Anlage 7
Anlage 8
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009 22331
(A) )
(B) )
Schulen und Hochschulen ausgereicht, obwohl im Rah-Schily, Otto SPD 13.02.2009
schäftigung und Stabilität in Deutschland“ sowie das
Nachtragshaushaltsgesetz 2009.
Mit dem Konjunkturprogramm werden Milliardenbe-
träge an Bundesmitteln für frühkindliche Betreuung,
Paula, Heinz SPD 13.02.2009
Reichel, Maik SPD 13.02.2009
Anlage 1
Liste der entschuldigt
*
A
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
13.02.2009
Bodewig, Kurt SPD 13.02.2009
Burkert, Martin SPD 13.02.2009
Caspers-Merk, Marion SPD 13.02.2009
Ernstberger, Petra SPD 13.02.2009
Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 13.02.2009
Gabriel, Sigmar SPD 13.02.2009
Glos, Michael CDU/CSU 13.02.2009
Griefahn, Monika SPD 30.01.2009
Haustein, Heinz-Peter FDP 13.02.2009
Heil, Hubertus SPD 13.02.2009
Heller, Uda Carmen
Freia
CDU/CSU 13.02.2009
Hill, Hans-Kurt DIE LINKE 13.02.2009
Höfken, Ulrike BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
30.01.2009
Dr. Högl, Eva SPD 13.02.2009
Hörster, Joachim CDU/CSU 13.02.2009
Homburger, Birgit FDP 13.02.2009
Jung (Karlsruhe),
Johannes
SPD 13.02.2009
Dr. Lamers (Heidelberg),
Karl A.
CDU/CSU 13.02.2009*
Laurischk, Sibylle FDP 13.02.2009
Dr. Lippold, Klaus W. CDU/CSU 13.02.2009
Meinhardt, Patrick FDP 13.02.2009
Nitzsche, Henry fraktionslos 13.02.2009
Parr, Detlef FDP 13.02.2009
D
S
S
D
S
D
T
D
V
W
W
W
Z
A
(C
(D
Anlagen zum Stenografischen Bericht
en Abgeordneten
für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver-
sammlung der NATO
nlage 2
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Klaus-Peter Willsch (CDU/
CSU) zu den Abstimmungen über den Entwurf
eines Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung
und Stabilität in Deutschland und den Entwurf
eines Gesetzes über die Feststellung eines Nach-
trags zum Bundeshaushaltsplan für das Haus-
haltsjahr 2009 (Nachtragshaushaltsgesetz 2009)
(Tagesordnungspunkt 26 a und b)
Ich stimme gegen das „Gesetz zur Sicherung von Be-
r. Schmidt, Frank SPD 13.02.2009
chmidt (Fürth),
Christian
CDU/CSU 13.02.2009
chultz (Everswinkel),
Reinhard
SPD 13.02.2009
r. Solms, Hermann
Otto
FDP 13.02.2009
teinbach, Erika CDU/CSU 13.02.2009
r. Strengmann-Kuhn,
Wolfgang
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
13.02.2009
auss, Jörg SPD 13.02.2009
r. Terpe, Harald BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
13.02.2009
aatz, Arnold CDU/CSU 13.02.2009
aitz, Christoph FDP 13.02.2009
estrich, Lydia SPD 13.02.2009
inkler, Josef Philip BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
13.02.2009
immermann, Sabine DIE LINKE 13.02.2009
bgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
22332 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009
(A) )
(B) )
men der gerade erst verabschiedeten Föderalismus-
reform I die alleinige Zuständigkeit der Länder und
Kommunen für dieses Politikfeld noch einmal klar und
sehr eindeutig geregelt worden ist. Landkreise, die im
zurückliegenden Jahrzehnt ihren Verpflichtungen nach-
gekommen sind, werden nun genötigt, im Rahmen der
kommunalen Selbstverwaltung vorgenommene Priori-
sierungen aufzugeben, da anderenfalls die mediale Hin-
richtung wegen nicht in Anspruch genommener Landes-
oder Bundesmittel droht. Meine Landesregierung wollte
seinerzeit das durch Rot-Grün eingeführte Ganztags-
schulprogramm wegen des Eingriffes in die Länderkom-
petenz gar auf seine Verfassungsmäßigkeit in Karlsruhe
prüfen lassen.
Während man früher in Krisenzeiten von Gürteln, die
enger geschnallt werden müssen, oder gar von „Blut,
Schweiß und Tränen“ sprach, erleben wir aktuell die
erste Krise, in der nahezu jeder aufgefordert wird,
Wunschzettel an die Politik zu schicken. Gelegentlich
wird noch nachgefragt, ob es nicht ein wenig mehr sein
dürfe, und dann werden munter ungedeckte Wechsel auf
die Zukunft der leider kleiner gewordenen Zahl unserer
Kinder und Enkel ausgegeben.
In atemberaubender Geschwindigkeit entfernt sich
der Zustand der Staatsfinanzen vom in Sonntagsreden
immer noch gerne hochgehaltenen Ziel des Verzichts auf
Neuverschuldung. Der Regierungsentwurf des Bundes-
haushalts 2009 enthielt eine Nettokreditaufnahme, NKA,
von 10,2 Milliarden Euro, die wir im Rahmen der Bera-
tungen des Haushaltsausschusses gerne in den einstelli-
gen Bereich gedrückt hätten. Dann mussten wir den
Schutzschirm für unser Finanzsystem aufspannen, was
ich ausdrücklich unterstützt habe, da ein funktionieren-
des Finanzsystem ähnlich wie ein geordneter Rechtsstaat
Voraussetzung einer marktwirtschaftlichen Ordnung ist.
Statt angesichts dieser Herausforderung im Übrigen nun
noch sorgsamer mit den Steuergeldern umzugehen, hat
eine nahezu ungehemmte Spendierlust im Umgang mit
öffentlichen Mitteln eingesetzt. Die hart erarbeiteten
Steuereuros werden genauso sorglos verschleudert wie
die erst noch von kommenden Generationen aufzubrin-
genden Mittel. Dieses Vorgehen wird in mehrfacher Hin-
sicht fatale Folgen haben.
Erstens. Es nährt den Irrglauben an die Planungs- und
Steuerungskompetenz der staatlichen Institutionen im
wirtschaftlichen Prozess. Dabei ist der Staat in unserer
freiheitlichen Ordnung nur bei Versagen des Marktes,
nicht aber bei Versagen im Markt gefragt. Wir werden
nicht alle Bremsscheiben und Kupplungen, auf denen
Vorlieferanten der Automobilhersteller bei einem Rück-
gang des Autoabsatzes von einem Viertel sitzen bleiben,
als Staat aufkaufen können. Wir dürfen es auch nicht,
wenn wir weiter auf marktwirtschaftliche Ordnung set-
zen.
Zweitens. Wie seit Ende der 60er-Jahre wird das öf-
fentliche „deficit spending“ in der Krise funktionieren,
nicht aber das Zurückfahren der staatlichen Aktivitäten
im Wiederaufschwung. Weitere Vorbelastungen der
nachfolgenden Generationen in Form von exzessiver
S
u
f
z
d
s
F
D
d
S
e
g
u
i
S
O
w
t
t
f
w
S
t
h
i
g
t
e
N
g
g
f
g
s
w
e
d
d
B
d
z
A
d
k
a
g
l
a
t
s
k
E
d
W
g
(C
(D
taatsverschuldung ist die ebenso unverantwortliche wie
nvermeidliche Folge.
Drittens. Der Staat wird mit einer Bruttokreditnach-
rage von 320 bis 350 Milliarden Euro in 2009 – NKA
uzüglich planmäßiger Umschuldungen – zu einem Hin-
ernis für die Kreditversorgung der gewerblichen Wirt-
chaft und konterkariert damit die im Rahmen des
inanzmarktstabilisierungsgesetzes angestrebten Ziele.
ie nahezu unbegrenzte Kreditwürdigkeit unseres Lan-
es beruht auf der Gewissheit der Kreditgeber, dass der
taat zur Bedienung seiner Anleihen lediglich die Steu-
rn oder Abgaben erhöhen muss.
Viertens. Der liederliche Umgang mit der im Grund-
esetz festgelegten Ordnung der Verantwortlichkeiten
nterhöhlt unsere föderale Ordnung. Der Föderalismus
st aber eine Ordnung der Freiheit, der das grundlegende
ozialprinzip der Subsidiarität in unserer staatlichen
rdnung spiegelt. Wozu kommunale Selbstverwaltung,
ozu 16 Bundesländer, wenn in der Krise nur der Zen-
ralstaat – vermeintlich – handlungsfähig ist?
Was ist also zu tun? Erstens. Die beschlossene befris-
ete degressive AfA ist eine richtige Maßnahme. Sie
ührt dazu, Investitionsentscheidungen jetzt zu treffen,
as die Nachfrageseite der Volkswirtschaft in der
chwächephase stärkt. Bei Rückkehr auf den Wachs-
umspfad ist sie zugleich geeignet, konjunkturelle Über-
itzungen vermeiden zu helfen, da ein Teil der ansonsten
n der Aufschwungsphase einsetzenden Investitions-
üternachfrage bereits befriedigt ist.
Zweitens. Notwendige öffentliche Infrastrukturinves-
itionen vorzuziehen, ist ebenfalls eine grundsätzlich ge-
ignete Maßnahme. Dabei ist darauf zu achten, dass die
achfragewirksamkeit schnell genug eintritt und unaus-
elastete Produktionsfaktoren zur Umsetzung zur Verfü-
ung stehen; sonst wirkt die erhöhte öffentliche Nach-
rage nur preissteigernd und verdrängt schlimmstenfalls
eplante private Investitionsnachfrage. Wenn wir In-
tandhaltungsarbeiten an Schulen fördern, konkurrieren
ir um die gleichen Hochbau- und Ausbaufirmen, die
igentlich jetzt von privaten Haushalten zur Umsetzung
er ausgeweiteten Förderung der energetischen Gebäu-
esanierung beauftragt werden sollen. Bei Straßen und
rücken, besonders aber bei Arbeiten am Schienennetz
er Eisenbahn ist diese Gefahr deutlich geringer. Vorge-
ogene Investitionen müssen verbunden werden mit der
nkündigung, in den Jahren des Wiederaufschwunges
ie staatlichen Ausgaben drastisch zu reduzieren. Dies
ann in der mittelfristigen Finanzplanung für die Jahre
b 2011 dargestellt werden. Ebenfalls geeignet sind Aus-
abenausweitungen im Bereich Forschung und Entwick-
ung, da sie einen Beitrag dazu leisten können, dass wir
ls Exportnation mit innovativen Verfahren und Produk-
en am Wiederaufschwung in einer der großen Wirt-
chaftsregionen der Welt teilhaben können.
Drittens. Wenn denn nun ein zweites Maßnahmenpa-
et nicht mehr abzuwenden ist, müssen die politischen
ntscheidungsträger klarmachen, dass damit der Beitrag
es Staates zur Bewältigung der Schwächephase unserer
irtschaft erbracht ist. Die EZB hat die Märkte mit Geld
eflutet, die Leitzinsen sind auf Rekordtief, opulente
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009 22333
(A) )
(B) )
Bürgschaftsrahmen, umfangreiche Liquiditäts- und Ei-
genkapitalhilfen, milliardenschwere Sonderinvestitio-
nen der öffentlichen Hand sind beschlossen. Die Eimer
sind bis zum Rand gefüllt, saufen müssen die Pferde
selbst.
Viertens. Weitere Maßnahmen zur Stärkung des pri-
vaten Konsums sind nicht erforderlich. Durch die Ab-
senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages auf
2,8 Prozent, die deutlich erhöhte Absetzbarkeit von
Krankenversicherungsbeiträgen und das Urteil des BVerfG
zur Pendlerpauschale verbleibt ein deutlicher zweistelli-
ger Milliardenbetrag bei den privaten Haushalten. Hinzu
kommt ein Kaufkraftzuwachs durch den Verfall der
Treibstoffpreise, der mehr als 20 Milliarden Euro aus-
macht. Die als „Umweltprämie“ getarnte (Teil-)Über-
nahme der Rabatte der Automobilindustrie durch den
Staat und die zusätzliche Gewährung von 500 Millionen
Euro für originäre Forschungs- und Entwicklungskosten
der Automobilwirtschaft stellen eine für mich nicht
nachvollziehbare und wettbewerbsverzerrende Hilfe für
einen Sektor unserer Volkswirtschaft dar.
Fünftens. Mit Ausnahme der Maßnahmen zum Büro-
kratieabbau wird leider überhaupt nicht über einen neuen
Anlauf zur nachhaltigen Entfesselung der Wachstums-
kräfte in unserem Land diskutiert. Verkürzung von Ge-
nehmigungsfristen, Verfahrensvereinfachungen, Entrie-
gelung des Arbeitsmarktes, alles dies dürfte in einer Zeit,
in der alles nach schnellem Handeln des Staates ruft, in
wesentlich breiterem gesellschaftlichen Konsens durch-
setzbar sein, da in Krisenzeiten die ewigen Bedenkenträ-
ger weniger Resonanzboden finden.
Anlage 3
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Dr. Axel Berg (SPD) zur Ab-
stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur
Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in
Deutschland (Tagesordnungspunkt 26 a)
Der von der Fraktion der CDU/CSU und der Fraktion
der SPD vorgelegte Gesetzentwurf zur Sicherung von
Beschäftigung und Stabilität in Deutschland, dem soge-
nannten Konjunkturpaket II, soll Deutschland gegen
eine drohende Wirtschaftkrise schützen und vor einem
drohenden Konjunkturabschwung bewahren und für die
Sicherung von Beschäftigung und Stabilität der Wirt-
schaft sorgen. Das Gesetz regelt in mehreren Maßnah-
men, wie die Konjunktur in Deutschland angekurbelt
werden kann, damit die Wirtschaft nicht in eine Rezes-
sion verfällt. Ich stimme dem Gesetz zu, weil gelöscht
werden muss, wenn es brennt. Ärgerlich finde ich aller-
dings, dass die Brandstifter und Plünderer weitgehend
ungeschoren aus der Sache kommen, es keine Maßnah-
men zur Verhütung neuer Brände gibt und die Löschwas-
serreserven – sprich: die Schuldenaufnahmefähigkeiten –
knapp werden.
Der Turbokapitalismus ist in seiner größten Krise.
Das marktradikale Denken hat nicht nur eine Finanz-
k
r
k
I
B
u
d
J
m
g
v
B
l
u
a
c
n
K
F
g
u
s
c
k
li
G
u
a
w
k
H
s
U
f
s
s
n
d
S
d
t
w
s
D
s
E
r
8
1
z
f
(C
(D
rise, sondern auch eine Wirtschaftskrise ausgelöst, de-
en Folgen wir versuchen zu bekämpfen. Die Marktradi-
alen haben nicht mehr die Meinungsführerschaft; ihr
rrtum ist offensichtlich. Der Blick der Bürgerinnen und
ürger richtet sich zunehmend wieder auf das Soziale
nd das Demokratische. Wir stehen nun an einem Wen-
epunkt, an dem wir dafür sorgen müssen, dass das neue
ahrzehnt ein demokratisches und soziales wird. Dies
uss ein Konjunkturprogramm beherzigen und verfol-
en.
Wir haben in unserem ersten Konjunkturpaket zwei
erschiedene Rettungsschirme gespannt: einen für die
anken, mit dem wir beweisen mussten, dass wir hand-
ungsfähig sind, um Kettenreaktionen zu vermeiden und
m das Vertrauen der Bürger zu stabilisieren. Mit dem
nderen Schirm versuchten wir, Arbeitsplätze zu si-
hern. Wir investieren in Infrastruktur, CO2-Gebäudesa-
ierung und die Verlängerung des Bezugs von Geld für
urzarbeit. Zudem gab es begleitende Maßnahmen, die
amilien und Arbeitnehmer entlasten, im Wert von ins-
esamt 9 Milliarden Euro.
Im nun anstehenden zweiten Konjunkturpaket geht es
m vier zentrale Ziele: Arbeit zu sichern, Menschen zu
tärken, Zukunftsmärkte zu erschließen und die öffentli-
he Infrastruktur nachhaltig zu verbessern.
Das Herzstück des zweiten Konjunkturpaketes ist das
ommunale Investitionsprogramm. Der Bund gibt 10 Mil-
arden Euro, die Länder weitere 3,3 Milliarden. Dieses
eld soll in den Kommunen für Investitionen in Bildung
nd Infrastruktur verwendet werden.
Der Grundsatz „Qualifizieren statt entlassen“ gilt
uch im Konjunkturpaket II. Wo immer möglich, wollen
ir dabei helfen, dass Menschen qualifiziert werden
önnen, wenn Betriebe zeitweilig nicht ausgelastet sind.
ier hat Arbeitsminister Olaf Scholz eine Reihe von In-
trumenten entwickelt, die auch kleinen und mittleren
nternehmen zugutekommen.
Moderne Netze sind die Lebensadern eines leistungs-
ähigen Landes. Deshalb hat Frank-Walter Steinmeier in
einem Plan die Forderung nach einer deutschen Netzge-
ellschaft und einer Breitbandstrategie aufgestellt, die
un im Rahmen des Paketes umgesetzt werden sollen.
Ein weiteres Anliegen war die Stärkung der Kaufkraft
er Bürgerinnen und Bürger. Der Weg der SPD war die
enkung von Abgaben, konkret: die Steuerfinanzierung
es nur von den Versicherten zu tragenden Sonderbei-
rags zur gesetzlichen Krankenversicherung. Die CSU
ollte über die Änderung der Einkommensteuer einen
taatlichen Einnahmeverlust von 27 Milliarden Euro.
ies wäre nicht finanzierbar und konjunkturpolitisch un-
innig gewesen. Der Kompromiss ist: Wir senken die
inkommensteuer moderat, vor allem im unteren Be-
eich. Der Grundfreibetrag steigt in zwei Stufen auf
004 Euro, und der Eingangssteuersatz wird von 15 auf
4 Prozent gesenkt. Gleichzeitig senken wir den Beitrag
ur gesetzlichen Krankenversicherung um 0,6 Prozent.
Ein wichtiger weiterer Punkt ist die Aufnahme von
ünf weiteren Branchen in das Arbeitnehmerentsendege-
22334 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009
(A) )
(B) )
setz. 1,8 Millionen Menschen werden so in den Schutz
von Mindestlohnregelungen einbezogen.
Die unteren Einkommensgruppen müssen durch die
Absenkung von Abgaben entlastet werden. Im oberen
Bereich der Löhne fordern wir mehr Mitverantwortung
der Spitzenverdiener und Vermögenden an der Finanzie-
rung des Gemeinwesens. Diese Forderungen sind in Tei-
len umgesetzt worden, und das sind auch die Stärken
dieses Konjunkturpaketes.
Es gibt meines Erachtens aber auch eklatante Mängel
in diesem Konjunkturprogramm. Die Maßnahmen, wel-
che kurzfristig wirken sollen, greifen zu spät. Als Bei-
spiel möchte ich die Absenkung des Beitragssatzes in
der Krankenversicherung nennen. Diese Maßnahme ist
gut, weil sie Abgaben verringert und nicht über Steuern
Erleichterungen schafft. Allerdings soll diese Absen-
kung erst zum 1. Juli 2009 greifen. Kurzfristige Maßnah-
men müssen aber auf der Stelle greifen, denn mit jeder
Verzögerung verschlechtert sich die Situation.
Das Gleiche gilt für die Erhöhung der Regelsätze für
Kinder in der Grundsicherung für Arbeitsuchende und
der Sozialhilfe, die auch erst ab dem 1. Juli 2009 wirk-
sam werden soll. Bei schneller Umsetzung wären beides
Maßnahmen, die kurzfristig wirken und die Konjunktur
ankurbeln könnten.
Die Erhöhung des Grundfreibetrages bei Einkommen
und die Anhebung der Tarifeckwerte sind für viele Be-
troffene eine Erleichterung und können konjunkturwirk-
sam werden. Allerdings muss festgehalten werden, dass
die Hälfte der Bevölkerung von diesen Regelungen nicht
profitiert, weil sie keine Steuern zahlt. Und gerade die
unteren Einkommen und die Empfänger von Arbeitslo-
sengeld und Sozialhilfe sollten unterstützt werden, denn
sie sind es, die Hilfen am nötigsten haben, und dort ist
die Sparquote am geringsten, weshalb sämtliche Ausga-
ben wieder in den Konsum fließen würden.
Einen besonderen Stein des Anstoßes sehe ich in der
sogenannten Umweltprämie. Die Einmalzahlung für das
Entsorgen eines Autos bei gleichzeitigem Neukauf eines
Neu- oder Jahreswagens sehe ich nicht als umwelt-
freundlich an. Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen
ist die Herstellung von Autos derart energieintensiv, dass
der Benzinverbrauch von Autos auf die Gesamtenergie-
bilanz erst nach vielen Jahren wirksam wird. Eine vor-
zeitige Verschrottung ist im Hinblick auf die Nachhaltig-
keit von Pkw oft kontraproduktiv.
