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ID1618328300

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    Vokabeln: 1
    1. \n: 6
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/183 b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Festsetzung von Mindestar- beitsbedingungen (Drucksache 16/10485) . . . . . . . . . . . . . . . Olaf Scholz, Bundesminister BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Andreas Steppuhn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Ralf Brauksiepe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Werner Dreibus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . sicht schaffen, Energiesparen ermöglichen (Drucksache 16/10510) . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Renate Künast, Bärbel Höhn, Hans-Josef Fell, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Energiesparen für alle – Kosten senken, Klima schützen (Drucksache 16/10585) . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Gudrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19421 A 19421 B 19424 C 19424 D 19425 D 19427 A 19429 C 19430 C 19443 C 19443 C 19443 D 19445 C 19447 A Deutscher B Stenografisch 183. Sitz Berlin, Donnerstag, den I n h a l Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 18, 19, 32, 33 und 40 h . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . Tagesordnungspunkt 3: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über zwingende Arbeitsbedingun- gen für grenzüberschreitend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäf- tigte Arbeitnehmer und Arbeitnehme- rinnen (Arbeitnehmer-Entsendegesetz – AEntG) (Drucksache 16/10486) . . . . . . . . . . . . . . . A D M A P L T A B A E r 19419 A 19420 D 19420 D 19421 A Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19432 A undestag er Bericht ung 16. Oktober 2008 t : Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . ndrea Nahles (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . irk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ax Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . nette Kramme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . aul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . aurenz Meyer (Hamm) (CDU/CSU) . . . . . . agesordnungspunkt 4: ntrag der Abgeordneten Hans-Kurt Hill, Eva ulling-Schröter, Lutz Heilmann, weiterer bgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: nergiekosten sozial ausrichten – Sozialta- ife einführen, wirksame Strompreisauf- 19433 B 19435 A 19436 D 19438 C 19439 D 19440 D 19442 A Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . Garrelt Duin (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19448 C 19449 C II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 Gudrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franz Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Reinke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . Hans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Gudrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . Tagesordnungspunkt 39: a) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Au- tobahnmautgesetzes für schwere Nutz- fahrzeuge (Drucksache 16/10388) . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu den Abkommen vom 26. Mai 2006 zwischen der Regierung der Bun- desrepublik Deutschland und der Re- gierung der Sonderverwaltungsregion Hongkong der Volksrepublik China über die gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen und über die Überstellung flüchtiger Straftäter (Drucksache 16/10390) . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung ver- waltungsverfahrensrechtlicher Vor- schriften (4. VwVfÄndG) (Drucksache 16/10493) . . . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Vertrag vom 26. Februar 2008 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über den Bau und die Instandhaltung von Grenzbrücken in der Bundesrepu- blik Deutschland im Zuge von Schie- nenwegen des Bundes, in der Republik Polen im Zuge von Eisenbahnstrecken mit staatlicher Bedeutung (Drucksache 16/10533) . . . . . . . . . . . . . . . e f g h i j k l 19451 D 19452 C 19454 A 19455 B 19456 B 19458 B 19459 C 19460 A 19461 A 19461 B 19461 D 19463 B 19464 B 19465 B 19465 B 19465 C 19465 C ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Straßenverkehrs- gesetzes und zur Änderung des Gesetzes zur Änderung der Anlagen 1 und 3 des ATP-Übereinkommens (Drucksachen 16/10534, 16/10583) . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu den Änderungen vom 28. April und 5. Mai 2008 des Übereinkommens über den Internationalen Währungs- fonds (IWF) (Drucksache 16/10535) . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Umsetzung der Beteiligungs- richtlinie (Drucksache 16/10536) . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über den Zugang zu digitalen Geo- daten (Geodatenzugangsgesetz – GeoZG) (Drucksachen 16/10530, 16/10580) . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Patrick Meinhardt, Uwe Barth, Cornelia Pieper, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Potential von eLearning nut- zen – Schulen bei der Umsetzung unter- stützen (Drucksache 16/8904) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Dr. Kirsten Tackmann, Cornelia Hirsch, Volker Schneider (Saarbrücken) und der Fraktion DIE LINKE: Perspektiven für den wissenschaftlichen Mittelbau öff- nen – Karrierewege absichern – Gleich- stellung durchsetzen – Selbständigkeit fördern (Drucksache 16/10592) . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dr. Lothar Bisky, Dr. Petra Sitte, Cornelia Hirsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Finanzierung zur Bewah- rung des deutschen Filmerbes sicher- stellen (Drucksache 16/10509) . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe, Ulrike Höfken, Marieluise Beck (Bre- men), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Überschüssige Mittel aus EU-Agrar- haushalt für Bekämpfung der Hunger- krise nutzen (Drucksache 16/10591) . . . . . . . . . . . . . . 19465 C 19465 D 19465 D 19465 D 19466 A 19466 A 19466 B 19466 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 III Zusatztagesordnungspunkt 4: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Vier- ten Gesetzes zur Änderung des Straßen- verkehrsgesetzes (Drucksache 16/10175) . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Vier- ten Gesetzes zur Änderung des Weinge- setzes (Drucksache 16/10552) . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von den Abgeordneten Jerzy Montag, Volker Beck (Köln), Kai Gehring, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur … Änderung des Urheberrechtsge- setzes (Drucksache 16/10566) . . . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes (Drucksache 16/10569) . . . . . . . . . . . . . . . e) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Entlastung der Rechts- pflege (Drucksache 16/10570) . . . . . . . . . . . . . . . f) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Deutsches Historisches Museum“ (Drucksache 16/10571) . . . . . . . . . . . . . . . g) Erste Beratung des von den Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Straf- prozessordnung – Erweiterung des Be- schlagnahmeschutzes bei Abgeordneten (Drucksache 16/10572) . . . . . . . . . . . . . . . h) Antrag der Abgeordneten Renate Blank, Dirk Fischer (Hamburg), Dr. Klaus W. Lippold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abge- ordneten Annette Faße, Sören Bartol, Uwe Beckmeyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Infrastruktur und Marketing für den Wassertourismus in Deutschland verbessern (Drucksache 16/10593) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 40: a) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- b c d e f g i j 19466 C 19466 C 19466 C 19466 C 19466 D 19466 D 19467 A 19467 A ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Sta- bilisierungs- und Assoziierungsabkom- men zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitglied- staaten einerseits und der Republik Al- banien andererseits (Drucksachen 16/9395, 16/10354) . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vor- schriften über das Deutsche Rote Kreuz (Drucksachen 16/9396, 16/10433) . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Zusammenführung der Regelun- gen über befriedete Bezirke für Verfas- sungsorgane des Bundes (Drucksachen 16/9741, 16/10551) . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung der Vor- schriften des Internationalen Privat- rechts an die Verordnung (EG) Nr. 864/ 2007 (Drucksachen 16/9995, 16/10606) . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Meldungen über Marktordnungswaren (Drucksachen 16/10033, 16/10597) . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung des Übereinkommens vom 30. Oktober 2007 über die gerichtliche Zuständig- keit und die Anerkennung und Vollstre- ckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Drucksachen 16/10119, 16/10607) . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung ge- meinschaftlicher Vorschriften über das Verbot der Einfuhr, der Ausfuhr und des Inverkehrbringens von Katzen- und Hundefellen (Katzen- und Hundefell- Einfuhr-Verbotsgesetz – KHfEVerbG) (Drucksachen 16/10122, 16/10598) . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dreizehnten Gesetzes zur Ände- rung des Luftverkehrsgesetzes (Drucksachen 16/10297, 16/10573) . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung zu der Unterrichtung durch 19467 B 19467 C 19467 D 19468 B 19468 C 19468 D 19469 A 19469 B IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 die Bundesregierung: Geänderter Vor- schlag für eine Richtlinie des Europäi- schen Parlaments und des Rates über die Förderung sauberer und energie- effizienter Straßenfahrzeuge KOM (2007) 817 endg.; Ratsdok. 5113/08 (Drucksachen 16/8135 Nr. 2.52, 16/10273) k) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Fall des afghanischen Journalisten Perwiz Kambakhsh: Entschließung des Euro- päischen Parlaments vom 13. März 2008 zum Fall des afghanischen Journa- listen Perwiz Kambakhsh EuB-EP 1687; P6_TA-PROV(2008)0106 (Drucksachen 16/9169 A.13, 16/10395) . . l) – w) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 452, 453, 454, 455, 456, 457, 458, 459, 460, 461, 462 und 463 zu Petitionen (Drucksachen 16/10342, 16/10343, 16/10344, 16/10345, 16/10346, 16/10347, 16/10348, 16/10349, 16/10350, 16/10351, 16/10352, 16/10353) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Nationaler Bildungsbericht 2008 – Bil- dung in Deutschland und Stellung- nahme der Bundesregierung (Drucksache 16/10206) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Cornelia Hirsch, Dr. Petra Sitte, Bodo Ramelow, Volker Schneider (Saarbrücken) und der Fraktion DIE LINKE: Bildungsgipfel nutzen – Bes- sere Bildung für alle – Bildung als Ge- meinschaftsaufgabe von Bund und Län- dern (Drucksache 16/9808) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Uwe Barth, Ulrike Flach, Cornelia Pieper, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Solide Grundlage für Hochschulpakt – Beitrag zur systematischen Verbesse- rung der Hochschullehre (Drucksache 16/10327) . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Uwe Barth, Patrick Meinhardt, Ulrike Flach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Aufbau von privatem Bildungskapital fördern – Grundlage für Bildungsinves- titionen schaffen (Drucksache 16/10328) . . . . . . . . . . . . . . . e f g h i D D D C U C 19469 C 19469 D 19470 A 19471 B 19471 B 19471 C 19471 C ) Antrag der Abgeordneten Krista Sager, Kai Gehring, Priska Hinz (Herborn), wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die finan- ziellen Grundlagen für den Bildungs- aufbruch schaffen (Drucksache 16/10587) . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Priska Hinz (Herborn), Ekin Deligöz, Kai Gehring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bildungs- gipfel muss Ergebnisgipfel werden – Für ein gerechtes und besseres Bil- dungswesen (Drucksache 16/10586) . . . . . . . . . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Fünf- ten Vermögensbildungsgesetzes (Drucksachen 16/9560, 16/10604) . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zu dem An- trag der Abgeordneten Krista Sager, Kai Gehring, Priska Hinz (Herborn), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine starke Wissenschaftsinfrastruktur im gemein- samen Interesse von Bund und Ländern (Drucksachen 16/1643, 16/10560) . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Hirsch, Dr. Petra Sitte, Dr. Lukrezia Jochimsen, Volker Schneider (Saarbrücken) und der Frak- tion DIE LINKE: Studienfinanzie- rung ausbauen – Soziale Hürden ab- bauen – zu dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Priska Hinz (Herborn), Krista Sager, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Auswirkungen von Studienge- bühren evaluieren – Monitoringsys- tem umgehend aufbauen (Drucksachen 16/8741, 16/8749, 16/10584) . r. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . r. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ornelia Pieper (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . lla Burchardt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ornelia Hirsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 19471 C 19471 D 19471 D 19472 A 19472 A 19472 D 19474 B 19474 C 19474 D 19476 A 19478 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 V Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alexander Dobrindt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Cornelia Hirsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Uwe Barth (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . Volker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marcus Weinberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Ute Berg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: a) – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem An- trag der Bundesregierung: Fortset- zung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicher- heitsunterstützungstruppe in Afgha- nistan (International Security Assis- tance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Reso- lution 1386 (2001) und folgender Re- solutionen, zuletzt Resolution 1833 (2008) des Sicherheitsrates der Ver- einten Nationen (Drucksachen 16/10473, 16/10567) – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 16/10620) . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Ent- schließungsantrag der Abgeordneten Paul Schäfer (Köln), Monika Knoche, Hüseyin- Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Inter- nationalen Sicherheitsunterstützungs- truppe in Afghanistan (International Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolution 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Resolution 1833 (2008) des Sicherheitsrates der Verein- ten Nationen (Drucksachen 16/10473, 16/10479, 16/10568) Walter Kolbow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . . J H H M W R E H W H G W G G H N E T a b c d 19479 A 19480 D 19481 C 19482 D 19484 A 19485 B 19486 A 19487 D 19489 A 19491 A 19491 A 19491 B 19491 C 19492 D 19494 A 19495 B ürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eidemarie Wieczorek-Zeul, Bundes- ministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ellmut Königshaus (FDP) . . . . . . . . . . . . . . anfred Grund (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . olfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . ainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rnst-Reinhard Beck (Reutlingen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . enry Nitzsche (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . olfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . enry Nitzsche (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . ert Weisskirchen (Wiesloch) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . infried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ert Weisskirchen (Wiesloch) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ert Winkelmeier (fraktionslos) . . . . . . . . . . olger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . amentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . rgebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 7: ) Erste Beratung des von den Abgeordneten Winfried Hermann, Dr. Anton Hofreiter, Bettina Herlitzius, weiteren Abgeordne- ten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherstellung von Eisen- bahninfrastrukturqualität und Fern- verkehrsangebot (Drucksache 16/9797) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Si- cherstellung von Eisenbahninfrastruk- turqualität und Fernverkehrsangebot (Drucksache 16/9903) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Fritz Kuhn, Winfried Hermann, Dr. Anton Hofreiter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bahn- Börsengang angesichts der internatio- nalen Finanzkrise verschieben (Drucksache 16/10455) . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dorothée Menzner, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeordneter und der Frak- 19496 C 19498 C 19500 A 19501 C 19502 C 19503 D 19505 C 19506 C 19507 D 19508 A 19508 B 19509 B 19509 D 19510 A 19511 A 19512 A 19515 C 19512 C 19512 D 19512 D VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 tion DIE LINKE: Veräußerung von An- teilen an der Deutschen Bahn AG stop- pen (Drucksache 16/10525) . . . . . . . . . . . . . . . Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Enak Ferlemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uwe Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: a) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung (Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesetz) (Drucksache 16/10531) . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Thea Dückert, Margareta Wolf (Frank- furt), Kerstin Andreae, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Partnerschaftliche Unter- nehmenskultur stärken – Mitarbeiter- beteiligung fördern (Drucksachen 16/2653, 16/4599) . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Frank Schäffler, Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der FDP: Mitarbeiterbeteiligung – Ei- genverantwortliche Vorsorge stärken (Drucksache 16/9337) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Herbert Schui (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg-Otto Spiller (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . T A D r A M ( T E e B s ( i Z A K g D a ( P G B D H T A D A B z ( T E e Ä r w t ( B D 19513 A 19513 B 19517 A 19518 C 19519 C 19521 B 19522 B 19522 B 19522 C 19522 D 19523 C 19524 C 19525 B 19526 B 19527 B 19528 A agesordnungspunkt 9: ntrag der Abgeordneten Dirk Niebel, r. Heinrich L. Kolb, Jens Ackermann, weite- er Abgeordneter und der Fraktion der FDP: rbeitsmarktinstrumente auf effiziente aßnahmen konzentrieren Drucksache 16/9093) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 10: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur eschleunigung des Ausbaus der Höchst- pannungsnetze Drucksache 16/10491) . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 6: ntrag der Abgeordneten Hans-Josef Fell, erstin Andreae, Bärbel Höhn, weiterer Ab- eordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN: Stromnetze zukunftsfähig usbauen Drucksache 16/10590) . . . . . . . . . . . . . . . . . eter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . udrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . odo Ramelow (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . r. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . ans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 11: ntrag der Abgeordneten Dr. Herbert Schui, r. Barbara Höll, Werner Dreibus, weiterer bgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: undesverantwortung für den Steuervoll- ug wahrnehmen Drucksache 16/9479) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 12: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur nderung des Gesetzes über die Überfüh- ung der Anteilsrechte an der Volkswagen- erk Gesellschaft mit beschränkter Haf- ung in private Hand Drucksache 16/10389) . . . . . . . . . . . . . . . . . rigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . orothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . 19529 A 19529 B 19529 B 19529 C 19530 C 19531 B 19532 B 19533 D 19535 A 19535 A 19535 B 19536 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 VII Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) . . . . . . Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Garrelt Duin (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales – zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Kerstin Andreae, Birgitt Bender, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Ein- gliederungshilfe für Menschen mit Be- hinderungen weiterentwickeln – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Klaus Ernst, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gesetz zum Ausgleich be- hinderungsbedingter Nachteile vorle- gen (Nachteilsausgleichsgesetz – NAG) – zu dem Antrag der Abgeordneten Jörg Rohde, Dr. Heinrich L. Kolb, Jens Ackermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Wettbewerb in der Eingliederungshilfe stärken – Wahlfrei- heit und Selbstbestimmung der Men- schen mit Behinderung erhöhen (Drucksachen 16/7748, 16/3698, 16/9451, 16/10601) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis sowie zur Änderung weiterer Vorschriften (Drucksache 16/10489) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Antrag der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Hans-Michael Goldmann, Dr. Edmund Peter Geisen, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der FDP: Biotechnolo- gische Innovationen im Interesse von Ver- brauchern und Landwirten weltweit nutzen – Biotechnologie ein Instrument zur Bekämpfung von Armut und Hunger in den Entwicklungsländern (Drucksache 16/6714) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über g ( ( T A K o n u ( K H K M T E e z z ( T B s s C D ü u h ( T E e E ( T a 19537 A 19538 D 19539 D 19540 C 19541 B 19541 C enetische Untersuchungen bei Menschen Gendiagnostikgesetz – GenDG) Drucksachen 16/10532, 16/10582) . . . . . . . . agesordnungspunkt 17: ntrag der Abgeordneten Katja Kipping, laus Ernst, Dr. Lothar Bisky, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion DIE LINKE: Woh- ungslosigkeit vermeiden – Wohnungslose nterstützen – SGB II überarbeiten Drucksache 16/9487) . . . . . . . . . . . . . . . . . . arl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . einz-Peter Haustein (FDP) . . . . . . . . . . . . . atja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . arkus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 20: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Zweiten Geset- es zur Änderung des Vierten Buches So- ialgesetzbuch und anderer Gesetze Drucksache 16/10488) . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 21: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für die Angelegenheiten der Europäi- chen Union zu dem Antrag der Fraktionen DU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN: EU-Übersetzungsstrategie berarbeiten – Nationalen Parlamenten die mfassende Mitwirkung in EU-Angelegen- eiten ermöglichen Drucksachen 16/9596, 16/10556) . . . . . . . . . agesordnungspunkt 22: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur inführung Unterstützter Beschäftigung Drucksache 16/10487) . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 23: ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung von Vor- schriften auf dem Gebiet des ökologi- schen Landbaus an die Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates vom 28. Juni 2007 über die ökologische/bio- logische Produktion und die Kennzeich- nung von ökologischen/biologischen Er- 19541 D 19542 A 19542 A 19543 A 19544 A 19545 C 19546 C 19546 D 19547 B VIII Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 zeugnissen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 (Drucksachen 16/10174, 16/10595) . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz zu dem An- trag der Abgeordneten Cornelia Behm, Ulrike Höfken, Nicole Maisch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Forschung für den ökologischen Landbau ausbauen (Drucksachen 16/9345, 16/10603) . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Geset- zes zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft (Drittes Mittelstandsentlas- tungsgesetz) (Drucksache 16/10490) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Garrelt Duin (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul K. Friedhoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Verfahren des elektronischen Entgelt- nachweises (ELENA-Verfahrensgesetz) (Drucksache 16/10492) . . . . . . . . . . . . . . . . . Kai Wegner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Doris Barnett (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Flach (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/ CSU und der SPD: Menschenrechte in der ASEAN-Staatengemeinschaft stärken (Drucksachen 16/7490, 16/10561) . . . . . . . . . Holger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Florian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . V T – – K M H P W T B s V o C u A B o v L ( J G D K C T B s t 19547 B 19547 C 19548 A 19548 B 19549 A 19550 A 19551 A 19551 D 19552 D 19553 A 19553 D 19555 A 19555 C 19556 D 19557 A 19558 A 19559 A olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 27: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ver- trag vom 3. März 2008 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Zentralrat der Juden in Deutschland – Körperschaft des öffentlichen Rechts – zur Änderung des Vertrages vom 27. Januar 2003 zwischen der Bundes- republik Deutschland und dem Zentral- rat der Juden in Deutschland – Körper- schaft des öffentlichen Rechts – (Drucksachen 16/10296, 16/10594) . . . . . Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 16/10621) . . . . . . . . . . . . . . ristina Köhler (Wiesbaden) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aik Reichel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . etra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 28: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Ernährung, Landwirtschaft und erbraucherschutz zu dem Antrag der Abge- rdneten Peter Bleser, Julia Klöckner, Uda armen Freia Heller, weiterer Abgeordneter nd der Fraktion der CDU/CSU sowie der bgeordneten Gustav Herzog, Volker lumentritt, Dr. Gerhard Botz, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion der SPD: Schutz or Pflanzenschutzmittelrückständen in ebensmitteln verstärken Drucksachen 16/6958, 16/8136) . . . . . . . . . . ulia Klöckner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . ustav Herzog (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . arin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . ornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 29: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Umwelt, Naturschutz und Reak- orsicherheit 19559 D 19560 D 19561 A 19562 A 19563 A 19564 A 19564 B 19564 D 19565 A 19566 D 19567 C 19568 C 19569 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 IX – zu der Verordnung der Bundesregierung: Verordnung zur Vereinfachung des De- ponierechts – zu dem Antrag der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Grenzwerte bei Müllverbrennungsanla- gen dem technischen Fortschritt anpas- sen und deutlich absenken (Drucksachen 16/10330, 16/10398 Nr. 2, 16/5775, 16/10602) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 30: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Staatsangehörig- keitsgesetzes (Drucksache 16/10528) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Wolfgang Nešković, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Für die Abschaf- fung der Optionspflicht im Staatsange- hörigkeitsgesetz (Drucksache 16/9165) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Ulla Jelpke, Dr. Hakki Keskin, Petra Pau und der Fraktion DIE LINKE: Klare Grenzen für die Rücknahme und den Verlust der deutschen Staatsange- hörigkeit ziehen (Drucksache 16/9654) . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Bürsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 31: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Veröffentlichung von Infor- mationen über die Zahlung von Mitteln aus den Europäischen Fonds für Landwirt- schaft und Fischerei (Agrar- und Fischerei- fonds-Informationen-Gesetz – AFIG) (Drucksachen 16/10299, 16/10596) . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A L A E A z z S l n F G f 1 t M V K D W B D D M J U M K A N O M W M A E K F D z 19570 C 19571 A 19571 A 19571 A 19571 B 19572 B 19573 B 19574 C 19576 A 19577 A 19577 C nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 rklärung nach § 31 GO zur namentlichen bstimmung über die Beschlussempfehlung u dem Antrag der Bundesregierung: Fortset- ung der Beteiligung bewaffneter deutscher treitkräfte an dem Einsatz der Internationa- en Sicherheitsunterstützungstruppe in Afgha- istan (International Security Assistance orce, ISAF) unter Führung der NATO auf rundlage der Resolution 1386 (2001) und olgender Resolutionen, zuletzt Resolution 833 (2008) des Sicherheitsrates der Verein- en Nationen (Tagesordnungspunkt 6 a) arieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eronika Bellmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . laus Uwe Benneter (SPD) . . . . . . . . . . . . . . r. Axel Berg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Peter Jahr (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . anfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . ürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . te Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arkus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . atharina Landgraf (CDU/CSU) . . . . . . . . . nna Lührmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . icole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . mid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . olfgang Spanier (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . arco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . nlage 3 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten erstin Andreae, Cornelia Behm, Hans-Josef ell, Priska Hinz (Herborn) und Dr. Thea ückert (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ur namentlichen Abstimmung über die Be- 19579 A 19579 D 19580 D 19581 A 19581 B 19582 A 19582 C 19582 D 19583 C 19583 D 19584 A 19584 B 19584 D 19585 C 19585 D 19586 C 19587 C 19588 C 19588 D 19589 B X Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 schlussempfehlung zu dem Antrag der Bun- desregierung: Fortsetzung der Beteiligung be- waffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheitsunter- stützungstruppe in Afghanistan (International Security Assistance Force, ISAF) unter Füh- rung der NATO auf Grundlage der Resolution 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zu- letzt Resolution 1833 (2008) des Sicherheits- rates der Vereinten Nationen (Tagesordnungs- punkt 6 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ekin Deligöz, Jerzy Montag, Elisabeth Scharfenberg und Christine Scheel (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentli- chen Abstimmung über die Beschlussempfeh- lung zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut- scher Streitkräfte an dem Einsatz der Interna- tionalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (International Security Assis- tance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolution 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Resolu- tion 1833 (2008) des Sicherheitsrates der Ver- einten Nationen (Tagesordnungspunkt 6 a) . . Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Monika Lazar, Winfried Hermann, Hans-Christian Ströbele, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Irmingard Schewe-Gerigk, Dr. Harald Terpe und Peter Hettlich (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über die Be- schlussempfehlung zu dem Antrag der Bun- desregierung: Fortsetzung der Beteiligung be- waffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheitsunter- stützungstruppe in Afghanistan (International Security Assistance Force, ISAF) unter Füh- rung der NATO auf Grundlage der Resolution 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zu- letzt Resolution 1833 (2008) des Sicherheits- rates der Vereinten Nationen (Tagesordnungs- punkt 6 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Claudia Roth (Augs- burg), Kerstin Müller (Köln), Bärbel Höhn, Britta Haßelmann, Kai Gehring, Thilo Hoppe, Rainder Steenblock, Katrin Göring-Eckardt, Wolfgang Wieland, Volker Beck (Köln) und U N B B g d u t F l n c ( A Z d f o G D K B A Z – – ( n M E A Z d S p A L D D C 19589 D 19590 D 19591 C lrike Höfken (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN) zur namentlichen Abstimmung über die eschlussempfehlung zu dem Antrag der undesregierung: Fortsetzung der Beteili- ung bewaffneter deutscher Streitkräfte an em Einsatz der Internationalen Sicherheits- nterstützungstruppe in Afghanistan (Interna- ional Security Assistance Force, ISAF) unter ührung der NATO auf Grundlage der Reso- ution 1386 (2001) und folgender Resolutio- en, zuletzt Resolution 1833 (2008) des Si- herheitsrates der Vereinten Nationen Tagesordnungspunkt 6 a) . . . . . . . . . . . . . . . nlage 7 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Arbeitsmarktinstrumente auf ef- iziente Maßnahmen konzentrieren (Tages- rdnungspunkt 9) abriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . . . irk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ornelia Möller (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . rigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 8 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Beschleuni- gung des Ausbaus der Höchstspannungs- netze Antrag: Stromnetze zukunftsfähig aus- bauen Tagesordnungspunkt 10 und Zusatztagesord- ungspunkt 6) arko Mühlstein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . ngelbert Wistuba (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 9 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Bundesverantwortung für den teuervollzug wahrnehmen (Tagesordnungs- unkt 11) ntje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . ydia Westrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . r. Herbert Schui (DIE LINKE) . . . . . . . . . . hristine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19592 B 19593 D 19594 D 19596 B 19597 A 19597 D 19598 B 19599 C 19601 C 19602 D 19603 C 19604 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 XI Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Überführung der Anteils- rechte an der Volkswagenwerk Gesellschaft mit beschränkter Haftung in private Hand (Tagesordnungspunkt 12) Paul K. Friedhoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung zu den Anträgen: – Die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen weiterentwickeln – Gesetz zum Ausgleich behinderungsbe- dingter Nachteile vorlegen (Nachteilsaus- gleichsgesetz – NAG) – Wettbewerb in der Eingliederungshilfe stärken – Wahlfreiheit und Selbstbestim- mung der Menschen mit Behinderung er- höhen (Tagesordnungspunkt 13) Hubert Hüppe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD) . . . . . . . . . . . Heinz-Peter Haustein (FDP) . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Personal- ausweise und den elektronischen Identitäts- nachweis sowie zur Änderung weiterer Vor- schriften (Tagesordnungspunkt 14) Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Frank Hofmann (Volkach) (SPD) . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Biotechnologische Innovationen im Interesse von Verbrauchern und Landwir- ten weltweit nutzen – Biotechnologie ein In- strument zur Bekämpfung von Armut und Hunger in den Entwicklungsländern (Tages- ordnungspunkt 15) J E D D H U A Z d U t H D H M B R A Z d Ä b p P A D W B F A Z d E t k ( H M M 19604 C 19605 D 19607 A 19608 D 19610 A 19611 C 19612 D 19613 D 19614 C 19615 C 19616 D ohannes Röring (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . lvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . . r. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . üseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE) . . . . . . . lrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 14 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes über genetische ntersuchungen bei Menschen (Gendiagnos- ikgesetz – GenDG) (Tagesordnungspunkt 16) ubert Hüppe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . r. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . einz Lanfermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . onika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . irgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olf Schwanitz, Parl. Staatssekretär BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 15 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur nderung des Vierten Buches Sozialgesetz- uch und anderer Gesetze (Tagesordnungs- unkt 20) eter Rauen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . ndreas Steppuhn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . erner Dreibus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . rigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ranz Thönnes, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 16 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Beschlussempfehlung und des Berichts: U-Übersetzungsstrategie überarbeiten – Na- ionalen Parlamenten die umfassende Mitwir- ung in EU-Angelegenheiten ermöglichen Tagesordnungspunkt 21) ans Peter Thul (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . ichael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . ichael Link (Heilbronn) (FDP) . . . . . . . . . . 19617 D 19618 D 19619 B 19620 B 19621 B 19622 A 19623 B 19624 C 19625 C 19626 D 19628 A 19628 D 19629 B 19630 D 19632 B 19633 B 19634 A 19634 D 19635 A 19636 D 19637 D XII Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 17 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung Unterstützter Beschäftigung (Tagesordnungs- punkt 22) Hubert Hüppe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Jörg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 18 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung von Vorschriften auf dem Gebiet des öko- logischen Landbaus an die Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates vom 28. Juni 2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 – Beschlussempfehlung und Bericht: For- schung für den ökologischen Landbau ausbauen (Tagesordnungspunkt 23 a und b) Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Gustav Herzog (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 19 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: – zu der Verordnung der Bundesregierung: Verordnung zur Vereinfachung des De- ponierechts – zu dem Antrag: Grenzwerte bei Müllver- brennungsanlagen dem technischen Fort- schritt anpassen und deutlich absenken (Tagesordnungspunkt 29) M G H E S A Z d c v L s ( M W H D U A M P K n w i t K v T m A H ( A M E H r f z Z A H ( 19638 C 19639 A 19639 D 19640 D 19641 B 19642 D 19643 D 19644 C 19645 B 19645 D 19646 A 19647 A ichael Brand (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . erd Bollmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . orst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . va Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . ylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 20 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zur Veröffentli- hung von Informationen über die Zahlung on Mitteln aus den Europäischen Fonds für andwirtschaft und Fischerei (Agrar- und Fi- chereifonds-Informationen-Gesetz – AFIG) Tagesordnungspunkt 31) arlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . altraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . . ans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . r. