten zeichnen sie sich durch ein sehr langsames Wachstum und ein spätes Einsetzen der Geschlechtsreife aus. Beim Dornhai zum Beispiel setzt die Geschlechts- reife erst mit etwa 25 Jahren ein. Die Fortpflanzungsrate ist vergleichsweise niedrig. Das alles führt dazu, dass Haie besonders empfindlich auf Fischerei reagieren. Bestandsverluste sind kaum aus- zugleichen. Daraus folgt, dass Maßnahmen zur Erhal- tung der Bestände langfristig angelegt werden und einer strengen Kontrolle unterliegen müssen, so Haifischex- pertin Diane E. Notwendig. Artenspezifische Fangme- thoden sowie die weltweite Ächtung der grausamsten Methode der Haitötung, des „Finnings“ – hier werden nach dem Fang die Flossen abgetrennt; anschließend wird der Hai wieder ins Meer geworfen, wo er elend zu- grunde geht – sind erforderlich. Im Hinblick auf artenspezifische Fangmethoden sind vor allem solche zu fördern, die ungewünschten Beifang weitgehend verhindern. Täglich werden Hunderte Ton- nen Beifang über Bord gekippt. Beifang kann man fol- gendermaßen illustrieren: Man nimmt eine Tüte Smar- ties, sucht sich die roten heraus und wirft den Rest weg. Dem Meer zurückgegebener Beifang hat zumeist eine schlechte Überlebenschance. Mit dem EU-Haiaktionsplan sollen der Erhalt und die Bewirtschaftung der Haifischbestände streng reguliert werden. Darüber hinaus ist vorgesehen, die Bevölkerung über die Gesundheitsgefahren beim Verzehr von Haifleisch aufzuklären. Bei Stichprobenuntersuchungen, auch in Deutschland, wurden Konzentrationen von Me- thylquecksilber festgestellt, die deutlich über dem Grenzwert lagen. In einem vom Sharkprojekt initiierten Forschungsprojekt – vergleiche „Unterwasser“ 10/05 – wurde zudem auf die gesundheitlichen Folgen aufmerk- sam gemacht. Zur Stärkung des Haifischschutzes fordert die Linke: Erstens dürfen Haifische und Kadaver innerhalb der EU zur besseren Finningkontrolle nicht mehr getrennt entla- den werden, um Kontrolle zu ermöglichen, zweitens for- dern wir das Ganzkörperanlandungsgebot – Verhältnis zwischen Flossen und Kadavern zur Finningkontrolle –, drittens die Entwicklung und Umsetzung eines ökosys- temrelevanten europäischen Aktionsplanes für Haie mit Fangbegrenzungen nach wissenschaftlicher Maßgabe, viertens den Schutz der von der Ausrottung bedrohten Haiarten – Aufnahme in den Anhang II des Washingto- ner Artenschutzabkommens CITES, fünftens die Reduk- tion der Beifangmengen in der Fischerei – Änderungen der Fischereitechniken – die Reduktion der Überkapazi- täten der europäischen Fischfangflotten und das Verbot der Grundschleppnetzfischerei, sechstens die wissen- schaftliche Erfassung der existierenden Haibestände, siebtens fordern wir die Erfassung und zentralisierte Sammlung von Daten über den Handel mit Haien, ach- tens eine verbraucherschutzrelevante Informationspoli- tik und Transparenz über giftige Inhaltsstoffe, die beim Verzehr von Raubfischarten zwangsläufig aufgenommen werden, und neuntens die Errichtung großflächiger Mee- resschutzgebiete. Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Entgegen weitverbreiteter Vorstellungen, Haie kämen bei uns nicht vor, leben etwa 130 verschiedene Hai-, Rochen- und Chimärenarten in den EU-Gewäs- sern. Deren Bestände wurden in den letzten Jahren stark dezimiert. Gründe dafür sind hauptsächlich die nicht nachhaltige Fischerei und die gestiegene Nachfrage nach Haiprodukten, insbesondere nach Haiflossen im asiatischen Raum. Haie werden nicht nur als Beifang angelandet, sondern seit Mitte der 80er-Jahre auch verstärkt gezielt gejagt. Haie aber sind gegenüber Überfischung besonders empfindlich, da die meisten Haiarten sehr langsam wachsen, sehr alt werden und nur wenige Nachkommen haben. Laut Weltnaturschutzunion, IUCN, ist rund ein Drittel der Haiarten in den europäischen Gewässern vom Aussterben bedroht. Zudem gibt es einen deutlichen all- gemeinen Rückgang der Haipopulationen. Neben der negativen Auswirkung der Dezimierung der Haibestände auf die Haiarten selbst kann diese auch sehr ernste Folgen für das gesamte Meeresökosystem sowie die Fischereiwirtschaft haben. Haie stehen im Meeresöko- system an der Spitze der Nahrungspyramide, sie tragen zur Gesunderhaltung der Beutetierbestände bei und haben daher eine wichtige Funktion. Ein stärkerer Schutz der Haie – insbesondere der bereits gefährdeten – ist daher dringend erforderlich. Am 5. Februar hat die EU-Kommission einen Aktions- plan zur Erhaltung und Bewirtschaftung der Haibestände in europäischen Gewässern – den sogenannten Haiaktions- plan – vorgelegt. Wir begrüßen diesen Schritt der EU- Kommission sehr, da der Aktionsplan gute Vorschläge für Maßnahmen enthält, um unter anderem Haibestände und -fischereien sowie die Rolle der Haiarten im Öko- system besser zu erforschen, eine nachhaltigere, gezielte Haifischerei durchzusetzen und Beifänge zu regulieren und eine strengere Überwachung des Finningverbots zu erzielen. Teilweise sind die Vorschläge im EU-Haiaktionsplan je- doch sehr vage gehalten, weswegen die Phase der Imple- mentierung der vorgeschlagenen Maßnahmen und die Um- setzung des Aktionsplans nun entscheidend sein werden. Bereits am 24. und 25. April soll auf der Ratssitzung über den Aktionsplan entschieden werden. Daher for- dern wir die Bundesregierung auf, sich bei dieser Rats- sitzung im Sinne des Haischutzes für eine konsequente und zügige Verabschiedung und Umsetzung des EU-Hai- aktionsplans einzusetzen und bereits im Vorfeld konkrete Maßnahmen zu erarbeiten. 23358 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 (A) (C) (B) (D) Konkret fordern wir die Einführung einer obligatori- schen Meldepflicht der Haifänge und Beifänge von Haien für die EU-Mitgliedstaaten, um die Situation der Bestände besser erfassen zu können, die Fang- und Beifanghöchst- grenzen für alle Haiarten zu reduzieren und für gefährdete Haiarten wie Dornhai oder Heringshai auf Null herabzu- setzen, die Schließung der Ausnahmeregelungen und Schlupflöcher des EU-weiten Finningverbots und stärkere Kontrollen an Bord der Fischtrawler zur Überwachung des Verbots und die Aufklärung und Information der Be- völkerung über mögliche gesundheitsschädigende Aus- wirkungen des Verzehrs von Haifleisch zu verstärken. Auch in Deutschland wird Haifleisch – unter anderem in Form von Haisteaks oder vor allem unter dem Namen Schillerlocke – konsumiert. Doch der Verzehr kann nega- tive Folgen für die Gesundheit haben, da Haifleisch stark mit toxischen Substanzen wie Methylquecksilber belastet ist, welches von der WHO als möglicher Krebsauslöser geführt wird. Es ist höchste Zeit, den Haischutz auf europäischer Ebene voranzutreiben. Der Aktionsplan der EU-Kom- mission muss daher zügig und konsequent umgesetzt werden. Im Sinne eines konsequenten Verbraucherschutzes ist darüber hinaus die Aufklärung über mögliche gesund- heitliche Risiken durch den Verzehr von Haiprodukten dringend erforderlich. Ich bitte Sie daher, unserem Antrag zuzustimmen. Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Vorschrif- ten der Zahlungsdiensterichtlinie (Zahlungs- diensteumsetzungsgesetz) (Zusatztagesordnungs- punkt 8) Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU): Wir fassen heute den Beschluss über das Zahlungsdiensteumset- zungsgesetz (ZAG). Welche Ziele verfolgen wir damit? Zum einen die gebotene Umsetzung der europäischen Zahlungsdiensterichtlinie. Inhaltlich geht es um eine an- gemessene Aufsicht über den Zahlungsverkehr, um mehr Wettbewerb im Binnenmarkt und mehr Nutzen für Kun- den und Anbieter. In den vergangenen Wochen haben wir in großer Detailarbeit eine Vielzahl von Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf vorgenommen. Diese Detailarbeit hat sich auch in ergänzenden Hinwei- sen im Ausschussbericht fortgesetzt. Herauszustellen sind sicher folgende Punkte: Wir stärken die Aufsicht nochmals deutlich. Dies ist wichtig unter dem Eindruck der Finanzmarktkrise. Dafür führen wir Monatsausweise für Zahlungsinstitute ein, damit Behörden schnellen Zu- gang zu Informationen haben. Und wir stellen klar, dass Eigenkapital in Institutsgruppen nicht mehrfach genutzt werden kann. Wir können darüber hinaus auch davon ausgehen, dass im sogenannten Abrechnungsverkehr keine Aufsichtslücken bestehen. Wir stärken den Wett- bewerb erheblich. Und hierauf lege ich für die CSU be- sonderen Wert. So gibt es jetzt einen klaren Hinweis auf die Zuständigkeit der Kartellbehörden im Gesetz. Dies ist wichtig, falls Zahlungsdienstleistern der Zugang zu Zahlungssystemen verwehrt werden sollte. Die Bundes- regierung soll zudem prüfen, ob die gefundene Regelung ihr Ziel effektiv erfüllt. Es erfolgt eine deutliche Beto- nung des freien Marktzugangs ohne Diskriminierung, vor allem auch für grenzüberschreitende Tätigkeiten. Wir grenzen ein, wem gegenüber Teilnehmer an Zah- lungssystemen interne Daten offenlegen müssen. Dies hätte sonst zur Offenbarung von Geschäftsgeheimnissen führen können. Von den Maßnahmen profitieren insbe- sondere kleine und neue Unternehmen – und selbstver- ständlich der Kunde. Wir haben beträchtlich entbürokra- tisiert. So ist nun klargestellt, dass nur die jeweils strengeren Anforderungen gelten, wenn im ZAG und KWG parallele Regelungen vorhanden sind. Münzgeld- handling soll in der Regel nicht unter eine Aufsicht fal- len. Zahlungen innerhalb von Konzernen oder Verbund- gruppen sind nicht erfasst. Damit haben wir auch ein einhelliges Petitum von Bundesrat und Zentralem Kredit- ausschuss aufgenommen. Automatisch erteilte Erlaub- nisse für Zahlungsdienstleistungen sollen darüber hinaus einfach und unbürokratisch zurückgegeben werden kön- nen. Nach dem Jahressteuergesetz 2009 waren eine Reihe von Folgeänderungen im Kreditwesengesetz notwendig geworden, die wir jetzt umgesetzt haben. Für einige Un- ternehmen, zum Beispiel Acquirer im Kreditkartenge- schäft, ist von besonderer Bedeutung auch die Korrektur eines Schreibfehlers in der Zahlungsdiensterichtlinie, so- weit dies national möglich ist. Formal korrekt kann dies zwar nur auf EU-Ebene erfolgen. Wir haben aber im Be- richt klargestellt, dass die Behörden ihre Verwaltungs- praxis anpassen sollen. Kein Unternehmen soll wegen eines Schreibfehlers der EU Nachteile erleiden. Auch aus Verbrauchersicht ist das ZAG ein großer Schritt nach vorne. Einige sehen zwar die Gefahr von re- volvierenden Krediten und Überschuldung der Verbrau- cher. Diese Befürchtung teile ich aber nicht. Das deut- sche Kreditkartensystem ist einfach nicht mit dem angelsächsischen System vergleichbar. Außerdem hätte eine von der Richtlinie abweichende Regelung dem „Eu- ropäischen Pass“ widersprochen. Dieser setzt voraus, dass Zahlungsdienste in allen EU-Ländern nach den gleichen Bedingungen angeboten werden können. Zu- dem wird im ZAG nur der aufsichtsrechtliche Teil der Richtlinie umgesetzt. Weitergehende Überlegungen zum Verbraucherschutz sollten daher im Verfahren zum zivil- rechtlichen Teil angesprochen werden; denn dort geht es um das Verhältnis von Kunde zu Zahlungsdienstleister. Aber auch im Rahmen des ZAG haben wir viel für den Verbraucherschutz getan. Es gibt nun klare Anforderun- gen an Zahlungsinstitute, zum Beispiel bezüglich der Eigenmittelanforderungen. Wir haben die Regelungen auch für andere Sicherungsmaßnahmen im Sinne der Verbraucher ausgeschöpft, anders als in anderen Län- dern. Ein Beispiel: Es gibt eine strikte insolvenzrecht- liche Absicherung von Kundengeldern bei Zahlungs- instituten. Dies ist der Ersatz für die fehlende Einlagensicherung. Deshalb müssen Kundengelder auf Treuhandkonten verwaltet oder von Banken oder Versi- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 23359 (A) (C) (B) (D) cherungen garantiert werden. Dies gilt in Deutschland auch unterhalb der Summe von 600 Euro. Vor allem aber wird der Verbraucher von mehr Wettbewerb, mehr Transparenz im einheitlichen europäischen Markt und klaren Zuständigkeiten der Aufsicht profitieren. Ein besonderer Punkt war die Frage der Änderung des Informationsfreiheitsgesetzes. Dabei geht es um eine Abwägung der Informationsinteressen der Bürger mit dem öffentlichen Interesse an einer funktionierenden Aufsicht. Der Bundesrat hat den Wunsch geäußert, eine sogenannte Bereichsausnahme für die Finanzaufsicht in das IFG aufzunehmen und so die Aufsicht zu stärken. Diese ist auch auf vertrauliche Informationen angewie- sen. Das gilt auch für die internationale Zusammenarbeit mit anderen Behörden. Andererseits ist das Informa- tionsrecht der Bürger wichtig, gerade in Zeiten der Fi- nanzmarktkrise. Der Punkt war auch in der Anhörung sehr umstritten. Vor diesem Hintergrund haben Gesprä- che innerhalb und zwischen den Fraktionen ergeben, dass noch offene Fragen und weiterer Diskussionsbedarf bestehen. Wir ändern deshalb das IFG im Rahmen des ZAG nicht. Insgesamt lautet das Fazit: Wir haben unsere Ziele erreicht. Der Aufsichtsteil der Zahlungsdienste- richtlinie ist umgesetzt, die Aufsicht über Zahlungsinsti- tute gestärkt. Wir haben mehr Wettbewerb