Zweitens sind die Kriterien für die Neuwagen, die im
Gegenzug gekauft werden dürfen, nicht strikt genug. Es
gibt keine Begrenzung des CO2-Ausstoßes bei Neuwa-
gen. Einzige Bedingung ist die Erfüllung der Euro-Norm
4, die schon Standard bei Neuwagen ist. Dies bietet also
auch keinen zusätzlichen Anreiz für den Kauf umwelt-
freundlicher Pkw.
Drittens fehlen Anreize, das alte Auto zu verschrotten
und auf umweltfreundlichere Mobilitätsangebote umzu-
steigen. Eine Unterstützung für Bahnfahrer oder Nutzer
von Car-Sharing-Modellen wäre eine sinnvolle Alterna-
tive gewesen, um positive Effekte im individuellen Per-
s
Z
f
g
m
m
f
g
s
e
G
d
w
N
M
i
z
f
b
ti
h
C
E
k
w
d
S
z
s
e
H
t
t
e
n
M
i
d
t
d
5
s
t
i
p
b
E
v
w
h
s
s
s
(C
(D
onenverkehr zu erzielen. Auch der Austausch von
weitaktern – Mofas, Laubgebläse oder Stadtreinigungs-
ahrzeuge – wäre im Zuge einer Umweltprämie möglich
ewesen, um Feinstaub und Lärmbelästigung einzudäm-
en. Eine Umstellung auf Elektromobile oder Geräte
it Brennstoffzellenantrieb wäre sinnvoll.
Viertens ist nicht einzusehen, warum es ausgerechnet
ür die Automobilindustrie diese Prämie gibt. Genauso
ut hätte man eine Prämie für den Austausch von Kühl-
chränken oder Computern einführen können. Als Folge-
rscheinung der Abwrackprämie ist der Markt für billige
ebrauchtwagen in Deutschland zusammengebrochen;
enn für die kleinen Leute wird es nun keine Gebraucht-
agen unter 2 500 Euro mehr geben.
Auch für die Automobilbranche selbst sehe ich große
achteile, denn wenn das Konjunkturpaket effiziente
odelle bevorzugt hätte, wäre die deutsche Automobil-
ndustrie gezwungen gewesen, sich schneller auf effi-
iente und sparsame Modelle einzustellen. So werden sie
ür ihre Tatenlosigkeit in den letzten Jahren auch noch
elohnt. Das ist weder umweltfreundlich noch nachhal-
g.
Selbst die Umstellung der KfZ-Steuer soll nicht nach-
altig gestaltet werden, sondern Hubraumgröße und
O2-Ausstoß sollen kombiniert besteuert werden. Im
ndeffekt werden große Dieselfahrzeuge entlastet,
leine und saubere Autos hingegen nicht. Eine Regelung
ie in Frankreich – Bonus-Malus-System – oder zumin-
est eine am CO2-Ausstoß progressiv gestaffelte Kfz-
teuer wäre hier die bessere Lösung gewesen. Die jet-
ige Neuregelung führt zudem zu Steuerausfällen zwi-
chen 2009 und 2014 von knapp 2 Milliarden Euro, die
ine Art Subvention für die Automobilindustrie sind.
inzu kommt die Steuerbefreiung für Pkw aus dem ers-
en Konjunkturpaket, die ebenfalls die Automobilindus-
rie mit über 1 Milliarde Euro begünstigt. Die Wieder-
inführung der Pendlerpauschale kostet die Steuerzahler
och einmal 8,5 Milliarden Euro – auch die Fußgänger.
Die 500 Millionen Euro an Forschungsgeldern für
obilität werden einen Mitnahmeeffekt erzielen. Anstatt
n Motoren von morgen zu investieren sind die Gewinne
er Automobilhersteller in den letzten Jahren an die Ak-
ionäre ausgezahlt oder in die Werbung für große Gelän-
ewagen gesteckt worden. Meines Erachtens sind diese
00 Millionen Euro ein Geschenk an eine Industrie, die
ich in den letzten Jahren an keine ihrer Selbstverpflich-
ungen gehalten hat.
Bezüglich des Ausbaus der Verkehrsinfrastruktur, den
ch prinzipiell befürworte, hätte ich mir andere und ver-
flichtende Akzente gewünscht. Hier hätte klar verein-
art werden müssen, dass große Teile der 3,5 Milliarden
uro in den Ausbau der Schiene und von Radwegen in-
estiert werden, nicht in den Ausbau von Straßen. Dies
äre ein Schritt, den Verkehr in Deutschland zukunftsfä-
ig zu machen. Konjunkturell ist der Ausbau von Infra-
truktur aber sinnvoll, da sie Investitionen in die Zukunft
ind und die Investitionen ohnehin getätigt werden müs-
en.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009 22335
(A) )
(B) )
Ein Konjunkturprogramm dieser Höhe hätte meines
Erachtens Investitionen in Energieeffizienz und in er-
neuerbare Energien als vorrangiges Ziel haben müssen.
Die Ausweitung des Gebäudesanierungsprogramms ist
ein guter Schritt, aber er ist zu kurz geraten. Bei Investi-
tionen in diesem Bereich hätten kurzfristig und mittel-
fristig das deutsche Handwerk und die mittelständischen
Hersteller von Effizienzgeräten und erneuerbaren Ener-
gien gewonnen. Langfristig hätten alle davon profitiert,
denn es hätte für eine größere Unabhängigkeit von Roh-
stoffimporten geführt und zu immensen Kosteneinspa-
rungen im Energiebereich. Es wären Investitionen in
eine zukunftsgewandte Realwirtschaft gewesen. Das
hätte die Monopolstellung der Energieversorger dämp-
fen und dadurch für niedrigere Strompreise sorgen kön-
nen. Zudem hätte Deutschland seine Position als Tech-
nologieführer in diesem Bereich zementieren und sogar
ausbauen können.
Wenn es um die Ausweitung von Energieeffizienz und
den Einsatz erneuerbarer Energien geht, dann könnten zu
dem geliehenen Geld aus dem Konjunkturprogramm
auch noch Einnahmen aus dem Emissionshandel genutzt
werden. Weiterhin müssen Subventionen, die der Um-
welt schaden, abgeschafft werden, wie zum Beispiel die
Steuerbefreiung der Atomindustrie und die Einführung
einer Versicherungspflicht, die Steuerbefreiung für den
Flugverkehr oder für Dienstwagen. Stattdessen müsste es
eine Abgabe der Automobilindustrie für staatlich finan-
zierte Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel ge-
ben. Da diese Maßnahmen nicht im Konjunkturpaket
enthalten sind, müssen wir sie in nächster Zukunft ange-
hen, um die energiepolitische und die Arbeitsmarksitua-
tion Deutschlands nachhaltig zu verbessern. Das verstehe
ich unter einer nachhaltigen Investitionspolitik, die sich
zudem positiv auf die Konjunktur auswirkt.
Wir dürfen jetzt nicht in Branchen investieren, die
nicht zukunftsfähig sind und damit weitere Blasen auf-
bauen wie die IT- oder die Immobilienblase. Die Folge
aus einer geplatzten Blase versuchen wir gerade zu be-
seitigen.
Ich glaube nicht, dass wir mit den Methoden, welche
die Krise verursacht haben, die Krise lösen können. Dies
hat die Finanzmarktkrise gezeigt. Es muss deutlich sein,
dass es nicht normal sein kann, dass man, wenn die Real-
wirtschaft um 2 Prozent wächst, mit Geldanlagen bis
20 oder 30 Prozent Rendite erwirtschaften kann. Deshalb
warte ich auch dringend auf die neuen Rahmenbedingun-
gen des Finanzmarktes, an denen das Finanzministerium
gerade arbeitet und die in Beschlüssen der SPD-Fraktion
formuliert wurden.
Ich sehe die Notwendigkeit, ein Konjunkturprogramm
aufzulegen, und sehe auch einige gute Ansätze in diesem
Gesetzentwurf. Allerdings bin ich auch der Meinung,
dass dies Konjunkturprogramm eine vertane Chance ist,
Deutschland auf eine effiziente und erneuerbare Zukunft
vorzubereiten. Dies wäre mit den Mitteln, die für dieses
Konjunkturprogramm verwandt wurden, möglich gewe-
sen.
A
d
k
g
m
s
d
k
B
h
u
r
g
R
s
B
m
g
S
f
g
B
u
f
d
Z
d
d
l
t
I
d
A
–
F
m
i
t
n
s
(C
(D
nlage 4
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD)
zur Abstimmung über den Entwurf eines Geset-
zes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabi-
lität in Deutschland (Tagesordnungspunkt 26 a)
Das Konjunkturpaket II enthält wichtige Regelungen,
ie helfen werden, dass Deutschland die Wirtschafts-
rise meistern kann. Zu begrüßen sind insbesondere der
roße Anteil an Investitionen für die Bildung der kom-
enden Generationen sowie für die kommunale Infra-
truktur. Ich werde diesem Paket zustimmen, weil es
urch die Dringlichkeit der Krise geboten ist und es
eine Alternativen dazu gibt.
Kritisiert werden muss an diesem Gesetz, dass die
undesregierung nicht eindeutige Weichen für die nach-
altige Verwendung der Mittel gestellt und den Ländern
nd Kommunen die Verwendungsvoraussetzung „Bar-
ierefreiheit“ nicht vorgeschrieben hat. Angesichts der
erade in Kraft getretenen UN-Konvention über die
echte der Menschen mit Behinderung, welche „Inklu-
ion“ – die wirksame Einbeziehung der Menschen mit
ehinderung in die Gesellschaft – fordert, sehe ich dies
it großem Bedauern. Ich habe bereits seit dem vergan-
enen Jahr darauf hingewiesen, dass Barrierefreiheit im
inne der Nachhaltigkeit wichtig ist. Nur mit barriere-
reien Schulen und Kitas wird es uns in Zukunft gelin-
en, mehr als die bisherigen 15 Prozent aller Kinder mit
ehinderung im Regelsystem zu betreuen, zu beschulen
nd fachlich qualifiziert zu fördern. Nur mit barriere-
reier Infrastruktur in den Kommunen können wir den
emografischen Wandel bewältigen. Beides sind erklärte
iele der Bundesregierung, und deshalb ist es umso be-
auerlicher, dass die CDU/CSU in der Bundesregierung
ies ablehnt.
Ich fordere die Länder und Kommunen in Deutsch-
and auf, die Barrierefreiheit der öffentlichen und priva-
en Gebäude bei Sanierungen und Umbauten im eigenen
nteresse zu berücksichtigen. Diese Chance dürfen sich
ie Kommunen nicht entgehen lassen.
nlage 5
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung eines Entwurfs zum Gesetz über
den Zugang von Polizei- und Strafverfolgungs-
behörden sowie Nachrichtendiensten zum Visa-
Informationssystem (VIS-Zugangsgesetz –
VISZG) (Tagesordnungspunkt 29)
Reinhard Grindel (CDU/CSU): Illegale Migration
mit ihren einschneidenden humanitären und sozialen
olgen und als Millionengeschäft der organisierten Kri-
inalität – ist in den Augen der breiten Öffentlichkeit
mmer noch insbesondere ein Phänomen von seeuntüch-
igen Schiffen auf dem Mittelmeer und von in Contai-
ern eingepferchten Menschen auf dem Landweg. So
chlimm diese Schicksale sind, dürfen wir doch nicht
22336 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009
(A) )
(B) )
übersehen, dass etwa die Hälfte der illegalen Migration
nach Europa unter scheinbar legalen Legenden erfolgt.
Es ist ein Verdienst der aktuellen Bundesregierung, dass
wir auch dieses Phänomen auf den Radarschirm ge-
bracht haben und ihm die nötige Aufmerksamkeit ge-
schenkt wird.
Die sogenannten legendierten Schleusungen über die
Visasysteme finden dabei vor allem in drei Ausprägun-
gen statt: das Erschleichen von Visa unter Vorspiegelung
falscher Tatsachen bei der Visabeantragung, das Fäl-
schen oder Verfälschen von Visadokumenten und die
Verweigerung der Ausreise trotz Ablauf des Visums. Der
Visa-Untersuchungsausschuss und die nachfolgenden
Beobachtungen haben gezeigt, das der mögliche Wech-
sel zwischen den Visastellen der verschiedenen Schen-
gen-Staaten und zwischen diesen drei hauptsächlichen
Methoden der legendierten Schleusungen kriminellen
Schleuserbanden eine Vielzahl von Möglichkeiten bie-
tet, an der jeweils schwächsten Stelle des Schengen-Sys-
tems anzusetzen, um ihr Geschäft mit Menschen zu be-
treiben. Wer es mit Menschenrechten ernst meint, darf
auch vor diesen Geschäften, bei denen das Leid nicht so
offensichtlich ist wie auf dem Mittelmeer, nicht die Au-
gen verschließen.
Ein Baustein in der Bekämpfung der illegalen Migra-
tion mittels legendierter Schleusungen ist das Visa-Infor-
mationssystem. In Zusammenarbeit mit den Schengen-
Partnern werden wir damit dem „Visa-Hopping“, dem
Austesten der schwächsten Stelle im System durch das
Beantragen von Visa an einer Vielzahl von Schengen-
Botschaften, einen Riegel vorschieben. Auch die sichere
Zuordnung des Visums zum Visainhaber und die Über-
prüfung der Echtheit eines Visums werden erleichtert;
alles Bereiche, in denen bisher mit erheblicher kriminel-
ler Energie hohe Gewinne erzielt wurden.
Der heute zur Debatte stehende Gesetzentwurf behan-
delt nun allerdings nicht mehr das Visa-Informationssys-
tem an sich – dessen Notwendigkeit sollte mittlerweile
akzeptiert sein und die nötigen Schritte für seinen Start
Ende dieses Jahres sind getan –, sondern wir sprechen
heute über die Bedingungen des Zugangs zu den Daten
des Visa-Informationssystems für nationale Sicherheits-
behörden. Auch diese Problematik ist bereits im Visa-
Untersuchungsausschuss deutlich geworden: Polizei-
und Strafverfolgungsbehörden hatten und haben große
Schwierigkeiten, auf Visa- und Einreisedaten mit der nö-
tigen Geschwindigkeit und in guter Präzision zugreifen
zu können. Es ist kein Geheimnis, dass ein großer Teil
der Bedrohungen der inneren Sicherheit im 21. Jahrhun-
dert von außen kommen oder zumindest einen Bezug
nach außen haben. Die Sicherheitsbehörden brauchen
daher im Ernstfall zuverlässige Informationen zu Visa-
daten. CDU und CSU begrüßen aus dieser Erkenntnis
heraus den Beschluss des Rats der Europäischen Union
vom 23. Juni 2008 über den Zugang nationaler Sicher-
heitsbehörden zum Visa-Informationssystem.
Durch den vorliegenden Gesetzentwurf wird die ge-
fundene europäische Regelung nun eins zu eins in deut-
sches Recht umgesetzt. Die europäischen Bestimmun-
gen sind auch bereits ausreichend detailliert, sodass sie
s
n
E
e
s
s
z
m
R
a
ä
s
f
r
i
s
d
te
w
t
k
d
s
Z
s
i
G
V
S
r
c
z
z
t
d
s
e
S
d
m
A
u
C
S
v
u
b
z
t
a
d
w
V
k
h
F
(C
(D
ich ohne weitergehende Regelung zur Anwendung eig-
en. Eine Reihe von Anforderungen der europäischen
inigung ist bereits durch bestehendes deutsches Recht
rfüllt. Zu regeln ist nun insbesondere noch die inner-
taatliche Rechtsgrundlage für den Zugang der deut-
chen Sicherheitsbehörden.
Dieser Zugang wird für alle Sicherheitsbehörden über
entrale Zugangsstellen erfolgen. Mit diesem Kompro-
iss zwischen dem Europäischen Parlament und dem
at können wir leben. In Deutschland wird das Bundes-
mt für Verfassungsschutz die Funktion für die Landes-
mter übernehmen, das Bundesverwaltungsamt für die
onstigen Bundesbehörden und die Landeskriminalämter
ür die Länderpolizeien. Eine streng kontrollierte Eilfall-
egelung für den schnellen Zugriff bei Gefahr im Verzug
st dabei vorgesehen.
Der Zugriff auf die im Visa-Informationssystem ge-
peicherten Daten, also im wesentlichen Personendaten
es Antragsstellers, Visaentscheidungen der Mitgliedstaa-
n und biometrische Daten zur sicheren Identifizierung,
ird dabei im Sinne des Datenschutzes umfangreich limi-
iert und dokumentiert. Die Sicherheitsbehörden haben
einen direkten Zugriff auf die Daten, sondern stellen
en begründeten Antrag über ihre zentrale Zugangs-
telle. Die Abfrage kommt dabei überhaupt nur im
usammenhang mit terroristischen oder anderen
chwersten Straftaten in Frage. Die Datenabfrage muss
m Einzelfall erforderlich sein, und es muss berechtigte
ründe für die Annahme geben, dass die Abfrage der
IS-Daten zur Aufdeckung oder Ermittlung solcher
traftaten erheblich beitragen wird. Diese datenschutz-
echtlichen Regelungen sind das Ergebnis eines gründli-
hen europäischen Abwägungs- und Verhandlungspro-
esses, und sie sind ein ausgewogener Kompromiss
wischen den Belangen der Sicherheit und dem berech-
igten Interesse am Datenschutz.
Wer bei diesem umfangreichen Sicherheitsnetz für
en Datenschutz nun immer noch mit Hinweis auf daten-
chutzrechtliche Bedenken die reine Umsetzung dieser
uropäischen Regelung für den Zugang nationaler
icherheitsbehörden zum Visa-Informationssystem in
eutsches Recht ablehnt, der zeigt eigentlich nur eins: Er
eint es mit dem Schutz vor möglichen terroristischen
ngriffen und mit der Bekämpfung von Schleusungen
nd tausendfachem menschlichen Leid nicht ernst. Die
DU/CSU-Bundestagsfraktion meint es ernst mit dem
chutz der Bevölkerung und der Bekämpfung dieses
ielfachen Leids der Schleusungen. Nur mit Appellen
nd Präventionsprogrammen ist das nicht in den Griff zu
ekommen. Für uns gibt es deshalb keine Alternative
um Visa-Informationssystem und zum Zugriff der na-
ionalen Sicherheitsbehörden.
Diese neuen Möglichkeiten werden dabei in Zukunft
uch in zweierlei Hinsicht präventiv wirken können. Für
ie Menschen, die den Schleusern auf den Leim gehen,
eil sie sich von ihnen mithilfe von Tricksereien im
isasystem nach Europa bringen lassen, obwohl sie hier
einerlei Aussicht auf einen dauerhaften legalen Aufent-
alt haben, wird zumindest der Leidensweg durch die
änge der Schleuser verkürzt. Denn zukünftig können
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009 22337
(A) )
(B) )
die Menschenschmuggler ihnen nicht mehrfach Geld für
ihre Dienste abnehmen, um es nach der deutschen Bot-
schaft auch noch bei der französischen oder italienischen
zu versuchen und vielleicht am Ende noch die Totalfäl-
schung eines Visums zu bezahlen, wenn es anders gar
nicht klappen sollte. Und für die Schleuser wird ihr Ge-
schäft deshalb schwerer werden, weil der Aufwand für
die Umgehung des Visasystems erheblich steigen wird
und gleichzeitig das Risiko des Scheiterns deutlich zu-
nimmt. Nur wenn wir das Schleusen für die Drahtzieher
wie für die Geschleusten durch Kontrollmaßnahmen als
Option dauerhaft unattraktiv machen, wird diese Form
des Menschenhandels mitten in Europa zurückgehen.
Wahr ist, dass wir zur Erreichung dieses Ziels auch
die Integration einer europaeinheitlichen Einlader- und
Warndatei in das Visa-Informationssystem bevorzugt
hätten. Über den einzelnen Nutzer einer legendierten
Schleusung kommen wir an die Hintermänner häufig
nicht heran und können die dunklen Geschäfte meist nur
schwer erkennen.
Wichtig ist es auch, auf europäischer Ebene endlich
eine Regelung zu verabschieden, die eine systematische
Ein- und Ausreisekontrolle ermöglicht. Nur so werden
wir das Problem mit den sogenannten Overstayers wirk-
sam bekämpfen können. Dabei handelt es sich um Perso-
nen, die mit legalen Visa eingereist sind, dann aber län-
ger in unserem Land verbleiben als zulässig und dann
meistens auch den Zweck ihres Aufenthalts verändern.
Manche tauchen sogar ganz unter. Die EU-Institutionen
müssen sich endlich um dieses Problem kümmern und
für eine praktikable Lösung sorgen.
Die Koalitionsfraktionen arbeiten zurzeit an den De-
tails einer nationalen Einlader- und Warndatei. Wir las-
sen uns auch dort von dem Gedanken leiten, dass wir die
schwarzen Schafe gezielt erkennen müssen, ohne den
Touristen und den Geschäftsreisenden große Steine in
den Weg zu legen. Für uns gilt der Grundsatz: im Zwei-
fel für die Sicherheit.