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . lrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 21 ündliche Frage 42 etra Pau (DIE LINKE) enntnis der Bundesregierung über die Maß- ahmen der Deutschen Telekom AG zur Ge- ährleistung des Schutzes der Privatsphäre hrer Kunden nach der Entwendung der Da- ensätze von über 17 Millionen T-Mobile- unden sowie Bewertung der Sicherheit der on der Deutschen Telekom im Rahmen der elekommunikationsüberwachungsmaßnah- en gesammelten Daten ntwort artmut Schauerte, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182. Sitzung, Tagesordnungspunkt 2) nlage 22 ündliche Frage 45 lke Reinke (DIE LINKE) altung und Maßnahmen der Bundesregie- ung zur Durchsetzung eines Stromsozialtarifs ür Haushalte mit geringem Einkommen und ur Einführung einer Strompreisaufsicht mit uständigkeit bei den Ländern ntwort artmut Schauerte, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182. Sitzung, Tagesordnungspunkt 2) 19647 D 19648 B 19649 C 19650 A 19650 D 19651 D 19652 C 19653 B 19653 D 19654 C 19655 B 19655 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19419 (A) ) (B) ) 183. Sitz Berlin, Donnerstag, den Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19579 (A) ) (B) ) Präsenz der internationalen Staatengemeinschaft wärenAndreas Ich stimme mit Ja, denn wir haben eine Verpflichtung insbesondere gegenüber jenen Afghaninnen und Afgha- nen einzulösen, die sich entschieden haben, sich am Auf- bau des Landes zu beteiligen. Ohne die militärische Schily, Otto SPD 16.10.2008 Schmidt (Mülheim), CDU/CSU 16.10.2008 Anlage 1 Liste der entschuldigt * ** A G p s L n o d n Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Albach, Peter CDU/CSU 16.10.2008 Dr. Bergner, Christoph CDU/CSU 16.10.2008 Bodewig, Kurt SPD 16.10.2008** Dr. Däubler-Gmelin, Herta SPD 16.10.2008 Friedrich (Bayreuth), Horst FDP 16.10.2008 Gloser, Günter SPD 16.10.2008 Gruß, Miriam FDP 16.10.2008 Gunkel, Wolfgang SPD 16.10.2008 Hänsel, Heike DIE LINKE 16.10.2008 Heller, Uda Carmen Freia CDU/CSU 16.10.2008 Hempelmann, Rolf SPD 16.10.2008 Höfer, Gerd SPD 16.10.2008* Dr. Keskin, Hakki DIE LINKE 16.10.2008* Leutheusser- Schnarrenberger, Sabine FDP 16.10.2008 Lintner, Eduard CDU/CSU 16.10.2008* Mast, Katja SPD 16.10.2008 Parr, Detlef FDP 16.10.2008 Reichel, Maik SPD 16.10.2008 Rohde, Jörg FDP 16.10.2008 Roth (Heringen), Michael SPD 16.10.2008 Dr. Scheer, Hermann SPD 16.10.2008 S D S S D Z A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO nlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über die Be- schlussempfehlung zu dem Antrag der Bundes- regierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaff- neter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheitsunterstützungs- truppe in Afghanistan (International Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolution 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Re- solution 1833 (2008) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN): Ich stimme mit Ja, weil sich 40 Staaten ver- flichtet haben, im Rahmen eines völkerrechtlich abge- icherten Mandats dem durch 30 Jahre Krieg zerstörten and beim Wiederaufbau zu helfen. Diese Aufgabe ist och nicht abgeschlossen. Ich stimme mit Ja, weil ein ziviler Aufbau des Landes hne Schutz durch Polizei und Militär unmöglich ist und ie afghanische Regierung die öffentliche Sicherheit och nicht mit eigenen Kräften gewährleisten kann. eehofer, Horst CDU/CSU 16.10.2008 r. Stadler, Max FDP 16.10.2008 taffelt, Grietje BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16.10.2008 töckel, Rolf SPD 16.10.2008 r. Wodarg, Wolfgang SPD 16.10.2008* eil, Martin FDP 16.10.2008 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 19580 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) diese Menschen großen Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt. Ich stimme mit ja, weil das Versprechen „Wir lassen euch nicht irn Stich“ auch in Zeiten von Rückschlägen ohne jeden Zweifel gelten muss. Ich stimme mit Ja, weil jede Frau, die ihre Burka ab- gelegt hat und in den Schulen unterrichtet, jede Frau, die wieder im Gesundheitswesen arbeitet, jede Frau, die wieder als Richterin oder Krankenschwester den Men- schen beiseitesteht, bei einer Rückkehr der Taliban von diesen als Kollaborateurin behandelt und brutalen Stra- fen ausgesetzt würde. Ich stimme mit Ja, weil, wie von Mitgliedern des Bundestags berichtet wird, vielen Frauen die nackte Angst in den Augen steht, wenn sie an eine mögliche Rückkehr der Taliban an die Macht denken. Ich stimme mit Ja, weil nach meiner Überzeugung die schwierige Aufbauarbeit von zivilen Initiativen und die humanitäre Hilfe für die Bevölkerung ohne den Schutz von ISAF undenkbar ist und weil sich selbst Menschen- rechtsorganisationen wie Human Rights Watch für eine Zustimmung für das Mandat aussprechen. Ich stimme mit Ja, weil der Weg, den dieses geschun- dene Land und seine Menschen vor sich haben, um nach Jahren der Unterdrückung, nach Schulverboten, Zerstö- rung der Universitäten und brutaler Gewalt gegen An- dersdenkende demokratische Institutionen aufzubauen und die Menschenwürde zu sichern, Zeit und einen lan- gen Atem braucht. Ich stimme mit Ja, weil auch Deutschland seinen Teil zu einer Mission beisteuern muss, die mit Gefahren für die beteiligten Soldaten aller Länder verbunden ist. Die Afghanistan-Mission kann nur als abgestimmte interna- tionale Anstrengung erfolgreich sein, die eine faire Tei- lung der Lasten erfordert. Ein einseitiger Rückzug der Bundesrepublik würde sowohl die afghanische Bevölke- rung wie den Zusammenhalt der internationalen Ge- meinschaft gefährden. Ich stimme mit Ja, weil die Taliban alles daransetzen, die Bevölkerungen der westlichen Demokratien so zu verunsichern, dass ihre Regierungen letztlich keine Sol- daten mehr zu schicken bereit sind. Ein Abrücken von relevanten Teilen des Bundestags vom ISAF-Mandat könnte von den Taliban als erster Erfolg dieser Verunsi- cherungsstrategie benutzt werden und ihnen die Bot- schaft in die Hände spielen, dass der Abzug von ISAF demnächst kommen werde. Ich stimme mit Ja, obwohl ich mir bewusst bin, dass in Afghanistan viele politische und militärische Fehler gemacht worden sind und weiter gemacht werden, die den Erfolg dieses Einsatzes gefährden. So halte ich die Luftangriffe, die von der amerikanischen Armee im Rahmen des OEF-Mandats durchgeführt werden und im- mer wieder Zivilisten das Leben kosten, für verheerend angesichts der Notwendigkeit, die Unterstützung der afghanischen Bevölkerung im Kampf gegen den Terro- rismus zu gewinnen. Stattdessen brauchen wir ein ein- heitliches Mandat der internationalen Friedenstruppen, v n S g d z s b d s M m s A s d g b s „ s w e a s z s k u d i d S u d F s w z n a d d d s t w n O z u (C (D erstärkte Anstrengungen bei der Ausbildung der afgha- ischen Sicherheitskräfte und eine besser koordinierte trategie für den zivilen Aufbau. Ich stimme trotz dieser Kritik an der bisherigen Af- hanistan-Strategie mit Ja, weil ein vorzeitiger Rückzug er internationalen Truppen nicht weniger, sondern mehr ivile Opfer zur Folge haben würde. Wie viele Frauen ind unter der Herrschaft der Taliban allein bei der Ge- urt ihrer Kinder gestorben, weil es keine Möglichkeit es Kaiserschnitts, keine Antibiotika, ja nicht einmal auberes Wasser gab. Der Terror, der heute wieder gegen enschen ausgeübt wird, die sich der Zusammenarbeit it den Taliban verweigern, zeigt, was auf dem Spiel teht. Ich stimme mit Ja, weil das Ziel, die Sicherheit fghanistans durch die legitimen staatlichen Strukturen elbst zu gewährleisten, durch einen vorzeitigen Abzug er ISAF-Truppen nicht gefördert, sondern unmöglich emacht wird. Ich stimme mit Ja, weil ich der tiefen Überzeugung in, dass wir im 21. Jahrhundert nicht mehr in national- taatlichen Grenzen denken dürfen. Es gibt eine Responsibility to Protect“, eine Verpflichtung zum Bei- tand für Menschen, die verfolgt, vertrieben und gequält erden, die nicht an den Grenzen des eigenen Landes ndet. Das wird nicht immer und überall möglich sein – ber wo es möglich ist, müssen wir uns dieser men- chenrechtlichen Verpflichtung stellen. Veronika Bellmann (CDU/CSU): Zunächst ist fest- ustellen, dass ich nur unter großem Vorbehalt der Fort- etzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streit- räfte in Afghanistan (ISAF) zustimme. Die Aussage „Keine Entwicklung ohne Sicherheit nd keine Sicherheit ohne Entwicklung“ beschreibt die erzeitige Situation in Afghanistan nur grundsätzlich, ch sehe durchaus die Fortschritte, insbesondere im Nor- en des Landes, hinsichtlich der Entwicklung stabiler trukturen in den Bereichen Bildungs-, Gesundheits- nd Gleichstellungspolitik. Ebenso sehe ich aber auch, ass bezüglich der eigenen Sicherheitsstrukturen keine ortschritte in der Stabilität erreicht wurden, eher Rück- chritte zu verzeichnen sind. Der Terrorismus und der Partisanenkampf der Taliban eiten sich aus. Gleiches gilt für den Abbau der Balance wischen verschiedenen Volksgruppen und den Paschtu- en in dem Vielvölkerstaat Afghanistan. Der Drogen- nbau wird weiter expansiv betrieben und kann durch ie Preispolitik der westlichen Welt auf dem Agrarmarkt urchaus als „bewaffnete Marktpflege“ bezeichnet wer- en. Ferner kritisiere ich in diesem Zusammenhang die ehr offensichtliche vorrangige geostrategische Ausrich- ung Amerikas, die die Gefahr einer Ausdehnung des be- affneten Kampfes und das Abdriften in einen Regio- alkrieg mit der Atommacht Pakistan befürchten lässt. Dem ist nur mit einer Unterstellung der Anti-Terror- peration Enduring Freedom (OEF) unter UN-Mandat u begegnen, die die Nachbarstaaten China, Pakistan nd Indien in eine Lösungssuche einbindet. Deshalb ist Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19581 (A) ) (B) ) das ISAF-Mandat mit dem OEF-Mandat verbunden zu betrachten. Zur gemeinsamen Lösung des Konfliktes gehört für mich eine stärkere Ausrichtung der „Hilfe zur Selbst- hilfe“ beim Aufbau eigener afghanischer Sicherheits- strukturen, weg von der hauptsächlich militärischen hin zu einer stärkeren humanitären Ausrichtung. Insofern ist ein Konzept für ein baldiges Ausstiegsszenario, ver- gleichbar mit dem der Briten, Kanadier oder Niederlän- der, dringend erforderlich. Dass die politische Diskus- sion darüber nunmehr in Gang gekommen ist, begrüße ich sehr. Nur unter der Bedingung, dass eine solche stringen- tere Konzeption über den Aufbau eigener nationaler Si- cherheitsstrukturen in Afghanistan, mit dem Ziel des baldigen Abzugs ausländischer Streitkräfte, vorangetrie- ben wird, stimme ich der Fortsetzung des Einsatzes letzt- malig zu. Klaus Uwe Benneter (SPD): Ich habe heute noch- mals mit großen Bedenken dem ISAF-Antrag der Bun- desregierung zugestimmt, weil ich davon überzeugt bin, dass ein abrupter Abzug der Bundeswehr aus Afghanis- tan wegen unserer Zusagen an die afghanische Bevölke- rung und ihre Regierung und gegenüber den Menschen in Afghanistan nicht zu verantworten ist. Bevor ich allerdings einer weiteren Verlängerung des ISAF-Mandats in Afghanistan künftig zustimmen werde, erwarte ich, dass die Bundesregierung sich dafür einsetzt, ISAF einer UN-Führung zu unterstellen, alle militärischen Operationen im Rahmen des ISAF-Man- dats strikt an völkerrechtlichen Normen auszurichten und dem Schutz der Zivilbevölkerung absoluten Vorrang einzuräumen. Ich erwarte zudem, das Volumen der Not- und Entwicklungshilfe für Afghanistan deutlich und im Verhältnis zu den Militärausgaben zu erhöhen und insbe- sondere die Anstrengungen zum Aufbau der afghani- schen Armee, afghanischen Polizei und insbesondere auch der afghanischen Justiz massiv auszuweiten. Letzt- lich erwarte ich von der Bundesregierung bis zu einer nächsten Verlängerung eines ISAF-Mandats für Afgha- nistan die Entwicklung einer realistischen Exit-Strategie für diese militärische Intervention, wobei ich davon aus- gehe, dass unsere militärische Hilfe und militärische Un- terstützung beim zivilen Wiederaufbau Afghanistans al- lerspätestens im Jahre 2015 zu beenden ist bzw. beendet ist. Dr. Axel Berg (SPD): Die Entscheidung, die Entsen- dung von RECCE-Tornados in die Mandatsverlängerung der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe (ISAF) zu integrieren, bringt mich nicht nur in ein Di- lemma, wie ich es bereits in meiner Erklärung nach § 31 GO Deutscher Bundestag vom 12. Oktober 2008 ge- schildert habe, sondern macht es mir leider auch unmög- lich, dem vorliegenden Antrag der Bundesregierung heute zuzustimmen. Den Einsatz von ISAF halte ich zum jetzigen Zeit- punkt zwar nach wie vor für wichtig und richtig. Die ISAF soll eine friedliche, politische Entwicklung Afgha- n b g d D n t g d T z § a g g r B A i g E 9 t E s g E m b g a h d m A i d n s d E t U k a w F s s l v (C (D istans gewährleisten und die Regierung Afghanistans ei ihrer Aufgabe, für Sicherheit, Recht und Ordnung im anzen Land zu sorgen, unterstützen. Auch beim Wie- eraufbau Afghanistans hat ISAF Erfolge vorzuweisen. ies bestätigen selbst namhafte Entwicklungshilfeorga- isationen, die vor Ort den zivilen Wiederaufbau voran- reiben. Dabei ist es aber entscheidend, dass ISAF klar abge- renzt werden kann von der Operation Enduring Free- om (OEF), die die Bekämpfung des internationalen errorismus zum Ziel hat und die ich auch weiterhin aus ahlreichen Gründen – wie in meiner Erklärung nach 31 GO Deutscher Bundestag vom 15. November 2007 usführlich dargelegt – ausdrücklich ablehne. Diese Ab- renzung ist aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr ge- eben. Die Entsendung von RECCE-Tornados habe ich be- eits vor der ersten Abstimmung darüber im Deutschen undestag für falsch und gefährlich gehalten und dem ntrag der Bundesregierung dementsprechend bereits m März 2007 meine Stimme verweigert. Meine damals eäußerten Befürchtungen, die ich ausführlich in meiner rklärung nach § 31 GO Deutscher Bundestag vom . März 2007 dargelegt habe, haben sich meines Erach- ens leider alle bestätigt. So hat der Einsatz der Tornados dazu geführt, dass die insatzbedingungen – insbesondere hinsichtlich der Zu- ammenarbeit zwischen ISAF und OEF – immer weni- er zu trennen sind und die Trennung der beiden insätze auch der Bevölkerung immer weniger zu ver- itteln ist. Zusätzlich sehe ich auch meine Zweifel an der Pro- lematik des Nutzens der Tornados im Sinne ihrer Auf- abenbestimmung bei weitem nicht ausgeräumt, denn uch die präzisere Aufklärung durch Tornados kann das ohe Risiko ziviler Opfer offensichtlich nicht entschei- end reduzieren. Der Einsatz deutscher Tornados ist für ich damit kein Beitrag zur Stabilisierung der Lage in fghanistan. Die Tornado-Entsendung hat Afghanistan nsgesamt nicht sicherer gemacht, sondern eher weiter estabilisiert. Durch die unklare Trennung von ISAF und OEF ist icht nur die Arbeit von ISAF gefährdet, sondern insbe- ondere auch der zivile Wiederaufbau, der der entschei- ende Schlüssel für Frieden in Afghanistan ist. Hier teile ich ausdrücklich die Meinung vom Verband ntwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisa- ionen e. V. (VENRO), dass die internationale Hilfe und nterstützung bei der Friedenssicherung nur gelingen ann, wenn parallel zum Staatsaufbau („state building“) uch der zivilgesellschaftiiche Aufbau vorangetrieben ird. Aus diesen Gründen unterstütze ich ausdrücklich die orderung, dass eine Abkehr vom Primat des Militäri- chen hin zu einer weiteren Stärkung der Zivilgesell- chaft und einer konsequenten Fortsetzung der sinnvol- en Wiederaufbauhilfe sich auch in der Bereitstellung on Finanzmitteln widerspiegeln muss. Dies ist aber 19582 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) meines Erachtens nach bisher nicht ausreichend gesche- hen. Deshalb sind für mich persönlich die Konsequenzen: Deutschland sollte unverzüglich aus OEF aussteigen und sich ernsthaft und massiv auf internationaler Ebene dafür einsetzen, OEF endlich zu beenden. Der Tornado-Ein- satz sollte unverzüglich beendet werden. Die finanziel- len Mittel für den zivilen Wiederaufbau müssen signifi- kant erhöht werden. Nur, wenn diese Forderungen umgesetzt werden, kann ISAF ihr Mandat wirklich effektiv ausfüllen. So- lange dies aber nicht geschieht, kann ich dem vorliegen- den Antrag nicht zustimmen, da er in dieser Form mei- nes Erachtens nicht für mehr Sicherheit in Afghanistan sorgen kann. Ich sehe die Arbeit der ISAF durch den vorliegenden Antrag eher gefährdet, da er durch den Einsatz der Tor- nados die unzureichende Abgrenzung von ISAF und OEF noch verstärkt und somit den zivilen Wiederaufbau – den ISAF nicht nur durch den Schutz der Bevölkerung, sondern auch der in Afghanistan tätigen Organisationen unterstützen soll – ernsthaft gefährdet. Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Ich stimme dem Antrag nicht zu, da ich ihn verfassungs- rechtlich für fragwürdig, ethisch für nicht gerechtfertigt und politisch für falsch halte. Diese Auffassung habe ich bereits in den vergangenen sieben Jahren vertreten und fühle mich durch die zunehmende Radikalisierung in diesem Land darin bestärkt. Es fehlt nicht an militäri- schen Begründungen für den Auslandseinsatz unserer Soldaten in Afghanistan, sondern an politischen Per- spektiven. Wenn jetzt sogar Oberbefehlshaber der Streit- kräfte den Erfolg der Verbündeten in diesem Land grundsätzlich in Frage stellen, ist endgültig ein Kurs- wechsel nötig. Ich bin für einen schrittweisen Abzug. Als vor sieben Jahren die Regierung Gerhard Schrö- der/Joschka Fischer im Kampf gegen den Terrorismus den Bundestag um Zustimmung zum Auslandseinsatz der Bundeswehr aufforderte, habe ich bereits mit „Nein“ gestimmt – aus verfassungsrechtlichen, historischen und moralischen Gründen. Jetzt, sieben Jahre später, ist die Afghanistan-Mission fragwürdiger denn je, obwohl al- lein die Bundesrepublik sich mit über 3 Milliarden Euro seit 2001 hier engagiert hat. Die Sicherheitslage für un- sere Soldaten hat sich dramatisch verschlechtert. Afgha- nistan ist weiter eines der größten Opium-Anbaugebiete der Welt geblieben. Es ist nicht gelungen, die Taliban wirklich zu schwächen. Im Gegenteil, sie weichen in das pakistanische Grenzgebiet aus und neue, unübersehbare Risiken entstehen. Es hat schon viel zu viele Opfer gege- ben – aus unserem Land wie aus denen der Verbündeten. Besonders im Süden des Landes, wo die Amerikaner gegen die Taliban kämpfen, werden die Soldaten nicht als Befreier sondern als Besatzer empfunden. Erste Län- der wie die Niederlande und Kanada haben ihren Abzug bereits beschlossen. Weitere Verbündete erwägen den Ausstieg. Auch die Bundesregierung ist gut beraten, nicht nur auf die Erhöhung des Kontingents um 1 A m a s D z n n n u s n f a f l v w v R l m W D u s d t s m f b J t n w F F r n z g m a r I z n b v S (C (D 000 Soldaten zu setzen, sondern gleichzeitig auf eine usstiegsstrategie. Die afghanische Regierung kann und uss mehr Eigenverantwortung übernehmen. Sie und lle Verbündeten sind jetzt aufgefordert, zu einer politi- chen Antwort zu kommen. Bettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): en Antrag der deutschen Bundesregierung auf Fortset- ung der Beteiligung der Bundeswehr an der internatio- alen Sicherheitsunterstützungstruppe lehne ich ab. Es ist wieder ein Jahr vergangen, sicherlich nicht ge- ug, um ein seit Jahrzehnten gequältes Land wie Afgha- istan dauerhaft zu stabilisieren, aber doch ausreichend, m zu überprüfen, ob wir den im letzten Herbst be- chworenen Zielen durch den militärischen Einsatz we- igstens ein Stück näher gekommen sind und ob die Er- olge den Preis rechtfertigen; immerhin haben seitdem uch deutsche Soldaten dort ihr Leben gelassen, von den inanziellen Belastungen gar nicht zu sprechen. Die Bi- anz ist ernüchternd: Die Situation der afghanischen Be- ölkerung hat sich kaum verändert. Der als vergleichs- eise friedlich geltende Norden wird immer öfter Ziel on Terroranschlägen. Nach wie vor steht die schwache egierung unter dem Einfluss von skrupellosen War- ords und Kriegsgewinnlern, und die USA versuchen im- er weniger zu verschleiern, dass es ihnen nicht um den iederaufbau des Landes geht, dafür aber um die urchsetzung ihrer ureigensten Interessen. Selbst dort, wo Verbesserungen spürbar sind, ist es nbewiesen, ob sie wegen oder trotz der ISAF-Präsenz tattfinden und ob diese Verbesserungen nicht durch an- ere, nichtmilitärische Maßnahmen schneller vorange- rieben würden. Fest steht, die Menschen in Afghanistan ind kriegsmüde, und die Stimmung dort richtet sich im- er stärker gegen alles Militärische, egal welche Uni- orm die Soldaten tragen. Alle Forderungen nach einem Strategiewechsel sind isher politisch nicht umgesetzt worden. Im Mai dieses ahres haben sich über 3 000 Stammesvertreter, Intellek- uelle und Politiker aus allen Teilen Afghanistans zu ei- er nationalen Friedens-Jirga zusammengeschlossen. Sie erden unterstützt von einer Vielzahl von deutschen riedensinitiativen, unter anderem auch der Aachener riedenspreis e. V., und haben eine gemeinsame Erklä- ung zu Afghanistan herausgegeben. Meiner Meinung ach sollte es politisches Ziel sein, diese Bewegung auf- unehmen, zu stärken und in die weiteren Verhandlun- en und Friedensbemühungen einzubeziehen. Das ist eine Vorstellung einer verantwortungsvollen Wieder- ufbaupolitik, in deren Fokus eine dauerhafte Stabilisie- ung Afghanistans steht. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ch lehne den Antrag der Bundesregierung auf Fortset- ung der Beteiligung der Bundeswehr an der internatio- alen Sicherheitsunterstützungstruppe ab. Der Einsatz in Afghanistan wurde vor sieben Jahren egonnen, um die Verantwortlichen für die Anschläge om 11. September 2001 der Gerechtigkeit zuzuführen. eit Jahren zielt die militärische Gewalt der ausländi- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19583 (A) ) (B) ) schen Truppen genau auf eine Vernichtung des Wider- standes im Land. Die Ergebnisse dieser Strategie sind verheerend. Die Sicherheitslage in Afghanistan wird von Jahr zu Jahr schlechter, obwohl seit Beginn des Krieges die Zahl der eingesetzten NATO-Soldaten auf circa 65 000 deut- lich angehoben wurde. Die rücksichtslose Kriegsführung vor allem der US-Truppen schürt Racheakte und An- schläge und ist damit nicht nur unverantwortlich, son- dern auch kontraproduktiv. Die Zahl der Opfer bei An- schlägen und beim Anti-Terrorkrieg steigt dramatisch. Im Jahr 2008 sind bisher über 3 000 Menschen getötet worden, davon mehr als 1 000 Zivilisten, viele Frauen und Kinder. Tausende wurden verwundet und verstüm- melt. ACBAR, eine Dachorganisation von 100 Hilfs- organisationen, gibt an, dass der Sommer 2008 der bis- her verlustreichste seit 2001 war. Die Zahlen der Opfer sind dabei um circa 40 Prozent gestiegen. Fast die Hälfte der zivilen Opfer fällt der US-Luftkriegsführung zum Opfer. Die Zahl zerstörter Gebäude und Versorgungsein- richtungen übersteigt häufig die der wieder aufgebauten. Ein Ende dieser Eskalation des Krieges ist nicht in Sicht; ganz im Gegenteil. Gemeinsam mit der Kriegs- führung führt sie selbst dazu, dass die, die bekämpft wer- den sollen, immer stärker werden. Die zunehmende Ge- walt ist eine entscheidende Ursache dafür, dass der Hass gegen die ausländischen Truppen wächst und sich immer mehr am Krieg gegen diese beteiligen. Politische und humanitäre Ziele werden dadurch immer schwerer er- reichbar. Der britische Botschafter Cowper-Coles hat lei- der recht, wenn er sagt, die ausländischen Truppen in Afghanistan seien „Teil des Problems, nicht der Lö- sung.“ Die Regierung hat im letzten Jahr versprochen, dass sich die Sicherheitsstrategie in Afghanistan ändern wird. Dieses Versprechen eines Strategiewechsels ist ohne Umsetzung geblieben, im Gegenteil, man will das deut- sche Truppenkontingent nur erhöhen. Trotz anderer Be- hauptungen bleiben die zivilen Anstrengungen weit hin- ter den militärischen zurück. Während nicht einmal die zugesagten 50 Polizeiausbilder nach Afghanistan ge- schickt werden, wird die Zahl der Soldatinnen und Sol- daten von 3 500 auf 4 500 erhöht. Die Kosten alleine dieses Mandates für 14 Monate betragen 688 Millionen Euro, während die Ausgaben für den zivilen Aufbau ge- rade einmal etwa ein Viertel davon ausmachen. Es ist aus unserer Sicht unklug und unverantwortlich, einfach so weiterzumachen. Die Gewaltspirale kann durch immer mehr Soldatinnen und Soldaten und militä- rische Mittel nicht durchbrochen werden. Gerade asym- metrische Kriege sind militärisch nicht zu gewinnen, und eine Alternative zur Eskalation der Gewalt ist längst überfällig. Die Grünen sind sich der Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland für die Menschen in Af- ghanistan bewusst. Die afghanische Bevölkerung hilft seit Jahren mit, dort einen funktionierenden Staat aufzu- bauen, und wäre durch einen Rückfall des Landes an die Taliban massiv gefährdet. Gerade im Bewusstsein dieser Verantwortung treten wir entschieden für einen Politik- wechsel ein. s S n a d t n r i n a f e g e D A K M h i s w i s B A F S h i o b V v r g K e t a K g s a w d z (C (D Ich halte fest: Die bisherige Strategie ist gescheitert, ie schadet und verschärft den Krieg. Ein Wechsel der trategie – weg vom Militärischen, hin zum Zivilen – ist icht in Sicht. Deshalb lehne ich den Antrag der Bundesregierung b. Dr. Peter Jahr (CDU/CSU): Mehrfach habe ich in er Vergangenheit meine Zustimmung zum Afghanis- aneinsatz der Bundeswehr mit der Forderung nach ei- em Gesamtkonzept der Bundesregierung zur Stabilisie- ung und zum Wiederaufbau des Landes verbunden. Es st ein großes Ärgernis, dass dieses Konzept bis heute icht vorliegt. Ebenso wenig können wir nicht einmal nsatzweise ein mögliches Ende des Militäreinsatzes de- inieren. Ich werde mich weiterhin dafür einsetzen, dass in tragfähiges Konzept auch den Abzug der Angehöri- en der Bundeswehr regelt. Deshalb setze ich mich für in abgestimmtes Gesamtkonzept der ISAF-Staaten ein. as ist angesichts der sich ständig verändernden Lage in fghanistan dringend erforderlich. Ich fordere deshalb an dieser Stelle erneut ein solches onzept ein und kündige hiermit an, einer weiteren andatsverlängerung letztmalig zustimmen zu können. Meine Zustimmung zum heutigen Antrag fällt mir eute besonders schwer, und sie geschieht ausschließlich n der Überzeugung, unsere Soldaten im Auslandsein- atz nicht im Stich lassen zu können. Ich weiß darum, ie wichtig es für die Soldaten ist, unsere Unterstützung n der Heimat zu haben. Manfred Kolbe (CDU/CSU): Der heute zur Be- chlussfassung im Deutschen Bundestag anstehenden eschlussempfehlung und dem Bericht des Auswärtigen usschusses zu dem Antrag der Bundesregierung zur ortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher treitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicher- eitsunterstützungstruppe in Afghanistan (ISAF) kann ch aus den folgenden Gründen nicht zustimmen: Erstens. Ähnlich wie im Irak gelingt es dem Westen ffenbar nicht, ein demokratisches Staatswesen aufzu- auen und die Menschen innerlich dafür zu gewinnen. ielmehr hat sich die Sicherheitslage offenbar weiter erschlechtert, und zwar auch in Gebieten, die bisher als elativ sicher galten. Die westliche Aufbauhilfe soll an roßen Teilen der Bevölkerung vorbeigehen und Armut, orruption und Hoffnungslosigkeit zunehmen. Zweitens. Die zunehmende Militarisierung führt zu iner wachsenden Anzahl von unschuldigen Opfern un- er der Zivilbevölkerung, hauptsächlich durch Luft- ngriffe. Mittlerweile dürfte bei solchen sogenannten ollateralschäden eine vielfache Anzahl an unschuldi- en(!) Menschen getötet worden sein wie bei den chrecklichen Terrorangriffen vom 11. September 2001 uf New York, die Ausgangspunkt unseres Engagements aren. Auch auf mehrfache Nachfragen war der Bun- esverteidigungsminister nicht bereit, mir Angaben zu ivilen Opfern in Afghanistan zu machen. Mit jedem un- 19584 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) schuldig getöteten Zivilisten bekämpfen wir nicht den Terror, sondern schaffen diesem neuen Zulauf. Drittens. Ein realistisches Konzept des Westens für Afghanistan vermag ich derzeit nicht zu erkennen. Vor diesem Hintergrund kann ich es nicht verantworten, deutsche Soldaten in einen lebensgefährlichen Einsatz zu schicken. Wir brauchen vielmehr eine Grundsatz- debatte darüber, wie die Bundesrepublik Deutschland und der Westen insgesamt den Terror bekämpfen und Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Afghanistan auf- bauen können. Jürgen Koppelin (FDP): Wie bisher werde ich ei- nem Mandat für den Einsatz der Bundeswehr in Afgha- nistan nicht zustimmen. Ich halte es für völlig unrealistisch, dass die Bundes- wehr und ihre Partner Afghanistan von den Taliban be- freien können. Ständig wird auch über neue militärische Strategien für den Einsatz gesprochen, doch der Konflikt ist mit militärischen Mitteln nicht zu lösen. Leider lässt auch die Zusammenarbeit im zivilen Aufbau keine Koordination durch die Bundesregierung erkennen. Doch auch im militärischen Bereich sind erhebliche Mängel deutlich geworden. Der Einsatz der KSK seit mehreren Jahren in Afgha- nistan war völlig überflüssig und hätte längst durch das Bundesministerium der Verteidigung gestoppt werden müssen. Es wird dringend Zeit, dass die Bundesregie- rung klare Perspektiven für die Beendigung des Einsat- zes in absehbarer Zeit aufzeigt. Die Menschen in Afgha- nistan müssen endlich wieder Klarheit haben, dass sie nicht in einem besetzten Land leben. Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Bun- desregierung hat es auch in diesem Jahr versäumt, den von uns Grünen dringend angemahnten militärischen und zivilen Strategiewechsel umzusetzen. Halbherzige Maßnahmen, kein ausreichendes Engagement zur Ver- besserung der Situation und vor allem keine wirkliche Umsetzung der Prämisse „Zivil vor Militär“ bewegen mich, dieses Mal mit Nein zu stimmen. Ein „Weiter so“, wie es der Antrag der Bundesregierung impliziert, ist die falsche Reaktion auf die Realität in Afghanistan. Die Situation in Afghanistan hat sich seit der letzten Abstimmung im Deutschen Bundestag kontinuierlich weiter verschlechtert. Die Bevölkerung erlebt trotz eini- ger Verbesserungen ihrer Lebenssituation in Bereichen wie Gesundheit, Wasser und Energie, dass Anschläge und Übergriffe durch die Taliban und andere militante Gruppen zugenommen haben und die Lage im Land im- mer instabiler wird. Die Erfolge des Aufbaus sind damit gefährdet, ja es sind sogar Rückschläge zu verzeichnen. Und diese Rückschläge haben Ursachen: Zum einen liegen sie darin, dass die internationale Gebergemeinschaft die Fehler der ersten Jahre (zum Bei- spiel mangelnde Abstimmung, Vernachlässigung der Landwirtschaft, falsche Mittelverwendung) in den letz- ten Jahren nicht durch massive Gegenmaßnahmen über- wunden hat, Polizei- und Justizaufbau weiterhin nur un- z k l a p d u w N d a A v e m d m M s E b w v s D A t T n w n t D t v A N d U g m d E r i O B l d t n f b d G (C (D ureichend vorangetrieben werden und immer noch eine politische, wirtschaftliche und finanzielle Bünde- ung aller Kräfte vollzogen wird, damit tatsächlich die fghanische Seite so früh wie möglich zur Übernahme olitischer Eigenverantwortung befähigt wird. Zum an- eren ist zu beklagen, dass die militärischen Operationen nter OEF (Operation Enduring Freedom) fortgeführt erden. Damit wird letztlich der von den Vereinten ationen legitimierte Auftrag von ISAF zur Sicherung es Friedens konterkariert. Weiterhin findet der von mir bgelehnte Tornadoeinsatz seine Fortsetzung. Als Entwicklungspolitikerin setze ich mich dafür ein, fghanistan und seine Menschen auf den Weg in Eigen- erantwortung und Frieden zu begleiten. Dazu bedarf es iner langjährigen, intensiven und lernfähigen Zusam- enarbeit. Nur langsam und zögerlich hat sich die Bun- esregierung dazu drängen lassen, in Deutschland mit ehr Informationen über die entwicklungspolitischen aßnahmen und die Situation in Afghanistan für Unter- tützung zu werben. Zu langsam und spärlich bleibt die rhöhung der Mittel für den zivilen Aufbau. Zu gering leibt die Einsicht, Fehler gemacht zu haben. Es fehlt ein irklicher Strategiewechsel, der auch der deutschen Be- ölkerung Mut macht und Verständnis dafür weckt, die chwierige Situation in Afghanistan positiv zu begleiten. ie Kritik am eingeschlagenen Weg verhallt bislang. uch deswegen steht mein Entschluss, vor diesem Hin- ergrund mit Nein zu stimmen. Doch es gilt eines klarzustellen. Da es Gruppen der aliban in der Region (Afghanistan/Pakistan) gibt, die icht davor zurückschrecken, mit Gewalt und Terror ieder an die Macht kommen zu wollen, braucht es die ach Kapitel VII VN-Charta mandatierte ISAF-Schutz- ruppe. Ich bin ausdrücklich nicht der Meinung, dass eutschland sich von dem Ziel des Aufbaus Afghanis- ans verabschieden soll. Auch einen sofortigen Abzug on ISAF halte ich für falsch. Und dies wird auch aus fghanistan heraus nicht gefordert. Ich unterstreiche die otwendigkeit, dass der afghanische Aufbau- und Frie- ensprozess noch immer durch ISAF abzusichern ist. nsere grünen Aufrufe für eine Veränderung der Strate- ie hin zu einem durch und durch zivilen Ansatz, der die ilitärischen Fehlleistungen beendet, sind jedoch von er Bundesregierung nicht gehört worden. Mit meiner nthaltung vom 12. Oktober 2007 wollte ich signalisie- en, dass die zivilen Ziele Priorität erhalten müssen. Das st jedoch bis heute nicht der Fall. Daher will ich aus der pposition heraus meine Kritik am falschen Weg der undesregierung mit einem Nein verstärken. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich ehne den Antrag der Bundesregierung auf Fortsetzung er Beteiligung der Bundeswehr an dem Einsatz der In- ernationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afgha- istan ab. Ich stelle fest: In Afghanistan gibt es zwei gegenläu- ige Entwicklungstendenzen. Es ist einerseits unbestreit- ar, dass es Aufbauerfolge in Afghanistan gibt. Die Zahl er Schülerinnen hat sich vervielfacht, der Zugang zur esundheitsversorgung hat sich verbessert und die Infra- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19585 (A) ) (B) ) struktur wird nach und nach aufgebaut. Zur Ermögli- chung und Absicherung dieser Fortschritte hat die Bun- deswehr durchaus einen wichtigen Beitrag geleistet, der auch in Zukunft notwendig sein wird. Andererseits ist offenkundig, dass es eine negative, destruktive Dynamik gibt, die zurzeit deutlich größer ist als die positive. Fragile Staatlichkeit, anhaltende Armut, Korruption und Drogenkriminalität im Süden Afghanis- tans bilden den Hintergrund für disparate Strukturen der kriminellen Gewalt und des religiös motivierten Terrors. Die militärische Bekämpfung der diversen aufständi- schen Gruppen, die keineswegs alle unter der Sammel- bezeichnung „Terroristen“ zusammengefasst werden können, hat im letzten Jahr zunehmend zivile Opfer ge- fordert. Insbesondere im Süden und Osten des Landes nährt der sogenannte Antiterrorkampf der US-Streit- kräfte die Unzufriedenheit und Wut der Bevölkerung. Der Krieg gegen den Terror diskreditiert und konterka- riert in weiten Teilen des Landes die Wiederaufbauhilfen der internationalen Gemeinschaft. Der asymmetrische Krieg gegen amorphe, schwer fassbare Mördergruppen ist mit militärischen Mitteln nicht zu gewinnen und treibt unter der Inkaufnahme hoher Zahlen ziviler Opfer den diversen gewalttätigen Gruppen neue Mitglieder zu. Ein Wechsel der militärlastigen Strategie ist vor diesem Hin- tergrund überfällig und meine Fraktion, Bündnis 90/Die Grünen, hat diesen im vergangenen Jahr immer wieder gefordert. Alle Anträge, die von meiner Fraktion mit der Forderung nach einem Kurswechsel eingebracht wur- den, sind von den Koalitionsfraktionen SPD und CDU/ CSU abgelehnt worden, obwohl sie in den Reihen vieler Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen durchaus zustimmend kommentiert wurden und obwohl sie dem Vernehmen nach auch von Seiten der Bundes- wehr begrüßt worden waren. Angesichts dessen kann ich nicht hinnehmen, dass die Bundesregierung in ihrem Antrag an den Deutschen Bundestag keinerlei kritische Würdigung der ambivalen- ten Lage in Afghanistan vornimmt. Die Bundesregie- rung unterlässt jede Kritik am völlig unverhältnismäßig geführten Krieg – ja sie ist nicht einmal zu einer diplo- matisch verklausulierten Problematisierung der US- Kriegsführung in der Lage. Die Bundesregierung deutet nicht einmal im Ansatz die Notwendigkeit eines Kurs- wechsels an und beschönigt selbstzufrieden die Situation im Land, obwohl nach Auffassung aller Afghanistanex- perten eine Verschlechterung der Sicherheitslage droht. Natürlich kann der negative Trend in Afghanistan nicht allein von deutscher Seite gestoppt und umgekehrt werden; hierzu bedarf es ganz besonderer Anstrengun- gen auf afghanischer, auf internationaler und auf deut- scher Seite. Zur Mandatsverlängerung des deutschen ISAF-Einsatzes hätte die Bundesregierung die große Chance – wenn nicht die Pflicht – gehabt, ein Zeichen zur Trendumkehr zu setzen. Dies ist nicht geschehen. Lediglich kleine Verbesserungen sind bei der Aufsto- ckung der Mittel zum zivilen Aufbau zu verzeichnen. Ei- nem Antrag, der den politischen Willen zur Trend- umkehr durch einen Kurswechsel hätte erkennen lassen, hätte ich zugestimmt. So aber bleibt angesichts des tau- ben Festhaltens an einer offensichtlich gescheiterten S n „ w r i i n f A k a n o z e A d a d i t n r i n a f e g e D A s Ü i d N s g I m w d k F d d s E z m (C (D trategie nur, den Antrag der Bundesregierung abzuleh- en. Mir ist völlig bewusst, dass ich mich mit meinem Nein“ zu diesem Antrag dem Vorwurf aussetze, ich ürde die Afghanen „im Stich lassen“. Mit dieser Erklä- ung will ich deshalb auch deutlich klarstellen, dass ich m Grundsatz ein weiteres Engagement der Bundeswehr m Rahmen der internationalen Gemeinschaft in Afgha- istan für unverzichtbar halte und keinesfalls einen so- ortigen Abzug der internationalen Truppen fordere. Die bsicherung des Prozesses zur Bildung von Staatlich- eit, von zivilen Strukturen und von wirtschaftlicher Un- bhängigkeit wird noch für längere Zeit von nichtafgha- ischen Militär- und Polizeikräften abhängen. Doch hne eine klare Transformation dieser Absicherung hin u einem vorwiegend zivilen Aufbauprojekt droht eine skalierende Gewaltdynamik. Daher komme ich anhand des konkret vorliegenden ntrags der Bundesregierung zu meinem Entschluss, iesen zurückzuweisen, ohne das Ziel einer Aufbau- nstrengung für Afghanistan und einer Friedenskonsoli- ierung aus den Augen zu verlieren. Katharina Landgraf (CDU/CSU): Ich habe bereits n der Vergangenheit meine Zustimmung zum Afghanis- an-Einsatz der Bundeswehr mit der Forderung nach ei- em Gesamtkonzept der Bundesregierung zur Stabilisie- ung und zum Wiederaufbau des Landes verbunden. Es st ein großes Ärgernis, dass dieses Konzept bis heute icht vorliegt. Ebenso wenig können wir nicht einmal nsatzweise ein mögliches Ende des Militäreinsatzes de- inieren. Ich werde mich weiterhin dafür einsetzen, dass in tragfähiges Konzept auch den Abzug der Angehöri- en der Bundeswehr regelt. Deshalb setze ich mich für in abgestimmtes Gesamtkonzept der ISAF-Staaten ein. as ist angesichts der sich ständig verändernden Lage in fghanistan dringend erforderlich. Meine Zustimmung zum Antrag fällt mir heute be- onders schwer. Sie geschieht ausschließlich in der berzeugung, unsere Soldaten im Auslandseinsatz nicht m Stich lassen zu können. Ich weiß, wie wichtig es für ie Soldaten ist, Unterstützung in der Heimat zu haben. Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ach reiflicher Überlegung habe ich mich dazu ent- chlossen, dem Antrag der Bundesregierung zur Beteili- ung von deutschen Soldatinnen und Soldaten an der SAF-Schutztruppe in Afghanistan nochmals zuzustim- en. Diese Entscheidung ist mir nicht leichtgefallen, eil ich viel Kritik an der Afghanistan-Politik der Bun- esregierung und anderer NATO-Partner habe. Dennoch musste ich mich auch als Oppositionspoliti- erin in dieser konkreten Bundestagsabstimmung der rage stellen, ob die Situation in Afghanistan mit diesem eutschen Militärbeitrag oder mit einem Abzug der Bun- eswehr besser würde. Weder die Umsetzung des ge- amten ISAF-Mandates durch die NATO, die Operation nduring Freedom (OEF) noch das Afghanistan-Kon- ept der Bundesregierung standen heute zur Abstim- ung. Vielmehr ging es ausschließlich um den deut- 19586 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) schen Beitrag zur ISAF, vor allem im Norden des Landes. Ich bin der Auffassung, dass dieser fortgesetzt werden muss, weil er sinnvoll und elementar wichtig für die Menschen in Afghanistan und den zivilen Aufbau ist. Gleichzeitig teile ich aber auch die Analyse, dass sich die Situation in Afghanistan seit der letzten Abstimmung über den deutschen ISAF-Beitrag nicht verbessert hat. Vor allem die Sicherheitslage verschlimmert sich in allen Teilen des Landes. Angriffe der Aufständischen auf die Zivilbevölkerung und Soldaten nehmen zu und fordern viele unschuldige Opfer. Aber auch die verstärkten Luft- angriffe vor allem der US-amerikanischen Streitkräfte kosten viele Zivilisten das Leben. Außerdem verliert die internationale Gemeinschaft durch diese aggressive Poli- tik immer mehr die Unterstützung von weiten Teilen der afghanischen Bevölkerung. Jenseits der konkreten Abstimmung heute im Bundes- tag ist daher ein Kurswechsel der Bundesregierung – aber mehr noch der anderen NATO-Partner – dringend geboten. Statt auf Luftangriffe muss auf Verhandlungen gesetzt werden, statt auf eine Ausweitung der militäri- schen Bekämpfung der Drogenbauern auf die Schaffung von wirtschaftlichen und sozialen Perspektiven. Die zivile Hilfe und der Polizeiaufbau müssen dringend aus- geweitet werden und der Bevölkerung in allen Provinzen zugutekommen. Die Bundesregierung muss sich unter anderem dafür einsetzen, dass der OEF-Einsatz beendet wird, gegen den Drogenanbau mit anderen Mitteln vor- gegangen wird und intensivere Verhandlungen sowohl mit afghanischen Oppositionellen als auch regionalen Nachbarn geführt werden. Diese dringend notwendigen Strategieveränderungen können jedoch nur das Ergebnis von multilateralen Ver- handlungen nicht zuletzt auch mit den Afghaninnen und Afghanen selber sein und lassen sich nicht unilateral durch Bundestagsbeschluss bestimmen. Auf internatio- naler Ebene muss die Bundesregierung Kritik – vor al- lem an dem kontraproduktiven militärischen Vorgehen der NATO-Partner – deutlicher einbringen. Um ein Signal zu setzen, dass ein Kurswechsel drin- gend notwendig ist, hätte ich mich bei der heutigen Ab- stimmung auch enthalten können, wie viele andere grüne MdBs. Dieses habe ich auch ernsthaft erwogen und mir die Entscheidung für eine Zustimmung nicht leicht ge- macht. Schlussendlich kann ich es aber vor meinem Ge- wissen nicht verantworten, die Entscheidung über den Auslandseinsatz von deutschen Soldaten anhand von taktischen Überlegungen wie dem Signal der Kritik an der allgemeinen Afghanistan-Politik zu fällen. Aus- schlaggebend für mich ist der Inhalt des zur Abstim- mung stehenden Mandates. Diesem muss ich zustim- men, denn selbst wenn alle oben aufgeführten Änderungen an der Afghanistan-Politik vorgenommen werden würden, müsste es einen deutschen ISAF-Bei- trag in dieser Größenordnung und Ausgestaltung geben, um den zivilen Aufbau militärisch abzusichern. Denn ich stelle mir immer die Frage: Was wäre, wenn alle so abstimmen würden wie ich? Würde der Deutsche Bundestag einer Verlängerung des ISAF-Mandats nicht zustimmen, müsste Deutschland sich unilateral sofort a E V h z k d e D z i N b A A d m t l d A a A a I A P t b n A s d d e A 1 i l d r H a n d T d c s f B v ( I (C (D us der Gesamtverantwortung eines UN-mandatierten insatzes zurückziehen. Das kann ich bei aller Kritik als ertreterin einer multilateralen Außenpolitik nicht ernst- aft fordern. Wenn alle ISAF-Soldaten kurzfristig abge- ogen werden würden, würde das Ausmaß des Bürger- rieges deutlich eskalieren. Damit würden wir vor allem ie Leben derjenigen aufs Spiel setzen, die momentan an iner demokratischen Ordnung für Afghanistan arbeiten. ann würden wir nicht mehr über eine Ausweitung der ivilen Hilfen diskutieren, sondern über den Abzug der nternationalen NGOs aus Sicherheitsgründen. Insbesondere vor dem Hintergrund der US-Wahlen im ovember und der afghanischen Wahlen nächstes Jahr esteht noch Hoffnung für eine friedliche Zukunft fghanistans. Deshalb dürfen wir die Afghaninnen und fghanen jetzt nicht im Stich lassen. Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das em Bundestag vorliegende Mandat zu ISAF als UN- andatierter international getragener Einsatz regelt zen- rale Bereiche einer militärischen Absicherung des zivi- en Aufbaus. Für die Bundeswehr bedeutet das konkret ie Unterstützung der afghanischen Regierung bei der ufrechterhaltung der Sicherheit und die Sicherung der n der Stabilisierung und am Wiederaufbau beteiligten kteure sowohl der afghanischen Organisationen als uch der internationalen Hilfsorganisationen. Neben der Absicherung des zivilen Aufbaus kommt SAF in den nächsten 14 Monaten noch eine weitere ufgabe zu. Sie soll die Absicherung der afghanischen räsidenten-, Provinz- und Parlamentswahlen im nächs- en Jahr gewährleisten. Dies und die zusätzlichen Aufga- en, die die Bundeswehr bei der Ausbildung der afgha- ischen Sicherheitskräfte leisten soll, rechtfertigt die ufstockung des deutschen Kontingents. Der militäri- che Beitrag, der in Afghanistan geleistet wird, kann je- och immer nur die Absicherung des humanitären Wie- eraufbaus bedeuten. Es bleibt die Forderung nach inem Strategiewechsel, nach einer zivilen Offensive für fghanistan. Der deutsche Beitrag für die zivile Hilfe wurde auf 70 Millionen Euro aufgestockt. Das ist zwar ein Schritt n die richtige Richtung, reicht aber nicht aus. Deutsch- and und seine internationalen Partner müssen sowohl en Umfang der Hilfe ausweiten als auch die Koordinie- ung ihres zivilen Engagements verbessern, damit die ilfe bei den Menschen in Afghanistan auch wirklich nkommt. Besonders in den ländlichen Regionen ist och viel zu tun. Die Mohnbauern brauchen glaubwür- ige Alternativangebote zum Drogenanbau, und das hema Korruption muss engagierter angegangen wer- en. Leider hat sich in weiten Teilen des Landes die Si- herheitslage im Vergleich zu 2007 verschlechtert. Be- onders erschütternd ist die gestiegene Zahl ziviler Op- er, die nicht zuletzt den militärischen Alleingängen der ündnispartner zuzuschreiben ist. Das bedeutet: Die ölkerrechtswidrige Operation Enduring Freedom OEF) muss sofort beendet werden. Künftig soll nur SAF in Afghanistan aktiv sein, denn diese Mission ist Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19587 (A) ) (B) ) mit einem klaren UN-Mandat ausgestattet und hat den Auftrag, im ganzen Land die zivilen Aufbauprojekte zu schützen und zu unterstützen. Trotz aller Probleme: Der Afghanistan-Einsatz der in- ternationalen Gemeinschaft hat seit 2001 deutliche Ver- besserungen in Afghanistan bewirkt. Heute gibt es in Afghanistan ein Parlament, eine Verfassung, eine Regie- rung und eine Verwaltung. Das Pro-Kopf-Einkommen im Land hat sich seit 2001 verdreifacht. Die Quote der schulpflichtigen Kinder, die tatsächlich die Schule besuchen, hat sich verfünffacht; sie liegt jetzt bei 50 Prozent, ein Drittel davon sind Mäd- chen. 85 Prozent der Bevölkerung haben Zugang zu Ba- sisgesundheitsdiensten, und die Kindersterblichkeit ging nach Angaben von UN-Organisationen um 25 Prozent zurück, während die Lebenserwartung über den gesam- ten Zeitraum gestiegen ist. Die Hälfte der Provinzen ist mittlerweile frei von Drogenanbau. Die Städte Kabul, Herat und Mazar-i-Sharif haben sich sehr positiv entwi- ckelt. Auch der Aufbau der afghanischen Armee (ANA) geht besser voran als erwartet. Und auch wenn Presse- meldungen manchmal einen gegenteiligen Eindruck er- zeugen, ist Afghanistan nicht in einem flächendecken- den Bürgerkrieg versunken. Rund 90 Prozent der Sicherheitsvorfälle finden in den Süd- und Ostprovinzen statt. Als besonders hoch gilt die Bedrohungslage heute in 90 – und damit in knapp einem Viertel – der 400 Dis- trikte Afghanistans. In weniger bedrohten Gegenden geht der Wiederaufbau unterdessen weiter voran. Ein Thema, das mir besonders am Herzen liegt, ist die Situation der Frauen in Afghanistan. Unter dem Taliban- Regime seit Mitte der 90er-Jahre waren Frauen vom öf- fentlichen Leben gänzlich ausgeschlossen, ihre Men- schenrechtssituation war schrecklich. Mittlerweile haben Frauen in Afghanistan wieder die Möglichkeit, am öf- fentlichen Leben teilzunehmen; einige von ihnen sitzen sogar im Parlament. Außerdem haben etwa 35 Prozent der Mädchen einen Zugang zu Bildung. Trotzdem müs- sen die Anstrengungen auch in diesem Bereich noch deutlich ausgebaut werden. Wie die Mehrheit der grünen Partei, ihrer Anhänger- schaft und der grünen Bundestagsfraktion bin ich über- zeugt, dass der zivile Aufbau und die politische Stabili- sierung Afghanistans derzeit nicht ohne militärischen Schutz möglich sind. Ein sofortiger Rückzug von ISAF würde bedeuten, das afghanische Volk und die zivilen Helferinnen und Helfer vor Ort im Stich zu lassen und einen Rückfall des Landes in einen Bürgerkrieg in Kauf zu nehmen. Die deutsche ISAF-Beteiligung ist gerade auf afghanischer Seite immer noch besonders hoch angesehen und ge- wünscht; sie ist weiterhin unverzichtbar. Ein zügiger Abzug des drittstärksten ISAF-Kontingents hätte wahr- scheinlich eine Kettenreaktion zur Folge. Eine Beendi- gung des militärischen Engagements Deutschlands würde den gesamten Wiederaufbau und die Stabilisie- rung Afghanistans infrage stellen. B l A f w T a B d Z I F h B m S g A h m l k c ö p e f z g s l g g Z s K b d v f l w t l d s A (C (D Es ist gut, dass das Parlament entscheidet, welchen eitrag Deutschland in den weltweiten Krisenregionen eistet und ob deutsche Soldatinnen und Soldaten ins usland geschickt werden. Ich weiß, dass die Mehrheit ür das Mandat auch ohne meine Stimme ausreichen ürde, möchte aber bei einer Entscheidung solcher ragweite so abstimmen, als käme es auf meine Stimme n. Mit meinem Ja zu ISAF möchte ich ausdrücken, dass ündnis 90/Die Grünen und ich ganz persönlich in Soli- arität und Verantwortung zu Afghanistan stehen und die ivilgesellschaft nicht durch Exit-Signale entmutigen. ch möchte zeigen, dass wir hinter den Tausenden rauen und Männern stehen, die sei es als zivile Aufbau- elferinnen und -helfer oder in Uniform unter extremen elastungen gute Arbeit geleistet haben. Deshalb kann ich dem ISAF Mandat meine Zustim- ung nicht verweigern. Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): eit Beginn des deutschen Einsatzes in Afghanistan en- agieren sich Bündnis 90/Die Grünen für den zivilen ufbau, eine Stabilisierung der Sicherheitslage, die Ein- altung der Menschenrechte und einen nachhaltigen, de- okratischen Institutionenaufbau in Afghanistan. Der Aufbauprozess kommt voran, jedoch viel zu angsam. Es wurden Erfolge erzielt: Das Pro-Kopf-Ein- ommen stieg in Afghanistan seit 2001 um das dreifa- he, Frauen in Afghanistan können heute vielerorts am ffentlichen Leben und den Bildungsstrukturen im Land artizipieren, beim Drogenanbau ist erstmals seit Jahren ine sinkende Tendenz zu beobachten. Doch diese Er- olge sind bei weitem nicht ausreichend. Unser Ziel ist es, den Stabilisierungs- und Aufbaupro- ess so bald als möglich in afghanische Hände zu über- eben und so die internationale Militärpräsenz überflüs- ig zu machen. Doch davon sind wir in Afghanistan eider noch weit entfernt. Aufbau und Ausbildung der af- hanischen Armee und der Polizei hinken den Planun- en hinterher. Sie müssten deutlich intensiviert werden. Die Sicherheitslage im Land ist heute sehr fragil. Die ahl der zivilen Opfer steigt weiter an, die Zahl der An- chläge der Taliban und oppositioneller militärischer räfte war seit 2001 nicht so hoch wie heute. Selbst im islang vergleichsweise ruhigen Norden Afghanistans ist ie Lage instabiler geworden. Das Afghanistan-Konzept der Bundesregierung setzt or allem auf ein „Weiter so“ und bietet keine Lösungen ür die dringender werdenden Probleme. Die Entwick- ung zeigt, dass in Afghanistan schwere Fehler gemacht erden und das Engagment für den zivilen Aufbau wei- erhin nur halbherzig ist. Dabei werden schwerwiegende Defizite offensicht- ich: Erstens. Der ausbleibende Strategiewechsel seitens er Bundesregierung und der internationalen Gemein- chaft. Wir brauchen deutlich mehr ziviles Engagement in fghanistan. Die Bundesregierung ist in der Pflicht, da- 19588 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) für spürbar mehr finanzielle Mittel bereitzustellen. An- kündigungen reichen hierbei nicht aus, dem müssen Taten folgen. Meine Fraktion hat vor einem Jahr mindes- tens eine Verdopplung der von der Bundesregierung zur Verfügung gestellten Mittel für den zivilen Aufbau ge- fordert. Dies hat die Bundesregierung nicht berücksich- tigt. Zweitens. Die Fortsetzung der kontraproduktiven und mittlerweile völkerrechtswidrigen Operation Enduring Freedom. Das militärisch unverantwortliche und mittlerweile auch völkerrechtswidrige Vorgehen insbesondere von OEF-Truppen hat in der Bevölkerung von Afghanistan ein wachsendes Misstrauen gegen die internationalen Truppen erzeugt. Auch ISAF, deren Aufgabe die Absi- cherung und Unterstützung des Wiederaufbaus ist, wird für dieses destruktive Vorgehen immer wieder in Mithaf- tung gezogen. Drittens. Die unzureichende Informationspolitik der Bundesregierung. Wenn es um Afghanistan geht, zeigt sich die Bundes- regierung schmallippig. Beispielhaft dafür ist, dass das Bundeskabinett den ISAF-Mandatstext erst wenige Stunden vor der Einbringung in den Bundestag verab- schiedete und veröffentlichte. Dieses Vorgehen knüpft nahtlos an Kommunikationsdefizite der letzten Jahre an. Diese Defizite sind unverantwortlich. Trotzdem gilt es heute zu bewerten, was als Abstimmungsgrundlage vorgelegt wurde. Dabei handelt es sich um das Mandat für die weitere Beteiligung der Bundeswehr an der ISAF-Mission – nicht weniger und nicht mehr. Bei mei- nem Besuch Anfang September in Afghanistan konnte ich mit vielen Akteuren aus der afghanischen Zivilge- sellschaft ebenso wie aus der internationalen Gemein- schaft sprechen. Vor allem Mitarbeiterinnen und Mit- arbeiter von Hilfsorganisationen machten mir deutlich, dass ein Abzug der ISAF-Truppen katastrophale Folgen für die Bevölkerung, den Wiederaufbau und die Versor- gungssituation im Land hätte. Kurz: Die meisten Nicht- regierungsorganisationen müssten ihre Arbeit einstellen. Das bisher Erreichte wäre verloren. Vor diesem Hintergrund bin ich der Überzeugung, dass eine Fortsetzung der Bundeswehrbeteiligung an der von den Vereinten Nationen mandatierten und von der NATO geführten ISAF-Schutztruppe für die Sicherung des Aufbaus in Afghanistan weiterhin notwendig und unverzichtbar ist. Die Anhebung der Mandatsobergrenze von 3 500 auf 4 500 Soldatinnen und Soldaten ist ange- sichts der bevorstehenden Präsidenten-, Provinz- und Parlamentswahlen, der erforderlichen Flexibilität und dem Ziel, die afghanische Armeeausbildung schneller voranzubringen, nachvollziehbar. Hinsichtlich des Einsatzes der RECCE-Aufklärungs- tornados hat es im Verlauf des vergangenen Jahres keine Hinweise darauf gegeben, dass sie widerrechtlich Ein- sätzen von OEF zugearbeitet haben. Aber auch die von Verteidigungsminister Franz Josef Jung prophezeite Ab- nahme der Zahl der zivilen Opfer haben die Tornados n s w M B c A d g r E u s s l d w u t g n s u t E Z s s s i a u s d t z d g v s A d p A d k a d l t s ( n M (C (D icht bewirkt. Mit dem vorgelegten Mandat ist ihr Ein- atz weiterhin den Auflagen des ISAF-Mandates unter- orfen. Wir werden auch in Zukunft die Einhaltung der andatsrestriktionen kritisch begleiten. Ich stimme der Verlängerung des ISAF-Mandates der undeswehr zu, obwohl die Bundesregierung wesentli- he Weichenstellungen für einen Strategiewechsel in der fghanistanpolitik bislang verweigert hat. Heute geht es arum, den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr enauso wie den Menschen in Afghanistan zu signalisie- en, dass die Mitglieder des deutschen Parlaments ihr ngagement für Freiheit und Selbstbestimmung weiter nterstützen. An anderer Stelle wird es darum gehen, ein tärkeres ziviles Engagement der Bundesrepublik, bei- pielsweise beim Stabilitätspakt und in der Entwick- ungszusammenarbeit, einzufordern. Meine Zustimmung zur Verlängerung des Mandats er Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten ist eine Ge- issensentscheidung. Sie basiert auf den Eindrücken nd Gesprächen während meiner Reise nach Afghanis- an im September dieses Jahres, persönlichen Erfahrun- en und dem Wunsch, den Menschen in Afghanistan icht den Eindruck zu vermitteln, dass sich die deut- chen Partner aus der Unterstützung der Stabilisierung nd des Wiederaufbaus schrittweise verabschieden. Maria Michalk (CDU/CSU): Der Einsatz der Interna- ionalen Gemeinschaft für Afghanistan, und damit der insatz der Bundeswehr beruht unverändert auf dem iel, Afghanistan in einem sehr schwierigen Umfeld zu tabilisieren und aufzubauen. Wir helfen der afghani- chen Bevölkerung, ihre Lebensbedingungen zu stabili- ieren, zu verbessern und abzusichern, damit die Taliban hre Schreckensherrschaft nicht erneut in Afghanistan ufbauen können. Unser Afghanistan-Engagement liegt nverkennbar im deutschen Interesse Trotz der Fort- chritte im Bildungsbereich, beim Aufbau der Justiz und er Drogenbekämpfung sind unakzeptable Defizite, un- er anderem durch Korruption, sichtbar. Unsere Hilfe um Beispiel beim Aufbau eines rechtstaatlich arbeiten- en Beamten-, Polizei-und Justizapparates soll die Re- ierung, letztlich auch die Bevölkerung, in die Lage ersetzen, einen demokratischen Staat aufzubauen, der elbst für seine Sicherheit sorgen kann. Unser Einsatz in fghanistan kann nicht von Dauer sein, aber neue Be- rohungen erfordern eine Anpassung der Sicherheits- olitik. Ich unterstütze politisch die Verlängerung und ufstockung des ISAF-Mandats. Ich erwarte jedoch, ass die verantwortungsvolle und realistische Möglich- eit für die Rückkehr unserer Soldatinnen und Soldaten us der Sorge der Bevölkerung heraus in Abstimmung er internationalen Gemeinschaft geprüft, beachtet und etztendlich umgesetzt wird. Wolfgang Spanier (SPD): Die Fortsetzung der Be- eiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Ein- atz der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe ISAF) in Afghanistan unterstütze ich grundsätzlich ach wie vor. 37 Staaten beteiligen sich an der ISAF- ission im Auftrag der Vereinten Nationen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19589 (A) ) (B) ) Die Aufbauhilfe durch die Bundeswehr im Norden Afghanistans halte ich aus humanitären und politischen Gründen für einen wichtigen Einsatz. Das ISAF-Mandat beinhaltet das Recht der Soldaten auf Selbstverteidi- gung. Militärische Gewalt ist auch dann zulässig, wenn es darum geht, die Regierung und die Menschen in Af- ghanistan zu schützen. Ziel ist die militärische Sicherung des Wiederaufbaus. Der Wiederaufbau Afghanistans zeigt Erfolge. Positiv zu bewerten ist, dass Deutschland die finanziellen Hilfen von 80 Millionen Euro auf 140 Millionen Euro aufge- stockt hat. Allerdings sollte die zivile Aufbauhilfe noch deutlicher Vorrang vor dem militärischen Einsatz haben. Ein Rückzug der Bundeswehr aus ISAF würde den Wiederaufbau des Landes zunichte machen, die Men- schen in Afghanistan im Stich lassen, das Land ins Chaos stürzen, terroristischen Gruppen wieder freie Hand geben. Die bisher getrennten Bundestagsmandate für ISAF sowie den Tornadoeinsatz werden in einem Mandat zu- sammengeführt. Nach wie vor kann ich dem Einsatz deutscher Aufklä- rungsflugzeuge in Afghanistan nicht zustimmen. Die Aufklärungsflugzeuge dienen nicht nur dem Schutz der Bundeswehr im Norden Afghanistans. Mit dem geplan- ten Einsatz von deutschen Tornados der Bundeswehr engagiert sich die Bundeswehr beim Kriegseinsatz im Süden Afghanistans im Rahmen der Operation Enduring Freedom. Die Ergebnisse der Luftaufklärung können auch militärischen Einsätzen dienen. Damit werden deutsche Soldaten in Kampfhandlungen einbezogen, auf deren Planung und Durchführung sie keinerlei Einfluss haben. Weil beide Mandate im Antrag der Bundesregierung in einem Mandat zusammengeführt werden, kann ich dem Antrag nicht zustimmen. In der Gesamtwürdigung des Antrags der Bundes- regierung enthalte ich mich der Stimme. Marco Wanderwitz (CDU/CSU): Ich mache es mir grundsätzlich nicht leicht, Auslandseinsätzen unserer Bundeswehr zuzustimmen, handelt es sich doch um Ein- griffe außerhalb unseres Staatsgebiets, die zudem nicht abstrakt, sondern mit dem Einsatz von Soldatinnen und Soldaten verbunden sind. Unsere Bemühungen müssen dabei stets auch darauf gerichtet sein, unsere Soldatin- nen und Soldaten schnellstmöglich sobald ihre Aufgaben im Einsatz abgeschlossen sind, ihr Auftrag erfüllt wurde, wieder zurückholen zu können. Ihre Sicherheit vor Ort sowie die jederzeit sichere Rückholoption müssen best- möglich gewährleistet sein. Das gilt auch für den Einsatz in Afghanistan. Dort müssen die afghanischen Sicherheitskräfte in die Lage versetzt werden, selbst für staatliche Sicherheit zu sor- gen bzw. Taliban und al-Qaida erfolgreich bekämpfen zu können. Ein vorzeitiger Abzug der ISAF würde dieses Ziel gefährden. Afghanistan würde wieder in die Hände militanter Islamisten geraten und dadurch erneut zur Ba- s m d r „ d g w w e A n p d d s t W d r S d t u c o A l i d w i h b S (C (D is und zum Sprungbrett für den internationalen Terroris- us werden. Dann wären Europa und damit auch die eutsche Bevölkerung wieder direkt bedroht. Ein erklärtes Ziel dieser Fundamentalisten ist die Er- ichtung eines Staates, in dem jeder Nichtmuslime als Ungläubiger“ gilt, der der Verfolgung anheim fällt, in em es beispielsweise auch faktisch keine Frauenrechte ibt. Dieses Ziel soll ausdrücklich mit Gewalt erreicht erden. Diese bekannten Absichten und die konkreten welt- eiten Terroranschläge der letzten Jahre vor Augen ngagieren sich über vierzig Nationen militärisch in fghanistan. Sie wissen, dass sie dadurch auch ihre eige- en Bevölkerungen schützen. Wer leichtfertig oder aus opulistischen Gründen einen sofortigen Abzug der eutschen Truppen aus Afghanistan fordert, gefährdet as Leben unserer Bürgerinnen und Bürger im Lande. Wir haben die Aufklärung verstärkt und alle techni- chen Voraussetzungen geschaffen, damit unsere Solda- innen und Soldaten ihren Auftrag gut erfüllen können. ir erhöhen nochmals unseren Beitrag zum zivilen Wie- eraufbau. Wir legen in Afghanistan einen noch größe- en Schwerpunkt auf die Ausbildung der afghanischen treitkräfte und Polizisten. Nach alledem stimme ich dem vorliegenden Antrag er Bundesregierung zu, da das Ziel richtig ist, der Auf- rag nicht in Gänze erfüllt ist, es keine Alternativen gibt, nd nur dieses Mandat in der vorliegenden Form die Si- herheit der Truppe vor Ort und die sichere Rückhol- ption bestmöglich gewährleistet. nlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Kerstin Andreae, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, Priska Hinz (Herborn) und Dr. Thea Dückert (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Ein- satz der Internationalen Sicherheitsunterstüt- zungstruppe in Afghanistan (International Security Assistance Force, ISAF) unter Füh- rung der NATO auf Grundlage der Resolution 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Resolution 1833 (2008) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 6 a) Heute stimmt der Deutsche Bundestag über die Ver- ängerung der von den Vereinten Nationen mandatierten nternationalen Sicherheitsunterstützung (ISAF) ab. Der begonnene – und leider stockende – zivile Wie- eraufbau in Afghanistan ist unerlässlich. Viele Ziele urden jedoch noch nicht erreicht, viele Projekte sind ns Stocken geraten. Dennoch ist die Situation im Land eute – trotz aller Rückschläge – in zentralen Bereichen esser als 2001 unter der Taliban-Herrschaft. Rechtliche tandards wurden etabliert, Grundlagen für staatliche In- 19590 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) stitutionen geschaffen und große Fortschritte im Ge- sundheits- und Bildungsbereich gemacht. Dies beschei- nigen auch viele Gesprächspartner aus der afghanischen Zivilgesellschaft. Nicht zuletzt hat sich vielerorts die Le- benssituation von Frauen und jungen Mädchen verbes- sert. Wie viele Afghaninnen und Afghanen, aber auch vor Ort tätige Hilfsorganisationen und NGOs sind wir der Auffassung, dass eine internationale Sicherheitspräsenz und damit eine militärische Absicherung des zivilen Wiederaufbaus erforderlich ist. Die deutsche ISAF-Be- teiligung ist gerade auf afghanischer Seite immer noch besonders gut angesehen und gewünscht, sie ist weiter- hin unverzichtbar. Dramatisch ist allerdings, dass die Si- cherheitslage vor Ort schwieriger geworden ist und dass es mehr zivile Opfer auf Seiten der afghanischen Bevöl- kerung zu beklagen gibt. Insofern ist es nicht verwunder- lich, dass die Bevölkerung zunehmend frustriert über die als langsam empfundenen Fortschritte beim Wiederauf- bau und das Agieren der eigenen – oft als korrupt wahr- genommenen – Regierung ist. Nun stehen wir in der Bundesrepublik als Parlamenta- rier wieder vor der Frage, ob wir der Verlängerung des ISAF-Mandats zustimmen. Uns stehen drei Abstimmungsvarianten (Ja, Nein, Enthaltung) zur Verfügung. Wir sind als freie Abgeord- nete keinem imperativen Mandat verpflichtet, möchten in der Abwägung und Entscheidungsfindung aber unter- schiedlichste Aspekte berücksichtigen. Diese sind die Position unserer Partei, die der deutschen Bevölkerung, aber auch die der afghanischen Bevölkerung. Sollten wir dem Mandat die Zustimmung verweigern und mit „Nein“ stimmen, dann würde dies in der Konse- quenz den sofortigen Abzug des Militärs aus Afghanis- tan bedeuten. Wir können dies nicht verantworten. Vor allem für die Menschen in Afghanistan wäre ein „Nein“ ein falsches Zeichen. Wir haben eine Verpflich- tung insbesondere gegenüber jenen vielen Afghaninnen und Afghanen, die sich entschieden haben, sich am Auf- bau des Landes zu beteiligen. Ohne die militärische Prä- senz der internationalen Staatengemeinschaft wären diese Menschen großen Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt. Mariam Notten, afghanische Soziologin und jüngste Trägerin des taz-Panther-Preises, warnt für die- sen Fall vor einem „Blutbad unvorstellbaren Ausmaßes. Wenn heute die internationalen Truppen abzögen, wür- den Taliban und Al-Qaida innerhalb von etwa einer Woche wieder die Macht erobern. Zuerst würden jene Hunderttausende Landsleute ermordet, die sich in den letzten Jahren um den Wiederaufbau ihres Landes und der Zivilbevölkerung bemüht haben. Dann würden Frauen und Mädchen ins Visier genommen (…).“ (Publik-Forum 19/2008). Es ist aber klar festzuhalten, dass eines der zentralen Probleme der internationalen Gemeinschaft das Neben- einander von zwei Missionen (ISAF und OEF) ist, damit weder eine insgesamt abgestimmte internationale Strate- gie vorliegt, noch eine deutliche Fokussierung auf den zivilen Wiederaufbau gegeben ist. Seit langem fordert d n z I p u e t d S e b S t l A b d e i d f w d l b L z w A d t c a b s d (C (D ie Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen ei- en Strategiewechsel in Afghanistan, wie wir ihn in ahlreichen Anträgen und Initiativen formuliert haben. m Zentrum stehen für uns eine Beendigung der kontra- roduktiven OEF-Mission in Afghanistan und Pakistan nd der opferreichen militärischen Gegnerbekämpfung, ine massive Aufstockung und Verbesserung der Quali- ät des zivilen Aufbaus, ein entschiedenes Eintreten für ie Menschenrechte in Afghanistan und eine regionale trategie zur Befriedung Afghanistans sowie der Aufbau iner wirtschaftlichen Perspektive, um dem Drogenan- au Einhalt zu gebieten. Dieser Strategiewechsel hat nur in sehr kleinen chritten stattgefunden. Das ist dramatisch und spätes- ens nach den Präsidentschaftswahlen in Amerika nicht änger hinnehmbar. Wir hoffen, dass ein Wechsel in merika insgesamt zu einer Veränderung der Strategie eim Einsatz in Afghanistan führt und dass diese Chance ann auch ergriffen und seitens der Bundesregierung ingefordert wird. Vor diesem Hintergrund haben wir uns entschieden, n der jetzigen Situation nochmals für die Verlängerung es ISAF-Mandats zu stimmen. Eine Enthaltung wäre ür uns keine klare Positionierung. Schließlich müssen ir uns auch immer die Frage stellen, was wäre, wenn as gesamte Parlament entscheiden würde wie wir. Unser Abstimmungsverhalten ist wahrlich keine eichte Entscheidung, und wir sind uns bewusst, dass wir ei der Frage militärischer Einsätze immer auch über das eben anderer Menschen entscheiden. Aber die Realität wingt uns, anzuerkennen, dass wir dies auch tun, wenn ir uns gegen einen Militäreinsatz entscheiden. nlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ekin Deligöz, Jerzy Montag, Elisabeth Scharfenberg und Christine Scheel (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur nament- lichen Abstimmung über die Beschlussempfeh- lung zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut- scher Streitkräfte an dem Einsatz der Inter- nationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (International Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolution 1386 (2001) und fol- gender Resolutionen, zuletzt Resolution 1833 (2008) des Sicherheitsrates der Vereinten Natio- nen (Tagesordnungspunkt 6 a) Der seit sieben Jahren militärisch abgesicherte Wie- eraufbauprozess in Afghanistan hat für die Lebenssi- uation der Afghaninnen und Afghanen in vielen Berei- hen große Fortschritte ermöglicht. Dazu zählen unter nderem Verbesserungen im Gesundheits- und Bildungs- ereich und beim Aufbau der öffentlichen und wirt- chaftlichen Infrastruktur des Landes. Dazu zählt auch, ass in Afghanistan im kommenden Jahr die zweiten de- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19591 (A) ) (B) ) mokratischen Wahlen stattfinden werden. Dennoch kom- men die Erfolge leider längst nicht bei allen Menschen an. Noch immer ist kein klarer Strategiewechsel erkenn- bar, der die Hauptanstrengungen auf den zivilen Aufbau des Landes verstärkt. Zudem hat sich das Nebeneinander von ISAF und den Militäraktionen der OEF als kontraproduktiv erwiesen und die Akzeptanz von ISAF in der Zivilbevölkerung geschwächt. Noch immer stehen Kosten und Folgen der militäri- schen Einsätze in keinem angemessenen Verhältnis zu denen für einen zivilen Aufbau des Landes. Wir dürfen die Menschen in Afghanistan mit ihren Hoffnungen für bessere Lebensverhältnisse nicht im Stich lassen, deswegen halte ich es unabhängig von der geschilderten Entwicklung für unverantwortlich, sich für den sofortigen Abzug der internationalen Sicherheitsun- terstützungstruppe in Afghanistan auszusprechen. Der Wiederaufbauprozess wird insbesondere durch das Erstarken der Taliban und anderer bewaffneter Grup- pen in den paschtunischen Gebieten behindert. Terroris- tische Anschläge und bewaffnete Kampfhandlungen haben im vergangenen Jahr zugenommen, auch in Pakis- tan. Infolgedessen ist die Zahl der Opfer unter der Zivil- bevölkerung erheblich gestiegen. Bisher haben weder die afghanische Regierung noch die internationalen Ein- satzkräfte eine Strategie gefunden, wie der logistische und praktische Nachschub für terroristische Angriffe un- terbunden werden kann. Deswegen ist das Vertrauen in die afghanische Regierung und die internationale Staa- tengemeinschaft, dass sie den Taliban und anderen mili- tanten oppositionellen Kräften Einhalt gebieten können, gesunken. Allein mit einer glaubwürdigen zivilen Aufbaustrate- gie, die militärisch gegen Angriffe von außen abgesi- chert ist, können Voraussetzungen geschaffen werden, die es ermöglichen, einen Stufenplan für die Verantwor- tungsübergabe an die afghanische Regierung auszuarbei- ten. Die internationale Gemeinschaft ist sich weitgehend einig, dass die internationale Militärpräsenz zeitlich be- fristet sein soll; also muss sie sich auch aktiv dafür ein- setzen, dass die Voraussetzungen für einen Abzug ge- schaffen werden. Mir fehlt es an den internationalen Anstrengungen, den zivilen Aufbau des Landes so vo- ranzutreiben, dass terroristischen Angriffen der Boden für ihre Unterstützung durch die Bevölkerung entzogen wird. Da ich mich aus humanitären Gründen weder für ei- nen Sofortabzug der bewaffneten deutschen Streitkräfte aus Afghanistan aussprechen kann, noch mit dem Antrag der Bundesregierung für eine Fortsetzung der Beteili- gung bewaffneter deutscher Streitkräfte einverstanden bin, weil es an einem durchgreifenden Strategiewechsel für den verstärkten zivilen Aufbau in Afghanistan fehlt, werde ich dem Antrag der Bundesregierung nicht zu- stimmen, sondern mich enthalten. A s t J b s m d d r 1 d g s V i R K z n d b s r l u e m K c g u w d g m h (C (D nlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Monika Lazar, Winfried Herrmann, Hans-Christian Ströbele, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Irmingard Schewe-Gerigk, Dr. Harald Terpe und Peter Hettlich (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag der Bun- desregierung: Fortsetzung der Beteiligung be- waffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheitsunterstützungs- truppe in Afghanistan (International Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf der Grundlage der Resolution 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Reso- lution 1833 (2008) des Sicherheitsrates der Ver- einten Nationen (Tagesordnungspunkt 6 a) Den Antrag der deutschen Bundesregierung auf Fort- etzung der Beteiligung der Bundeswehr an der interna- ionalen Sicherheitsunterstützungstruppe lehnen wir ab. Die Sicherheitslage in Afghanistan wird von Jahr zu ahr schlechter. Die Zahl der Opfer bei Anschlägen und eim Antiterrorkrieg steigt dramatisch. Im Jahr 2008 ind bisher über 3 000 Menschen getötet worden, dabei ehr als 1 000 Zivilisten, darunter viele Frauen und Kin- er. Tausende wurden verwundet und verstümmelt. Fast ie Hälfte der zivilen Opfer fällt der US-Luftkriegsfüh- ung zum Opfer. ACBAR, eine Dachorganisation von 00 Hilfsorganisationen, gibt an, dass der Sommer 2008 er bisher verlustreichste war seit 2001. Die Zerstörun- en von Gebäuden und Versorgungseinrichtungen über- teigen häufig den Wiederaufbau. Der Krieg wurde vor sieben Jahren begonnen, um die erantwortlichen für die Anschläge vom 11. September n den USA der Gerechtigkeit zuzuführen, so die UN- esolution vom Herbst 2001. Sie rechtfertigt nicht einen rieg gegen die Taliban für einen Regimewechsel oder ur Aufstands- und Widerstandsbekämpfung in Afgha- istan. Seit Jahren zielt jedoch die militärische Gewalt er ausländischen Truppen auf die Vernichtung der Tali- an und des Widerstandes im Land. Die Ergebnisse die- er Strategie sind verheerend. Die rücksichtslose Antiter- orbekämpfung vor allem der US-Truppen schürt und egitimiert Racheakte und Anschläge; sie ist nicht nur nverantwortlich, sondern auch kontraproduktiv. Dem- ntsprechend hat sich die Sicherheitslage seit 2004 noch- als deutlich verschlechtert, obwohl seit Beginn des rieges die Zahl der eingesetzten Nato-Soldaten auf irca 65 000 deutlich angehoben wurde. Ein Ende der Eskalation des Krieges ist nicht in Sicht, anz im Gegenteil. Gerade auch als Folge der Eskalation nd Kriegsführung werden diejenigen, die bekämpft erden sollen, immer stärker. Die zunehmende Gewalt es Krieges ist die Hauptursache dafür, dass der Hass ge- en die ausländischen Truppen wächst und sich immer ehr am Krieg gegen diese beteiligen. Politische und umanitäre Ziele werden unerreichbar. Der britische 19592 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) Botschafter Cowper-Coles hat leider recht, wenn er sagt, die ausländischen Truppen in Afghanistan seien „Teil des Problems, nicht der Lösung.“ Die Gewaltspirale kann aber durch immer mehr Soldatinnen und Soldaten und militärische Mittel nicht durchbrochen werden. Ge- rade asymmetrische Kriege können militärisch nicht ge- wonnen werden. Es ist aus unserer Sicht unklug und unverantwortlich, einfach so weiterzumachen. Überfällig ist es, eine Alter- native zur Eskalation der Gewalt zu entwickeln. Not- wendig ist ein verantwortbarer militärischer Rückzug in kalkulierten Schritten. Doch alle Forderungen nach ei- nem Strategiewechsel sind ohne Umsetzung geblieben, im Gegenteil, die Bundesregierung will das deutsche Truppenkontingent nur erhöhen. Trotz gegenteiliger Be- hauptungen bleiben die zivilen Anstrengungen weit hin- ter den militärischen zurück. Während nicht einmal die zugesagten 50 Polizeiausbilder nach Afghanistan ge- schickt werden, wird die Zahl der Soldatinnen und Sol- daten von 3 500 auf 4 500 erhöht. Die Kosten alleine dieses Mandates für 14 Monate betragen 688 Millionen, während die Ausgaben für den zivilen Aufbau gerade mal etwa ein Viertel davon ausmachen. Wir halten fest: Die bisherige Strategie ist gescheitert, sie schadet und verschärft den Krieg. Ein Wechsel der Strategie – weg vom Militärischen, hin zum Zivilen – ist nicht in Sicht. Deshalb lehnen wir den Antrag der Bundesregierung ab. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Claudia Roth (Augsburg), Kerstin Müller (Köln), Bär- bel Höhn, Britta Haßelmann, Kai Gehring, Thilo Hoppe, Rainder Steenblock, Katrin Gö- ring-Eckardt, Wolfgang Wieland, Volker Beck (Köln) und Ulrike Höfken (alle BÜND-NIS 90/ DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteili- gung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanis- tan (International Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolution 1386 (2001) und folgender Reso- lutionen, zuletzt Resolution 1833 (2008) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Tages- ordnungspunkt 6 a) Zum siebten Mal entscheidet der Bundestag über die Fortsetzung der Bundeswehrbeteiligung an der Interna- tionalen Sicherheitsunterstützungstruppe ISAF in Afghanistan. Wir Abgeordnete haben zu prüfen, ob die- ser von den Vereinten Nationen mandatierte Einsatz sei- nem Auftrag gemäß zur Gewaltminderung und zu einem sicheren Umfeld für den Aufbau des von mehr als 20 Jahren Krieg zerstörten Landes beiträgt, ob der Ein- s v w E u A t w d r k t s s 2 a ä M u b l s r m t d f t t b d w r o k m n S K s m u a Z E s s G e (C (D atz weiterhin aussichtsreich und angesichts der Opfer erantwortbar ist. Die Prüfung wird erschwert dadurch, dass die Ent- icklung in den verschiedenen Landesteilen und die insatzrealität in den Regionen sehr unterschiedlich sind nd ihre realitätsnahe Wahrnehmung durch oft pauschale fghanistan-Bilder verzerrt wird. Wenn die Bundeswehr in Afghanistan als Besatzungs- ruppe agieren würde, wenn der Aufbau gescheitert äre, dann wäre ein zügiger Truppenabzug das Gebot er Stunde und ein Nein zum Antrag der Bundesregie- ung die notwendige Konsequenz. Doch dem ist nicht so. Gerade nördlich des Hindu- usch, wo die Bundesrepublik besondere Verantwortung rägt, sind Aufbaufortschritte unverkennbar: in der Ge- undheitsversorgung, in der Trinkwasser- und Stromver- orgung, im Schulwesen. Wenig bekannt ist, dass seit 006 der Mohnanbau in den Nordprovinzen praktisch uf null ging. Hier treten die internationalen ISAF-Soldaten unver- ndert als Unterstützungstruppe auf. Sie sind bei der ehrheit der Bevölkerung immer noch gut angesehen nd gewünscht. Trotz vermehrter Anschläge bleiben sie esonnen und lassen sich nicht zum Krieg gegen die Mi- itanten verführen. Die ISAF-Truppen kurzfristig abzuziehen, hätte eine chnelle Explosion der Gewalt und einen Destabilisie- ungsschub Richtung Pakistan zur Folge. Das sagen ein- ütig und eindringlich gerade Vertreterinnen und Vertre- er der demokratischen afghanischen Zivilgesellschaft, enen wir Grüne uns seit Jahren besonders verbunden ühlen. Insofern ist die Fortsetzung der deutschen ISAF-Be- eiligung notwendig und unverzichtbar. Die Tornados ragen mit ihren Aufklärungsfotos zwar auch zur Auf- auabsicherung bei. Leider unterstützen sie aber auch in- irekt eine Art der militärischen Gegnerbekämpfung, die ir ablehnen. Insbesondere der von der Bundesregie- ung versprochene Beitrag zur Reduzierung von Zivil- pfern ist angesichts gestiegener Opferzahlen nicht er- ennbar. Die Anhebung der Kontingentsobergrenze ist mit ver- ehrter Ausbildungshilfe, der Wahlabsicherung im ächsten Jahr und mehr Flexibilität plausibel begründet. ie bedeutet nicht eine zunehmende Verstrickung in den rieg in anderen Landesteilen. Zugleich sehen wir mit großer Beunruhigung, wie ich seit zwei Jahren die Sicherheitslage in Afghanistan assiv verschlechtert, wie der Krieg in Teile des Südens nd Ostens zurückgekehrt ist, wie Anschläge, Luft- ngriffe und Zivilopfer zunehmen. Damit wachsen weifel an der Wirksamkeit und Verantwortbarkeit des insatzes insgesamt. Angesichts dieser Abwärtsspirale bedarf es ganz be- onderer Anstrengungen, um die negative Dynamik zu toppen und umzukehren. Seit zwei Jahren drängen die rünen und viele andere auf einen Strategiewechsel und ine Aufbauoffensive. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19593 (A) ) (B) ) Wie verhält sich dazu die Bundesregierung? Im Antrag der Bundesregierung und insbesondere ih- ren Publikationen werden unbestreitbare positive Ent- wicklungen unzulässig verallgemeinert, werden die Negativentwicklungen weitgehend ausgeklammert, wird die Lage beschönigt. Auch nach sieben Jahren Afghanis- tan-Engagement verweigert die Bundesregierung eine ehrliche Bestandsaufnahme. In der NATO kneift die Bundesregierung vor der Klä- rung des strategischen Dissens zwischen Primat der mili- tärischen Terrorbekämpfung und Aufbauabsicherung, wodurch die Friedenskonsolidierung hintertrieben wird. Die im Einzelnen guten deutschen Aufbauanstren- gungen werden nur nachjustiert, aber nicht an den wach- senden Herausforderungen ausgerichtet. Die Bundes- regierung hat keinen Plan, was sie mittelfristig in ihrem Hauptverantwortungsbereich erreichen und an Ressour- cen mobilisieren will. Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat seit dem letzten Herbst zehn konstruktive Anträge in den Bundes- tag eingebracht, um Druck zu machen für Kurswechsel und Aufbauoffensive. Trotz durchweg positiver Reaktio- nen aus den Reihen der Koalition wurden alle Anträge abgelehnt – nur, weil sie von der Opposition kamen. Seit Monaten forderten die Grünen, aber auch der Bundeswehrverband und viele Afghanistan-Experten in Zivil und Uniform die Bundesregierung auf, im Bundes- tag ein umfassendes Mandat zur Abstimmung zu stellen, in dem auch zentrale Ziele, Schritte und Ressourcen des zivilen Aufbaus verbindlich festgelegt werden. Das wäre ein glaubwürdiges Zeichen dafür gewesen, energisch den Aufbaurückstand anzugehen. Auch diese Chance ließ die Bundesregierung ungenutzt. Gerade weil wir den Erfolg des internationalen und deutschen Afghanistan-Engagements für dringend not- wendig halten und wollen, sind wir so beunruhigt über die Selbstzufriedenheit und Halbherzigkeit der Afgha- nistan-Politik der Bundesregierung. Sie untergräbt damit mittelfristig den Sinn des Einsatzes und den Sinn des Engagements der vielen guten Fachleute vor Ort, die aus Deutschland dorthin entsandt wurden, der Diplomaten und Soldaten, der Entwicklungshelfer und Polizisten. Über diese schweren politischen Versäumnisse kön- nen wir nicht hinwegsehen. Deshalb ist für uns der An- trag der Bundesregierung nicht zustimmungsfähig. Zugleich sind wir uns der Wirkung öffentlicher Bot- schaften gerade von Mandatsentscheidungen in Deutsch- land und in Afghanistan sehr bewusst. Unsere Kritik an der Politik der Bundesregierung würde auch ein Nein begründen. Allerdings beinhaltet ein Nein unserer Auffassung nach das große Risiko, nicht als Kritik an der Politik der Bundesregierung ver- standen, sondern als Signal zum schnellen Abzug und aus „Flucht aus der Verantwortung“ missverstanden zu werden. Beides wollen wir ausdrücklich nicht. Wir wol- len auch nicht die Fehlinterpretation, als wollten wir den Tausenden die „rote Karte“ zeigen, die von Bundestag und Bundesregierung dorthin geschickt wurden und dort u r k W f s g a d W A w d d f u A z 2 2 r s K g D d n d g w a „ a k b l b k k M a (C (D nter hohen Belastungen und Risiken insgesamt hervor- agende Arbeit leisten. Deshalb werden wir uns der Stimme enthalten. Das ist ein Ausdruck von Unentschiedenheit, sondern ein arnsignal wie das Gelblicht der Ampel: Wir stehen zu unserer Verantwortung für Afghanistan, ür seine Menschen und die internationale VN-Gemein- chaft, für die Fortsetzung des deutschen ISAF-Beitra- es. Wir distanzieren uns dabei von dem Ruf nach Sofort- bzug einerseits, von der halbherzigen Politik der Bun- esregierung andererseits. Wir stehen für Kurswechsel und Aufbauoffensive. ir setzen uns ein für realitätstüchtige und ehrgeizige ufbauschritte, die eine Perspektive für einen verant- ortbaren Truppenabzug eröffnen. Wir lassen die von mehr als 20 Kriegsjahren geschun- enen Menschen in Afghanistan nicht im Stich. Um das urchzuhalten, reichen aber Bekenntnisse nicht aus. Da- ür bedarf es einer strategisch klaren, energischen Politik nd größerer Kraftanstrengungen. nlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags Arbeitsmarktinstru- mente auf effiziente Maßnahmen konzentrie- ren (Tagesordnungspunkt 9) Gabriele Lösekrug-Möller (SPD): Das Wichtigste uerst: Die Forderungen des FDP-Antrags vom 7. Mai 008 sind überholt. Schon drei Wochen später, am 6. Mai 2008, lag der Referentenentwurf der Bundes- egierung zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpoliti- chen Instrumente vor. Anfang Oktober passierte er das abinett, und wir werden ihn im November beraten und ern mit Ihnen von der FDP gemeinsam verabschieden. as Gesetz soll mit Jahresbeginn 2009 in Kraft treten. Das Gesetz setzt die Politik des Forderns und För- erns in den Arbeitsmarktreformen fort. Es wird Sie icht überraschen, dass der Gesetzentwurf schlüssiger, ifferenzierter und damit zielführender als der vorlie- ende Antrag der FDP ist. Der ist damit nicht nur in den esentlichen Punkten als erledigt zu betrachten. Er ist uch dort, wo er widersprüchlich ist, beispielsweise mehr öffentliche Ausschreibung vs. freie Förderung“, bzulehnen. Haben Sie von der FDP vor kurzem im Plenum noch ritisiert, dass die Förderinstrumente der Agentur für Ar- eit so unübersichtlich seien, dass sie nicht einmal zah- enmäßig zu erfassen sind, so zeigt der Antrag: Sie ha- en gezählt, vielleicht ein bisschen zu eifrig, denn Sie ommen auf eine Zahl von 70 Förderinstrumenten. Wir ommen auf 52! Wie auch immer: Sie kritisieren diesen aßnahmenkatalog zu Recht als zu umfangreich. Wir uch! Genau dieses Problem löst nun unser Gesetz, dem 19594 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) Sie deshalb sicher viel Sympathie entgegenbringen. Was regeln wir? Mehr Entscheidungsspielraum für die Vermittler. Sie bekommen mit dem neuen Vermittlungsbudget ein In- strument, das viele Einzelvorschriften ersetzt. Sie ent- scheiden freier, was für die Person, die vor ihnen sitzt, notwendig ist, um in Arbeit zu kommen. Das stärkt Handlungsspielräume im Einzelfall, maßgeschneiderte Angebote werden möglich. Vergeblich habe ich in Ihrem Antrag nach einer Lö- sung gesucht für Menschen, denen die Eintrittskarte für den Arbeitsmarkt fehlt. Es sind die ohne Schulabschluss. Von den ca. 3 Millionen Arbeitslosen sind insgesamt circa 500 000 ohne Schulabschluss, die meisten von ih- nen sind Langzeitarbeitslose. Was noch schlimmer ist: Jährlich verlassen mehr als 70 000 junge Menschen die Schule in Deutschland ohne einen Abschluss. Leider müssen wir damit der Schulpolitik unserer Bundesländer ein schlechtes Zeugnis ausstellen. Das ist nicht ausrei- chend, das ist sogar schlechter als mangelhaft, das ist einfach ungenügend. Unser Gesetz gibt ihnen die Chance, ihren Schulabschluss nachzuholen. Sie bekom- men ein Recht darauf, ihre persönliche Eintrittskarte zu erarbeiten. Denn die beste vorsorgende Arbeitsmarktpo- litik ist gute Bildungspolitik. Neben dem fehlenden Schulabschluss sind man- gelnde Deutschkenntnisse die größte Hürde, um erfolg- reich in Beruf und Weiterbildung zu sein. Deshalb wer- den wir auch die Sprachförderung als Regelinstrument einführen. Wir wollen auch weiterhin Innovation in den Regio- nen ermöglichen. Deshalb wird es die Möglichkeit zur freien Förderung im Rahmen des SGB II geben. Ich ma- che keinen Hehl daraus, dass mir der derzeitig geplante Budgetanteil dafür noch zu gering ist. Ich stelle fest: Auch hier gibt es tendenziell Übereinstimmung mit dem FDP-Antrag. Doch zurück zur Reduzierung der Instrumente: Ja, auch die große Koalition räumt an dieser Stelle auf. Künftig soll es nur noch 30 Förderinstrumente geben. Damit kann flexibler, unbürokratischer und individueller in Arbeit vermittelt werden. Besonders das Vermitt- lungsbudget ist ein Sprung nach vorne für die Menschen. Es stärkt die Entscheidungsfreiheit der Vermittler vor Ort: Hier sind neun Instrumente zusammengefasst, die bisher einzeln bewilligt werden mussten – wie zum Bei- spiel Bewerbungs- und Umzugskosten. Mit dem Entwurf wird die Vermittlung als Kernbereich der Ar- beitsmarktpolitik gestärkt und entbürokratisiert. Lokale Handlungsräume werden gestärkt. Die Arbeitsvermittler vor Ort können freier und bedarfsgerechter, individueller und gezielter helfen. Wirksame Instrumente werden weiterentwickelt. Un- wirksame werden abgeschafft. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass irgendjemand in diesem Haus dieser Veränderung nicht zustimmen könnte. Das ist eben nicht mehr „Konfektionsware von der Stange, Ärmel zu lang und Hose zu kurz“, sondern maß- geschneiderte Hilfe. Das verlangt hohe Professionalität, d g w l S d d s p P d b u n e g m d a w M d t s d r s b t b d h E n i i W A a b N s t f l d (C (D eshalb legen wir Wert auf ordentliche Arbeitsbedingun- en für Vermittler. In den nächsten drei Jahren wollen ir insgesamt mehr als 9 000 feste Stellen für Vermitt- ungsarbeit zusätzlich bereitstellen. Dass wir bei diesem chritt keine Zustimmung der Liberalen erwarten, wer- en Sie verstehen. Wesentliches Ziel unserer vorsorgen- en Arbeitsmarktpolitik ist es, das Risiko der Arbeitslo- igkeit zu verringern. Bildung und Qualifizierung stehen deshalb im Mittel- unkt. Start und Neustart zu ermöglichen ist unsere flicht dem Einzelnen gegenüber, genauso wie die Soli- argemeinschaft der Beitragszahler vorsorgende Ar- eitsmarktpolitik erwarten kann. Wir sorgen für Effizienz in der Arbeitsvermittlung – nd dies noch klarer und zielgenauer, als es Ihr Antrag ahelegt. Uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten geht s darum, dass Arbeitssuchenden motiviert ein Neustart elingt. Wir stärken die Kultur der Zweiten Chance. Da- it legen wir einen weiteren Grundstein für Erfolge auf em Arbeitsmarkt. Ein altes chinesisches Sprichwort – und es könnte uch ein sozialdemokratisches sein – besagt: Um für ein Jahr zu planen, pflanze Reis, um für ein Jahrzehnt zu planen, pflanze Bäume – um für ein Jahrhundert zu planen, bilde Menschen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, auch enn wir Ihren Antrag ablehnen, lassen Sie uns für die enschen gemeinsam langfristig planen! Dirk Niebel (FDP): Die Bundesregierung hat nichts azu beigetragen, dass die Arbeitslosenzahlen im Sep- ember auf den niedrigsten Stand seit 16 Jahren gefallen ind. Und entgegen einiger optimistischer Prognosen, ass die Zahl auch unter drei Millionen fallen könnte, echnen wir eher damit, dass die Finanzkrise und der ab- ehbare Konjunkturabschwung wieder zu steigenden Ar- eitslosenzahlen führen werden. Das wurde auch vorges- ern durch die Prognose der Wirtschaftsinstitute estätigt. Noch immer ist die Sockelarbeitslosigkeit, die Zahl er Langzeitarbeitslosen und der älteren Arbeitslosen och. Die gute Arbeitsmarktlage ist an den ALG-II- mpfängern vorbeigegangen. Ihre Situation hat sich icht wesentlich verbessert. Eine schnellere Vermittlung n Beschäftigung hat nicht stattgefunden. Das Personal st mit Verwaltungs- statt Vermittlungsaufgaben befasst. eder wurden neue Sozialversicherungspflichtige rbeitsplätze für Geringqualifizierte und Langzeit- rbeitslose geschaffen, noch wurden die Anreize zur Ar- eitsaufnahme attraktiv gesetzt. Statt einen geregelten iedriglohnsektor einzuführen, der auch diesen Men- chen die Chance auf Beschäftigung gibt, werden wei- ere Arbeitsplätze durch die geplante Einführung von lächendeckenden Mindestlöhnen gefährdet. Mindest- öhne werden Arbeitsplätze in die Schwarzarbeit ver- rängen und dadurch die Chancen von Langzeitarbeits- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19595 (A) ) (B) ) losen verschlechtern. Wir haben schon heute morgen ausführlich darüber debattiert. Das arbeitsmarktpolitische Programm der schwarz- roten Koalition, sofern man überhaupt von einem Pro- gramm sprechen kann, zeigt Aktionismus auf den fal- schen Feldern. Ja, es wurden Arbeitsplätze geschaffen. Zum Beispiel an den Sozialgerichten, um der wachsen- den Flut an Klagen von ALG-II-Empfängern begegnen zu können. Und vor allem bei der Bundesagentur für Ar- beit, damit die Anträge per Hand schneller bearbeitet werden konnten. Die Gesetze wurden nämlich schneller geändert, als die Programmierer ihre Software anpassen konnten. Dazu muss man allerdings sagen, dass nur Lö- cher geflickt wurden, ohne das Netz so zu sanieren, wie es notwendig gewesen wäre. Arbeitsminister Olaf Scholz hat jetzt auch endlich sei- nen Gesetzentwurf zur Neuausrichtung der arbeitsmarkt- politischen Maßnahmen vorgelegt. Von einer Halbierung der Zahl der Förderinstrumente war die Rede gewesen. Das ist ihm nicht gelungen. Das wundert uns aber nicht. Selbst die Bundesregierung weiß nicht, über wie viele Maßnahmen die aktive Arbeitsmarktpolitik verfügt. Ich zitiere aus der Antwort auf unsere Kleine Anfrage, Drucksache 16/10048: „Für die Zählung der Instrumente bzw. Leistungen der aktiven Arbeitsmarktpolitik gibt es in Deutschland kein zwischen den unterschiedlichen Ak- teuren bei der Bundesagentur für Arbeit, der Bundesre- gierung und der Wissenschaft gemeinsam festgelegtes Konzept.“ Nun soll es 27 Einzelpositionen weniger geben, 5 In- strumente werden neu geschaffen, zum Beispiel Vermitt- lungsbudgets und Experimentierbudgets. Nichts wirk- lich Neues. Und er will weitere 1 900 Stellen für Vermittler einrichten, und 9 700 befristet eingestellte Vermittler sollen Dauerarbeitsverträge erhalten – trotz der aktuell rückgängigen Arbeitslosenzahlen. Er rechnet schon mit konjukturell schwierigen Zeiten. Und nur am Rande: Auch der geplante Rechtsan- spruch auf einen Hauptschulabschluss ist nur ein Pla- cebo und hilft den Arbeitsuchenden nicht weiter. Deutschland braucht eine Weiterbildungsoffensive mit einem Sofortprogramm zur Qualifizierung von Men- schen ohne Schulabschluss. Durch den Rechtsanspruch wird die Qualität des Hauptschulabschlusses nicht er- höht und erhält schon gar nicht die Wertschätzung, die er verdient. Die SPD hat ihre Glaubwürdigkeit weiter be- schädigt. Den Rechtsanspruch auf einen Hauptschulab- schluss hat sie durchgesetzt und in den Ländern fordert sie die Abschaffung der Hauptschule. Vom Aufschwung haben Kurzzeitarbeitslose überpro- portional profitiert. 70 Prozent der Erwerbslosen sind immer noch ALG-II-Empfänger. In den rund 80 Arbeits- förderungsinstrumenten sind fast 1,5 Millionen Men- schen geparkt, die deshalb in der offiziellen Arbeitslo- senstatistik gar nicht auftauchen. Darunter sind viele Maßnahmen, die nicht zur Integration in den ersten Ar- beitsmarkt beitragen, aber von der Solidargemeinschaft teuer bezahlt werden. Jeder Euro, der für unbrauchbare Maßnahmen ausgegeben wird, fehlt zum Beispiel für die Senkung des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung. N t n l k S z E s z m h l f s l t o s w v b h r m r n e r m m n f a i m d l M g P d E e I b r s a m m I w A (C (D iedrigere Steuern und Abgaben sind ein wichtiger Bei- rag zur Arbeitsplatzsicherung und tragen zur Schaffung euer Arbeitsplätze bei. Einige Maßnahmen hätten wegen erwiesener Untaug- ichkeit schon längst aus dem Katalog gestrichen werden önnen. Diese Geldverschwendung geht zulasten der olidargemeinschaft, die schwarz-rote Koalition hat sie u verantworten. Der schon seit Januar 2006 vorliegende valuierungsbericht der Bundesregierung „Die Wirk- amkeit moderner Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ ur Wirkung der Umsetzung der Vorschläge der Kom- ission „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ atte schon zahlreiche Vorgaben geliefert. So ist schon änger bekannt, dass Beschäftigte in Arbeitsbeschaf- ungsmaßnahmen (ABM) aufgrund dieser Tätigkeit päter als vergleichbare andere Arbeitslose ihre Arbeits- osigkeit durch eine Integration in Erwerbsarbeit beende- en. Mit einer Vielzahl von Erlassen, Richtlinien und Ver- rdnungen wird versucht, Einzelfallgerechtigkeit herzu- tellen, ohne Berücksichtigung des Verwaltungsauf- ands und der damit verbundenen Kosten. Auch der om Kabinett gebilligte Gesetzentwurf des Bundesar- eitsministers bleibt durch faule Kompromisse und halb- erzige Reformen weit hinter den Notwendigkeiten zu- ück. Die Evaluation von arbeitsmarktpolitischen Maßnah- en ist eine Daueraufgabe. Die FDP hat schon vor Jah- en die Entrümpelung der arbeitsmarktpolitischen Maß- ahmen gefordert. Arbeitsmarktpolitik ist nur dann ffektiv und effizient, wenn es gelingt, mit möglichst ge- ingem Mitteleinsatz Arbeitslosigkeit zu vermeiden oder öglichst rasch durch Integration in den ersten Arbeits- arkt zu beenden. Alle arbeitsmarktpolitischen Maß- ahmen sind dringend auf Umfang, Wirksamkeit und Ef- izienz zu überprüfen und das Förderinstrumentarium uf Maßnahmen zu begrenzen, die zu einer Integration n den ersten Arbeitsmarkt führen. Die Förderinstru- ente sind möglichst unbürokratisch auszugestalten. Der Maßnahmenkatalog kann deutlich reduziert wer- en, ohne dass dadurch Einbußen bei der Arbeitsvermitt- ung zu befürchten sind. Die arbeitsmarktpolitischen aßnahmen können in wenigen Kategorien zusammen- efasst werden. Alle Programme müssen strikt nach rinzipien der Effizienz öffentlich ausgeschrieben wer- en. Der zuständige Träger muss nach pflichtgemäßem rmessen flexibel, effektiv und am Einzelfall orientiert ntscheiden können. Diese beiden Prinzipien liegen im nteresse der Beitrags- und Steuerzahler. Um das Ziel einer Eingliederung in den ersten Ar- eitsmarkt zu erreichen, muss die Zielgruppenorientie- ung bei den Arbeitsmarktinstrumenten deutlich verbes- ert werden. Die Maßnahmen sollten sich ausschließlich uf die Arbeitslosen mit den gravierendsten Risikomerk- alen beschränken. Gleichzeitig müssen die Maßnah- en Gelegenheit zur praxisnahen Qualifizierung bieten. hre Laufzeiten müssen verkürzt werden. Auch darf ährend der Maßnahmen die Vermittlungsberatung und rbeitsplatzsuche nicht eingestellt werden. 19596 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) Die sogenannte freie Förderung für eigene, selbst konzipierte Maßnahmen muss erweitert werden. Die zu- ständigen Akteure sollen weitere Entscheidungsbefug- nisse, aber auch mehr Verantwortung für den Maßnah- meneinsatz und dessen Wirkung bekommen. Damit werden die Innovationsfähigkeit in der Arbeitsmarktpo- litik und der Wettbewerb unter den verantwortlichen Trägern gefördert. Darüber hinaus sollen die Träger der Grundsicherung vor Ort Maßnahmen an den individuel- len Voraussetzungen der Langzeitarbeitslosen und den örtlichen Gegebenheiten ausrichten können, wenn die Instrumente des SGB III nicht passen. Formen öffentlich subventionierter Beschäftigung wie 1-Euro-Jobs müssen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Sie dürfen nur der Wiedererlangung not- wendiger Arbeitstugenden und einer Überprüfung der Leistungsbereitschaft dienen. Die private Arbeitsver- mittlung soll stärker als bisher die staatlichen Vermitt- lungsbemühungen ergänzen. Sie ist in der Lage, eine effiziente, den Ansprüchen eines modernen Arbeits- marktes gerecht werdende Vermittlungsdienstleistung zu erbringen. Die Vermittlungsgutscheine müssen marktgerecht ausgestaltet werden. So soll ein Anspruch ab dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit bestehen und die Gültigkeit über die gesamte Dauer der Arbeitslosigkeit gehen. Ihre Einsatzmöglichkeiten werden flexibel ausgestaltet. Die aktuelle Ausgestaltung der Vermittlungsgutscheine bie- tet zu wenig Anreiz und hat sich in der Praxis als nicht flexibel genug erwiesen. Die Festlegung einer absoluten, nicht am Einkommen orientierten Höchstprämie bedeu- tet faktisch eine Regulierung des Preises für eine Ver- mittlung und wirkt wettbewerbsverzerrend. Qualifika- tion, Erwerbsbiografie und Vermittlungshemmnisse werden durch diese Festprämie praktisch nicht berück- sichtigt. Vermittlungsleistungen müssen zu Marktpreisen angeboten werden können. Die Entrümpelung ist wichtig, damit unsere Beitrags- und Steuermittel nur für effektive Maßnahmen ausgege- ben werden und die Arbeitsuchenden von diesen Maß- nahmen auch profitieren können. Darüber hinaus muss auch das Chaos bei der Betreuung von Langzeitarbeits- losen durch Arbeitsagenturen, Kommunen und Arbeits- gemeinschaften beseitigt werden. Wir wollen, dass alle Arbeitslosen in kommunalen Jobcentern betreut und be- raten werden, weil die Kommunen besser auf indivi- duelle Problemlagen und den regionalen Arbeitsmarkt reagieren können. In dieser Auffassung werden wir von vielen Optionskommunen unterstützt, die erfolgreich am Arbeitsmarkt agieren. Nur die Bundesregierung weigert sich, die Leistung der Optionskommunen anzuerkennen. Kornelia Möller (DIE LINKE): Opel geht in Kurzar- beit, die Auftragslage in der Autozulieferindustrie ist dramatisch – und Sie, liebe FDP-Kollegen, wollen die Stellschraube für Erwerbslose noch anziehen. Wer jetzt bei der Arbeitsmarktpolitik einspart, hat keine Ahnung davon was die Menschen in diesem Land brauchen. Was heute Not tut, sind Ideen und Vorschläge, um den realwirtschaftlichen Auswirkungen der katastrophalen Finanzkrise entgegenzusteuern, die sich abzeichnet. B m ( w r n V j i b a w u l w t f w t u t m l d J s l R a M w w A e k n m i b e w z E s g k B l B i A b d f (C (D Sehen Sie sich um! Opel habe ich genannt, .auch MW ist betroffen. Zulieferer Knorr-Bremse rechnet it 30 Prozent Auftragsrückgang. Und König & Bauer 2007: 8 200 Beschäftigte, 1,7 Milliarden), einer der eltweit größten Druckmaschinenhersteller, also Be- eich Maschinenbau, fährt die Viertagewoche und weiß icht, wie es weitergehen soll. Das bayerische Wirtschaftswunder, das immer als orzeigeobjekt deutscher Wirtschaft galt, erlebt bereits etzt schon große Einbrüche und viele Menschen werden hren Arbeitsplatz verlieren. Deshalb kann es nicht um Einsparungen in der Ar- eitsmarktpolitik gehen, sondern um die Bereitstellung usreichender Mittel. Es geht vor allem darum, die nach ie vor zu hohe Langzeitarbeitslosigkeit einzudämmen nd die arbeitsmarktpolitische Schiefläge Ostdeutsch- ands zu beenden. Und das geht nicht mit mehr Markt, ie es der FDP vorschwebt, nicht mit einer weiter priva- isierten Arbeitsmarktpolitik – wie im FDP-Antrag ge- ordert und längst durch Untersuchungen widerlegt urde –, sondern nur durch eine Stärkung der Gestal- ung des Arbeitsmarktes durch die öffentliche Hand. Wir betrachten es deswegen auch als völlig falsche nd verhängnisvolle Entscheidung der Großen Koali- ion, die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung noch- als – sogar auf 2,8 Prozent zu senken. Mehr als 5 Mil- iarden Euro werden nach Aussage von BA-Chef Weise eswegen 2009 in der Kasse fehlen. 2009 wird aber das ahr der Wende auf dem Arbeitsmarkt werden. Es wird ich mit aller Deutlichkeit zeigen, dass die von Ihnen al- en gepriesene Arbeitsmarktreformpolitik, die „Hartz- ichtung“, alles andere als richtig war und keinen Anteil m Aufschwung des Arbeitsmarktes der vergangenen onate hatte. Das ist schon ein Stück aus dem Tollhaus, enn uns der Arbeitsminister weiß machen will, dass es, ie er sagt: „gerade in raueren Zeiten sinnvoll sei, durch bsenkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung twas zur Stärkung der Konjunktur zu tun“. Wir erleben eine „raueren Zeiten“ – wir erleben den Crash des Fi- anzsystems und seine Folgen. Doch zurück zum FDP-Antrag, da steht: „Arbeits- arktpolitik ist nur dann effektiv und effizient, wenn es hr gelingt, mit möglichst geringem Mitteleinsatz Ar- eitslosigkeit zu vermeiden oder möglichst rasch zu be- nden.“ Mit möglichst geringen Mitteleinsatz, egal in elchen Job. Die Menschen scheinen Ihnen gleichgültig u sein. Genau das hatten wir doch die ganze Zeit! Mit dem rgebnis, dass die Hälfte des viel gepriesenen Auf- chwungs am Arbeitsmarkt durch prekäre Beschäfti- ungsverhältnisse, Leiharbeit und Minijobs zustande am. Und das ist der Weg zur weiteren Aushöhlung der innennachfrage. Nein, wir brauchen kein weiteres neo- iberales Kürzungsprogramm, dass die Bürgerinnen und ürger die Zeche zahlen lässt. Und es reicht auch nicht, m Klein-Klein von Detailveränderungen zur bisherigen rbeitsmarktpolitik stehen zu bleiben. Die gesamte Ar- eitsmarktpolitik muss neu orientiert werden! Es braucht azu eine einheitliche Organisation der Bundesagentur ür Arbeit, um eine einheitliche Arbeitsmarktpolitik mit Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19597 (A) ) (B) ) gleichen Rechten und Pflichten für alle Erwerbslosen durchsetzen zu können. Es braucht dazu eine breitere Förderung voll sozial- versicherungspflichtiger Beschäftigung. Es braucht dazu einen übersichtlichen Instrumentenkasten, der sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert und nicht an kurzfristiger Gewinnmaximierung. Es braucht dazu qua- litativ hochwertige Weiterbildungsangebote, statt billiger Weiterbildung von ausgebeuteten Weiterbildnern ange- boten. Und natürlich gehören 1-Euro-Jobs endlich abge- schafft. Und durch öffentlich geförderte Beschäftigung ersetzt, wie Sie unserem Antrag entnehmen können. Es ist ein Gebot der Stunde endlich die Regelsätze der Grundsicherung anzuheben. Ich fasse zusammen: Es braucht letztendlich eine gute Arbeitsmarktpolitik ohne die Stigmatisierung und die Einteilung von Erwerbslosen in zwei Klassen – weg von Hartz IV! Ihr Antrag geht an den berechtigten Bedürfnissen er- werbsloser Menschen vorbei und er hält keinerlei Ange- bote für die Menschen bereit, die in nächster Zeit ihre Arbeitsplätze verlieren werden. Deshalb ist Ihr Antrag nicht auf der Höhe der Zeit, natürlich lehnen wir ihn ab. Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf zur Neu- ausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente be- schlossen. Über den reden wir aber hier nicht, sondern wir müssen uns mit einem Platzhalter der FDP begnü- gen. Herr Minister Scholz, es ist gelinde gesagt eine Un- verschämtheit, wie Sie die Menschen, denen die arbeits- marktpolitischen Instrumente helfen sollen und die mit ihnen arbeiten sollen, hängen lassen. Ab Januar 2009 soll Ihr Gesetz gelten und bis heute liegt es dem Bundestag nicht offiziell vor. Es gibt aus al- len Ecken Kritik und erheblichen Nachbesserungsbe- darf, aber Sie stellen sich nicht der Auseinandersetzung. Sie setzen offensichtlich auf eine kurze Beratung unter Zeitdruck. So wollen Sie unangenehme Wahrheiten un- ter den Tisch kehren. Denn sicher ist eins: Wenn Sie nicht im Frühjahr die weiteren Leistungen weitgehend beschnitten hätten, hätten wir jetzt weniger Probleme und hätten uns eine Menge Zeit und Ärger sparen kön- nen. Denn erst dadurch sind die Spielräume der ARGEn und Optionskommunen für passgenaue Hilfen erheblich eingeschränkt worden. Leidtragende dessen sind vor allem Migranten, Jugendliche und Alleinerziehende; häufig genug haben sie mit besonders schweren Vermitt- lungshemmnissen zu kämpfen. Sie brauchen aber indi- viduelle Förderung und keins von den Massenpro- grammen, mit denen Sie und Ihre große Koalition den Instrumentenkasten in den letzten Jahren aufgebläht ha- ben. Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Die Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente ist überfällig. Wir Grünen stehen für die Abkehr von ei- ner zentral gesteuerten und durchregulierten Arbeits- m p n l G e m w t j w b s S z m n d w s L d s z B k n g w f g s I d d s – l A s (C (D arktpolitik. Wir stehen für eine dezentrale, flexible und assgenaue Unterstützung. Dafür brauchen wir nur we- ige Instrumente. Diese müssen aber auf den individuel- en Fall zugeschnitten werden können – also viel mehr estaltungsspielraum bieten als heute. Das alles wollen Sie angeblich auch, aber Ihr Entwurf rfüllt diese Anforderung überhaupt nicht. Das kann ich it wenigen Beispielen zeigen. Sie bieten eine neue freie Förderung als Ersatz für die eiteren Leistungen an. Aber schon die Mittelausstat- ung reicht nicht an den Bedarf heran: 130 Millionen ährlich wollen Sie zur Verfügung stellen, aber 2007 urde mehr als das Vierfache – rund 600 Millionen – ge- raucht. Sie erschweren die dringend erforderliche Zu- ammenarbeit zum Beispiel mit der Jugendhilfe, weil ie das Vergaberecht zwingend vorschreiben wollen. Sie erstören damit Schnittstellen zwischen den Hilfesyste- en, anstatt sie zu fördern. Das Vergaberecht soll auch im SGB III für alle Maß- ahmen zwingend werden. Die Erfahrungen zeigen aber, ass dadurch vor allem ein Preiswettbewerb entfacht urde, der zulasten der Qualität der arbeitsmarkt- und ozialpolitischen Maßnahmen gegangen ist und zu ohndumping beim Lehrpersonal geführt hat. Sie wollen iese hochproblematische Praxis ausbauen, die Standard tatt Flexibilität produziert hat. Über den Experimentiertopf kann nicht mehr die ein- elne Arbeitsagentur entscheiden, das soll in Zukunft die A in Nürnberg machen. Das ist Zentralismus in Rein- ultur. Der Hauptschulabschluss, über den Sie sich seit Mo- aten mit der Union gestritten haben, ist besonders är- erlich. Denn das, was Sie jetzt im Angebot haben, urde bisher einfach über die weiteren Leistungen ge- ördert. Stattdessen haben Sie ein zusätzliches durchre- uliertes Einzelinstrument geschaffen; Verschlankung ieht anders aus, Flexibilität sowieso. Wir stehen vor gewaltigen Herausforderungen; mit hren Vorschlägen sind Sie nicht zu bewältigen. Sie pre- igen Handlungsfreiheit und Entbürokratisierung, aber e facto setzen sie immer noch auf Durchgriff und Wei- ung. Damit werden Sie Ihre selbstaufgestellten Ziele Vollbeschäftigung und die weltbeste Arbeitsvermitt- ung – gewiss nicht erreichen. Wir werden erheblich nacharbeiten müssen. nlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus der Höchstspannungsnetze – Antrag: Stromnetze zukunftsfähig ausbauen (Tagesordnungspunkt 10 und Zusatzpunkt 16) Marko Mühlstein (SPD): Noch nie waren wir so ehr auf elektrischen Strom angewiesen, wie in der heu- 19598 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) tigen Zeit, dem 21. Jahrhundert. Oder anders: Der elek- trische Strom ist aus unserem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Die Stromleitungen, die zur Über- tragung benötigt werden, sind nicht nur für Unterneh- men, sondern für unsere gesamte Gesellschaft zu Le- bensadern geworden. Für jeden Einzelnen von uns ist es fast selbstverständlich Teil der Daseinsfürsorge. Den- noch gibt es große Lücken und einen enormen Ausbau- bedarf des deutschen Stromnetzes. Der weitere Ausbau der Stromnetze in der Bundesre- publik Deutschland ist Kernelement zukunftsfähiger Energiepolitik. Denn wir wollen erstens die erneuerba- ren Energien zielstrebig weiter ausbauen. Zweitens brau- chen wir neue konventionelle Kraftwerke und drittens streben wir einen europaweiten grenzüberschreitenden Stromhandel an. Ziel ist es, langfristig eine Kopplung der Strommärkte in der EU zu erreichen. Im vorliegenden Gesetzentwurf sind die vordringli- chen Vorhaben beschrieben, die bereits 2005 von der Deutschen Energieagentur definiert wurden. Seitdem ist aus unterschiedlichen Gründen nicht ge- nügend passiert. Im Jahr 2007 wurden von den Übertragungsnetzbe- treibern 884 Millionen Euro in Netzinfrastruktur inves- tiert, das sind jedoch nicht mal 80 Prozent ihres eigenen Jahresziels. Der Notwendigkeit des schnellen Netzausbaus wird im Gesetz zur Beschleunigung des Höchstspannungsnet- zes Rechnung getragen: Denn es wird erstmalig einen Bedarfsplan geben. Wir wollen, wie beim Infrastrukturplanungsbeschleuni- gungsgesetz, den Rechtsweg auf eine Instanz reduzieren. Zudem wird für die Netzanbindung von Offshore-Wind- kraftanlagen ein Planfeststellungsverfahren eingeführt. Ich wohne im Bundesland Sachsen-Anhalt. Ein Bun- desland, in dem bereits heute über 20 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Gerade dort werden die Chancen und Risiken des Netzausbaus auf verschiedenen Ebenen bereits heute sehr deutlich. Die Frage ist nicht wie, sondern ob uns der schnelle Ausbau gelingt. Ich plädiere dafür, die Frage der Erdver- kabelung unideologisch zu betrachten! In Wohn- oder Naturschutzgebieten sind Erdkabel aus meiner Sicht eine sehr sinnvolle Alternative. Und weil die Erdkabel auf 110-kV-Ebene kostenseitig durchaus interessant sind, bin ich sehr für die Aufnahme der 110-kV-Ebene in den Gesetzentwurf. Der Erfolg des Gesetzes ist wichtig für die Versor- gungssicherheit und die Stabilität des Stromnetzes. Der Netzausbau ist eine energiepolitische Schlüsselfrage, deshalb fordere ich alle Akteure, insbesondere die Ener- giekonzerne auf, sich konstruktiv an der wichtigen Auf- gabe zu beteiligen. Engelbert Wistuba (SPD): Wir befassen uns heute erster Lesung mit dem Gesetz zur Beschleunigung der Höchstspannungsnetze. Dies ist ein zentraler Baustein d p c T e M s e d b h R g n o s d v b R z S g z e d E n l A B e H 4 Z h g 3 d n a z t f m P s n v g n d f e S s (C (D es zweiten Teils des Integrierten Energie- und Klima- rogramms. Bereits im Juni haben wir einen maßgebli- hen Teil des Energie- und Klimapakets umgesetzt. rotz aller Unkenrufe der Opposition sind wir also auf inem guten Weg, bis Ende des Jahres die Mitte 2007 in eseberg verabschiedeten Eckpunkte vollständig umzu- etzen und damit konkrete Rahmenbedingungen für eine rfolgreiche Energie-und Klimapolitik zu schaffen. Grundlage für das Energieleitungsausbaugesetz, über as wir heute reden, sind einerseits die ehrgeizigen Aus- auziele für erneuerbare Energien. Durch die im Juni ier beschlossene EEG-Novelle haben wir attraktive ahmenbedingungen für einen Ausbau der Windkraft eschaffen. Dieser Ausbau wird vorrangig an küsten- ahen Standorten in Nord- und Ostdeutschland sowie ffshore, also vor der Küste erfolgen. Hierbei handelt es ich jedoch in den wenigsten Fällen um die Gegenden, in enen der Strom – insbesondere von der energieintensi- en Industrie – auch benötigt wird. Die Energiever- rauchszentren liegen eher im Süden und Westen der epublik. Wir benötigen also entsprechende freie Kapa- itäten auf der Höchstspannungsebene, um den Nord- üd und Ost-West-Transit des Stroms auch tatsächlich ewährleisten zu können. Das derzeitige Netz, das in den vergangenen Jahr- ehnten im Wesentlichen von verbrauchsnaher Strom- rzeugung geprägt war, ist darauf nicht vorbereitet. Die ena-Netzstudie hat 2005 – unter breiter Beteiligung von nergieversorgern, Netzbetreibern, den Verbänden der er- euerbaren Energien und der Wissenschaft – einen erheb- ichen Ausbaubedarf des Höchstspannungsnetzes zur bleitung des prognostizierten Windstroms ermittelt: is 2015 müssen für die Integration von 20 Prozent erneu- rbarer Energien in das Verbundnetz 850 Kilometer öchstspannungsleitungen neu gebaut und weitere 00 Kilometer verstärkt werden. Dieser ambitionierte eitplan scheint kaum mehr zu halten zu sein – und wir aben gerade beschlossen, den Anteil erneuerbarer Ener- ien an der Stromerzeugung bis 2020 auf mindestens 0 Prozent auszubauen. Darüber hinaus werden im Rahmen der Erneuerung es überalterten Kraftwerksparks zunehmend konventio- elle Kraftwerke in Norddeutschland und insbesondere n der Küste geplant und gebaut. Das hat schlicht damit u tun, dass es günstiger ist, den Strom durchs Land zu ransportieren als den Brennstoff. Das gilt insbesondere ür Kohle. Die besten Kraftwerksstandorte liegen nun al direkt an der Küste. Die von mir bereits erwähnten robleme des Stromtransits werden dadurch noch ver- tärkt. Ich möchte in diesem Zusammenhang noch eine dritte eue Aufgabe des Stromnetzes ansprechen, die in den ergangenen Jahrzehnten nur eine untergeordnete Rolle espielt hat: Die Bereitstellung von Kapazitäten für ei- en europaweiten Stromhandel und -transport. Neben em Ausbau der Kuppelkapazitäten erfordert die Schaf- ung eines einheitlichen europäischen Energiemarktes inen Ausbau von Höchstspannungsleitungen, um den tromtransit ermöglichen zu können. Auf EU-Ebene ind mit den transeuropäischen Elektrizitätsnetzen be- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19599 (A) ) (B) ) reits prioritäre Trassen identifiziert worden, deren Neu- oder Ausbau für das Zusammenwachsen des europäi- schen Strommarkts notwendig ist. Die Netzbetreiber ha- ben mit den Planungen für den Neu- und Ausbau zahlrei- cher Höchstspannungsleitungen teilweise bereits vor mehreren Jahren begonnen. Die Projekte kommen jedoch kaum voran, weil die Dauer der Genehmigungs- verfahren in Deutschland zu nicht vorhersehbaren Ver- zögerungen führt. Darauf hat nicht zuletzt die Bundes- netzagentur im Januar dieses Jahres im Rahmen einer Auswertung der Netzzustands- und Netzausbauberichte der Übertragungsnetzbetreiber hingewiesen. Zusätzlich bilden sich zunehmend lokale Widerstände gegen Höchstspannungs-Freileitungen. Wenn wir unsere ehrgeizigen energie- und klimapoli- tischen Ziele erreichen wollen, dann müssen wir mit dem Netzausbau entscheidend vorankommen. Der hier vorliegende Gesetzentwurf ist ein entscheidender und dringend notwendiger Schritt auf diesem Weg. Ein we- sentliches Element ist die Aufstellung eines Bedarfs- plans mit der Definition von Höchstspannungsleitungen des vordringlichen Bedarfs, der alle fünf Jahre fortge- schrieben wird. Für diese Vorrangprojekte wird der Rechtsweg – in Analogie zum Infrastrukturplanungsbe- schleunigungsgesetz – auf das Bundesverwaltungsge- richt als erste und letzte Instanz verkürzt. Weiterhin wird für Leitungen zur Netzanbindung von Offshore-Wind- kraft ein Planfeststellungsverfahren eingeführt. Diese Maßnahmen sind eine wesentliche Voraussetzung, um die mit dem Gesetz angestrebte und notwendige Be- schleunigungswirkung tatsächlich zu erreichen. Der zweite zentrale Punkt ist die Festlegung von vier Pilotvorhaben, in denen der teilweise Einsatz von Erdka- beln getestet werden soll. Dies ist sicherlich der umstrit- tenste Punkt des Gesetzes, um den auch zwischen den Ressorts heftig gerungen wurde. Die vier Pilotprojekte sind so ausgewählt worden, dass sie die Trassenverläufe mit den größten lokalen Widerständen – beispielsweise wegen der Querung von Natur- und Landschaftsschutz- gebieten oder besonders geringen Abständen zur Wohn- bebauung – abbilden. Ich persönlich hege eine gewisse Sympathie für den Einsatz von Erdkabeln. Bei Verab- schiedung des Gesetzes sollten wir allerdings auch si- cher sein, dass der Einsatz von Erdkabeln wirklich zur Beschleunigung des Verfahrens durch Abbau regionaler Widerstände führt. Als Wirtschaftspolitiker sind mir die damit verbundenen Kosten natürlich nicht gleichgültig. Ein zeitlicher oder technischer Mehrwert könnte diese Investitionen rechtfertigen. Das setzt allerdings die tech- nische Gleichwertigkeit von Freileitungen und Erdka- beln voraus. Freileitungen sind seit Jahrzehnten bei Höchstspannungsleitungen Stand der Technik. Bei Erd- kabeln dagegen gibt es – bezogen auf die Nutzung als Wechselstromleitung auf Höchstspannungsebene an Land – bisher nur wenige internationale Erfahrungen, auf die wir zurückgreifen können. Als Tourismuspoliti- ker erlaube ich mir auch die Feststellung, dass Freilei- tungen aus landschaftsgestalterischen Gründen nicht überall wünschenswert sind. Bevor wir endgültig die Teilverkabelung von Höchstspannungstrassen mit Erd- kabeln zulassen, sollten wir sicher sein, dass die einge- s f s u t g w s A ß v h t w e w t ü v s d B d h a w B d e l z w B h m A n d d g w n S k s d t (C (D etzte Technologie auch ausgereift ist. Ich plädiere daher ür ein umfangreiches Monitoring der Pilotprojekte. Wir ollten in den Beratungen der kommenden Wochen vor- rteilsfrei prüfen, ob der Einsatz von Erdkabeln den echnischen Anforderungen entspricht. Die Beschleuni- ung des Ausbaus der Höchstspannungsnetze ist not- endig. Lassen Sie uns den dafür notwendigen Rahmen chaffen. nlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Bundesverant- wortung für den Steuervollzug wahrnehmen (Tagesordnungspunkt 11) Antje Tillmann (CDU/CSU): Mit schöner Regelmä- igkeit bringt die Linkspartei Vorschläge zum Steuer- ollzug. Leider sind diese oft schlecht recherchiert und äufig auch nicht auf dem aktuellen Stand. Dieser An- rag heute ist da aber wirklich ein „Highlight“: Die Vor- ürfe, die gegen Landes- und Bundesfinanzverwaltung rhoben werden, sind entweder veraltet, falsch oder un- ahr. An einigen Stellen kommen dem Leser des An- rags der Linkspartei ernste Zweifel, ob die Antragsteller berhaupt der Diskussion um einen effizienteren Steuer- ollzug in der Föderalismuskommission gefolgt sind. Der Beschlussantrag der Linksfraktion wird im We- entlichen mit Stellungnahmen und Gutachten begrün- et, die bereits vor der Föderalismusreform I liegen. So müssen wir uns tatsächlich mit einem Zitat des MF vom 11. Mai 2004 beschäftigen, wonach die Län- er in „Versuchung geraten, die Intensität der Steuerer- ebung an zweifelhaften standortpolitischen Interessen uszurichten“. Dabei haben die Kollegen der Linken ohl die Föderalismuskommission I verschlafen. Der MF hat seitdem verstärkte Weisungsrechte gegenüber en Landesfinanzverwaltungen. Zum Beispiel kann er inen bundeseinheitlichen IT-Einsatz anweisen, einheit- iche Verwaltungsgrundsätze und gemeinsame Vollzugs- iele und Regelungen zur Zusammenarbeit festlegen, so- eit die Mehrzahl der Länder nicht widerspricht. Das undeszentralamt für Steuern hat mehr Einfluss auf In- alte und Verfahren bei den Außenprüfungen bekom- en. Außerdem wurden die Auskunftserteilung und die nzeigen in Steuerfragen verbessert. Überholt ist auch der zitierte Bericht des Bundesrech- ungshofes vom 17. Oktober 2006. Die zugrunde liegen- en Erhebungen konnten die Rechtsänderungen infolge er Föderalismusreform I noch gar nicht berücksichti- en, da sie erst am 11. September 2006 in Kraft getreten aren. Bereits mit der Föderalismusreform I wurde im Fi- anzverwaltungsgesetz eine bessere Koordination der teuerverwaltungen durchgesetzt. Nach § 20 Abs. 1 FVG ann der BMF jetzt einen bundeseinheitlichen IT-Ein- atz anweisen, sofern nicht die Mehrzahl der Länder wi- erspricht. Gerade auf dem Feld der elektronischen Da- enverarbeitung ist seit dem Rechnungshofbericht aus 19600 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) dem Jahre 2006 Grundlegendes verändert worden. Spricht man mit Praktikern der Finanzverwaltung von Bund und Ländern, merkt man sehr schnell, dass nach Fehlschlägen mit dem System Fiskus das nun einver- nehmlich betriebene Konzept KONSENS ein Erfolg ist und Erweiterungen auch werden. Die elektronische Steuererklärung (ELSTER) mit über 100 Millionen übermittelten Steuerfällen jährlich ist ebenso ein Beleg dafür. Gerade in den letzten beiden Jahren wurden weitere IT-Projekte in Angriff genom- men, zum Beispiel die länderumfassende Namensab- frage, die insbesondere eine länderübergreifende Be- kämpfung des Umsatzsteuerbetrugs unterstützt. Ab dem Veranlagungszeitraum 2010 soll die Steuerfestsetzung von den Finanzämtern mit einer einheitlichen Software erfolgen. Auch die Koordination der sogenannten Außenprü- fungen zwischen den Landesfinanzverwaltungen und dem Bundeszentralamt für Steuern wurde verbessert. Die Länder haben die seinerzeit vom Bundesrechnungs- hof geäußerten Kritikpunkte aufgegriffen und ent- wickeln derzeit Kriterien für ein bundeseinheitliches Risikomanagement bei Betriebsprüfungen. Nach Anga- ben der Länder Bayern und Nordrhein-Westfalen das durchschnittliche Mehrergebnis pro geprüften Betrieb seit 2002 mehr als verdoppelt, von rund 57 000 DM auf rund 75 000 Euro im Jahre 2007. Die Linkspartei begründet ihren Antrag wie folgt: „Laut Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8. Dezember 2007 haben Bundesländer ausdrücklich damit um Unter- nehmen geworben, dass sie auf intensive Steuerprüfun- gen verzichten“. Tatsächlich steht in der FAZ unter die- sem Datum: Die Berechnungen über Einsparungen, die durch eine Zentralisierung der Steuerverwaltung zu erzie- len seien, beruhen auf der Annahme, dass einige Landesregierungen auf intensive Steuerprüfungen verzichten, um Wirtschaftsunternehmen zur An- siedlung in ihrem Bundesland zu veranlassen. Wer solche Behauptungen vorträgt, muss sie mit Be- weisen untermauern. Einfach wird es nicht sein, solche Beweise zu finden. Denn der Präsident des Bundesrechnungshofs hat in sei- nem Schreiben vom 19. Dezember 2007 (veröffentlicht als Kommissionsdrucksache 110) geschrieben: Ich möchte ausdrücklich betonen, dass niemand aus dem Kreise der Mitglieder des Bundesrechnungs- hofs den Vorwurf erhoben hat, die Länder würden bewusst den Steuervollzug vernachlässigen. Die Antragsteller hätten Monate lang Zeit gehabt, die zitierte Kommissionsdrucksache zu verwerten. Dem Bundesfinanzminister vorzuwerfen, er habe auf die Forderung der Deutschen Steuergewerkschaft, 10 000 zusätzliche Stellen bei den Finanzämtern zu schaffen, „äußerst zurückhaltend reagiert“, zeigt, dass die Linke von klarer Zuständigkeitsverteilung gar nichts hält. Wie hätte der Bundesfinanzminister denn reagieren s s D B u I K f g m a l P r b d L m s r S z k b d A (C (D ollen? In den Bundeshaushalt zusätzliche Stellen ein- tellen, obwohl die Verwaltung bei den Ländern liegt? as wäre sogar verfassungswidrig. Diese Kritik am MF ist völlig daneben. Zitat aus dem Antrag der Linkspartei: Die Bundesregierung wird ihrer Verantwortung für einen gleichmäßigen Steuervollzug nicht gerecht. Sie hat nicht die Absicht, innerhalb der laufenden Legislaturperiode einheitliche Verwaltungsgrund- sätze, gemeinsame Vollzugsziele oder Regelungen zur Zusammenarbeit der Bundes- und Landes- finanzbehörden zu bestimmen, beziehungsweise allgemeine fachliche Anweisungen zu erteilen. Diese Behauptungen sind so klar und nachweisbar nwahr, dass es den Antragstellern peinlich sein müsste: ch könnte jetzt mindestens 20 Drucksachen aus der ommission zitieren, in denen der BMF sich genau da- ür eingesetzt hat. Wenn Sie Ihrer Verantwortung gerecht eworden wären und in der Föderalismuskommission II itgearbeitet hätten, wüssten Sie das! Ich will nur die ktuellste Drucksache zitieren: Der Bericht der zuständigen AG hält fest: Im Hinblick auf das Thema „Effizienzsteigerung des Steuervollzugs“ sind folgende Punkte strittig: BMF hatte vorgeschlagen, ein allgemeines fachli- ches Weisungsrecht im Bereich der Auftragsver- waltung klarstellend in der Verfassung zu veran- kern. Bei Ihrer Forderung, „zum Konflikt mit den Bundes- ändern überzugehen!“, macht sich nur noch blanke einlichkeit über ihre Vorstellung von Verhandlungsfüh- ung breit. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregie- rung auf, … 4. parallel zu den Verhandlungen zur Steuerverwal- tung in der Föderalismuskommission II die Mög- lichkeiten zu sondieren, auf gerichtlichem Wege ihr Weisungsrecht gegenüber den Ländern geltend zu machen und die Länder zu einem konsequenten Steuervollzug zu verpflichten. Dadurch stärkt die Bundesregierung auch ihre Position in den Ver- handlungen der Föderalismus-Kommission. Zeitgleich zu Verhandlungen Klage zu erheben, wird estimmt das Klima verbessern. Die Länder werden ann bestimmt zu Kompromissen bereit sein. Angesichts der Tatsache, dass die Steuerverwaltung ändersache ist, Steuergesetze regelmäßig der Zustim- ung des Bundesrates bedürfen und für eine Grundge- etzänderung eine Zweidrittelmehrheit auch im Bundes- at erforderlich ist, ergibt der Vorschlag wirklich keinen inn, außer dem, die Verwaltung im Chaos untergehen u lassen. Mit diesem Antrag wird erneut klar, dass es den Lin- en nicht um die Sache geht. Sie hat in der für die Ver- esserung des Steuervollzugs zuständigen Arbeitsgruppe er Föderalismuskommission II nichts beigetragen. uch zu dem am 1. Oktober von dieser Arbeitsgruppe Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19601 (A) ) (B) ) verteilten Bericht hat kein Kommissionsmitglied der Linkspartei Stellung genommen. Uns ist an Effizienzsteigerungen der Steuerverwaltun- gen, gerade auch im Hinblick auf die Gleichmäßigkeit des Steuervollzugs, gelegen. Deshalb haben wir konkrete Vorschläge in die Föde- ralismuskommission II eingebracht – übrigens auch viele andere. Wir haben uns daher in der für die Steuerverwaltung zuständigen Arbeitsgruppe der Föderalismuskommis- sion II dafür eingesetzt, dass die Themen Außenprüfun- gen, Controlling, Datenabgleich und Weisungsrechte einvernehmlich zwischen Bund und Ländern gelöst wird. Die Federführer der Arbeitsgruppe konnten einen Konsens erzielen über folgende Punkte: Erstens: Den Ausbau der Mitwirkungsrechte des Bun- deszentralamts für Steuern bei Betriebsprüfungen. Zitat aus AG2-Papier: Schaffung der Befugnis für das Bundeszentralamt für Steuern, Art und Umfang der Mitwirkung selbst bestimmen zu können. Die Einräumung eines Zustimmungsvorbehalts, bei Abweichung von Betriebsprüfungsergebnissen. Benennungsrechts des Bundeszentralamts für Steu- ern für Steuerpflichtige, die geprüft werden sollen. Zweitens: Kontrolle der Vollzugsziele für die Steuer- verwaltung anhand von vorgegebenen Leistungskenn- zahlen. Der BMF und die jeweilige Finanzbehörde des Lan- des schließen bilaterale Vereinbarungen über Ziele und Leistungsparameter (Kennzahlen) ab. Drittens: Aufstockung der Prüfer beim Bundeszen- tralamt für Steuern um 500 Prüfer. Viertens: Anonymisierte Datenübermittlung für Zwe- cke der Gesetzesfolgenabschätzung. Fünftens: Die Veranlagung von beschränkt Steuer- pflichtigen nach § 50 a EStG wird beim Bundeszentral- amt für Steuern zentralisiert, um Auslandssachverhalte einheitlich und flächendeckend zu betreiben. Diese Vorschläge sind abgestimmt mit dem BMF und den beauftragten Landesministern und liegen der Föde- ralismuskommission II vor. Wir haben uns auch auf kon- krete Gesetzesformulierungen verständigt, sodass einem erfolgreichen Gesetzgebungsverfahren nichts mehr im Wege stehen sollte. Das, meine Damen und Herren von der Linkspartei, sind konkrete Vorschläge für Effizienzsteigerungen im Steuervollzug. Schade, dass Sie sich nicht in die Niede- rungen der Sacharbeit in der Föderalismuskommission II begeben haben, sondern nur alte Phrasen dreschen. Liebe Kollegen der Linken, Sie haben immer noch die Chance, bei Föko II mitzuarbeiten Vielleicht sollten Sie damit knapp zwei Jahre nach dem Start beginnen. Ich bin sehr gespannt. h i n f d s L B s d k s t e F m e e t W g t k d u g a w I a i n n d d t s F d d s e f c t w e d g t g F (C (D Lydia Westrich (SPD): Es ist schon ein paar Jahre er, dass die damalige Parlamentarische Staatssekretärin m Finanzministerium Barbara Hendricks hier im Ple- um die Errichtung einer Bundessteuerverwaltung ge- ordert hat. Die Forcierung der Betrugsbekämpfung hat amals im Vordergrund gestanden. Aber es ging auch da chon um den lückenhaften Steuervollzug in einigen ändern. Diese Forderung wurde als Antrag auf eine undessteuerverwaltung in die Föderalismuskommis- ion I eingebracht und natürlich von den meisten Län- ern abgelehnt. Der unterschiedliche Steuervollzug in den Ländern ist ein neues Problem. Der Bundesrechnungshof hat das chon häufiger angemahnt. Etliche Bundesfinanzminis- er haben sich mit mäßigem Erfolg daran versucht, auf inen besseren Vollzug zu dringen. Aber der Antrag, die inanzverwaltung in Bundesverantwortung zu überneh- en, hat anscheinend doch durchschlagende Wirkung rzielt. Die Kienbaum-Studie mit der Empfehlung für ine Bundessteuerverwaltung als effizientester und er- ragreichster Möglichkeit hat ihr Übriges dazu getan. ir kommen Schritt für Schritt einer effizienteren und leichmäßigeren Behandlung der Steuerangelegenhei- en näher. Deshalb, meine Damen und Herren von der Linken, ommt Ihr Antrag jetzt zur Unzeit. Erstens hinken Sie amit einer längst eingetretenen Entwicklung hinterher, nd zweitens ist es eben nicht so, wie Sie in Ihrer Be- ründung aufführen, dass nur eine umfassende Bestands- ufnahme und deren Bewertung stattfindet. In der Beant- ortung Ihrer Kleinen Anfrage aus dem letzten Jahr sind hnen die Fortschritte aus der damaligen Sicht schon usführlich dargelegt worden. Aber Sie greifen sich ja mmer nur das heraus, was Sie sehen wollen. Das Bundeszentralamt für Steuern erfüllt voll seine euen Aufgaben und erhält weitere Planstellen. Im Fi- anzverwaltungsgesetz wurde die Kompetenz des Bun- es für den Steuervollzug erheblich gestärkt. Das heißt, ass Ihre Forderungen zweitens und drittens quasi unnö- ig sind. Natürlich schöpft das Bundesfinanzministerium eine Möglichkeiten aus, aber im Gegensatz zu Ihren orderungen ist das Ministerium weiter darauf bedacht, ie gemeinsame Einsicht und Zusammenarbeit zu beför- ern. Sie benutzen in Ihrem Antrag das Wort „konsen- uell“ ja beinahe als Schimpfwort: Ich sage Ihnen als hemalige Finanzbeamtin, dass wir im Streit und Zwang ür unser gemeinsames Anliegen überhaupt nichts errei- hen. Das sieht man am Beispiel der gescheiterten Ak- ion „Fiskus“. Es gibt ein Gesamtinteresse, ja eine Gesamtverant- ortung von Bund und Ländern, den Steuervollzug so ffektiv und effizient wie möglich durchzuführen. Und ieses Gesamtinteresse den Bürgern und Bürgerinnen egenüber muss von den Partnern gleichwertig akzep- iert werden. Deshalb halte ich auch nichts davon, mit erichtlichen Entscheidungen zu drohen. Das kann die ronten eher verhärten. Nicht umsonst heißt das neue 19602 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) Datenvernetzungsprogramm „Konsens“, das tatsächlich schon von der Mehrheit der Länder eingesetzt wird. Ich kann aber Ihre Ungeduld nachvollziehen. Wir ha- ben schon so viele Appelle an die Länder gerichtet, ihrer Verantwortung so nachzukommen, damit sich die Steu- erzahler auch gerecht behandelt fühlen. Das Anliegen, das hinter Ihrem Antrag steckt, wird von den Koalitions- partnern schon seit langem vorangetrieben. Vor allem die SPD-Fraktion arbeitet daran, den Steuervollzug über- all effektiv zu haben. Wenn Sie an Länderdaten kommen, werden Sie se- hen, dass SPD-regierte Länder längst reagiert haben. Trotz mangelnder Belohnung im Finanzausgleich haben sie ihre Prüfungsdienste ausgebaut. Da darf ich ruhig mal das Beispiel Rheinland-Pfalz erwähnen. Spenden, hat ein Unternehmer erklärt, gebe er nur in Baden- Württemberg, weil sein Betrieb in Rheinland-Pfalz zu häufig geprüft werde. Das sei Spende genug. Der Finanzausschuss hat vor mehr als zehn Jahren auf Antrag der SPD-Fraktion eine dreitägige Anhörung zur Lage in der Finanzverwaltung durchgeführt. Schon da- mals hatte der Bundesrechnungshof den mangelhaften Steuervollzug gerügt. Immerhin haben wir mit dieser Klimatagung damals erreicht, dass Finanzbeamte eigene Berufsbezeichnungen bekamen, die Aufwertung der Ausbildung als Fachhochschulstudium war dabei und die schnellere Ausstattung der Arbeitsplätze mit Hard- ware. Die Länder waren schon etwas beeindruckt und wollten nicht unbedingt öffentlich vorgeführt werden. Das ist natürlich schon viele Jahre her. Die Steuerge- setze sind seither noch komplizierter geworden. Die Fluchttechniken aus der Steuerzahlung sind durch die neuen Medien noch raffinierter. Neue Erscheinungen wie der Karussellbetrug bei der Umsatzsteuer müssen analysiert und bekämpft werden. Es ist ein Riesenpaket, das auf den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fi- nanzverwaltung lastet. Viele sind frustriert, weil sie den Steuervollzug ihrer Meinung nach nicht so durchsetzen können, wie sie es gelernt haben. Die Masse an Fällen für den Einzelnen ließe eine gründliche Bearbeitung kaum noch zu. Da muss die Steuergerechtigkeit automa- tisch leiden. Es ist sicher übertrieben, innerhalb von Deutschland von „Steueroasen“ zu reden. Aber die For- derung, die Finanzverwaltung in Bundeshand zu geben, kommt auch nicht von ungefähr. Wir sind den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber verpflichtet, zuerst einmal die Steuern hereinzuholen, die angefallen sind. Das verfassungsgemäße Gebot, Bür- ger nach ihrer Leistungsfähigkeit an der Finanzierung der Staatsaufgaben zu beteiligen, darf nicht durchlöchert werden; da sind wir uns alle einig. Es geht um den Weg, wie wir dieser Daueraufgabe gemeinsam gerecht wer- den. Da brauchen wir nicht zu verstecken, dass wir auch Erfolge zu verzeichnen haben. Von der bundesweiten Identifikationsnummer über die elektronische Steuerer- klärung bis zum Verwaltungsabkommen KONSENS ha- ben wir gerade in letzter Zeit langjährige Forderungen der Steuer-Gewerkschaft erfüllt. Das erleichtert die Ar- beit der Finanzverwaltungen. k L m A s b m n W d l d t w s „ s h u a s u g z a g e e ü m A h z B a z k D m s r D e a s g t E n f e n G (C (D Ich bin überzeugt, dass wir auch in der Föderalismus- ommission II ein gutes Stück mehr Verzahnung in den ändern erreichen. Natürlich wäre es schön, das allge- eine Weisungsrecht des Bundes rechtssicher zu haben. ber die Keule der Drohung mit dem Bundesverfas- ungsgericht ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht ange- racht. Damit begegnen wir weder der Personalnot noch angelnder technischer Ausstattung oder befördern die otwendige Zusammenarbeit unter den Verwaltungen. as ich aber glaube, ist, dass wir schon den Druck auf ie Länder aufrechterhalten müssen, um bei der Födera- ismuskommission II ein gutes Ergebnis zu erzielen, das em Gebot der gleichmäßigen Besteuerung Rechnung rägt. Daran können wir alle arbeiten, und dazu brauchen ir keinen großen Konflikt. Wenn ich in der Financial Times warnende Über- chriften lese wie: „Wenn der Fiskus öfter klingelt“ oder: Gutverdienende werden häufiger von Prüfern aufge- ucht“, dann haben die Mängelrüge des Bundesgerichts- ofes, die sich auf die Prüfung von Millionären bezog, nd der Druck des Ministeriums und Parlaments durch- us Wirkung gezeigt. Deshalb bin ich auch ganz zuver- ichtlich, dass sich die Arbeitsgruppe von Bundestag nd Bundesrat mit ihren Vorschlägen zur Effizienzstei- erung der Steuerverwaltung durchsetzen wird. Ihr Antrag „Bundesverantwortung für den Steuervoll- ug wahrnehmen“ kommt nicht nur zur Unzeit, er ist uch falsch und überflüssig. Er impliziert, dass der Bund enau das bisher nicht tut. Aber Sie selbst wissen, dass ine ganze Menge passiert ist, das ja auch erst Wirkung rzielen muss. Es ist auch ungerecht den Ländern gegen- ber, die ihre Verantwortung in hohem Maße wahrneh- en. Wir werden diesen unnötigen Antrag ablehnen. Das nliegen, Steuergerechtigkeit in ganz Deutschland zu aben und den Steuervollzug überall gleichmäßig durch- uführen, wird von den Koalitionsfraktionen und dem undesfinanzministerium weiter als Daueraufgabe vor- ngetrieben. Dr. Volker Wissing (FDP): Dass die Linke eher um Zentralismus neigt, ist so neu ja nicht. Vom Zentral- omitee zum Zentralstaat ist es ja nur ein kleiner Weg. abei gibt es sehr viele positive Aspekte des Föderalis- us. Ein ganz wesentlicher ist zum Beispiel, dass die chlechte Politik einer großen Koalition von einer besse- en Politik in den Ländern aufgefangen werden kann. as von Bundeskanzlerin Angela Merkel irgendwann inmal angekündigte große Durchregieren ist jedenfalls usgeblieben. Im Gegenteil: Frau Merkel beschäftigt ich heute viel lieber mit Durchlavieren als mit Durchre- ieren. Unabhängig von Frau Merkels Moderationsfähigkei- en hat sich der Föderalismus in Deutschland bewährt. r steht für starke Länder und für die Vielfalt der Regio- en. Ein Bereich, in dem regionale Vielfalt aber definitiv ehl am Platze ist, ist die Steuerverwaltung. Eine bundes- inheitliche Steuerverwaltung ist ganz wesentlich für ei- en funktionierenden Wettbewerb. Und sie ist eine rundvoraussetzung für Steuergerechtigkeit. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19603 (A) ) (B) ) Die FDP ist für ihre Forderung nach mehr Steuerauto- nomie für die Länder scharf kritisiert worden. Aber was passiert denn zurzeit? Im Moment haben wir doch das Phänomen, dass großzügige Erlassmaßnahmen und laxe Prüfungspraktiken auf bestem Wege sind, zu einem Standortfaktor zu werden. Ich bin gespannt, wie lange es noch dauern wird, bis das erste Bundesland plakatiert: Wir können alles, außer prüfen. Dabei sind es nicht die Baden-Württemberger, die be- sonders großzügig mit den gemeinsam verwalteten Steu- ern umgehen. Berlin lässt sich in puncto Großzügigkeit nur ungern übertrumpfen. Bei Herrn Sarrazin können sich vielleicht die Arbeitslosengeld-II-Empfänger warm anziehen, säumigen Steuerzahlern bereitet er hingegen ein kuschelig-warmes Umfeld. Bei der veranlagten Ein- kommensteuer hat Herr Sarrazin im Jahr 2005 mal eben auf 2,5 Millionen Euro verzichtet. Bayern hat nur 2,4 Millionen Euro sausen lassen. Aber der rot-rote Se- nat in Berlin kann es sich eben leisten. Wie sehr nicht nur die Steuerprüfung, sondern auch die -erhebung zu einem Standortfaktor geworden ist, verdeutlicht der große Widerstand gegen die vom Bun- desfinanzminister lange geforderte Bundessteuerverwal- tung. Wobei die von den Ländern vertretene Argumenta- tion, dass eine Übertragung der Steuerverwaltung auf den Bund die Länder zu Zuwendungsempfängern des Bundes machen würde, alles andere als einleuchtend ist. Auf der einen Seite fürchten viele Länder mehr Finanz- autonomie wie der Teufel das Weihwasser, auf der anderen Seite wird die Steuerverwaltung zu einem be- sonderen Element der Eigenstaatlichkeit der Länder auf- gebauscht. Daher geht es hier weniger um Hoheits- und Machtfragen, als vielmehr um Steuergerechtigkeit und fairen Wettbewerb. Eine lockere Finanzverwaltung darf nicht zu einem Wettbewerbsvorteil werden. Wer sagt, dies sei auch gar nicht der Fall, muss sich eines Besseren belehren lassen. Der Fall der Unterneh- mensgruppe Drinks & Food ist hier geradezu exempla- risch. Dies Unternehmen finanzierte seine ruinöse Wett- bewerbspolitik ganz wesentlich über die konsequente Nichtbegleichung der Branntweinsteuer. Als das Haupt- zollamt endlich eingriff, beliefen sich die Steuerschulden auf 72 Millionen Euro. Die Verbindlichkeiten machten sage und schreibe 82 Prozent der Bilanzsumme aus. Es ist ehrenwert, dass die Politik um jeden Arbeitsplatz kämpft, aber das darf nicht dazu führen, dass ein unehrli- ches Unternehmen einen Vorteil gegenüber einem ehrli- chen hat. Es ist mehr als schade, dass der Bundesminister der Finanzen mit seiner Maximalforderung nach einer Bun- dessteuerverwaltung so viel politisches Porzellan zer- schlagen hat. Der Sache ist auf jeden Fall nicht gedient, wenn der Bundesfinanzminister zwar dick die Backen aufbläst, ihm dann aber schon auf dem ersten Meter die Luft ausgeht. Manchmal ist weniger auch mehr; dies gilt gerade auch für politische Forderungen. Ich würde es be- grüßen, wenn die Bundesregierung zunächst einmal die ihr zur Verfügung stehenden Mittel und Weisungsrechte nutzt, um einen einheitlichen Steuervollzug zu gewähr- leisten. Erst dann ist absehbar, welche institutionellen u d e S d d z u b g h d w p p n B d n G d t S P d u k m z d n l d k W a f u s F s s l d z g f K f e g G (C (D nd rechtlichen Maßnahmen ergriffen werden müssen, amit in Mecklenburg-Vorpommern nicht anders besteu- rt wird wie in Bayern. Die FDP fordert deshalb eine bundeseinheitliche teuerverwaltung. Wichtig ist nicht die Macht-, sondern ie Vollzugsfrage. Es ist egal, ob die Steuerverwaltungen em Bund oder den Ländern unterstehen, wichtig ist ein- ig und allein, dass überall gleiches Recht für alle gilt, nd zwar nicht nur auf dem Papier, sondern ganz konkret ei der Umsetzung. Dr. Herbert Schui (DIE LINKE): Die Steuergesetze elten für alle gleichermaßen. Das verlangt der Gleich- eitsgrundsatz der Verfassung. Er ist unvereinbar damit, ass Finanzämter „Durchwinktage“ einrichten oder er- ägen, um Einkommensmillionäre nicht mehr zu über- rüfen, unvereinbar damit, dass Bundesländer Sonder- rüfungen „herunterfahren“, dass Steuerverwaltungen zu achlässigem Steuervollzug angewiesen werden, ja, dass undesländer sogar damit um Unternehmen werben, ass sie auf intensive Steuerprüfungen verzichten. Solche Fälle sind allseits bekannt. Der Bundesrech- ungshof stellt seit Jahren regelmäßig fest, dass der leichheitsgrundsatz durch laxen Steuervollzug durch ie Bundesländer verletzt wird. Das Bundesfinanzminis- erium teilt mit, dass die Gefahr einer zweifelhaften tandortpolitik der Bundesländer, zum Beispiel über die rüffrequenz, nicht von der Hand zu weisen ist. Hier steht also seit Jahren der Vorwurf im Raum, dass ie Bundesländer vorsätzlich die Verfassung brechen, m im Standortwettbewerb Vorteile zu erlangen. Das ann das Parlament nicht dulden. Es kann nicht hinneh- en, dass sich die Exekutive weigert, die Gesetze durch- usetzen, die vom Parlament erlassen wurden. Die Bundesregierung hat die Letztverantwortung für en Gesetzesvollzug. Sie wird dieser Verantwortung icht gerecht. Es reicht nicht, regelmäßig die Pflichtver- etzung durch die Bundesländer festzustellen. Die Bun- esregierung ist in der Pflicht, ihre rechtlichen Möglich- eiten zu nutzen. Der Bund verfügt über das konkrete eisungsrecht. Er kann ein Land anweisen, nur speziell usgebildete Mitarbeiter mit einem bestimmten Ver- ahren zu befassen. Bei unzureichender Prüfhäufigkeit nd -intensität durch die Bundesländer ist er zum Ein- chreiten verpflichtet. Der Bund kann spätestens seit der öderalismusreform I einheitliche Verwaltungsgrund- ätze, gemeinsame Vollzugsziele und Regelungen be- timmen und allgemeine fachliche Anweisungen ertei- en. Diese sind für die Bundesländer bindend, solange ie Mehrheit der Länder nicht widerspricht. Sollten ein- elne Länder hiergegen verstoßen, muss die Bundesre- ierung bereit sein, ihre Zuständigkeit vom Bundesver- assungsgericht klären zu lassen, ähnlich wie dies im ompetenzstreit beim Atomrecht der Fall war. Dies er- ordert die Bereitschaft, von der pauschalen Konsensori- ntierung zum Konflikt mit den Bundesländern überzu- ehen. Dies ist bei einem anhaltenden Verstoß gegen den leichheitsgrundsatz angemessen. 19604 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) Das Parlament hat diese Möglichkeiten nicht. Der Bundestag ist aber der Gesetzgeber, dessen Gesetze nicht konsequent vollzogen werden. Im Ergebnis sind diejenigen die Dummen, denen die Steuer direkt vom Lohn abgezogen wird. Es bleibt dem Parlament daher nur, die Bundesregierung zum Handeln aufzufordern – oder eine andere Regierung zu wählen. Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Länderfinanzverwal- tungen zwischen Mecklenburg und Bayern bei der Be- steuerung mit unterschiedlichem Maß messen, zum Bei- spiel beim Prüfungsturnus, durch Stundungen oder Erlass von Steuern. Der Prüfungsturnus von Großbetrie- ben lag zwischen 3,5 und 5,4 Jahren (2005). Mittelbe- triebe werden bestenfalls alle 9,9, im schlechtesten Fall alle 18,4 Jahre geprüft. Bei der Umsatzsteuersonderprü- fung werden im besten Fall 2,5 Prozent der Unterneh- men geprüft, der schlechteste Wert lag bei 1,3 Prozent. Das sind Zahlen der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, das Bundesfinanzministerium rückt sie nämlich nicht raus; das ist auch so ein Skandal, aber dazu später. Das ist Wirtschaftspolitik zulasten des Steuerzahlers. Von ei- ner Gleichmäßigkeit der Besteuerung kann gar keine Rede sein. Die Grünen, aber auch der Bundesrechnungs- hof haben diese Missstände schon seit Jahren kritisiert – substanziell geändert hat sich nichts! Die neuen Weisungsrechte des Bundes gegenüber den Ländern aus der Förderalismuskommission Episode I sind ein stumpfes Schwert. Sie nutzen dem Bund nicht, wenn die Mehrheit der Länder widerspricht, und die Länder widersprechen logischer Weise, wenn der Bund versucht, die Besteuerungspraxis anzugleichen. Die Föderalismusreform II müsste hier nachbessern. Die vom Bundesfinanzministerium gewünschte Bundes- steuerverwaltung wird aber von der Mehrheit der Länder weiterhin abgelehnt. Diese sind allenfalls zu kleineren Zugeständnissen bereit. Um aus dieser Pattsituation he- rauszukommen, schlagen die Grünen vor, dass die Län- der von einem Mehrertrag aus Betriebsprüfung und Steuerfahndung stärker profitieren. Damit hätten sie ei- nen Anreiz, beispielsweise ihre Personaldecke zu stär- ken; denn eine Betriebsprüferin/ein Betriebsprüfer brachte 2007 1,2 Millionen Euro Mehrertrag. Und wir brauchen mehr Transparenz über die unterschiedliche Besteuerungspraxis. Es ist ein politischer Skandal, dass die Bundesregierung länderspezifische Werte verheim- licht, obwohl die Daten vorliegen und dies die unge- rechte Besteuerungspraxis damit schützt. Auf meine Anfragen nach dem Prüfungsturnus in den Bundesländern bekam ich nur die lakonische Antwort, es sei „ständige Praxis des Bundesfinanzministeriums, nur Daten der Steuerverwaltung weiterzugeben, die das gesamte Bundesgebiet betreffen“. Diese Verschleie- rungstaktik ist für die Bürgerinnen und Bürger völlig in- akzeptabel. So geht es nicht, und so darf es nicht bleiben. Die Akzeptanz des Steuersystems durch die Bürgerin- nen, Bürger und Unternehmen hängt ganz entscheidend davon ab, dass gleichmäßig besteuert wird. Unterschied- l d g S m T s n B v 1 e n A z A a s t A s d a n a m z D v d t d E L A d k n G m z 2 2 V o (C (D iche Steuerbelastungen nach dem Gutdünken der Län- erfinanzminister verletzen den Gleichbehandlungs- rundsatz und zu Recht das Gerechtigkeitsgefühl der teuerpflichtigen. Wenn eine gerechte Besteuerung nicht ehr gewährleistet ist, dann wird der Föderalismus zum otengräber der Steuergerechtigkeit. Gleichmäßige Be- teuerung ist eine Bringschuld der Steuerverwaltung! Mehr Koordinierung bei der Steuererhebung macht fi- anziell Sinn. Laut dem Kienbaum-Gutachten für das undesfinanzministerium könnte eine bessere Steuer- erwaltung von Bund und Ländern zwischen 5,8 und 1,5 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen im Jahr inspielen, zum Nutzen aller steuerzahlenden Bürgerin- en und Bürger. nlage 10 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Überführung der Anteilsrechte an der Volkswagenwerk Ge- sellschaft mit beschränkter Haftung in private Hand (Tagesordnungspunkt 12) Paul K. Friedhoff (FDP): Sie werden mir sicherlich ustimmen, wenn ich feststelle, dass Bundesländer keine utohersteller sind. Sie sollten dies aus guten Gründen uch nicht sein. Wenn ein Bundesland trotzdem meinen ollte, einflussreicher Aktionär bei einem Automobilun- ernehmen sein zu müssen, so kann es ein Viertel der ktien kaufen, um eine Sperrminorität zu erlangen. Es ollte aber keine systemwidrigen Sonderregelungen wie as VW-Gesetz in Anspruch nehmen können, die ihm ls staatlichem Aktionär Einflussnahme schon bei einem iedrigeren Aktienanteil garantieren. Eine solche systemwidrige Sonderregelung enthält ber das VW-Gesetz. Dieses auf ein einzelnes Unterneh- en bezogene Gesetz von 1960 privilegiert einen ein- igen Aktionär, in diesem Fall das Land Niedersachsen. as Gesetz hält im Ergebnis potenzielle Investoren da- on ab, Anteile zu kaufen, um Einfluss zu gewinnen, da er Anteilskauf durch die feste Stellung des Sonderak- ionärs weniger attraktiv erscheint. Die europäische Rechtsprechung kritisiert vor allem rei kritische Punkte im derzeitigen VW-Gesetz: Das ntsenderecht erlaubt es sowohl dem Bund als auch dem and Niedersachsen, jeweils zwei Vertreter in den VW- ufsichtsrat zu entsenden, sobald Bund oder Land min- estens zwei Aktien besitzen. Die Stimmrechtsbeschrän- ung verbietet es einem Aktionär unabhängig von sei- em tatsächlichen Kapitalanteil, mehr als 20 Prozent der esamtstimmrechte auszuüben. Die Regelung zur ge- inderten Sperrminorität erlaubt es einem Aktionär, Sat- ungsänderungen bereits mit einem Kapitalanteil von 0 Prozent statt der im deutschen Aktienrecht üblichen 5 Prozent zu blockieren. Die Kombination dieser Regelungen im geltenden W-Gesetz führt dazu, dass Grundsatzentscheidungen hne die Stimmen des Landes Niedersachsen nicht mög- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19605 (A) ) (B) ) lich sind und der Staatseinfluss fixiert ist. Die Privilegie- rung des staatlichen Aktionärs gegenüber den übrigen privaten beschränkt die Kapitalverkehrsfreiheit und ist als Investitionshürde mit dem Europäischen Gemein- schaftsrecht nicht vereinbar. Diese Kapitalverkehrsbe- schränkung ist auch nicht etwa zur Sicherung des Allge- meinwohls notwendig, wie oft behauptet. Die von der Bundesregierung dafür angeführten sozialpolitischen oder gar industriepolitischen Gründe reichen nicht aus. Auch ein Schutz vor feindlichen Übernahmen kann keine Rechtfertigung dafür bieten, VW nicht als norma- les Unternehmen zu behandeln. Dies hat der EuGH mehrfach deutlich gemacht. Die Bundesregierung meint dennoch, die Auffassung des Europäischen Gerichtshofes beharrlich ignorieren zu können. Die Justizministerin probiert einfach weiter am Gesetz herum, ohne eine klare Lösung zu schaffen. Der EuGH wird das VW-Gesetz aber zu Recht erst akzeptie- ren, wenn seine Kritikpunkte ausgeräumt sind. Die Bun- desregierung wird dies wissen. Dennoch ist sie nicht lernwillig, sondern provoziert ein Vertragsverletzungs- verfahren nach dem nächsten. Es kann und darf jedoch nicht sein, dass die deutschen Steuerzahler am Ende von Brüssel verhängte Strafgelder bezahlen müssen, nur weil die Bundesregierung dem Land Niedersachsen eine eu- roparechtswidrige Sonderrolle länger sichern will. Nach Ansicht der FDP sind Vetorechte für den Staat bei einem im Wettbewerb stehenden Unternehmen nicht nötig. Wenn in Unternehmenspolitik vom Staat hineinre- giert werden kann, so ist dies für das Unternehmen kei- nesfalls förderlich. Hat ein Aktionär Sonderrechte, so liegt in dieser Begünstigung klar die Gefahr, dass er sie im Eigeninteresse und zulasten der „normalen Aktio- näre“ ausnutzt. Ein Wegfall von Sonderrechten und „Goldenen Aktien“ ist daher zur Stärkung der Hauptver- sammlung als legitimem Eigentümergremium geboten. Ein besonderer gesetzlicher Schutzwall ist nach unse- rer Meinung für das Unternehmen Volkswagen nicht nö- tig. Der Schutz der Eigentümerinteressen wird ebenso wie die Durchsetzung der Hauptversammlungsbe- schlüsse durch Aktiengesetz und Handelsgesetzbuch für VW – wie für alle anderen Aktiengesellschaften – ge- währleistet. Das Beibehalten eines Einzelfallgesetzes ist unnötig. Nötig dagegen ist, die Volkswagen-Aktienge- sellschaft als ein normales Unternehmen zu betrachten. Da Volkswagen nicht gleicher oder ungleicher ist als an- dere Autobauer, muss der Staatseinfluss konsequent zu- rückgefahren werden. Die Verfechter einer starken Be- teiligung der öffentlichen Hand an diesem Unternehmen sollten bedenken, dass das VW-Gesetz früher einmal „VW-Privatisierungsgesetz“ genannt wurde. Die Volkswagen AG muss in diesem Zusammenhang auch keine Angst vor dem Einstieg beispielsweise von Porsche haben. Wenn bei VW zwölfmal so viel Men- schen wie bei Porsche arbeiten, aber nur sechsmal so viel Autos bauen, zeigt dies, dass für Effizienzsteigerun- gen bei VW durchaus noch Raum ist. Wenn die Bundes- regierung im Fall Volkswagen auf Protektionismus setzt, so torpediert sie damit vor allem die Förderung des europäischen Binnenmarktes. Mitgliedsländer mit pro- t F k d z s u e R i B K A d F L W E I p i w e w s d h t u g n i t r g n v w (C (D ektionistischen Tendenzen in ihrer Industriepolitik wie rankreich, wo häufig auch deutsche Mittelständler dis- riminiert werden, dürften sich durch eine Beibehaltung es VW-Gesetzes bestätigt sehen. Die FDP-Bundestagsfraktion wird sich dafür einset- en, dass bei Volkswagen in Zukunft das Verhältnis zwi- chen Kapitalanteil und Kontrolle wieder proportional nd europarechtskonform nach dem Prinzip „Eine Aktie, ine Stimme“ ausgestaltet wird. Wir streiten für die ückkehr zu den Regeln der sozialen Marktwirtschaft m Prozess um das VW-Gesetz. Einen Dauerstreit der undesjustizministerin mit der EU-Kommission auf osten der Steuerzahler gilt es zu vermeiden. nlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung zu den Anträgen: – Die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen weiterentwickeln – Gesetz zum Ausgleich behinderungsbeding- ter Nachteile vorlegen (Nachteilsausgleichs- gesetz – NAG) – Wettbewerb in der Eingliederungshilfe stär- ken – Wahlfreiheit und Selbstbestimmung der Menschen mit Behinderung erhöhen (Tagesordnungspunkt 13) Hubert Hüppe (CDU/CSU): Wir debattieren heute ie Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der DP-Fraktion sowie über einen Antrag der Fraktion Die inke. Alle Anträge befassen sich in unterschiedlicher eise mit der Zukunft und der Weiterentwicklung der ingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen. ch will nicht verhehlen, dass ich für alle Anträge Sym- athien habe. Eines vorweg: Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion st es ein wichtiges Anliegen, die Eingliederungshilfe eiterzuentwickeln. Auch wir sehen Reformbedarf, um ine moderne und teilhabeorientierte Behindertenpolitik eiterhin zu ermöglichen. Ich glaube, in diesem Punkt ind wir uns fraktionsübergreifend einig. Um jedoch em Anspruch gerecht zu werden, die Eingliederungs- ilfe vor allem zukunftsfest und krisensicher zu gestal- en, braucht es konkretere Veränderungen im SGB XII nd anderen Gesetzen als die in den vorliegenden Anträ- en vorgeschlagenen. Bereits bei der ersten Lesung des Antrages der Grü- en habe ich deutlich gemacht, dass ich mit den Grund- deen weitgehend übereinstimme. Allerdings ist der An- rag an zentralen Stellen nicht zu Ende gedacht, nicht ealisierbar bzw. in einigen Punkten auch falsch. Dies ilt insbesondere für die Kernforderung nach dem soge- annten Teilhabegeld. Wenn man diese Leistung, so wie on Ihnen vorgeschlagen, kostenneutral umsetzen ürde, so würde dies für die meisten Menschen mit Be- 19606 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) hinderungen, die heute Leistungen erhalten, bedeuten, dass sie Einbußen in Kauf nehmen müssten. Sie müssen dann aber auch, liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, so ehrlich sein und das den Betroffenen sagen. Unter dem Gesichtspunkt der Praktikabilität halte ich es für fraglich, ob länderspezifi- sche Nachteilsausgleiche, zum Beispiel das Blindengeld, in ein solches Bundesgesetz – wie das Teilhabegeld – mit einbezogen werden könnten. Sie fordern in Ihrem Antrag eine konsequentere Steuerung des Zugangs zu den Werkstätten für behin- derte Menschen. Dass im Bereich der Steuerung der Zu- gänge in die Werkstätten Handlungsbedarf besteht, sehe ich auch. Aus diesem Grund wird heute noch der Gesetz- entwurf zur Unterstützten Beschäftigung eingebracht. Mit dem Instrument der Unterstützten Beschäftigung wollen wir insbesondere jungen Menschen zu einem Ar- beitsplatz am allgemeinen Arbeitsmarkt verhelfen, die zurzeit nur die Möglichkeit haben, in einer Werkstatt für behinderte Menschen zu arbeiten. Dies ist sicherlich nur ein Mosaikstein, um Alternativen zu schaffen, aber es ist eben viel schwieriger, konkret ein Gesetz zu formulie- ren, als hehre Grundsätze zu bekräftigen. In diesem Zusammenhang ist es eine allgemein be- kannte Tatsache, dass es unter der rot-grünen Bundesre- gierung den mit Abstand höchsten Zuwachs in Werkstät- ten für behinderte Menschen gab. Im Jahre 2002 gab es einen Rekordzuwachs mit über 25 000 zusätzlichen Werkstattplätzen. Dieser Zuwachs war mehr als dreimal so hoch wie im Jahr zuvor und danach. Die außerge- wöhnlich starken Zuwächse fielen genau in die Zeit der rot-grünen Kampagne „50 000 Jobs für Schwerbehin- derte“. Sie hatten damals versprochen, die Zahl der ar- beitslosen Schwerbehinderten um 50 000 bis zum Okto- ber 2002 zu senken. Es stellte sich nur die Frage, wohin diese fast 50 000 weniger Arbeitslosen „entschwunden“ waren. Ob hier zwischen der gesunkenen Zahl an ar- beitslosen schwerbehinderten Menschen und dem außer- gewöhnlichen Zuwachs in Werkstätten im Jahre 2002 ein Zusammenhang bestehen könnte, kann jeder für sich selbst beantworten. Auch will ich darauf hinweisen, dass Sie zu Ihrer Re- gierungszeit gegen die Stimmen der CDU/CSU-Fraktion den Heimbewohnern ab 1. Januar 2005 den Zusatzbarbe- trag in Höhe von bis zu 44 Euro gestrichen haben. Das hat zur Folge, dass gerade alte Menschen in Heimen, auch wenn sie ihr ganzes Leben lang gearbeitet haben, ein deutlich geringeres Taschengeld pro Monat bekom- men als vor der Streichung des Zusatzbarbetrages. Der Antrag der Fraktion Die Linke klingt wie ein Wunschkatalog. Mit dem Antrag wird die Bundesregie- rung aufgefordert, ein Nachteilsausgleichgesetz für Menschen mit Behinderungen vorzulegen. Zwei Anmer- kungen drängen sich mir auf, wenn ich mir den Antrag durchlese. Zum einen: Die Fraktion Die Linke legt kei- nen eigenen Gesetzentwurf vor, sondern fordert die Bun- desregierung auf, ein Gesetz vorzulegen. Zu den Grün- den schweigt sie sich aus. Zum anderen werden in dem Antrag Leistungen auf Bundesebene gefordert, bei de- n d L d t w K a d n u F E A B T s c V a d b L z A m I W t r i F d d k m b u E B s L L d d s w r k g (C (D en nicht ausgeführt wird, wie die Kosten hierfür ge- eckt werden sollen. Es ist schon verwunderlich, dass die Fraktion Die inke in ihrem Antrag neue Leistungen fordert, aber ort, wo sie in der Regierungsverantwortung ist, Leis- ungen für behinderte Menschen kürzt und einspart. So urden in Berlin beispielsweise unter einer rot-roten oalition nicht nur das Blindengeld gekürzt, sondern uch Einsparungen im Bereich der Behindertenfahr- ienste, Mobilitätshilfen und Wohlfahrtsverbände vorge- ommen. Noch ein paar Sätze zum Antrag der FDP-Fraktion nd den darin enthaltenen – vier Sätze umfassenden – orderungen. Die FDP will mehr Wettbewerb zwischen rbringern von Leistungen der Eingliederungshilfe. uch die Union ist dafür, mehr Wettbewerb in diesem ereich zu schaffen. Das gilt auch für den Bereich der eilhabe am Arbeitsleben. Hier gibt es bereits gute An- ätze, beispielsweise in Niedersachsen mit dem Persönli- hen Budget für Werkstattleistungen. Aber: Bei all dem eränderungsbedarf, den wir im Bereich der Leistungs- nbieter ebenfalls sehen, muss darauf geachtet werden, ass die Strukturen, die sich bewährt haben, erhalten leiben. Wettbewerb darf nicht zulasten der Qualität der eistungen gehen. Solange die FDP nicht sagt, wie sie ihre Ideen umset- en will – und das tut sie in ihrem Antrag nicht –, ist der ntrag für uns nicht zustimmungsfähig. Die Reform der Eingliederungshilfe für Menschen it Behinderung ist ein äußerst schwieriges Vorhaben. n manchen Bereichen sind wir schon auf dem richtigen eg, beispielsweise mit der oben genannten Unterstütz- en Beschäftigung. Diese eröffnet die Chance auf einen egulären Arbeitsplatz, sodass die Eingliederungshilfe m Arbeitsbereich der Werkstätten nicht greifen muss. Kürzlich hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ein achgespräch zur Unterbringung von behinderten Kin- ern in Pflegefamilien veranstaltet. Wir waren uns einig, ass Kinder mit Behinderungen, die nicht in ihren Her- unftsfamilien verbleiben können, die Chance bekom- en, in einer Pflegefamilie anstatt in einem Heim zu le- en. Deswegen wollen wir gesetzliche Klarstellungen, m dies zu ermöglichen. Sicher ist: Wir brauchen eine umfassende Reform der ingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen. ei all unseren Forderungen und Verbesserungsvor- chlägen sind wir aber auch auf die Unterstützung der änder angewiesen. Denn: Die Länder tragen in erster inie die Kosten für Eingliederungshilfeleistungen. Wichtigster Grundsatz bei einer Reform der Einglie- erungshilfe ist, dass der Mensch mit Behinderung in en Mittelpunkt gerückt wird. Die Betroffenen müssen elber entscheiden können, wo sie wohnen und arbeiten ollen. Leistungen müssen dem Menschen mit Behinde- ung folgen und nicht der Mensch den Leistungen. Ich bitte Sie alle: Schaffen wir nicht noch mehr Büro- ratie, sondern vereinfachen wir den Behördendschun- el, damit die Betroffenen nicht ständig von Pontius zu Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19607 (A) ) (B) ) Pilatus rennen müssen, um das zu bekommen, was ihnen zusteht. Wir haben hier im Parlament schon oft bewiesen, dass wir – wie vielleicht in keinem anderen Politikbereich – in behindertenpolitischen Entscheidungen über Frak- tionsgrenzen hinweg an einem Strang ziehen können. Gerade die Reform der Eingliederungshilfe dürfte – ge- rade weil so viel auf dem Spiel steht und weil so viele beteiligt sind – eine der schwierigsten politischen Aufga- ben sein. Aber da dieser Nachteilsausgleich so wichtig ist für die Betroffenen, lohnt es sich, weiter daran zu ar- beiten, auch wenn man nicht alles sofort umsetzen kann. Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD): Ich werde es im- mer wieder sagen: Das SGB IX ist ein hervorragendes Gesetz. Wir haben damals gemeinsam gesagt, Leistun- gen müssen aus einer Hand und zu den Menschen kom- men. Das Gegenteil ist heute der Fall – wir alle wissen es, denn wir alle bekommen die Briefe, und Betroffene und Verbände stehen uns jeden Tag auf den Füßen. In der Anhörung wurde sehr deutlich, dass wir großen Hand- lungsbedarf in der Eingliederungshilfe haben und da- rüber hinaus im gesamten Sozialleistungsrecht. Wir ha- ben Strukturen, die zersplittert und für die Menschen undurchsichtig sind. Von Barrierefreiheit und Zugäng- lichkeit kann da keine Rede sein. Wir haben ein System, dass zuerst nach dem Warum einer Leistung fragt und wenig auf individuelle Bedarfe eingeht, ein System, das so unterschiedliche gesetzliche Leistungsansprüche for- muliert, dass eine bloße Zusammenschnürung zu einem Leistungspaket nicht machbar ist. Zu groß sind die bürokratischen Hürden. Zum Bei- spiel ist die Pflegeversicherung noch immer nicht Reha- Träger, obwohl die gesetzlichen Regelungen des SGB IX, die diese Strukturen zur Teilhabe zusammenbinden sol- len, ein Wunsch- und Wahlrecht und einen personenzen- trierten Budgetansatz eingeführt haben. Die guten An- sätze gibt es, das haben wir in der Anhörung gehört. Sie müssen genutzt werden. Deshalb bringt es nichts und ist sogar gefährlich, an diesem System, an dem die Länder großes Mitentscheidungsrecht haben, wahllos herumzu- schneiden. Wir haben die Konferenz der obersten Landessozial- behörden, die über die Grundlinien berät, und nach der ASMK im November wissen wir sicher mehr. Es gibt eine Kommission zur Erarbeitung eines neuen Pflegebe- dürftigkeitsbegriffs. Hier wird es mit Sicherheit auch mehr Ansätze zur Personenzentrierung geben. Wir dis- kutieren derzeit die Ergebnisse. Was wir brauchen, wissen wir: Wir brauchen Perso- nenzentrierung, Assistenz, Transparenz und weniger Bü- rokratie – eben Entscheidungen aus einer Hand. Die Ser- vicestellen funktionieren nicht – das wissen wir. Aber warum nicht? Weil die Kostenträger diese Strukturen nicht akzeptieren und geradezu boykottieren. Sie haben noch immer nicht verstanden, dass wir mit dem SGB IX trägerübergreifende Lösungen ermöglichen wollten, Leistungen aus einer Hand. a v A m D P G s n b W t z b s m s D i d M W s p s d L l v H n n r z g e w L a h g s A n G j H n r b g w n I d k w (C (D Wir brauchen den Aufbau und die Förderung eines mbulanten Beratungs- und Unterstützungssystems, um on den alten stationären Strukturen wegzukommen. Die nhörung hat gezeigt, wie es nicht geht: Es geht nicht it Experimenten wie einem Nachteilsausgleichsgesetz. as würde zu kurz greifen und auch der Komplexität des roblems nicht gerecht werden. Es besteht die große efahr, dass gerade aufgrund des eingeschränkten Per- onenkreises von Menschen mit einem GdB ab 50 Perso- en ausgeschlossen werden und neue Schnittstellenpro- leme zu deren Leistungsansprüchen geschaffen werden. ir wollen ja keine Bewegung zwischen Leistungssys- emen fördern, sondern bedarfsgerechte personen- entrierte Leistungen, die barrierefrei und ohne „Fleisch- eschau“ für den Menschen mit Unterstützungsbedarf ind. Es geht auch nicht über die bloße Forderung nach ehr Markt für Anbieter. Wir wollen doch einen Markt chaffen, auf dem die Betroffenen sich bewegen können. as muss ein Wettbewerb um Qualität sein und nicht um nstitutionelle Effizienz und geringe Kosten. Da bleibt ann wieder alles auf der Strecke, was wir uns für die enschen wünschen, nämlich, dass das Wunsch- und ahlrecht kein Wunschtraum bleibt bzw. nicht von In- titutionen ausgeübt wird. Die Sachverständigen haben in der Anhörung dafür lädiert, die Betroffenen mit mehr Marktmacht auszu- tatten und die Beratung zu verstärken. Das halte ich für en weit besseren Weg, Bewegung in die institutionelle andschaft zu bringen. Denn wir wollen keine Entwick- ung wie in der Pflegeversicherung, wo nicht nur bei pri- aten Trägern längst der Wettbewerb um den billigsten eimplatz läuft. In diese Abwärtsspirale werden nicht ur die Betroffenen, sondern auch die Beschäftigten hi- eingezogen. Im ambulanten und stationären Pflegebe- eich werden deshalb zum Teil sittenwidrige Löhne ge- ahlt. Es muss einen Mindestlohn in diesem Bereich eben. Mehr Markt in der Eingliederungshilfe bedeutet benfalls sinkende Löhne, keine Qualität. Das wollen ir nicht! Wir wollen eine hohe Qualität und gute öhne. Es ist richtig, dass in einem System Leistungs- nsprüche an die Person gebunden werden sollten. Wir aben das mit dem Persönlichen Budget gemacht und lauben, dass man so die Zuständigkeits- und An- pruchszersplitterung in der Reha überwinden kann. uch ein Mindestlohn kann nicht nur auf dem allgemei- en Arbeitsmarkt gelten, er muss auch in der Werkstatt ültigkeit erlangen. Auch dort arbeiten die Menschen eden Tag. Was bekommen sie dafür? Einen Tritt in den intern, einen lumpigen Lohn, die konsequente Anrech- ung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld bei Grundsiche- ungsempfängern, und Sie müssen dann das Essen selbst ezahlen. Sie haben am Ende des Monats, wenn es gut eht, 100 Euro übrig. Im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich ird derzeit ein neues Fass aufgemacht, bei dem man ur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen kann. n § 45 SGB XII ist ganz klar geregelt, dass Menschen, ie auf Betreiben des Fachausschusses in die Werkstatt ommen, als voll erwerbsgemindert gelten. Jetzt haben ir auf Betreiben des BMAS und der BA die Situation, 19608 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) dass Grundsicherungsempfänger im Berufsbildungsbe- reich nicht mehr als erwerbsgemindert gelten sollen. Sie seien eben nicht „dauerhaft“ erwerbsgemindert – obwohl das in der Überschrift des § 45 SGB XII steht und diese Entscheidung des Fachausschusses gilt und auch renten- versicherungsrechtlich bindend ist. Es ist zunächst gut, dass man Menschen in dieser Phase nicht für den Arbeitsmarkt verloren gibt. Aber es ist skandalös, wenn diese Menschen aufgefordert wer- den, Arbeitslosengeld II oder Hilfe zum Lebensunterhalt zu beantragen. Die Menschen werden wieder im System hin- und hergeschoben. In dem gegenwärtigen System werden wir immer wieder mit solchen Fragen konfron- tiert. Warum? Weil dieses gegliederte System streng nach institutionellen Gesichtspunkten strukturiert wurde. Diese historische Entwicklung gilt es endlich aufzubre- chen, damit Menschen mit Behinderung ihre Ansprüche mitnehmen können. Dann brauchen wir auch nicht mehr darüber zu diskutieren, wo und warum welche Leistung hier und nirgendwo anders erbracht werden muss. In der Analyse sind wir uns doch alle einig – nur müs- sen wir in der Konsequenz auch zu übergreifenden Kon- zepten kommen, die unser gemeinsames Anliegen trag- fähig machen. Deshalb ist mein Plädoyer, aus dem SGB IX ein barrierefreies Leistungsgesetz zu entwickeln und das viele Geld im System neu zu verteilen, nämlich so, dass Menschen mit Behinderung gleichberechtigt ihre Leistungen erhalten, wenn sie Unterstützungsbedarf haben, damit Leistungen nach dem Normalitätsprinzip da erbracht werden können, wo es fachlich sinnvoll ist, und nicht da, wo es schon Anbieter gibt. Denn das sind dann immer die Werkstätten in der alten Form. Das sind dann die Wohnheime. Und es gibt viele Träger dieser Einrichtungen, die davon weg wollen. Wir haben eine zunehmende Zahl von Werkstätten, die auf Integrations- betriebe und auf Außenarbeitsplätze setzen. Auch das Modell der virtuellen Werkstatt findet Beachtung. In meinem Heimatland Sachsen-Anhalt gibt es zum Beispiel den CAP-Markt in Quedlinburg; es gibt viele solcher Beispiele. Bei den Wohnheimen möchte ich nur die Evangelische Stiftung Alsterdorf in Hamburg, die Evangelische Stiftung Hephata Mönchengladbach und das Johanneswerk in Bielefeld nennen. Ich konnte mich dort selbst davon überzeugen, wie der Weg in die Nor- malität funktionieren kann. Diese Träger haben ihre Heime aufgelöst und normale Wohnverhältnisse für die Bewohner hergestellt. Hier geht man den Weg der Inklusion. Wir wollen nicht gegen die Institutionen agieren, sondern nur mit ihnen wird es gelingen. Einige haben die Zeichen der Zeit erkannt. Aber unsere Bürokratie hält fest an den alten Pfründen. Davon wollen und müssen wir weg, wenn wir die UN- Konvention ernst nehmen. Denn sie sagt uns doch: Macht endlich etwas für die Chancengleichheit, für die Inklusion und die volle und vor allem wirksame Teil- habe. Deshalb brauchen wir auf dieser Basis einen offe- nen Diskussionsprozess, wie wir ihn schon einmal hatten – bei der Einführung des SGB IX. l d m v z a d W p s M r h d S m B u s g u e n m u v u a s b z t K d n d S d R m R n K g (C (D Wenn heute behauptet wird, das gäbe es in Deutsch- and doch schon, dann sage ich: Ihr irrt, denn ihr kennt ie Situation vor Ort nicht, wo sich Eltern oder Kinder it Behinderung durch Instanzen klagen müssen, um on der Kasse oder dem Sozialamt etwas Hilfe im Alltag u bekommen, das ist unverschämt und menschenver- chtend – einfach skandalös. Wo es noch immer einen irekten Zusammenhang von Förderschulabschluss und erkstattbeschäftigung gibt. Wo sich Menschen mit sychischen Erkrankungen vergeblich um eine wirk- ame Integration in den Arbeitsmarkt bemühen. Wo sich enschen die ständige Kontrolle ihrer Finanzen und ih- es Gesundheitszustandes von der Kita bis ins Pflege- eim gefallen lassen müssen. Wo Menschen mit Behin- erung einen Lohn weit unterhalb jeder sittlichen chwelle erhalten und davon auch noch für ihre Hilfs- ittel zuzahlen müssen. Das nimmt den Menschen mit ehinderung die Würde, und das hängt ganz stark mit nserem gegliederten Leistungssystem zusammen. Die- es wiederum ist Ausdruck unserer Geisteshaltung ge- enüber Menschen mit Unterstützungsbedarf. Das hat ns die Anhörung gezeigt und wir Abgeordnete kennen s von unseren täglichen Gesprächen mit den Betroffe- en und den Verbänden und vor Ort. Sagen wir es deshalb, wie es ist: Nicht einer von uns uss diesen zusätzlichen Aufwand betreiben, um leben nd arbeiten zu können. Nicht einer von uns kann sich orstellen, unter diesen Bedingungen zu leben, immer nter dem Generalverdacht, nur noch mehr Leistungen bgreifen zu wollen. Diese Menschen wollen in der Ge- ellschaft ankommen und nicht länger ausgeschlossen leiben. Warnen muss man jedoch davor, Teillösungen u bevorzugen, wo übergreifende Erneuerung und Wei- erentwicklung gefragt ist. Die Ratifizierung der UN- onvention wird uns dazu das geeignete Instrument an ie Hand geben. Es wird entscheidend sein, ob sich die ächste Bundesregierung auf ein solches Vorhaben mit en Ländern verabreden kann, denn Inklusion ist der chlüssel. Ich möchte deshalb schließen mit den Worten es hochverehrten ehemaligen Herrn Bundespräsidenten ichard von Weizsäcker: „Was nicht erst getrennt wird, uss hinterher nicht integriert werden.