durch freien Marktzugang für Zahlungsinstitute. Dadurch erzielen wir mehr Nutzen für Kunden und Anbieter bei gleichzei- tig hohem Niveau des Verbraucherschutzes. Das Stim- mungsbild gibt dieser Einschätzung Recht. Die betroffe- nen Verbände sind zufrieden, im Ausschuss hat auch die Opposition vielen Punkten zugestimmt. Und in einer produktiven Zusammenarbeit mit der SPD konnten wir unsere Verbesserungsvorschläge zielstrebig umsetzen. Martin Gerster (SPD): Wir haben die letzte Sitzungs- woche vor Ostern. Lassen sich mich deshalb einen gewag- ten Vergleich anstellen. Ich möchte das „Zahlungsdienste- umsetzungsgesetz“, das wir heute beschließen wollen, einmal mit einem Osternest vergleichen: Das Gesetz ist rund, die Inhalte stimmen, und das Gesamtwerk stößt all- gemein auf große Zustimmung. Zunächst galt es aber, ein unschönes Kuckucksei zu entfernen, das dem Gesetz untergeschmuggelt werden sollte. Ein Ei, das – so meine Wahrnehmung – mehr Schlagzeilen produziert hat, als der eigentliche Entwurf, um den es heute gehen soll. Ich spreche vom durch den Freistaat Bayern angestoße- nen Versuch, den Gesetzentwurf als Vehikel zu nutzen, um das Informationsfreiheitsgesetz aufzuweichen. Ge- fordert wurde nicht mehr und nicht weniger als eine Bereichsausnahme für alle im Sektor Finanzaufsicht täti- gen Behörden und öffentlichen Stellen. Ich hatte diesen hochproblematischen Punkt ja bereits in meiner Rede zur ersten Lesung angesprochen und meine Skepsis gegenüber allen Plänen ausgedrückt, Hand an das IFG zu legen. Umso mehr freue ich mich, dass sich alle Frak- tionen des Hauses mittlerweile auf dieser Linie versam- melt haben, ohne sich vor den Karren ihrer Parteifreunde in der bayerischen Landesregierung spannen zu lassen. Dem Kollegen Uhl stimme ich jedenfalls vollkommen zu, dass diese Bundesratsinitiative zumindest „politisch instinktlos“ ist – wenn nicht Schlimmeres. Für uns Sozialdemokraten steht fest: Am Recht der Bürgerinnen und Bürger auf Informationen aus der Verwaltung wird nicht gerüttelt – auch wenn es für die betroffenen Behörden unbequem sein mag. Es wäre aber auch naiv zu ignorieren, dass es tatsächlich Versuche gibt, das Informationsfreiheitsgesetz gezielt zu miss- brauchen. Beispielsweise um sich Auskünfte über Geschäftsgeheimnisse Dritter zu beschaffen. Die damit verbundenen Gefahren müssen wir ernst nehmen und an das Verantwortungsgefühl jener appellieren, die glauben, sich solcher Manöver bedienen zu müssen. Machen wir uns klar: Die aktuelle Krise der Finanz- märkte stellt ein Umfeld dar, in dem schon kleinste In- diskretionen zur Situation von Banken und Unternehmen kritische Konsequenzen haben können. Dennoch ist und bleibt die Informationsfreiheit ein zentrales Bürgerrecht, an dem wir aus Prinzip festhalten. Ich will aber nicht darüber sprechen, was wir – aus gutem Grund – nicht machen, sondern den eigentlichen Inhalten des Zahlungsdiensteumsetzungsgesetzes zu ihrem Recht verhelfen. Die können sich nämlich, wie ich meine, durchaus sehen lassen: Mit dem Gesetz setzen wir die aufsichtsrechtlichen Vorgaben der EU-Zahlungsdiensterichtlinie eins zu eins in nationales Recht um – eine wichtige Weichenstellung für die Etablierung eines gemeinsamen europäischen Zahlungsraums. Den Hauptteil des Entwurfs bildet das sogenannte Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz, ZAG. Damit wird unter anderem ein Rechtsrahmen für die neu zu eta- blierende Kategorie der Zahlungsinstitute geschaffen, die bislang keinem harmonisierten Aufsichtsregime in der Europäischen Union unterworfen waren. Zudem werden Zahlungsinstitute zukünftig einer Solvenzaufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht un- terliegen. Damit sollen eine laufende Aufsicht über diese Zahlungsinstitute sichergestellt und für den Kunden im Falle einer Zahlungsunfähigkeit bestehende Ausfallrisi- ken minimiert werden. Wir schaffen also mit dem Gesetz Strukturen für alle Zahlungsinstitute, die wie bei Banken über die Einhaltung der entsprechenden Sicherungsmaß- nahmen und -regeln wachen. Somit wird das Aufsichtsge- fälle behoben, das sonst zwischen Kreditinstituten und im Sinne der Richtlinie als Zahlungsinstituten definierten Un- ternehmen bestehen bliebe. Wie uns die Anhörung vom 11. Februar bestätigt hat, liegen wir mit dem Gesetz richtig. So stießen die Pläne zur Richtlinienumsetzung bei den geladenen Sachverstän- digen und Verbänden auf breite Zustimmung. Dort wo es Bedenken gab, konnten wir sie weitestgehend ausräumen: Das betraf zum einen Fälle, in denen Unklarheiten be- standen, ob und inwiefern Zahlungsdienstleister unter den Anwendungsbereich und die Aufsichtsregelungen des ZAG fallen würden. Zum anderen ging es um die Vermeidung unnötiger Doppelaufsichten und bürokrati- scher Belastungen für die entsprechenden Unternehmen. Zu guter Letzt will ich noch erwähnen, dass uns daran gelegen war, die notwendige Einbindung der jeweils 23360 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 (A) (C) (B) (D) zuständigen Kartellbehörden auch im Gesetz zu betonen. Schließlich wollen wir mit der Umsetzung der Richtlinie Markteintrittsbarrieren abbauen und gleiche Wettbewerbs- bedingungen im europäischen Binnenmarkt schaffen. Doch auch hier braucht der Markt einen klaren ord- nungspolitischen Rahmen. Gerade auf europäischer Ebene sehe ich gegenwärtig noch Nachholbedarf, wenn es darum geht, die Kräfte des Marktes im Sinne der Menschen zu zügeln. Das hat sich auch im Zuge der Verhandlungen um die Zahlungsdienste- richtlinie gezeigt. In diesem Zusammenhang darf ich das Engagement der Bundesregierung loben, die die Zeichen der Zeit erkannt und sich hier klar auf der Seite der Marktregulierung und des Verbraucherschutzes positioniert hat. So wurde die von anderen Ländern gewollte Aufweichung der aufsichts- rechtlichen Anforderungen an das Kreditkartengeschäft in vielen Punkten erfolgreich verhindert. Beispielsweise konnte erreicht werden, dass bei von Zahlungsinstituten ausgegebenen Karten Kredite innerhalb von 12 Monaten zurückgeführt werden müssen. Das mag dem einen oder anderen nicht kurz genug sein. Aber es ist ein Schritt und sollte ausreichen, um Probleme vermeiden, wie wir sie bei überschuldeten Kreditkartennutzern aus den USA kennen. Auf diese Gefahren hinzuweisen, wie es Professor Reifner in der Anhörung getan hat, ist sicherlich ver- dienstvoll, wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass es sich bei den in Deutschland üblichen Kreditkarten in der