Ich würde mich daher freuen, wenn zunächst einmal
die Umsetzung der europäischen Regelung in das VIS-
Zugangsgesetz auf breite Zustimmung hier im Hause
treffen würde. Die Unionsfraktion stimmt dem Gesetz-
entwurf der Regierung zu.
Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD): Indem
wir heute über den Zugang unserer Sicherheitsbehörden
zum Visa-Informationssystem entscheiden, setzen wir
zunächst einmal eine EU-Verordnung um. Das europäi-
sche Informationssystem dient dem Kampf gegen Miss-
brauch. Das ist leider nur zu notwendig. So sehr ganz
Europa von Handel und Wandel, von Mobilität und
freiem Austausch und damit auch von einem liberalen
Visasystem lebt, so wenig können wir zulassen, dass
Kriminelle dies für ihre dunklen Zwecke brutal miss-
brauchen. Genau deshalb muss es dieses Informations-
system geben. Es ist ein guter Beitrag, aber für unser
Land nicht ausreichend. Wir sind nämlich besonders ge-
brannte Kinder. Deshalb ist es gut, dass die Große Koali-
tion schon bald ein nationales Gesetz zu einer Einlader-
und Warndatei dem Hohen Haus vorlegen wird. Damit
s
c
e
u
s
d
W
T
D
h
u
w
m
w
d
U
r
k
k
n
s
a
d
w
A
G
B
F
m
m
e
j
m
i
j
v
g
i
w
z
k
u
n
B
f
d
i
b
w
t
a
s
V
c
B
(C
(D
etzen wir nicht nur die Folgerungen des Visa-Untersu-
hungsausschusses aus der letzten Wahlperiode und eine
ntsprechende Absprache aus dem Koalitionsvertrag
m. Wir sagen damit vor allem den Dokumentenfäl-
chern und Menschenhändlern den Kampf an.
Doch hier und heute geht es um die Frage des Zugangs
er Sicherheitsbehörden zum Visa-Informationssystem.
ir sind bekanntlich bedroht durch den internationalen
errorismus. Aber auch die organisierte Kriminalität,
rogen- und Menschenhandel und weitere Spielarten
ässlichster schwerer Kriminalität erfordern präventives
nd repressives Handeln. Daher ist es richtig, gut und not-
endig, heute im Deutschen Bundestag den Weg frei zu
achen für den Zugang unserer Dienststellen. Übrigens
ird dieser nicht nur für die Behörden des Bundes, son-
ern auch für die Behörden unserer 16 Länder über das
msetzungsgesetz möglich. Die Hürden für Polizei, Nach-
ichtendienste und Staatsanwaltschaften sind so hoch, das
eineswegs beliebig oder gar ausforschend agiert werden
ann. Nur innerhalb der jeweiligen Zuständigkeiten und
ur beim Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte erhalten
ie Zugang über entsprechende Schnittstellen. Die Ver-
ntwortung genau dort ist dementsprechend hoch und be-
arf der besonderen Beachtung und Beobachtung. Darauf
ird man – nicht zuletzt aus Datenschutzgründen – ein
uge haben müssen.
Alles in allem leisten wir mit der Verabschiedung des
esetzentwurfs der Bundesregierung einen weiteren
eitrag zum Ausbau unseres europäischen Raums der
reiheit, der Sicherheit und des Rechts. Deshalb stim-
en wir zu.
Gisela Piltz (FDP): Bei der Beratung des Visa-Infor-
ationssystem-Zugangsgesetzes ist mir ein altes Zitat
ingefallen: „Die Freiheit stirbt zentimeterweise.“ Fast
ede Woche beraten wir hier über ein weiteres Gesetz,
it dem Datenbanken geschaffen und der Zugriff auf sie
mmer mehr Sicherheitsbehörden geöffnet wird. Fast
ede Woche geht ein kleines Stück Freiheit verloren. Wer
on Ihnen, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kolle-
en, könnte noch sagen, wie viele solcher Dateien wir
nzwischen haben? Wer von Ihnen könnte noch sagen,
er auf welche Informationen unter welchen Vorausset-
ungen zugreifen darf? Gerade diese Woche wurde be-
annt, dass Sie, meine Damen und Herren von Union
nd SPD, darüber beraten, ob die Nachrichtendienste
eue Befugnisse erhalten sollen, um auf Daten anderer
ehörden zuzugreifen bzw. ihre Daten anderen zur Ver-
ügung zu stellen.
Daten – das hört sich so abstrakt an. Aber hinter je-
em Datensatz steht ein Mensch; ein Mensch, von dem
n diesen unzähligen Datenbanken nicht mehr viel übrig
leibt, was nicht von irgendeiner Behörde gespeichert
urde. Wenn wir auf dem Weg weitergehen, diese Da-
enbanken immer mehr zu öffnen und zu verknüpfen und
bzugleichen, dann ist es nicht mehr weit bis zum „glä-
ernen Menschen“. Sie mögen nun einwenden, dass das
isa-Informationssystem nicht den Anlass für eine sol-
he Befürchtung gibt, weil es ja nur einen relativ kleinen
ereich betrifft. Aber wie gesagt: Die Freiheit stirbt zen-
22338 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009
(A) )
(B) )
timeterweise. Und mit jedem einzelnen Gesetz, mit dem
wieder einmal die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit,
die Grundsätze der Normenklarheit, das Trennungsgebot
zwischen Polizei und Nachrichtendiensten gering ge-
schätzt wird, geht wieder ein Stück Freiheit verloren.
Am Ende, wenn man all die kleinen und großen Gesetze
zusammenaddiert, sieht die Bilanz für die Grundrechte
und den freiheitlichen Rechtsstaat bitter aus.
Vorliegend geht es um die Umsetzung einer europäi-
schen Richtlinie, die den Zugang zum Visa-Informa-
tionssystem regeln soll. Noch ist das System nicht aktiviert,
aber es soll künftig einen europaweiten, webbasierten
Datenaustausch über Kurzzeitvisa ermöglichen, indem
Sicherheitsbehörden aller europäischen Staaten auf ge-
speicherte Daten wie zum Beispiel Fingerabdrücke von
Visaantragsstellern zugreifen können. Die Erwägungen,
die zur Schaffung des VIS-Informationssystems tragend
waren, sind dabei ja durchaus richtig: Visumsbetrug soll
verhindert werden, Kontrollen an den Außengrenzen
sollen erleichtert werden, irreguläre Einwanderer sollen
leichter identifiziert und in ihre Heimatländer rückge-
führt werden können.
Nun aber geht es nicht mehr um solche Fragen, son-
dern um den Kampf gegen den internationalen Terroris-
mus. Und damit sind wir dann auch gleich an dem
Punkt, wo bei vielen hier im Hause in den Koalitions-
fraktionen reflexartig die Verhältnismäßigkeitsprüfung
abgebrochen wird. Gegen den Terrorismus, so deren Lo-
gik, muss mit allen Mitteln vorgegangen werden, unab-
hängig davon, ob die Maßnahme verhältnismäßig ist
oder nicht. Da herrscht der Glaube, dass ein allwissender
Staat ein besonders sicherer Staat ist. Ich möchte einmal
den Bundesdatenschutzbeauftragten, Herrn Peter Schaar,
zitieren, der zum VIS gesagt hat: „Es ist ein grundlegen-
der Irrtum, dass ein Mehr an Daten automatisch ein
Mehr an Sicherheit bedeutet.“ Das sollten Sie sich,
meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von der
sogenannten Großen Koalition, einmal hinter die Ohren
schreiben.
Im Übrigen wird bei solchen Vorhaben auch schon
grundsätzlich gar nicht mehr die Frage gestellt, ob es
überhaupt geeignet ist. Denn wie wir von Ihnen, Herr
Bundesinnenminister, immer wieder erfahren haben,
sind die gefährlichsten Terroristen ja gerade die, die un-
erkannt hier leben. Ja, glauben Sie, sehr geehrte Kolle-
ginnen und Kollegen von Union und SPD, denn dann
ernsthaft, die würden wegen falscher oder überzogener
Visa auffallen? Ich möchte dazu nochmals Herrn Schaar
zitieren: „Ferner müssen die Suchkriterien für eine Ab-
frage im Einzelnen festgelegt werden, denn das VIS ist
kein Informationssystem zur Verbrechensbekämpfung.“
In dem Gesetzentwurf wird überhaupt nicht klar gere-
gelt, wer wann wie und unter welchen Voraussetzungen
Zugang zu den gespeicherten Daten erhalten soll. Der
schlichte Verweis auf die Länder reicht hier ebenso
wenig aus wie der Hinweis, dass schon aufgrund der
Verweisung auf die unmittelbare Anwendbarkeit des
VIS-Zugangsbeschlusses der EU eine Eingrenzung auf
die jeweiligen „Befugnisse“ der Sicherheitsbehörden
und die vermutete „Relevanz“ der Datenzugriffe be-
s
t
g
D
n
A
S
N
w
f
w
w
f
d
Z
t
e
A
§
l
A
g
H
b
D
d
m
n
B
d
W
f
t
u
V
l
n
r
n
B
z
z
s
s
l
d
D
v
d
s
t
s
v
h
(C
(D
timmt sei. Insbesondere reicht es nicht aus, ohne wei-
ere Differenzierung den Zugang Polizei, Strafverfol-
ungsbehörden und Nachrichtendiensten zu gewähren.
amit werden völlig unterschiedliche Behörden, die
ach jeweils völlig unterschiedlichen Rechtsgrundlagen
ufgaben wahrnehmen, einfach in einen Topf geworfen.
o wird das Trennungsgebot zwischen Polizei und
achrichtendiensten unterlaufen, so wird aber auch ein
eiterer Baustein gesetzt, um Strafverfolgung und Ge-
ahrenabwehr weiter zu vermengen und beides immer
eiter ins Vorfeld der konkreten Gefahr zu verlagern.
Eine Eingrenzung beispielsweise auf die für die je-
eilige Aufgabenerfüllung der abrufenden Behörde er-
orderlichen Daten ist nicht vorgesehen. Damit wird aber
ie Zugangsberechtigung zum Persilschein für jedweden
ugriff. Eine Abwägung mit den Grundrechten der Be-
roffenen wird nicht mehr vorgenommen.
Die Beschränkung auf bestimmte Straftaten läuft
benfalls ins Leere: Zugriff ist gestattet zur Verhütung,
ufdeckung oder Ermittlung von Straftaten nach
§ 129 a und b StBG in allen Varianten – auch hinsicht-
ich der Gründung von Vereinigungen, deren Zweck die
ndrohung von Straftaten ist – sowie von „schwerwie-
enden Straftaten“ ohne Terrorismusbezug, die im
öchstmaß mit mindestens drei Jahren Freiheitsstrafe
edroht sind, also zum Beispiel ein einfacher Diebstahl.
ie ohnehin vagen Vorschriften im Strafgesetzbuch, bei
enen die Frage nach ihrer Bestimmtheit gestellt werden
uss, sollen ja nach dem Willen der Bundesregierung
un noch weiter ausgedehnt werden, nämlich auf den
esuch von sogenannten Terrorcamps. Damit wären wir
ann endgültig im Bereich des Gesinnungsstrafrechts.
enn dann schon die Nachrichtendienste mit ihren Vor-
eldermittlungen angesprochen sind, reicht die Ermäch-
igung zum Datenzugriff quasi unendlich weit.
Natürlich muss europäisches Recht in Deutschland
mgesetzt werden. Aber europäisches Recht, das wie das
IS schon von sich aus erheblichen Zweifeln hinsicht-
ich der Achtung der Grundrechte unterliegt, so in natio-
ales Recht umzusetzen, dass keine zusätzlichen Siche-
ungen eingezogen werden, ist für die FDP-Fraktion
icht zustimmungsfähig. Es ist schlimm genug, dass die
undesregierung es schon unterlassen hat, in Brüssel so
u verhandeln, dass Grundrechte und Rechtsstaatsprin-
ipien zur größtmöglichen Geltung gelangen. Es ist noch
chlimmer, dass der Bundestag sich mit der Mehrheit der
ogenannten Großen Koalition daran auch noch betei-
igt.
Ulla Jelpke (DIE LINKE): Die Abschottungsmethoden
er Europäischen Union und der Bundesrepublik
eutschland werden immer mehr perfektioniert. Der hier
orliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung „Üüber
en Zugang von Polizei- und Strafverfolgungsbehörden
owie Nachrichtendiensten zum Visa-Informationssys-
em“ richtet sich nicht nur gegen Migranten, sondern
chon gegen Kurzzeitbesucher.
Das Visa-Informationssystem, VIS, enthält alle Daten
on jedem Visaantrag in jedem EU-Mitgliedstaat, unab-
ängig davon, ob der Antrag erfolgreich war oder zurück-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009 22339
(A) )
(B) )
gewiesen wurde. Nicht nur der Stand des Visaverfahrens
und die Entscheidung der Visabehörde werden doku-
mentiert, sondern vermutlich ab dem Jahr 2012 auch
biometrische Daten, digitalisierte Fotografien und Finger-
abdrücke. Jedes Jahr sollen 20 Millionen neue Datensätze
dazukommen. Mit der Speicherung von Informationen
von zig Millionen Menschen wird das VIS die größte
biometrische Datenbank der Welt werden.
Die Fraktion Die Linke lehnt das VIS aus grundsätzli-
chen Erwägungen ab. Sie lehnt es ab, weil hiermit ein
monströses Datensystem mit höchst sensiblen Daten
geschaffen wird. Und sie lehnt es ab, weil der vorrangige
Zweck die Absicherung der „Festung Europa“ auf High-
techniveau ist.
Wir haben es hier aber auch mit einem geradezu uni-
versellen Datenschutzproblem zu tun. Es werden immer
mehr gemeinsam genutzte Datenbanken mit immer mehr
Inhalt geschaffen. Systeme wie das Schengener Informa-
tionssystem und demnächst eben auch das VIS werden
immer weiter miteinander verknüpft. Gleichzeitig nimmt
die Zahl der Behörden, denen der Zugriff erlaubt ist, immer
weiter zu. Ursprünglich sollten nur die Grenzpolizeien
sowie die Botschaften und Ausländerbehörden Zugriff
auf das VIS haben. Nunmehr wird der Kreis der Zugriffs-
berechtigten auf die Sicherheitsbehörden im Inland ein-
schließlich der Geheimdienste erweitert. Der frühere
Zweck der Grenzkontrolle wird ergänzt durch den
Zweck der „Prävention, Aufdeckung und Untersuchung“
schwerer Straftaten. Die eigentlich datenschutzrechtlich
verankerte Zweckbindung der erhobenen Daten wird so
mehr und mehr ignoriert.
Dazu kommt: Es findet kaum noch eine Kontrolle und
unabhängige Auswertung der bestehenden Systeme statt.
Die Datenschutzbeauftragten haben lediglich beratende
Funktion.
Das erste Opfer dieses Datenerfassungswahns sind
zweifellos Migranten. Schließlich dienen diese Systeme
explizit dem Ziel, Migrationsströme in die Europäische
Union zu verhindern und nur diejenigen Migranten
durchzulassen, an denen ein wirtschaftliches Interesse
besteht.
Doch machen wir uns nichts vor. Migranten als eine
ohnehin weitgehend rechtlose Menschengruppe ohne
Lobby sind nur das Versuchskaninchen für die neuen
Überwachungstechnologien. Im nächsten Schritt werden
diese Systeme auf andere Gruppen ausgeweitet – wie
jetzt mit dem VIS schon auf Kurzbesucher. Der nächste
von der Regierungskoalition geplante Schritt ist die soge-
nannte Visawarndatei, in der auch EU-Bürger gespeichert
werden, die jemanden aus einem visumspflichtigen Land
einladen oder für ihn bürgen.
Am Ende wird eine biometrische Zentraldatei für alle
EU-Bürgerinnen und -bürger wahrscheinlicher, wenn es
jetzt keinen Widerstand gegen die systematische Erfassung
von Drittstaatenangehörigen in solchen Dateisystemen
gibt. Hier kann ich nur warnen: Wehret den Anfängen!
Stoppt den Datenerfassungswahn!
Wir wollen ein Europa, das auch offen ist nach Süden
und Osten. Wir wollen ein Europa der internationalen
F
D
G
D
Z
D
s
G
E
z
p
V
w
d
s
e
W
b
w
d
w
h
D
B
w
A
a
w
m
s
g
m
w
s
r
P
g
d
T
j
L
P
D
e
b
d
m
a
d
Z
d
b
h
z
(C
(D
reizügigkeit für Menschen und nicht nur für ihre Daten.
arum lehnt die Fraktion Die Linke das vorliegende
esetz ab.
Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
as Gesetz, über das wir heute diskutieren, regelt den
ugang der Polizei und der Nachrichtendienste zu den
aten im gemeinsamen europäischen Visa-Informations-
ystem, VIS. Das Eigentliche ist schnell erzählt; denn das
esetz erklärt die direkte Wirkung des entsprechenden
U-Beschlusses. Das heißt auch, dass für den Zugang ein
weistufiges Verfahren gilt: Die zentralen Zugangsstellen
rüfen bei jeder Anfrage, ob die relativ eng gefassten
oraussetzungen für den Zugriff gegeben sind. Das
ichtigste Wort bei den Voraussetzungen lautet „Erfor-
erlichkeit“. Wenn zur Bekämpfung terroristischer oder
onstiger schwerwiegender Straftaten der Zugriff nicht
rforderlich ist, wird die Datenweitergabe verweigert.
enn die Erforderlichkeit nicht auch für den Einzelfall
elegt wird, wird die Datenweitergabe verweigert. Und
enn nicht berechtigte Gründe für die Annahme vorliegen,
ass die Informationen aus dem Visa-Informationssystem
irklich zur Verhütung, Aufdeckung oder Ermittlung er-
eblich beitragen, wird die Datenweitergabe verweigert.
as ist richtig so, und das sind deutlich enger gefasste
edingungen, als sie diese Bundesregierung normaler-
eise bevorzugt.
Das sind die eher positiven Aspekte dieses Gesetzes.
ber für eine Bewertung dieses Umsetzungsgesetzes ist es
uch notwendig, sich noch einmal vor Augen zu führen,
elchen Charakter und welche Probleme das Visa-Infor-
ationssystem eigentlich generell hat.
Bei den Verhandlungen über das VIS hat der europäi-
che Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx ganz deutlich
emacht: Hier entsteht eine Datenbank, in der jährlich
it bis zu 20 Millionen Neueinträgen zu rechnen sein
ird. 20 Millionen! Bei so einer Zahl und angesichts der
ensiblen Daten ist klar, dass Datenschutz und ein sehr
estriktiver Umgang bei der Datenweitergabe oberste
riorität haben. Wie schwierig es offenbar ist, so einen
roßen Datenberg zu hüten, und wie viel Missbrauch
amit getrieben werden kann, das hat uns die Deutsche
elekom – die sitzt auf einer ähnlich riesigen Datenbank –
a gerade wieder nahezu lehrbuchmäßig demonstriert.
eider ist beim VIS nicht an allen Punkten dieser obersten
riorität Rechnung getragen worden.
Das zeigt sich zum Beispiel bei der Weitergabe von
aten an Europol. Hier gelten die Restriktionen, die ich
ben für die nationalen Polizeien und Nachrichtendienste
eschrieben habe, nämlich nicht. Wir haben immer gesagt,
ass der Umgang mit Daten bei Europol ohnehin proble-
atisch ist, besonders auch deshalb, weil Europol nicht
usreichend transparent arbeitet und nicht ausreichend
er öffentlichen Kontrolle unterliegt.
Schließlich – und das steht dann wieder in sehr engem
usammenhang mit dem Zugangsgesetz – ist der Begriff
er „schwerwiegenden Straftaten“ zu weit gefasst. Das
edeutet auch, dass in viel zu vielen Fällen eben die Ge-
eimdienste auf die Daten im Visa-Informationssystem
ugreifen können. Das ist schon deshalb ein Problem,
22340 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009
(A) )
(B) )
weil die Geheimdienste für die meisten dieser Delikte ja
national überhaupt nicht zuständig sind.
Es gibt also gute Gründe, diesem Gesetz nicht zuzu-
stimmen. Es hätte noch viel mehr gegeben, wenn die
Bundesregierung ihre Pläne in den EU-Verhandlungen
hätte durchsetzen können. Denn dann wäre das VIS auch
zur Einlader- und Warndatei mutiert, wie es die Kollegen
von der Union sich schon immer erträumt haben. Da waren
die Partner in Europa zum Glück vernünftiger.
Weil die Kollegen aber hartnäckig sind und die SPD
nur noch schwach, werden wir hier schon bald über das
nächste Gesetz zu Visadateien verhandeln müssen. Denn
die Koalition will im Wahljahr nicht darauf verzichten,
scheinbar konsequent zu wirken. Im Koalitionsvertrag
war noch die Rede von eiligem Lösungsbedarf. Dann hat
sie die VIS-Verhandlungen verschleppt, um doch noch
eine europäische Warndatei zu bekommen. Damit ist sie
europäisch gescheitert. Also gibt es jetzt demnächst wieder
den nationalen Anlauf für ein Gesetz und noch eine Datei.