“ Heinz-Peter Haustein (FDP): Zu Beginn meiner ede möchte ich gerne darauf verweisen, welch ambitio- ierte Aussagen die schwarz-rote Koalition in ihrem oalitionsvertrag zur Reform der Eingliederungshilfe etroffen hat: Gemeinsam mit den Ländern, Kommunen und den Verbänden behinderter Menschen werden wir die Leistungsstrukturen der Eingliederungshilfe so wei- terentwickeln, dass auch künftig ein effizientes und leistungsfähiges System zur Verfügung steht. Dabei haben der Grundsatz „ambulant vor stationär“, die Verzahnung ambulanter und stationärer Dienste, Leistungserbringung „aus einer Hand“ sowie die Umsetzung der Einführung des Persönlichen Bud- gets einen zentralen Stellenwert. Wir wollen, dass die Leistungen zur Teilhabe an Gesellschaft und Arbeitsleben zeitnah und umfassend erbracht wer- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19609 (A) ) (B) ) den. Hierzu bedarf es der effektiven Zusammen- arbeit der Sozialleistungsträger. Der Bundesarbeitsminister hat in den Beratungen zum Haushaltsentwurf der Bundesregierung nochmals betont, dass man auf gutem Wege sei, zusammen mit den Ländern zu einer Einigung über die Reform der Einglie- derungshilfe zu kommen. Dennoch bleibt es dabei: Trotz vollmundiger, wiederholter Ankündigung ist in drei Jah- ren zur Eingliederungshilfe nichts passiert. Im Gegenteil: Heute ist es wieder einmal an der Op- position, die Bundesregierung anzutreiben und Vor- schläge zur Zukunft der Eingliederungshilfe vorzulegen. Der Antrag meiner Fraktion fokussiert dabei auf die zur- zeit sehr restriktive Zulassung zur Erbringung von Leis- tungen der Eingliederungshilfe, die letztlich zu Nachtei- len für Menschen mit Behinderung führt. Prinzipiell ist für die FDP das Persönliche Budget der beste Weg, um die Wahlfreiheit der Menschen mit Be- hinderung zu stärken und es ihnen zu ermöglichen, das zu ihren Bedürfnissen am besten passende Hilfearrange- ment zu bestimmen. Aber auch das sozialrechtliche Dreiecksverhältnis, der Sachleistungsbezug, soll wettbe- werblicher mit dem Ziel einer Stärkung der Wahlfreiheit und Selbstbestimmung der Menschen mit Behinderung ausgestaltet werden. Voraussetzung hierfür ist ein plura- les Leistungsangebot in einem für neue Anbieter offenen Markt. Dies ist allerdings momentan nicht gewährleistet. Es liegt letztlich im Ermessen des Trägers der Eingliede- rungshilfe, ob ein neuer Anbieter zur Leistungserbrin- gung zugelassen wird. Der Antrag fordert deshalb, die Zulassung zur Erbringung von Leistungen der Einglie- derungshilfe unter Wahrung gesetzlich vorgegebener (Qualitäts-)Standards im Interesse der Menschen mit Be- hinderung offener zu gestalten. Die Interessen der Kos- tenträger sind dabei zu berücksichtigen. Leistungsanbieter haben signalisiert, dass hierbei als erster Schritt schon eine schiedsstellenfähige Ausgestal- tung aller Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII – Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung – hilfreich wäre, was auch in der Anhörung unterstrichen wurde. Ob die Einführung eines Anspruchs auf Zulas- sung, analog der Regelung im SGB XI, auch unter Kos- tengesichtspunkten zielführend wäre, sollte in einem zweiten Schritt geprüft werden. Dabei möchte ich betonen, was in der Anhörung auch unterstrichen wurde, dass mit den im Antrag vorgesehe- nen Änderungen weder eine Beschäftigungsgarantie noch eine Auslastungsgarantie für neu zugelassene An- bieter verbunden ist. Zudem geht es uns nicht um Wett- bewerb um des Wettbewerbs willen. Der Wettbewerb soll hier vielmehr Mittel zum Zweck sein, wenn es da- rum geht, das Wunsch- und Wahlrecht von Menschen mit Behinderung überhaupt erst zu gewährleisten. Ein funktionsfähiger Wettbewerb setzt den Leistungsanbie- tern Anreize, ihre Angebote an den Bedürfnissen der Nutzer zu orientieren. Dass dabei nicht qualitative Min- deststandards über Bord geworfen werden sollen, haben wir ebenfalls explizit im Antrag festgehalten. a d d g l w k D L P s k r e B t r l d s a n B r w b S B f m h n k m b g M l B u z Z d s G t d f d d g (C (D Im Antrag der Grünen sehen wir positive Ansätze, ber auch Sachverhalte die wir kritisieren müssen: Es ist unter allen an der Diskussion um die Reform er Eingliederungshilfe Beteiligten nahezu unstrittig, ass die Differenzierung in der Erbringung von Leistun- en nach Leistungsformen, -orten und -anbietern entfal- en und in Richtung an der Person orientierter Hilfen eiterentwickelt werden soll. Je nach Ausgestaltung önnte die FDP-Bundestagsfraktion dies auch mittragen. ie Finanzierung einer Budgetassistenz als zusätzliche eistung bei Inanspruchnahme von Leistung in Form des ersönlichen Budgets ist ebenfalls zu begrüßen, erlaubt ie es doch auch Menschen mit Einschränkungen im ognitiven Bereich, diese Möglichkeit zu nutzen. Andererseits sollten hinsichtlich eines neuen Verfah- ens zur Erhebung des Unterstützungsbedarfs wie auch ines neuen Behinderungsbegriffs die Ergebnisse des eirates zur Überarbeitung des Pflegebereichs abgewar- et werden, die diese Bereiche unter Umständen tangie- en werden. Selbiges gilt auch für Leistungen der gesetz- ichen Pflegeversicherung in stationären Einrichtungen er Behindertenhilfe. Letzteres hätte zudem, wie auch die Zusammenfas- ung bisheriger Nachteilsausgleiche zu einem Nachteils- usgleich des Bundes, Mehrkosten in durch den Antrag icht bezifferter Höhe zur Folge, einerseits für den und, andererseits für die gesetzliche Pflegeversiche- ung. Auch dies gilt es hier zu beachten und in die Be- ertung des Antrags einzubeziehen. Die FDP hat immer etont, dass die Unterstützung von Selbstständigkeit, elbsthilfe und Selbstbestimmung von Menschen mit ehinderung eine gesellschaftliche Aufgabe ist, die die inanzielle Solidarität zwischen Bund, Ländern und Ge- einden erfordert. Wir werden uns deshalb zum Antrag der Grünen ent- alten. Den Antrag der Linken hingegen werden wir ableh- en. Er enthält zum einen weitreichende Vorhaben ohne onkrete Refinanzierungsvorschläge: aus Steuereinnah- en des Bundes. Zum anderen ist kritisch hervorzuhe- en, dass die Höhe der konkret zu gewährenden Leistun- en grundsätzlich nach bundeseinheitlich festgelegten aßstäben erfolgen soll. Die Tatsache, dass unterschied- iche regionale Preisniveaus keine Auswirkung auf die edarfsfestsetzung haben soll, erscheint unflexibel und ngerecht. Unter dem Punkt der fehlenden Flexibilität ist usätzlich zu kritisieren, dass die Leistungen über einen eitraum von fünf Jahren zu bewilligen sind. Zudem wurde in der Anhörung kritisiert, dass die urch den Antrag getroffene Abgrenzung – die Vor- chläge des Antrags sollen nur für Personen ab einem rad der Behinderung von 50 gelten – Ungerechtigkei- en, neue Bürokratie und Rechtsunsicherheit – man hätte ann ja im Endeffekt zwei verschieden ausgestaltete Hil- esysteme – zur Folge hätten. Insbesondere hinsichtlich er Ungerechtigkeiten ist dies doch verwunderlich, will er Antrag doch eigentlich gegen Ungerechtigkeiten an- ehen. 19610 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) Ich komme zum Schluss noch einmal auf den ein- gangs erwähnten Passus im Koalitionsvertrag zurück: Schwarz-Rot hat drei Jahre Regierungszeit in der Behin- dertenpolitik verschlafen. In dem verbleibenden knap- pen Jahr Ihrer Regierungszeit werden Sie eine grundle- gende Reform der Eingliederungshilfe im versprochenen Umfang nicht mehr bewerkstelligen. Sie haben Ihre Chance nicht genutzt und werden deshalb 2009 keine zweite mehr bekommen. Mit einem herzlichen Glückauf aus dem Erzgebirge! Dr. llja Seifert (DIE LINKE): Bundestagsabgeord- nete bekommen täglich viele Briefe per Post und E-Mail. Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, aber auch Ver- eine, Initiativen, Verbände und Unternehmen wenden sich an uns, mit Problemen, Nöten und Hoffnungen. Ich bekomme als behindertenpolitischer Sprecher meiner Fraktion sehr viel Post von Menschen mit Behinderun- gen. Sie sind wichtig für meine Arbeit, geben wichtige Hinweise und Anregungen, machen aber oft auch betrof- fen und hilflos. Einen Brief vom September aus Bayern möchte ich Ihnen gern auszugsweise zur Kenntnis geben: Ich heiße Kerstin S., bin 33 Jahre alt und habe eine angeborene Querschnittslähmung. Nun zu meinem Problem. Ich arbeite seit etwa zehn Jahren im öffentlichen Dienst, habe also eine „nor- male“ Arbeit. Bisher bin ich in Pflegestufe II einge- stuft, erhalte also 400 Euro. Die Pflege übernehmen noch meine Eltern. Es ist aber so, dass meine Eltern auch nicht mehr so richtig können. Deshalb wollte ich in ein „betreutes Wohnen“ ziehen. Nun der Schock: Die nehmen mich nicht, weil das Geld für meinen relativ hohen Pflegeaufwand nicht ausreicht. Errechnet wurde, dass ich im Monat über 1 200 Euro bezahlen müsste, wenn ich einen Pfle- gedienst nehme. Den restlichen Betrag müsste ich, laut Aussage des Amtes, von meinem Gehalt allein übernehmen. Da bleibt mir ja nichts übrig. Wenn ich mit dem Arbeiten aufhöre, bekomme ich alles bezahlt. Das finde ich unmöglich. Ich würde einse- hen, wenn ich einen gewissen Betrag zuzahlen müsste. Aber ich möchte auch was behalten von meinem Gehalt und mir auch was leisten, was an- dere halt auch machen. Ich bin doch eine ganz „nor- male“ junge Frau, die auch was von ihrem Leben haben möchte. Was hat dieser Brief mit dem heutigen Thema des Nachteilsausgleichs für Menschen mit Behinderungen und der Eingliederungshilfe zu tun? Meines Erachtens sehr viel, wird doch die ganze Tragik unseres Behinder- tenrechts deutlich. Behindert sein bedeutet in dieser Ge- sellschaft, in der Regel auch arm zu sein. Ja, wir haben nicht nur im Zusammenhang mit Hartz IV, sondern auch bei Menschen mit Behinderungen Armut per Gesetz. Die junge querschnittsgelähmte Oberfränkin, die eine „ganz normale“ junge Frau sein möchte, fällt genau in die Lücke zwischen gönnerhafter Fürsorge und selbstbe- s b d H s A D d h g b u m v o b f a K a 2 n i L A s t h s B N d s t E f G V D d F s h u m d e o L d G d k n s s (C (D timmtem Leben. Damit sie auch „etwas von ihrem Le- en haben“ kann, braucht sie den Ausgleich ihrer behin- erungsbedingten Nachteile, sprich Alltagsassistenz. ätte sie die, wäre das Arbeitseinkommen dieser Ange- tellten im öffentlichen Dienst so auskömmlich, wie das rbeitseinkommen einer Angestellten im öffentlichen ienst in Bayern eben ist. Da das jedoch keinesfalls für ie notwendigen Aufwendungen zum Ausgleich der be- inderungsbedingten Nachteile ausreicht, bietet ihr die önnerhafte Fürsorge eine „Alternative“: Hör auf zu ar- eiten und lass dich – lebenslänglich – voll alimentieren! Das ist eine Zumutung, die wir eigentlich schon hinter ns haben könnten, wenn der vielbeschworene Paradig- enwechsel in der Behindertenpolitik tatsächlich bereits ollzogen wäre. Die Alternative darf nicht sein, Arbeit der Alimente, sondern muss sein Arbeit plus Ausgleich ehinderungsbedingter Nachteile. Das erst würde die reie Wahl des Wohnortes und der Assistenzpersonen, lso selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Genau dieses onzept liegt dem Antrag der Linken auf ein Nachteils- usgleichsgesetz zugrunde. In der Anhörung am 2. Juni 008 hoben fast alle Sachverständigen diesen konzeptio- ellen Ansatz ausdrücklich lobend hervor. Die Frage ist mmer: Wie viel ist der Gesellschaft das selbstbestimmte eben ihrer behinderten Mitglieder wert? Würde unser ntrag umgesetzt werden, wäre das Problem von Ker- tin S. gelöst. Dank des preisgekrönten Conterganfilms und der Pro- este von Menschen mit Conterganschäden – ich denke ier unter anderem an den fast vierwöchigen Hunger- treik von Conterganopfern und ihren Angehörigen in ergisch Gladbach – bekamen das Schicksal und die öte der circa noch 2 700 lebenden Contergangeschä- igten eine größere Öffentlichkeit. Obwohl diese Men- chen zusätzlich zu den Leistungen aus dem Behinder- en- und Sozialrecht eine viel zu kleine monatliche ntschädigung aus der Conterganstiftung erhalten, leben ast alle – und ihre Angehörigen – in Armut, reicht das eld oft nicht für dringend notwendige medizinische ersorgung, für Hilfsmittel, Assistenzleistungen oder die eckung von Kosten für die Anpassung von Kleidung, ie Wohnumwelt und das für die Mobilität notwendige ahrzeug. Gesundheitliche Spätfolgen, Eltern, die inzwi- chen in ein Alter kommen, wo sie nicht mehr wie bisher elfen können, eingeschränkte Erwerbsmöglichkeiten nd fehlende Alterssicherungen machen die Lage zuneh- end katastrophaler. Ähnliches gilt auch für viele an- ere Menschen mit Behinderungen und hier ist es relativ gal, ob es für die Behinderung, einen Schuldigen gibt, b es eine Behinderung von Geburt an ist oder sie im aufe des Lebens dazukam. Dies zeigt in aller Deutlichkeit, wie dringend behin- erungsbedingte Nachteilsausgleiche gebraucht werden. ern möchte ich noch einmal wesentliche Bestandteile es Konzeptes aufzeigen: Nach wie vor unterliegen die realen Teilhabemöglich- eiten von Menschen mit Behinderungen und/oder chro- ischen und seelischen Erkrankungen größeren Er- chwernissen als bei anderen Menschen. Das betrifft owohl die Alltagsbewältigung und Arbeitsplatzsuche, Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19611 (A) ) (B) ) die freie Wahl der Wohnform als auch Kultur- und Frei- zeitaktivitäten. Barrieren in baulicher wie kommunika- tiver Hinsicht sind trotz BBG und Verordnungen zur Barrierefreiheit noch vielerorts anzutreffen. Dadurch ist auch die Persönlichkeitsentfaltung der Betroffenen be- einträchtigt. Wer dem Sinn von Art. 3 Satz 1 Grundgesetz – „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“ – wirklich Rech- nung tragen will, muss – den real existierenden unglei- chen Voraussetzungen folgend – ungleiche Maßnahmen treffen. Konkret gesagt: Behinderungsbedingte Nach- teile müssen ausgeglichen werden. Nur so können Chan- cengleichheit und Chancengerechtigkeit hergestellt wer- den. Die bestehenden gesetzlichen Regelungen sind dafür unzureichend. Sie setzen in vielen Bereichen auf das ehrenamtliche Engagement der behinderten Men- schen sowie ihrer Freunde und Angehörigen. Perma- nente Überforderung wird dabei billigend in Kauf ge- nommen. Die dadurch entstehenden finanziellen, körperlichen und seelischen Zusatzbelastungen dieser Personen werden von der Gesellschaft bisher weitge- hend ignoriert. Volle Teilhabe und Persönlichkeitsentfaltung umfas- sen alle Lebensbereiche: von der Intimsphäre über Woh- nen, Lernen, Arbeiten, Alltagsbewältigung, Kultur, Sport, Urlaub, Freizeitgestaltung bis zu bürgerschaftli- chem Engagement, religiöser und/oder politischer Betä- tigung usw. Grundlegendes Prinzip soll laut Antrag der Linken für ein „Gesetz zum Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile (NAG)“ sein: Geiche Leistung bei vergleich- barer Beeinträchtigung. Wir wollen das Finalitätsprinzip konsequent umsetzen. Demnach richten sich Leistungs- ansprüche nicht mehr nach der Ursache der Beeinträchti- gung (Kausalitätsprinzip). Schwerpunkt der Nachteilsausgleichsleistungen soll personale Assistenz in vielfältigen Erscheinungsformen sein. Dabei richtet sich der Umfang personaler Assistenz am individuellen Bedarf des behinderten Menschen aus. Notwendig ist ein Gesetz, das dem Ziel der Stärkung der selbstbestimmten Teilhabe behinderter Menschen am Gemeinschaftsleben gerecht wird, das dem Ziel eines bedarfsdeckenden Ausgleichs behinderungsbedingter Nachteile gerecht wird und das dem Ziel der Vereinheit- lichung des Behinderten rechts und der tatsächlichen Gleichstellung aller behinderter Menschen untereinander und mit nicht behinderten Menschen gerecht wird. NAG-Leistungen sind als einkommens- und vermögens- unabhängige Ansprüche auszugestalten. Am 13. November diskutieren wir in erster Lesung über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur im De- zember 2006 beschlossenen UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Eigentlich müsste ich an dieser Stelle über die schlechte Überset- zung ins Deutsche reden, wodurch wichtige inhaltliche Intentionen der Konvention verfälscht bzw. aufgeweicht werden. Und das wird dann auch noch in den Status ei- ner amtlichen Übersetzung erhoben. G d e m w r K s o d D S r L i g S n a A d s i e g r n u w L g n A s u G A u H k z c k H s a t E v s w A r (C (D Eigentlich müsste ich an dieser Stelle über die in den esetzentwurf eingefügte „Denkschrift“ reden, mit der ie Bundesregierung eigenartige Interpretationen der inzelnen Artikel der Konvention sanktioniert haben öchte und fernab vom wirklichen Leben suggerieren ill, dass sich die Behindertenpolitik in Deutschland be- eits mit den Maßstäben und Anforderungen, die die onvention an die Staaten stellt, messen lassen kann. Eigentlich müsste ich an dieser Stelle über die Illu- ion der Bundesregierung reden, dass diese Konvention hne zusätzliche Kosten in Bund, Ländern und Gemein- en und ohne Umsetzungs- bzw. Vollzugsgesetz in eutschland mit Leben erfüllt werden kann. Ich sprach hier über ein Konzept, das wichtige chritte zur vollen Teilhabe von Menschen mit Behinde- ungen in der Gesellschaft vorzeichnet. Der Antrag der inken ist ein Ergebnis jahrzehntelanger Diskussionen nnerhalb der emanzipatorischen Behindertenbewe- ung. Seine Umsetzung könnte ein entscheidender chritt bei der Umsetzung der UN-Konvention in natio- ales Recht sein. Das dahinter stehende Konzept bleibt ktuell. Daran kann auch die heutige Ablehnung unseres ntrages durch die Mehrheit des Parlaments nichts än- ern. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Las- en Sie mich zur abschließenden Beratung noch einmal ns Gedächtnis rufen, warum wir im Januar dieses Jahres inen solch ausführlichen Antrag in den Bundestag ein- ebracht haben. Menschen mit Behinderungen und de- en Eltern stehen heute, wie in der Vergangenheit, vor ei- em Wust an unterschiedlichen Systemen, Institutionen nd Voraussetzungen, wenn sie Leistungen beantragen ollen. Er erinnert an ein schwer zu durchschauendes abyrinth, in dem behinderte Menschen von einer Sack- asse in die nächste geleitet werden, stets auf der Suche ach einer individuellen, bedarfsgerechten Leistung. us diesem Grund ist die Forderung nach einem eigen- tändigen Leistungsgesetz für behinderte Menschen zu nterstützen. Mit unserem Antrag möchten wir die rundlage für eine solche Lösung legen. Darüber hinaus will Bündnis 90/Die Grünen mit dem ntrag den Bedürfnissen nach mehr Selbstständigkeit nd Selbstbestimmung nachkommen. Das System der ilfen in seiner jetzigen Form wird den Lebenswirklich- eiten längst nicht immer gerecht und schöpft auch die ur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Verwirkli- hung eines eigenständigen Lebens nicht aus. Die Ein- ommens- und Vermögensanrechung stellt ein großes indernis dar. Das Wunsch- und Wahlrecht der Men- chen mit Behinderungen steht für uns im Mittelpunkt ller Überlegungen. Ein dritter Grund für unsere parlamentarische Initia- ive ist der wachsende Kostendruck auf die Träger der ingliederungshilfe durch eine ständig steigende Zahl on Menschen, die auf ebendiese Leistungen angewie- en sind. Dies wäre an und für sich ja nicht schlimm, ürden sich in den letzten Monaten und Jahren nicht die nzeichen verdichten, dass die Träger der Eingliede- ungshilfe versuchen, Ausgaben auf Kosten der betroffe- 19612 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) nen Menschen einzusparen. So zeigen Beispiele aus Baden-Württemberg, Hessen und Berlin, wie Sozialhil- feträger Leistungsberechtigte im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen in das SGB II abzuschieben versuchen. Auch wenn dies nicht rechtens ist, zeigt es doch, wie hoch der Druck der Sozialhilfeträger auf die betroffenen Men- schen ist. Es wird nicht der letzte Versuch gewesen sein, Eingliederungshilfeleistungen mitunter zurückzuhalten oder einfach zu verweigern. Aus all den genannten Gründen ist es nun zwingend notwendig, weitere Schritte einzuleiten. Ich bedauere sehr die von der deutschen Bundesregierung angenom- mene Haltung, hier ausschließlich die Bundesländer in der Pflicht zu sehen. Zwar ist es gut, dass das von mir angemahnte Pingpongspiel zwischen Bund und Ländern nun vorerst ein Ende hat. Doch sich jetzt vonseiten des Bundes zurückzulehnen, das Spiel für unterbrochen zu erklären und auf den nächsten Aufschlag der Bundeslän- der zu warten, wird der Sache nicht gerecht. Die jüngst erschienenen und von Fachverbänden für behinderte Menschen in Auftrag gegebenen Gutachten zu den Auswirkungen der Föderalismusreform auf die Sozialhilfe und das SGB IX ergeben ganz eindeutig auch weiterhin die Möglichkeit des Bundes, den materiell- rechtlichen Gehalt der im SGB XII geregelten Eingliede- rungshilfe zu verändern und Leistungsausweitungen vor- zunehmen. Es ist von daher überhaupt nicht einzusehen, warum sich die Bundesregierung im Rahmen der Ar- beits- und Sozialministerkonferenz zwar beteiligt, aber selbst keine konkreten Vorschläge macht. Auch die von anderen Fraktionen geäußerten Vorwände, unser Antrag würde sich in Teilen selbst ad absurdum führen, da er keine Bundeskompetenz berührt, sind gegenstandslos. In den Bereichen wie etwa zum Wunsch- und Wahl- recht, zur Ausführung von Sachleistungen als Geldleis- tungen oder zum Anspruch auf Auskunft und Beratung kann der Bund, so die in Auftrag gegebenen Gutachten, sogar ohne Zustimmung des Bundesrates gesetzgebe- risch tätig werden. Dass auch weiterhin bundeseinheitli- che Regelungen vonnöten sind, um unterschiedliche Leistungsansprüche in den Bundesländern nicht zu ver- schärfen, zeigen die aktuellen Beispiele aus Mecklen- burg-Vorpommern. Dort wurde und wird wieder einmal versucht, das Landesblindengeld zu kürzen. Dieses Bei- spiel zeigt, dass es an der Zeit ist, die bestehenden Nach- teilsausgleiche zu einem einheitlichen Teilhabegeld des Bundes zusammenzufassen. Die Voten der Koalitionsfraktionen gegen unseren Antrag bei Stimmenthaltung der FDP im federführenden Ausschuss für Arbeit und Soziales sind aus sachlichen Gründen nicht nachvollziehbar. So zeigte die öffentliche Ausschussanhörung vom 2. Juni 2008 doch ganz eindeu- tig, dass fast ausnahmslos alle Sachverständigen einen hohen Handlungsbedarf bei der Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe sehen. Übereinstimmend positiv äußerten sich die Sachver- ständigen zu den Vorschlägen, bei der Eingliederungs- hilfe das Prinzip des Nachteilsausgleiches walten sowie die Hilfe personenzentriert zukommen zu lassen. Mittel- f m a d d h H d n f d k t h w z g d e K r g s d D F g M A r u k z w n d r Z s W s W P D (C (D ristig müsse ein eigenes Leistungsrecht für Menschen it Behinderungen entstehen, das aus der Sozialhilfe usgegliedert sei. Hier bedürfe es ganz dringend auch er finanziellen Beteiligung des Bundes. Der Unterstützungsbedarf von Menschen mit Behin- erungen müsse unabhängig vom Ort und dafür dauer- aft flexibel „gewährt“ werden, so die Sachverständigen. ohe Zustimmung fand unser Vorschlag, die Trennung er Hilfeformen „ambulant“, „stationär“ und „teilstatio- är“ zu überwinden. Die Idee, zumindest ambulante Hil- en anrechnungsfrei zu stellen, schreibe die Trennung er Hilfeformen zwar tendenziell fest, könne aber als urzfristiger Anreiz etabliert werden. Weder die Bundesregierung noch die Koalitionsfrak- ionen dürfen vor den Ergebnissen der öffentlichen An- örung die Augen verschließen. Bündnis 90/Die Grünen ird sehr aufmerksam die Resultate der Arbeits- und So- ialministerkonferenz, die zum Ende des Jahres hin an- ekündigt sind, verfolgen und den Handlungsdruck auf ie Bundesregierung aufrechterhalten. Wir werden die Bundesregierung nicht aus der Pflicht ntlassen, insbesondere vor dem Hintergrund der UN- onvention über die Rechte von Menschen mit Behinde- ungen weitere Schritte zur Weiterentwicklung der Ein- liederungshilfe vorzunehmen. Auch vom Kabinettsbe- chluss, wonach die Konvention keine Neuerungen für as deutsche Recht bringe, lassen wir uns nicht beirren. ie Eingliederungshilfe darf zukünftig nicht mehr dem ürsorgegedanken folgen. Die Eingliederungshilfe ist emäß dem UN-Übereinkommen ein internationales enschenrecht. nlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Personalausweise und den elektronischen Iden- titätsnachweis sowie zur Änderung weiterer Vorschriften (Tagesordnungspunkt 14) Clemens Binninger (CDU/CSU): Die Bundesregie- ung legt mit dem Gesetzentwurf über Personalausweise nd den elektronischen Identitätsnachweis einen zu- unftsweisenden Gesetzentwurf vor. Worum geht es im Kern? Es geht neben Konsequen- en, die sich aus der Föderalismusreform für das Aus- eiswesen ergeben, zum einen darum, den neuen Perso- alausweis vielseitiger nutzbar zu machen, zum anderen arum, ihn sicherer zu machen. Mehr als 60 Millionen Menschen sind in der Bundes- epublik im Besitz eines Personalausweises. Ohne weifel handelt es sich dabei um eines der fälschungs- ichersten Ausweisdokumente überhaupt. Das ist richtig. enn man aber allein auf die Fälschungssicherheit chaut, verkennt man ein ganz wesentliches Problem: er eine falsche Identität vortäuschen will, wird keinen ersonalausweis fälschen, weil er mit dem gefälschten okument sehr wahrscheinlich bei Kontrollen auffliegen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19613 (A) ) (B) ) wird. Wer sich mit einer falschen Identität ausweisen möchte, wird sich einen echten Personalausweis besor- gen, mit dem echten Lichtbild einer Person, die ihm ähn- lich sieht. Und diesen Ausweis wird er missbrauchen, in- dem er sich als Inhaber des Ausweises ausgibt, den er gar nicht besitzt. Die Chance, dass bei einer konventio- nellen, optischen Kontrolle von Person und Ausweisbild dieser Missbrauch auffällt, ist gering. Aktuell sind über 2,2 Millionen Bundespersonalaus- weise in Deutschland als gestohlen oder verloren gemel- det. Praktisch heißt das: Mehr als 2,2 Millionen Bürger, denen ein fälschungssicherer Bundespersonalausweis abhanden gekommen ist, leben mit dem Risiko, dass mit ihrem Ausweis und damit mit ihrer Identität, Straftaten begangen werden im In- und im Ausland. Ich glaube, wer diese Gefahr einfach ausblendet, möchte nur die halbe Wahrheit sehen. Warum haben wir denn – übrigens unter Rot-Grün – den elektronischen Pass mit biometrischen Merkmalen eingeführt? Doch genau, um vor Missbrauch zu schüt- zen. Genau hier knüpft der elektronische Personalaus- weis, den wir heute diskutieren, an. Er verfügt in Zu- kunft über biometrische Merkmale: das Gesichtsbild und – wenn der Antragssteller möchte – auch den biometri- schen Fingerabdruck. Diese Merkmale werden nur auf dem Ausweis – und auch nur dort – gespeichert. Damit kann bei einer Kontrolle in Zukunft einwandfrei festge- stellt werden, ob die Person, die den Personalausweis vorlegt, auch wirklich zum Ausweis passt. Uns wäre es lieber gewesen, wir hätten – wie es beim Pass der Fall ist – beide Merkmale aufgenommen. Das hätte größt- mögliche Sicherheit gegen Missbrauch bedeutet. Und wer behauptet, die Daten seien unberechtigt und geheim aus dem neuen Ausweis oder aktuell aus dem E-Pass auszulesen, der verschließt die Augen vor den Fakten. Die Daten sind mit einer elektronischen Signatur auf höchstem technischem Niveau geschützt. Nur wer über bestimmte Angaben, nämlich Pass- bzw. Ausweisnum- mer, Geburtsdatum des Inhabers und Ablaufdatum ver- fügt, kann auf die Daten zugreifen und das auch nur, wenn er ein unberechtigtes Lesegerät wenige Zentimeter neben dem Datenchip platziert und sich beide nicht be- wegen. Kennt er diese Angaben vom auszuspähenden Dokument, wird er nicht mehr als den Namen des Inha- bers auslesen können – ein mehr als unrealistisches Sze- nario. Und auch das geheime Mitlesen der Daten, wenn ein Pass bzw. Ausweis zum Beispiel am Flughafen kontrol- liert wird, ist jenseits aller Realität. Der Gewinn der Da- ten stünde in keinem Verhältnis zum Aufwand. Man müsste in direkter Nähe zum Kontrollpunkt eine Abhör- anlage mit Mikrofonen einrichten und bräuchte leis- tungsstarke Rechner, die mehrere hunderttausend Euro kosten, um die Daten zu entschlüsseln. Und selbst wenn man auf diese Weise erfolgreich wäre, könnte man nicht auf die Fingerabdruckdaten zugreifen. Die können näm- lich nur Behörden mit entsprechenden Berechtigungs- zertifikaten auslesen. T s a s r a D d m A m d u g h Z i G l i N w H A L w b d m W P n h w d d d i h E w a d P B S t a s z n (C (D Fingerabdrücke können viel einfacher von Tischen, üren und Gläsern genommen werden und das biometri- che Gesichtsbild kann viel einfacher mit einer Kamera ufgenommen werden, als dass man diese Daten mit rie- igem Aufwand auszulesen versucht. Wir stehen aber auch noch vor einer ganz anderen He- ausforderung, der wir mit dem elektronischen Personal- usweis begegnen. Mehr als 42 Millionen Menschen in eutschland haben einen Internetanschluss und nutzen iesen auch. Wer von uns ist nicht im Netz unterwegs, acht Einkäufe oder erledigt seine Bankgeschäfte? uch hier stellt sich immer die Frage: Wie kann ich ich elektronisch ausweisen, wie kann ich nachweisen, ass ich rechtmäßig auf mein Benutzerkonto zugreife nd nicht irgendjemand in meinem Namen einkauft oder ar meinen Kontostand überprüft. Die Verfahren, die wir eute dazu haben, sind oft alles andere als sicher. Mit dem neuen Personalausweis wird man deshalb in ukunft auch die Möglichkeit haben, sich elektronisch n der virtuellen Welt auszuweisen. Das ist ein echter ewinn an Sicherheit, aber auch an Komfort für das täg- iche Leben. Ich sage Ihnen voraus, dass sich in Zukunft mmer mehr Internetanbieter darauf einstellen werden. icht zuletzt werden wir, wenn sich die Technologie be- ährt hat, auch Behördengänge über das Internet von zu ause erledigen können – sei es die Kfz-Zulassung, die nmeldung bei der Meldebehörde, die Beantragung von eistungen. Mit dem neuen elektronischen Personalaus- eis schaffen wir eine wichtige Grundlage für den Aus- au des E-Government in Deutschland. In den nächsten Jahren werden sich weltweit Stan- ards für Ausweisdokumente mit biometrischen Merk- alen durchsetzen. Auch die EU hat bereits 2005 die eichen dafür gestellt. Wenn wir in Zukunft unseren ersonalausweis im Schengen-Raum noch als Passersatz utzen wollen, brauchen wir die Innovationen, die wir eute mit dem Personalausweisgesetz vorlegen. Also: Funktionsgewinn und Sicherheit – ein zukunfts- eisendes Gesetz, das unsere Unterstützung verdient. Frank Hofmann (Volkach) (SPD): Wir haben heute en Entwurf eines Gesetzes über Personalausweise und en elektronischen Identitätsnachweis sowie zur Verän- erung weiterer Vorschriften vorliegen und beraten ihn n der ersten Lesung. Ich erinnere in diesem Zusammen- ang an die Debatte über den Antrag der Grünen „Keine inführung biometrischer Merkmale im Personalaus- eis“ am 9. Mai 2008. In dieser Debatte habe ich darauf ufmerksam gemacht, dass wir ganz genau prüfen wer- en, ob die Aufnahme biometrischer Merkmale in den ersonalausweis erforderlich ist. Ich habe betont, die undesregierung müsse nachweisen, weshalb man unter icherheitsaspekten einen neuen Personalausweis benö- igt, denn bisher heißt es überall, wir hätten mit unserem ktuellen Personalausweis ein Dokument, das zu den fäl- chungssichersten der Welt gehört. Beim vorliegenden Gesetzentwurf ist klar: Man ver- ichtet auf die Verpflichtung und stellt es den Bürgerin- en und Bürgern frei, ihre Fingerabdrücke im Personal- 19614 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) ausweis aufnehmen zu lassen. Es wird also keinen verpflichtenden Fingerabdruck im Personalausweis ge- ben. Das entsprach von Anfang an der SPD-Linie. Es muss aber auch klar sein, dass es keine Verpflich- tung zur Abgabe von Fingerabdruckdaten durch die Hin- tertüre geben darf! Aus der freiwilligen Abgabe der Fin- gerabdrücke darf kein Vorteil erwachsen, zum Beispiel dadurch, dass Behörden diejenigen, die Fingerabdruck- daten in Personalausweisen wünschen, bevorzugt behan- deln. Ansonsten bleibt es dabei: Auch bei den freiwillig auf dem Chip gespeicherten Fingerabdrücken gelten die Bedingungen, wie wir sie für den Reisepass erarbeitet haben. Das heißt, diese Fingerabdrücke dürfen nir- gendwo bei den Behörden gespeichert und erst recht nicht abrufbar sein. Weshalb sind wir dann trotzdem für einen neuen elek- tronischen Personalausweis? Der Grund sind die damit verbundenen technischen Innovationen, die für unsere Bürgerinnen und Bürger von Nutzen sind. Dieser neue Personalausweis kann erstens auch ein Ausweis für das Internet, also ein elektronischer Identitätsnachweis sein zur Verwendung im E-Government und im E-Business und zweitens zusätzlich auf Wunsch eine elektronische Signatur erhalten, zum Beispiel bei elektronisch abzuwi- ckelnden Anträgen und Verträgen. Was bedeutet das konkret? Die Authentisierungsfunktion und die elektro- nische Signatur sind ein wichtiger Schritt für mehr Si- cherheit und Komfort im elektronischen Geschäftsver- kehr. Gerade die zunehmende kommerzielle Nutzung des Internest erfordert die Notwendigkeit, sich auch elektronisch ausweisen zu können. Diese zusätzlichen Funktionen kann man so ausgestalten, dass sie nachträg- lich freigeschaltet oder gesperrt werden können, je nach individueller Entscheidung. Die auf dem RFID-Chip gespeicherten Daten werden nach dem neuesten technischen Standard wirksam gegen den unberechtigten Zugriff Dritter geschützt. Eine Mani- pulation der Daten ist weitgehend ausgeschlossen. Durch den integrierten grundlegenden Zugriffsschutz werden das unberechtigte aktive Auslesen und das pas- sive Mitlesen einer Kommunikation unter realistischen Bedingungen wirkungsvoll verhindert. Auch das Erstel- len von Bewegungsprofilen ist praktisch nicht möglich. Wir stellen uns vor, dass man diesen elektronischen Per- sonalausweis künftig nutzen kann zur Onlinean-, -um-, ob- meldung von Kraftfahrzeugen, zur Onlinebeantragung eines polizeilichen Führungszeugnisses, zur Onlinean- meldung bei Wohnungswechsel, zur Onlinekontoeröff- nung bei einer Bank, zum Online-Elektronik-Banking, zur Alterskontrolle bei Onlinebestellungen, zur Alters- kontrolle an Automaten mit altersbeschränktem Zu- gang – bis hin zum Onlineeinkauf von Waren und Dienstleistungen. Dies wird eine große Erleichterung und ein Qualitätssprung sein für Behördengänge und Einkäufe. Im Rahmen der Beratungen im Ausschuss müssen wir darüber diskutieren, wie sicher diese neuen Funktionen sind und ob sie von den Bürgerinnen und Bürgern ange- nommen werden. R w h A g W w n b s p l n n A n S w c B a K d w n f K n E d s s J c j v v w d K d c n p L s s h d t r N g (C (D Seit dem 1. November 2007 werden elektronische eisepässe in Deutschland ausgegeben. Mir sind bisher eder gravierende technische Probleme noch Sicher- eitsprobleme zu Ohren gekommen. Im Gegenteil: Die ntragszahlen zeigen, dass viele Bürgerinnen und Bür- er Vertrauen in die neue Technologie gefasst haben. ie ich bei meinem Einwohnermeldeamt erfahren habe, arten bereits viele Bürgerinnen und Bürger auf das eue, moderne Personalausweisdokument. Trotzdem leiben wir, was die konkrete Umsetzung des elektroni- chen Personalausweises angeht, kritisch, aber nicht po- ulistisch. Wir bleiben auf unserem Kurs: Sicherheitspo- itik mit Augenmaß. Gisela Piltz (FDP): Der neue Slogan für den elektro- ischen Personalausweis klingt vielversprechend: klei- er, vielseitiger, zukunfts- und fälschungssicher. Der usweis fürs Internet – so preist die Große Koalition ihr eustes Projekt an. Mit dem E-Personalausweis soll ein tandard-Identitätsnachweis für das Internet geschaffen erden. Ja, es wird gar von einer Revolution gespro- hen. Phishing soll eingedämmt, Interneteinkäufe und ehördengänge sollen erleichtert werden. Aber wir wissen alle: Werbung verspricht oft mehr, ls sie halten kann. Das gilt leider auch in diesem Fall. ritik am elektronischen Personalausweis wird auch bei er Großen Koalition ignoriert. Der Ausweis wird sehr ahrscheinlich teurer, ein weiterer Sicherheitsgewinn ist icht zu erwarten, und der freiwillige Fingerabdruck ührt zur einer Zweiklassengesellschaft. Ich habe bis heute den Kompromiss der Großen oalition nicht verstanden. Wieso sollen die Bürgerin- en und Bürger ihre Fingerabdrücke freiwillig abgeben? ntweder der Staat braucht zwingend den Fingerab- ruck, oder er braucht ihn nicht. Alles andere ist der Ein- tieg in eine biometrische Totalerfassung, weil ein Auf- atteln jederzeit möglich ist. Denn in den nächsten ahren wird die freiwillige Aufnahme von Fingerabdrü- ken die Gesellschaft quasi spalten. Wir werden die- enigen haben, die ihren Fingerabdruck abgeben und un- erdächtig sind, und diejenigen, die das nicht tun und erdächtig erscheinen. Das kann man nur verstehen, enn man die schwierigen Abstimmungsverfahren in er Großen Koalition berücksichtigt. Mit Sicherheit oder lugheit hat das aus FDP-Sicht überhaupt nichts zu tun. Über kurz oder lang werden wir auch sicherlich wie- er den Diskussionspunkt Zentraldatei haben. Eine sol- he Zentraldatei ist zwar in diesem Gesetzesentwurf icht vorgesehen. Wir wissen doch aber alle, dass die olitischen Verhältnisse sich sehr schnell ändern können. etztes Wochenende fand in Berlin die größte Demon- tration gegen die staatlichen Überwachungsmaßnahmen tatt. Besonders beeindruckt hat mich der Slogan „Wer eute noch lacht, wird morgen schon überwacht“. In iese Kategorie gehört auch die Diskussion um die Zen- raldatei. Es wäre zunächst auch sinnvoller gewesen, die Erfah- ungen aus dem biometrischen Pass – wie das Kosten- utzen-Verhältnis der biometrischen Daten für den Bür- er und die Schwierigkeiten und Probleme bei der Aus- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19615 (A) ) (B) ) gabe der Pässe mit Fingerabdrücken seit November 2007 – erst einmal in Ruhe auszuwerten, anstatt ein weiteres Großprojekt mit biometrischen Daten zu starten, zumal noch eine Verfassungsbeschwerde gegen die zwangs- weise Abnahme der Fingerabdrücke bei der Beantragung des Reisepasses in Karlsruhe anhängig ist. Eine solche Auswertung wäre auch im Hinblick auf die Sicherheit der RFID-Chips wichtig gewesen. Denn die RFID-Chips können per Funk kontaktlos, ohne dass es der Inhaber bemerkt, ausgelesen werden. Ein Perso- nalausweis ist zehn Jahre gültig. Der technische Fort- schritt in einem derartigen Zeitraum ist enorm. Es ist da- her denkbar, das Kriminelle Systeme entwickeln, um mit nicht autorisierten Geräten Daten über eine größere Dis- tanz auszulesen. Hinsichtlich des Arguments der Fälschungssicherheit verweise ich nur auf die erfolgreiche Klonung des briti- schen fälschungssicheren E-Passes durch einen Compu- terexperten im August 2008. Innerhalb einer Stunde wurde auf dem Pass eines Jungen der manipulierte RFID-Chip mit dem Foto eines palästinensichen Selbst- mordattentäters aufgebracht. Der Pass wurde von einem Lesegerät akzeptiert, das mit der Software arbeitet, die von der Zivilluftfahrt-Organisation als Standard empfoh- len wird. Für die Fälschung wurden ein öffentlich ver- fügbares Programm, ein Card-Reader und günstige RFID-Chips benötigt. Fälschungssicherer ist der neue Personalausweis damit nicht. Auch die Kosten sind für den Bürger noch völlig un- klar. Nicht nur, dass der eigentliche Ausweis teurer wird; es werden auch zusätzliche Kartenlesegeräte und damit Kosten notwendig sein, um den elektronischen Identi- tätsnachweis überhaupt nutzen zu können. Nach Presse- meldungen soll außerdem für die Zulassung der ID-Veri- fikationsdienste an Firmen eine neue Bundesbehörde geschaffen werden. Im Gesetzesentwurf steht dazu le- diglich, dass das Bundesministerium des Innern bestim- men wird, wer diese Aufgabe übernehmen wird; § 4 Abs. 3 PAG-Entwurf. Etwas mehr Klarheit von der Bun- desregierung wäre an dieser Stelle schon angebracht. Wenn man eine neue Bundesbehörde will, sollte man es auch deutlich sagen. Und nun noch ein kurzes Wort zur elektronischen Identität. Identitätsdiebstähle werden auch von der FDP- Bundestagsfraktion mit Sorge betrachtet. Im Internet werden häufig gefälschte oder gestohlene Identitäten verwendet. Elektronische Identitäten müssen aber auch datenschutzfreundlich gestaltet werden. Das bedeutet ei- nerseits, dass nicht jeder Internetdienst nur noch bei Ver- wendung des neuen Ausweises nutzbar sein darf, und anderseits, dass aus dem Nutzerverhalten im Internet keine Nutzungsprofile erstellt werden können. Insbeson- dere auch bei den geplanten Bürgerportalen, die als Anwendungszenario an den elektronischen Personalaus- weis anknüpfen, ergeben sich weitere datenschutzrecht- liche Fragestellungen. Denkt man dieses Szenario weiter, deutet sich neben der Onlineüberwachung, Internetmonitoring und Vor- ratsdatenspeicherung hier eine weitere Möglichkeit der Großen Koalition an, die Internetnutzung zu überwa- c n 2 te m B e m m n c B g k a F d Ä a g t z g k t w z b g m m r I D n E w i d n Z n i n I t l ü g v n m m r (C (D hen. Für eine Hauspost-Postwurfsendung zum elektro- ischen Personalausweis sind Kosten in Höhe von 40 000 Euro veranschlagt. Für den Datenschutzbeauftrag- n hingegen soll es im kommenden Jahr nur 22 000 Euro ehr geben. Ich hoffe, dass Sie dann wenigsten auch die ürgerportale bei den öffentlichen Debatten um den lektronischen Personalausweis aufnehmen. Die Bürger üssen wissen, dass sich hier weitere Überwachungs- öglichkeiten im Internet bieten. Die FDP-Bundestagsfraktion hat das Projekt E-Perso- alausweis von Anfang an kritisch begleitet. Wir brau- hen keine Schnellschüsse, die den Bürgerinnen und ürger nur wenig nutzen, aber mit Folgen für die Bür- errechte verbunden sind, die wir heute noch gar nicht onkret abschätzen können. Wir lehnen den E-Personal- usweis in der von der Bundesregierung vorgelegten orm ab. Jan Korte (DIE LINKE): Am vergangenen Samstag emonstrierten in Berlin 100 000 Menschen – darunter rzte, Anwälte, Geistliche, Bürgerbewegte und, ganz llgemein, Nutzer moderner Kommunikationsmittel – egen Überwachungswahn und für einen wirklichen Da- enschutz. Auch die Partei und Fraktion Die Linke hatten u dieser Demonstration aufgerufen. Denn unser Anlie- en war es, gesellschaftliche Unterstützung für unsere onsequente Haltung im Parlament gegen eine Auswei- ung des