Regel um sogenannte Debit-Karten handelt, die monats- weise vom normalen Girokonto abgerechnet werden. Ich sehe deshalb auch nach der Umsetzung der Richtlinie nicht, dass uns amerikanische Verhältnisse ins Haus stehen. Überdies muss ich an dieser Stelle auf eines hinwei- sen: Das Gesetz, über das wir hier beraten, stellt nur ei- nen Teil der Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie dar. Die zivilrechtlichen Regelungen, die das Verhältnis zwischen Zahlungsinstituten und Kunden regeln, werden in einem separaten Gesetzgebungsverfahren behandelt. Federführend ist hier der Rechtsausschuss. Ich empfehle deshalb grundsätzlich, die entsprechenden Sachfragen im Rahmen dieses Teils der Richtlinienumsetzung zu klären. Was die Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Vor- schriften der Zahlungsdiensterichtlinie angeht, lautet mein Fazit: Als deutscher Gesetzgeber können wir diese Vollharmonisierung in voller Harmonie zu einem guten Abschluss bringen. Frank Schäffler (FDP): Die FDP-Fraktion stimmt dem vorliegenden Gesetzentwurf zu, da es sich im Wesent- lichen um eine Eins-zu-eins-Umsetzung der EU-Richtlinie handelt. Ob es in Einzelpunkten zu Wettbewerbsverzer- rungen oder Doppelaufsichten kommt, müssen wir bei der Gesetzesanwendung weiterhin im Auge behalten. Wesentlicher Diskussionspunkt im Rahmen der Ge- setzesberatung war eine vom Bundesrat vorgeschlagene Einschränkung des Informationsfreiheitsgesetzes. Der Bundesratsinitiative Bayerns hatten übrigens elf Bundes- länder, unter anderem Hamburg, zugestimmt. Wir haben als FDP-Fraktion bereits zu Beginn der Beratungen im Finanzausschuss deutlich gemacht, dass wir diese Ein- schränkung ablehnen. Um die Lehren aus der Finanzkrise zu ziehen, muss auch transparent gemacht werden, wie die Bankenauf- sicht im Einzelfall gehandelt hat. Um diesen Punkt auch politisch vernünftig aufarbeiten zu können, dürfen die Akten nicht verschlossen bleiben. Daneben bekennen wir uns natürlich zum Ziel einer effektiven Finanzaufsicht. Wenn schützenswerte Daten von Unternehmen betroffen sind, müssen diese im Einzelfall vertraulich bleiben. Das Informationsfreiheitsgesetz enthält eine Reihe von Ausnahmen zum Schutz öffentlicher und privater Belange. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind gene- rell geschützt, und eine entsprechende Beauskunftung nach dem Informationsfreiheitsgesetz erfolgt nicht, wenn solche Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse dadurch ver- letzt werden könnten. Darauf hat der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in der Anhörung ausdrücklich hingewiesen. Da somit auch die Interessen der Finanzinstitute berücksichtigt werden, lehnen wir eine Einschränkung der berechtigten Infor- mationsansprüche der Bürger ab. Das vorliegende Gesetzgebungsverfahren ist nur der aufsichtsrechtliche Teil der nationalen Umsetzung der Single Euro Payments Area, SEPA. Wir sollten auch in den anderen Bereichen der SEPA-Umsetzung möglichst unbürokratische Verfahren wählen. Der einheitliche Euro-Zahlungsverkehrsraum, der der deutschen Kredit- wirtschaft erhebliche Anstrengungen abverlangt, muss für Bürger und Unternehmen so attraktiv wie möglich gestaltet werden, damit die SEPA-Produkte auch ange- nommen werden. Um die kritische Masse bei der SEPA- Nutzung zu erreichen, muss auch die öffentliche Hand SEPA aktiv nutzen. Über 50 Prozent des Zahlungsver- kehrs in Deutschland erfolgen durch die öffentliche Hand. Deshalb ist die Beteiligung der öffentlichen Hand an dem politisch gewollten Projekt SEPA eine Grundvorausset- zung für eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung. Dr. Axel Troost (DIE LINKE): Ich will meine Aus- führungen unter die Überschrift stellen: Gestaltungs- spielräume nutzen: Verantwortungsvolle Kreditvergabe statt Überschuldung und Wucher. Wenn EU-Richtlinien in nationales Recht umgesetzt werden, gibt es immer Gestaltungsspielräume. Gerade bei der Zahlungsdienste- richtlinie kommt es darauf an, diese zu nutzen. Nur so können wir Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer schüt- zen. Daher lege ich mein Hauptaugenmerk auf eben diese Spielräume, die im Gesetzentwurf der Bundesre- gierung leider noch ungenutzt sind. Die EU-Richtlinie sieht vor, den europäischen Zahlungs- verkehr zu vereinheitlichen. Dazu zählt, auch Institute ohne Bankerlaubnis zum Zahlungs- und Kreditgeschäft zuzu- lassen. Konkret: Mobilfunkbetreiber, Kreditkartenanbie- ter und Einzelhandelsunternehmen können bald Geldge- schäfte abwickeln, ohne mit einer zugelassenen Bank Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 23361 (A) (C) (B) (D) zusammenzuarbeiten. Da klingeln sicherlich bei vielen die Alarmglocken, was das für den Verbraucherschutz oder die Finanzstabilität bedeutet. Die Alarmglocken läuten völlig zu Recht und hoffentlich auch im Bundes- tag laut genug. Der Sinn der Richtlinie besteht darin, den Zahlungs- verkehr zu vereinheitlichen – nicht mehr und nicht weni- ger. Genau da können und müssen wir ansetzen. Auf genau dieses Ziel müssen wir die Freigabe von Kreditge- schäften beschränken. Und in der Tat: Die Richtlinie überlässt es dem nationalen Gesetzgeber, die Grenzen ab- zustecken – zwischen Zahlungsverkehr einerseits und weiterreichender Kreditvergabe andererseits. Weil genau dieser Spielraum im vorliegenden Gesetzentwurf nicht sinnvoll genutzt wird, hat die Linke im Finanzausschuss noch auf Änderungen gedrungen. Unser entsprechender Änderungsantrag ist aber leider – ich würde sogar sagen: gegen besseres Wissen – abgelehnt worden. Wir haben eine Änderung von § 2 Abs. 3 zur exakte- ren Definition des Erlaubnisvorbehalts vorgeschlagen. Die von uns vorgeschlagene Formulierung hätte eine klare einschränkende Definition zu dem Verhältnis von Zahlungsvorgang und Kreditgewährung dargestellt. Sie hätte einerseits Gewähr dafür geboten, dass den Notwen- digkeiten des Zahlungsverkehrs Rechnung getragen wird, und andererseits die Gefahr der Überschuldung durch Kreditkartenkredite weitgehend gebannt. Dabei haben wir auch der von der Bundesregierung vorgetragenen Auffassung widersprochen, dass der Schutz vor Wucher und Überschuldung ausschließlich zivilrechtlich, nicht aber aufsichtsrechtlich bewerkstelligt werden könne. Es geht uns darum, klar zu definieren und einzugren- zen, welche Kreditgeschäfte ohne Bankzulassung getä- tigt werden dürfen. Der Gesetzesentwurf der Bundesre- gierung hingegen überlässt das der freien Gestaltung der Anbieter. Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Nicht-Banken weiterhin unentgeltlich Kurzkredite ver- geben – etwa beim Kauf eines Kühlschranks, eines Fern- sehers oder einer Musikanlage. Was jedoch nicht den Bach hinuntergehen darf, sondern was wir stärken müs- sen, ist eine verantwortungsvolle Kreditvergabe. Wir lehnen es daher ausdrücklich ab, dass Nicht-Banken per Barabhebung am Automaten Kredite verkaufen dürfen. Hochgradig tückisch sind auch Geschäfte mit Kreditkar- ten, deren Zinsen sich danach richten, wann jede ein- zelne Zahlung erfolgt: Es reicht dann nicht, den ausste- henden Gesamtbetrag im Blick zu haben. Vielmehr muss man jede einzelne Zahlung im Kopf behalten. Denn vom Zeitpunkt jeder Zahlung hängt ab, wie hoch und wie lange der Teilbetrag verzinst wird. Die fehlende Trans- parenz birgt die Gefahr, sich zu überschulden oder schlicht mehr zu zahlen als nötig. Schuldnerberatungen aus den USA und Großbritannien verweisen auf eine Vielzahl von Fällen, in denen sich aus Zinseszinsen er- drückende Überschuldungssysteme entwickelt haben. Wir fordern: Kreditverträge müssen transparent sein. Und die Kreditvergabe muss über die gesamte Laufzeit fair erfolgen. Dafür tritt die Linke ein. Wir wollen, dass entgeltliche Ratenkredite von über zwölf Monaten nur durch reguläre Banken vergeben werden. Reguläre Ban- ken unterliegen im Gegensatz zu anderen Anbietern der regulären Bankaufsicht. Auch brauchen Kreditnehmerinnen und Kreditneh- mer wirksame Mittel, um ihre Rechte zu vertreten. Ebenso wie Verbraucherschutzorganisationen halten wir es deshalb für dringend geboten, die Informationsfreiheit zu wahren. Das heißt: Beweise, die der Finanzaufsicht vorliegen, müssen auch den Beschwerdeführern zugäng- lich sein. Die europäische Richtlinie bietet diese Spielräume. Es ist unsere Aufgabe, sie zu nutzen. Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir Grünen befürworten grundsätzlich den europäischen Zahlungsverkehr. Es entspricht der Lebenswirklichkeit vieler Menschen, zwischen den EU-Staaten zu pendeln und ihren Lebensmittelpunkt nicht mehr eindeutig in ei- nem Staat zu haben. Es macht Sinn, wenn innerhalb der EU einheitliche Regeln in diesem Bereich herrschen. Die Staatengemeinschaft hat hier ganz klar die Rege- lungskompetenz. Das vorliegende Gesetz setzt die ent- sprechenden EU-Richtlinien in deutsches Recht um. In dem Gesetz geht es primär um den Marktzugang der An- bieter und um aufsichtsrechtliche Fragen. Zivilrechtliche Aspekte werden in einem eigenen Gesetz behandelt. Trotz der grundsätzlichen Zustimmung zur Idee des europäischen Zahlungsverkehrs wird die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen gegen das Gesetz stimmen. Hauptgrund dafür ist, dass die Belange der Verbrauche- rinnen und Verbraucher im Gesetz zu wenig berücksich- tig wurden und die Bundesregierung mit ihrer Gesetzes- vorlage hinter dem Spielraum zurückgeblieben ist, den die EU-Richtlinie geboten hätte. Während der Beratungen im Bundesrat hat die bayeri- sche Landesregierung – unter Beteiligung der selbster- nannten Bürgerrechtspartei FDP – einen Änderungsvor- schlag eingebracht, der die Bestimmungen des Informationsfreiheitsgesetzes, IFG, stark beschnitten hätten. Mit der Umsetzung der EU-Richtlinie hat das nichts zu tun, aber CSU und FDP wollten sich offen- sichtlich nicht die Gelegenheit entgehen lassen, die In- formationsrechte der Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Finanzaufsicht zu beschneiden. Dabei sind im IFG ohnehin schon zahlreiche Ausnahmen vorgesehen, die die Wahrung von Geschäftsgeheimnissen der Finanzun- ternehmen sichern. Die Anhörung und die Debatte im Finanzausschuss haben gezeigt, dass eine Einschrän- kung des IFG unnötig ist und die Informationsrecht der Bürgerinnen und Bürger unverhältnismäßig einge- schränkt hätte. Ich bin froh, dass sich CSU und FDP mit ihrem Ansinnen nicht durchsetzen konnten. Die Bundesregierung hat den Spielraum der Richtli- nie nicht zugunsten der Verbraucherinnen und Verbrau- cher genutzt. Es geht um Haftungsfragen bei EC- oder Kreditkarten. Bisher war der Selbstbehalt auf 150 Euro unbesehen weiterer Umstände beschränkt. Das ist nun aufgehoben. Der Verbraucher muss nachweisen, dass er 23362 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 (A) (C) (B) (D) nicht in der Lage war, die Zahlungskarte sperren zu las- sen. Das ist unter Umständen nur schwer zu leisten, um- ständlich und offenbart wenig Zutrauen in die Redlich- keit der Kundinnen und Kunden. Überschuldung ist in Deutschland wahrscheinlich das gesellschaftliche Problem, das am wenigsten Aufmerk- samkeit erfährt. Sehr lange versuchen Menschen mit Zahlungsschwierigkeiten diese zu verschleiern. Der Nachbar, die Familie, die Kollegen sollen nichts merken. Da wir uns aktuell mitten in einer schweren Rezession befinden und die Arbeitslosenzahlen weiter nach oben gehen werden, wird es auch zu mehr Überschuldungen kommen. Dieser Zustand tritt dann ein, wenn Menschen ihre laufenden finanziellen Verpflichtungen nicht mehr aus ihrem regelmäßigen Einkommen bedienen können. Das ZAG bietet neuen Anbietern von Finanzdienst- leistungen einen leichteren Marktzugang. Ihre Geschäfts- praxis konzentriert sich auf das Kreditkartengeschäft. In Deutschland ist es bisher üblich, dass Kreditkarten Zah- lungsaufträge sammeln und dann in einem Vorgang ab- rechnen. Im angelsächsischen Raum haben Kreditkarten eine echte Kreditfunktion. Dabei werden häufig beste- hende mit neuen Krediten beglichen. Das Problem ist, dass der ausstehende Gesamtbetrag keine Auskunft über die Struktur der Verschuldung gibt, da Fristen zu beach- ten sind. Es droht durch diese Unübersichtlichkeit Über- schuldung leichter einzutreten. Hier wären mehr Informationspflichten und Transpa- renz gefordert – gerade vor dem Hintergrund der Kredit- kartenverschuldung in den USA und Großbritannien, die Millionen Menschen in die Überschuldung treibt, wäre es gut gewesen, eine vorsichtige Regelung zu finden, die die Verbraucherinnen und Verbraucher besser schützt. Genauso mit den Bestimmungen zum Abrechungszeit- raum: 12 Monate sind dafür in der Richtlinie vorgese- hen, was zu noch mehr Unübersichtlichkeit beiträgt. Der Abrechnungszeitraum hätte auf vier Monate beschränkt werden müssen. Wir befürchten also, dass hier der Weg für neue Fehl- entwicklungen am Finanzmarkt beschritten wird. 214. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ekin Deligöz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-