Über drei Jahre hat die Koalition also gebraucht; so
wichtig war ihr das Problem dann offenbar doch nicht.
Und dieses Gesetz wird dann eine noch umfangreichere
Datei schaffen, die keinen entsprechenden Nutzen
bringt, aber weitere datenschutzrechtliche Probleme.
Aber darüber streiten wir dann im März.
Anlage 6
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung:
– Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Än-
derung des Außenwirtschaftsgesetzes und
der Außenwirtschaftsverordnung
– der Beschlussempfehlung und des Berichts:
– Rückbesinnung auf die Soziale Markt-
wirtschaft – Die europäische Alternative
zu Wirtschaftsprotektionismus und Aus-
länderdiskriminierung
– Rahmenbedingungen für eine nachhaltige
internationale Investitionspolitik schaffen –
Multilaterale Regeln für Staatsfonds ent-
wickeln
(Tagesordnungspunkt 30 a und b)
Erich G. Fritz (CDU/CSU): Wir beschließen heute
den vorliegenden Entwurf eines 13. Gesetzes zur Ände-
rung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirt-
schaftsverordnung. Mit der vorliegenden Gesetzesände-
rung ist keine Abkehr Deutschlands von der offenen
Haltung gegenüber ausländischen Investitionen verbun-
den. Wir wollen, dass weiterhin in Deutschland unter
besten Bedingungen investiert wird. Wir begrüßen jeden
Investor, der sein Geld in Deutschland durch Beteiligung
oder andere Formen der Investition in Unternehmen ste-
cken und Arbeitsplätze schaffen will.
Kritiker der Novelle wollten zwar den Eindruck erwe-
cken, dass die geplante Prüfungsmöglichkeit für Investi-
t
F
g
f
u
e
d
d
K
i
ß
K
W
s
d
s
a
r
g
d
n
g
t
A
a
a
B
r
n
K
e
g
i
V
k
B
l
t
U
a
n
w
e
f
w
a
s
D
w
w
n
d
(C
(D
ionen gerade auch in der gegenwärtigen Wirtschafts- und
inanzkrise die Attraktivität des Standortes Deutschland
efährden und ein negatives Signal für die Investitions-
reiheit weltweit darstellen würde. Investitionsfreiheit
nd Prüfung ausländischer Investitionen in dem jetzt ver-
inbarten Maß sind aber kein Widerspruch. Ich bin sicher,
ass die befürchteten psychologischen Probleme, die nach
er Ankündigung des Gesetzes entstanden sind, durch die
enntnis der jetzt vorgesehenen Regelungen, wie sie nun
m Gesetz stehen, weitgehend ausgeräumt worden sind.
Die öffentliche Diskussion über die Änderung des Au-
enwirtschaftsgesetzes übersteigt in ihrer Dimension den
ern der tatsächlichen Änderungen und zu erwartenden
irkungen um ein Vielfaches. Bei der jüngsten Diskus-
ion in der vom Wirtschaftsausschuss am 26. Januar 2009
urchgeführten Anhörung haben denn auch alle Sachver-
tändigen – mit Ausnahme des DGB, der nichts anderes
ls eine generelle Investitionskontrolle wollte – einge-
äumt, dass es sich bei der Novelle des Außenwirtschafts-
esetzes um ein Gesetz mit geringer Eingriffstiefe han-
elt.
Dies verdeutlichen folgende Fakten: Um die betroffe-
en Unternehmen so wenig wie möglich zu belasten,
ibt es keine Genehmigungs- oder Meldepflicht für Un-
ernehmen, sondern die Prüfung eines Erwerbs von
mts wegen. Das heißt, das BMWi beobachtet laufend
ktuelle Investitionsvorhaben und greift einen Erwerb
us eigener Initiative zur förmlichen Prüfung auf. Das
MWi verfügt insofern über ein bescheidenes Prüfungs-
echt. Es ist auf Informationen der Betriebsräte, des Ma-
agements, der Presse und die Zusammenarbeit mit dem
artellamt angewiesen. Nach Ablauf der Fristen kann
in Erwerb nicht mehr zur Prüfung aufgegriffen werden.
Investoren, die sichergehen wollen, dass ihre Beteili-
ung Bestand hat, können Rechtssicherheit erlangen,
ndem sie sich im Vorfeld die Unbedenklichkeit ihres
orhabens bescheinigen lassen. Diese Unbedenklich-
eitserklärung ist rechtsverbindlich.
Vor Beschränkungen oder Untersagungen hat das
MWi die Zustimmung der Bundesregierung einzuho-
en.
Entscheidungen unterliegen einer gerichtlichen Kon-
rolle, das heißt, der Investor kann die Anordnung oder
ntersagung vor dem zuständigen Verwaltungsgericht
nfechten. Würde das Gesetz für andere, etwa protektio-
istische, Zwecke missbraucht, stünden die Wettbe-
erbshüter und EU-Gerichte bereit, um einzuschreiten.
Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens ist die Über-
instimmung mit den zu beachtenden EU-Regeln, die of-
ene Märkte garantieren sollen, unzweifelhaft hergestellt
orden. Deutschland steht mit einem solchen Gesetz
uch nicht alleine da. Die USA und Frankreich zum Bei-
piel verfügen über ein Prüfungsrecht bei ausländischen
irektinvestitionen. Deren Kontrollmöglichkeiten gehen
eit über den deutschen Gesetzentwurf hinaus. Trotz der
eitergehenden Prüfvorbehalte bieten beide Länder
ach wie vor attraktive Rahmenbedingungen für auslän-
ische Investoren.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009 22341
(A) )
(B) )
Darüber hinaus konnten wir gegenüber dem ersten
Entwurf einiges ändern und anwendungsfreundlich ge-
stalten. Die ursprünglich vorgesehene Beteiligung ande-
rer Ministerien wie zum Beispiel des Arbeitsministe-
riums spielt keine Rolle mehr. Die Entscheidungen können
zügig an einer Stelle getroffen werden. Außerdem hat die
Große Koalition den Gesetzentwurf im Nachgang der
Anhörung durch zwei wesentliche Änderungen noch
weiter abgemildert und benutzerfreundlicher gemacht:
§ 53 Abs. 3 wird dahin gehend geändert, dass das BMWi
die Unbedenklichkeitsbescheinigung auf Antrag „erteilt“
und nicht, wie bislang formuliert war, „erteilen kann“.
Hinzu kommt, dass die Unbedenklichkeitsbescheinigung
als erteilt gilt, wenn nicht das Bundesministerium für
Wirtschaft und Technologie innerhalb „eines Monats“
nach Eingang des Antrags ein Prüfverfahren nach § 53
Abs. 1 Satz 1 eröffnet. Unternehmen erlangen auf diese
Weise sehr zügig Rechts- und Transaktionssicherheit.
Gerne hätte die CDU/CSU noch klargestellt, dass mit
der Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung das
Prüfrecht erlischt und eine Untersagung oder Anordnung
ausgeschlossen ist. Leider wollte unser Koalitionspart-
ner SPD diese Klarstellung nicht mittragen. Ein Blick in
das Verwaltungsverfahrensgesetz klärt aber einen großen
Teil der von manchen Experten vorgetragenen Vorbe-
halte.
Ich denke, wir haben eine Regelung gefunden, die we-
der der Attraktivität des Investitionsstandortes Deutsch-
land schadet noch unsere internationale Wettbewerbsfä-
higkeit gefährdet, weil die Beschränkungsmöglichkeiten
für ausländische Investoren klar kalkulierbar und nicht
überzogen sind. Wenn eine Reihe von Kommentatoren
von einem Vorratsgesetz sprechen, dann trifft das in etwa
die Haltung der CDU/CSU-Fraktion.
Die Investitionsfreiheit und die Prüfung von ausländi-
schen Investitionen stellen in dem jetzt vereinbarten Um-
fang keinen Widerspruch dar. Deutschland wird auch
nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung ein offenes
Land für ausländische Investitionen bleiben. Für
Deutschland bleibt die Investitionsfreiheit nach wie vor
ein Stützpfeiler für Wirtschaftswachstum, Wohlstand und
Beschäftigung. Ausländische Investitionen tragen dazu
bei, den Wirtschaftsstandort Deutschland weiterzuentwi-
ckeln, neue Produkt- und Geschäftsideen zu verwirkli-
chen und Arbeitsplätze in Deutschland langfristig zu si-
chern. Dazu will und braucht Deutschland ausländisches
Kapital. Insofern ist das Bekenntnis zu offenen Märkten
für unser Wirtschaftsverständnis fundamental.
Um nochmals Missverständnisse zu vermeiden: Ab-
wehrmaßnahmen müssen die absolute Ausnahme blei-
ben, und das werden sie auch mit dem vorliegenden Ge-
setzentwurf sein. Jeder Investor, der marktwirtschaftliche
Ziele verfolgt, ist in Deutschland weiterhin sehr willkom-
men.
Rolf Hempelmann (SPD): Das Handelsblatt titelte
am Mittwoch: „US-Unternehmen finden Deutschland
spitze“. Anlass ist das aktuelle Businessbarometer der
amerikanischen Handelskammer „AmCham“. Die Ergeb-
nisse sind eindeutig: Trotz Krise bleibt Deutschland aus
S
o
g
O
I
b
t
G
i
O
s
m
d
w
d
B
m
e
d
in
li
v
u
h
v
B
t
v
d
M
t
t
s
s
M
d
v
b
a
d
g
h
R
r
m
d
e
R
R
s
v
R
z
d
a
(C
(D
icht der US-Unternehmer attraktiver Investitionsstand-
rt in Europa. Im europäischen Vergleich stehen wir so-
ar besser da denn je – an Platz eins – und überholen
steuropa. Amerikanische Investoren schätzen die gute
nfrastruktur und den hohen Ausbildungsstand der Ar-
eitnehmer in Deutschland. Das sind unsere Trümpfe.
Tatsache ist: Deutschland ist ein wichtiger Investi-
ionsstandort. Ausländische Direktinvestitionen sind ein
rundpfeiler unserer wirtschaftlichen Entwicklung. Und
ch sage Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
pposition: Das soll und wird auch so bleiben.
Wir beraten heute die 13. Novelle zum Außenwirt-
chaftsgesetz und zur Außenwirtschaftsverordnung. Da-
it schaffen wir ein Prüfrecht für solche Investitionen,
ie für die Sicherheit der Bundesrepublik möglicher-
eise problematisch sein könnten. Ich denke da an für
ie öffentliche Ordnung kritische Infrastrukturen, zum
eispiel Netzinfrastrukturen im Bereich der Telekom-
unikation, Elektrizität oder Transport. Angenommen,
in Investor aus einem Nicht-EU- oder EFTA-Staat plant
en Erwerb von Anteilen an einer solchen Infrastruktur
einer Höhe, die ihm umfassende Kontrollrechte ermög-
cht. Lässt sich hier außerdem ein strategisches Vorgehen
ermuten, sodass möglicherweise ein Grundinteresse
nserer Gesellschaft wie die Energieversorgungssicher-
eit berührt wird, so bleibt die Bundesregierung mit dem
orliegenden Prüfrecht künftig handlungsfähig.
Bereits im AWG angelegt ist ein solcher Schutz im
ereich von Kriegswaffen und bestimmten Rüstungsgü-
ern. Die Bundesrepublik ist damit bisher immer sehr
erantwortungsvoll umgegangen. Auch im Ausland fin-
en solche Regelungen bereits vielfach Anwendung.
an denke nur an die USA, an Frankreich oder Großbri-
annien.
Die Opposition fordert, sich bei Übernahme- und Be-
eiligungsbegehren allein auf die Fusionskontrolle zu
tützen. Ich aber glaube, es ist sinnvoll, dass wir be-
tehende Regelungen zum Schutze wettbewerblicher
arktstrukturen um ein Instrumentarium zum Schutz
er öffentlichen Ordnung und Sicherheit ergänzen. Die
orliegende Regelung orientiert sich eng an den Vorga-
en des europäischen Rechts. Besonderer Wert wurde
uf die Vereinbarkeit des novellierten AWG mit der Nie-
erlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit auf EU-Ebene
elegt. Der Terminus „öffentliche Ordnung oder Sicher-
eit“ ist dem Gemeinschaftsrecht entlehnt und über die
echtsprechung des EuGH ausreichend definiert. Da-
über hinaus wurde der Gesetzentwurf in Abstimmung
it der Europäischen Kommission vorbereitet. Auch in
er Anwendung wird sich die Bundesregierung an die
ngen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts und der EuGH-
echtsprechung halten müssen. Für Alarmismus in
ichtung eines neu entstehenden Protektionismus be-
teht somit kein Anlass, liebe Kolleginnen und Kollegen
on der Opposition.
Im Zuge der parlamentarischen Befassung mit dem
egierungsentwurf haben sich die Koalitionsfraktionen
udem für möglichst leicht handhabbare Regelungen für
ie betroffenen Unternehmen eingesetzt. Dabei wurden
uch Empfehlungen der Sachverständigen aus der Anhö-
22342 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009
(A) )
(B) )
rung vom 26. Januar aufgegriffen. Der Änderungsantrag
der Koalitionsfraktionen sieht vor, dass nicht nur der Er-
werber sondern auch der Veräußerer einer Unterneh-
mensbeteiligung künftig eine Unbedenklichkeitsbeschei-
nigung beantragen kann. Darauf besteht nun auch ein
Rechtsanspruch. Darüber hinaus soll der Gesetzentwurf
dahin gehend geändert werden, dass die Unternehmen
möglichst schnell Klarheit darüber gewinnen, ob das
Bundeswirtschaftsministerium die Notwendigkeit einer
eingehenden Prüfung des Investitionsvorhabens sieht
oder nicht.
Der überwiegende Teil aller Übernahmebegehren
kann sehr schnell als unbedenklich eingestuft werden.
Diese Einschätzung des federführenden Hauses haben
wir zum Anlass genommen, eine Einmonatsfrist einzu-
führen, innerhalb derer das Bundeswirtschaftsministe-
rium entscheiden muss, ob ein Investitionsvorhaben un-
bedenklich oder prüfenswert ist. Für die wenigen
prüfenswerten Fälle gilt dann die bereits vorgesehene
zweimonatige Prüffrist nach Einreichung aller notwendi-
gen Unterlagen.
Der Normenkontrollrat bestätigte uns in diesen Tagen,
dass dieses freiwillige Antragsverfahren mit geringem
Zeit- und Kostenaufwand verbunden ist und in kurzer
Zeit Rechtssicherheit in Bezug auf ein Erwerbsvorhaben
ermöglicht. Ich denke, dass wir mit dem vorliegenden
Gesetzentwurf einen angemessenen Weg gefunden haben,
bei einem grundsätzlichen und unhinterfragten Festhal-
ten am Prinzip der Investitionsfreiheit mit potenziell kri-
tischen Beteiligungsvorhaben umgehen zu können.
Die Finanzkrise führt uns derzeit eindrücklich vor
Augen, dass nicht jede Entwicklung dem Markt überlas-
sen werden kann. Der Boom an den globalen Rohstoff-
märkten hat einigen Schwellenländern enorme Leis-
tungsbilanzüberschüsse beschert. Diese Entwicklung
geht einher mit einer deutlichen Zunahme an Gründun-
gen von sogenannten Staatsfonds. Ich will hier nicht die
teilweise übertrieben negative Berichterstattung über
Staatsfonds aufgreifen. Schließlich handelt es sich um
kein neues Phänomen. Seit Jahrzehnten verwalten die
erdölexportierenden Länder Devisenüberschüsse aus
dem Ölgeschäft über Staatsfonds. Mit ihren meist lang-
fristigen Beteiligungen haben deutsche Unternehmen
bislang gute Erfahrungen gemacht. Aber es zeigt sich
auch, dass manche dieser Neugründungen deutlich fi-
nanzkräftiger sind und sehr renditeorientierte Anlage-
strategien haben. Sie zeigen ein Interesse an hohen
Beteiligungen, die sich spürbar auf die Eigentumsver-
hältnisse hier ansässiger börsennotierter Unternehmen
auswirken könnten. Hinzu kommt, dass die Grenze zwi-
schen öffentlichem und privatem Sektor bei manch po-
tenziellem Investor zunehmend schwieriger zu bestim-
men ist.
Ich denke also, dass wir solche Wirtschaftsbereiche,
die Fragen der öffentlichen Sicherheit berühren – wie die
Funktionsfähigkeit kritischer Infrastrukturen –, nicht
jeglichem Investitionsvorhaben mit Bauchschmerzen
preisgeben sollten, sondern uns auf rechtlich abgesicher-
ter Basis die Möglichkeit zugestehen sollten, problema-
tische Investitionen zu prüfen und gegebenenfalls zu un-
t
R
r
v
G
g
p
d
je
s
u
u
t
„
e
v
I
E
u
a
B
F
b
a
s
B
s
I
I
D
D
o
k
z
h
m
F
i
w
d
k
m
p
g
g
D
R
w
v
c
G
p
(C
(D
ersagen. Eine sehr zurückhaltende Auslegung dieser
egelung setze ich mit Blick auf die bisherige Praxis vo-
aus.
Deshalb bitte ich Sie heute um Zustimmung zu dem
orliegenden Gesetzesvorhaben.
Gudrun Kopp (FDP): Kurz gesagt: Der vorliegende
esetzentwurf zur Änderung des Außenwirtschafts-
esetzes ist ein weiteres Zeugnis für das wirtschafts-
olitische Scheitern der schwarz-roten Koalition.
Mit den Änderungen, die die Koalition hier verabschie-
en will, wird das Bundeswirtschaftsministerium künftig
de größere Beteiligung – ab 25 Prozent – eines ausländi-
chen Investors an einem gebietsansässigen Unternehmen
nter bestimmten Voraussetzungen einer Überprüfung
nterziehen können. Sieht das Bundeswirtschaftsminis-
erium das schwammige Kriterium einer Gefährdung der
öffentlichen Ordnung oder Sicherheit“ Deutschlands
rfüllt, kann es die Rückabwicklung oder Untersagung
on Beteiligungsinvestition verordnen.
Ausländische Investoren haben in Deutschland einen
nvestitionsbestand von derzeit circa 390 Milliarden
uro. Damit werden etwa 2 Millionen Arbeitsplätze in
nserem Land gesichert. Diese Zahlen zeigen, wie wichtig
uch ausländische Investitionen für Deutschland sind.
erechtigte Schutzinteressen Deutschlands bei möglichen
irmenübernahmen bzw. -beteiligungen sind durch das
estehende Kartell- und Wettbewerbsrecht ausreichend
bgesichert. Für weitere Investitionshemmnisse, und
eien sie auch nur psychologischer Art, besteht keinerlei
egründung.
Besonders vor dem Hintergrund der weltweiten Wirt-
chaftkrise ist es daher nahezu fahrlässig, ausländische
nvestoren mit dem Damoklesschwert einer staatlichen
nvestitionskontrolle vom deutschen Markt fernzuhalten.
ies ist ein völlig falsches Signal, insbesondere weil
eutschland als Exportnation besonders abhängig ist von
ffenen Märkten. Dies hat sogar die Bundesregierung er-
annt. Ich zitiere aus dem Kurzbericht der Bundesregierung
um Sachstand der Buy-American-Klausel: „Einseitige
andelsbeschränkende bzw. protektionistische Handels-
aßnahmen sind der falsche Weg zur Überwindung der
inanzkrise.“ Mein Appell: Bringen Sie Reden und Taten
n Einklang, und lassen Sie das Außenwirtschaftsgesetz,
ie es ist!
Dieser Änderungsentwurf ist real gewordenes Abbild
er Klischees über so manche Gesetze in der Öffentlich-
eit: eine bürokratische Hürde ohne Nutzen, dafür aber
it einem vorhersehbaren Vertrauensverlust gegenüber
otenziellen Investoren. Es stellt sich mir die Frage, was
enau Sinn und Zweck dieser Gesetzesänderung ist. Es
ibt kein Beispiel einer ausländischen Investition in
eutschland, bei der ein solches Gesetz im Sinne der
ückabwicklung einer Beteiligung oder Akquisition anzu-
enden gewesen wäre. Deutschland ist nicht in Gefahr,
on ausländischen Investoren in Sicherheit und öffentli-
her Ordnung bedroht zu werden. Deutschland läuft aber
efahr, mit diesem Gesetz die Sicherheit von Arbeits-
lätzen und Investitionen zu riskieren.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009 22343
(A) )
(B) )
Wir Liberalen stellen uns ganz klar gegen diesen Ansatz
von Wirtschaftsprotektionismus und Ausländerdiskriminie-
rung. Stattdessen sollten die Grundsätze des Gründungs-
vertrags der Europäischen Gemeinschaft und zugleich
das Fundament der sozialen Marktwirtschaft wieder zum
Leitbild werden: Es sind „alle Beschränkungen des Kapital-
verkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen
den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten.“ So
Art. 56 EGV. Man muss hinzufügen: und Zahlungsver-
kehrs.
