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    Plenarprotokoll 16/184 (Drucksache 16/10474) . . . . . . . . . . . . . . 19683 D Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . . . . Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Glos, Bundesminister BMWi . . . . . . Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD) . . . . . . . . . . . . Ulla Schmidt, Bundesministerin BMG . . . . . Daniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . . . Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU) . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Konrad Schily (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Peter Friedrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 19668 B 19668 C 19669 B 19670 A 19671 B 19672 B 19674 D 19675 D 19684 A 19686 B 19687 C 19689 C 19691 B 19693 B 19695 A 19696 A 19697 C 19698 A 19699 B Deutscher B Stenografisc 184. Si Berlin, Freitag, den I n h a Zusatztagesordnungspunkt 7: Zweite und dritte Beratung des von den Frak- tionen der CDU/CSU und der SPD einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Um- setzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanz- marktstabilisierungsgesetz – FMStG) (Drucksachen 16/10600, 16/10651) . . . . . . . . Dr. Peter Struck (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19657 A 19657 B 19659 C 19661 A 19663 A 19666 B Namentliche Abstimmungen . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19677 B, 19680 B 19677 B, 19680 D undestag her Bericht tzung 17. Oktober 2008 l t : Tagesordnungspunkt 35: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der ge- setzlichen Krankenversicherung (GKV- OrgWG) (Drucksachen 16/9559, 16/10070, 16/10609) b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Unterrichtung des Deutschen Bundesta- ges über den beabsichtigten Erlass nach- folgender Verordnung gemäß § 241 Abs. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch: Verordnung zur Festlegung der Beitrags- sätze in der gesetzlichen Krankenversi- cherung (GKV-Beitragssatzverordnung – GKV-BSV) 19683 D Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19701 A 19703 D II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 Tagesordnungspunkt 34: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Renate Künast, Silke Stokar von Neuforn, Jerzy Montag, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Arti- kel 2 a, 5 a, 13 a, 19) (Drucksache 16/9607) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Bundesdaten- schutzgesetzes (Drucksachen 16/10529, 16/10581) . . . . . c) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- derung des Bundesdatenschutzgesetzes (Drucksache 16/31) . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Silke Stokar von Neuforn, Volker Beck (Köln), Birgitt Bender, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Datenschutz stärken – Bewusstsein schaffen – Datenmissbrauch vorbeugen (Drucksache 16/10216) . . . . . . . . . . . . . . . e) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Silke Stokar von Neuforn und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Informationspflicht für Unternehmen bei Datenschutzpannen einführen (Drucksachen 16/1887, 16/6764) . . . . . . . f) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Gisela Piltz, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Vorschlag für einen Rahmen- beschluss des Rates über die Ver- wendung von Fluggastdatensätzen zu Strafverfolgungszwecken – zu dem Antrag der Abgeordneten Silke Stokar von Neuforn, Volker Beck (Köln), Monika Lazar, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Keine Speicherung von EU-Fluggastdaten (Drucksachen 16/8115, 16/8199, 16/9112) Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beatrix Philipp (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Bürsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 19701 B 19701 B 19701 B 19701 C 19701 C 19701 D 19702 A 19705 D 19709 A 19710 C Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Gert Winkelmeier (fraktionslos) . . . . . . . . . . Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 36: Antrag der Abgeordneten Christoph Waitz, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der FDP: Inoffizielle Stasi-Mitarbeiter in Bundesministerien, Bundesbehörden und im Bundestag enttarnen – Aufarbeitung des Stasi-Unrechts stärken (Drucksache 16/9803) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Waitz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 37: Antrag der Abgeordneten Katja Kipping, Klaus Ernst, Karin Binder, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Die ei- genständige Existenzsicherung von Stief- kindern sicherstellen – § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II reformieren (Drucksache 16/9490) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 38: Antrag der Abgeordneten Manuel Sarrazin, Josef Philip Winkler, Rainder Steenblock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine zu- kunftstaugliche und menschenrechtlich fundierte Europäische Migrationspolitik (Drucksache 16/10341) . . . . . . . . . . . . . . . . . Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19712 D 19714 C 19715 D 19716 C 19717 B 19718 C 19718 D 19719 D 19721 C 19722 A 19723 B 19723 C 19723 D 19724 D 19727 A 19728 C 19730 C 19731 D 19732 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 III Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilisie- rungsgesetz – FMStG) (Zusatztagesordnungs- punkt 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Geset- zes zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanz- marktstabilisierungsgesetz – FMStG) (Zusatz- tagesordnungspunkt 7) Veronika Bellmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Michael Brand (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) . . . . . . Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU) . . . . . . Manfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Marina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Rolf Kramer, Gabriele Lösekrug-Möller und Simone Violka (alle SPD) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Geset- zes zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanz- marktstabilisierungsgesetz – FMStG) (Zusatz- tagesordnungspunkt 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn, Alexander Bonde, Dr. Harald Terpe, Krista Sager, Ute Koczy, Anna Lührmann, Thilo Hoppe, Priska Hinz (Herborn), Brigitte Pothmer, Kerstin Andreae, Josef Philip Winkler, Ulrike Höfken, Rainder Steenblock, Birgitt Bender und Irmingard Schewe-Gerigk (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentli- chen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung eines Maßnahmen- pakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilisierungsgesetz – FMStG) (Zusatztagesordnungspunkt 7) . . . . . . . . . . . . 19733 A 19733 D 19734 C 19735 A 19735 B 19735 C 19735 C 19736 B 19736 D 19737 B Anlage 6 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisations- strukturen in der gesetzlichen Krankenversi- cherung (GKV-OrgWG) (Tagesordnungs- punkt 35 a) Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Hans Georg Faust und Dr. Rolf Koschorrek (beide CDU/CSU) zur namentlichen Abstim- mung über den Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstruktu- ren in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) (Tagesordnungspunkt 35 a) Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Arbeitsmarktinstrumente auf effi- ziente Maßnahmen konzentrieren (183. Sit- zung, Tagesordnungspunkt 9) Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU) . . . . . Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Wohnungslosigkeit vermeiden – Woh- nungslose unterstützen – SGB II überarbeiten (183. Sitzung, Tagesordnungspunkt 17) Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . . . Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung Un- terstützter Beschäftigung (183. Sitzung, Ta- gesordnungspunkt 22) Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . . . Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Verfahren des elektronischen Entgeltnachweises (ELENA- Verfahrensgesetz) (183. Sitzung, Tagesord- nungspunkt 25) Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 19738 B 19738 D 19738 D 19739 B 19740 D 19741 D 19742 B IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Menschenrechte in der ASEAN- Staatengemeinschaft stärken (183. Sitzung, Tagesordnungspunkt 26) Christel Riemann-Hanewinckel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Inoffizielle Stasi-Mitarbeiter in Bun- desministerien, Bundesbehörden und im Bun- destag enttarnen – Aufarbeitung des Stasi- Unrechts stärken (Tagesordnungspunkt 36) Dr. h. c. Wolfgang Thierse (SPD) . . . . . . . . . . 4 koll gegebene Reden zur Beratung rags: Die eigenständige Existenz- g von Stiefkindern sicherstellen – § 9 atz 2 SGB II reformieren (Tagesord- nkt 37) iewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Krüger-Leißner (SPD) . . . . . . . . . . ter Haustein (FDP) . . . . . . . . . . . . . pping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . urth (BÜNDNIS 90/ RÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19745 C 19746 B 19747 B 19748 A 19749 B 19749 D Anlage 1 Zu Proto des Ant sicherun Abs. 2 S nungspu Karl Sch Angelika Heinz-Pe Katja Ki Markus K DIE G Anlage 1 Amtliche 19743 A 19744 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 19657 (A) (C) (B) (D) 184. Si Berlin, Freitag, den Beginn: 8
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    19732 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 (A) (C) (B) (D) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse Berichtigungen 183. Sitzung, Seite 19530 (A), letzter Absatz: Der vorletzte Satz ist wie folgt zu lesen: „Außerdem wissen wir, dass die Erdverkabelung fünf- bis zehnmal so teuer und der Nutzungszeitraum halb so lang wie bei der Frei- leitung ist.“ 183. Sitzung, Seite 19623 (D), erster Absatz, erster Satz und dritter Absatz, zweiter Satz: Statt „prädikativ“ ist „prädiktiv“ zu lesen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 19733 (A) (C) (B) (D) Die Maßnahmen der Bundesregierung gehen in die richtige Richtung. Ohne einen liquiden Interbankenhandel Rohde, Jörg FDP 17.10.2008 Wir sind spätestens seit der Lehman-Pleite an einem Punkt, an dem staatliche Eingriffe im Rahmen des Kri- senmanagements nicht nur sinnvoll, sondern auch unver- zichtbar sind. Multhaupt, Gesine SPD 17.10.2008 Otto (Frankfurt), Hans- Joachim FDP 17.10.2008 Anlage 1 Liste der entschuldi Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Albach, Peter CDU/CSU 17.10.2008 Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.10.2008 Bierwirth, Petra SPD 17.10.2008 Bodewig, Kurt SPD 17.10.2008** Brase, Willi SPD 17.10.2008 Dr. Däubler-Gmelin, Herta SPD 17.10.2008 Deittert, Hubert CDU/CSU 17.10.2008 Friedrich (Bayreuth), Horst FDP 17.10.2008 Gunkel, Wolfgang SPD 17.10.2008 Hänsel, Heike DIE LINKE 17.10.2008 Dr. Happach-Kasan, Christel FDP 17.10.2008 Heller, Uda Carmen Freia CDU/CSU 17.10.2008 Hempelmann, Rolf SPD 17.10.2008 Höfer, Gerd SPD 17.10.2008* Kipping, Katja DIE LINKE 17.10.2008 Klimke, Jürgen CDU/CSU 17.10.2008 Leutheusser- Schnarrenberger, Sabine FDP 17.10.2008 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.10.2008 Müller (Chemnitz), Detlef SPD 17.10.2008 Anlagen zum Stenografischen Bericht gten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Omid Nouripour (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanz- marktstabilisierungsgesetz – FMStG) (Zusatz- tagesordnungspunkt 7) Wir befinden uns in einer dramatisch einmaligen Situation. Eine derartige Krise hat der Finanzmarkt seit 80 Jahren nicht erlebt. Seit über einem Jahr versuchen die Notenbanken durch die regelmäßig wiederkehrende Bereitstellung von Kapital, diese Krise zu verhindern. Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 17.10.2008 Schauerte, Hartmut CDU/CSU 17.10.2008 Dr. Scheer, Hermann SPD 17.10.2008 Schily, Otto SPD 17.10.2008 Schmidt (Nürnberg), Renate SPD 17.10.2008 Seehofer, Horst CDU/CSU 17.10.2008 Dr. Stadler, Max FDP 17.10.2008 Staffelt, Grietje BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.10.2008 Ulrich, Alexander DIE LINKE 17.10.2008 Dr. Wodarg, Wolfgang SPD 17.10.2008* Zeil, Martin FDP 17.10.2008 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 19734 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 (A) (C) (B) (D) ist kein funktionierender Finanzmarkt möglich. Ein Funktionieren der Finanzwirtschaft ist wiederum zentral für die Realwirtschaft. Die Realwirtschaft ist die Grund- lage für die materielle Existenz des Menschen. Daher haben die Grünen im Bundestag einer Fristverkürzung des normalen parlamentarischen Verfahrens zugestimmt. Es ist richtig, dass nun über ein Maßnahmenpaket im Eilverfahren entschieden wird. Eine Untätigkeit des Staates hätte in dieser Situation weitreichend negative Konsequenzen für jeden Einzelnen. Ich werde aus zwei Gründen dennoch gegen den Ge- setzentwurf der Bundesregierung stimmen. Erstens. Die Mitwirkungsrechte des Parlaments werden erheblich be- schnitten. Es entspricht nicht meiner Vorstellung des Mandats, dass das Parlament nur informiert wird, wenn es um Summen von 480 Milliarden Euro geht. Das Bud- get ist das Königsrecht des Parlaments. Der Bundestag muss daher auch weiterhin aktiv in zentrale Entschei- dungen und Mittelverwendungen einbezogen werden. Die Bundesregierung sollte heute keinen Blankoscheck erhalten. Zweitens. Wenn der Staat Bürgschaften an Banken vergibt oder mit Kapital einsteigt, fordern wir, dass Auf- lagen und Mitbestimmung durch den Staat nicht nur möglich, sondern verbindlich sind. Es muss obligatori- sche Regeln geben, damit die Bundesregierung sich nicht von Bank zu Bank mit immer laxeren Vorhaben durchmanövrieren kann. Diese zwingenden Regeln su- che ich im vorliegenden Gesetzentwurf vergeblich. Statt- dessen soll die Gegenleistung der Finanzinstitute ohne Parlamentsbeteiligung auf Verordnungsweg geregelt werden. Damit will die Bundesregierung einen weiteren Blankoscheck. Der Gesetzentwurf lässt viele zentrale Punkte offen. Das ist in erster Linie dem Eilverfahren geschuldet. Das Beispiel Amerika zeigt, dass dort nach der ersten Ableh- nung des Finanzmarktstabilisierungspaketes durch das Repräsentantenhaus mehr Zeit für Diskussion geschaf- fen wurde und somit viele Fehler korrigiert werden konnten. Die kurze, dadurch entstandene Verzögerung hatte keine weitreichenden negativen Konsequenzen. Das ist für mich ein weiterer Grund, warum ich den Ge- setzentwurf der Bundesregierung heute ablehne. Wir haben uns im Haushaltsausschuss und Parlament für alle diese Punkte intensiv eingesetzt. Leider sind wir in den zentralen Aspekten an der Sturheit der Großen Koalition gescheitert. Mittel- und langfristig muss sich die Bundesregierung vom reinen Krisenmanagement verabschieden. Wir ha- ben wieder gelernt, dass es auf dem Finanzmarkt zu ei- nem massiven Marktversagen kommt, wo das Zocken mit undurchsichtigen Finanzprodukten unsere gesamte Gesellschaft an den Abgrund stellen kann. Daher fordern wir Regeln und massive Verbesserungen im Zusammen- spiel von den Akteuren. Der Staat muss viel stärker als bisher umfassende Zugänge zu Informationen über das Geschehen auf den Märkten erhalten. Das derzeitige Systemversagen zeigt: Wir brauchen neue Regeln. Die Bundesregierung zeichnet sich aber auch in diesem Be- reich durch Untätigkeit aus. Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Ent- wurf eines Gesetzes zur Umsetzung eines Maß- nahmenpakets zur Stabilisierung des Finanz- marktes (Finanzmarktstabilisierungsgesetz – FMStG) (Zusatztagesordnungspunkt 7) Veronika Bellmann (CDU/CSU): Dem Finanz- marktstabilisierungsgesetz (FMStG) kann ich nur des- halb zustimmen, weil geschlossenes Handeln jetzt ein Gebot der Stunde ist, um größeren Schaden von unserem Vaterland abzuwenden. Dennoch muss ich ausdrücklich darauf verweisen, dass der zur Abstimmung stehende Gesetzentwurf nur sehr nebulöse Verordnungsermächti- gungen hinsichtlich der Verantwortung bzw. der Eigen- beteiligung der verantwortlichen Akteure der Finanz- branche (Großaktionäre, Manager) enthält. Klare Verpflichtungen, gegebenenfalls auch mit der ausgewie- senen Möglichkeit zur Selbstverpflichtung, der für die Krise Verantwortlichen sind leider nicht gesetzlich fi- xiert. Hier wäre zum Beispiel daran zu denken, dass die für die Finanzmarktkrise verantwortlichen Entscheidungs- träger verpflichtet werden, ihre Kenntnisse über die volkswirtschaftlichen Zusammenhänge nationaler und internationaler Finanzmarktströme in Form eines quasi „Täter-Opfer-Ausgleichs“ den Bürgerinnen und Bür- gern – den mithaftenden Steuerzahlern – zur Verfügung stellen. So könnten sie sich zumindest aktiv an der Repa- ratur des von ihnen verursachten Schadens beteiligen. Zu den notwendigen klaren Verpflichtungen der Verant- wortlichen hätten ebenso eindeutige Aussagen zur Be- grenzung der Managergehälter, Boni oder Dividenden gehört. In diesem Zusammenhang hätte ich erwartet, dass die Krisenverantwortlichen eigeninitiativ ihre um- fassende Bereitschaft zu vertrauensbildenden Maßnah- men signalisiert hätten. Mir ist klar, dass die Ermittlung der Schuldigen aus- schließlich mit den Mitteln eines freiheitlichen, demo- kratischen Rechtsstaates erfolgen darf. Dies ist juristisch kompliziert, weil bislang einzigartig, und in jeglicher Hinsicht zeitlich sehr aufwendig. Mir ist auch klar, dass die gegenüber der Gesamtbevölkerung geringe Anzahl der Krisenverantwortlichen unmöglich eine wirksame Schadenswiedergutmachung betreiben kann. Insofern wäre ein gesetzlich fixierter Eigenbetrag der Finanzbranche zwar marginal, aber dennoch ein Betrag von hohem politischem Symbolwert gewesen. Dieser Ei- genbetrag wäre eine vertrauensbildende Maßnahme ge- genüber der Gemeinschaft der Steuerzahler, durch die die Einsicht und das Bekenntnis zu zukünftig verant- wortlicherem Handeln ein Gesicht bekommen hätten. Ich bedaure ausdrücklich, dass die Finanzbranche sich diesbezüglich auffällig zurückhält. Die lässt leider Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 19735 (A) (C) (B) (D) vermuten, dass wenig Einsicht besteht. Damit kann der Anschein erweckt werden, dass eine gewisse Missach- tung gegenüber den redlich arbeitenden Steuerzahlern demonstriert wird, die die immense Last der Stabilisie- rung der für eine funktionierende soziale Marktwirt- schaft notwendigen Finanzwirtschaft schultern. Michael Brand (CDU/CSU): Die Krise der Finanz- märkte ist verursacht durch verantwortungslose Speku- lanten, die viel mit Kapitalismus und nichts mehr mit sozialer Marktwirtschaft zu tun haben. Dass Bundes- regierung und Bundesländer in einer ungeheuren Kraft- anstrengung nun wesentliche Schritte eingeleitet haben, um diese Krise zu meistern, verdient Anerkennung und Unterstützung im Sinne der Sparer und der Wirtschaft, die dringend auf Kredite zur Finanzierung der Produk- tion und Sicherung von Beschäftigung angewiesen ist. Dass der einzelne Parlamentarier angesichts der unge- heuren Komplexität und der Auswirkungen sich auf das Wissen und die erkennbar gegebene Verantwortung von Fachleuten aus Regierung und auch seriöser Experten aus der Finanzwirtschaft verlassen muss, ist auch klar. Durch meine Zustimmung zu diesem Maßnahmenpa- ket gebe ich auch meinem Vertrauen Ausdruck, dass an- gesichts der Krise die Menschen in unserem Land auf allen Ebenen, von den kleinen Sparern bis zu den Fi- nanzministern, gemeinsam diese Krise bewältigen. Dies als nicht mit allen Fragen des Finanzmarktes vertrauter Abgeordneter offen und ehrlich zu Protokoll gegeben zu haben, ist mir wegen des Vertrauens der Bür- gerinnen und Bürger in ihre gewählten Vertreter wichtig. Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Ich kann dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz nicht zustimmen. Zwar sind Maßnahmen der Bundesregierung, um das Vertrauen zwischen den Banken und Finanzinstituten wieder herzustellen, überfällig. Mit den vorgelegten Re- gelungen findet aber eine weitgehende Entmachtung des Parlaments statt. Ein Regieren per Rechtsverordnung ist für mich letztlich undemokratisch. Mit dem Gesetz wer- den in der Vergangenheit erzielte Gewinne großer Aktio- näre gerettet, ohne aber die Verursacher der Finanzkrise angemessen an den Lasten zu beteiligen und zur Verant- wortung zu ziehen. Mit einer Steuerpolitik zugunsten von Finanzinvestoren, mit der Zulassung unter anderem von Hedgefonds und Kreditverbriefungen tragen die Große Koalition wie auch ihre rot-grüne Vorgänger- regierung maßgeblich Mitschuld am Entstehen der ge- genwärtigen tiefgreifenden Krise. Mit dem Maßnahmenpaket wird nicht ausreichend dafür gesorgt, die Spareinlagen und Einkommen der Bürgerinnen und Bürger zu sichern sowie die Liquidität und Auftragslage kleinerer und mittlerer Firmen zu ver- bessern. Ohne ein begleitendes Konjunkturprogramm, ohne deutliche Einkommenssteigerungen vor allem für Geringverdiener, Langzeitarbeitslose und Familien wer- den die finanzpolitischen Maßnahmen zu großen Teilen ins Leere laufen und nur einen steigenden Schuldenberg für spätere Generationen hinterlassen. Das Gesetz ist eine Rechnung mit vielen Unbekannten, insbesondere mit zusätzlichen und zukünftigen Belastungen für die Haushalte des Bundes, der Länder und der Kommunen. Dem kann und will ich nicht zustimmen. Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU): Hiermit er- kläre ich, dass ich dem Gesetzentwurf zustimme, weil ich die Auffassung teile, dass schnell vertrauensbildende Maßnahmen ergriffen werden müssen. Ich lege jedoch großen Wert auf die Feststellung, dass ich bedauere, dass es nicht zu der in der Bundestagsdrucksache 16/10600 aufgezeigten Lösung mit der Operationsverantwortung durch die Deutsche Bundesbank kommt. Angesichts der weiten Verordnungsermächtigungen, die mit dem Gesetz gegeben werden, und den Erfahrungen mit der Beteili- gungshandhabung durch den Bundesfinanzminister hätte ich es für richtiger empfunden, dass einerseits die Opera- tionsverantwortung bei der Bundesbank gelegen hätte und andererseits die in den Beratungen angedachten er- höhten Kontrollrechte bei den Beteiligungen unmittelbar mit dem Gesetzentwurf gleichzeitig umgesetzt worden wären. So besteht die Gefahr, dass nach der Inkraftset- zung des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes die not- wendigen Korrekturen und Kontrollen im Bereich der Beteiligungsverwaltung auf der Strecke bleiben. Es darf nicht zu einer Gewichtsverlagerung zwischen Parlament und Regierung kommen. Dies muss durch besondere Kontrollen wieder ausgeglichen werden. Manfred Kolbe (CDU/CSU): Die Dramatik der internationalen Finanzmarktkrise erfordert sicherlich be- sondere Maßnahmen, hinter denen andere Grundsätze zurückstehen müssen. So lag der endgültige Text des Gesetzentwurfes erst am Morgen der Beratung vor, was grundsätzlich nicht hinnehmbar ist. Auch die fast voll- ständige Delegation der Gesetzgebungsbefugnisse an den Verordnungsgeber muss im Interesse des parlamen- tarischen Systems ein Einzelfall bleiben. Schließlich stecken in der Gesetzesmaterie zahlreiche ungeklärte Fragen, wie etwa die Frage von Wettbewerbsverzerrun- gen, wenn der Bund sich an einigen Banken beteiligt und an anderen nicht; die Rolle des Bundes im operativen Geschäft der Banken, an denen er sich beteiligt hat, und die Frage, ob und wie eine eventuelle Bundesbeteiligung rückabzuwickeln ist. Nur im Lichte der außerordentli- chen, weltweiten Finanzkrise ist dieses Gesetzgebungs- verfahren hinnehmbar. Nicht hinnehmbar ist aber, dass im Gesetzestext ein zentraler rechtsethischer Grundsatz unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung völlig außer Acht gelassen wird, nämlich der Grundsatz der Eigenverantwortung. Unsere soziale Marktwirtschaft ermöglicht größtmögli- che individuelle Erfolge, verlangt umgekehrt dann aber auch das Einstehen für entstandene Verluste und Schä- den. Eine Privatisierung von Gewinnen und Sozialisie- rung von Verlusten ist damit unvereinbar und nimmt der Marktwirtschaft die innere Rechtfertigung. Das heute zur Verabschiedung anstehende Finanz- marktstabilisierungsgesetz ignoriert das Prinzip der Ei- genverantwortung vollständig und enthält in keiner ein- zigen Passage einen Eigenbeitrag der Finanzbranche insgesamt, der Aktionäre oder insbesondere des verant- 19736 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 (A) (C) (B) (D) wortlichen Managements. Jedem Handwerker oder klei- nen Unternehmer drohen bei Verlusten gerade auch durch die Banken Vollstreckungsmaßnahmen oder gar die Insolvenz, hier dagegen wird eine Branche, die in den vergangenen Jahren überproportional verdient hat, vollkommen verschont. Bloße Verordnungsermächti- gungen in diese Richtung reichen nicht aus, zumal zu be- fürchten ist, dass manch markiger Rede keinerlei Taten folgen werden. Möglich gewesen wäre es auch in der Eile des Ge- setzgebungsverfahrens, festzulegen, mögliche Verluste des Finanzmarktstabilisierungsfonds aus Rettungsmaß- nahmen entweder auf die gesamte Finanzbranche oder auf die Institute zu verteilen, die Leistungen des Fonds in Anspruch genommen haben und in einigen Jahren vielleicht wieder sehr erfolgreich wirtschaften werden, so wie es der Finanzausschuss beschlossen hatte. Mög- lich gewesen wäre es auch, wie in den USA (Emergency Economic Stabilization Act of 2008, section 111) Vergü- tungsstrukturen bei Unternehmen mit Bundesbeteiligung und damit die Finanzierung des Steuerzahlers auf ein der Öffentlichkeit vermittelbares Niveau zu begrenzen. Da der Gesetzestext den für die innere Rechtfertigung der sozialen Marktwirtschaft unerlässlichen Grundsatz der Eigenverantwortung der Finanzbranche oder des dortigen Managements vollkommen außer Acht lässt, kann ich ihm trotz der grundsätzlichen Notwendigkeit eines staatlichen Handelns nicht zustimmen und werde mich enthalten. Marina Schuster (FDP): Ich gebe dem von der Bun- desregierung vorgelegten Finanzmarktstabilisierungsge- setz – FMStG meine Zustimmung, sehe aber, zum Teil zusätzlich zu den im Entschließungsantrag der FDP ge- nannten Punkten, folgende Kritikpunkte: Art. 1 § 7 (neu): Es bedarf keiner Obergrenze für die Beteiligung des Fonds am Eigenkapital. Bei Bedarf muss der Fonds auch das gesamte Eigenkapital befristet übernehmen können. Die Alteigentümer können die An- teile ja zurückerwerben. Art. 1 § 6 (neu): Es wird ein „Entgelt in angemessener Höhe“ für Garantien gefordert. In der Begründung heißt es, das Entgelt solle 2 Prozent nicht unterschreiten. Hier ist zu beachten, dass das Entgelt für den Fonds wenigs- tens annähernd dem Wert der Risikoreduktion entspricht. Dieser kann erheblich über 2 Prozent liegen. Also sollte man Risikoklassen bilden und die Garantieprämien an dem Umfang der Risikoreduktion ausrichten. Macht man das nicht, besteht die Gefahr des Trittbrettfahrens. Art. 1 § 12: Die Kosten für die Verwaltung trägt der Bund. Die Kosten sollten meines Erachtens aber auch die tragen, zu deren Gunsten der Fonds errichtet wird. Das sind die Garantie- und Eigenkapitalnehmer. Das er- fordert, dass die Prämien für Kapitalhilfe entsprechend gestaltet werden. Art. 2: Die Rechtsverordnungen sind nicht präzisiert; folglich fehlen viele Details, die außerhalb der parla- mentarischen Beratung bestimmt werden. Das müsste so nicht sein. Man hätte die geplanten Grundzüge skizzie- ren können. Art. 2 § 3: Der Fonds sollte auch Mehrheitspositionen einnehmen dürfen. Er hat es dann leichter, seine Ziele durchzusetzen. Art. 2 § 5: Hier wird dem Vorstand gestattet, Vorzugs- aktien ohne Stimmrecht auszugeben. Das ist nicht sinn- voll; der Fonds sollte prinzipiell nur Positionen einneh- men, die ihn im Zweifel durchsetzungsstark machen. Es gilt das Prinzip: Wer haftet, soll auch mitreden dürfen. Art. 2 § 5 Abs. 5: Der Vorstand kann Aktien mit Ge- winn- oder Liquidationsvorzügen ausgeben. Das ist sinnvoll. Diese Vorzüge können entfallen, wenn die An- teile an Dritte weiterverkauft werden. Das schmälert ih- ren Wert; den Schaden hat der Fonds, den Vorteil haben die Alteigentümer. Für diese Vermögensverschiebung fehlt eine stichhaltige Begründung. Art. 2, § 7: Nach § 3 bedarf die Kapitalerhöhung nicht der Zustimmung der Hauptversammlung. In § 7 ist aller- dings von der Zustimmung der Hauptversammlung die Rede. Art. 5: Änderung der Insolvenzordnung. Besonders kritisch ist, dass man hier – wenn auch nur befristet – zu dem alten Überschuldungsbegriff zurückkehrt, also zum „weichen“ Begriff des BGH vor Inkrafttreten der InsO. Gerade in der jetzigen Situation bräuchte man aber klare Regelungen. Dies kann man erreichen, wenn die Bilan- zierungsvorschriften für Financial Assets mit aktuell ge- drückten Marktwerten angepasst werden. Dann nämlich dürfen auf der Aktivseite Fortführungswerte aktiviert werden. Dann also kann es bei der Interpretation von § 19 InsO bleiben. Wird dann Überschuldung erkennbar, muss Eigenkapital zugeführt werden oder der Fonds muss Garantien gegen Entgelt gewähren. Auf keinen Fall sollte man Rechtsregeln, über die man 40 Jahre dis- kutiert hat, aufweichen und bis zum Jahr 2011 außer Kraft setzen. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Rolf Kramer, Gabriele Lösekrug-Möller und Simone Violka (alle SPD) zur namentlichen Abstimmung über den Ent- wurf eines Gesetzes zur Umsetzung eines Maß- nahmenpakets zur Stabilisierung des Finanz- marktes (Finanzmarktstabilisierungsgesetz – FMStG) (Zusatztagesordnungspunkt 7) In der Diskussion um die Ausgestaltung des Gesetzes forderten die Abgeordneten der SPD und auch ich per- sönlich eine Beteiligung der Finanzbranche an den even- tuell auftretenden Defiziten. Ich halte es für gerechtfer- tigt und auch gerecht, wenn nicht nur der Steuerzahler für die zum Teil gravierenden Fehler der Kreditinstitute aufkommen muss, auch wenn das größtenteils nur über eine Bürgschaft erfolgt. Für diese Krise ist die Banken- branche verantwortlich und muss dafür auch in Haftung genommen werden. Leider verweigerte sich der Koali- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 19737 (A) (C) (B) (D) tionspartner CDU/CSU dieser Forderung vehement. Die Abgeordneten der CDU/CSU waren nicht bereit, diesen Schritt mitzugehen. Sie stellen sich damit vor die Ban- ken samt ihrer hoch bezahlten Manager und riskieren lie- ber das Geld der Steuerzahler, als die Verursacher in Mithaftung und persönliche Verantwortung zu nehmen. Ich verurteile diese Haltung zutiefst, zumal viele deutsche Anleger in den letzten Wochen durch Fehlbera- tung und mangelnde Aufklärung bereits viel Geld verlo- ren haben bzw. noch nicht wissen, ob sie zum Beispiel im Falle der isländischen Kaupthing-Bank wieder zu- mindest an einen Teil ihres Geldes kommen. Ich bin al- lerdings zuversichtlich, dass auch hier zusammen mit Island eine Lösung im Sinne der deutschen Anleger ge- funden wird. Die Menschen fordern zu Recht mehr persönliche Haftung der Verantwortlichen. Eine Übernahme von eventuellen Defiziten durch die Branche wäre aus mei- ner Sicht ein erster Schritt gewesen, sich dieser Verant- wortung zu stellen. Wegen der ablehnenden Haltung der CDU/CSU in dieser Frage musste ich mich entscheiden, ob ich dem Gesetz in der jetzigen Form zustimmen kann. Diese Haf- tungsfrage ist mir nach wie vor sehr wichtig, und ich be- harre auch auf meiner Meinung und Forderung. Die Banken und ihre Manager müssen zukünftig mehr in die Pflicht genommen werden. Denn nur wer persönlich mithaftet, wird zukünftig vorsichtiger agieren. Hohe Bonizahlungen aufgrund von hohem Volumen und ho- hem Risiko verleiten zu riskanten Anlageempfehlungen. Das ist falsch. Aufgrund der Ernsthaftigkeit des Themas, des Aus- maßes der Finanzmarktkrise, der damit verbundenen Gefahr des Zusammenbruchs des Bankensystems und der nachhaltigen Schädigung der deutschen Wirtschaft stimme ich trotz meiner nicht erfüllten Forderungen dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz heute zu. Eine Ableh- nung und damit das Nichtzustandekommen des Finanz- marktstabilisierungsgesetzes würden für die Sparerinnen und Sparer, Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer, die Wirtschaft und natürlich auch die Bankenbranche selber ungeahnte negative Folgen haben. Das kann ich nicht verantworten. Auch wenn die oben genannten Punkte im vorliegen- den Gesetz keine Berücksichtigung fanden, werde ich alle meine Möglichkeiten nutzen, noch nachträglich eine entsprechende Mithaftung durchzusetzen. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Alexander Bonde, Dr. Harald Terpe, Krista Sager, Ute Koczy, Anna Lührmann, Thilo Hoppe, Priska Hinz (Herborn), Brigitte Pothmer, Kerstin Andreae, Josef Philip Winkler, Ulrike Höfken, Rainder Steenblock, Birgitt Bender und Irmingard Schewe-Gerigk (alle BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilisierungsge- setz – FMStG) (Zusatztagesordnungspunkt 7) Wir befinden uns in einer historischen Situation. Es gibt die größte Finanzmarktkrise seit 80 Jahren – und eine weltweite ökonomische Krise steht uns wahrschein- lich noch bevor. Diese außergewöhnliche Situation macht sowohl bei den Notenbanken als auch bei Parla- ment und Regierung außergewöhnliche staatliche Reak- tionen notwendig, um eine weitere Zuspitzung der Krise zu verhindern, deren Konsequenzen kaum absehbar sind. Der vorliegende Gesetzentwurf ist nach Art der Maßnah- men sowie in deren Dimensionen eine solche außerge- wöhnliche Reaktion, eine Notmaßnahme in schwieriger Zeit. Sie abzulehnen bedarf auch dann, wenn eine Reihe von Fragen im Beratungsprozess aufgrund der hohen zeitlichen Dringlichkeit offengeblieben sind und in vie- len Einzelfragen Bedenken bestehen, einer besonderen Rechtfertigung. Zur Verhinderung einer weiteren Verschärfung der Fi- nanzkrise sind zurzeit vor allem zwei Dinge notwendig. Erstens braucht es einen umfassenden Rettungsansatz, der eine glaubwürdige Strategie der Rettung einzelner Institute sowie eine Stabilisierung der Interbanken- märkte umfasst. Geeignet dazu sind insbesondere eine Zuführung von Kapital an Banken mit Liquiditäts- oder Solvenzschwierigkeiten in Form von Teilverstaatlichun- gen, wie sie zum Beispiel in Großbritannien vorgenom- men wurden, eine Garantie für Geldmarktkredite in Form von Bürgschaften sowie gegebenenfalls eine Über- nahme sogenannter fauler (toxic) Assets durch den Staat. Alle drei Maßnahmen sind Bestandteile des Pakets der Bundesregierung. Zweitens muss dieser Rettungsansatz, wie wir seit Monaten fordern, europäisch und internatio- nal koordiniert erfolgen. Auch dies ist mit dem vorlie- genden Gesetzentwurf erfüllt, nachdem die Bundesre- gierung lange in völliger Fehleinschätzung der Situation auf einen nationalen Alleingang setzte. Das heißt, vom Grundsatz her unterstützen wir die Bundesregierung bei ihrem Vorgehen. Aus zwei Gründen stimmen wir aber gegen den Ge- setzentwurf. Erstens. Im Gesetzentwurf stimmen zwar die Überschriften. Wesentliche Punkte sind aber nicht geregelt, zum Beispiel in welcher Form und unter wel- chen Bedingungen die Rekapitalisierung stattfindet. Da- mit bleiben chaotische und ungeeignete Einzelmaßnah- men möglich, wie sie bisher das Krisenmanagement der Bundesregierung gekennzeichnet haben. Ohne die Klä- rung dieser und anderer Regeln ist die Wirkung des ge- samten Rettungspakets aber gefährdet. Das ist auch ein wesentlicher Grund, warum das 700-Milliarden-Dollar- Paket der USA bisher noch keinen sichtbaren Effekt hatte. Insbesondere wäre eine klare Festlegung erforder- lich, dass die Rekapitalisierung in erster Linie durch Teilverstaatlichung erfolgen und bei der Übernahme von Anteilen auch das Stimmrecht ausgeübt werden soll. Denn nur so kann sichergestellt werden, dass eine Ret- tung langfristig erfolgreich ist und das Interesse der All- gemeinheit gewahrt wird, die nun in hohem Maße zur 19738 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 (A) (C) (B) (D) Übernahme von Risiken gezwungen ist. Im günstigsten Fall – und wenn die Regelungen entsprechend getroffen werden – ist es nämlich durchaus denkbar, dass der zu gründende Fonds am Ende nur ein geringes Defizit hat oder sogar ein Überschuss entsteht, weil die Anteile an den Banken sowie die Wertpapiere an Wert gewinnen und durch die Garantievergabe Einnahmen entstehen. Zweitens. Der vorliegende Gesetzentwurf überträgt die Verantwortung genau denjenigen, die nicht nur im Vorfeld eine Vermeidung der Krise durch eine falsche Politik versäumt, sondern auch seit Ausbruch der Krise im Juni 2007 ein konsequentes und europaweit sowie international abgestimmtes Gegensteuern mit dem Hin- weis auf eine geringe Betroffenheit Deutschlands abge- lehnt haben. Erst jetzt, viel zu spät, erfolgt ein europäisch und international abgestimmtes Krisenmanagement. Erst jetzt, nachdem bereits eine Reihe von einzelnen Ret- tungsmaßnahmen in Deutschland umgesetzt wurde, ge- hen Bund und Länder zu einem systematischen Ret- tungsansatz über. Erst jetzt werden Änderungen in der Finanzaufsicht in Aussicht gestellt, die von uns seit Mo- naten gefordert werden. Die Klärung nahezu aller Um- setzungspunkte soll durch Verordnungen des Finanz- ministeriums und der Regierung geschehen, denen das Parlament nicht mehr zustimmen muss, sodass der Ge- setzgeber nicht die Möglichkeit hat, darauf noch ir- gendeinen Einfluss zu nehmen. Aufgrund der genannten und weiterer Fehler der Bundesregierung im Krisenma- nagement sowie einer mangelhaften und teilweise wohl falschen Information des Parlaments ist deutlich, dass die Voraussetzungen für einen derart weitreichenden Vertrauensvorschuss nicht gegeben sind. Diese Ent- machtung des Parlaments zugunsten der schon bisher nicht überzeugenden Krisenmanager ist angesichts eines Volumens von nahezu 500 Milliarden Euro nicht hin- nehmbar. Bei aller Dringlichkeit der Maßnahmen: Wenn der Bundestag heute ablehnt – das zeigt das Beispiel des US- Kongresses, der erst einer zweiten, deutlich modifizier- ten Fassung des Rettungsplans zustimmte –, bleibt Zeit, um die genannten und zahlreiche andere Fehler zu korri- gieren und dann mit einer verbesserten deutschen Um- setzung an der international koordinierten Rettungs- aktion teilzunehmen. Unsere Fraktion war dazu in den vergangenen Tagen bereit. Diese Bereitschaft endet nicht mit der heutigen Abstimmung. So problematisch eine endgültige Ablehnung wäre, die heutige Ablehnung ist es nicht. Anlage 6 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Ent- wurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) (Tages- ordnungspunkt 35 a) Gitta Connemann (CDU/CSU): Dem Gesetzent- wurf zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV- OrgWG) werde ich zustimmen, obwohl ich gegen die beabsichtigte Änderung des § 73 b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) – hausarztzentrierte Versor- gung – erhebliche verfassungs- und europarechtliche Be- denken habe. Als Einwendungen führe ich vor allem an, dass durch diese neue gesetzliche Auslegung des § 73 b SGB V nach meiner Auffassung gegen die negative Koalitions- freiheit, Art. 2 Abs. 1 GG, verstoßen wird, da Hausärzte dann aus existenziellen Gründen gezwungen sein wer- den, dem Hausärzteverband als Mitglied beizutreten – nach der vorgesehenen Regelung ist der Hausärztever- band nicht verpflichtet, Nichtmitglieder in den Vertrag einzubeziehen –; dass mit der gesetzlichen Vorgabe einer 50-Prozent-Quorumsregelung das bisherige KV-Mono- pol nur durch ein anderes ersetzt wird und somit ein neues Kollektivvertragssystem geschaffen wird – dies mit einem Schiedsamtsverfahren, mit dem eine Einigung erzwungen werden kann –; dass die angestrebte bzw. be- reits vorhandene Optimierung innerhalb der Versor- gungsstrukturen unter Berücksichtigung der jeweiligen regionalen Gegebenheiten konterkariert werden könnte und dass diese gesetzliche Vorgabe nicht ausreichend be- rücksichtigt, dass neben den Allgemeinmedizinern auch Internisten, Kinderärzte und praktische Ärzte an der hausärztlichen Versorgung beteiligt sind und nur einem einzelnen Verband ein Sonderrecht in der medizinischen Versorgung eingeräumt wird. Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU): Trotz meiner nach wie vor vorhandenen Bedenken gegen den Gesund- heitsfonds stimme ich dem Gesetz zur Weiterentwick- lung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung zu, da ich der Meinung bin, dass sich damit eine deutliche Verbesserung aller am System Beteiligten ergeben wird. Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Hans Georg Faust und Dr. Rolf Koschorrek (beide CDU/CSU) zur na- mentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) (Tages- ordnungspunkt 35 a) Dem Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Orga- nisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversiche- rung (GKV-OrgWG) werde ich zustimmen, obwohl ich gegen die beabsichtigte Änderung des § 73 b des Fünf- ten Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) – hausarztzen- trierte Versorgung – erhebliche verfassungs- und europa- rechtliche Bedenken habe. Als Einwendungen führe ich vor allem an, dass durch diese neue gesetzliche Auslegung des § 73 b SGB V nach meiner Auffassung gegen die negative Koalitions- freiheit, Art. 2 Abs. 1 GG, verstoßen wird, da Hausärzte Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 19739 (A) (C) (B) (D) dann aus existenziellen Gründen gezwungen sein wer- den, dem Hausärzteverband als Mitglied beizutreten – nach der vorgesehenen Regelung ist der Hausärztever- band nicht verpflichtet, Nichtmitglieder in den Vertrag einzubeziehen –; dass diese Neuregelung gegen Verfas- sungsrecht und europäisches Gemeinschaftsrecht verstoßen und im Widerspruch zu der staatlichen Ge- währleistungsverantwortung für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung durch Kassenärztliche Vereinigungen stehen könnte; dass mit der gesetzlichen Vorgabe einer 50-Prozent-Quorumsregelung das bishe- rige KV-Monopol nur durch ein anderes ersetzt wird und somit ein neues Kollektivvertragssystem geschaffen wird – dies mit einem Schiedsamtsverfahren, mit dem eine Einigung erzwungen werden kann –; dass die ange- strebte bzw. bereits vorhandene Optimierung innerhalb der Versorgungsstrukturen unter Berücksichtigung der jeweiligen regionalen Gegebenheiten konterkariert wer- den könnte und dass diese gesetzliche Vorgabe nicht aus- reichend berücksichtigt, dass neben den Allgemeinmedi- zinern auch Internisten, Kinderärzte und praktische Ärzte an der hausärztlichen Versorgung beteiligt sind und nur einem einzelnen Verband ein Sonderrecht in der medizinischen Versorgung eingeräumt wird. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinwei- sen, dass auch die Stellungnahme des Bundesministe- riums der Justiz (BMJ) vom 19. Juni 2008 meine rechtli- chen Bedenken bezüglich der Änderung des § 73 b SGB V nicht auszuräumen vermag, da auch das BMJ auf die Möglichkeit hinweist, dass die Vertragsfreiheit der anderen potenziellen Vertragspartner verletzt sein könnte. Des Weiteren werden meine verfassungsrechtli- chen Bedenken hinsichtlich einer möglichen Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG – Berufsausübungsfreiheit – und Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG – Gleichbehandlungsgebot – durch die Stellungnahme des BMJ nicht ausgeräumt. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Arbeitsmarktinstru- mente auf effiziente Maßnahmen konzentrie- ren (183. Sitzung, Tagesordnungspunkt 9) Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU): Die Große Koalition hat in ihrer dreijährigen Amtszeit mehr Bewe- gung in den Arbeitsmarkt gebracht, als Sie, liebe Kolle- ginnen und Kollegen von der FDP, es uns jemals zugetraut hätten. Die Arbeitslosenquote ist in unserer bisherigen Amtszeit von 10,9 Prozent im November 2005 auf aktuell 7,4 Prozent gefallen. Damit ist der Rückgang der Arbeitslosigkeit so groß wie seit Jahr- zehnten nicht mehr. Dazu haben wir den Beitragssatz zur Arbeitslosenver- sicherung von 6,5 Prozent auf 3,0 Prozent ab Januar 2010 gesenkt und werden ihn für das Jahr 2009 sogar auf 2,8 Prozent senken. Damit sinkt der Beitragssatz auf das Niveau von 1980 und entlastet die Beitragszahler allein im kommenden Jahr um rund 4 Milliarden Euro. Wür- den wir heute noch einen Beitragssatz von 6,5 Prozent haben, hätten Arbeitgeber und Arbeitnehmer seit Beginn der Senkung 30 Milliarden Euro mehr ausgegeben. Das hätte alles nicht funktioniert, wenn die BA nicht streng auf die Wirtschaftlichkeit der eingesetzten Arbeitsmarkt- politik achten würden, wie Sie von der FDP es jetzt for- dern. Auf einzelne Punkte Ihres Antrages will ich dennoch gerne eingehen. Sie fordern die Bundesregierung auf, alle arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zu überprüfen. Vielleicht ist Ihrer Aufmerksamkeit entgangen, dass die Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzentwurf mit diesem Inhalt kürzlich beschlossen hat. Sie fordern, dass alle arbeitsmarktpolitischen Pro- gramme öffentlich ausgeschrieben werden müssen. Dazu möchte ich Sie darauf hinweisen, dass heute schon in al- ler Regel nichts mehr ohne Ausschreibung läuft. Ich halte das sogar für problematisch. Durch die Ausschrei- bungspraxis der vergangenen Jahre mussten viele lokale Bildungsträger aufgeben, weil sie dem Preiswettbewerb nicht standhalten konnten. Nicht immer ist der Billigste auch der Beste. In Ihrem Antrag heißt es: Alle arbeitsmarktpolitischen Programme sind stär- ker nach den Prinzipien der Wirtschaftlichkeit und Effizienz öffentlich auszuschreiben. Projektträger müssen im Wettbewerb untereinander stehen. Durch ständige Leistungsvergleiche ist der Quali- tätswettbewerb zusätzlich zu verstärken. Was glauben Sie eigentlich, nach welchem Prinzip die BA derzeit arbeitet? Ich bringe Sie gern auf den neuesten Stand der Dinge. Seit April 2007, also seit über einem Jahr, gibt es den Prüfdienst Arbeitsmarktdienstleistun- gen bei der BA, durch den eine Überprüfung der Durchführungs- und Umsetzungsqualität von Arbeits- marktdienstleistungen, die von Trägern erbracht werden, erfolgt. Die Bundesagentur verfolgt mit dem Prüfdienst Arbeitsmarktdienstleistungen unter anderem das Ziel, neben der Verbesserung der jeweiligen Maßnahme auch die Arbeitsmarktdienstleistungen weiterzuentwickeln. Ich dachte immer, die FDP erhebt für sich den Anspruch, ihrer Zeit voraus zu sein. Mit dem heutigen Antrag sind Sie jedenfalls ein Jahr hinterher. In Ihrem Antrag fordern Sie, dass die Zielgruppen- orientierung verbessert werden muss. Das klingt zwar gut; man muss aber auch wissen, was das bedeutet. Wenn man die Instrumente auf einzelne Zielgruppen ausrichtet, dann gibt es auch automatisch mehr Produkte. Man kann das machen; dann gibt es aber auch keine deutliche Reduzierung. Gleichzeitig üben Sie aber auch Kritik an einzelnen Zielgruppenprogrammen, wie für Ju- gendliche oder Menschen mit Vermittlungshemmnissen. Das ist unglaubwürdig. Sie fordern, dass Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ab- geschafft werden sollen. Sie haben recht. Das machen wir auch in unserem Gesetzentwurf. Die Hartz-Evalua- tion hat in der Tat ergeben, dass ABM keine Brücke in den ersten Arbeitsmarkt sind. Im Gegenteil: Sie verzö- gern die Integration sogar. Allerdings ist das Volumen heute schon unbedeutend. Es handelt sich gerade einmal 19740 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 (A) (C) (B) (D) um 4 400 Fälle im gesamten Bundesgebiet. Sie kämpfen hier auf einem Nebenkriegsschauplatz. Sie möchten öffentlich finanzierte Beschäftigung auf ein Mindestmaß beschränken. Man kann einen solchen Beschäftigungssektor ja für ordnungspolitisch falsch halten. Sozialpolitisch ist es jedenfalls richtig. Sie blei- ben nämlich die Antwort auf die Frage schuldig: Was machen wir denn mit denen, von denen wir annehmen müssen, dass sie am ersten Arbeitsmarkt niemals inte- griert werden könnten? Die BA geht davon aus, dass etwa 400 000 Menschen in Deutschland so große und verschiedene Vermittlungshemmnisse haben, dass eine Integration nie gelingen wird. Mein christlich-soziales Verständnis ist jedenfalls nicht zu sagen: Ihr kriegt die Stütze, das muss reichen. Wir haben die Verantwortung, auch diesen benachteiligten Bürgern unseres Landes eine sinnstiftende Beschäftigung zu ermöglichen. Dazu dient unter anderem der Kombilohn für Schwervermit- telbare, den wir im letzten Jahr eingeführt haben. Zu einer weiteren Forderung Ihres Antrages: Private Arbeitsvermittlung soll stärker als bisher die staatlichen Vermittlungsbemühungen ergänzen. Von einem Wettbewerb um effiziente Arbeitsver- mittlung profitieren alle Beteiligten. Mit dieser Forderung scheinen Sie auf den Boden der Tatsachen zurückgekehrt zu sein. Jedenfalls scheinen Sie anzuerkennen, dass es eine staatliche Arbeitsvermittlung geben soll. Bisher habe ich von Ihnen immer nur gehört, dass die Bundesagentur für Arbeit aufgelöst werden soll. Entweder haben Sie sich von dieser Forderung verab- schiedet – dann sollten Sie das auch deutlich sagen –, oder Sie haben einen alten Antrag der vergangenen Wahlperiode in den Bundestag eingebracht, den keiner mehr aktualisiert hat. Im Grundsatz gebe ich Ihnen recht: Ein Wettbewerb von staatlicher und privater Arbeitsver- mittlung kann nur gut für die Arbeitsuchenden und die Unternehmen sein. Deshalb kooperiert die BA ja auch heute schon in einigen Regionen mit privaten Arbeits- vermittlern. Es ist aber nicht so, dass in den vergangenen Jahren überhaupt nichts passiert wäre. Ich darf Sie darauf hin- weisen, dass wir das Überbrückungsgeld und die Ich-AG abgeschafft haben und in dem Gründungszuschuss zu- sammengefasst haben. Die Ausgaben für diesen Grün- dungszuschuss sind heute schon geringer als beide ande- ren zusammen. An einer Stelle möchte ich Ihnen allerdings auch recht geben. Das ist die Feststellung im ersten Absatz Ihres Antrages, dass die derzeitige Anzahl der Förderinstru- mente nicht mehr durchschaubar ist. Die Regelungs- dichte wird weder von den Mitarbeitern noch den Arbeitslosen noch den Unternehmen erfasst. Eine Neu- ordnung ist daher dringend notwendig. Unwirksame In- strumente müssen abgeschafft, erfolgreiche weiterentwi- ckelt, gleichartige zusammengefasst und neue, wenn notwendig, eingeführt werden. Insgesamt bleiben die Vereinfachungsvorschläge für die derzeit weit über 70 Arbeitsförderungsinstrumente in der Tat unzureichend. Die Bundesagentur für Arbeit hatte selbst einmal eine gründliche Reduzierung auf 5 wesentliche Instrumente vorgeschlagen, was ich durchaus sympathisch fand. Das es so radikal nicht geht, ist klar, aber mehr hätte es in dem Entwurf des Arbeits- ministeriums schon sein können. Am Ende ist aber nicht die Zahl entscheidend, sondern dass die Instrumente, die es gibt, auch funktionieren. Die Beitragszahler erwarten zu Recht, dass die Ziele der Arbeitsförderung mit geringstem Aufwand und best- möglicher Qualität und Wirkung erreicht werden. Die Finanzmittel der Beitragszahler müssen also so einge- setzt werden, dass sie den größtmöglichen Nutzen ent- falten. Dies ist nur möglich, wenn wir einen Katalog mit bedarfsgerechten Unterstützungsangeboten schaffen. Ich sage aber auch ganz deutlich: Einsparungen ste- hen nicht im Vordergrund der SGB-III-Reform. Mit ei- ner Halbierung der Instrumente ist keine Halbierung der Ausgaben verbunden. Wir sind gefordert, mit den finan- ziellen Möglichkeiten, die wir heute haben, vor allem denen zu helfen, bei denen der Aufschwung am Arbeits- markt noch nicht angekommen ist. Im Vordergrund die- ser Reform stehen Transparenz, Übersichtlichkeit, Ef- fektivität und Effizienz. Entscheidend ist einzig und allein: Was hilft den Betroffenen? Die BA hat in den letzten Jahren große Anstrengun- gen unternommen, um den Einsatz arbeitsmarktpoliti- scher Instrumente unter dem Gesichtspunkt der Wirkung und Wirtschaftlichkeit zu optimieren. Auf diesem Weg werden wir sie auch weiter unterstützen. Das Gesetz zur Neuordnung der arbeitsmarkt-politischen Instrumente wird einen kleinen Teil dazu beitragen. Die Neuordnung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente ist ein weiterer Schritt auf dem Weg, die BA zu einem leistungsfähigen Dienstleister am Arbeitsmarkt zu machen. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Wohnungslosigkeit vermeiden – Wohnungslose unterstützen – SGB II überarbeiten (183. Sitzung, Tagesord- nungspunkt 17) Gabriele Lösekrug-Möller (SPD): In der Musik ist der Dreiklang ein harmonisches Zusammenspiel. Hört man den Titel des Antrages „Wohnungslosigkeit vermei- den – Wohnungslose unterstützen – SGB II überarbei- ten“ könnte man beim flüchtigen Hören eine inhaltliche Harmonie vermuten. Doch der Text, den die Fraktion Die Linke zu diesem Dreiklang liefert, ist extrem disso- nant. Beträgt der Wahrheitsgehalt des ersten Satzes Ihres Antrages noch 100 Prozent, entsteht im Weiteren eher der Eindruck, dass mit dem Gespenst des drohenden Wohnungsverlustes Politik gemacht werden soll. Zurück zum ersten Satz des Antrages. Ich zitiere: „Die Zahl der Wohnungslosen ist in den letzten Jahren erfreulicher- weise zurückgegangen.“ Dies, meine Damen und Her- ren, ist zutreffend. Der Dritte Armuts- und Reichtumsbe- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 19741 (A) (C) (B) (D) richt präzisiert, „Die Zahl der wohnungslosen Personen lag nach Schätzungen der BAG Wohnungslosenhilfe im Jahr 2006 bei 254 000 und damit bei weniger als der Hälfte gegenüber 1998 (530 000). Der aktuelle Rück- gang der Wohnungslosigkeit betrifft insbesondere Fami- lien. Gegenüber den Schätzungen von 2003 hat sich die Zahl der wohnungslosen Kinder und Jugendlichen hal- biert. So, meine werten Kolleginnen und Kollegen, hätten Sie natürlich Ihren Forderungskatalog nicht einleiten können. Deshalb schüren Sie die Angst vor Wohnungs- verlust und schlagen den Bogen von Wohnungslosen zu Arbeitssuchenden. Auf diesem Hintergrund platzieren Sie Ihre Forderun- gen, von denen meines Erachtens keine wirklich neu ist. Beginnen wir bei Erstens: Mietschulden. Sie verlangen Mietschuldenübernahme im SGB II als Regelfall. Da- rüber haben wir schon mehrfach diskutiert. Für die Si- cherung der Unterkunft ist eine Übernahme von Miet- schulden im Rahmen des Ermessens möglich, und damit kann sehr wohl Wohnungslosigkeit abgewendet werden. Weiter zu Zweitens: SGB II-Zahlung bei stationärem Aufenthalt. Sie verlangen die komplette Streichung des § 7 Abs. 4 SGB II und schießen damit weit über ein möglicherweise sinnvolles Ziel hinaus. Das Versagen von Leistungen zur Grundsicherung von Arbeitssuchen- den nach einem Aufenthalt in einer vollstationären Ein- richtung von länger als sechs Monaten ist im SGB II ge- regelt. Gesetzesbegründung und Kommentierung zeigen, dass hier beispielsweise Altenheime oder Blindenheime gemeint sind. Hier ist davon auszugehen, dass keine Er- werbsfähigkeit vorliegt. Bei Wohnungslosen in stationä- ren Einrichtungen kann durchaus Erwerbsfähigkeit ge- geben sein. Deshalb ist diese zu prüfen. Sie können davon ausgehen, dass eine entsprechende Rechtsspre- chung ganz sicher weder von Parlament noch Bundes- regierung missachtet wird. Daraus jedoch eine komplette Streichung des Abs. 4 § 7 SGB II abzuleiten, ist unange- messen. Nun zu Drittens: Übernahme KdU und Umzugskos- ten für unter 25-Jährige. Sie wollen einen Rechtsan- spruch für alle – wir haben ihn aus guten Gründen einge- schränkt. Ja, die Jugendlichen brauchen die Zustimmung des Leistungsträgers und ja, sie bekommen sie auch, wenn es erforderlich ist. Diese Einzelfallentscheidungen im Rahmen des Ermessens sind nötig und durch Sozial- gerichte überprüfbar. Das mussten wir lernen, weil die ursprüngliche Lösung massive Mitnahmeeffekte hervor- gerufen hatte. Und nun zu Viertens: Sanktionen im Rahmen der Leistungen Kosten zur Unterkunft. Dazu zitiere ich gerne Schlegel/Völszke SGB II Kommentar zu § 31 Abs. 5 SBG II Randnummer 242: 3. Wiederholter Pflichtverstoß: Bei einer wiederholten Pflichtverletzung nach Abs. 1 oder 4 entfällt der gesamte Anspruch auf ALG II … Es besteht somit bereits bei einer weite- ren Obliegenheitsverletzung die Gefahr, dass Miet- schulden auflaufen und infolge dessen Obdachlo- sigkeit eintritt. Ohne eine Behausung dürfte die Integration von jungen Hilfebedürftigen in den Ar- beitsmarkt kaum gelingen. Auch wenn durch die verschärfte Sanktionierung verhindert werden soll, dass sich junge Menschen an ein Leben ohne Arbeit gewöhnen, und deshalb eine besonders konsequente Vorgehensweise angezeigt sein soll, muss im Zwei- fel diese Zielsetzung der Vermeidung von Obdach- losigkeit mit seinen schädlichen Folgen untergeord- net werden. Die Gewöhnung an ein Leben auf der Straße dürfte um einiges schädlicher und integra- tionsfeindlicher sein, als die Gewöhnung an ein Le- ben ohne Arbeit. Deshalb ist bei drohender Obdachlosigkeit das dem Leistungsträger zustehende Ermessen für die Ge- währung von Leistungen der Unterkunft und Hei- zung bei erklärtem zukünftigem Wohlverhalten in der Regel auf 0 reduziert sein. Und nun zu Fünftens: Von Gewalt betroffene Frauen präventiv vor Wohnungsverlust schützen. Dazu fordern Sie eine flächendeckende Hilfe und Beratungsinfrastruk- tur. Ich empfehle Ihnen den Aktionsplan II der Bundes- regierung zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen als Lektüre. Ich bedauere sehr, dass Sie mit diesem Antrag eher Ängste schüren, als berechtigte Nachjustierungen zu for- dern. Das haben weder jene verdient, die wohnungslos sind, noch die, die unbegründet Sorge vor einem Verlust jeglicher Unterkunft haben. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. Erlauben Sie mir abschließend eine Anmerkung: Ich möchte an dieser Stelle all denen danken, die ehrenamt- lich und hauptamtlich in der ganzen Bundesrepublik ihre Zeit und ihr Können, ihre Hilfe und Unterstützung denen zuteilwerden lassen, die in Deutschland wohnungslos sind. Vor ihrem Engagement habe ich großen Respekt und wir alle sind ihnen Dank und Anerkennung schuldig, das gilt bundesweit zum Beispiel für die Arbeitsgemein- schaft der Wohnungslosenhilfe e.V. oder lokal für alle, die in Hameln für das Obdachlosenfrühstück arbeiten, die Sozialberatung machen und bei der Wiedereingliede- rung helfen. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung Unterstützter Beschäftigung (183. Sitzung, Tagesordnungspunkt 22) Gabriele Lösekrug-Möller (SPD): In diesem Sommer endete für Yvonne die Schule. Sie besuchte eine Förderschule. Sie wäre gerne in eine Integrationsschule gegangen. Leider gab es keine. Nun ist sie in einem ein- jährigen Berufsvorbereitungsprogramm. Sie hat einen Wunsch: Sie möchte arbeiten gehen, selber Geld verdie- nen, so wie ihre Freundin aus der Nachbarschaft. Wir 19742 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 (A) (C) (B) (D) können uns mit ihr freuen, dass sie vielleicht von einem neuen Förderinstrument profitieren wird. Gemeint ist die „Unterstützte Beschäftigung“. Diese Unterstützte Be- schäftigung ist Ausdruck moderner Behindertenpolitik. So wie Yvonne sollen Menschen mit Behinderung für sich entscheiden können, wo sie ihren Platz im Arbeits- leben und in der Gesellschaft haben möchten. Der heute eingebrachte Gesetzentwurf eröffnet Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf eine effektive Perspektive für eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Ziel ist der Abschluss eines Arbeitsvertrages, die Gründung eines sozialversiche- rungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Yvonne hat erweiterte Leistungsansprüche auf individuelle be- triebliche Qualifizierung im Rahmen Unterstützter Be- schäftigung. Sie bekommt Hilfe beim Platzieren, also der Suche nach einem Arbeitsplatz und sie hat Anspruch auf unterstütztes Qualifizieren am Arbeitsplatz. Jetzt gilt die neue Regel, erst Platzieren, dann Qualifizieren. Mit diesem neuen Gesetz eröffnen wir jenen Men- schen eine stärkere Teilhabe am Arbeitsleben, die zwar aufgrund ihrer Behinderung mehr Starthilfe benötigen, möglicherweise auch einer kontinuierlichen Betreuung bedürfen, aber für die der umfassende Schutz eines Werkstattarbeitsplatzes nicht erforderlich ist. Seinen Lebensunterhalt verdienen, sein Leben in die eigene Hand nehmen, das bedeutet, aus eigener Kraft Unabhängigkeit und Selbstständigkeit zu erreichen. Genau hier setzt Unterstützte Beschäftigung an. Es wurde Zeit für diese Initiative. Sie findet breite Unter- stützung nicht nur in der Koalition und in Fachkreisen, sondern in der ganzen Gesellschaft. Sicher wird dieser Entwurf auch dem Struckschen Gesetz unterliegen und durch die parlamentarische Bera- tung und die Anregungen der Experten im Rahmen der geplanten Anhörung an Qualität gewinnen. Für die SPD-Bundestagsfraktion ist die Unterstützte Beschäftigung ein weiterer wichtiger Schritt der Ver- wirklichung des Paradigmenwechsels in der Behinder- tenpolitik. Yvonne würde sagen, „Das leuchtet doch ein, erst Platzieren, dann Qualifizieren. Im Alphabet kommt schließlich auch P vor Q.“ Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Verfahren des elektronischen Entgeltnach- weises (ELENA-Verfahrensgesetz) (183. Sit- zung, Tagesordnungspunkt 25) Petra Pau (DIE LINKE): Erstens. ELENA ist der Kosename für einen elektronischen Einkommensnach- weis. Er soll helfen, Bürokratie abzubauen. Vorerst, wenn es um staatliche Sozialhilfen geht. Was später kommt, gilt noch als Verschlusssache. Aber das „später“ wird kommen. Es wurde bereits angedeutet. Und was dann kommt, kann alles andere als rosig sein. Zweitens. Was ist des Pudels Kern? Die Einkommen aller Bürgerinnen und Bürger sollen elektronisch erfasst und zentral gespeichert werden. Für die meisten quasi auf Vorrat. Spätestens bei den Wörtchen Vorrat und zen- tral aber läuten alle Alarmglocken. Vorratsdatenspeiche- rung ist inzwischen ja geradezu ein Synonym für dro- hendes Unheil geworden. Drittens. Vorerst soll der elektronische Einkommens- nachweis in acht konkreten Fällen helfen, etwa beim Ar- beitslosengeld I, beim Wohngeld oder beim Erziehungs- geld. Die sogenannten Arbeitgeber brauchen keine Papierbescheinigung mehr auszufüllen. Und die Ämter erhalten über eine Zentrale einen schnelleren Zugang zu allen relevanten Lohn- und Gehaltsdaten. Viertens. Zugleich sagen Sachverständige: Diese mi- nimale Anfangsvariante lohnt kaum den Aufwand. Der rechne sich nur, wenn immer mehr, mindestens 45 An- wendungen zusammenkommen. Perspektivisch werden also immer mehr Behörden auf immer mehr Einkom- mensdaten zugreifen können. Und die Bürgerinnen und Bürger werden so immer gläserner. Fünftens. Dasselbe politische Verfahren erleben wir übrigens mit der elektronischen Gesundheitskarte. Auch hier sagen die Experten: Ohne „Mehrwert“, ohne zusätz- liche Daten und Nutzer wird sie ein Flop. Also geht es um viel mehr, als bislang offiziell zugegeben wird. Auch hier droht also die Gefahr, dass sich die schöne Helena als böser Belzebub entpuppt. Sechstens. Der Megatrend ist: Immer mehr Daten von Bürgerinnen und Bürgern werden erfasst, gespeichert, zentralisiert, vernetzt und zusammengeführt: Gesund- heitsdaten, Sozialdaten, Verkehrsdaten, Bewegungsda- ten, Kommunikationsdaten. Im günstigen Fall führt das alles zu Datenpannen. Im schlimmeren Fall endet das al- les in einer Totalüberwachung. Siebtens. Spätestens nach den aktuellen Datenskanda- len bei der Telekom und bei anderen wäre die einzig ver- nünftige Reaktion: Stopp! Moratorium! Wir verordnen uns alle eine Denkpause, und wir setzen alle Vorhaben aus, die das Zeug dazu haben, aus dem Ruder zu laufen. Aber so viel Vernunft ist derzeit weder bei der CDU/ CSU noch bei der SPD zu haben. Achtens. Weit über 50 000 Bürgerinnen und Bürger demonstrierten übrigens am 11. Oktober in Berlin genau gegen diese politische Ignoranz. Deshalb wären alle Par- teien gut beraten, wenn sie endlich zur Kenntnis näh- men: Längst gibt es eine dritte große Konfliktlinie zwi- schen der offiziellen Politik und den zunehmenden Sorgen einer engagierten Gesellschaft. Neuntens. Immer weniger Bürgerinnen und Bürger sind bereit, die zunehmenden sozialen Ungerechtigkei- ten als Zukunftsmodell zu akzeptieren. Immer weniger lassen sich die Außenpolitik der Bundesrepublik als Friedenspolitik verkaufen. Und immer weniger nehmen es hin, dass ihre Bürgerrechte für eine vermeintliche Si- cherheit getilgt werden. Zehntens. Übrigens: Fragen Sie mal Klein- und Mit- telständler, was diese von ELENA halten. Nichts. Denn sie müssen ihre minimale Bürokratieentlastung mit er- heblichen IT-Kosten erkaufen. Auch aus diesem Grund: Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 19743 (A) (C) (B) (D) Die Linke fordert ein Moratorium für alle datenschutz- relevanten Vorhaben, die mehr Gefahren bergen als Nut- zen. ELENA gehört dazu. Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Menschenrechte in der ASEAN-Staatengemeinschaft stärken (183. Sitzung, Tagesordnungspunkt 26) Christel Riemann-Hanewinckel (SPD): Wir bera- ten heute abschließend den Koalitionsantrag „Men- schenrechte in der ASEAN-Staatengemeinschaft stär- ken“. Vor gut einem Jahr hat die Öffentlichkeit den ASEAN-Gipfel in Singapur verfolgt. Die zehn Mitglied- staaten haben eine Charta verabschiedet, in der sie sich zur Stärkung von Demokratie, zu Rechtsstaatlichkeit und guter Regierungsführung und zur Achtung der Men- schenrechte verpflichten. Ich war sehr gespannt, welche Entwicklung die Charta nehmen würde, denn schon während des Gipfels sorgte Birma für Aufregung. Sie er- innern sich vielleicht: Der UN-Gesandte Gambari sollte über die Lage nach den Protesten berichten. Aber auf Drängen Birmas wurde er wieder ausgeladen. Bisher ha- ben sieben Staaten die Charta ratifiziert. Es fehlen noch Thailand, Indonesien und die Philippinen. Möglicher- weise werden diese Länder die Charta bis zum nächsten Gipfel in Bangkok im Dezember 2008 ratifizieren. Die Charta sieht die Einsetzung eines Menschenrechtsme- chanismus vor. Mit welchen Befugnissen die neue Kom- mission ausgestattet sein wird, ist noch immer unklar. Notwendig ist, dass sie ein hinreichendes Mandat erhält und effektiv zur Stärkung der Menschenrechte beitragen kann. Aber schon innerhalb der ASEAN-Gemeinschaft gibt es Länder, die nicht bereit sind, Menschenrechte zu thematisieren und deshalb Zurückhaltung fordern. Es ist nicht verwunderlich, dass dazu Birma, Kambodscha und Vietnam gehören. Die Bundesregierung und der Deut- sche Bundestag sind daran interessiert, bei der Ausge- staltung des Menschenrechtsmechanismus Unterstüt- zung zu leisten. Das Engagement der Bundesregierung begrüßen wir daher ausdrücklich. Dennoch sollten wir – wenn es um die Menschen- rechte geht – nicht zu optimistisch sein. Die zehn Mit- gliedstaaten der ASEAN könnten unterschiedlicher nicht sein. Es gibt Länder, in denen die Menschenrechte im Wesentlichen eingehalten werden. Und es gibt Staaten wie Birma oder Kambodscha, in denen es Menschen- rechtsverletzungen gibt. In Europa konnten sich durch die regionale Zusammenarbeit Frieden, Stabilität und Wohlstand entwickeln. Dieses europäische Modell stößt beim ASEAN-Verbund auf reges Interesse. Wir reden hier von einer Region, in der mehr als 500 Millionen Menschen leben, die von unterschiedlichsten Kulturen, Religionen, Staatsformen und Geschichten geprägt ist. Der Integrationsprozess dieser Regionalgemeinschaft ist ein gewaltiger Kraftakt, der sicher nur in einem mäßigen Tempo voranschreiten kann. Denn – der ASEAN-Staa- tenbund hat sich dem Konsensprinzip verpflichtet. Das heißt, dass alle Entscheidungen einstimmig zu treffen sind. Und es besteht nach wie vor das Prinzip der Nicht- einmischung in die inneren Angelegenheiten. Beides schränkt die Handlungsfähigkeit der ASEAN ein. Fast ohnmächtig musste die Welt zusehen, als das Regime in Birma seinem Volk nach dem Zyklon die Hilfe verwei- gerte. Öffentliche Kritik hatte Birma von seinen Nach- barn nicht zu befürchten. Letztlich ist es aber ein Erfolg der „leisen Diplomatie“ ASEANs gewesen, die humani- täre Notlage anzugehen. Die Menschenrechtslage jen- seits des Wirbelsturmes hat sich seit den Protesten im Herbst 2007 nicht verbessert. Eine Farce war das Verfas- sungsreferendum, das die Machthaber trotz der Verwüs- tung im Land durchführen ließen und anschließend einen vollen Erfolg verkündeten. Es gibt zahllose politische Gefangene. Ein Parlament und eine unabhängige Justiz sind nicht vorhanden. Aung San Suu Kyi steht noch im- mer unter Hausarrest. Ob die für 2010 angekündigten Wahlen eine Änderung bringen, bezweifle ich. Die Be- völkerung Birmas ist bitterarm. Besonders die ethni- schen Minderheiten leiden unter den gravierenden Men- schenrechtsverletzungen. In den letzten Tagen wurden brutale Übergriffe der Militärs auf Flüchtlingslager an der thailändischen Grenze gemeldet. Die Menschen ge- hören überwiegend zur Gruppe der Karen. Wir fordern die Bundesregierung auf, die ASEAN-Staaten weiterhin beim Aufbau rechtsstaatlicher Systeme zu unterstützen. Nur so kann gute Regierungsführung verwirklicht wer- den. Funktionierende Gewaltenteilung ist unverzichtbar. Machtmissbrauch, Korruption und Straflosigkeit müssen beendet werden. Diese Themen gehören bei allen Ge- sprächen – bilateral und im Rahmen des EU-ASEAN- Dialoges – auf die Tagesordnung. Wir fordern die Bun- desregierung auf, sich für die Einhaltung der Presse- und Meinungsfreiheit in den ASEAN-Staaten einzusetzen. Wir wissen, wie wichtig es ist, dass die Berichterstattung der Medien und die Meinungsbildung ohne Zensur und Angst vor Verfolgung bleiben. Ohne Zivilgesellschaft ist kein Staat zu machen. Deutschland hat hier gute Erfah- rungen gemacht und wird dafür weltweit anerkannt. Deshalb braucht auch die Zivilgesellschaft in Südost- asien die Möglichkeit, um am politischen Prozess teilha- ben und Einfluss nehmen zu können. Eine weitere wichtige Forderung unseres Antrags be- zieht sich auf die grundlegenden Menschenrechtskon- ventionen und deren Umsetzung. Insbesondere die Kinderrechtskonvention und die Abkommen zu den Frauenrechten möchte ich nennen. Menschenrechte sind universell und unteilbar. Dennoch gibt es unendlich viel Gewalt und Not, von der besonders häufig Frauen und Kinder betroffen sind. Um geschlechtsspezifische Be- nachteiligung und Gewalt zu beseitigen, müssen Struk- turen geschaffen werden, die dem Schutz und der Stär- kung von Frauen und Mädchen dienen. Wirtschaftliche und politische Teilhabe sind die Voraussetzungen, um Menschenrechtsverletzungen an Kindern, Frauen und Minderheiten zu begegnen. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, darauf hinzuwirken, dass auch eth- nische und religiöse Minderheiten anerkannt und nicht länger diskriminiert werden. Die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen hat einen Änderungsantrag vorgelegt, der sich dem Diskriminierungsschutz von homosexuellen Menschen widmet. Als die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 1948 verabschiedet wurde, war Homo- sexualität ein großes Tabu und gesellschaftlich geächtet. 19744 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 (A) (C) (B) (D) Die sexuelle Orientierung wurde weder in die Erklärung von 1948 noch in die späteren Menschenrechtskonventi- onen der Vereinten Nationen ausdrücklich als Schutzka- tegorie aufgenommen. Dieses Manko dient bis heute dazu, Lesben und Schwulen die vollen Menschenrechte vorzuenthalten. Die sexuelle Orientierung ist aber ein wesentlicher Aspekt der menschlichen Persönlichkeit. Das Recht, diese Identität selbst zu finden und sie offen zu leben, ist Kern des Menschenrechtsgedankens. Die Auffassung, dass eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung auch die bereits vorhandenen Konventionen verletze, setzt sich immer mehr durch. Als erstes Menschenrechtsorgan hat der Europäische Ge- richtshof für Menschenrechte diesem geänderten Be- wusstsein Rechnung getragen. Auch der UN-Vertrags- ausschuss für den Zivilpakt hat 1994 entschieden, dass das Wort „Geschlecht“ in Art. 2 und 26 des Paktes die „sexuelle Orientierung“ mit einschließt. Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union erwähnt erstmals ausdrücklich die sexuelle Orientierung als schutzwürdi- ges Merkmal. Der Vertrag von Amsterdam ermöglicht Vorkehrungen, um Diskriminierung aufgrund der sexuel- len Orientierung zu bekämpfen. Zum Antrag der Frak- tion Bündnis 90/Die Grünen: ich finde den Änderungs- antrag inhaltlich richtig und unterstützenswert. Leider hat ihn die Fraktion erst zehn Monate nachdem der An- trag von CDU/CSU und SPD in den Deutschen Bundes- tag eingebracht wurde, dem federführenden Ausschuss vorgestellt. Daran entzündete sich eine Debatte um das formale Vorgehen und nicht um die Sache. Ich habe in- haltlich argumentiert und deutlich gemacht, dass die Formalien die SPD nicht hindern, dem Änderungsantrag zuzustimmen. Er entspricht dem Grundsatzprogramm der SPD, den Vereinbarungen auf europäischer Ebene und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. Men- schenrechtliche Grundsätze und Gesetze, die hier in Deutschland gelten, sollten auch der Maßstab für bilate- rale und multilaterale Gespräche und Verhandlungen sein. Ich bin überzeugt, dass die Bundesregierung ent- sprechend agiert und möchte sie auffordern, sich für die Aufhebung strafrechtlicher Verbote der Homosexualität in den ASEAN-Staaten einzusetzen. Leider bin ich durch die Koalitionsvereinbarung an ein übereinstimmendes Abstimmungsverhalten gebun- den. Die Kolleginnen und Kollegen der Union konnten sich aus formalen Gründen nicht dazu entschließen, dem Antrag zuzustimmen. Ich finde das äußerst bedauerlich und eigentlich auch grundlos, denn das Ansinnen des Änderungsantrages steht in Einklang zu unserem Men- schenrechtsverständnis. Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Inoffizielle Stasi- Mitarbeiter in Bundesministerien, Bundesbe- hörden und im Bundestag enttarnen – Aufar- beitung des Stasi-Unrechts stärken (Tagesord- nungspunkt 36) Dr. h. c. Wolfgang Thierse (SPD): Gestatten Sie mir eine grundsätzliche Bemerkung vorweg, bevor ich zu den einzelnen Forderungen des Antrages komme. Wir teilen das Anliegen der FDP, die Aufarbeitung des Stasi- unrechts, wie es im Titel des Antrages heißt, zu stärken. Deshalb bin ich auch dankbar, dass wir Sozialdemokra- ten es gemeinsam mit FDP, Grünen und CDU/CSU geschafft haben, der Stasiunterlagenbehörde eine ver- lässliche Perspektive zu geben, wie das in der Fort- schreibung des Gedenkstättenkonzepts festgeschrieben ist. Ob der Antrag der FDP der richtige Weg ist, die Auf- arbeitung des Stasiunrechts zu stärken, darüber wird al- lerdings noch zu diskutieren sein. Bereits in der Einfüh- rung des Antrages sind mir Fehler bzw. Unkorrektheiten aufgefallen. Bei solch einem emotionalen Thema sollte präzise formuliert werden. Die FDP spricht in ihrem An- trag von 43 Bundestagsabgeordneten der 6. Legislatur- periode, die als Inoffizielle Mitarbeiter des Staatssicher- heitsdienstes registriert gewesen seien. Die BStU hat mehrfach klargestellt, dass die Abgeordneten lediglich auf IM-Vorgängen registriert waren. Im Erfassungssys- tem der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) wurden teilweise mehrere Personen auf einer Karte registriert. Das konnten beispielsweise Zielpersonen oder Kontakt- personen sein, die unwissentlich abgeschöpft wurden. Das erklärt, warum auch sehr prominente Abgeordnete unter den 43 sind. Wir Abgeordneten sollten tunlichst al- les vermeiden, was den Anschein erweckt, dass es sich bei den 43 um Informelle Mitarbeiter im Sinne des Stasi- Unterlagen-Gesetzes gehandelt hätte. Wir sollten nicht einen Verdacht befeuern, der auf unwahren Fakten be- ruht. Nichts schadet dem ehrlichen und kritischen Um- gang mit der Vergangenheit mehr als die Unkultur der Verdächtigung. In der Vorbemerkung des Antrages ist auch die Rede davon, dass im Jahr 1989 „wenigstens 3 000 Inoffizielle Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes in der Bundes- republik aktiv waren“. Auch hier frage ich mich, woher Sie die Zahl nehmen. Auf der Homepage der BStU heißt es: „Schätzungen haben ergeben, dass rund 6 000 Bun- desbürger und über 20 000 DDR-Bürger tatsächlich als IM der HVA geführt wurden. Nur ein Teil davon – ca. 1 500 im Westen und 10 000 in der DDR – war 1989 noch aktiv.