    gen! Ich bin Teilnehmerin der seit gestern in Berlin
    tagenden zweitägigen Konferenz gegen sexuellen
    Missbrauch an Kindern. Eines steht fest: Wir stehen in
    Deutschland vor neuen Herausforderungen. Kinder-
    prostitution, Kinderhandel und Kinderpornografie bilden
    einen riesigen Markt mit Millionen Opfern. Laut
    UNICEF werden jährlich 12 Milliarden Euro durch se-
    xuelle Ausbeutung von Kindern weltweit umgesetzt. Da
    dürfen wir nicht wegschauen.


    (Beifall im ganzen Hause)


    Die neuen Medien spielen dabei zwar eine große
    Rolle, aber wir können und dürfen unsere Antworten
    nicht auf ein einziges Thema reduzieren. Wir können
    nicht behaupten, dass das der Haupt- und damit einzige
    Ansatzpunkt bei der Bekämpfung des sexuellen Miss-
    brauchs ist.


    (Ingo Wellenreuther [CDU/CSU]: Hat das irgendeiner behauptet? – Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Das macht doch keiner!)


    Ein Heilversprechen ist das bei diesem komplexen
    Thema auch nicht.

    Die rechtlichen, die technischen Fragen, Frau von der
    Leyen, müssen von uns gestellt werden. Was wäre denn,
    wenn wir sie nicht stellten? Was wäre denn, wenn wir
    auf die heiklen Punkte nicht hinwiesen? Was glauben
    Sie, wie schnell wir ausgelacht werden würden, wenn
    wir eine Regelung träfen, die nicht durchgreift?


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


    Wir müssen diese Fragen schon allein deshalb stellen,
    weil wir Antworten brauchen. Was machen wir mit
    Filesharing? Was machen wir mit Peer-to-Peer-Grup-
    pen? Wie setzen wir uns als Gesetzgeber durch, und
    zwar konsequent


    (Renate Gradistanac [SPD]: Nachhaltig und wirksam!)


    und nicht nur in der Symbolik und in Signalen? Das ist
    doch die Kernfrage!


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Caren Marks [SPD]: Es geht um Wirksamkeit und nicht um Populismus!)


    Ich möchte sogar noch weitergehen und einige Be-
    denken formulieren. Mit den Internetsperren alleine wer-
    den wir den Handel mit kinderpornografischem Material
    nicht zum Erliegen bringen. Mit diesen Sperren alleine
    werden wir kein Kind davor bewahren, missbraucht zu
    werden. Mit diesen Sperren helfen wir keinem einzigen
    traumatisierten Kind, den Weg ins Leben zurückzufin-
    den. Mit diesen Sperren werden wir keinen einzigen Tä-
    ter fassen.


    (Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Sind Sie dafür oder dagegen? – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Prävention!)


    Frau Ministerin, ich frage Sie: Wir hatten in der rot-
    grünen Regierung diesbezüglich einen sehr guten
    Aktionsplan ausgearbeitet. Warum haben Sie diesen
    Aktionsplan nicht weiter verfolgt?