Diese Gesetzesänderung bringt keinen Nutzen, aber
sie kostet viel, nämlich das Vertrauen der Investoren.
Ulla Lötzer (DIE LINKE): Noch lange vor Ausbruch
der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise warnten die
Manager deutscher Großkonzerne vor dem Ausverkauf
der heimischen Industrie an ausländische Staatsfonds. Je
nach Branche wurde vor einer russischen oder einer chi-
nesischen Gefahr gewarnt. Die Bundesregierung wollte
dem durch eine Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes
willfährig Rechnung tragen. Im Verlauf der Debatte und
im Verlauf der Finanzkrise hat die Bundesregierung
dann die Begrenzung auf Staatsfonds aufgegeben. Es
wurde deutlich, dass besonders asiatische und arabische
Staatsfonds massiv Finanzinstitute stützten und seit Jah-
ren das US-amerikanische Leistungsbilanzdefizit finan-
zieren. Die Linke begrüßt deshalb, dass die Möglichkeit
von Kapitalverkehrskontrollen auf die weitaus schädli-
cheren privaten Investoren wie Private Equity und
Hedgefonds ausgeweitet wurde. Deren kurzfristige und
überzogene Renditeziele haben nicht nur in der Bundes-
republik viele stabile Firmen in den Ruin getrieben und
massenhaft Arbeitsplätze vernichtet.
Im weiteren Verlauf liefen dann aber die gleichen Ma-
nager Sturm gegen das von ihnen geforderte Gesetz. An-
scheinend ist ihnen klar geworden, dass ihr schon immer
falsches Dogma des freien Kapitalverkehrs nach dem Zu-
sammenbruch der Finanzmärkte massiv an Ausstrah-
lungskraft verloren hat. Der BDI warnt in seiner Stellung-
nahme explizit vor einem neuen „Staatskapitalismus“
sowie einer allgemeinen Kapitalismus- und Globalisie-
rungskritik. Der DIHT ergänzt: Zum jetzigen Zeitpunkt
wären staatliche Kontrollen ausländischer Investitionen
das falsche Signal. Der zur Bundestagsanhörung einge-
ladene Private-Equity-Fonds Permira sorgt sich, dass die
im Gesetzentwurf vorgesehenen Kontrollen zwar prak-
tisch nicht zur Anwendung kommen werden, aber die
„theoretische Möglichkeit“ schon abschreckend wirken
würde. Der Mittelstandspolitiker der CDU/CSU,
Michael Fuchs, meldet deshalb schon einmal Vollzug im
Interesse der deutschen Wirtschaft: „Die abstrusen Pläne
zur Verschärfung des Außenwirtschaftsgesetzes haben
wir auf ein harmloses Niveau eingedampft.“ „Abstrus“
bezieht sich hier wohl entweder auf die Forderungen der
Großkonzerne oder das CSU-geführte Ministerium.
Abstrus sind aber durchaus die konkreten Regelungen
des Gesetzentwurfs. Von einer wirksamen Kontrolle
kann man jetzt nicht mehr sprechen. Dazu hätte erstens
die Meldepflicht und auch die Beweislast bei den Inves-
toren liegen müssen. Zweitens hätte das enge Prüfkrite-
r
u
e
v
m
i
g
s
z
d
r
m
s
w
U
h
e
K
u
t
ä
w
v
v
d
r
V
o
h
t
w
s
D
n
g
f
r
R
W
d
d
D
w
v
s
d
d
i
v
w
s
u
(C
(D
ium der öffentlichen Sicherheit um wirtschaftliche Ziele
nd die Einhaltung sozialer und ökologischer Standards
rgänzt werden müssen. Drittens hätte die Prüfschwelle
on 25 Prozent Stimmrechtsanteilen gesenkt werden
üssen und viertens die Möglichkeit der Prüfung nicht
nnerhalb der zu kurzen Frist von drei Monaten zu erfol-
en. Das alles lässt den Gesetzentwurf zu einem zahnlo-
en Tiger verkommen.
Will man stattdessen das öffentliche Interesse schüt-
en, sollte man wichtige Infrastrukturen und Bereiche
er Daseinsvorsorge überhaupt nicht für private Investo-
en öffnen. Sie gehören in öffentliche Hand. Gemeinsam
it dem DGB fordert die Linke, dass schädliche Interes-
en von Investoren am besten ausgeschlossen werden,
enn die Beschäftigten gegenüber der Kapitalseite im
nternehmen mindestens gleichberechtigt sind. Des-
alb fordern wir seit langem nicht „mehr Staat“, sondern
ine Ausweitung der Mitbestimmung bei Übernahmen,
apitalerhöhungen und Börsengängen.
Wir wollen darüber hinaus steuerliche Maßnahmen,
m Realinvestitionen gegenüber spekulativen Finanz-
ransaktionen zu begünstigen. Wir denken dabei an Ver-
ußerungsgewinne oder die Kredithebelung.
Statt ergebnisloser Weltfinanzgipfel auf G-20-Ebene,
o nur das Bekenntnis zu freien Märkten medienwirksam
erbreitet wird, fordert die Linke ein internationales In-
estitionsabkommen. Die bisherigen Erfahrungen mit
em in Geheimverhandlungen ausgearbeiteten multilate-
alen Investitionsabkommen der OECD, MAI, den WTO-
erhandlungen zum Thema Handel und Investitionen
der den multi- und bilateralen Freihandelsabkommen
aben gezeigt, dass allein unter dem Dach der UN ein al-
ernatives multilaterales Investitionsregime entwickelt
erden kann, das transnationale Konzerne wirksam auf
oziale und ökologische Ziele verpflichtet.
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/
IE GRÜNEN): Zu Beginn meiner Rede möchte ich
och einmal an den Anfang der Debatte erinnern. Da
ing es darum, Deutschland vor ausländischen Staats-
onds zu schützen. Mittlerweile ist auch der Bundes-
egierung klar geworden, dass Staatsfonds eine wichtige
olle haben. Das wird insbesondere in der aktuellen
irtschafts- und Finanzmarktkrise deutlich. Wir haben
as von Anfang an gesagt. Außerdem haben wir gesagt,
ass auch private Fonds ein Problem darstellen könnten.
ass Sie an dieser Stelle nachgebessert haben, finden
ir richtig.
Das Gesetz ist allerdings für die Lösung dieser Probleme
öllig ungeeignet. Selbst die Vertreter der Koalition ver-
icherten in der Anhörung im Wirtschaftsausschuss, dass
as Gesetz eh nicht angewendet wird. Was wir derzeit mit
er Novellierung des Außenwirtschaftsgesetzes erleben,
st also ein höchst seltsamer Vorgang: Es soll ein Gesetz
erabschiedet werden, das möglichst wenig angewendet
erden soll, gleichzeitig aber durch die drohende Verun-
icherung bei ausländischen Investoren nur Schaden ver-
rsacht.
22344 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009
(A) )
(B) )
Die Bundesregierung hält aber leider an dem Gesetz
fest, das Investoren, die nicht aus der EU kommen, unter
Generalverdacht stellt. Mit dem Gesetz will die Bundes-
regierung einen Genehmigungsvorbehalt für Beteiligungen
an deutschen Unternehmen durch EU-fremde Investoren
einführen. Die Bundesregierung behält sich vor, jeglichen
Erwerb von Beteiligungen über 25 Prozent an deutschen
Unternehmen zu prüfen. Das halten wir nicht für sinnvoll.
Zum einen schreckt es ausländische Investoren ab, und
zum anderen prophezeie ich Ihnen, dass dies zu einem
unnötigen bürokratischen Chaos führen wird. Statt sich
mit jeglichen Investitionen zu beschäftigen, sollte sich
die Bundesregierung lieber um ihr Tagesgeschäft küm-
mern und an der Überwindung der Wirtschafts- und Fi-
nanzkrise arbeiten.
Die von den Koalitionsfraktionen eingebrachte Ände-
rung, dass Investoren jetzt mit Monatsfrist eine Unbedenk-
lichkeitsbescheinigung beantragen können, macht die Sa-
che nicht besser. Will das Wirtschaftsministerium jetzt
eine eigene Unbedenklichkeitsabteilung aufbauen und
diese Kräfte dann dem Kampf gegen die Wirtschafts-
krise entziehen?
Ein weiteres Problem des Gesetzes ist, dass die Frage,
was Sicherheitsinteressen sind, nicht geklärt ist. Die
Bundesregierung behält sich – wie auch andere europäi-
sche Regierungen – vor, Investitionen zu stoppen, die für
die Sicherheit der Bundesrepublik problematisch sind.
Dagegen ist ja prinzipiell nichts einzuwenden. Was aber
überhaupt nicht geht, ist, dass im Gesetz die Bereiche
nicht genau definiert werden, in denen sich die Bundes-
regierung vorbehält, aus Sicherheitsgründen einzugreifen.
Und genau das ist ein Unding. Es kann nicht sein, dass
die Bundesregierung alle Branchen als potenziell relevant
für die nationale Sicherheit erklärt. So geht das nicht,
und ich sage Ihnen: Wenn Sie der Sicherheit wegen in
die Wirtschaft eingreifen wollen, dann definieren Sie
bitte auch Bereiche, die sicherheitsrelevant sind. Und
hören Sie endlich auf, alle Investoren außerhalb der EU
und des EFTA-Raums pauschal zu diskriminieren!
Sie haben ja recht, wenn Sie sagen, dass wir Probleme
mit Investoren haben, die sich nicht an Regeln halten,
bestehende Regeln anders interpretieren oder Schlupflöcher
in bestehenden Gesetzen nutzen. Allerdings kennen wir
dieses Problem genauso bei inländischen Investoren, die
die Wettbewerbsregeln zu ihren Gunsten zurechtbiegen
wollen. Und die Probleme mit ausländischen Investoren
lassen sich nicht durch ein bürokratisches Genehmi-
gungsverfahren lösen, sondern nur durch gemeinsame
internationale Regeln und Initiativen. Deswegen geht Ihr
Gesetzentwurf nämlich meilenweit am Ziel vorbei. Er
muss unbedingt in den Reißwolf und durch zahlreiche
wesentlich notwendigere Maßnahmen auf nationaler und
internationaler Ebene ersetzt werden.
Wir lehnen diesen Gesetzentwurf in aller Deutlichkeit
ab und fordern die Bundesregierung auf, sich auf interna-
tionaler und europäischer Ebene in den dafür relevanten
Gremien – wie der OECD, dem IWF und auf europäischer
Ebene – für eine multilaterale Lösung zur Investitions-
kontrolle einzusetzen. Auf europäischer Ebene gibt es
bereits einen Arbeitsprozess, in dem sich die Staaten um
e
h
r
S
F
b
d
v
u
u
s
s
p
s
ti
w
d
E
d
k
u
m
d
s
k
e
k
z
g
g
a
P
w
A
d
u
z
z
i
p
j
J
s
t
g
d
(C
(D
ine gemeinsame Lösung zur Investitionskontrolle bemü-
en. In diesen Zusammenhang gehört auch die Vereinba-
ung eines verbindlichen Rahmens für die Tätigkeit von
taatsfonds. Dabei geht es um mehr Transparenz in den
ondsstrukturen und den Ausschluss politischer Motive
ei der Investitionstätigkeit. Dieser multilaterale Rahmen
arf zudem nicht nach der Herkunft und der Art der In-
estoren differenzieren, sondern muss für alle Investoren
nd Investitionen gleichermaßen gelten. Er muss Rechte
nd Pflichten der Investoren definieren und auch dafür
orgen, dass die Menschenrechte sowie ökologische und
oziale Mindeststandards eingehalten werden.
Bis derartige Abkommen auf internationaler oder euro-
äischer Ebene verabschiedet wurden und rechtswirksam
ind, müssen aber die zahlreichen Möglichkeiten zur Inves-
tionskontrolle auf nationaler Ebene genutzt und geschärft
erden. Damit können Sie viel mehr ausrichten als mit
iesem Gesetz. Zu nennen sind die Fusionskontrolle, das
nergiewirtschaftsgesetz, das Telekommunikationsrecht,
as Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, das Risi-
obegrenzungsgesetz, gesellschaftsrechtliche Instrumente
nd zahlreiche Regelungen im Rüstungsbereich. Sie
üssen nur noch dafür sorgen, dass die Behörden, die
iese Gesetze anwenden, vollständig handlungsfähig
ind; denn das ist nicht bei allen Behörden der Fall.
Sorgen Sie dafür, dass der Personalhaushalt des Bundes-
artellamts weiter aufgestockt wird, dass diese Behörde
ndlich mit den wachsenden Aufgaben Schritt halten
ann! Dann haben Sie einen wesentlich größeren Beitrag
ur Investitionskontrolle geleistet als mit ihrem misslun-
enen „Gesetz zur Änderung des Außenwirtschafts-
esetzes und der Außenwirtschaftsverordnung“.
Das Gesetz nützt nichts, es sorgt für ein großes Ausmaß
n Bürokratie, schreckt Investoren ab, und die eigentlichen
robleme müssten und könnten an anderen Stellen gelöst
erden. Wir lehnen deswegen das Gesetz ab.
nlage 7
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Antrags: Mehr Rechtssicher-
heit und weniger Bürokratie – Den Bau von
Kindertageseinrichtungen in Deutschland er-
leichtern (Tagesordnungspunkt 31)
Peter Götz (CDU/CSU): Wir alle wollen, dass Kin-
ertageseinrichtungen bei entsprechendem Bedarf schnell
nd unbürokratisch genehmigt werden, um unser Ziel, bis
um Jahr 2013 für bundesweit im Durchschnitt 35 Pro-
ent der Kinder unter drei Jahren einen Betreuungsplatz
n einer Kindertageseinrichtung oder der Kindertages-
flege zu schaffen, zu erreichen. Der Antrag der FDP ist
edoch bei näherer Betrachtung ein reiner Schauantrag.
eder hier im Deutschen Bundestag stimmt der Über-
chrift zu: „Mehr Rechtssicherheit und weniger Bürokra-
ie“; das will jeder. „Den Bau von Kindertageseinrichtun-
en in Deutschland erleichtern“, das will auch jeder.
Das Anliegen ist zwar berechtigt und nachvollziehbar,
ie Frage ist jedoch: Brauchen wir dazu neue Vorschrif-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009 22345
(A) )
(B) )
ten? Oder sollten wir nicht zunächst prüfen, ob die beste-
henden rechtlichen Bestimmungen ausreichen? Wenn
wir dies prüfen, stellen wir schnell fest: Baugesetzbuch,
BauGB, und Baunutzungsverordnung, BauNVO, ermög-
lichen es bereits heute den Kommunen, die Kindertages-
einrichtungen schaffen wollen, auf der Basis der beste-
henden gesetzlichen Bestimmungen im Rahmen ihrer
Planungshoheit dafür die rechtlichen Voraussetzungen
zu schaffen. Kindertagesstätten sind in Wohngebieten
nach der geltenden Rechtslage zulässig, wenn die Kin-
derbetreuung den Wohnbedürfnissen der ansässigen Be-
völkerung dient.
In sogenannten allgemeinen Wohngebieten sind Kin-
dertagesstätten als Anlagen für soziale Zwecke allgemein
zulässig; § 4 BauNVO. Und in reinen Wohngebieten
– und darum geht es hauptsächlich in dem initiierten An-
trag – sieht § 3 der BauNVO bereits seit 1990 im Interesse
einer stärkeren Öffnung dieser Baugebiete für Einrich-
tungen der sozialen Infrastruktur vor, dass Kindertages-
einrichtungen in reinen Wohngebieten ausnahmsweise
zulässig sein können; § 3 Abs. Nr. 2 BauNVO. Vorausset-
zung ist unter anderem – ganz im Sinne des Antrags, den
wir heute debattieren –, dass sie den Bedürfnissen der Be-
völkerung entsprechen und dass die Kommune nach einer
gerechten Abwägung der unterschiedlichen Belange dies
so entscheidet.
Alle hier in diesem Hohen Hause singen von morgens
bis abends zu Recht das Hohelied der kommunalen
Selbstverwaltung. Kommunale Selbstverwaltung und
kommunale Planungshoheit sind Güter, die wir nicht ohne
Not einschränken sollten, auch nicht durch noch so gut
gemeinte Anträge. Der Baustufenplan, der der im FDP-
Antrag angeführten Entscheidung des OVG Hamburg zu-
grunde liegt, ist mehrere Jahrzehnte alt. Zum damaligen
Zeitpunkt gab es weder ein BauGB noch eine BauNVO.
Die Stadt hätte es längst in der Hand gehabt, die Planung
zu ändern. Selbst wenn die BauNVO im Sinne der An-
tragsteller geändert würde, hilft dies in den alten Fällen
nicht. Um den gewünschten geänderten § 3 der BauNVO
zur Anwendung zu bringen und damit die allgemeine Ge-
nehmigungsfähigkeit einer Kindertagesstätte zu errei-
chen, bedürfte es entweder eines neuen Bebauungsplanes
oder zumindest einer Änderung des bestehenden.
Wir sollten uns als Bundesgesetzgeber nicht ohne Not
in kommunale Zuständigkeiten einmischen und die Ent-
scheidung, wann und wo Kindertagesstätten geschaffen
werden, den Kommunen überlassen. Sie wissen im
Zweifel besser, in welchen Gebieten dafür Bedarf be-
steht. Die Kommunen sind sehr wohl in der Lage, zu
entscheiden, ob sie bei entsprechendem Bedarf einen be-
stehenden Bebauungsplan ändern oder nicht.
Ich betone nochmals: Wir wollen unstreitig, dass bei
Bedarf Kindertagesstätten schnell und unbürokratisch
genehmigt werden können. Aber dafür brauchen wir
keine neuen baurechtlichen Vorschriften aus Berlin. Die
dafür notwendigen Instrumente gibt es bereits. Wir ha-
ben in dieser Legislaturperiode das BauGB vereinfacht.
Seit dem 1. Januar 2007 kann im vereinfachten Verfah-
ren nach § 13 BauGB schnell und unbürokratisch eine
Kindertagesstätte auf den Weg gebracht werden. Ich bin
s
s
r
d
s
P
B
e
d
d
p
k
g
u
h
k
r
g
Z
e
W
w
n
g
d
m
s
F
B
o
g
s
d
A
z
s
E
K
v
m
v
N
u
d
K
d
s
–
f
p
a
n
a
K
g
(C
(D
icher, die Städte und Gemeinden wissen sehr wohl, wie
ie diese Bestimmungen anwenden müssen. Bei den Be-
atungen über das BauGB haben wir uns dafür entschie-
en, die BauNVO nicht in die Hand zu nehmen. Ich
tehe auch dazu. Es macht wenig Sinn, das Bau- und
lanungsrecht alle paar Jahre zu novellieren. Mit der
augesetzänderung von 2007 haben wir Verfahren ver-
infacht, Bürokratie abgebaut und damit den Kommunen
ie Handlungsspielräume erheblich erweitert.
Gerade das eingeführte vereinfachte Verfahren, nach
em schnell und unbürokratisch bestehende Bebauungs-
läne an geänderte Entwicklungen angepasst werden
önnen, wird von vielen Gemeinden inzwischen sehr
erne angewandt. Die Stärkung der Innenentwicklung
nd vieles andere mehr, was wir auf den Weg gebracht
aben, waren gute Entscheidungen im Interesse der Stär-
ung der kommunalen Selbstverwaltung.
Wenn wir – vielleicht in der nächsten Legislaturpe-
iode – an die BauNVO herangehen, sollten wir sie
rundsätzlich anschauen. Wir sollten uns fragen, ob wir in
ukunft überhaupt noch eine Differenzierung zwischen
inem „reinen Wohngebiet“ und dem „allgemeinen
ohngebiet“ brauchen. Wir müssen uns die Frage stellen,
ie wir das Thema Klimaschutz stärker in die Bauleitpla-
ung integrieren und vieles andere mehr. Aber das sind
rundsätzliche Fragen, die einer sorgfältigen Prüfung be-
ürfen und, wie wir es im Planungsrecht gewohnt sind,
it Planspielen aus der Praxis sorgfältig zu hinterlegen
ind. Populistische Schnellschüsse sind dafür ungeeignet.
Petra Weis (SPD): Die Kolleginnen und Kollegen der
DP-Fraktion haben einen Antrag vorgelegt, in dem die
undesregierung aufgefordert wird, die Baunutzungsver-
rdnung dahin gehend zu ändern, Kindertageseinrichtun-
en auch in reinen Wohngebieten für zulässig zu erklären,
ofern diese Einrichtungen vorwiegend der Betreuung der
ort lebenden Kinder dienen. Die Antragstellerinnen und
ntragsteller meinen, eine Rechtsunsicherheit ausgemacht
u haben, die sich aus einer unterschiedlichen Recht-
prechung ergebe, unter welchen Bedingungen solche
inrichtungen in reinen Wohngebieten zulässig seien.
onkret sind damit Gerichtsurteile über die Zumutbarkeit
on Kinderlärm gemeint, die in mehr oder weniger regel-
äßigen Abständen die Öffentlichkeit durchaus kontro-
ers beschäftigen.