“ Das sind halb so viele, wie im Antrag der FDP ge- nannt. Die FDP scheint hier einem Mythos aufgesessen zu sein. Es war einmal von 20 000 bis 50 000 Stasispitzeln in der Bundesrepublik die Rede, was aber seit einiger Zeit bereits widerlegt ist. Die FDP sollte vielleicht nicht im- mer nur einen bestimmten Autor lesen, sondern auch die einschlägige Literatur zum Thema studieren. Als Auto- ren möchte ich Ihnen insbesondere Helmut Müller- Enbergs und Georg Herbstritt empfehlen. Der Mythos wurde befeuert, als die sogenannten Ro- senholz-Dateien der BStU übergeben wurden. Mit zahl- reichen Enthüllungen wurde gerechnet. Inzwischen ist Ernüchterung eingetreten, denn es handelt sich bei den Rosenholz-Dateien nur um ein Erfassungssystem; Glei- ches gilt im Übrigen für SIRA, das im FDP-Antrag er- wähnt wird. Die dazugehörigen Akten der HVA sind zu großen Teilen Anfang 1990 vernichtet worden. Glückli- cherweise konnten Akten in anderen Dienststellen ge- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 19745 (A) (C) (B) (D) funden werden, aber insgesamt sind nur 10 Prozent der Akten der HVA vorhanden. Die Rosenholz-Dateien haben Anfang der 90er-Jahre den Ermittlungsbehörden vorgelegen. In circa 3 000 Fäl- len wurde gegen Bürger der alten Bundesrepublik wegen Spionage für das MfS ermittelt. In über 360 Fällen führ- ten die Ermittlungsverfahren zu Verurteilungen, davon 63 Haftstrafen. Deshalb schreibt die BStU zu den Rosen- holz-Dateien: „Spektakuläre Enthüllungen über Perso- nen des öffentlichen Lebens der früheren Bundesrepu- blik sind dabei nicht zu erwarten. Das Agentennetz des MfS, das Ende der achtziger Jahre im Westen existierte, wurde durch die Ermittlungsbehörden der Bundesrepu- blik schon weitgehend aufgedeckt.“ Joachim Lampe, der als Bundesanwalt bei der Bundesanwaltschaft für die Er- mittlungen der Westspionage des MfS zuständig war, sagte bereits 1999: „Die Quellenlage erlaubt die Feststel- lung, dass alle Agenten, die von den wichtigsten, in den Strukturverfahren aufgeklärten Spionageeinrichtungen des MfS geführt wurden, enttarnt sind.“ Sosehr ich das Ansinnen der FDP nachvollziehen kann, halte ich die Forderungen vor diesem Hintergrund für erstens nicht zielführend und zweitens für nicht reali- sierbar; nicht zielführend, weil ich nicht sehe, welche wirklich neuen Erkenntnisse gewonnen werden sollen, nicht realisierbar, weil mit großer Wahrscheinlichkeit der zu erwartende Erkenntnisgewinn in keinem Verhält- nis zum notwendigen Aufwand steht. Eine Studie zu den jetzigen Mitarbeitern der Bundesministerien in der von der FDP gewünschten Form ist nach dem geltenden Stasi-Unterlagen-Gesetz allein nicht möglich. Die Unter- suchung zu den IM bei der Berliner Zeitung – um ein ak- tuelles Beispiel zu nennen – ist nur möglich, weil alle Redakteure damit einverstanden waren, eine Selbstaus- kunft bei der BStU einzuholen. Wie soll das bei den vie- len Tausenden Mitarbeitern der Bundesministerien mög- lich sein? Eine durch den Arbeitgeber erzwungene Verpflichtung zur Selbstauskunft haben wir bei der letz- ten Novellierung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes verhin- dert, der im Übrigen auch die FDP zugestimmt hat. Des- halb lehnen wir auch Ihre Forderung nach einer erneuten Novellierung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes ab. Ihre Forderung, die BStU durch „ausreichende Mittel und organisatorische Umstrukturierungen in die Lage zu versetzen, den Anteil der jährlich erschlossenen Akten zu erhöhen und damit die tatsächliche Aufarbeitung zu beschleunigen und qualitativ zu verbessern“, kann ich hingegen sofort unterschreiben. Deshalb haben wir in der Fortschreibung des Gedenkstättenkonzepts auch festgehalten, dass die Struktur der BStU „zeitnah verän- dert wird, um eine effizientere Arbeit trotz zurückgehen- den Personalbestands gewährleisten zu können“. Natürlich bedarf es der weiteren Erforschung der Westarbeit des MfS. Aber ob die Vorschläge der FDP dazu geeignet sind, die Erforschung zu verbessern, wage ich zu bezweifeln. Darüber sollten wir im Ausschuss aber weiter diskutieren. Anlage 14 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Die eigenständige Existenzsicherung von Stiefkindern sicherstel- len – § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II reformieren (Ta- gesordnungspunkt 37) Karl Schiewerling (CDU/CSU): In der heutigen De- batte geht es um die Einstandspflicht innerhalb einer Be- darfsgemeinschaft für nicht leibliche Kinder. Hierzu gab es eine Regelung vor und eine nach dem Fortentwick- lungsgesetz. Bevor das Fortentwicklungsgesetz in Kraft trat, ergab sich aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II nicht eindeutig, dass Einkommen des Partners innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft auch bei nicht leiblichen Kindern zu berücksichtigen ist. Dies hatte zur Folge, dass bei unverheirateten Partnern das Einkommen des nicht leib- lichen Elternteils nicht auf den Bedarf des Stiefkindes angerechnet wurde – im Gegensatz zu verheirateten Partnern. In diesem Falle entstand nämlich zu dem nicht leiblichen Kind eine Schwägerschaft, sodass entspre- chend der Regelung des § 9 Abs. 5 SGB II vermutet wurde, dass das nicht leibliche Kind vom Stiefelternteil Leistungen erhält. Nach damaligem Rechtsstand wurden somit verheira- tete Partner gegenüber unverheirateten Partnern schlech- ter gestellt. Mit der Änderung wurde klargestellt, dass Einkommen auch auf den Bedarf nicht leiblicher Kinder anzurechnen ist. Damit wurde die Schlechterstellung von Ehen gegenüber nichtehelichen Partnerschaften auf- gelöst. Das bedeutet heute, dass das Einkommen von Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft für alle anderen Mitglieder dieser Bedarfsgemeinschaft mit einzusetzen ist, also auch des Partners für das Kind des anderen Part- ners. Diese Konstellation kann allerdings nur in den Fällen eintreten, in denen der leibliche Vater erstens nicht in der Bedarfsgemeinschaft lebt und zweitens nicht leistungs- fähig und damit nicht in der Lage ist, Unterhalt zu zah- len. Denn zunächst ist bei einem minderjährigen, unver- heirateten Kind das Kindergeld als Einkommen des Kindes zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass ein Kind, dessen Eltern getrennt leben, regelmäßig Unterhalt erhält. Wenn der Elternteil nicht greifbar, aber leistungsfähig ist, hat der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Möglichkeit, den Anspruch gemäß § 33 SGB II überzuleiten. Wenn wir eine Gleichstellung von Stiefkindern mit leiblichen Kindern haben wollen, dann nicht nur im Steuer- und Kindergeldrecht, wo es bereits der Fall ist, sondern auch im Sozialrecht. Und genau das haben wir mit dem Fortentwicklungsgesetz gemacht. Da kann das Sozialgericht Berlin viel bewerten. Eines kann es nicht: Ob die Stiefkinderregelung verfassungswidrig ist oder nicht, entscheidet letztendlich immer noch das Bundes- verfassungsgericht. Und wenn sich das Sozialgericht Berlin in seiner Sache so sicher ist, frage ich mich, wa- 19746 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 (A) (C) (B) (D) rum es dann keine Vorlage beim Bundesverfassungsge- richt eingereicht hat. Ich sehe allerdings die Notwendigkeit, die Gleichstel- lung von Stiefkindern mit leiblichen Kindern auch in den anderen Bereichen der Sozialgesetzbücher sicherzustel- len, zum Beispiel im Bereich der Rehabilitation bei der Bemessung von Übergangsgeld. Statt uns hier mit wenigen Einzelfällen zu beschäfti- gen – denn in der Mehrheit der Fälle bleibt die Unter- haltspflicht für Kinder bei getrennt lebenden Partnern bestehen – sollten wir uns lieber darüber Gedanken ma- chen, wie wir Menschen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse bringen. Statt andauernd das SGB II so zu ändern, dass jedes Einzelschicksal darin aufgefangen wird, vermisse ich vielmehr Anträge von Ihnen, die aufzeigen, wie Sie Menschen in Arbeit brin- gen wollen. Das ist zumindest unser Ausgangspunkt al- ler Überlegungen. Um Langzeitarbeitslose, die oft viele Vermittlungshemmnisse aufweisen, wieder in Arbeit zu vermitteln, benötigen wir flexible Arbeitsmarktinstru- mente. Ich persönlich halte es für notwendig, die Instrumente des SGB II und des SGB III zu entkoppeln, zumindest aber vor den Instrumenten des SGB III einen Filter zu setzen, der auf SGB-II-Tauglichkeit überprüft. Men- schen, die viele Jahre nicht mehr im Arbeitsprozess stan- den und verschiedene Vermittlungshemmnisse haben, brauchen andere Hilfen als Menschen, die kurzzeitig ar- beitslos werden. Folglich können auch nicht die Hilfe- instrumente vom SGB III einfach so in den SGB-II-Be- reich übertragen werden. Hier muss das Instrumentarium entkoppelt und speziell für diese Zielgruppe entwickelt werden. Wenn einzelne Instrumente für alle Erwerbs- losen bundesweit gleich und detailliert festgelegt wer- den, werden die von Langzeitarbeitslosigkeit betroffenen Menschen oft nicht erreicht, da ihre individuellen und sozialen Bedarfslagen, die auch regional unterschiedlich sind, nicht mehr berücksichtigt werden. Wir werden uns im Rahmen der Reform der arbeits- marktpolitischen Instrumente dafür einsetzen, dass die Vermittler vor Ort eigenverantwortlich und flexibel im Sinne der Langzeitarbeitslosen entscheiden können. Darauf müssen wir unsere Kraft konzentrieren, damit Menschen aus der Hilfebedürftigkeit herauskommen und ihren Lebensunterhalt mit ihrer eigenen Hände- und Kopfesarbeit bestreiten können. Angelika Krüger-Leißner (SPD): Eines der meist debattierten und beratenen Themen in diesem Hohen Hause ist das Thema Kinder und ihre Entwicklung und Zukunft in diesem Land. Das zeigt uns, welchen heraus- ragenden Stellenwert Kinder in unserer Gesellschaft ha- ben. Wir Politiker haben eine große Verantwortung ge- genüber unseren Kindern, denn wir entscheiden über die Rahmenbedingungen für ihr Aufwachsen, ihre Entwick- lung und ihre Chancen. Das sollte jedem hier bewusst sein. Die SPD – als treibende Kraft in dieser Koalition und zu Zeiten der rot-grünen Koalition – ist dieser Ver- antwortung jederzeit gerecht geworden. Denn wir haben schon früh erkannt: Wollen wir unseren Wohlstand si- chern und unsere Demokratie stärken, brauchen wir ver- antwortungsbewusste und selbstständige junge Men- schen. Lassen sie mich in diesem Zusammenhang ein paar Worte zum Thema Kinderarmut sagen. Mir ist bewusst, dass Kinderarmut sich in der Regel in Elternarmut grün- det, hängt doch vom Geldbeutel so vieles ab. Aber es ist nicht nur ein finanzielles Problem. Es ist vor allem ein Problem fehlender Chancengerechtigkeit in der Bildung und der gesellschaftlichen Teilhabe. Allein monetäre Anreize lösen das Problem der Kinderarmut nicht. Wir müssen andere Wege beschreiten. In unserem Lande hat sich Gott sei Dank ein Umdenken in dieser Frage vollzo- gen. Wir müssen in unsere Kinder, in unsere Zukunft in- vestieren, investieren in Betreuung, Erziehung und Bil- dung – mehr als bisher. Sie alle kennen die Debatten. Mit dem Projekt der Förderung offener Ganztags- schulen hat die rot-grüne Regierung schon in der letzten Legislaturperiode einen Einstieg in ein gutes Programm gemacht. Mit dem Elterngeld haben wir zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beigetragen. Und bereits nach einem Jahr können wir sagen: Das Eltern- geld kommt gut an. Wir haben mit dem Kinderzuschlag und der Erhöhung des Wohngeldes weitere Leistungen beschlossen, die zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit und zur Existenzsicherung beitragen werden. Und nicht zuletzt haben wir mit dem Kinderförderungsgesetz un- sere Verantwortung gegenüber unseren Kindern unter- mauert. Wir haben den Durchbruch bei der frühkindli- chen Bildung und Betreuung geschafft und den Rechtsanspruch ab eins durchgesetzt. Damit erhalten El- tern in Deutschland die Garantie, tatsächlich einen Be- treuungsplatz für ihr Kind zu bekommen. Wir meinen es ernst, wenn es darum geht, unseren Kindern und Jugendlichen beste Bedingungen zum Auf- wachsen zu geben. Wir meinen es ernst, wenn es darum geht, einen ganzheitlichen Ansatz zu schaffen, der Kin- dern und Jugendlichen gleiche Chancen für Bildung und Ausbildung einräumt. Natürlich ist der Weg dorthin schwierig, aber wir haben erste wichtige Schritte getan. Doch wie sieht es mit der Verantwortung bei Ihnen aus, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion? Jede Woche bringen Sie Anträge ein, die jeglichen ganz- heitlichen Ansatz vermissen lassen. Mal soll an der Stelle etwas verändert werden, mal an einer anderen, je nachdem wie es gerade in die Stimmungslandschaft unserer Gesellschaft passt. Doch einem so wichtigen Meilenstein in der Familienpolitik wie dem Kinderförde- rungsgesetz verweigerten Sie Ihre Zustimmung. Nehmen Sie so Ihre Verantwortung wahr? Für mich ist das purer Aktionismus. Auch Ihr Antrag, den wir heute beraten, zeichnet die- ses Bild der Flickschusterei, und ihre Begründung ist zum Teil abenteuerlich. Mit der Neureglung des § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II ist keine – wie von Ihnen behauptet – Unterhaltspflicht gegenüber Stiefkindern geschaffen worden. Denn der Vater oder die Mutter ist unabhängig von der faktischen Einkommenssituation der Kinder weiterhin zur Unterhaltszahlung verpflichtet. Vielmehr ist klargestellt worden, dass Einkommen und Vermögen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 19747 (A) (C) (B) (D) von Lebenspartnern bei der Bedarfsermittlung aller zur Bedarfsgemeinschaft zählenden Kinder berücksichtigt werden müssen. Dazu zählen auch die nicht leiblichen Kinder. In seinem Zwischenbericht vom 29. Juni 2005 hatte der Ombudsrat dazu keine Bedenken geäußert. Und noch etwas wurde klargestellt: die Ungleichbe- handlung von verheirateten Partnern und nicht verheira- teten Partnern. Ein Stiefelternteil, der mit dem leiblichen Elternteil verheiratet ist, ist rechtlich gesehen mit seinem Stiefkind verschwägert. Und nach § 9 Abs. 5 SGB II be- steht die gesetzliche Vermutung, nach der Verwandte und Verschwägerte im Rahmen einer Haushaltsgemein- schaft gegenseitig Leistungen zur Bestreitung des Le- bensunterhalts erbringen. Mit anderen Worten: Die Fa- milie steht dafür ein. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende ist ein staat- liches Fürsorgesystem, bei dem der Nachranggrundsatz gilt. Das bedeutet, dass Hilfesuchende nur Leistungen erhalten, wenn sie wirklich hilfebedürftig sind. Die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen sind Grundprinzipien des Leistungsbezuges im SGB II. Ein- kommen und Vermögen sind Ausdruck der eigenen Leis- tungsfähigkeit und daher zu berücksichtigen. Das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit. Wir nehmen die Existenzsicherung von Kindern ernst. Gesetze sind nicht in Stein gemeißelt. Wir sollten stän- dig überprüfen, ob Maßnahmen, die wir damals be- schlossen haben, heute noch richtig und wirksam sind. Mehr Kindergeld oder ein höherer Kinderfreibetrag, eine bessere steuerliche Absetzbarkeit von Haushaltshilfen, ein geringerer Arbeitslosenbeitrag und mehr Wohngeld, all das sind Maßnahmen, mit denen wir auf aktuelle Ent- wicklungen reagieren. Ich schließe Weiteres nicht aus, denn die Zeit bleibt nicht stehen: Demnächst erwarten wir den Existenzmini- mumbericht der Bundesregierung. Ich rate uns, diesen in die Entscheidungsfindung über die Absicherung von Kindern einzubeziehen. Lassen Sie uns die Ergebnisse abwarten und dann zielorientiert handeln! Das hilft unse- ren Kindern eher als purer Aktionismus. Heinz-Peter Haustein (FDP): Die Linke fordert in dem hier zur Debatte stehenden Antrag, eine mit dem SGB-II-Fortentwicklungsgesetz im Jahr 2006 von der Großen Koalition vorgenommene Gesetzesänderung zu- rückzunehmen. Die seit dem 1. August 2006 geltende Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II sieht vor, dass das Vermögen und Einkommen des nicht leiblichen Elternteiles Be- rücksichtigung finden müssen bei der Leistungsberech- nung des mit in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Kindes des Partners. Bis zum SGB-II-Fortentwicklungs- gesetz waren Einkommen und Vermögen des neuen Part- ners von Kindesmutter oder -vater unerheblich für die Bedarfsberechnung des Kindes. Die Linke führt aus, es bestehe mit der Regelung aus dem Jahr 2006 eine Unterhaltspflicht, die im bürgerli- chen Recht nicht vorgesehen sei. Als problematisch wird gesehen, dass hier ein Einkommenszufluss zum Kind an- gerechnet werde, ohne dass darauf Rücksicht genommen werde, ob und inwieweit der Vermögenszufluss tatsäch- lich stattfinde. Falls dem nicht leiblichen Kind die Un- terstützung verweigert würde, habe dieses keinerlei Möglichkeit, seinen Bedarf zu decken, denn zivilrechtli- che Ansprüche bestünden nicht. Die Erweiterung des § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II um den Passus „und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Partners“ begründete die Koalition 2006 wie folgt: Der bisherige Wortlaut … macht nicht hinreichend deutlich, dass Einkommen innerhalb einer Bedarfs- gemeinschaft auch auf den Bedarf nicht leiblicher Kinder anzurechnen ist. Dies hat zur Folge, dass bei nicht miteinander verheirateten Partnern das Ein- kommen des nicht leiblichen Elternteils nicht auf den Bedarf eines nicht leiblichen Kindes angerech- net wird. Bei verheirateten Paaren entsteht dagegen zum nicht leiblichen Kind eine Schwägerschaft, so dass entsprechend der Regelung des § 9 (5) SGB II vermutet wird, dass das nicht leibliche Kind vom Stiefelternteil Leistungen erhält. Nach derzeitigem Rechtsstand werden daher verheiratete Partner ge- genüber unverheirateten Partnern schlechter ge- stellt. Mit der Änderung wird daher klargestellt, dass – auch entsprechend der ursprünglichen Ab- sicht des Gesetzgebers – Einkommen innerhalb ei- ner Bedarfsgemeinschaft in beiden Fallgestaltungen auf den Bedarf eines nicht leiblichen Kindes anzu- rechnen ist und damit die Schlechterstellung von Ehen