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


    Warum ist in den letzten drei Jahren nichts passiert? Wa-
    rum gibt es keine Projektmittel, und mehr noch, warum
    sind die zuständigen Mitarbeiter im Ministerium inzwi-
    schen mehr oder weniger ins Archiv versetzt worden?
    Sie sind zuständig! Handeln Sie! Geben Sie Antworten
    darauf! Wo ist der Aktionsplan?


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


    Ich frage Sie, Frau Ministerin: Wie kommt es, dass
    100 Teilnehmer einer Konferenz der Meinung sind:
    Wenn in Deutschland etwas passiert, dann beruht es auf
    der Handlungsfähigkeit der Nichtregierungsorganisatio-
    nen und der Ehrenamtlichen? Wo sind Ihre Programme?
    Wo sind Ihre Antworten? Wo ist Ihr nationaler Aktions-
    plan? Warum haben Sie das Engagement von damals ge-
    stoppt?


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Die Aktion ist die Sperrung der Seiten!)


    Ja, Internet erleichtert es den Tätern, Pornografie zu
    verbreiten. Ja, Internet verspricht Anonymität. Aber ge-
    rade die Ermittlungen in diesem Bereich waren in den
    letzten Jahren sehr erfolgreich. Hier müssen wir anset-
    zen und die Polizei und die Ermittlungsbehörden stär-
    ken. Unser Ziel muss sein, die Täter zu ergreifen, und
    deshalb dürfen sie nicht vorgewarnt sein. Wir müssen er-
    reichen, dass so etwas gar nicht erst stattfindet.

    Es gibt auch gute Gründe, diese Internetseiten trotz-
    dem zu sperren. Der beste Grund sind die Kinder.


    (Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Jetzt sind wir beim Thema! – Gegenruf des Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir waren die ganze Zeit beim Thema! – Caren Marks [SPD]: Das andere gehört dazu!)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Ekin Deligöz
    – Was heißt hier: „Jetzt sind wir beim Thema“? Genau
    das ist Ihr Problem: Sie wollen nur etwas herausposau-
    nen. Aber wollen Sie auch wirklich etwas ändern? Wol-
    len Sie etwas bewegen, oder wollen Sie hier nur eine
    Show abziehen?


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Caren Marks [SPD]: Wir wollen etwas bewegen!)


    Müssen wir nicht wirklich handeln, oder geht es hier nur
    um Parteiprogrammatik? Wir sind der Bundestag, wir
    sind verantwortlich, wir müssen handeln! Es reicht nicht,
    leere Versprechungen zu machen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Machen Sie einfach mit!)


    Ich sage ganz deutlich: Es wird nicht reichen, irgend-
    welche Verträge zu schließen. 75 Prozent der Provider,
    sagen Sie, würden damit erreicht. Es müssen aber
    100 Prozent sein.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Ingo Wellenreuther [CDU/CSU]: Deswegen machen wir lieber gar nichts, oder was?)


    Das wäre entschlossenes Handeln. Deshalb brauchen wir
    ein Gesetz, und dafür werden Sie uns auch als Bündnis-
    partner finden, Frau Ministerin, aber nicht für scheinhei-
    lige Angebote, die man nicht erfüllen kann. Machen Sie
    uns eine Vorlage! Die hätten Sie längst machen können.
    Warum haben Sie das nicht getan? Diese Frage müssen
    Sie sich gefallen lassen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

Das Wort hat jetzt die Bundesministerin Brigitte

Zypries.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Brigitte Zypries


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten

    Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Liebe
    Frau Kollegin Deligöz, Ihr letzter Ansatz war leider
    falsch. Wenn wir es schaffen könnten, mit einem Gesetz
    100 Prozent der Kinderpornografie im Internet zu ver-
    hindern, dann wäre ich weiß Gott glücklich. Aber auch
    mit einem Gesetz werden wir das nicht schaffen. Das
    muss man einfach wissen.

    Wovon reden wir denn? Dass Kinderpornografie ein
    fürchterliches Verbrechen ist, darüber sind wir uns alle
    einig, und es ist oft genug gesagt worden. Deshalb wie-
    derhole ich es nicht noch einmal. Aber auch wenn es um
    die Bekämpfung von fürchterlichen Verbrechen geht,
    kann doch der Rechtsstaat nicht vor der Tür bleiben.

    (Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wir können nicht einfach so tun, als bräuchten wir da
    keine Regeln, als wäre die Tatsache der Fürchterlichkeit
    des Verbrechens alleine Grund genug, alles zu rechtferti-
    gen, was man meint, tun zu müssen. Das geht nicht.

    Wir bekämpfen Kinderpornografie seit vielen Jahren.
    Eine der Maßnahmen, die seit vielen Jahren existiert und
    für die allen Providern in Deutschland Dank gebührt, ist,
    dass von allen Seiten, die in Deutschland gehostet wer-
    den, rechtswidrige Inhalte immer sofort heruntergenom-
    men werden. Das gilt nicht nur für Kinderpornografie,
    sondern zum Beispiel auch für Rechtsextremismus. Man
    muss nur mitteilen, dass jemand rechtswidrige Inhalte
    deponiert hat, dann werden diese vom Provider entfernt.
    Das läuft seit vielen Jahren so.


    (Ingo Wellenreuther [CDU/CSU]: Dann ist ja alles gut! – Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Dann können wir ja bei dem bleiben, was wir haben!)


    – Nein, lieber Herr Bosbach, das können wir eben nicht.
    Wir reden nicht über Server, die in Deutschland gehostet
    werden,


    (Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Eben! Jetzt sind wir beim Thema!)


    sondern über solche, die im Ausland gehostet werden.
    Da besteht nun einmal – leider oder auch zum Glück –
    die Schwierigkeit, dass wir dort keine Vorschriften ma-
    chen können.


    (Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Deswegen wollen wir es ja sperren!)


    – Deswegen wollen Sie sperren; das ist eine Überlegung,
    die durchaus richtig ist. Sie wollen die Möglichkeit sper-
    ren, dass ein Internetuser in Deutschland einen bestimm-
    ten Weg auf der Datenautobahn zu einem Server zum
    Beispiel in Australien geht. Das können Sie aber nur,
    wenn Sie sehen, wohin er geht. Das heißt, Sie müssen
    den Internetverkehr filtern. Das ist ein Eingriff in die
    Grundrechte, und deshalb brauchen wir ein Gesetz.