Natürlich ruft es gemischte Gefühle hervor, wenn sich
achbarinnen und Nachbarn durch das Lachen, Weinen
nd Spielen von Kindern derart belästigt fühlen, dass sie
en Klageweg beschreiten. Dass die Kinder bzw. die
indertagesstätten, von denen dieser Lärm ausgeht, dabei
en Kürzeren ziehen, kann weder politisch noch gesell-
chaftlich gewollt sein. Ganz im Gegenteil. Wir haben
wie die Antragstellerinnen und Antragsteller richtig
eststellen – beschlossen, bis zum Jahr 2013 die Krip-
en- und Tagespflegeplätze für Kinder unter drei Jahren
uf 750 000 zu verdreifachen. Dazu brauchen wir nicht
ur die entsprechenden Finanzmittel, sondern vor allem
uch ein Klima der Toleranz und eine Mentalität, die
inderlärm nicht Industrie- oder Güterverkehrslärm
leichstellt.
22346 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009
(A) )
(B) )
So einig wir uns im Ziel auch sein mögen, so uneins
sind wir offensichtlich über den Weg dahin. Ihr Antrag
geht nämlich am Ziel, mehr Rechtssicherheit für Kinder-
tageseinrichtungen in Deutschland zu schaffen, vorbei.
Die Baunutzungsverordnung ist meines Erachtens nicht
das geeignete Instrument, um das gewünschte Ziel zu
erreichen. Eine Neuregelung in dem von Ihnen vorge-
schlagenen Sinne würde die Rechtslage in der Regel
nicht ohne Weiteres ändern. Vielmehr bedürfte es in vielen
Fällen eines neuen Bebauungsplans, um den geänderten
§ 3 Baunutzungsverordnung zur Anwendung zu bringen
und die allgemeine Genehmigungsfähigkeit einer Kinder-
tageseinrichtung zu erreichen. Grundsätzlich gilt für Bebau-
ungspläne nämlich immer die Fassung der Baunutzungs-
verordnung, die bei ihrer Aufstellung galt; das heißt, eine
Änderung der Baunutzungsverordnung hätte keine Rück-
wirkung auf bestehende Bebauungspläne.
Also würde eine Änderung der Baunutzungsverordnung
nur in Neubaugebieten und Wohngebieten mit einem
neuen Bebauungsplan greifen. In solchen Gebieten sind
aber bereits heute problemlos Ausnahmetatbestände für
soziale Einrichtungen wie Kindertagesstätten dauerhaft
möglich. In reinen Wohngebieten sieht § 3 Baunutzungs-
verordnung bereits seit 1990 im Interesse einer stärkeren
Öffnung dieser Baugebiete für Einrichtungen der Infra-
struktur vor, dass Anlagen für soziale Zwecke in reinen
Wohngebieten ausnahmsweise zulässig sein können; § 3
Abs. 3 Nr. 2 Baunutzungsverordnung. Zu diesen Anlagen
für soziale Zwecke zählen insbesondere auch Kindertages-
stätten.
Daran anknüpfend ermöglicht § 1 Abs. 6 Baunut-
zungsverordnung der Gemeinde, durch Festsetzung auch
in reinen Wohngebieten Kindertagesstätten allgemein zu
erlauben. Denn nach diesem Paragrafen kann im Bebau-
ungsplan festgesetzt werden, dass alle oder einzelne
Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9
Baunutzungsverordnung vorgesehen sind, allgemein zu-
lässig sind, § 1 Abs. 6 Nr. 2 Baunutzungsverordnung. Auch
in reinen Wohngebieten kann somit eine Kindertages-
stätte als allgemein zulässig festgesetzt werden. Zu die-
sem Zweck muss sich die Gemeinde im Rahmen der
Aufstellung oder Änderung von Bebauungsplänen des
ihr zur Verfügung stehenden bauplanungsrechtlichen
Instrumentariums bedienen. Eine derartige planerische
Ausweisung hat den Vorteil, dass den widerstreitenden
Interessen schon im Planaufstellungsverfahren Rechnung
getragen wird. Denn die Gemeinden sind verpflichtet, die
berührten öffentlichen und privaten Belange, zu denen
auch die Belange der Familien und jungen Menschen
zählen, gegeneinander und untereinander gerecht abzu-
wägen.
Ein Planungsverfahren trägt auch den gewandelten
Strukturen von Siedlungsgebieten Rechnung. So ist etwa
der Baustufenplan, der der in Ihrem Antrag angeführten
Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Hamburg
zugrunde lag, mehrere Jahrzehnte alt.
Sie sehen also, dass wir, wenn der politische Wille bei
den Beteiligten da ist, bereits mit der bestehenden
Rechtslage zu dem von Ihnen und auch von uns ge-
wünschten Ergebnis kommen. Aus diesem Grund halte
i
z
p
G
A
d
u
k
W
w
K
d
l
d
A
u
d
s
B
A
K
o
e
N
L
V
g
u
li
v
d
a
s
t
f
K
k
d
S
i
g
g
K
V
n
W
f
s
z
s
g
u
g
d
z
(C
(D
ch eine Änderung der Baunutzungsverordnung nicht für
ielführend.
Was aber sicher vonnöten ist, sind unmissverständliche
olitische Signale, dass Kinder erwünscht sind. Unsere
esellschaft muss noch kinderfreundlicher werden. Die
uswirkungen des demografischen Wandels werden uns
azu zwingen, Lebensmodelle zu finden, in denen Jung
nd Alt gemeinsam auf engem Raum zusammenleben
önnen. Glücklicherweise steigt die Attraktivität des
ohnens in der Stadt für Familien bereits heute. Berlin
ie auch Hamburg sind perfekte Labore, in denen die
onzepte für das Zusammenleben der Generationen unter
en Vorzeichen einer städtischen Renaissance anschau-
ich studiert werden können.
Mir ist es auf der anderen Seite auch wichtig zu betonen,
ass es sich bei den Negativbeispielen, die Sie in Ihrem
ntrag anführen, um traurige Einzelfälle handelt, denen
nzählige gut laufende Projekte entgegenstehen, in denen
as Einvernehmen gewährleistet und Konflikte, wenn
ie denn überhaupt entstehen, zur Zufriedenheit aller
eteiligten gelöst worden sind. Anwohnerinnen und
nwohner müssen lernen, die Lebenswirklichkeit von
indern zu akzeptieren. Dazu gehört auch, dass Kinder
ftmals laut sein können. Man kann das als störend
mpfinden. Man kann die Existenz von Kindern in der
achbarschaft aber auch als Bereicherung für das eigene
eben empfinden.
Kinderfreundlichkeit bedeutet aber mehr, als nur die
oraussetzungen für gute Betreuung zu schaffen. Dabei
eht es um Dienstleistungen für Kinder und Familien,
m die Gestaltung des öffentlichen Raums und um Mobi-
tät. Wir müssen uns aber auch mit der Lebenswirklichkeit
ieler Kinder in sozial schwierigen Stadtteilen auseinan-
ersetzen. Städte werden nicht ausreichend für Familien
ttraktiv sein, solange Eltern glauben befürchten zu müs-
en, dass ihre Kinder keine qualitativ gute Bildung erhal-
en und in den Städten keine bzw. zu wenige Freiräume
inden.
Eine kinderfreundliche Stadt ist eine Stadt, in der sich
inder und Jugendliche wohlfühlen und frei entfalten
önnen. Gerade Kinder sind darauf angewiesen, sich
raußen im Freien aufhalten und spielen zu können. Die
tadt ist für sie ein wichtiger Lernort und Rahmen für
hre Sozialisation. Eine Stadt für Kinder kann nur
emeinsam mit Kindern entwickelt werden. So ist es ein
utes Signal, dass die qualifizierte Beteiligung von
indern bei Modellprojekten der Stadtentwicklung im
ordergrund steht.
Wir sind – das bestreiten Sie in Ihrem Antrag auch gar
icht – in Sachen Kinderbetreuung auf dem richtigen
eg. Wir sollten alle gemeinsam die Herausforderung,
amilienfreundliche und lebenswerte Stadtstrukturen zu
chaffen, in denen Ältere und Jüngere harmonisch
usammenleben können, in den kommenden Jahren kon-
equent annehmen. Es mangelt ja bekanntlich nicht an
uten Ideen; viele Projekte sind auch bereits im Rahmen
nserer Stadtentwicklungspolitik zu familien- und alten-
erechtem Wohnen sowie Mehrgenerationenwohnen auf
en Weg gebracht worden. In diesem Sinne gilt es fort-
ufahren, damit wir die Voraussetzungen für ein gesell-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009 22347
(A) )
(B) )
schaftliches Klima schaffen, in dem solche Klagen wie
in Hamburg, München und Berlin ganz und gar über-
flüssig sind.
Patrick Döring (FDP): Es gibt ein schönes Bibel-
wort, meine Damen und Herren von der Union – so er-
baulich möchte ich für Sie heute einmal beginnen –:
Kinder sind eine Gabe und ein Segen Gottes. Wenn Sie
nachschlagen mögen: Psalm 127. Das ist auch heute für
uns immer noch wahr. – Keine Sorge, ich vollziehe hier
nicht die Wandlung zum Christdemokraten. Da hätten
Sie auch keine Freude an mir.
Kinder sind ein Segen für ihre Eltern, ihre Familie
und für die Gesellschaft, in der sie leben. Die Jungen Li-
beralen haben das seinerzeit auf den schönen Begriff ge-
bracht: Kinderlärm ist Zukunftsmusik.
Das mit der Zukunftsmusik scheinen allerdings längst
nicht alle in Deutschland so zu sehen. Immer wieder ha-
ben wir in der letzten Zeit zur Kenntnis nehmen müssen,
dass Kindertageseinrichtungen geschlossen oder gar
nicht erst eröffnet wurden, weil Nachbarn gegen die da-
durch entstehende Lärmbelästigung geklagt hatten. In
Hamburg und Berlin, um nur zwei Beispiele zu nennen,
mussten Kindertagesstätten geräumt werden, weil die
Gerichte erklärten, die Lebensäußerungen der Kinder
würden gegen den Lärmschutz verstoßen, und überhaupt
seien Kindertageseinrichtungen in reinen Wohngebieten
an und für sich nicht zulässig oder zumindest nur in ei-
ner bestimmten Größenordnung – und wenn, dann nur
hinter Lärmschutzwänden. So viel zu dem Status, den
Kinder in unserer Gesellschaft haben.
Da wird ein Lärmpegel gemessen und mit den zulässi-
gen Werten für Gewerbelärm verglichen – ich wiederhole
das gerne: Gewerbelärm – und dann mit dem Hinweis auf
die geltenden Beschränkungen der Baunutzungsverord-
nung und des Lärmschutzes die Schaffung einer Einrich-
tung für Kinder untersagt. Besonders abstrus wird es, weil
in den gleichen Wohngebieten oftmals bereits S-Bahn-
Trassen und Durchfahrtsstraßen, Schulen und Kirchen
existieren, mit denen es keine rechtlichen Probleme gibt,
weil die Bebauungspläne seinerzeit für diese Nutzungen
maßgeschneidert werden konnten. Die Kindertagesstät-
ten kommen dafür leider einfach zu spät.
Natürlich – da gebe ich mich keinen Illusionen hin –
ist die Schaffung einer Kindertageseinrichtung in der
Nachbarschaft auch eine Veränderung, die von einigen
nicht nur als positiv empfunden wird. Allerdings muss
man auch fragen, ob es aus gesellschaftlicher Sicht ge-
wollt sein kann, dass für ein solches Einzelinteresse das
von vielen, auch von uns in diesem Hohen Hause immer
wieder erklärte Ziel, mehr Platz für Kinder in diesem
Land zu schaffen, einfach ausgebremst werden kann.
Denn abgesehen davon, was Kinder für das Leben und
Denken in unserer Gesellschaft bedeuten, genügt auch
ein Blick auf die demografische Entwicklung in unserem
Land und die damit verbundenen Folgen für unsere Ge-
sellschaft und ihre politischen und sozialen Systeme, um
zu erkennen, wie wertvoll jedes Kind für uns ist.
Z
S
l
l
M
u
e
E
c
h
s
l
z
F
d
s
s
D
W
e
w
i
d
g
G
k
w
W
s
z
M
b
z
l
d
s
l
b
s
c
d
h
s
t
D
L
r
d
d
w
w
k
t
r
E
(C
(D
Die Erkenntnis ist nun nicht neu, dass wir, um dieses
iel zu erreichen, auch eine Verbesserung und deutliche
teigerung der Betreuungsangebote für Kinder in Deutsch-
and brauchen. Das verlangt die veränderte Lebenswirk-
ichkeit in unserer heutigen Gesellschaft. Frauen und
änner wollen gleichberechtigt leben, sich in Familie
nd Beruf verwirklichen. Und wir haben die Aufgabe,
ntsprechende Freiräume für die Lebensgestaltung der
ltern zu schaffen und so auch die Teilhabe und Berufs-
hancen von Eltern zu verbessern. Die Bundesregierung
at dazu das ambitionierte Ziel ausgegeben, die die Be-
uchsquote von Kindern in Tageseinrichtungen von zu-
etzt 15,6 Prozent in den nächsten Jahren auf 35 Prozent
u steigern. Bei allen Differenzen im Detail hält die FDP-
raktion diese vorgegebene Richtung für richtig. Aller-
ings werden wir diesen Zuwachs nicht allein in den be-
tehenden Einrichtungen erfüllen können. Wir brauchen
chlicht mehr Plätze in Kindertageseinrichtungen in
eutschland, und überdies am besten in der Nähe des
ohnortes, um einerseits kurze Wege für die Eltern und
ine halbwegs gewohnte Umgebung für die Kinder zu ge-
ährleisten.
Gerade das wird allerdings unmöglich gemacht, wenn
n den Wohngebieten, da, wo die Menschen leben, Kin-
ertageseinrichtungen nicht zugelassen werden bzw. an-
esichts der sehr widersprüchlichen Urteile deutscher
erichte die Betreiber von Kindertageseinrichtungen
eine zuverlässige Basis für ihre Planungen haben. Hier
ollen wir eine größere Rechtssicherheit schaffen.
Es ist dabei erklärtermaßen nicht unser Ziel, in reinen
ohngebieten riesige Einrichtungen zu schaffen, die
ich auch nicht in die ortsübliche Bebauung fügen und
u einem übermäßig hohen Verkehrsaufkommen in den
orgenstunden führen, wenn die Eltern ihre Kinder vor-
eibringen. Das wird auch schon durch § 15 der Baunut-
ungsverordnung verhindert. Wir wollen jedoch klarstel-
en, dass Kindertageseinrichtungen, die vorwiegend für
ie Betreuung von Kindern aus der Umgebung gedacht
ind, in jedem Fall auch in einem reinen Wohngebiet zu-
ässig sind. Das bedeutet: am besten fußläufige Erreich-
arkeit und damit ein begrenztes Verkehrsaufkommen
owie eine natürliche Begrenzung der Größe einer sol-
hen Einrichtung. Mit anderen Worten: Der Charakter
es reinen Wohngebietes bleibt gewahrt, Rechtssicher-
eit und Planbarkeit für die Betreiber der Kindertages-
tätte werden hergestellt, und die lokale Betreuungssi-
uation für Kinder wird verbessert.
Das kann allerdings auch nur ein erster Schritt sein.
ie Bundesregierung steht in der Verantwortung, mit den
ändern nach Lösungen zu suchen, wie das Lärmschutz-
echt – das seit der Föderalismusreform I in der Zustän-
igkeit der Länder liegt – so angepasst werden kann, dass
ie Lebensäußerungen von Kindern nicht mehr wie Ge-
erbelärm behandelt werden, sondern als das betrachtet
erden, was sie sind: die natürliche, freie Entfaltung der
indlichen Persönlichkeit. Durch diese Schritte wäre ge-
an, was die Politik tun kann. Eine Verbesserung der
echtlichen Rahmenbedingungen für den Bau und die
inrichtung von Kindertagesstätten wäre erreicht.
22348 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009
(A) )
(B) )
Sollten in den bevorstehenden Ausschussberatungen
weitere Möglichkeiten zur Sprache kommen, die der Er-
reichung dieses wichtigen Zieles dienen, ist die FDP-
Fraktion gerne zu einer konstruktiven Zusammenarbeit
bereit. Ich hoffe auf positive, sach- und lösungsorien-
tierte Debatten. Mit politischem Klein-Klein ist in dieser
Frage niemandem geholfen.
Heidrun Bluhm (DIE LINKE): Rund 2,4 Millionen
Kinder in Deutschland sind von Armut betroffen.
2,4 Millionen – das sind so viele Kinder, wie das Bun-
desland Sachsen-Anhalt insgesamt an Einwohnern hat.
Stellen Sie sich vor: Ein ganzes Bundesland voll armer
Kinder. Und nun stellen Sie sich vor, was diese Kinder
für einen Lärm machen würden. Aber Kinderarmut
macht stumm, denn arme Kinder sind ausgegrenzt. Des-
wegen werden arme Kinder von der Bundesregierung
nicht gehört.
Die Bundesregierung will das Betreuungsangebot für
Kinder unter drei Jahren ausweiten. Das ist im Grund-
satz eine gute Idee. Aber arme Kinder haben davon we-
nig. Die Bundesregierung hat den Blick für das Ganze
verloren, denn einfach nur mehr Kitaplätze sind bloß ein
Tropfen auf den heißen Stein. Das offenbart sich bei-
spielsweise daran, dass vielen armen Kindern das Geld
für das Mittagessen fehlt, oder dass es zukünftig gar
nicht genug Fachkräfte gibt, die in den Kitas arbeiten
können. Schon jetzt herrscht ein Mangel an gut ausgebil-
deten Erzieherinnen und Erziehern.
Was wir brauchen, sind ganzheitliche Ansätze, mit
denen nicht nur ausgesuchte Einzelprobleme aufgegrif-
fen werden. Dazu zählen im Städtebau zum Beispiel
kommunale Standortkonzepte für Kitas, die auch solche
Erfordernisse einbeziehen. Dieses Problem hat auch die
FDP nicht verstanden. Der FDP-Antrag soll den Bau von
Kitas in Wohngebieten erleichtern. Auch das ist im
Grundsatz eine gute Idee. Aber mir zeigt es vor allem:
Die FDP hat zwar die Baunutzungsverordnung begrif-
fen, aber keine Ahnung von der sozialen Wirklichkeit in
Deutschland. Denn in den Wohngebieten, wo Kitas ge-
wollt sind, werden sie auch heute schon längst geneh-
migt und gebaut.
Die FDP gibt sich kinderfreundlich, aber an den wirk-
lichen Problemen geht der Antrag vorbei. Denn was in-
teressiert eine Verkäuferin die Baunutzungsverordnung,
wenn sie nur mit Mühe die Gebühren für einen Kitaplatz
aufbringen kann?
Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass Sie Alleinerzie-
hende unterstützen wollen. Aber gleichzeitig wollen Sie
die Kinderbetreuung noch stärker für private Anbieter
öffnen. Doch damit wird die Qualität der Kinderbetreu-
ung immer mehr vom Geldbeutel der Eltern abhängig.
Kinder aus armen Familien müssen dann leider draußen
bleiben. Schon jetzt gibt es kaum Alleinerziehende oder
Eltern mit Armutslöhnen, die einen ganztägigen Kita-
platz überhaupt bezahlen können. Aber weder die Bun-
desregierung noch die FDP hat Antworten auf solche
Probleme.
S
d
j
m
w
e
B
s
d
r
d
s
r
s
H
r
d
K
l
D
c
d
p
K
B
B
–
k
a
m
K
i
a
d
d
d
d
d
S
h
D
z
f
t
o
K
w
s
f
l
(C
(D
Ihre Ignoranz gegenüber Familien ist unerträglich.
tatt in Kinder investieren Sie lieber in die Rüstungsin-
ustrie. Denn die Bundesregierung will mit dem Kon-
unkturpaket II im Rahmen der zusätzlichen Investitions-
ittel 226 Millionen Euro für das Militär ausgeben,
ährend das Familienministerium nur 5 Millionen Euro
rhalten soll. Das Beispiel beweist: Die Prioritäten der
undesregierung sind klar definiert, militärische Be-
chaffungen kommen vor Familien. Und dabei stimmt
ie FDP eben auch zu.
Bis 2013 sollen 35 Prozent der Kinder unter drei Jah-
en einen Betreuungsplatz erhalten. Dabei hat Ost-
eutschland heute schon klar die Nase vorn, denn es gibt
chon jetzt für fast 50 Prozent der Kinder unter drei Jah-
en einen Kitaplatz. Und für die Menschen im Osten ist
elbst diese Spitzenposition ein Rückschritt um die
älfte im Vergleich zu 1990. Auch das will die Bundes-
egierung nicht hören.