gegenüber nichtehelichen Partnerschaften aufgelöst wird. Die mit der Neuregelung bislang befassten Sozialge- richte kommen hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit, teils nach summarischer Prüfung, zu unterschiedlichen Ergebnissen. Insofern teilt die FDP die Einschätzung aus der Begründung des vorliegenden Antrags, dass hier über das Sozialrecht gleichsam eine neue Unterhalts- pflicht geschaffen wird, die es zivilrechtlich nicht gibt. Die FDP hat diese Fragen schon letztes Jahr aufge- griffen. Wir haben Mitte November vergangenen Jahres diesbezüglich eine Anfrage an die Bundesregierung ge- richtet, weil wir es für notwendig hielten, uns zunächst ein präzises Bild von der Situation zu verschaffen. Wir fragten, in wie vielen Fällen die als Stiefelternregelung bezeichnete Neuregelung seit ihrer Einführung zur An- wendung gekommen ist, in welcher Höhe dadurch Aus- gaben für Leistungen nach dem SGB II gespart wurden und in wie vielen Fällen mitursächlich für die Inan- spruchnahme des Lebenspartners war, dass der getrennt lebende Elternteil seiner gesetzlichen Unterhaltsver- pflichtung nicht nachkam bzw. welcher finanzielle An- teil auf diese Fallkonstellationen entfällt. Die Antwort, die uns die Bundesregierung am 19. November aus dem BMAS zukommen ließ, lässt sich zusammenfassend auf den Satz bringen: Wir haben keine Ahnung. Die familiä- ren Verwandtschaftsbeziehungen von in Bedarfsgemein- schaften lebenden Kindern zu den Eltern bzw. Stiefeltern würden nicht erhoben, hieß es lapidar aus dem Ministe- rium. Ein Problembewusstsein der schwarz-roten Bun- desregierung oder gar die Absicht, die Lage zu hinterfra- 19748 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 (A) (C) (B) (D) gen und gegebenenfalls zu Veränderungen zu kommen, ließ die Antwort nicht erkennen. Sofern aber nicht näherungsweise präzise Zahlen vor- liegen und wir uns ein Bild von der Lage machen kön- nen, ist es nicht dienlich, neue Gesetzesänderungen zu beschließen. Zur Begründung für eine gesetzliche Neu- regelung gehört zunächst eine genaue Vorstellung von dem zu korrigierenden Missstand. Nach Auffassung der FDP-Fraktion muss hier zunächst die Bundesregierung Antworten auf die offenen Fragen liefern, bevor wir in diesem Hause über Änderungen des Gesetzes beraten. Mit einem herzlichen Glückauf aus dem Erzgebirge. Katja Kipping (DIE LINKE): Durch das SGB-II- Fortentwicklungsgesetz ist § 9 Abs. 2 Satz 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch in einer nicht zu akzeptieren- den Weise verändert worden. Denn seit dem 1. August 2006 ist bei Kindern nunmehr das Einkommen und Ver- mögen von Personen, die mit einem Elternteil eine Be- darfsgemeinschaft bilden, zu berücksichtigen. Durch diese Regelung ist die Existenzsicherung von Stiefkin- dern in einer verfassungswidrigen Weise gefährdet wor- den. Das Gebot zur Sicherung des Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot des Art. 20 GG wird für das Stief- kind oder die Stiefkinder gebrochen. Das sieht unter anderem auch das Sozialgericht Berlin so. Es hat in seinen Ausführungen zum Inhalt des Sozial- staatsprinzips betont (SG Berlin S 103 AS 10869/06 ER vom 8. Januar 2007), – ich zitiere –: Das Gebot dieses Sicherungsauftrags (Anmerkung: aus dem Sozialstaatsgebot) wird durch § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II nicht mehr verfassungskonform um- gesetzt, weil die Regelung allein die schematische Anrechnung von Einkommen zum Inhalt hat, ohne dass darauf Rücksicht genommen wird, ob das Existenzminimum des jeweiligen Kindes tatsäch- lich durch entsprechenden Einkommenszufluss durch den Stiefpartner gesichert ist. Soweit tatsäch- lich die Versorgung auf dem Niveau, das dem ver- fassungsrechtlichen Existenzminimum entspricht, verweigert wird, stehen dem Kind keinerlei Mög- lichkeiten zur Verfügung, zu einer tatsächlichen Deckung seines Bedarfs zu gelangen. Durch diese Regelung überschreitet der Gesetzgeber den ihm zustehenden weiten Gestaltungsspielraum. Schließ- lich ist die Regelung auch nicht einer verfassungs- konformen Auslegung zugänglich. Die Antragstellerinnen verweisen zunächst zutref- fend darauf, dass dem Kind ein zivilrechtlicher Un- terhaltsanspruch gegen den neuen Partner seines El- ternteils nicht zusteht. Dem Kind steht auch kein anderer Weg offen, eine tatsächliche Bedarfsde- ckung im Falle der Weigerung der Leistung durch den Partner, wie Herr C. sie hier erklärt hat, zu er- reichen. Insoweit unterscheidet sich die Lage des Kindes von der eines Partners in der (früher so be- zeichneten) eheähnlichen Lebensgemeinschaft, weshalb die Anerkennung der Einkommensanrech- nung zwischen den Partnern selbst kein Argument für die Erstreckung auf die nicht leiblichen Kinder ist. Eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung für die dem Kind insoweit verweigerte Sicherung des Existenzminimums ist der Kammer nicht ersicht- lich. Diesem Ergebnis kann nicht entgegen gehalten werden, dass das Elternteil sich im Interesse des Kindes von dem Partner trennen kann, um so wie- der einen staatlichen Leistungsanspruch zu begrün- den. Ein solcher mittelbarer Zwang, der in seiner Intensität hinter einem unmittelbaren Eingriff nicht zurückbleibt, zur Beendigung einer Beziehung würde das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 GG des Elternteils beeinträchtigen, ohne dass dies verfassungsrechtlich gerechtfertigt wäre. Es bestehen bereits Zweifel, ob ein solcher Regelungsmechanismus geeignet wäre, die Ziele des Gesetzgebers zu erreichen. Ausweislich der parlamentarischen Beratungsunterlagen war die Er- zielung von Einsparungen ein wesentliches Ziel des Gesetzgebers. Die Beendigung von Partnerschaften aufgrund der Einbeziehung von Kindern in die Einkommensan- rechnung in sogenannten Patchworkfamilien würde dazu führen, dass sowohl Kinder als auch einkom- menslose Elternteile Leistungsansprüche erwerben würden. Hiermit wären zwingend Mehrkosten für einen Teil der Leistungsberechtigten verbunden. Selbst wenn man insoweit dem Gesetzgeber hin- sichtlich der tatsächlichen Auswirkungen eine Ein- schätzungsprärogative zugesteht, ist die Erzielung von Einsparungen als Rechtfertigung einer Unter- schreitung des Existenzminimums eines Kindes un- geeignet. Zudem ist eine solche Unterhaltspflicht im bürgerli- chen Recht laut § 1601 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht vorgesehen. Das Sozialrecht konstituiert also mit der Regelung de facto eine neue Unterhaltspflicht. Ich habe erhebliche Bedenken, ob die neue Fassung des § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II mit dem grundgesetzlichen Exis- tenzsicherungsauftrag nach Art. 1 Abs. 1 GG in Verbin- dung mit dem Sozialstaatsgebot (Art. 20 GG) vereinbar ist. Die neue Regelung legt schematisch fest, dass das Einkommen und Vermögen des Stiefelternteils anzu- rechnen ist, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, ob und inwieweit ein Einkommenszufluss tatsächlich stattfin- det; sie konstruiert es also nur. Soweit eine Unterstüt- zung dem Stiefkind faktisch verweigert wird, stehen dem Kind keinerlei Möglichkeiten zur Verfügung, zu ei- ner tatsächlichen Deckung seines Bedarfs zu gelangen, denn zivilrechtliche Ansprüche gegenüber dem Stief- elternteil bestehen nicht. Die sozialrechtlichen Ansprü- che werden aber mit Verweis auf den Stiefelternteil ver- weigert. Das Kind hat auch keine Möglichkeit, die Bedarfsgemeinschaft zu verlassen und dadurch einen ei- genständigen Sicherungsanspruch zu begründen. Damit ist der Auftrag zur Sicherstellung des Existenzmini- mums für das betroffene Stiefkind gefährdet. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 19749 (A) (C) (B) (D) Aber auch für verheiratete Partner hat die Neurege- lung durch das SGB-II-Fortentwicklungsgesetz eine nicht akzeptable Änderung gebracht. Rechtlich gesehen geht der Stiefelternteil mit der Heirat eine Schwäger- schaft mit dem Kind des Partners oder der Partnerin ein. Der verheiratete neue Partner begründet mit dem Stief- kind eine Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs. 5 SGB II. Für eine Haushaltsgemeinschaft wird aber nun vermutet, dass eine Unterstützung des bedürftigen Mit- glieds, also in der Regel des Kindes, der Haushaltsge- meinschaft stattfindet. Mit der Neuregelung wurde die Möglichkeit der Widerlegung der Vermutung abge- schafft. Auch in diesem Fall gilt die oben aufgeführte Bewertung als verfassungswidrig, weil dem Kind bei Verweigerung einer Unterstützung keine Möglichkeit of- fensteht, den eigenen Bedarf zu decken. Darüber hinaus gibt es bei einer Eingliederung in eine Bedarfsgemein- schaft – im Gegensatz zum Unterhaltsrecht – keinen Selbstbehalt beziehungsweise keinen Freibetrag für den Einkommenbeziehenden; das sind zumeist die Väter. Aus diesen Darstellungen ist unschwer zu erkennen, dass faktisch ein „Familienzerstörungsgesetz“ geschaf- fen wurde, welches zudem Betroffene auch noch in die Verschuldung treibt. Auch haben Familien berichtet, dass sich nach der Einführung des Fortentwicklungsge- setzes bei Ihnen vor Ort betroffene Familien zusammen- gefunden haben. Aktuell ist die Lage so, dass schon ein Teil dieser Familien aus Deutschland ausgewandert ist, weil sie angesichts der hiesigen Bedingungen keine Hoffnungen mehr auf eine Zukunft in Deutschland ha- ben. Das ist für uns nicht akzeptabel. Die Neuregelung des § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II, nach der Einkommen und Ver- mögen der Stiefeltern bei der Bedarfsberechnung des Kindes zu berücksichtigen sind, muss daher so schnell wie möglich zurückgenommen werden, bevor das Bun- desverfassungsgericht sie als verfassungswidrig verwer- fen wird. Stattdessen gilt es, eine eigenständige Exis- tenzsicherung von Stiefkindern zu sichern. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die von der Großen Koalition mit dem sogenannten SGB-II- Fortentwicklungsgesetz im Jahre 2006 eingeführte Stief- kindregelung, mit der unverheiratete Partner und Stief- elternteile faktisch zur Unterhaltspflicht der Kinder ihrer Partner herangezogen werden, ist nicht zeitgemäß und stigmatisiert die betroffenen Kinder. Das Wort Stiefkind ist auch heute noch negativ besetzt. Tief im Bewusstsein verankert ist, dass Stiefkinder über Jahrhunderte ein Schattendasein in der Familie und Gesellschaft geführt haben. Dabei sollte das Schicksal eines „Aschenputtels“ in einer modernen individualisierten Gesellschaft, in der Patchworkfamilien eher die Regel als die Ausnahme sind, der Vergangenheit angehören. Mit gutem Grund sieht das Zivilrecht deshalb auch keine Unterhaltspflicht des Stiefelternteils vor, es sei denn, das Kind wird adop- tiert. Um so weniger ist auch sachlich nachzuvollziehen, dass die große Koalition diese Kinder und jungen Er- wachsenen über das Sozialrecht bis zum Alter von 25 Jahren zum Bittsteller beim Stiefelternteil oder gar beim nichtehelichen Partner macht. Diese sozialrechtli- che Sonderregelung widerspricht dem Gleichbehand- lungsgrundsatz und ist deshalb auch im höchsten Maße verfassungsrechtlich bedenklich. Wir Grüne wollen es nicht dem Bundesverfassungsge- richt überlassen, zu entscheiden, ob die Begründung ei- nes Unterhaltsanspruches des Stiefelternteiles durch die Hintertür auf sozialrechtlichem Wege zulässig ist. Wir haben diese Regelung schon zum Zeitpunkt ihrer Einfüh- rung durch die Große Koalition in unserem Antrag vom 4. April 2006 „Hartz IV weiterentwickeln – Existenzsi- chernd, individuell, passgenau“ (Drucksache 16/1124) kritisiert. Wir fordern nach wie vor, dass in eheähnlichen Gemeinschaften Lebensgefährtinnen und Lebensgefähr- ten nicht gezwungen werden dürfen, ihr Einkommen für den Bedarf der Kinder der Partnerinnen und Partner ein- zusetzen, wenn es nicht die gemeinsamen sind. Auch wenn ein Ehepartner Kinder in eine Ehe einbringt, darf dies nicht zu einem sozialrechtlichen Unterhaltsanspruch führen, der über den zivilrechtlichen Anspruch hinaus- geht. Diese Regelung stigmatisiert nicht nur die betroffenen Kinder, sie ist auch nicht wirtschaftlich. Denn sie verhin- dert, dass einkommensschwache Partner mit Kindern zu- sammenziehen, wenn Ansprüche auf Sozialleistungen bestehen, obwohl sie gemeinsam – auch für den Sozial- leistungsträger – kostengünstiger haushalten könnten. Anlage 15 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 848. Sitzung am 10. Ok- tober 2008 beschlossen, dem nachstehenden Gesetz zu- zustimmen: – Gesetz zu dem Abkommen vom 7. Dezember 2004 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Schweizerischen Bundesrat zum Vertrag vom 23. November 1964 über die Einbeziehung der Gemeinde Büsingen am Hoch- rhein in das schweizerische Zollgebiet über die Erhebung und die Ausrichtung eines Anteils der von der Schweiz in ihrem Staatsgebiet und im Ge- biet der Gemeinde Büsingen am Hochrhein erho- benen leistungsabhängigen Schwerverkehrsab- gabe (LSVA-Abkommen Büsingen) Der Bundesrat hat in seiner 849. Sitzung am 17. Ok- tober 2008 beschlossen, dem nachstehenden Gesetz zu- zustimmen: – Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanz- marktstabilisierungsgesetz – FMStG) Die Fraktion DIE LINKE hat mitgeteilt, dass sie den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Ar- beitnehmer-Entsendegesetzes auf Drucksache 16/7534 und den Antrag Liberalisierung des Briefmarktes stoppen – Sozial- und Lohndumping verhindern auf Drucksache 16/7528 zurückziehen. 19750 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 (A) (C) (B) (D) Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit- geteilt, dass sie den Antrag Endlager Asse sofort dem Betreiber entziehen und unter atomrechtliche Bun- desaufsicht stellen auf Drucksache 16/9809 und den Antrag Alternativen zum Heim schaffen – Ambulante Angebote für Menschen mit Behinderungen weiter- entwickeln und ausbauen auf Drucksache 16/1644 zu- rückziehen. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die Delegation der Bundesrepublik Deutschland in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Euro- parates vom 1. bis 5. Oktober 2007 in Straßburg und Debatte der Erweiterten Parlamentarischen Versamm- lung über die Aktivitäten der OECD am 3. Oktober 2007 – Drucksachen 16/9048, 16/9517 Nr. 1.1 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Ergebnisse ihrer Bemühungen um die Weiterentwicklung der politischen und ökonomischen Gesamtstrategie für die Balkanstaa- ten und ganz Südosteuropa (Berichtszeitraum 1. Januar 2007 bis 10. März 2008) – Drucksachen 16/9176, 16/9391 Nr. 1.4 – – Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Ver- sammlung der Westeuropäischen Union/Interparlamentari- sche Europäische Versammlung für Sicherheit und Vertei- digung (WEU V/IEVSV) Tagung der Versammlung vom 4. bis 6. Juni 2007 in Paris – Drucksachen 16/9221, 16/9837 Nr. 1 – Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushalts- und Wirtschaftsführung 2008 Einwilligung in eine überplanmäßige Ausgabe bei Kapi- tel 1702 Titel 685 02 – Zuweisung an die Conterganstiftung für behinderte Menschen – – Drucksachen 16/8732, 16/10285 Nr. 1 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushalts- und Wirtschaftsführung 2008 Einwilligung in eine überplanmäßige Verpflichtungs- ermächtigung bei Kapitel 1225 Titel 661 07 – Förderung von Maßnahmen zur energetischen Ge- bäudesanierung „CO2-Gebäudesanierungsprogramm“ der KfW Förderbank – – Drucksachen 16/10163, 16/10285 Nr. 22 – Ausschuss für Wirtschaft und Technologie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Tätigkeitsberichte 2006/2007 der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen gemäß § 121 Abs. 1 des Telekommunika- tionsgesetzes und § 47 Abs. 1 des Postgesetzes und Sondergutachten der Monopolkommission gemäß § 121 Abs. 2 des Telekommunikationsgesetzes und gemäß § 44 Abs. 1 des Postgesetzes i. V. m. § 81 Abs. 3 des Telekom- munikationsgesetzes a. F. – Drucksachen 16/7700, 16/8123 Nr. 1.1 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Tätigkeitsberichte 2006/2007 der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen gemäß § 121 Abs. 1 des Telekommunika- tionsgesetzes und § 47 Abs. 1 des Postgesetzes und Sondergutachten der Monopolkommission gemäß § 121 Abs. 2 des Telekommunikationsgesetzes und gemäß § 44 Abs. 1 des Postgesetzes i. V. m. § 81 Abs. 3 des Tele- kommunikationsgesetzes a. F. – Drucksache 16/7700 – Stellungnahme der Bundesregierung – Drucksachen 16/10146, 16/10285 Nr. 21 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Tätigkeitsbericht 2005 bis 2007 der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen und Stellungnahme der Bundesregierung – Drucksache 16/9000 – Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – Unterrichtung durch die Bundesregierung Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesse- rung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ für den Zeitraum 2008 bis 2011 – Drucksachen 16/9213, 16/9691 – Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über den Stand des Aus- baus für ein bedarfsgerechtes Angebot an Kindertages- betreuung für Kinder unter drei Jahren 2007 – Drucksache 16/6100 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über den Stand des Aus- baus für ein bedarfsgerechtes Angebot an Kindertages- betreuung für Kinder unter drei Jahren für das Be- richtsjahr 2007 – Drucksachen 16/9049, 16/9391 Nr. 1.2 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 19751 (A) (C) (B) (D) Auswärtiger Ausschuss Drucksache 16/9693 Nr. A.1 EuB-EP 1690; P6_TA-PROV(2008)0119 Drucksache 16/9693 Nr. A.2 EuB-EP 1703; P6_TA-PROV(2008)0173 Innenausschuss Drucksache 16/7817 Nr. A.22 Ratsdokument 15802/07 Drucksache 16/7905 Nr. A.4 Ratsdokument 16239/07 Drucksache 16/8983 Nr. A.3 Ratsdokument 7350/08 Drucksache 16/10286 Nr. A.9 Ratsdokument 11017/08 Drucksache 16/10286 Nr. A.10 Ratsdokument 11022/08 Drucksache 16/10286 Nr. A.11 Ratsdokument 11494/08 Finanzausschuss Drucksache 16/9693 Nr. A.4 Ratsdokument 9113/08 Drucksache 16/9693 Nr. A.5 Ratsdokument 9192/08 Drucksache 16/9693 Nr. A.6 Ratsdokument 9384/08 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 16/8815 Nr. A.18 Ratsdokument 7296/08 Drucksache 16/9693 Nr. A.9 Ratsdokument 9632/08 Drucksache 16/9867 Nr. A.3 Ratsdokument 10108/08 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 16/8983 Nr. A.16 Ratsdokument 7529/08 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 16/9169 Nr. A.14 Ratsdokument 8288/08 Drucksache 16/9169 Nr. A.15 Ratsdokument 8289/08 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 16/6865 Nr. 1.17 Ratsdokument 13236/07 184. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2008 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14 Anlage 15
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Jens Spahn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Zuerst einmal freue ich mich, dass Sie, Herr Kollege