    Darum bin ich froh, dass wir gestern im Kabinett die
    Eckpunkte für einen Gesetzentwurf beschlossen haben,
    den wir hier gemeinsam verabschieden werden.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU])


    Das ist so verabredet, und das ist wichtig und richtig. Es
    ist nichts dagegen zu sagen, dass man versucht, das, was
    man für falsch hält, mit allen Mitteln zu bekämpfen. Es
    zeichnet dieses Hohe Haus aus, dass immer sehr intensiv
    darüber diskutiert wird, welche Weiterungen und Folge-
    rungen das hat und was wir real bewirken können. Da-
    rüber muss man sich immer im Klaren sein. Deswegen
    ist es wichtig und richtig, dass, wie beispielsweise von
    der FDP, gesagt wird, wo die Probleme mit den Internet-
    providern liegen, wo Haftungsprobleme gesehen wer-
    den. Davor kann man die Augen nicht verschließen.






    (A) (C)



    (B) (D)


    Bundesministerin Brigitte Zypries

    (Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Machen wir auch nicht!)


    Das heißt aber nicht, dass wir die Kinderpornografie
    nicht bekämpfen wollten. Selbstverständlich wollen wir
    das. Aber man muss das auf einer klaren, realistischen,
    durchdachten Basis machen. Um nichts anderes geht es.
    Darüber können wir dann sicherlich sehr schnell Einig-
    keit erzielen.


    (Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Wir haben, meine Damen und Herren, in den letzten
    Jahren eine Menge unternommen. Wir haben nicht nur
    die freiwillige Vereinbarung mit den Providern getrof-
    fen, dass von deutschen Servern alles, was rechtswidrig
    ist, heruntergenommen wird, sondern wir haben auch die
    Gesetze verändert. Wir haben das Herstellen, das Ver-
    breiten und den Besitz von Kinderpornografie lückenlos
    unter Strafe gestellt. Es gibt nirgendwo mehr eine Geset-
    zeslücke. Schon der Versuch, sich im Internet kinderpor-
    nografisches Material herunterzuladen, ist eine Straftat.
    In diesem Bereich gibt es immer wieder großartige Er-
    mittlungserfolge. Ich erwähne in diesem Zusammenhang
    nur die Operation „Himmel“ der Behörden in Sachsen-
    Anhalt, die zur Feststellung von 12 000 Verdächtigen in
    Deutschland geführt hat. Es funktioniert also. Diese
    Leute kann man verfolgen, und man kann ihrer habhaft
    werden.

    Ich bin der festen Überzeugung – darüber müssen wir
    aber noch innerhalb der Regierung sprechen –, dass die
    Leute, die versuchen, sich von ausländischen Servern
    Material herunterzuladen, und die ermittelt werden, na-
    türlich auch strafrechtlich verfolgt werden müssen.


    (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wir können nicht sagen „Stopp! Tu das nie wieder!“,
    sondern da müssen wir klare Kante zeigen. Entweder wir
    haben ein Gesetz, das den Versuch unter Strafe stellt – in
    diesem Fall muss es auch vollzogen werden –, oder wir
    müssen das Gesetz ändern. Beides auf einmal können
    wir nicht machen. Davor würde ich warnen; denn damit
    würden wir uns als Gesetzgeber lächerlich machen.

    Die Maßnahmen, die wir in der Vergangenheit auf
    den Weg gebracht haben, zeigen Wirkung. Wir haben
    viel erreicht. Die Zahl von fast 15 000 Verurteilungen im
    Jahre 2006 wurde schon genannt.

    Wir haben auch international eine Menge erreicht. In-
    terpol führt seit Jahren einen bewundernswerten und
    sehr erfolgreichen Kampf gegen die Hersteller dieser Fo-
    tos. Da macht der Generalsekretär von Interpol, Noble,
    eine ausgesprochen gute Arbeit, die man nur loben kann.
    Während unserer Ratspräsidentschaft saßen Staats-
    anwälte aus Deutschland, Experten aus allen EU-Staaten
    und Herr Noble an einem Tisch und haben ganz klar ge-
    sagt: Nationale Lösungen machen keinen Sinn. Wir müs-
    sen sehen, dass wir auf internationaler Ebene gemeinsam
    und geschlossen vorgehen. Das Netz ist international,
    also müssen auch die Handlungen international sein.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Es ist uns wichtig, mit dem Gesetz die rechtlichen Re-
    gelungen dafür zu treffen, dass wir ein Access-Blocking
    machen können. Ich würde noch weitergehen und nicht
    nur die DNS, also die allgemeinen Domänennamen, be-
    rücksichtigen. Wir müssen auch auf die Ebene darunter
    gehen, sonst erreichen wir viel zu wenig. Es ist möglich,
    auf dieser Ebene das Surfverhalten zu verfolgen. Dann
    können wir sagen: Wer immer versucht, auf die Seite
    dieses oder jenes Anbieters zu gehen oder auf diese oder
    jene Inhalte zuzugreifen, wird erstens gestoppt – Ihr Vor-
    schlag – und zweitens strafrechtlich verfolgt.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Denn in Deutschland sind diese Handlungen strafbar.
    Dann sind wir auf einem guten Weg.

    Ich freue mich, dass der Kollege zu Guttenberg ges-
    tern angekündigt hat, sich an einem Gesetzgebungsver-
    fahren zu beteiligen. Es gab schon einmal Versuche, die
    allerdings nicht so erfolgreich waren. Es wäre super,
    wenn es jetzt schneller gehen würde.

    Die SPD-Fraktion wird im Übrigen einen Gesetzent-
    wurf nach der Osterpause vorlegen, wie wir heute von
    Frau Humme gehört haben. Es spricht also alles dafür,
    dass wir bis spätestens Anfang Mai eine Anhörung im
    Deutschen Bundestag durchführen können. Wir können
    dann gemeinsam mit den Sachverständigen die bis dahin
    vorliegenden Entwürfe durchsehen und zu vernünftigen
    Ergebnissen kommen. Ich denke, unser gemeinsames
    Ziel ist es, möglichst viel zu erreichen. Es geht nicht um
    plakative Maßnahmen, sondern es geht darum, bei der
    Bekämpfung der Kinderpornografie im Internet einen
    Schritt weiter zu gehen.


    (Beifall bei der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


    Dem Dank von Frau von der Leyen an die Provider
    schließe ich mich an. Ich finde es gut, dass die Provider
    bereit sind, etwas zu machen. Wir wissen von ihnen,
    dass es drei bis sechs Monate dauert, bis sie die techni-
    schen Voraussetzungen geschaffen haben, um das ma-
    chen zu können, was wir von ihnen wollen, nämlich das
    Access-Blocking zu realisieren. Auch das bestärkt mich
    in meiner Annahme, dass wir im Sommer – ich werde
    mich sehr stark dafür einsetzen – ein entsprechendes Ge-
    setz haben. Bis dahin haben die Internetprovider die
    technischen Voraussetzungen geschaffen, um die Rege-
    lungen dieses Gesetzes umsetzen zu können.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)