Aber der Osten ist nicht nur positives Beispiel, son-
ern auch Negativvorreiter. Zwar steigt die Zahl armer
inder in ganz Deutschland, aber in den neuen Bundes-
ändern ist sie besonders hoch. Denn hier lebt etwa ein
rittel der Kinder in Armut. Familien mit Kindern brau-
hen unsere ganze Unterstützung. Aber auf dem Ohr ist
ie Bundesregierung taub.
Meine Fraktion setzt sich für eine gebührenfreie und
ädagogisch ausgerichtete Kinderbetreuung ein. Denn
inderlärm ist Zukunftsmusik. Es wird Zeit, dass die
undesregierung endlich einmal hinhört.
Bettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
ei seinem Amtsantritt im Juli 2004 sagte Horst Köhler
ich zitiere –: „Ohne Kinder hat unser Land keine Zu-
unft. Daher ist es so wichtig, dass Deutschland … vor
llem ein Land für Kinder wird, … in dem es kein Schild
ehr gibt mit der Aufschrift ‚Spielen verboten‘, in dem
inderlärm kein Grund für Gerichtsurteile ist.“
Wir freuen uns immer wieder, wenn die FDP neben
hrer Mittelstandspolitik auch einmal wieder die Kinder
ls wesentlichen Bestandteil unserer Gesellschaft ent-
eckt. Ich begrüße ausdrücklich, dass das Thema, um
as es hier geht, auf der Tagesordnung steht. Wenn Kin-
er wegen ihrer Geräusche als störend empfunden wer-
en, sollte uns das aufhorchen lassen. Mehr noch, wenn
er „Kinderlärm“ zum Gegenstand von gerichtlichen
treitigkeiten wird.
Die Medien berichteten in der Vergangenheit wieder
äufiger von vermeintlich kinderfeindlichen Urteilen.
ie Große Koalition hat nach langen Auseinanderset-
ungen endlich den Ausbau der Kindertagesbetreuung
ür die unter Dreijährigen beschloss. Vor allem in den al-
en Bundesländern werden neue Einrichtungen entstehen
der vorhandene Einrichtungen vergrößert. Der Bau von
indertagesstätten in reinen Wohngebieten ist also ein
ichtiges Thema, über das es sich zu debattieren lohnt.
Die FDP möchte gesetzlich regeln, dass Kindertages-
tätten auch in reinen Wohngebieten gebaut werden dür-
en. Ein Ansatzpunkt, den Streitigkeiten über Kinder-
ärm ein Ende zu setzen und die Klageflut zu beenden,
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009 22349
(A) )
(B) )
ist daher möglicherweise die Baunutzungsverordnung.
Aber leider ist dies keine Möglichkeit, die tatsächlich
bestehenden Konflikte zu lösen. Konflikte lassen sich
nicht verbieten. Mit einem ähnlichen Vorschlag ist
jüngst erst die CSU vorgeprescht. Doch nur weil man die
Möglichkeit zu klagen nimmt, werden die Beschwerden
über Kinder und den Lärm, den sie machen, nicht ver-
schwinden. Es ist vielmehr unsere Aufgabe, uns an den
eigentlichen Kern der Sache zu wagen: Wieso betrachten
wir in Deutschland Kinder als störend? Wieso gibt es
Menschen, die gegen den Bau einer Kita in ihrer Nach-
barschaft vor Gericht gehen?
Wir sind auf Kinder mehr denn je angewiesen. Sie
sind die Säulen unserer Gesellschaft. Und wir stehen in
der Verantwortung, unseren Kindern ein würdiges Leben
und Aufwachsen zu ermöglichen. Klar ist, spielen macht
Spaß und ist sehr wichtig für die Entwicklung. Kinder
müssen spielen, um zu lernen. Sie entwickeln beim Spie-
len ihre motorischen und sozialen Fähigkeiten. Dabei
können und dürfen sie durchaus laut werden. Ich finde,
in einer kinderfreundlichen Gesellschaft – das schreiben
wir uns ja schließlich auf die Fahnen – sollten die Geräu-
sche von Kindern nicht als Krach und Lärm wahrgenom-
men werden.
Leider sieht die Realität in Deutschland, zumindest
teilweise, anders aus. Bekannte Fälle zeigen, dass deut-
sche Gerichte auch einmal zugunsten der Kläger, das
heißt für die Anwohner und gegen die Kinder, entschei-
den. Diese Entscheidungen müssen wir uns genau anse-
hen und evaluieren, welchen Handlungsbedarf es gibt.
Meiner Auffassung nach sollten die Probleme, die der
Bau einer neuen Kindertagesstätte in einem Wohngebiet
verursachen kann, im Vorhinein mit einer Beteiligung
der Bürger und einem vernünftigen Interessenausgleich
gar nicht erst entstehen. An diesem Punkt mangelt es den
Kolleginnen und Kollegen der FDP eindeutig am prä-
ventiven Denken. Ob wir zudem durch mehr Rechtssi-
cherheit Abhilfe schaffen müssen, darüber ist sicherlich
zu diskutieren. Denn bereits heute gibt es im deutschen
Recht eine Privilegierung von Kinderlärm gegenüber an-
derem Lärm. Die Frage ist: Ist es sinnvoll, darüber hi-
naus weitere gesetzliche Regelungen zu treffen? Deshalb
freuen wir uns über den Aufschlag der FDP, dieses wich-
tige Thema hier erneut aufzugreifen. Ob wir deshalb
dem Antrag der FDP, die Baunutzungsverordnung so zu
ändern, dass Kitas auch in reinen Wohngebieten grund-
sätzlich zulässig sind, folgen werden, muss in den Fach-
ausschüssen ernsthaft geprüft werden.
Anlage 8
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts: Anpassung der Sozialgesetzgebung
für Kultur-, Medien- und Filmschaffende (Ta-
gesordnungspunkt 32)
Gitta Connemann (CDU/CSU): „Wer einen hohen
Rang hat, tut gut, sich ein verbindliches Gedächtnis an-
z
N
R
g
v
t
d
d
a
s
s
d
K
s
s
m
r
z
t
d
B
K
c
S
d
B
T
o
l
d
i
k
V
B
n
v
z
3
b
t
d
v
z
l
B
u
m
s
b
K
n
s
a
v
w
(C
(D
uschaffen.“ Diese Mahnung hat schon Friedrich
ietzsche der Politik ins Stammbuch geschrieben. Zu
echt. Denn nur wer sich an das erinnert, was er einmal
esagt, gefordert oder beschlossen hat, und dies zum
erbindlichen Leitstab seines Handelns macht, kann Ver-
rauen erzeugen. Und was wären wir ohne das Vertrauen
er Bevölkerung? Wir sind deshalb bestens beraten, mit
iesem zerbrechlichen Gut vorsichtig umzugehen.
Dieser Rat, diese Mahnung von Nietzsche scheint Sie
llerdings nicht erreicht zu haben. Bedauerlicherweise
cheint es um Ihr Gedächtnis gar misslich bestellt zu
ein. Dies zeigt einmal mehr der vorliegende Antrag, mit
em Sie eine Anpassung der Sozialgesetzgebung für
ultur-, Medien- und Filmschaffende fordern. Danach
oll der Nachweis sozialversicherungspflichtiger Be-
chäftigung für Beschäftigte in diesen Branchen im Rah-
en von § 123 SGB III von bislang 12 auf 5 Monate he-
abgesetzt werden.
Dieser Antrag datiert vom 4. Juli 2007. Gut ein Jahr
uvor, am 27. März 2006, haben die Vertreter Ihrer Frak-
ion noch etwas ganz anderes gefordert. Gemeinsam mit
en Mitgliedern aller anderen Fraktionen des Deutschen
undestages haben diese sich im Rahmen der Enquete-
ommission „Kultur in Deutschland“ dafür ausgespro-
hen, die einschlägigen Vorschriften im Rahmen des
GB III in Anlehnung an das sogenannte Schweizer Mo-
ell zu ergänzen. Es wurde einstimmig empfohlen, die
eitragszeit für Kulturberufe wie Musiker, Schauspieler,
änzer, künstlerische Mitarbeiter bei Radio, Fernsehen
der Film, Film- und Tontechniker für die ersten 30 Ka-
endertage eines befristeten Arbeitsverhältnisses zu ver-
oppeln.
Uns einte die Erkenntnis, dass abhängig Beschäftigte
n diesen Kulturberufen für den Fall einer Arbeitslosig-
eit nicht ausreichend gesichert sind. Anlass war eine
erschärfung der Anspruchsvoraussetzungen für den
ezug von Arbeitslosengeld I im Rahmen der soge-
annte Agenda 2010 im Jahre 2003. Schon davor hatten
iele der Betroffenen keine Chance, Arbeitslosengeld I
u beziehen. Denn die Anspruchsvoraussetzung, in
Jahren 12 Monate sozialversicherungspflichtig gear-
eitet zu haben, wurde von vielen Beschäftigten in Kul-
urberufen nicht erfüllt. Diese Situation hat sich durch
ie damals beschlossene Verkürzung der Rahmenfrist
erschärft. Seit 2006 muss jeder Arbeitnehmer nun in
wei Jahren diese Anwartschaftszeit erfüllen.
Wir sahen gemeinsam Handlungsbedarf und formu-
ierten gemeinsam eine Empfehlung an den Deutschen
undestag. Es ist bedauerlich, dass Sie, meine Damen
nd Herren von der Linken, mit Ihrem Antrag diesen ge-
einsamen Weg verlassen haben. Denn wenn die Be-
chäftigten in den betroffenen Branchen wirklich etwas
rauchen, dann ist es ein Verbund aller politischen
räfte, der sich gemeinsam für eine, und zwar eine zeit-
ahe, Lösung in deren Sinne starkmacht.
Denn der Handlungsbedarf ist nicht nur geblieben,
ondern gewachsen. Dies belegen viele Aussagen auch
m Rande der diesjährigen Berlinale. Wie schon in den
ergangenen Jahren konnte als Resümee festgehalten
erden, dass diese ein großer Erfolg und eine hervorra-
22350 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009
(A) )
(B) )
gende Werbung für den Standort Deutschland ist. Dieser
Erfolg wäre ohne die Leistung von Künstlerinnen und
Künstlern, den Beschäftigten in der Film- und Medien-
branche nicht denkbar, angefangen von Schauspielern
bis hin zu Tontechnikern.
Deshalb sehen wir, die Mitglieder der CDU/CSU-
Fraktion, auch mit großer Sorge, dass bislang noch keine
gesetzgeberische Lösung gefunden worden ist, um den
Beschäftigten in Kulturberufen den Zugang zum Ar-
beitslosengeld I zu ermöglichen. Bei der Gesetzesände-
rung 2003 sind die Besonderheiten der Kulturberufe
nicht berücksichtigt worden, sondern es ist ein „Normal-
arbeitsverhältnis“ zugrunde gelegt worden. Kurzzeitig
befristete Beschäftigungsverhältnisse bei ständig wech-
selnden Arbeitgebern blieben außer Betracht, obwohl
diese im Kulturbereich den Regelfall bilden.
Dies führt dazu, dass viele Betroffene den Gang zur
Arbeitslosenmeldung bei der zuständigen Agentur für
Arbeit gar nicht mehr unternehmen. Denn neben dem
Unverständnis, auf das gerade aus Funk und Fernsehen
bekannte Künstlerinnen und Künstler treffen – ich habe
Sie doch gerade erst gestern im Fernsehen gesehen; was
wollen Sie denn eigentlich hier? –, schreckt sie die of-
fensichtliche Aussichtslosigkeit, Arbeitslosengeld I zu
erhalten. Denn um die Anwartschaftszeiten von 12 Mo-
naten zu erfüllen, müsste der Betroffene entweder 8 Haupt-
rollen in einer Filmproduktion oder aber 2 Hauptrollen
in einer Serienproduktion spielen. Dies war schon in
3 Jahren kaum möglich, in 2 Jahren erst recht faktisch
ausgeschlossen. Auch das tariflich abgesicherte Zeitkon-
tenmodell reicht nicht, um die erforderlichen Pflichtver-
sicherungszeiten zu erreichen.
Künstlerisch Tätige geraten damit in die Situation,
zwar Beiträge in die Arbeitslosenversicherung einzuzah-
len, aber häufig keine Leistungen aus dieser Versicherung
zu erhalten. Die von der zentralen Bühnen-, Film- und
Fernsehvermittlung sowie von den Künstleragenturen er-
brachten Leistungen für Unterstützung, Beratung und
Vermittlung sowie für Mobilitätskosten entfallen eben-
falls.
Es muss in unser aller Interesse sein, für eine ausrei-
chende soziale Sicherung der Beschäftigten in Kulturbe-
rufen zu sorgen. Das Problem ist inzwischen von allen
erkannt, auch von dem zuständigen Bundesministerium
für Arbeit und Soziales, das dieses lange Zeit negiert
hatte. Nun gilt es eine Lösung zu finden. Die Enquete-
Kommission hat dazu fraktionsübergreifend und ein-
stimmig ihren Vorschlag unterbreitet. Dieser wird von
den Betroffenen unterstützt. So hat der Bundesverband
Regie uns, den Mitgliedern des Bundestages, im Sep-
tember 2008 in einem Schreiben bestätigt – ich zitiere –:
„Der … Abschlussbericht der Enquete-Kommission
,Kultur in Deutschland‘ hat dieses Problem genau er-
kannt und zur schnellen Behebung Handlungsempfeh-
lungen aufgezeigt. … Leider scheint es, dass sich eine
Regelung mit dem Inhalt des sog. Schweizer Modells
zur Zeit nicht zügig umsetzen lässt. Wir bedauern das
sehr, da es Besonderheiten der Beschäftigung im Kultur-
und Mediensektor fair und ausgewogen berücksichtigt.“
ti
c
D
d
v
s
a
B
A
r
B
n
ü
h
I
D
c
u
u
k
w
z
d
d
b
d
m
R
k
g
w
e
A
c
d
r
V
Z
t
k
L
k
l
B
z
s
l
f
E
d
m
l
t
L
Q
(C
(D
Wir, die Mitglieder der CDU/CSU-Bundestagsfrak-
on, sind uns einig: Es bedarf einer spezifischen gesetzli-
hen Ausnahmeregelung für Versicherte in Kulturberufen.
enn diese Berufsgruppe ist wegen der Ausgestaltung
er Beschäftigungsverhältnisse mit keiner anderen zu
ergleichen. Für die Kulturschaffenden ergibt sich ein
pezifisches Problem, das spezifisch gelöst werden muss.
Leider wird diese spezifische Lösung in Anlehnung
n das Schweizer Modell zurzeit noch vom zuständigen
undesministerium für Arbeit und Soziales abgelehnt.
ls Begründung führt es an, dass sich aus verfassungs-
echtlichen Gründen eine Sonderregelung allein für eine
erufsgruppe verbiete und im Übrigen die Berufsgruppe
icht klar abgegrenzt werden könne. Diese Einwände
berzeugen uns nicht. Denn bekanntlich gibt es bereits
eute Sonderregelungen im Sozialversicherungsrecht.
m Übrigen stellt sich auch kein Abgrenzungsproblem.
enn im Zusammenhang mit der Künstlersozialversi-
herung existieren bereits heute Abgrenzungskriterien
nd -kataloge bei der Deutschen Rentenversicherung
nd der Künstlersozialkasse, die herangezogen werden
önnten bzw. deren Anwendbarkeit jedenfalls geprüft
erden müsste.
Die bislang vom Ministerium angebotene Rückkehr
ur dreijährigen Rahmenfrist hilft den Betroffenen je-
enfalls nicht. Ich zitiere insoweit den Bundesverband
er Film- und Fernsehschauspieler, der noch im Dezem-
er 2008 wie folgt gegenüber Mitgliedern der SPD-Bun-
estagsfraktion appelliert hat: „Wir möchten noch ein-
al betonen, dass die Rückkehr zur dreijährigen
ahmenfrist für die Film- und Fernsehschauspieler zu
einer Verbesserung ihrer Situation in der Beschäfti-
ungslosigkeit führen würde. Sie würden in diesem Fall
eiterhin in voller Höhe in die Arbeitslosenversicherung
inzahlen, im Falle der Beschäftigungslosigkeit einen
nspruch auf Arbeitslosengeld aber nicht geltend ma-
hen können.“
Hören wir auf die Betroffenen! Die CDU/CSU-Bun-
estagsfraktion bietet noch einmal ausdrücklich ihre Be-
eitschaft für die Schaffung einer Sonderregelung für
ersicherte in Kulturberufen an. Unser gemeinsames
iel sollte die Verbesserung der Situation der Beschäf-
igten in Kulturberufen sein.
Diesem Antrag dient der vorliegende Antrag der Lin-
en nicht, den wir deshalb ablehnen. Die Fraktion der
inken hilft keinem einzigen Künstler. Ich muss mich
orrigieren: mit Ausnahme eines einzigen Künstlers viel-
eicht! Für Peter Sodann soll eine neue sozial gesicherte
eschäftigung geschaffen werden, indem die Linken ihn
um Bundespräsidenten küren wollen. Anstelle von Vi-
ionen für Deutschland bietet der Kandidat aber bedauer-
icherweise nur Ratlosigkeit an. Auf die Frage, warum er
ür das höchste Amt im Staate kandidiere, antwortete er:
r könne so schlecht Nein sagen. Nun, insbesondere in
iesen wirtschaftlich und politisch turbulenten Zeiten
utet diese Antwort mehr als verantwortungslos an. Die
etzte Folge, in der Peter Sodann als TV-Kommissar auf-
rat, hieß übrigens „Die Falle“. In ebendiese ist er bei den
inken getappt. Für diese zählt wie im Fernsehen nur
uote, nicht Qualität. Maßstab politischen Handelns
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009 22351
(A) )
(B) )
sollte aber ein anderer sein. Wir lehnen den vorliegenden
Antrag deshalb ab.
Angelika Krüger-Leißner (SPD): Morgen wird
Dieter Kosslick die Goldenen und Silbernen Bären über-
reichen. Die 59. Ausgabe der Berlinale geht zu Ende.
Und schon jetzt wissen wir. Es war wieder ein Festival
der Rekorde. Tolle Filme gab es zu sehen, und die roten
Teppiche waren gespickt mit nationaler und internatio-
naler Filmprominenz. Kurz vor ihrem Jubiläumsjahr hat
die Berlinale ihren guten Ruf als eines der wichtigsten
internationalen Filmfestivals überhaupt unter Beweis ge-
stellt.
Für mich ist die Berlinale aber auch Anlass, den Fo-
kus auf die soziale Lage und die Arbeitsbedingungen der
Filmschaffenden zu richten. Ich habe in diesen Tagen
viele Gespräche geführt. Ein Problem stand dabei immer
im Zentrum: die Rahmenfrist für den Anspruch auf Ar-
beitslosengeld. Seit Jahren ringe ich mit meiner Fraktion
hier um eine Lösung. Ich kenne den Frust der Masken-
bildner, der Kameraleute, der Regieassistenten, der
Schauspieler und all der anderen, den Frust darüber, dass
wir ihnen immer noch keine gemeinsam getragene Lö-
sung anbieten können. Betroffen sind aber nicht nur die
Beschäftigten am Set von Film und Fernsehen, sondern
die Beschäftigten überall da, wo in kurzfristigen Arbeits-
verhältnissen gearbeitet wird, produktions- oder projekt-
gebunden, überall da, wo zwischen den Beschäftigungen
Pausen liegen, weil Vor- und Nachbereitung der Projekte
dies erfordern. Oder einfach, weil der kurzfristige Ar-
beitseinsatz so viel abverlangt, dass das ohne eine Aus-
zeit nicht durchzuhalten ist. Solche Arbeitsverhältnisse
kennen wir auch vom Theater und von der Medienbran-
che.
Die meisten Beschäftigten, auf die diese Merkmale
zutreffen, haben im Fall der Arbeitslosigkeit trotz er-
brachter Beitragszahlungen keine reelle Chance, inner-
halb der geltenden zweijährigen Rahmenfrist einen An-
spruch auf Arbeitslosengeld zu erwerben. Das ist nicht
hinnehmbar.
Ich kann der Zielstellung des vorliegenden Antrages
der Fraktion Die Linke, eine Änderung für alle betroffe-
nen Beschäftigten herbeizuführen, zustimmen. Wir brau-
chen endlich eine Lösung für diese besonderen Arbeits-
verhältnisse. Welchen Weg die Linke vorschlägt, darauf
werde ich zurückkommen.
Am 1. Februar 2006 ist die von drei auf zwei Jahre
verkürzte Rahmenfrist in Kraft getreten. Seitdem ziehen
sich die Bemühungen hin, eine Lösung für die problema-
tischen Auswirkungen zu finden. Ein Jahr ist es jetzt fast
her, da standen wir knapp vor dem Ziel. Arbeitsminister
Olaf Scholz hatte einen Vorschlag unterbreitet, der den
alten Zustand vor den Arbeitsmarktreformen wieder her-
gestellt hätte: die Rückkehr zur dreijährigen Rahmen-
frist, und zwar für alle Beschäftigten.