    Spieth, unter den gegebenen Umständen den Beitrags-
    satz von 15,5 Prozent als richtigen Wert anerkennen. Das
    hat vorhin in der Diskussion der eine oder andere nicht
    getan.

    Zum Zweiten wissen Sie, dass wir bereits mit der letz-
    ten Gesundheitsreform festgeschrieben haben, dass die
    Steuermittel, die in das Gesundheitswesen fließen, lang-
    sam steigen, gerade um versicherungsfremde Leistungen
    zu finanzieren. Aber die Wahrheit ist natürlich – das sage
    ich auch angesichts der Debatte, die wir heute Morgen
    zur Finanzmarktsituation geführt haben –, dass das zu-
    sätzliche Steuergeld, das in das Gesundheitswesen flie-
    ßen soll, finanziert werden muss. Eines akzeptiere ich
    nicht, nämlich dass Sie fordern, es solle mehr Steuergeld
    in das Gesundheitssystem fließen, aber gleichzeitig Ihre
    Fraktion im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundes-
    tags für Krankenhauszuschüsse, für Zuschüsse für die
    Pharmaforschung und für Präventionsmaßnahmen, die Sie
    übrigens in einen Fonds packen wollen, 4 Milliarden Euro






    (A) (C)



    (B) (D)


    Jens Spahn
    zusätzlich beantragt – ich wiederhole die Zahl: 4 Milliar-
    den Euro zusätzlich –, ohne zu sagen – selbst auf dreima-
    liges Nachfragen von mir –, wie das finanziert werden
    soll.


    (Frank Spieth [DIE LINKE]: Steuerfinanziert!)


    Das macht einmal mehr deutlich: Das ist eine haushalts-
    politische Geisterfahrt, aber keine solide Finanzierung.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)




Rede von Katrin Dagmar Göring-Eckardt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt hat der Kollege Peter Friedrich für die SPD-

Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Peter Friedrich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Ich möchte in Erinnerung an die Debatte von heute Vor-
    mittag, als wir über die Frage des Parlamentseinflusses
    gestritten haben, sagen: Ich kann schon verstehen, dass
    viele Personen in den Selbstverwaltungsgremien der
    Kassen nicht froh darüber sind, dass sie nicht mehr sel-
    ber die Beitragssätze festsetzen dürfen und ihnen dieses
    Königsrecht genommen wird. Man kann nicht ernsthaft
    erwarten, dass sie darüber glücklich sind. Aber wenn wir
    erleben, dass es über den Beitragssatz und über die Aus-
    wahl des Gesündesten zu einem Wettbewerb kommt,
    dann ist es ein Akt von politischer Verantwortung, zu sa-
    gen: Wir lassen diesen Wettbewerb über den günstigsten
    Beitragssatz und über die gesündesten Versicherten nicht
    mehr zu.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Es ist eine schwere Aufgabe, die wir auf uns nehmen.
    Wir würden die Debatte hier in der Form vielleicht gar
    nicht führen, wenn wir nicht genau diese Verantwortung
    übernehmen würden, aber dies ist notwendig, um in dem
    Solidarsystem der gesetzlichen Krankenversicherung zu
    einer gerechten Form des Wettbewerbs zu kommen.
    Deswegen führen wir sie auch.


    (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Über den Einheitsbeitrag!)


    Mein zweiter Punkt: Frau Kollegin Widmann-Mauz,
    ich habe mich sehr über das Bekenntnis der CDU/CSU
    zum morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich
    gefreut. Wir haben diesen seit langem gefordert. Ich
    finde, es ist ein großer Erfolg, dass wir endlich hinbe-
    kommen, dass das Geld im Gesundheitswesen tatsäch-
    lich für die Behandlung von Krankheiten zur Verfügung
    gestellt wird und das Geld der Krankheit folgt. Auch da
    schaffen wir endlich faire Wettbewerbsbedingungen. In-
    sofern freuen wir uns, dass wir das gemeinsam hinbe-
    kommen haben. Wir hätten uns noch einiges mehr ge-
    wünscht; das weiß man. Vielleicht erreichen wir in
    Zukunft zusammen noch mehr. Es tut mir übrigens leid,
    dass ich kein ähnlich feuriges Bekenntnis zum Zusatz-
    beitrag ablegen kann. Ich halte das Instrument des Zu-
    satzbeitrags nach wie vor für sehr schwierig.

    (Beifall des Abg. Frank Spieth [DIE LINKE])


    Wir werden sehen, wie es sich auswirkt. Gleichwohl ha-
    ben wir beim morbiditätsorientierten Risikostrukturaus-
    gleich einen gemeinschaftlichen Erfolg erzielt.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Ich möchte an die Oppositionsparteien appellieren.
    Wenn wir die Anhörungen und die Beratungen dieser
    Woche zur Kenntnis genommen haben – wir waren ja
    alle miteinander da und haben zugehört –:


    (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Dann müssten wir alle auf den Fonds verzichten!)


    Es ist doch wirklich nicht zu glauben, dass Sprecher und
    Vorstandsmitglieder der Kassen in der Öffentlichkeit
    und in den Anhörungen sagen: „Wir wissen gar nichts;
    wir wissen nicht, wie viel Geld wir bekommen; wir wis-
    sen nicht, wie das alles funktionieren soll“, während ihre
    eigenen Mitarbeiter längst mit der Software und den
    ganzen Hinweisen an ihren Arbeitsplätzen sitzen und es
    berechnen können.


    (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das sind Modellannahmen! Das sind keine Berechnungen!)


    Sie wissen ganz genau, Herr Kollege Bahr – Sie ha-
    ben doch selber danach gefragt und eine Antwort be-
    kommen –: Seit dem 22. September liegt das komplette
    Modell vor. Am 15. November kommen die Zuwen-
    dungsbescheide. Mehr Planungssicherheit für die
    Krankenkassen gab es noch nie.


    (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Sie haben es nicht verstanden, Herr Kollege!)


    Stimmen Sie doch nicht in den Chor derer ein, die hier
    versuchen, Verunsicherung zu schüren! Die Kassen wis-
    sen ganz genau, wie viel Geld sie bekommen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


    Sie wissen es rechtzeitig, und sie können damit auch pla-
    nen. Was wir uns wünschen – daran müssen wir gemein-
    sam arbeiten –, ist, dass die Kassen die Instrumente, die
    wir ihnen gegeben haben, auch nutzen.

    Herr Schily, zum Thema Wettbewerb und zur Frage
    der Transparenz: Es ist doch wirklich ein starkes Stück,
    dass wir hier gesetzliche Details in Angriff nehmen müs-
    sen, um die Kassen dazu zu bringen, sich beim Vertrags-
    wettbewerb an ordentliche Ausschreibungsverfahren, an
    ordentliche Verfahren der Auftragsvergabe, der Vertrags-
    ermittlung zu halten. In einigen Kassen ist zwischenzeit-
    lich viel Fantasie entwickelt worden. Der Kollege Zöller
    hat in der letzten Debatte zu diesem Thema einmal be-
    schrieben, was alles angefordert wurde. Wir schaffen an
    dieser Stelle jetzt Wettbewerbsklarheit. Wettbewerb
    braucht klare Regeln. Was wir mit diesem Gesetz sicher-
    stellen, ist, dass die Kassen und die Leistungserbringer
    wissen, nach welchen Regeln Aufträge vergeben und
    Verträge geschlossen werden, sodass in diesem Bereich
    nicht mehr Wildwest herrscht.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Peter Friedrich
    Das gilt übrigens – ich muss sagen: leider auch – für
    die Frage des Übergangs für die Angestellten. Wir müs-
    sen noch einmal gesetzlich klarstellen, dass die Kassen
    verpflichtet sind, sich um ihre eigenen Mitarbeiter, die
    sie aufgrund der neuen Struktur nicht mehr brauchen, zu
    kümmern. Wir sollten ihnen dafür vier Jahre Zeit einräu-
    men. Ehrlich gesagt, halte ich das nicht für einen Beweis
    der Willigkeit der Krankenkassen, in diesem Bereich tat-
    sächlich für ihre eigenen Leute zu sorgen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Herr Spieth, Sie haben angesprochen, dass wir uns bei
    der Aufteilung der Verwaltungskosten etwas anderes
    gewünscht hätten. Da haben Sie recht. Aber Sie wissen
    doch genauso gut – ich bin von Ihren demokratischen
    Fähigkeiten überzeugt, Herr Kollege –, dass Demokratie
    kein Wunschkonzert ist. Es war für uns allemal wichti-
    ger, zustande zu bringen, dass die möglicherweise ent-
    stehenden Defizite nicht auf die Kinder und die Fami-
    lienangehörigen abgewälzt werden und dass die Kassen
    zum Schluss die Doofen sind, die die Familien und die
    Kinder versorgen. Deswegen war es uns an dieser Stelle
    wichtiger als an anderer Stelle, uns durchzusetzen. Wir
    hätten uns auch da mehr gewünscht. Wir werden
    schauen, wie es sich auswirkt. Eventuell kommen wir in
    nächster Zeit tatsächlich dazu, das zu korrigieren.

    Wenn ich mir aber anschaue, was die Kassen vom
    Aufwuchs bei den Verwaltungskosten her für sich selber
    schon veranschlagt haben, dann muss ich ganz ehrlich
    sagen: Ich hoffe sehr, dass dort die Zeichen der Zeit er-
    kannt sind, dass es in der Verwaltung auf Sparsamkeit
    ankommt und nicht auf einen weiteren Ausbau.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


    Insofern sind wichtige Grundlagen geschaffen worden.
    Zuletzt wurden einige Korrekturen vorgenommen, die
    notwendig waren.

    Wir bleiben dabei: Die Grundsatzfrage „Bürgerversi-
    cherung versus Kopfpauschale“ wird weiterhin Teil des
    Kampfes um politische Mehrheiten sein. Ich bin mir sehr
    sicher, dass wir da die besseren Argumente haben. Wir
    haben als Große Koalition an dieser Stelle Richtiges und
    Gutes getan.

    Danke.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)