Auf dem Tisch lag eine praktikable, umsetzbare und
vor allem rechtssichere Lösung. Fast alle Verbände der
Filmschaffenden und der Produzenten haben diesen Weg
begrüßt. Sicherlich hätten viele eine Lösung vorgezogen,
d
d
d
n
S
A
S
a
b
S
w
n
w
d
w
d
l
i
f
a
d
a
K
a
I
D
n
n
w
h
b
d
d
h
a
U
p
s
w
d
t
r
I
l
s
s
d
b
v
k
u
s
t
m
u
(C
(D
ie stärker die spezifischen Belange der Kultur- und Me-
ienschaffenden berücksichtigt. Angesichts des dringen-
en Wunsches, endlich überhaupt eine Verbesserung, ei-
en ersten Schritt zu erreichen, war den meisten der
patz in der Hand lieber als die Taube auf dem Dach.
uch ich sehe das so; denn da mache ich mir nichts vor:
elbst die alte Rahmenfrist von drei Jahren würde nicht
lle Probleme lösen können. Daran hätten wir weiter ar-
eiten müssen. Aber es wäre ein substanzieller erster
chritt gewesen, auf den die Betroffenen schon so lange
arten.
Bedauerlicherweise hat sich unser Koalitionspartner
ach ersten hoffnungsvollen Signalen diesem Weg ver-
eigert. Ich will die ganze Debatte hier nicht wieder auf
en Tisch bringen. Denn ich weiß, das führt uns nicht
eiter. Aber vor allem weiß ich, das interessiert keinen
er Betroffenen.
Ich habe immer gesagt, ich möchte eine Lösung, wobei
etztlich egal ist, wie sie im Einzelnen aussieht. Nie habe
ch mich auf einen Weg oder auf ein bestimmtes Etikett
ür ein Lösungsmodell versteift. Immer habe ich dazu
ufgerufen, die Bemühungen fortzuführen. Deshalb ist
ie SPD jetzt erneut auf die Union zugegangen. Bundes-
rbeitsminister Olaf Scholz selbst ist im Gespräch mit
ulturstaatsminister Bernd Neumann, der seinerseits
uch bereit ist, hier zu einer Verbesserung zu kommen.
ch freue mich, dass Olaf Scholz diesen Schritt getan hat.
amit wird unterstrichen: Die SPD ist fest entschlossen,
och in dieser Legislaturperiode – und das heißt konkret:
och vor der Sommerpause – einen Weg zu finden, den
ir gemeinsam gehen können. Frank-Walter Steinmeier
at das vor wenigen Tagen ebenso wie Franz Müntefering
etont. Es ist uns wirklich ernst. Und da freue ich mich,
ass auch Herr Neumann sich zuversichtlich gezeigt hat,
ass wir das noch vor den Bundestagswahlen im Herbst
inbekommen.
Ich habe es schon angedeutet: Wie immer die Lösung
ussehen wird, es wird ein erster wichtiger Schritt sein.
nd selbst wenn wir damit das drängende Rahmenfrist-
roblem in den Griff bekommen, bleiben weitere Bau-
tellen. Ich möchte an dieser Stelle nur andeuten, wo
eitere Aufgaben auf Lösungen warten.
Der Status der unständigen Beschäftigung bietet all
enen, die berufstypisch besonders kurzfristige Beschäf-
igungsverhältnisse eingehen, eine gute soziale Absiche-
ung. Insbesondere Schauspieler sind davon betroffen.
ch weiß, dass der Unständigenstatus von einigen Fach-
euten und Praktikern der Sozialversicherung infrage ge-
tellt wird. Ich will es an dieser Stelle aber ganz deutlich
agen: Solange wir den Betroffenen im Kultur- und Me-
ienbereich keine Alternativen für ihre Absicherung ge-
en können, so lange muss dieser Status bei der sozial-
ersicherungsrechtlichen Bewertung zur Anwendung
ommen, ja sogar ausgeweitet werden.
Weitere Probleme nur in Stichworten: Für viele Film-
nd andere Kulturschaffenden ist es auch typisch, dass
ie zwischen Selbstständigkeit und abhängiger Beschäf-
igung hin und her wechseln müssen. Das hat natürlich
assive Auswirkungen auf Altersvorsorge, Kranken-
nd Arbeitslosenversicherung. Die Folgen für die Be-
22352 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009
(A) )
(B) )
troffenen: ein enormer bürokratischer Aufwand, zusätz-
liche finanzielle Belastungen, Rechtsunsicherheit und
eine ungewisse Absicherung. Das können wir ihnen
nicht zumuten.
Vom allgemeinen Trend auf dem Arbeitsmarkt zur
Selbstständigkeit sind die Kultur- und Medienschaffen-
den in erster Linie betroffen. Das führt zu erheblichem
Druck auf die Künstlersozialversicherung, die wir ja ein-
mal geschaffen haben, um die freiberuflichen Künstler
und Publizisten abzusichern. Ich bin stolz auf die Künst-
lersozialversicherung, und deshalb sage ich: Dieses Sys-
tem darf nicht infrage gestellt werden, wenn das Arbeits-
und Sozialrecht teilweise nicht Schritt halten kann mit
den Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt im Kultur-
und Medienbereich.
Meine Vision ist es, dass wir all den aufgezeigten Pro-
blemen mit einem übergreifenden Versicherungssystem
für Kultur- und Medienschaffende begegnen könnten, so
wie wir es ja schon einmal mit der Künstlersozialversi-
cherung geschafft haben. Das aber ist ein längerfristiges
Projekt. In der nächsten Legislaturperiode werden wir
uns ernsthaft damit beschäftigen müssen.
Der Antrag der Fraktion Die Linke versteht sich sel-
ber als ein möglicher Lösungsvorschlag. Danach soll die
zweijährige Rahmenfrist beibehalten, dafür aber die An-
wartschaft von 12 auf 5 Monate verkürzt werden. In den
Beratungen im Ausschuss ist immer wieder deutlich ge-
worden, dass die Linke auch offen ist für einen anderen
Weg. Mit den Gesprächen zwischen Olaf Scholz und
Bernd Neumann ist dieser Weg nun eröffnet. Ich bin zu-
versichtlich, dass auch die Linke das unterstützen kann.
Deshalb lehnt meine Fraktion den vorliegenden An-
trag ab.
Dirk Niebel (FDP): Die Verkürzung der Rahmenfrist
für den Anspruch auf Arbeitslosengeld I von 3 auf
2 Jahre hat zu einer Vereinheitlichung und mehr Trans-
parenz geführt. Sie hat aber auch dazu geführt, dass
Beschäftigte in befristeten Projekten bei ständig wech-
selnden Einrichtungen die derzeit erforderliche Anwart-
schaftszeit von 12 Monaten innerhalb dieser Rahmen-
frist oft nur schwer erreichen. Diese Personengruppe
zahlt also Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, sie
kann dann aber die Lohnersatzleistungen nicht in An-
spruch nehmen.
Dieses Problem gibt es häufig im Bereich der Kultur-,
Medien- und Filmschaffenden. Der Wunsch nach Aus-
nahmeregelungen oder Sonderregelungen zur einjähri-
gen Vorversicherungszeit in der zweijährigen Rahmen-
frist ist deshalb verständlich. Mit dem Antrag der Linken
soll die Anwartschaftszeit in der Arbeitslosenversiche-
rung von 12 auf 5 Monate verkürzt werden. Das lehnen
wir ab. Wir haben mit unserer Forderung nach Auflö-
sung der Bundesagentur für Arbeit ein Konzept für die
Neuordnung ihrer Aufgaben vorgelegt. Nach unseren
Vorstellungen soll in einem Dreisäulenmodell das Ar-
beitslosengeld I in einer Versicherungsagentur verwaltet
werden. Neben Pflichtleistungen haben wir in der Ar-
beitslosenversicherung Wahltarife vorgesehen, mit de-
n
v
d
R
s
d
g
v
e
n
t
u
g
d
s
D
n
m
D
s
g
h
m
v
s
D
o
A
h
r
s
v
g
z
d
a
a
r
l
D
m
h
K
g
r
z
B
d
t
K
i
v
w
f
a
(C
(D
en die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen oder
on Branchen berücksichtigt werden können.
Die Enquete-Kommission hat dem Deutschen Bun-
estag empfohlen, im Hinblick auf die Verkürzung der
ahmenfrist eine Ergänzung für Kulturberufe mit wech-
elnden und befristeten Anstellungen vorzusehen, um
er beschriebenen strukturellen Benachteiligung entge-
enzutreten. Sie hat das sogenannte Schweizer Modell
orgeschlagen, wonach die ermittelte Beitragszeit für die
rsten 30 Kalendertage eines befristeten Arbeitsverhält-
isses verdoppelt wird. Im Rahmen der Diskussion soll-
en auch andere Alternativen geprüft werden.
Dr. Lothar Bisky (DIE LINKE): Kultur-, Medien-
nd Filmschaffende sind selten festangestellt. In der Re-
el sind sie nur kurzzeitig beschäftigt, und das bei stän-
ig wechselnden Arbeitgebern. Zeiten der Arbeit wech-
eln sich regelmäßig mit Zeiten der Arbeitslosigkeit ab.
ies haben die Betroffenen immer wieder in Kauf ge-
ommen, weil sie in den Phasen ohne Engagement zu-
indest ihr Arbeitslosengeld erhielten.
Seit der Einführung von Hartz IV ist es damit vorbei.
ie wirtschaftliche und soziale Lage der Kreativen hat
ich unzumutbar verschlechtert. Auch für die Kreativen
ilt nun: Hartz IV ist Armut per Gesetz. Warum? Um
eute einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I zu erhalten,
üssen Kultur- und Filmschaffende in den zwei Jahren
or Beginn der Arbeitslosigkeit mindestens ein Jahr lang
ozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein.
as ist selbst für erfolgreiche Theaterschauspielerinnen
der Kameramänner kaum möglich. Die Folge ist: Statt
rbeitslosengeld I erhalten sie Hartz IV, und das trotz oft
oher Beitragszahlungen in die Arbeitslosenversiche-
ung. Das darf nicht so bleiben.
Die Linke fordert, dass für Kultur-, Medien- und Film-
chaffende die Anwartschaftszeit auf Arbeitslosengeld I
on 12 auf 5 Monate herabgesetzt wird. Das wäre eine
ute Lösung im Interesse der Beschäftigten. Die Verkür-
ung der Anwartschaftszeit von 12 auf 5 Monate würde
afür sorgen, dass in Zukunft nicht nur die wenigen Kre-
tivbeschäftigten mit guter Auftragslage einigermaßen
bgesichert wären, sondern auch die große Mehrheit de-
er mit weit niedrigeren Einkommen. Eine solche Rege-
ung kann schnell und unbürokratisch umgesetzt werden.
azu braucht es nur den politischen Willen, meine Da-
en und Herren – Ihren politischen Willen.
Die Enquete-Kommission „Kultur“ hat sich einge-
end mit der wirtschaftlichen und sozialen Lage der
ünstler und Kreativen befasst. Sie hat fraktionsüber-
reifend dringenden Handlungsbedarf angemahnt. In ih-
em Schlussbericht empfahl sie das sogenannte Schwei-
er Modell. Danach werden die ersten 30 Tage einer
eschäftigung für die Anrechnung von Arbeitslosengeld
oppelt gezählt. Obgleich unser Ansatz der konsequen-
ere ist, da er auf den Erfahrungen der organisierten
reativschaffenden in diesem Lande basiert, haben wir
mmer gesagt, dass wir uns einer solchen Lösung nicht
erschließen würden. Das war auch der Grund, weshalb
ir bereit waren, die weitere Beratung unseres Antrags
ür mehr als ein Jahr auszusetzen. Doch zu der aus Ko-
litionskreisen immer wieder versprochenen Lösung
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009 22353
(A) )
(B) )
kam es nicht. Die Bundesregierung hat sich in dieser
Frage nicht bewegt. Das bedauern wir sehr, denn damit
werden Kulturschaffende weiterhin in prekäre Verhält-
nisse gezwungen.
Dabei hat im Dezember des vergangenen Jahres der
Kollege Klaus Brandner, Parlamentarischer Staatssekre-
tär beim Bundesminister für Arbeit und Soziales, im
Kulturausschuss eine gute Lösung angekündigt. Die
Rahmenfrist in der Arbeitslosenversicherung solle allge-
mein wieder von zwei auf drei Jahre verlängert werden.
Das fanden wir sehr gut. Denn dies fordert die Linke
schon seit langem. – Dann wäre nicht nur den Kreativen,
sondern vielen weiteren Berufsgruppen geholfen. Des-
halb haben wir diesen guten Vorschlag heute Vormittag
im Plenum des Deutschen Bundestages zur Abstimmung
gestellt. Welche Überraschung: Unser Antrag wurde von
der Koalition – auch von der SPD – abgelehnt. Es zeigte
sich: Alles nur heiße Luft.
Meine Damen und Herren, wenn Ihnen daran gelegen
ist, Kultur-, Medien- und Filmschaffende vor Armut zu
bewahren, dann können Sie jetzt etwas dafür tun. Stim-
men Sie unserem Antrag zu!
Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
„Wenn Sport der Bruder der Arbeit ist, dann ist Kunst
die Cousine der Arbeitslosigkeit“, so beschreibt Thomas
Kapielski zu Recht die Situation im Kunst- und Kultur-
betrieb. Wir alle wissen, dass viele Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer, auch wenn sie immer wieder sozial-
versicherungspflichtig beschäftigt sind, keinen Anspruch
auf Unterstützung durch die Arbeitslosenversicherung
haben. Die Beschäftigungszeiten reichen nicht aus. Die
Voraussetzung – zwölf Monate beitragspflichtige Be-
schäftigung innerhalb von zwei Jahren – kann nicht er-
füllt werden. Schauspielerinnen, Orchestermusiker und
Redakteure sind, obwohl sie in ihrem Berufsleben in
erheblichem Umfang in die Arbeitslosenversicherung
einzahlen, im Falle von Arbeitslosigkeit häufig auf die
Leistungen der Grundsicherung angewiesen. Das ist
nicht gerecht und dem muss abgeholfen werden.
Die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“
empfiehlt in ihrem Schlussbericht, eine Ergänzung für
Kulturberufe bei der gesetzlichen Regelung der Arbeits-
losenversicherung vorzunehmen, um der strukturellen
Benachteiligung der Kulturschaffenden entgegenzutre-
ten. In Anlehnung an das Schweizer Modell wird emp-
fohlen, die ersten dreißig Tage eines befristeten Arbeits-
verhältnisses für die Ermittlung der Beitragszeit zu
verdoppeln. Die Linke fordert die Herabsetzung der An-
wartschaftszeit für Kultur-, Medien- und Filmschaffende
mit wechselnden oder befristeten Anstellungen von
zwölf auf fünf Monate.
Aber nicht allein Künstlerinnen und Künstler haben
das Problem, dass sie oft in befristeten und wechselnden
Arbeitsverhältnissen beschäftigt sind und im Falle von
Arbeitslosigkeit ohne Arbeitslosengeld auskommen müs-
sen. Auch im Tourismus, auf dem Bau und bei Messen
haben die Beschäftigten genau dieselben Probleme, und
auch Architekten und Ingenieure sind davon betroffen.
Eine branchenbezogene Sonderregelung wird daher dem
G
a
s
z
c
c
s
f
s
s
e
w
j
s
h
A
B
v
D
t
h
h
l
s
K
l
b
A
m
d
n
(C
(D
rundproblem nicht gerecht, lässt viele Menschen, die
ufgrund ihrer atypischen Beschäftigung keinen An-
pruch auf Arbeitslosengeld I haben, außen vor und führt
u schwierigen Abgrenzungsfragen.
Der Arbeitsmarkt wird immer flexibler, aber die Si-
herheit für die Beschäftigten bleibt dabei auf der Stre-
ke. Wir haben ihnen daher schon zur ersten Lesung un-
ere Vorschläge in einem eigenen Antrag vorgelegt. Wir
ordern neue grundsätzliche Regelungen, die alle Be-
chäftigten einbeziehen, die in befristeten, häufig wech-
elnden Jobs arbeiten. Wir wollen, dass auch diejenigen
inen Anspruch auf Arbeitslosengeld erhalten, die bisher
egen zu geringer Beitragszeiten im Rahmen der Zwei-
ahresfrist ohne Leistungen geblieben sind. Arbeitslo-
engeld soll bereits dann gezahlt werden, wenn inner-
alb der Frist mindestens vier Monate Beiträge an die
rbeitslosenversicherung entrichtet wurden. Aus dieser
eitragszahlung ergibt sich ein zweimonatiger Bezug
on Arbeitslosengeld. Die Bezugsdauer steigt mit der
auer der Beitragszahlung an und mündet in die gel-
ende Staffelung der Bezugszeiten.
Meine Damen und Herren von Union und SPD, Sie
aben unseren Antrag bereits abgelehnt, und Sie werden
eute auch diesen Antrag ablehnen. Sie machen keiner-
ei eigene Vorschläge, um diese Beschäftigten besser zu
chützen. Sie machen so nicht nur die Künstlerinnen und
ünstler zu Verlierern, sondern alle, die auf dem flexibi-
isierten Arbeitsmarkt ohne Netz und doppelten Boden
eschäftigt sind.
nlage 9
Amtliche Mitteilungen
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
itgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2
er Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den
achstehenden Vorlagen absieht:
Auswärtiger Ausschuss
– Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Inter-
parlamentarischen Union
118. Versammlung der Interparlamentarischen Union
vom 13. bis 18. April 2008 in Kapstadt, Südafrika
– Drucksachen 16/10475, 16/11125 Nr. 1.1 –
– Unterrichtung durch die Delegation der Bundesrepublik
Deutschland in der Parlamentarischen Versammlung des
Europarates
Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Euro-
parates vom 21. bis 25. Januar 2008 in Straßburg
– Drucksachen 16/10709, 16/11478 Nr. 1.1 –
Innenausschuss
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Siebter Bericht der Bundesregierung über den Stand
der Rechtssicherheit für deutsche Unternehmen im Zu-
sammenhang mit der Stiftung „Erinnerung, Verantwor-
tung und Zukunft“
– Drucksachen 16/1275, 16/1476 Nr. 1.7 –
(A) (C)
(B) )
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Achter Bericht der Bundesregierung über den Stand
der Rechtssicherheit für deutsche Unternehmen im Zu-
sammenhang mit der Stiftung „Erinnerung, Verantwor-
tung und Zukunft“
– Drucksachen 16/5001, 16/5171 Nr. 3 –
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Neunter Bericht der Bundesregierung über den Stand
der Rechtssicherheit für deutsche Unternehmen im Zu-
sammenhang mit der Stiftung „Erinnerung, Verantwor-
tung und Zukunft“
– Drucksachen 16/9047, 16/9391 Nr. 1.1 –
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Sechster und abschließender Bericht der Bundesregie-
rung über den Abschluss der Auszahlungen und die Zu-
sammenarbeit der Stiftung „Erinnerung, Verantwor-
tung und Zukunft“ mit den Partnerorganisationen
– Drucksachen 16/9963, 16/10285 Nr. 9 –
Finanzausschuss
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Er-
wachsenen und Kindern für das Jahr 2010 (Siebenter
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit-
geteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdo-
kumente zur Kenntnis genommen oder von einer Bera-
tung abgesehen hat.
Auswärtiger Ausschuss
Drucksache 16/10286 Nr. A.1
EuB-EP 1733; P6_TA-PROV(2008)0233
Drucksache 16/11132 Nr. A.1
Ratsdokument 14634/08
Drucksache 16/11311 Nr. A.1
Ratsdokument 15299/08
Rechtsausschuss
Drucksache 16/9867 Nr. A.2
Ratsdokument 10122/08
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz
Drucksache 16/11721 Nr. A.17
Ratsdokument 16271/08
Drucksache 16/11721 Nr. A.19
Ratsdokument 17380/08
Existenzminimumbericht)
– Drucksachen 16/11065, 16/11478 Nr. 1.3 –
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht über die Tätigkeit der Verkehrsinfrastruktur-
finanzierungsgesellschaft im Jahr 2006
– Drucksache 16/8277 –
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht über die Tätigkeit der Verkehrsinfrastruktur-
finanzierungsgesellschaft im Jahr 2007
– Drucksachen 16/11016, 16/11306 Nr. 2 –
(D
Ausschuss für Gesundheit
Drucksache 16/11517 Nr. A.27
Ratsdokument 15776/1/08 REV 1
Drucksache 16/11517 Nr. A.28
Ratsdokument 15283/08
Drucksache 16/11517 Nr. A.29
Ratsdokument 15775/08
Ausschuss für die Angelegenheiten
der Europäischen Union
Drucksache 16/5505 Nr. 1.1
EuB-EP 1483
Drucksache 16/10286 Nr. A.91
Ratsdokument 10696/08
22354 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 206. Sitzung. Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009
91, 1
0, T
206. Sitzung
Berlin, Freitag, den 13. Februar 2009
Inhalt:
Redetext
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Anlage 2
Anlage 3
Anlage 4
Anlage 5
Anlage 6
Anlage 7
Anlage 8
Anlage 9