Überwachungsstaates zu erhalten. Diese haben ir auf der größten Demonstrationen nach dem Volks- ählungsurteil in den 80er-Jahren auch bekommen. Ne- en der Kritik an der Vorratsdatenspeicherung, der eplanten Onlinedurchsuchung und der Verwendung bio- etrischer Daten in Ausweisdokumenten wurde erneut assive Kritik an dem Gesetzentwurf der Bundesregie- ung zur Einführung eines sogenannten elektronischen dentitätsnachweises im Personalausweis geäußert. iese Kritik teilen wir. Nach den Plänen der Bundesregierung soll 60 Millio- en Ausweisinhaberinnen und -inhabern ein sogenannter -Personalausweis vor allem aus zwei Gründen verpasst erden: Zum einen soll der Zahlungsverkehr – vor allem m Internet – für den Inhaber des Ausweises als auch für en Produktanbieter verbessert werden. Diesem Ansin- en ist erst einmal nicht zu widersprechen. Die hohe ahl an Betrugsversuchen oder tatsächlich stattgefunde- em Betrug beim elektronischen Zahlungsverkehr, auch m Internet, bietet ausreichend Grund zur Sorge. Den- och ist zweifelhaft, ob die vorgeschlagenen technischen nstrumente zukünftig vor Betrugsversuchen oder Identi- ätsdiebstahl ausreichend Schutz bieten. Eindeutige Be- ege hierfür wurden dem Bundestag nicht präsentiert. Am morgigen Freitag debattieren wir an dieser Stelle ber den Datenschutz und die verschiedensten Verstöße egen den Schutz personenbezogener Daten, die in den ergangenen Wochen öffentlich bekannt wurden. Doch icht nur die Privatwirtschaft war betroffen, auch kom- unale Meldeämter konnten Daten nicht ordnungsge- äß vor einem externen Zugriff schützen; von den zahl- eichen Datenschutzverstößen im Internet oder beim 19616 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) Abschluss von zweifelhaften Verträgen über das Internet möchte ich an dieser Stelle gar nicht weiter sprechen. Nur, eines fällt hierbei auf: In Europa beteiligt sich die Bundesregierung mittels des Programms „check the web“ an der Suche nach vermeintlichen Terroristen im Internet. Dafür werden Personal und materielle Ressour- cen zuhauf zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig aber hat sich die Bundesregierung sehr stiefmütterlich um den Datenschutz im Zeitalter moderner Kommunikation ge- kümmert und suggeriert nun mit der Einführung eines elektronischen Identiätsnachweises im Personalausweis vermeintliche Sicherheit bei der Nutzung des Internets. Jedem muss klar sein, dass es absolute Sicherheit im In- ternet nicht gibt und nie geben wird. Der beste Schutz von Privatsphäre ist, unnötige Daten gar nicht erst zu er- heben und zu speichern. Bevor also ein solches Projekt angegangen wird, sollten wir uns um eine verbesserte gesetzliche Grundlage für den Datenschutz in Deutsch- land kümmern. Zum Zweiten sollen auf den neuen Ausweisdokumen- ten biometrische Merkmale abgebildet und auf einem Chip gespeichert werden. Als Begründung hierfür ver- weist die Bundesregierung auf eine sogenannte Pass- ersatzfunktion des Ausweises bei Reisen innerhalb des Schengen-Raumes und in weitere Drittstaaten. Wörtlich heißt es in einem Bericht aus dem Bundesinnenministe- rium: Diese Passersatzfunktion soll erhalten bleiben. Bei Verzicht auf die Biometrie im Personalausweis wäre das dauerhaft kaum möglich, da Betrugsversuche sich auf die weniger sicheren Personalausweise stützen würden. Irrtum, kann ich nur sagen; denn nach Aussage der Bundesregierung selbst sind die aktuell verwendeten Ausweisdokumente keineswegs unsicherer. Die Regie- rung gab auf Anfrage der Linksfraktion bekannt, dass im Jahr 2001 lediglich 88 Fälle von Ausweisfälschungen festgestellt wurden. Ist dies bei 60 Millionen Ausweis- inhabern etwa ein signifikant messbares Sicherheits- risiko? Man kann also von einem „Spitzenprodukt made in Germany“ sprechen. Zudem ist zu erwarten, dass gerade durch die Verwen- dung des Chips im Personalausweis wie zuvor bereits beim neuen E-Pass die Sicherheit des neuen Personal- ausweises sinkt. BKA-Chef Ziercke etwa riet in einer Anhörung zur Einführung des E-Passes im Innenaus- schuss, den Pass vor illegalem Auslesen zu schützen, in- dem man diesen in Alufolie wickelt. Nun ja, dies ist si- cherlich auch eine Möglichkeit … Bleibt noch, auf diesen seltsamen Kompromiss zwi- schen der Möchtegernbürgerrechtspartei SPD und den Law-and-Order-Leuten von CDU/CSU zur freiwilligen Speicherung von Fingerabdrücken einzugehen. Auch eine freiwillige Speicherung von Fingerabdrücken schafft keine zusätzliche Sicherheit, sorgt aber dafür, dass demnächst auch Fingerabdrücke zu einer begehrten Ware im illegalen Datenhandel werden. Studien belegen zudem, dass die Speicherung bei bestimmten Menschen, zum Beispiel bei Kindern, Älteren und einigen Arbeitern, nicht geeignet ist, um einen eindeutigen Identitätsnach- weis zu erbringen. Die Debatte über die Verwendung von Fingerabdrücken im Personalausweis innerhalb der K „ Z g a t t H F m r w s a a p G Z g d z A K d e m v n B u d h l K n K v d a d r f p z g e S D w K i w a g G (C (D oalition lässt die Vermutung zu, dass diese freiwillige Hilfskonstruktion“ nur eine auf Zeit ist und wir in naher ukunft nicht nur eine allgemeine Verpflichtung zur Ab- abe von Fingerabdrücken bekommen werden, sondern uch eine zentrale Meldedatei, in der auch diese biome- rischen Merkmale gespeichert werden sollen. Und dies rotz aller aktuellen und anderslautenden Beteuerungen! inzu kommt, dass zu erwarten ist, dass jeder, der seine ingerabdrücke nicht speichern lassen möchte, sich da- it in den Augen mancher erst recht verdächtig macht. Interessant ist auch, dass die Kosten für die Einfüh- ung des Personalausweises, die Anschaffung und Ent- icklung der notwendigen Technik zu einem nicht abzu- chätzenden, dennoch hohen Anteil auf die Bevölkerung bgewälzt werden sollen. Dieses Herangehen ist alles ndere als bürgerfreundlich und konterkariert den selbst ostulierten Anspruch der Bundesregierung in diesem esetzentwurf. Schließlich möchte ich auf ein letztes Problem im uge der Einführung des neuen Personalausweises ein- ehen. Die Bundesregierung konnte sich nun doch urchringen, Künstlernamen in das neue Dokument auf- unehmen. Nun jedoch hat der Ausschuss für Innere ngelegenheiten des Bundesrates die Streichung dieser ategorie verlangt. Die Bundesregierung hat darauf le- iglich entgegnet, diese Forderung hinsichtlich eines zu rwartenden Verwaltungsaufwandes zu prüfen. Ich öchte an dieser Stelle den zahlreichen Wortmeldungen on Künstlerinnen und Künstlern in Deutschland geeig- eten Platz einräumen. Diese zeigten sich, wie auch der undesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler nd der Deutsche Künstlerbund, zu Recht entrüstet über as Vorgehen des Bundesrates, Künstlernamen klamm- eimlich aus dem Ausweisdokument streichen zu wol- en. Dies würde in der Folge bedeuten, dass massive osten auf die Betroffenen zukämen. Denn Künstler- amen sind die Basis der Identität und des Images von ünstlerinnen und Künstlern. Zum Zweiten aber sind iele Verträge unter Künstlernamen abgeschlossen wor- en, darunter „nicht nur auf Kunst bezogene, sondern uch solche Existenz sichernder Natur“. Die Linke for- ert deshalb die Bundesregierung auf, an der Auffüh- ung des Künstlernamens im neuen Personalausweis estzuhalten. Die Linke wird vor dem Hintergrund dieser Kritik- unkte der Einführung des E-Personalausweises nicht ustimmen und lehnt den Gesetzentwurf ab. Zusammen- efasst muss man konstatieren: Der vorliegende Gesetz- ntwurf der Bundesregierung bringt insgesamt weniger icherheit und weniger Datenschutz. Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): as Gesetz über den neuen elektronischen Personalaus- eis steht exemplarisch für die Arbeitsweise dieser oalition: Aus ideologischen Gründen will der Bundes- nnenminister ein nicht erforderliches Projekt. Die SPD acht irgendwann auf und meldet berechtigte Bedenken n. Es folgen ein monatelanger Streit sowie das Einfü- en einiger Nonsensklauseln. Am Ende wird dann ein esetz eingebracht, das immer noch keiner braucht, von Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19617 (A) ) (B) ) dem aber beide Koalitionspartner behaupten, sie hätten damit etwas durchgesetzt. Gute Gesetzgebung allerdings ist etwas anderes. Ausgangspunkt bleibt der durch nichts begründete Wunsch, in den Personalausweis biometrische Merk- male in digitalisierter Form aufzunehmen. Für die ent- sprechende Änderung im Passgesetz gab es einen – aller- dings selbst geschaffenen – europarechtlichen Zwang. Der liegt hier nicht vor. Man kann und sollte es schlicht bleiben lassen. Gab es irgendeine sachliche Notwendigkeit für diese Änderung? Die Antwort lautet: Nein. Denn es gibt in Deutschland einen sicheren Personalausweis. Die Zahl an Fälschungen – BKA-Präsident Ziercke hat das am Beispiel des baugleichen Passes eingeräumt – ist mini- mal, der Missbrauch entsprechend schwierig und selten. Die Bundesregierung gibt das mit ihrem Gesetzentwurf auch indirekt zu. Denn die fast schon satirische Rege- lung, dass die Aufnahme der Fingerabdrücke in den Per- sonalausweis freiwillig sein soll, zeigt nur eines: Eine Berechtigung oder sachliche Notwendigkeit, den Perso- nalausweis so sicherer machen zu wollen, existiert nicht. Stattdessen werden mit dem neuen Ausweis neue Gefahren geschaffen. Die Erfahrungen mit dem Pass etwa zeigen, dass die Datenerhebung und -übertragung der biometrischen Informationen mit der vorhandenen Infrastruktur nicht so sicher ist, wie sie sein sollte. Auch der Datensammelwut wird weiter gefrönt: Das digitale Foto kann auch für die Verfolgung von Ord- nungswidrigkeiten herangezogen werden; die Speiche- rung von Daten bei anderen Behörden ist zwar erst ein- mal nicht vorgesehen, ihr werden aber Tür und Tor geöffnet. Durch die Vereinheitlichung der Datenspeiche- rung entsteht über kurz oder lang de facto eine zentrale Datenbank, auch wenn die Daten nicht auf einer Fest- platte gesammelt werden. Das ist ja auch erklärtes Ziel des Bundesinnenministers und seiner Strategie der „ein- heitlichen Plattform innere Sicherheit“. Entziehen kann sich der besorgte Bürger nicht mehr; denn der Personal- ausweis ist im Unterschied zum Pass ein Pflichtdoku- ment. Und all das zu hohen finanziellen Kosten für alle Beteiligten. Vorteile des neuen Personalausweises sind also auf dem klassischen Anwendungsgebiet nicht zu sehen. Wohl auch deswegen erfolgt der Einbau der elektroni- schen Identifikationsfunktion, damit wenigstens ein scheinbarer Vorteil des neuen Dokuments verbleibt. Da- bei ist die Kombination aus Personalausweis und elek- tronischer Identifikation völlig sinnlos. Es gibt die elek- tronische Signatur. Wozu noch eine Signatur light? Und wenn man die will, warum auf dem Personalausweis? Der massenhafte Einsatz eines hoheitlichen Dokuments etwa bei Bestellungen über das Internet schafft mehr Si- cherheitslücken, als er schließen kann. Die im Gesetz erkennbaren Eckpunkte der Sicher- heitsinfrastruktur können nicht recht überzeugen. Ange- sichts des schlampigen und bisweilen kriminellen Um- gangs der Industrie mit privaten Daten ist der Rückgriff auf Private etwa zur Führung der Sperrlisten fahrlässig. Auch die Frage nach der 1:1-Kopie eines Ausweises und d c S b d s G h s c g d u S r s f s S g n A d r i n v s m d a G a r e e r b P r D n d b (C (D em Missbrauch einer solchen Kopie ist nicht hinrei- hend bedacht. Dass eine PIN-Nummer nicht allzu viel icherheit bietet, zeigen die Statistiken über den Miss- rauch von EC- und Kreditkarten. Die Übertragung über as Internet und der Einsatz vom privaten Computer aus chaffen weitere Gefahren. Denn im Unterschied zum eldautomaten ist der heimische PC ein einziges Sicher- eitsloch. Die Identifikationsfunktion bietet der Phi- hing-Mafia ein ganz neues Betätigungsfeld. Der Personalausweis wird mit diesem Gesetz nicht si- herer. Er schafft auch keine sonstige Sicherheit. Im Ge- enteil: Durch die elektronische Identifikation und den amit möglichen Missbrauch wird sein guter Ruf eher nterminiert werden. Wenn Onlineversandhäuser mehr icherheit wollen – und davon war bis jetzt nichts zu hö- en –, dann sollen sie selbst ein Identifikationssystem chaffen. Staatliche Hilfe per Gesetz und eine Anschub- inanzierung über die Gebühren für den Personalausweis ind der falsche Weg. Für den öffentlichen Bereich gibt es die qualifizierte ignatur. Eine Signatur light brauchen wir nicht, schon ar nicht auf einem überflüssigen biometrischen Perso- alausweis. nlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Biotechnologische Innovationen im Interesse von Verbrauchern und Landwirten weltweit nutzen – Biotechno- logie ein Instrument zur Bekämpfung von Ar- mut und Hunger in den Entwicklungsländern (Tagesordnungspunkt 15) Johannes Röring (CDU/CSU): Zunächst muss ich en Kolleginnen und Kollegen der FDP ein Lob für ih- en Antrag aussprechen. Die Zielrichtung des Antrages st grundsätzlich vollkommen richtig. Denn man kann ur Zustimmen, dass die Biotechnologie im Interesse on Verbrauchern und Landwirten weltweit von Nutzen ein kann und ein Instrument zur Bekämpfung von Ar- ut und Hunger ist. Ich würde sogar noch weiter gehen und formulieren, ass die Biotechnologie wahrscheinlich mehr Antworten uf die dringenden Fragen der Menschheit – nämlich esundheit, Energie und Nahrung – bereit hält, als jede ndere Spitzentechnologie. Hierbei kommt nun besonders den Agrar- und Ernäh- ungswissenschaften bei der Lösung globaler Probleme ine zentrale Rolle zu, genau so wie bei der Entwicklung iner zukunftsfähigen, auf natürlichen Ressourcen basie- enden Wirtschaft. Die Vereinten Nationen, die Welt- ank und viele an dem Diskussionsprozess beteiligten artner haben eine Reihe gesellschaftlicher Herausforde- ungen entdeckt, denen wir dringend begegnen müssen: as gleichzeitige Auftreten von Unter- und Mangeler- ährung bei einem anhaltenden Bevölkerungswachstum, ie Zerstörung von landwirtschaftlich und forstlich nutz- arer Fläche, Wassermangel, die Verlagerung von An- 19618 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) bauzonen durch den globalen Klimawandel, sowie der Rückgang biologischer Vielfalt (Biodiversität). Der An- stieg der Nachfrage nach landwirtschaftlichen Erzeug- nissen – wie zum Beispiel hochwertigen Lebensmitteln und insbesondere tierischen Produkten – wird darüber hinaus durch das dynamische Wirtschaftswachstum in China, Indien und weiteren Schwellenländern verstärkt. Zusätzlich ist mit dem weltweiten Bedarf an Energie und Rohstoffen die Notwendigkeit verbunden, Biomasse auf- grund der Endlichkeit fossiler Ressourcen und aufgrund des Klimaschutzes stärker für die energetische und stoff- liche Verwertung zu nutzen. Wir müssen also erkennen, dass nicht nur die land- wirtschaftliche Produktionsmenge zunehmen muss, son- dern darüber hinaus zeigen die aktuellen Entwicklungen, dass die verfügbare Anbaufläche für landwirtschaftliche Produkte weltweit pro Erdenbewohner dramatisch ab- nehmen wird, sie wird sich laut wissenschaftlicher Pro- gnosen bis zum Jahr 2040 halbieren! Damit ist es unabdingbar, die Leistungsfähigkeit un- serer Kulturpflanzen und damit die Effizienz der Land- wirtschaft entscheidend zu steigern, so zum Beispiel für Pflanzen mit verbessertem Nährstoffgehalt, höherer Energiedichte, größerer Widerstandsfähigkeit gegen kli- matischen Stress oder Widerstandsfähigkeit gegen Schädlinge und Krankheiten und damit die Möglichkeit zur Vermeidung von Ertrags- und Qualitätsverlusten. Auch ökologische Vorteile, wie reduzierter chemischer Pflanzenschutz und verbesserter Erosionsschutz, sind zu nennen. Zur Erreichung dieser Ziele kann die Biotechnologie einen großen Beitrag leisten. Da die Bundesregierung diese Fragestellung auch als sehr bedeutend betrachtet – hier sind besonders das Bun- desministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Ver- braucherschutz und das Ministerium für Bildung und Forschung zu nennen –, wurde bereits eine Vielzahl ver- schiedener Forschungsprojekte und Aktivitäten in der Vergangenheit gestartet. Im Januar dieses Jahres wurde der Startschuss zu einer verbesserten Forschungsförde- rung gegeben. Mit 200 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren sollen Projekte in der Bioenergie-, Agrar- und Ernährungsforschung an Hochschulen und außer- universitären Forschungseinrichtungen in Zusammen- arbeit mit Partnern aus der Wirtschaft gefördert werden. Aktuell und exemplarisch ist hier das vom Bundes- ministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernäh- rung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) und den Ländern entwickelte Förderprojekt „Kompe- tenznetze in der Agrar- und Ernährungsforschung“ zu nennen. Unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Entwicklung der Agrarwissen- schaften in Deutschland sollen mit dieser Initiative die verschiedenen relevanten Innovationsfelder, unter ande- rem Pflanzen, Umwelttechnologien, Biotechnologien, der Hightech-Strategie der Bundesregierung berücksich- tigt werden. n w t q t s u r w v p t s b e w k u n B d s b u f d k n U s a r s s l w a Ü V 4 i U f l v a a F f h l (C (D In diesem Sinne sollen im Rahmen der Kompetenz- etze konkrete Forschungsprojekte auf die gesamte land- irtschaftliche Wertschöpfungskette von der Urproduk- ion natürlicher Ressourcen bis hin zur Bereitstellung ualitativ hochwertiger Rohstoffe wie Lebensmittel, Fut- ermittel, Biomasse für den Verbraucher ausgerichtet ein. Das Ziel ist es, eine in der Grundlagenorientierung nd im Anwendungsbezug exzellente Agrar- und Ernäh- ungsforschung aufzubauen und mit der Ausbildung so- ie mit dem Transfer in Wirtschaft und Gesellschaft zu erbinden. Dadurch sollen anwendungsorientierte Kom- etenznetze mit internationaler Sichtbarkeit und Attrak- ivität entstehen und Beiträge für die Lösung gesell- chaftlicher Probleme liefern. Der Erfolg des Projekts zeigt sich in der Vielzahl der undesweit eingereichten Anträge, wobei jüngst in einer rsten Wettbewerbsrunde neun Finalisten ausgewählt orden sind. Die Finalisten werden jetzt ihr Strategie- onzept ausarbeiten und Anfang 2009 einer Jury zur Be- rteilung vorlegen. Drei bis maximal sechs Kompetenz- etze werden dann vom BMBF für fünf Jahre gefördert. Diese und viele weitere Aktivitäten zeigen, dass die undesregierung die in Ihrem Antrag formulierten For- erungen zu einer verbesserten Förderung der Erfor- chung der Biotechnologie zur Bekämpfung der Pro- leme der Welternährung bereits in die Tat umgesetzt hat nd stetig weitere Programme entwickelt. Aus diesem Grund wird die CDU/CSU-Bundestags- raktion den Antrag der FDP ablehnen. Elvira Drobinski-Weiß (SPD): Die Behauptung, ass die Entwicklungen der Agrogentechnik der Be- ämpfung des Hungers in den Entwicklungsländern die- en, wird durch ständige Wiederholung nicht wahrer. nd die Hartnäckigkeit, mit der die Augen davor ver- chlossen bleiben, dass Armut und fehlender Zugang zu usreichender Nahrung auf mangelnde Verteilungsge- echtigkeit zurückzuführen sind, ist mehr als ärgerlich. Wenn Sie wirklich daran interessiert sind, wie Wis- en, Wissenschaft und Technologie in der Landwirt- chaft zur Verbesserung der Lebensgrundlagen im länd- ichen Raum und zur Armutsbekämpfung eingesetzt erden können, dann sollten Sie den Bericht des Welt- grarrates vom April dieses Jahres lesen. Eine deutsche bersetzung der Zusammenfassung kann ich gern zur erfügung stellen. Ein breit gefächertes Spektrum von 00 Experten aus dem Agrobusiness, der Lebensmittel- ndustrie, der Wissenschaft, der Verbraucher-, Bauern-, mwelt- und anderer Nichtregierungsorganisationen ordert in diesem Bericht die Abkehr vom monokulturel- en Intensivanbau. Dessen Bilanz fiel bei hohem Einsatz on Kapital und Energie zwar über Jahrzehnte positiv us, dies aber vor allem deshalb, weil die Umweltkosten usgeklammert wurden. Die Produktivitätssteigerung durch technologische ortschritte ist an ihre Grenzen gestoßen, und die Kosten ür die Umwelt und die Entwicklungsländer werden zu och. Die Zukunft der landwirtschaftlichen Produktion iegt in einer nachhaltigen, das heißt in einer umwelt- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19619 (A) ) (B) ) und ressourcenschonenden Produktion. Die Agrogen- technik ist da der falsche Weg. Dass bis heute der Be- weis für den Nutzen des Einsatzes der Gentechnik fehlt, stellt auch der Bericht des Büros für Technikfolgenab- schätzung (TAB) „Auswirkungen des Einsatzes transge- nen Saatguts auf die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Strukturen in Entwicklungsländern“ fest. Danach fehlt bisher eine sozioökonomische Bewertung der Grünen Gentechnik. Sie tut dringend not. Dabei wurde aber auch deutlich gemacht, wie schwer es ist, die für eine Gegenüberstellung des gesellschaftlichen Nut- zens und der Kosten nötigen Daten zu ermitteln Der Weltagrarrat warnt, dass die Agrogentechnik die lokalen Anbaupraktiken unterwandert, die die Nah- rungsmittelversorgung der Bevölkerung und der Wirt- schaft vor Ort sichern. Durch Patente der Konzerne stie- gen zudem die Kosten, und der Zugang der Bauern vor Ort werde eingeschränkt. Notwendig sei vielmehr die Rückbesinnung auf natürliche und nachhaltige Produk- tionsweisen, die eine ausreichende Erzeugung mit dem Schutz von Wasser, Boden, Wäldern und Artenvielfalt vereinen. Wenn der Hunger in der Welt als Vehikel herhalten muss, um mehr Forschungsgelder für die Agrogentech- nik lockerzumachen, ist das zynisch. So hat zum Bei- spiel der sachsen-anhaltinische Wirtschaftsminister Rei- ner Haseloff festgestellt, dass sich bei der vom Land geförderten Forschung an Pflanzen, die Trockenheit ver- tragen und dem Klimawandel trotzen, die „Erwartungen nicht erfüllt“ haben. 55 Millionen Euro Forschungsgel- der sind ergebnislos verpufft. Damit hätten sicherlich sinnvollere Projekte zur Verbesserung der Ernährungssi- tuation in den Entwicklungsländern finanziert werden können. Gentechnik macht nicht satt und ist teuer. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. Dr. Sascha Raabe (SPD): Hunger und ländliche Entwicklung sind untrennbar miteinander verknüpft. Das wird uns gerade heute am Welternährungstag wieder deutlich vor Augen geführt. Mehr als 920 Millionen Menschen leiden Hunger, davon leben etwa drei Viertel im ländlichen Raum. Die Zahl der Hungernden ist in den vergangenen Monaten um knapp zehn Prozent angestie- gen. Ein Hauptgrund hierfür sind die weltweit steigenden Nahrungsmittelpreise, die die globale Ernährungssicher- heit und somit die Erreichung des ersten Millenniums- entwicklungsziels, nämlich die Anzahl der Hungernden bis 2015 zu halbieren, zunehmend gefährden. Die Nah- rungsmittelkrise hat vielfältige Ursachen. Neben der weltweit höheren Nachfrage nach Lebensmitteln und veränderten Ernährungsgewohnheiten, unverantwortli- chem Spekulantentum und dem Anbau von Argartreib- stoffen ist die Nahrungsmittelkrise auch Folge von vernachlässigter Förderung und Aufbereitung der Land- wirtschaft in den Entwicklungsländern. Schätzungen zufolge wird die Weltbevölkerung in 40 Jahren auf voraussichtlich neun Milliarden Menschen angewachsen sein. In diesem Maß wird in etwa auch der Nahrungsmittelbedarf weltweit steigen. Doch Hunger ist k m r m n w 3 s z m f K ß P s v t k P R r a m E d r e A g s d m V n e F s u d d v u h a s d a k d s d t v d s M P i d (C (D ein Problem der absolut produzierten Nahrungsmittel- enge, so wie es der hier vorliegende Antrag suggerie- en mag. Die Weltlandwirtschaft könnte bereits heute ittels herkömmlicher Herstellung und Anbau circa eun Milliarden Menschen ausreichend ernähren – auch enn man bedenkt, dass in den Industriestaaten täglich 0 bis 40 Prozent der Nahrungsmittel einfach wegge- chmissen werden. Hunger ist ein Problem des Zugangs ur Nahrung. Hungernden in den Städten fehlt Einkom- en zum Kauf von Lebensmitteln, und den Kleinbauern ehlt der Zugang zu produktiven Ressourcen wie Land, redite, Betriebsmittel etc. Dieser Mangel stellt ein gro- es Entwicklungshemmnis in vielen Ländern dar. Die roduktivität der Landwirtschaft muss daher durch trukturelle und die Produktionsrahmenbedingungen erbessernden Maßnahmen gestärkt werden. Die Gen- echnik könnte dabei – neben vielen anderen – ein flan- ierendes Element darstellen. Nicht ganz uninteressant scheint zum Beispiel das rojekt „Goldener Reis 2“. Dabei handelt es sich um eis, dem durch verschiedene gentechnische Verände- ungen die Fähigkeit zur Synthese von Beta-Carotin, lso einer Vorstufe von Vitamin A, verliehen wurde. Da- it sollen der Mangel an Vitamin A bei Menschen in ntwicklungs- und Schwellenländern aufgefangen wer- en, deren Hauptnahrungsmittel Reis ist. Laut Modell- echnungen könnte hiermit insbesondere bei Kindern ine Deckung des Vitamin-A-Bedarfs erreicht werden. ber, und das ist hier die Krux, die sich auch durch die esamte Diskussion der Grünen Gentechnik zieht: Es ind eben nur Modelle, von denen hier die Rede ist. Ob ie in den Modellrechnungen zugrunde gelegten Annah- en auch dann tatsächlich zutreffen, bleibt abzuwarten. on empirischer Evidenz kann momentan jedenfalls icht gesprochen werden. Denn es muss auch die Frage rlaubt sein, warum sich nach über zwanzig Jahren orschung und zwölf Jahren Anbau momentan aus- chließlich zwei Merkmale – nämlich Herbizidresistenz nd Bt-vermittelte Insektenresistenz – erfolgreich auf em Markt durchgesetzt haben. Gerade das immer wie- er angebrachte Argument, die Nutzung gentechnisch eränderten Saatguts würde deutlich effizientere Erträge nd Nutzungsmöglichkeiten mit sich bringen, kann da- er so nicht stimmen. Der Nutzen von GVO-Pflanzen, lso gentechnisch veränderten Organismen, ist wissen- chaftlich längst noch nicht erwiesen. Was sich allerdings sehr wohl nachweisen lässt, ist ie Verdrängung regionaler Sorten. Hier müssen wir chtgeben, dass die Grüne Gentechnik nicht durch un- ontrollierten Anbau in den Entwicklungsländern aus em Ruder läuft. Davor warnt auch der Weltagrarrat in einem jüngsten Bericht. Zum einen wird befürchtet, ass die Agrogentechnik die lokalen Anbaupraktiken un- erwandert, die die Nahrungsmittelversorgung der Be- ölkerung und der Wirtschaft vor Ort sichern. Es besteht ie Sorge, dass genverändertes Saatgut die einheimi- chen Produkte verdrängt. Schutzzonen und weitere aßnahmen müssen ein „Verseuchen“ genunveränderter flanzen gewährleisten. Zum anderen, und dieser Punkt st unweigerlich mit dem ersten verbunden, muss verhin- ert werden, dass die Saatgutentwicklung in den Ent- 19620 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) wicklungsländern immer weiteren Restriktionen und Auflagen der großen Biotechnologieunternehmen unter- worfen sind. Patentverträge führen dazu, dass die Klein- bauern in Entwicklungsländern in eine regelrechte Ab- hängigkeit der Großindustriellen geraten. Patente treiben die Kosten in die Höhe, beschränken die Versuche der einzelnen Bauern bzw. der öffentlichen Forschung und untergraben ortsübliche Methoden zur Stärkung der Ernährungssicherung und wirtschaftlichen Nachhaltig- keit. Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, Ihre Be- hauptung, „die Biotechnologie ist eine international an- erkannte Methode, um Nutzpflanzen zu verbessern“, kann so jedenfalls nicht stehen bleiben. Daher wäre es fatal, wenn man in der Bekämpfung von Hunger und Ar- mut in den Entwicklungsländern einzig auf die Karte Gentechnik setzen würde. Gentechnik an sich muss nicht verkehrt sein – sie ist aber kein Allheilmittel. Landwirtschaftliche Fragestellungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit bedingen immer die Not- wendigkeit einer nachhaltigen landwirtschaftlichen Lö- sung, die sozial, ökologisch und ökonomisch zukunftsfä- hig sein muss. Das kann ich in ihrem Antrag so nicht finden. Im Gegenteil. Wenn man ihren Antrag liest, dann könnte man meinen, die Bundesregierung hätte nichts dafür getan, den Menschen in den Entwicklungsländern zu helfen. Das Gegenteil ist der Fall. Allein für den Be- reich der ländlichen Entwicklung hat die Bundesregie- rung die Nettoausgaben von 382,3 Millionen Euro im Jahr 2005 auf 576,8 Millionen Euro im Jahr 2006 erhöht und im Jahr 2008 über verschiedene Instrumente insge- samt circa 600 Millionen Euro allein für die Ernährungs- sicherung neu investiert. Es sollte ebenfalls nicht uner- wähnt blieben, dass es Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul zu verdanken ist, dass die Weltbank wieder einen höheren Anteil ihrer Mittel für die ländliche Entwicklung einsetzt. Ebenso wirkt die Bundesrepublik als Gründungsmitglied der Consultative Group on Internationale Agricualtural Research (CGIAR) an der Erarbeitung angewandter Lösungen in der Agrarforschung mit. Sie ist ein bedeutender Baustein für Wachstum in der Landwirtschaft. Als SPD-Bundestagsfraktion werden wir weiterhin den eingeschlagenen Weg in der Landwirtschaft und ländlichen Entwicklung gehen, und uns für eine ver- stärkte Entwicklung des ländlichen Raums einsetzen. Im Dezember bringen wir hierzu einen entsprechenden An- trag in den Bundestag ein, der zu den weitreichenden Fragen des Themenkomplexes der ländlichen Entwick- lung, mit ganzheitlichen Konzepten von sozialer, ökolo- gischer und ökonomischer Tragweite, Antworten liefert. Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): Die Weltbe- völkerung nimmt rasant zu. Täglich wächst sie um etwa 80 000 Menschen. Das entspricht der Bevölkreung einer Stadt wie zum Beispiel Brandenburg an der Havel, Neu- münster oder Marburg. 2030 werden 9 Milliarden Men- schen auf dieser Erde leben. Gleichzeitig nehmen die Ackerflächen durch Versteppung und Versalzung ab. Luc Gnacadja, Chef der UNCCD, berichtete im Agrar- a D d s G d w n t z 2 2 g s i n e k w s D C E b ä m r E r N t t l k d E i s d s ö t d ö N d M k Q d l b s (C (D usschuss über die weltweit zunehmende Versteppung. ie fortschreitende Wüstenbildung wird hervorgerufen urch Klimawandel, falsche Bewirtschaftungsmethoden, chlechtes Regierungshandeln. Sie ist eine zusätzliche efahr für die Welternährung. Es ist in den letzten Jahrzehnten gelungen, den Anteil er hungernden Menschen deutlich zu senken. Heute erden gegenüber 1950 4 Milliarden Menschen mehr er- ährt als damals, ein Erfolg, der wesentlich auf der ers- en grünen Revolution beruht. Doch vom Millenniums- iel der Halbierung von Armut und Hunger bis zum Jahr 015 sind wir noch weit entfernt. Der Welthungerindex 008 zeigt, dass es in einer ganzen Reihe von Ländern elungen ist, die Ernährungssituation deutlich zu verbes- ern; in anderen, wie in verschiedenen Südsaharastaaten, st sie dramatisch schlecht. Die entwickelte Welt ist aufgerufen, vertieft darüber achzudenken, wie wir auf dieser Erde mehr Menschen rnähren und ihnen eine Lebensperspektive eröffnen önnen. Ohne Zweifel gibt es sehr politische Gründe, arum in Ländern wie Nordkorea oder der Demokrati- chen Republik Kongo die Menschen Hunger leiden. as gilt aber nicht für alle Länder. Die Forderung des hefs der UNCCD ist berechtigt: Mehr Forschung, eine rhöhung der Nahrungsmittelproduktion um 50 Prozent ei Berücksichtigung der Entwicklung gentechnisch ver- nderter Pflanzen. Die bessere Verteilung der Nahrungs- ittel ist wichtig, reicht aber nicht. 50 Prozent der Nah- ungsmittelproduktion werden entweder schon vor der rnte durch Schadorganismen oder nach der Ernte wäh- end der Lagerung vernichtet. Zu einer Erhöhung der ahrungsmittelproduktion gibt es daher keine Alterna- ive. Für die Züchtung schädlingsresistenter sowie rockenheits- und salztoleranter Sorten bieten biotechno- ogische Züchtungsverfahren hervorragende Möglich- eiten und gute Erfolgsaussichten. Nicht die Wünsche satter Europäer sollten Maßstab er Bewertung der Grünen Gentechnik sein, sondern die rfordernisse der Bekämpfung von Hunger und Armut n den ärmsten Ländern der Erde. Ich stimme dem ehemaligen Vorsitzenden der Deut- chen Bischofskonferenz, Herrn Kardinal Lehmann, zu, er mir in Reaktion auf den Antrag der FDP-Fraktion ge- chrieben hat: „Ein verantwortungsvoller, nicht nur dem konomischen Gewinn verpflichteter Umgang mit bio- echnologischen Verfahren ist ethisch geboten und Aus- ruck des Bemühens um globale, intergenerationelle und kologische Gerechtigkeit.“ Der Goldene Reis entspricht diesen Anforderungen. ach Angaben der Weltgesundheitsorganisation erblin- en jedes Jahr 500 000 Kinder aufgrund von Vitamin-A- angel, die Hälfte von ihnen stirbt. Diesen Kindern önnte der Goldene Reis helfen. Professor Martin uaim kommt aufgrund seiner Untersuchungen in In- ien zu dem Schluss, dass der Goldene Reis eine Mög- ichkeit darstellt, den Vitamin-A-Mangel erfolgreich zu ekämpfen. Die Vorstellung, dass Menschen, die so arm sind, dass ie sich fast ausschließlich von Reis ernähren, doch ohne Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19621 (A) ) (B) ) Weiteres ihren Speiseplan mit ein bisschen Gemüse auf- bessern können, hat nichts mit der Realität zu tun. Es ist den Menschen auf den Philippinen, in Indien und Indo- nesien zu wünschen, dass Professor Potrykus mit seiner Überzeugung Recht behält, dass 2012 der Goldene Reis in diesen Ländern angebaut wird. Es ist ethisch nicht verantwortbar, wenn weiterhin die entwickelte, die rei- che, die satte Welt die Entwicklungsländer behindert, Goldenen Reis zu nutzen. Die Industrie hat ihre Lizen- zen für die Subsistenzwirtschaft zur Verfügung gestellt. Damit ist gewährleistet, dass dort Nachbau betrieben werden kann. Wir als FDP-Bundestagsfraktion fordern, Forschun- gen zu fördern, die die Züchtung von Pflanzen ermögli- chen, die für die Armutsbekämpfung in Entwicklungs- ländern von besonderer Bedeutung sind. Die Chancen und Potenziale der Biotechnologie müssen ausgeschöpft werden. Als führende Industrienation müssen wir Ver- antwortung für die Forschung und Entwicklung gentech- nisch verbesserter Pflanzen für die Bekämpfung von Hunger und Armut übernehmen. Wir Liberale sagen ganz klar: Es ist durch nichts zu rechtfertigen, aus der Si- tuation des Wohlstands in Europa heraus die Anwen- dung einer Züchtungsmethode zu behindern, die den Menschen in weiten Teilen der Erde bei der Überwin- dung von Hunger und Armut helfen kann. Uns ist bewusst, dass die Biotechnologie nicht das Allheilmittel zur Bekämpfung des Hungers auf der Welt ist. Wir meinen aber, dass die Erfahrungen der vergange- nen Jahre gezeigt haben, dass die Biotechnologie einen wichtigen Beitrag leisten könnte, gemeinsam mit ande- ren Maßnahmen wie mehr Bildung, mehr Investitionen in die Landwirtschaft, bessere Anbaumethoden, besseres Regierungshandeln, mehr Rechtssicherheit. So steht es in unserem Antrag. Ich bitte die Kolleginnen und Kolle- gen um Unterstützung. Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE): Der uns vor- liegende Antrag der FDP schlägt vor, mit Biotechnologie den Hunger der Welt zu bekämpfen. Armut soll durch die Züchtung neuer Pflanzen gemindert werden. Durch höheren Mineralien- und Ölgehalt soll Unterernährung bekämpft werden. Neue Züchtungen – so meint die FDP – retten die Welt. Nun – auch Ihnen ist inzwischen hoffentlich einiges klarer geworden. Das einzige was ich Ihnen zugutehal- ten kann an diesem Antrag, ist, dass er veraltet ist. Auch Sie von der FDP dürften inzwischen begriffen haben, dass wir zur Beseitigung des Hungers in der Welt ganz anderer Lösungen bedürfen. Ich helfe Ihnen auf die Sprünge. Lassen Sie uns ge- meinsam die einzelnen Punkte noch einmal durchgehen: Erstens. Die Ursachen des Hungers: Laut Schätzungen der Weltbank ist die Anzahl der Hungernden zwischen 2005 und 2007 von 848 auf 967 Millionen angestiegen. Die Ursachen dafür wurden hier bereits vielfältig besprochen. Es ist mittlerweile un- bestritten (außer anscheinend von Ihnen), dass es mehr als genug Nahrung für alle auf der Welt gibt. Laut der U N l r v f ö l v g z b l p m n n u r s t m v u e b A f m w g S p G d l r i A I r s d k a S b R n d E K t g z z (C (D N-Ernährungsorganisation FAO reicht die vorhandene ahrungsmittelproduktion zur Ernährung von 12 Mil- iarden Menschen aus. Die Ernährungskrise hat struktu- elle Ursachen, die auf politische Fehlentscheidungen, erfehlte Agrar-, Handels- und Finanzpolitik zurückzu- ühren sind. Die Liberalisierungspolitik und die Markt- ffnung für Agrarprodukte haben dafür gesorgt, dass okale Märkte im Süden zerstört wurden. Die Exportsub- entionen haben zu Dumpingpreisen von EU-Produkten eführt. Der kleinbäuerliche Sektor wurde über Jahr- ehnte vernachlässigt. Subsistenzlandwirtschaft wurde elächelt, vor allem von Ihnen. Zweitens. Die Risiken des Anbaus von genmanipu- ierten Pflanzen: Die potenziellen Gefahren des Anbaus von genmani- ulierten Pflanzen im Freiland sind noch ungeklärt und annigfaltig. Die Pflanzen können sich unkontrolliert in ahe Verwandte auskreuzen, die Debatte über transge- en Mais oder Raps hat das Problem aufgezeigt. Eine ngewollte Ausbreitung von gentechnischen Verände- ungen ist folglich nicht nur möglich, sondern wahr- cheinlich. Denn Resistenzen gegen Pflanzenschutzmit- el gefährden Ökosysteme und können letztendlich zu ehr Pestizidverbrauch führen. Bei der Wechselwirkung on veränderten Pflanzen mit bestäubenden Insekten nd bei Anreicherungen von Fremdsubstanzen wurden benfalls negative Auswirkungen auf das Bodenleben eobachtet. Unumstritten ist der Zusammenhang von gro-Gentechnik und der Verminderung der Artenviel- alt. Biodiversität ist ein bedrohtes öffentliches Gut und uss erhalten werden, wenn wir unsere Umwelt lebens- ert für die Zukunft bewahren wollen. Drittens. Biotechnologie als Instrument im Kampf ge- en Hunger: Vor den Auswirkungen gentechnisch veränderten aatguts vor allem in Entwicklungsländern wird von Ex- ertinnen und Experten eindringlich gewarnt. Selbst die TZ bezweifelt die Wirksamkeit gentechnischer verän- erter Organismen gegen den Hunger in Entwicklungs- ändern. Wie Prof. Rauch in seinem Statement zur Anhö- ung, die gestern stattfinden sollte, sagt: „Gentechnik mpliziert die Abhängigkeit von gut funktionierenden grardiensten. In ländlichen Regionen mit schwachen nstitutionen ist eine – für Bauern lebensentscheidende – echtzeitige alljährliche Versorgung mit Saatgut nur chwer zu gewährleisten.“ Kleinbetriebe begeben sich urch die aggressive Patentierungspolitik der Saatgut- onzerne und die Lizenzgebühren in eine Schuldenfalle, us der sie nicht mehr herauskommen. Das manipulierte aatgut ist teuer und darf nur unter Zahlung einer Ge- ühr nachgebaut werden. Damit entfällt ein uraltes echt und ein selbstbestimmter Freiraum der Bäuerin- en und Bauern. Zurzeit werden 80 Prozent des Getrei- es in den Entwicklungsländern aus Samen der letzten rnte angebaut. Auf der anderen Seite kontrollieren zehn onzerne gegenwärtig 85 Prozent des Marktes an gen- echnisch veränderten Nutzpflanzen. Und sie verdienen ut. Zum einen an den Patenten und Lizenzgebühren und um anderen an den jeweils speziell benötigten Pflan- enschutzmitteln, ohne die das System nicht funktio- 19622 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) niert. Kleinbäuerinnen und Kleinbauern können hier nur verlieren. Schlussfolgerungen: Von Biotechnologien in der Landwirtschaft profitie- ren nur großflächige Landwirtschaftsbetriebe und die Agrarkonzerne. Die Gefahren für Mensch und Umwelt sind absolut ungeklärt und extrem risikobehaftet. Die Er- nährungssouveränität aller Länder kann mittels Agrarre- formen zugunsten armer und kleinbäuerlicher Betriebe und Förderung von ökologisch nachhaltiger Landwirt- schaft gesichert werden. Verbesserter Zugang zu Land, Landreformen und bessere Bewässerungssysteme kön- nen die Ernten um 50 Prozent wachsen lassen. Die Sicherung lokaler Märkte muss klar Vorrang vor Export- landwirtschaft haben. Das bezieht sich sowohl auf Ex- porte von Lebensmitteln, Futter oder Agroenergie. Wir halten eine dauerhafte und anhaltende Lösung der Nahrungsmittelkrise als eines der wichtigsten aktuellen Themen. Dieser Antrag der FDP-Fraktion wird jedoch nicht im Mindesten zu einer Lösung beitragen, weswe- gen wir ihn aus voller Überzeugung ablehnen. Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Ursachen der Welternährungskrise sind vielfältig. Hun- ger und Armut sind auch das Ergebnis einer EU-Agrar- politik, die vor allem am Wohlergehen der Industrielän- der orientiert war. Agro-Gentechnik ist kein innovativer „neuer“ Ansatz in der Landwirtschaft, der einen Beitrag zur Lösung des Hungerproblems leistet, sondern eine neue Gewinnsparte und in Abhängigkeit von der Agroin- dustrie. Gentechnisch veränderte Pflanzen dienen nicht der Hungerbekämpfung, sondern werden zur Exportware – als Baumwolle für billige T-Shirts oder als Futtermittel für den Fleischkonsum in den Industrieländern. Zyni- scher sind noch einzelne Prestigeobjekte der Agro-Gen- technik-Industrie, zum Beispiel der „Golden Rice“. Wenn Menschen sich nicht genug Reis zum Überleben leisten können, dann können sie sich auch keinen „Gol- den Rice“ leisten. Die Hungerdebatte wird von Befürwortern der Agro- Gentechnik genutzt, um ein verstaubtes Argument neu aufzupolieren: Die Sicherstellung der Welternährung er- fordere eine Steigerung der Produktivität in der Land- wirtschaft, und dies ginge nur mit gentechnisch verän- derten Pflanzen. Doch auch diesen Nachweis ist die Agro-Gentechnik-Industrie schuldig geblieben, wie eine Studie der Universität Georgia von 2008 zeigt. Schon 2004 wies die FAO darauf hin, dass eine Er- trags- und Gewinnsteigerung durch den Anbau von gen- technisch veränderten Pflanzen wissenschaftlich nicht belegt sei. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Auch die Autoren einer von der EU-Kommission in Auftrag gegebenen Übersichtsstudie aus dem Jahr 2007 bestäti- gen, dass die Datenlage hinsichtlich einer Ertragssteige- rung durch gentechnisch veränderte Pflanzen nicht be- lastbar sei. Auch der UN-Weltagrarrat erklärt in seinem Bericht von 2008, dass eine Auswertung der bisher vor- gelegten Studien über den Anbau gentechnisch verän- d E d g d a f S b z S n g s h A g a t b P b e p h v b T B S d z l h t t n m g V d P l l h K H S z m b m w (C (D erter Pflanzen gezeigt habe, dass es in einigen Gebieten rtragszuwächse, in anderen aber Ertragsrückgänge urch den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen ab. Seit rund zehn Jahren werden gentechnisch verän- erte Pflanzen zu kommerziellen Zwecken angebaut, vor llem in den USA, Argentinien und Brasilien. Dies sind ast ausschließlich herbizid- oder insektenresistente oja-, Mais-, Raps- und Baumwollsorten, die auf frucht- aren Böden angebaut werden müssen. Es werden in- wischen fast ausschließlich gentechnisch veränderte ojasorten des US-Konzerns Monsanto angebaut. Die Konsequenzen für die Landwirtschaft in Argenti- ien sind enorm: Waldflächen wurden für den Sojaanbau erodet, der Einsatz von Pestiziden und Stickstoffdünger tieg an, und es gibt Probleme mit dem Durchwuchs von erbizidresistenten Sojapflanzen. Gleichzeitig nahm in rgentinien die landwirtschaftliche Fläche für die Ei- enversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln b. Kleine und mittelständische landwirtschaftliche Be- riebe wurden verdrängt. Die Agro-Gentechnik kommt anders als der Ökoland- au nicht ohne Pestizide aus. Entweder werden die flanzen mittels Gentechnik selbst zu Pestiziden umge- aut, sodass sie in allen Pflanzenteilen – sogar im Pollen – inen toxischen Stoff des Bacillus thuringiensis – Bt – roduzieren. Zu diesen insektenresistenten Pflanzen ge- ören auch die MON-810-Maissorten von Monsanto, die on Landwirtschaftsminister Horst Seehofer für den An- au in Deutschland zugelassen wurden. Oder es werden otalherbizide eingesetzt. Die schädliche Wirkung dieser Kombination für die iodiversität wurde unter anderem in einer langjährigen tudie der britischen Regierung nachgewiesen: Durch en Anbau von herbizidresistentem Raps waren 44 Pro- ent weniger Blütenpflanzen und weniger Schmetter- inge und Spinnen zu finden, während bei Anbau erbizidresistenter Zuckerrüben 34 Prozent weniger Blü- enpflanzen sowie signifikant weniger Bienen, Schmet- erlinge und Wanzen zu finden waren. Das Beispiel des Soja-Anbaus in Argentinien zeigt eben den ökologischen Risiken auch die sozio-ökono- ischen Risiken der Agro-Gentechnik deutlich an. Dazu ehören zum Beispiel Kosten für die Vermeidung von erunreinigungen oder der Gefährdung der Biodiversität urch gentechnisch veränderte Pflanzen oder Folgen der atentierung biologischer Ressourcen und der Monopo- isierung des Saatgutsektors. Die Risiken in Entwick- ungsländern sind laut UN-Weltagrarrat vor allem enorm ohe Kosten für Saatgut durch Patente. Und gerade leinbauern geraten laut GEPA durch den Einsatz von ybrid- und gentechnisch verändertem Saatgut in eine chuldenspirale, da sie Saatgut, Düngemittel und Pesti- ide jedes Jahr erneut zu vorgegebenen Preisen kaufen üssten. Die Schuldenfalle Agro-Gentechnik hat auch ei Baumwoll-Bauern in Indien zu einer hohen Selbst- ordrate geführt. Eine Studie des Sächsischen Landesamtes für Um- elt, Landwirtschaft und Geologie ergab zudem auch Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19623 (A) ) (B) ) für Deutschland als Industrieland, dass beim Anbau von Bt-Mais höhere Saatgutkosten von 35 bis 40 Euro pro Hektar entstehen. Diese Mehrkosten können erst recht nicht Bauern in Entwicklungsländern tragen. Viele Ursachen steigender Lebensmittelpreise und Flächenkonkurrenz liegen in den reichen westlichen Ländern. Fleischhunger macht Welthunger – dagegen hilft keine Technik, erst recht keine Agro-Gentechnik, sondern hier müssen politische und strukturelle Lö- sungsansätze gefunden werden. Dazu gehört, in der Agrar- und Agrarsubventionspolitik umzusteuern und in der Entwicklungszusammenarbeit sowie in den Partner- ländern selbst die bäuerliche Landwirtschaft und ländli- che Entwicklung zu stärken. Auch müssen wir unsere Ernährungsgewohnheiten verändern. Und es muss recht- zeitig gegengesteuert werden, damit aus dem Energie- hunger nicht noch mehr Welthunger wird. Wichtig ist: Das Menschenrecht auf Nahrung muss Priorität haben. Die Bundesregierung schließt in ihrem Beschluss nicht aus, die Welternährungskrise auch mit industriellen Mitteln wie der Agro-Gentechnik zu be- kämpfen. Dies ist keine Lösung. Eine nachhaltige, so- ziale und ökologische Landwirtschaft, die das Hunger- problem überwinden kann, braucht keine grüne Gentechnik. Agro-Gentechnik ist im Gegenteil eine er- hebliche Gefährdung der Ernährungssicherheit. Anlage 14 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über genetische Untersuchungen bei Menschen (Gen- diagnostikgesetz – GenDG) (Tagesordnungs- punkt 16) Hubert Hüppe (CDU/CSU): Heute liegt uns der Ge- setzentwurf der Bundesregierung zu einem Gendiagnos- tikgesetz vor. Genetische Untersuchungen sind ein Be- reich, in dem sich Verbände, Enquete-Kommission, Nationaler Ethikrat, Fraktionen und verschiedene Bun- desregierungen seit mehreren Jahren um eine gesetzliche Regelung bemühen. Die CDU/CSU-Fraktion hat, auch unter den Vorgängerregierungen, immer wieder auf ein Gendiagnostikgesetz gedrängt. Die Regierungsfraktio- nen haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass geneti- sche Untersuchungen gesetzlich geregelt werden sollen. Es ist gut, dass wir heute mit dem vorliegenden Ent- wurf das Gesetz auf den Weg bringen. Es besteht weitge- hende Einigkeit, dass ein solches Gesetz nötig ist. Seine Gene wird der Mensch sein Leben lang nicht los, sie ste- hen fest. Genetische Daten sind sensible, höchstpersönli- che Gesundheitsdaten. Genetische Daten sind auch des- halb besonders sensibel, weil sie Informationen über Verwandte enthalten können. Der Gesetzentwurf gibt genetische Untersuchungen in die Hände von Fachleuten, sichert Qualitätsanforde- rungen ab und errichtet Schutzwälle gegen Missbrauch genetischer Daten und Diskriminierung aufgrund geneti- scher Eigenschaften, etwa im Arbeitsleben und im Versi- c s d D l D s d k v T z G v w n D s d d n z b e g A d u w s k d g t A E v E u P B e B s p d s S B c l t e (C (D herungswesen. Ob man Ergebnisse genetischer Unter- uchungen wissen will oder sie gerade nicht wissen will, as unterliegt der Selbstbestimmung jedes einzelnen. er Gesetzentwurf legt strenge Maßstäbe an die Einwil- igung in eine genetische Untersuchung an. Genetische Tests können zur Absicherung einer iagnose beitragen und dadurch die Therapie verbes- ern. Pharmakogenetische Tests können genetisch be- ingte Empfindlichkeiten für bestimmte Medikamente lären und so eine individuelle Auswahl und Dosierung on Medikamenten erleichtern. Prädiktive genetische est geben Anhaltspunkte über mögliche Risiken einer ukünftigen Erkrankung oder Behinderung. Prädiktive entests können möglicherweise helfen, einer Krankheit orzubeugen, etwa durch Anpassung der Lebensge- ohnheiten. Gerade weil wir die Chancen genetischer Diagnostik utzen wollen, brauchen wir eine gesetzliche Regelung. ie Menschen müssen sicher sein können, dass geneti- che Untersuchungen zu ihrem Vorteil durchgeführt wer- en. Sie müssen sicher sein, dass es nicht zu ihrem Scha- en ist, wenn sie genetische Diagnostik in Anspruch ehmen. Deshalb war es uns als Union wichtig, dass es ukünftig Versicherern und Arbeitgebern nicht nur ver- oten sein soll, genetische Tests zu verlangen, sondern s auch ein Verbot der Verwertung von Testergebnissen ibt, die der Betroffene freiwillig vorlegt oder an die der rbeitgeber oder das Versicherungsunternehmen auf an- ere Weise gelangt. Besonders wichtig ist die qualifizierte Beratung vor nd nach einem prädikativen Gentest, um den Aussage- ert eines Testergebnisses richtig einzuschätzen und auf einer Basis eine begründete Entscheidung treffen zu önnen. Diese Beratung muss von Ärzten geleistet wer- en, die über besondere Fachkunde verfügen. Das Gendiagnostikgesetz geht von der Besonderheit enetischer Daten aus schreibt und zum Schutz der be- roffenen Menschen sinnvolle Regelungen vor, etwa rztvorbehalt, qualifizierte Beratung, Bedingungen der inwilligung und der Aufbewahrung bzw. Vernichtung on Ergebnissen genetischer Untersuchungen. Ich denke, im Grundsatz haben wir ein hohes Maß an inigkeit darüber, dass ein Gesetz diese Grundprinzipien msetzen soll. Über die konkrete Ausgestaltung dieser rinzipien werden wir auf Basis des Gesetzentwurfes der undesregierung beraten. Wir werden auch im Rahmen iner Anhörung die Betroffenen und die Fachleute in die eratung einbeziehen. Wir werden genau darauf chauen, ob die Begriffsbestimmungen trennscharf und raxistauglich sind, etwa hinsichtlich der Unterschei- ung zwischen diagnostischen und prädikativen geneti- chen Untersuchungen. Besonders muss aus meiner icht geprüft werden, inwieweit der Stellungnahme des undesrates gefolgt werden sollte, genetische Untersu- hungen zu Forschungszwecken einzubeziehen. Natür- ich sind wir zu Änderungen bereit, die sich aus den wei- eren Beratungen, Stellungnahmen und Anhörungen rgeben. 19624 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) Bei einem ausführlichen Gespräch zum Gendiagnos- tikgesetz mit Vertretern der Diagnostica-Industrie haben diese unter anderem die Position vertreten, dass der For- schungsbereich im Gendiagnostikgesetz mit geregelt werden muss. Ihre Begründung für eine gesetzliche Re- gelung ist so einleuchtend wie vernünftig: Wenn jede Frau und jeder Mann wissen, dass genetische Untersu- chungen in einem geordneten und gesetzlich festgeleg- ten Rahmen stattfinden, besteht Vertrauen. Eine gesetzli- che Regelung im Forschungsbereich ist also sowohl im Interesse der Betroffenen als auch der Anbieter und der Industrie. Von daher ist in der Tat zu prüfen, was im Bereich der genetischen Forschung bundesweit geregelt ist und was gegebenenfalls geregelt werden muss. Ansonsten würde dies ein Problem insofern darstellen, als solche For- schungsprojekte nicht notwendig nur innerhalb der Grenzen eines Bundeslandes stattfinden und verschie- dene Berufsgruppen und verschiedene Institutionen – etwa private und öffentlich-rechtliche Stellen – unter- schiedlichen rechtlichen Anforderungen unterliegen könnten. Dies würde letztlich als Forschungshindernis wirken. Umgekehrt gilt: Wenn genetische Untersuchungen in einem geordneten und gesetzlich festgelegten Rahmen stattfinden, besteht das Vertrauen, auf das Forschung an- gewiesen ist. Deshalb sollten wir uns diesem Thema sorgfältig widmen. In den letzten Wochen ist auch darüber diskutiert wor- den, ob das Gesetz alles erlauben soll, was „technisch“ möglich ist. So haben unter anderem der Ministerpräsi- dent von Nordrhein-Westfalen, Jürgen Rüttgers, und die Staatssekretärin Ursula Heinen ein Verbot vorgeburtli- cher genetischer Untersuchungen gefordert, die gezielt auf „spätmanifestierende Erkrankungen“ wie zum Beispiel Brustkrebs oder Alzheimer durchgeführt werden, also für solche Erkrankungen, die erst im späteren Lebensalter auftreten. Allein die Entnahme der Fruchtwasserprobe für diese genetische Untersuchung birgt ein Risiko von einem Prozent, dass es zu einer Fehlgeburt kommt. Solche Gentests wären auch lange nach der Geburt des Kindes möglich, wenn es nur darum geht, der Er- krankung bestmöglich vorzubeugen, etwa durch gezielte Vorsorgeuntersuchungen, besondere Ernährung oder Le- bensführung, oder sich bestmöglich auf die Erkrankung vorzubereiten. Wenn man nur das Wohl des Kindes im Auge hat, gibt es keinen Grund, solche Gentests noch vor der Geburt durchzuführen. Wenn man solche Gentests noch vor der Geburt statt nach der Geburt durchführen will, um das Risiko einer „spätmanifestierenden Erkrankung“ abzuklären, so hat man davon keinen zusätzlichen Nutzen, es sei denn, um sich für eine Abtreibung wegen dieser Veranlagung zu entscheiden. Wenn wir vorgeburtliche Gentests auf „spätmanifestierende Erkrankungen“ zulassen, schaffen wir ein erhebliches Diskriminierungspotenzial gegen Träger solcher Veranlagungen. Wir würden einen weite- ren Schritt zum „Kind nach Maß“ zulassen. Dies ist eine Gewissensfrage. g u d d K h s e s s d f m P s t r i w m s s C d d c R m a n n U g r r U n B r g r d R n b c w t E d c (C (D Der vorliegende Gesetzentwurf ist eine gute Aus- angsbasis und ein großer Schritt für mehr Sicherheit nd Vertrauen im bereich der Gendiagnostik. Wir wer- en in der Anhörung erfahren, wie die Sachverständigen en Entwurf beurteilen, was sie begrüßen und wo sie orrekturbedarf sehen, und wir werden sehr gewissen- aft und sorgfältig mit ihren Vorschlägen umgehen. Ich freue mich auf konstruktive Beratungen im Aus- chuss. Dr. Carola Reimann (SPD): Mit dem Entwurf für in Gesetz über genetische Untersuchungen beim Men- chen – kurz Gendiagnostikgesetz – legen wir eine ge- etzliche Regelung für den bisher ungeregelten Bereich er genetischen Untersuchungen vor. Dieser Bereich er- ordert angesichts der Erkenntnismöglichkeiten der Hu- angenetik einen besonderen Schutzstandard, um die ersönlichkeitsrechte der Bürgerinnen und Bürger zu chützen und durch eine gesetzliche Regelung die Quali- ät der genetischen Diagnostik zu gewährleisten. Der nun vorliegende Gesetzentwurf wird die Bürge- innen und Bürger in die Lage versetzen, ihr Recht auf nformationelle Selbstbestimmung wahrzunehmen. Ein eiteres wichtiges Ziel des Gesetzentwurfes ist es, die it der Untersuchung menschlicher genetischer Eigen- chaften verbundenen möglichen Gefahren und geneti- che Diskriminierung zu verhindern und gleichzeitig die hancen des Einsatzes genetischer Untersuchungen für en Einzelnen zu wahren. Mit dem Gesetz werden zu- em Anforderungen an eine gute genetische Untersu- hungspraxis verbindlich geregelt. Zu den Grundprinzipien des Entwurfes zählt das echt des Einzelnen auf informationelle Selbstbestim- ung. Hierzu gehören sowohl das Recht auf Wissen, lso das Recht, die eigenen genetischen Befunde zu ken- en, als auch das Recht auf Nichtwissen, das heißt diese icht zu kennen. Nur wenn die betroffene Person in die ntersuchung rechtswirksam eingewilligt hat, dürfen enetische Untersuchungen durchgeführt werden. Vo- aussetzung für die Ausübung des Selbstbestimmungs- echts ist die Trias aus Aufklärung vor den genetischen ntersuchungen, die wirksame Einwilligung in die ge- etische Untersuchung sowie zusätzlich die genetische eratung. Mit diesem Konzept wollen wir eine souve- äne Entscheidung des informierten Patienten für oder egen eine genetische Untersuchung ermöglichen. Im Detail sieht unser Entwurf Regelungen für die Be- eiche der medizinischen Versorgung, der Abstammung, es Arbeitslebens und der Versicherungen vor. Auf die egelungen zu genetischen Untersuchungen zu medizi- ischen Zwecken sowie im Arbeits- und Versicherungs- ereich möchte ich im Folgenden näher eingehen. Genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwe- ken, die nur von Ärztinnen und Ärzten durchgeführt erden dürfen, unterliegen einem abgestuften Bera- ungskonzept. Die genetische Beratung ist ein zentrales lement des Gesetzentwurfes. So soll eine Beratung ann angeboten werden, wenn die genetische Untersu- hung der Abklärung einer bereits bestehenden Erkran- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19625 (A) ) (B) ) kung dient. Verpflichtend ist sie hingegen dann, wenn Untersuchungen eine Vorhersage auf die eigene Gesund- heit oder auf die Gesundheit eines ungeborenen Kindes erlauben. In beiden Fällen ist die Beratung vor und nach der Untersuchung verpflichtend. Auf ausdrücklichen Wunsch der Patientin oder des Patienten ist – ganz im Sinne des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung – auf die Beratung zu verzichten. Eine Begrenzung allein auf medizinische Zwecke er- folgt bei vorgeburtlichen genetischen Untersuchungen. Diese sollen sich auf die Feststellung derjenigen geneti- schen Eigenschaften beschränken, die die Gesundheit des Fötus oder Embryos vor oder nach der Geburt beein- trächtigen können. Im Bereich des Arbeitsrechts sind genetische Unter- suchungen auf Verlangen des Arbeitgebers grundsätzlich verboten. Dem Arbeitgeber ist zudem die Verwendung von Ergebnissen bereits vorgenommener Untersuchun- gen untersagt. Lediglich im Arbeitsschutz sind geneti- sche Untersuchungen unter sehr eng gefassten Voraus- setzungen zugelassen. Ähnlich strenge Regelungen sind für den sensiblen Versicherungsbereich vorgesehen. So dürfen Versiche- rungsunternehmen beim Abschluss eines Versicherungs- vertrages grundsätzlich weder die Durchführung einer genetischen Untersuchung noch Auskünfte über bereits durchgeführte Untersuchungen verlangen. Allein zur Vermeidung von Missbrauch, der sich auch gegen die Versichertengemeinschaft richtet, ist vorgesehen, dass Ergebnisse bereits vorgenommener genetischer Untersu- chungen vorgelegt werden müssen, wenn eine Versiche- rung mit einer sehr hohen Versicherungssumme abge- schlossen werden soll. Die Regelungen für den Arbeits- und den Versiche- rungsbereich greifen die berechtigten Sorgen der Bürge- rinnen und Bürger auf und schützen durch klar abge- grenzte Ausnahmen gleichzeitig vor Missbrauch bzw. vor gesundheitlichen Schäden. Einen letzten Punkt möchte ich kurz noch aufgreifen. Weil nicht nur die Grundlagenforschung im Bereich der Genetik, sondern auch die Anwendungsforschung be- ständig neue Erkenntnisse und Anwendungsmöglichkei- ten liefert, ist es von großer Bedeutung, den Bereich der Gendiagnostik kontinuierlich zu beobachten, um Ent- wicklungen zu erkennen, die gesetzgeberisches Handeln notwendig machen. Zu diesem Zweck bewertet eine beim RKI ansässige interdisziplinär zusammengesetzte unabhängige Gendiagnostik-Kommission alle drei Jahre in einem Tätigkeitsbericht die Entwicklung der geneti- schen Diagnostik. Die Kommission hat ferner die Auf- gabe, Richtlinien zum allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik, zur Qualifika- tion von Personen zur genetischen Beratung, zur Aufklä- rung und Beratung, zur Durchführung von genetischen Analysen sowie genetischen Reihenuntersuchungen zu erstellen. Mit dem Entwurf eines Gendiagnostikgesetzes legen wir für den Bereich der sensiblen genetischen Daten ein gut ausbalanciertes Regelwerk vor, welches einerseits d n m m S r E i s c R n n D k e g d t t n R e s z n i i n l t k V G l n v g s F m s s h e d d c s D m n i s (C (D ie Chancen genetischer Untersuchungen für den Einzel- en wahrt sowie andererseits die mit der Untersuchung enschlicher genetischer Eigenschaften verbundenen öglichen Gefahren verhindert. Ich möchte an dieser telle besonders hervorheben, dass Aufklärung und Be- atung als Voraussetzung für eine wirklich informierte ntscheidung des Einzelnen einen zentralen Stellenwert n unserem Entwurf einnehmen. Der vorgelegte Entwurf ichert diesen Gleichklang von verlässlichen gesetzli- hen Rahmenbedingungen – mit der Betonung auf dem echt der informationellen Selbstbestimmung – und ei- er umfassenden Aufklärung und Beratung der Betroffe- en über Potenziale wie Risiken der genetischen iagnostik. Heinz Lanfermann (FDP): In der öffentlichen Dis- ussion um die Vor- und Nachteile von Gendiagnostik rleben wir eine große Spannbreite der Meinungen. Es ibt die Furcht vor dem gläsernen Menschen ebenso wie ie Euphorie, den Schlüssel zur Heilung aller Krankhei- en entdeckt zu haben. Augenmaß und ruhige Betrach- ung sind angesagt, und man sollte weder zu große Hoff- ungen noch zu große Ängste wecken. Eine gesetzliche egelung der Fragen, die sich durch die Gendiagnostik rgeben, ist notwendig, gerade auch um Ängsten und fal- chen Vorstellungen bei den Bürgerinnen und Bürgern u begegnen. Nach der Entschlüsselung des Genoms sehen wir ei- ige Buchstaben, die aber dafür in riesiger Anzahl, die mmer wieder typisch, wenn auch nicht beliebig, so doch mmer wieder anders zusammengesetzt sind. Wir sind och weit entfernt davon, das individuelle Lebensbuch esen zu können. Auch wissen wir noch nicht, ob es wei- ere Strukturen gibt, die unter bestimmten – noch unbe- annten – Umständen oder in bestimmten Zeitintervallen eränderungen hervorrufen. Wer sagt zum Beispiel dem en, dass das Wachstum der mit ihm verbundenen Zel- en gestoppt werden muss? Nun stehen wir am Anfang einer Entwicklung mit och Ungewissem Ausgang und wollen doch schon jetzt ieles regeln und dabei möglichst alle für uns zum jetzi- en Zeitpunkt absehbaren Missbrauchsgefahren aus- chließen. Der Gesetzentwurf stellt einen ersten Versuch der ormulierung eines Handlungs- und Orientierungsrah- ens dar, über dessen Ausgestaltung wir noch intensiv prechen müssen. Er regelt die Art und Weise geneti- cher Untersuchungen ebenso wie den Umgang mit den ieraus gewonnenen hochsensiblen Daten. Dabei wirft r schwierige Fragen auf, mit denen wir uns auseinan- ersetzen müssen: So wird sicher über § 18 Gendiagnostikgesetz, also ie Frage der Verwertbarkeit von genetischen Untersu- hungen und Analysen im Zusammenhang mit dem Ab- chluss eines Versicherungsvertrages, zu sprechen sein. abei stimme ich der Forderung der Bundesärztekam- er ausdrücklich zu, dass Versicherungsunternehmen icht die Vornahme einer genetischen Untersuchung von hren Versicherungsnehmern verlangen dürfen. In die- em Sinne begrüße ich auch die Selbstverpflichtung der 19626 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) Versicherungswirtschaft, keine Gentests von ihren Kun- den zu verlangen. Es stellt sich in diesem Zusammenhang aber die Frage, wie mit den Ergebnissen freiwilliger Tests umzu- gehen ist. § 18 des Gendiagnostikgesetzes schließt für den Fall des Abschlusses eines Versicherungsvertrages die Verwertung auch freiwillig durchgeführter Gentests aus – sofern eine Grenze von 300 000 Euro für Lebens- versicherungen und 30 000 Euro für Jahresrenten nicht überschritten wird –, wobei die Formulierung nicht klar beschreibt, ob sich die Zahlen auf jeweils einen oder die Summe mehrerer Versicherungsverträge beziehen soll. Dabei wird allerdings nicht unterschieden, ob es sich um einen prädiktiven oder einen diagnostischen Test handelt. Der Unterschied liegt darin, dass prädiktive Un- tersuchungen ohne bestehende Krankheitssymptomatik lediglich die Wahrscheinlichkeit einer zukünftigen Er- krankung, also die genetische Veranlagung, ermitteln, die diagnostische genetische Untersuchung dagegen der genaueren Diagnose einer bereits eingetretenen Erkran- kung und der weiteren Behandlung dient. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass schon heute den Versicherungsnehmer eine Pflicht zur Anzeige aller ihm bekannten Gefahrumstände trifft. Es muss folglich sorgsam geprüft werden, ob es – wie in § 18 Gendiagnostikgesetz vorgesehen – richtig ist, dass der Versicherungsnehmer selbst dann das Recht erhalten soll, die Erkenntnisse einer freiwilligen Untersuchung zu verschweigen, wenn er dabei positive Kenntnis von ei- ner Erkrankung erlangt hat. Die Tatsache, dass der Versi- cherungsnehmer mit der Durchführung eines solchen freiwilligen Tests auf sein Recht auf Nichtwissen ver- zichtet hat, gilt es in der Abwägung zwischen dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, dem Recht des Versicherers auf Informationssymmetrie bei Vertrags- schluss und den Folgewirkungen für die Versichertenge- meinschaft zu berücksichtigen. Wenn wir über genetische Untersuchungen sprechen, dann kommen wir aber auch zu der Frage, wie Ärzte mit den durch Gendiagnostik gewonnenen Daten umgehen müssen. Bekennen wir es ehrlich: Die ärztliche Schwei- gepflicht ist an vielen Stellen durchlöchert. Es gilt daher, diese ärztliche Schweigepflicht wieder umfassender zu gestalten und in der Praxis einzufordern – und dies be- sonders im Hinblick auf Gendaten und damit im Hin- blick auf die Regelungen des Gendiagnostikgesetzes. Ein weiteres Problem, dessen man sich in den Aus- schussberatungen wird annehmen müssen, ergibt sich aus § 17 Abs. 8 Gendiagnostikgesetz. Diese Vorschrift regelt in Verfahren der Auslandsvertretungen und Aus- länderbehörden zum Familiennachzug nach dem Aufent- haltsgesetz die Klärung der Abstammung durch geneti- sche Untersuchungen. Problematisch dabei ist, dass die Bundesregierung vorliegend ein Verfahren formalisieren möchte, bei dem bereits die Rechtsgrundlage unklar ist. Schon seit geraumer Zeit verlangen Botschaften in Fra- gen des Familiennachzugs von den Betroffenen die Zu- stimmung zu und die Einholung von DNS-Gutachten zum Zwecke des Abstammungsnachweises. i § n g z l 2 m d m f t s T Z d t n d z U e s n d D t l w n d w m s W k G e m d g E u d d w D T g m b (C (D Die Bundesregierung stützt diesen massiven Eingriff n das Recht auf informationelle Selbstbestimmung auf 82 Aufenthaltsgesetz bzw. § 6 Abs. 2 Passgesetz, wo- ach den Antragsteller im Antragsverfahren die Oblie- enheit trifft, zuverlässige Nachweise der Abstammung u erbringen. Es liegt der Verdacht nahe, dass ausweis- ich der Antwort der Bundesregierung vom 9. November 007 auf unsere diesbezügliche Kleine Anfrage zuneh- end ein DNS-Nachweis verlangt wird, um die aufwen- ige Überprüfung der eingereichten Abstammungsdoku- ente zu begrenzen. Damit wird aus der eigentlich reiwilligen DNS-Untersuchung faktisch eine Pflichtun- ersuchung zur Erlangung der Aufenthaltserlaubnis. Dass die Bundesregierung selbst dabei keineswegs so orgsam und zurückhaltend mit den aus genetischen ests gewonnenen Daten umzugehen gedenkt, wie in der weckbestimmung des § 1 Gendiagnostikgesetz gefor- ert wird, ergibt sich auch aus § 17 Abs. 8 Gendiagnos- ikgesetz. Demnach sollen für den Fall des Verdachts ei- er nicht einmal näher bestimmten Straftat das Ergebnis er DNS-Untersuchung und die genetische Probe selbst um Zwecke der Strafverfolgung übermittelt werden. nd das, obwohl der Test ausschließlich zur Erlangung ines den Nachzug erlaubenden Abstammungsnachwei- es vorgenommen wurde. Gendiagnostik mag zum jetzigen Zeitpunkt nur bei ei- igen wenigen Krankheiten ein geeignetes Instrument arstellen. Man muss dabei aber auch bedenken, dass die iagnostik alleine nicht reicht. Sie muss über die Bera- ung hinaus mit einer konkreten und sachkundigen Hilfe- eistung verbunden werden. Ich denke hier beispiels- eise an die helfende Vorsorge, die zwar die Krankheit icht direkt beeinflusst, aber die Vorstufen lindert und em Patienten das Gefühl gibt, nicht allein gelassen zu erden. Wenn wir jetzt das Gesetzgebungsverfahren angehen, üssen wir uns zur Ausgangslage eingestehen: Wir alle tehen heute noch vor einem großen Buchstabenberg. ie und wofür man die Buchstaben wird gebrauchen önnen, das wird sich erst in der Zukunft weisen. leichwohl müssen wir jetzt ein Gendiagnostikgesetz rarbeiten, das drei Bedingungen erfüllt: Erstens: Es uss größtmöglichen Schutz vor unbefugter Verwen- ung garantieren. Zweitens: Es muss bewährte Rechts- rundsätze für das neue Zeitalter fortschreiben. Drittens: s muss Qualifikationsmaßstäbe für Untersuchungen nd Beratungen formulieren. Monika Knoche (DIE LINKE): Nun schon in der ritten Legislatur wird die Notwendigkeit eines Gen- iagnostikgesetzes gefordert. Heute liegt erneut ein Ent- urf dafür vor. Das begrüße ich namens meiner Fraktion ie Linke ausdrücklich. Wenn auch die Gendiagnostik als solche nicht das hema jedes einzelnen Bürgers und jeder einzelnen Bür- erin ist, so ist sie doch eine Frage, die alle angeht. Untersuchungen des Erbmaterials tauchen immer ehr und immer öfter in unserem Leben auf: Arbeitge- er und Lebensversicherungen wollen gerne wissen, wie Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19627 (A) ) (B) ) es um unsere Gene bestellt ist, aufgrund der sich rasant entwickelnden Untersuchungsmethoden raten Ärzte im- mer öfter zu genetischen Tests, um bestehende Krank- heiten oder auch nur ein mögliches Krankheitsrisiko ir- gendwann in den nächsten Jahrzehnten aufzudecken, Forscher hätten gern mehr und mehr genetische Proben, unsinnige Tests auf nicht behandelbare Erkrankungen stehen neben nützlichen, verbotene neben legalen, das Missbrauchspotenzial ist extrem hoch. Und das Ganze ist so gut wie nicht gesetzlich geregelt. Das muss jetzt erfolgen, denn das Recht auf informationelle Selbstbe- stimmung als ein Kernbestand des modernen Menschen- rechts hat Verfassungsrang. Dass dieses Recht eines Menschen sich im Wesentlichen im Bereich medizini- scher Diagnostik abspielt, also Aussagen über das eigene Erbgut umfasst, macht diese Frage zu einer hochsen- siblen Frage des Persönlichkeitsrechts und der präventi- ven und kurativen medizinischen Möglichkeit. Um so dringlicher sind die Anforderungen an den Ge- setzgeber, genauestens darauf zu achten, wer überhaupt berechtigt ist, genetische Tests anzubieten und durchzu- führen, wie der informed concent, das ist Voraussetzung für jedwede Diagnostik, ausgestaltet sein muss, um in verantwortbarer Weise den Patienten und Patientinnen Kenntnis über deren genetische Bedingungen zu geben. Was sagen solche Tests über Krankheiten erblicher Natur aus? Was können sie über die Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer Krankheit und Schwere dieser sowie heutige und zukünftige Behandlungsmöglichkeiten aus- sagen? Darüber müssen die Bürgerinnen und Bürger vor der Durchführung eines Tests voll informiert werden, bevor sie ihre Einwilligung zur Durchführung geben. Selbstverständlich ist das Recht auf Nichtwissen ein Menschenrecht. Und – das ist das Besondere an diesem Verfahren – auch Angehörige von getesteten Personen sind unter Umständen „genetisch identifiziert“, ohne darüber je eine Zustimmung gegeben zu haben. Deshalb muss diese Schutz- und Rechtsdimension zwingend in einem Gendiagnostikgesetz ihren Nieder- schlag finden. Und diesem Problem hat sich der Gesetz- entwurf zugewandt. Hier möchte ich auf die einschlägigen Paragrafen in diesem vorliegenden Entwurf, die Gentests zur Bestim- mung von Verwandtschaftsverhältnissen bei Familien- nachzug verlangen, hinweisen. Wir Linke können diese Vorgaben nur ablehnen. Denn ein Sonderrecht respektive Rechtsentzug für Migrantinnen und Migranten stellt eine Diskriminierung durch ein Bundesgesetz dar. Das muss wieder aus dem Entwurf entfernt werden. Denn diese Daten sollen darüber hinaus ja auch den Strafverfol- gungsbehörden zugeführt werden können. Willkür ge- genüber Nichtdeutschen darf nicht zu deutschem Recht werden. Daneben ist es der Vorschlag, Untersuchungen durch- führen zu lassen, die Rückschlüsse auf das Erbgut er- möglichen, die wir insbesondere im Arbeitsrecht für nicht zulässig halten, auch wenn sie in Form von phäno- typischen Tests auftauchen. Würde das erlaubt, hätte es zur Folge, dass diejenigen Beschäftigten herausgefiltert w s g n b e d d l e t g f l a p i G p h l l g s n S k p B d u u d s k M F r S i c r F K t A B e a h c R n u w (C (D erden können, die für belastende Arbeitsbedingungen chlichtweg ein Berufsverbot erhielten. Aufgabe ist es demgegenüber, die Arbeitsplatzbedin- ungen so zu gestalten, dass sie für einen diskrimi- ierungsfreien Zugang sorgen und gesundheitliche Ar- eitsschutzregelungen geschaffen werden, die es allen rmöglichen, ihren gewünschten Beruf anzustreben. Wie weit die Regelungen reichen, erkennt man auch aran, dass zwar bei Lebensversicherungen Tests gefor- ert werden und bei privaten Krankenkassen nicht er- aubt sind, die Versicherungsgesellschaften jedoch oft ng miteinander verwoben sind. Deshalb darf kein Da- entransfer erlaubt werden; wie auch stark zu hinterfra- en ist, ob es nicht doch zu Diskriminierung führt, wenn ür Lebensversicherungen ab 300 000 Euro Gentests er- aubt würden. Zum Schluss möchte ich noch Details des Gesetzes nsprechen, die intensiver Beratung und fachlicher Ex- ertisen bedürfen. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass m Bereich der Medizin die Gefahr besteht, zu einer auf ene zentrierten Sichtweise von Krankheits- und Kör- erbildern zu kommen. Interessant auch, dass sich nam- afte Humanethiker heute deutlich distanzieren von der andläufigen Meinung darüber, wie bestimmend eigent- ich Gene für Krankheiten seien. Sie raten sehr zu einer anzheitlichen Medizin und warnen vor einer monokau- alen Betrachtung auch bei erblicher Disposition zu ei- er bestimmten Erkrankung. Prävention, Vorsorge und ekundärprävention gilt es auch hier mehr Aufmerksam- eit zukommen zu lassen. Das ethisch moralisch wohl roblematischste Feld moderner Gendiagnostik ist der ereich der Pränataldiagnostik. Dem müssen wir uns in en weiteren Beratungen annehmen. Die Information über das genetische Sein des Fötus nd die Regelung im § 218, wonach dieser Information nd ihrer Verarbeitung für die schwangere Frau zur me- izinischen Indikation also zum Krankheitsbild der Frau elbst erklärt werden kann, hat die embryopatische Indi- ation zwar abgelöst, das Problem aber nicht aufgelöst. eines Erachtens werden die damit aufgeworfenen ragen durch das Gendiagnostikgesetz noch nicht hin- eichend bearbeitet. In der alltäglichen Praxis von chwangeren ist von größter Wichtigkeit, dass ein echter nformed concent vor Durchführung eines Gentests si- hergestellt wird. Diese Anforderungen auszuformulie- en, muss in diesem Gesetz geleistet werden. Alle für die rau erwachsenden Rechtsansprüche in der gesetzlichen rankenversicherung, inklusive frei wählbarer Bera- ungszentren vor und nach dem Test, sind grundlegende nforderung. Tatsächlich sind die humangenetischen eratungen sowie alle psychosozialen Angebote in Frau- ngesundheitszentren oder anderenorts qualitätsgerecht ls Begleitung unverzichtbar, und nicht zuletzt gilt es, im ohen Maße verantwortlich mit den menschenrechtli- hen Anforderungen in der Forschung umzugehen. Nicht einwilligungsfähigen Menschen ein minderes echt auf Unversehrtheit und Autonomie zuzugestehen, ur weil man einen Fremdnutzen aus der Erforschung nd Forschung mit ihren höchstpersönlichen Daten er- artet, entspricht einer Nützlichkeits-, also einer utilita- 19628 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) ristischen Moral, die nicht Eingang in ein deutsches Ge- setz finden sollte. Also, es gibt noch eine ganze Reihe von Fragen, die im Rahmen der anstehenden Anhörungen zu klären sind bis wir hier im Hause endgültig über ein Gesetz befin- den, das schon so lange ansteht. Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir beraten das Gendiagnostikgesetz zu einem so späten Zeitpunkt, dass ich mich frage, ob die Bundesregierung glaubt, dadurch die Kritik an ihrem Gesetzentwurf im Nachtprogramm verstecken zu können. Selten hat mir eine Stellungnahme des Bundesrates so gefallen wie diese zum Gendiagnostikgesetz der Bun- desregierung. Bei den aus grüner Sicht zentralen Kritik- punkten Forschung, Versicherung, Schutz von Arbeit- nehmerinnen und Arbeitnehmern passt kaum ein Blatt zwischen uns Bündnisgrüne und den Bundesrat. Das sollte den Kolleginnen und Kollegen der Regierungs- fraktionen mehr als zu denken geben. Die Regierung ist uneinsichtig, aber die Fraktionen sollten das Votum des Bundesrates nicht einfach ignorieren. Der Bundesrat for- dert klar und eindeutig Regelungen für die genetisch- medizinische Forschung. Nach dieser schallenden Ohrfeige durch den Bundes- rat sollte die Union endlich ihre Blockadehaltung zur Regelung des Forschungsbereiches aufgeben. Die Ver- mutung, es nutze den Forschenden, sie ohne spezifische Regelungen forschen zu lassen, kann sehr schnell nach hinten losgehen. Bei einem einzigen Skandal, in dem mit genetischen Proben Schindluder getrieben wird, würde die Forschung auf Dauer Schaden nehmen. Es ist nicht nur im Interesse derjenigen, die Proben und persönliche Krankheitsinformationen zur Verfügung stellen, son- dern auch der Forschenden, dass der Datenschutz so groß geschrieben wird, wie es von allen Datenschutzbe- auftragten der Länder gefordert wird. Die Bundesregierung hat ihr Verbot der Weitergabe von Ergebnissen prädiktiver Tests – Tests, die Wahr- scheinlichkeitsaussagen über einen möglichen Ausbruch einer Krankheit in der Zukunft machen – mit Ausnah- men für Lebens-, Berufsunfähigkeits-, Erwerbsunfähig- keits- und Pflegerentenversicherungen versehen. Unsere Kritik, dass die Bundesregierung hier vor der Versiche- rungswirtschaft eingeknickt ist, scheint der Bundesrat zu teilen. Er fordert, diese Regelungen zu streichen. Der Bundesrat kritisiert ebenso zu Recht die Regelun- gen zur Weitergabe von Daten zu diagnostizierten Vorer- krankungen und Erkrankungen an private Versicherun- gen. Die Vorschläge gehen klar über die bestehenden Regelungen im Versicherungsvertragsrecht hinaus. Das ist unhaltbar. Hier klare Grenzen zu setzen, ist besonders notwendig, da die Bundesregierung bei der Definition trickst und prädiktive Untersuchungen zu diagnostischen umdefiniert. Eine genetische Veränderung, bei der die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung unterschiedlich hoch ist, je nachdem, ob äußere Einflüsse wie zum Bei- spiel Belastungen durch Chemikalien am Arbeitsplatz hinzukommen oder nicht, wird genauso behandelt wie e b g s S r d r v N w h M c V n f U v b a K g n a B E d c d s d f d t b ü d A s w v s L m p n d n d f (C (D ine klare und eindeutige Diagnose einer bereits ausge- rochenen Krankheit. Der Bundesrat fordert, dass eine Person, die ein An- ebot zu einem Gentest ablehnt, nicht mit einem Be- chäftigungsverbot belegt werden darf. Das müsste eine elbstverständlichkeit sein – nicht so für die Bundes- egierung. Im Gegensatz zur Bundesregierung scheint der Bun- esrat die Lebensrealität von Müttern und deren Neugebo- enen zu kennen. Die Bundesregierung will Hebammen erbieten, das seit Jahrzehnten von ihnen durchgeführte eugeborenen-Screening durchzuführen. Kann es denn irklich sein, dass der Bundesregierung der Arztvorbe- alt wichtiger ist als die Gesundheit der Neugeborenen? it dieser neuen Hürde gefährdet sie die flächende- kende Untersuchung von Säuglingen. Der Bundesrat hat mich in den Bereichen Forschung, ersicherung und Arbeit positiv überrascht. Dort, wo ich ach den Vorstößen aus NRW mit ihm gerechnet habe, inde ich leider keine Positionierung. Ich hätte mir eine nterstützung in der bioethischen Frage des Verbots von orgeburtlichen genetischen Untersuchungen von Em- ryonen auf Krankheiten, die erst im Erwachsenalter uftreten, gewünscht. Dennoch hoffe ich, dass hier die oalition im Laufe der Beratungen noch nachbessert. Ich hoffe, dass die Kolleginnen und Kollegen der Re- ierungsfraktionen das Votum des Bundesrates ernst ehmen und wichtige Änderungsvorschläge im Interesse ller Bürgerinnen und Bürger aufgreifen. Rolf Schwanitz, Parl. Staatssekretär bei der undesministerin für Gesundheit: Mit dem vorgelegten ntwurf eines Gendiagnostikgesetzes verfolgt die Bun- esregierung vorrangig zwei Ziele: Die mit der Untersu- hung menschlicher genetischer Eigenschaften verbun- enen Gefahren einer genetischen Diskriminierung ollen verhindert werden. Gleichzeitig sollen aber auch ie Chancen des Einsatzes genetischer Untersuchungen ür den einzelnen Menschen gewahrt bleiben. Dabei geht er Gesetzentwurf von der Besonderheit genetischer Da- en aus. Sie können mit hohem prädiktiven Potential ver- unden sein und gegebenenfalls auch Informationen ber genetisch Verwandte offenbaren. Für die Bereiche er medizinischen Versorgung, der Abstammung, des rbeitslebens und der Versicherungen werden spezifi- che Regelungen getroffen. Wir sehen zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Not- endigkeit, im Gendiagnostikgesetz gesetzliche Initiati- en im Bereich der Forschung zu ergreifen, weil insbe- ondere durch die Datenschutzgesetze von Bund und ändern sowie die vorherige Befassung von Ethikkom- issionen ein umfangreicher Schutz gewährleistet ist. Im Einzelnen möchte ich folgende Regelungsschwer- unkte hervorheben: Erstens. Zu dem Recht des Einzel- en auf informationelle Selbstbestimmung im Bereich er Gendiagnostik gehören sowohl das Recht, die eige- en genetischen Befunde zu kennen, als auch das Recht, iese nicht zu kennen. Genetische Untersuchungen dür- en nur durchgeführt werden, wenn die Betroffenen in Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19629 (A) ) (B) ) die Untersuchung rechtswirksam eingewilligt haben. Zu- sätzlich kommt der genetischen Beratung besondere Be- deutung zu. Zweitens. Zur Sicherstellung des Schutzes der Patien- tinnen und Patienten wird ein umfassender Arztvorbe- halt für die Durchführung genetischer Untersuchungen zu medizinischen Zwecken festgelegt. Drittens. Die vorgeburtliche genetische Untersuchung soll auf medizinische Zwecke beschränkt sein, also auf die Feststellung genetischer Eigenschaften, die die Ge- sundheit des Fötus oder Embryos vor oder nach der Ge- burt beeinträchtigen können. Viertens. Im Arbeitsrecht sind genetische Untersu- chungen auf Verlangen des Arbeitgebers grundsätzlich verboten. Auch darf der Arbeitgeber die Ergebnisse ei- ner genetischen Untersuchung nicht erfragen, entgegen- nehmen oder verwenden. Standarduntersuchungen, mit denen die gesundheitliche Eignung eines Beschäftigten für den Arbeitsplatz oder für eine Tätigkeit festgestellt werden kann, bleiben weiterhin zulässig. Fünftens. Versicherungsunternehmen dürfen beim Abschluss eines Versicherungsvertrages grundsätzlich weder die Durchführung einer genetischen Untersu- chung noch Auskünfte über bereits durchgeführte Unter- suchungen verlangen. Allerdings sind Vorerkrankungen und Erkrankungen weiterhin anzuzeigen. Zur Vermei- dung von Missbrauch ist vorgesehen, dass die Ergeb- nisse bereits vorgenommener genetischer Untersuchun- gen vorgelegt werden müssen, wenn eine Versicherung mit einer sehr hohen Versicherungssumme abgeschlos- sen werden soll. Sechstens. Genetische Untersuchungen zur Feststel- lung der Abstammung eines Kindes sind nur dann zuläs- sig, wenn die Personen, von denen eine genetische Probe untersucht werden soll, in die Untersuchung eingewilligt haben. Siebtens. Der Gesetzentwurf sieht eine interdiszipli- när zusammengesetzte unabhängige Gendiagnostik- Kommission vor, die den allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik in Richtlinien festlegen soll und damit der besonders dynamischen Entwicklung in der Gendiagnostik Rechnung trägt. Die Stellungnahme des Bundesrates läßt erkennen, dass die Länder unseren Regelungszielen grundsätzlich folgen. Ich halte den Beschluss des Bundesrates insge- samt für eine gute Basis, im weiteren Gesetzgebungsver- fahren zu tragfähigen Lösungen zu kommen. Anlage 15 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Zweiten Ge- setzes zur Änderung des Vierten Buches Sozial- gesetzbuch und anderer Gesetze (Tagesord- nungspunkt 20) Peter Rauen (CDU/CSU): Wir debattieren heute über einen weiteren Gesetzentwurf, um die Schwarz- a e S j b m A t f v r d d l d m d k d c s n u n c d w g m d p l s s a B w w s s S s P b l e v f P g P j s n n (C (D rbeit und die Schattenwirtschaft in Deutschland inzudämmen. Wir sind uns wohl alle einig, dass chwarzarbeit und Schattenwirtschaft keinen Dumme- ungenstreich darstellen. Sie sind aktives Handeln und ewusster Missbrauch, gerichtet gegen die Solidarge- einschaft und damit gegen all diejenigen, die ehrlicher rbeit nachgehen, Steuern und Sozialabgaben entrich- en. Mit der Einführung einer Sofortmeldung und der Mit- ührungspflicht von Personaldokumenten in besonders on Schwarzarbeit betroffenen Branchen, der Verbesse- ung der Meldedaten bei den Sozialversicherungsträgern urch die direkte Übersendung der Personendaten durch ie Kommunen und einer Reihe von technischen Rege- ungen im Beitrags- und Meldeverfahren wollen wir es en Schattenexistenzen des Arbeitsmarktes schwerer achen, den Sozialstaat weiter zu hintergehen. Aller- ings sehe ich bei dem vorliegenden Entwurf noch kon- rete und praktische Hindernisse bei der Umsetzung ieser Vorhaben. Besondere Eigenheiten einzelner Bran- hen wurden nicht hinreichend berücksichtigt. Auch ind einige im Gesetzentwurf vorgesehene Maßnahmen icht zielgenau und auf betrieblicher Ebene einfach nicht mzusetzen. Natürlich ist die sichere Feststellung der Identität ei- er Person von wesentlicher Bedeutung für die erfolgrei- he Bekämpfung der Schwarzarbeit. Dennoch halte ich ie Verpflichtung zum ständigen Mitführen von Aus- eisdokumenten in einigen Gewerbezweigen für weit- ehend praxisfern. Viele Arbeitnehmer und Arbeitneh- erinnen aus diesen betroffenen Branchen stammen aus em Nicht-EU-Ausland. Für sie sind ihre Ausweispa- iere die einzige offizielle Rückbindung an ihr Heimat- and. Ein Verlust derselben wäre katastrophal, manchmal ogar endgültig. Deshalb ist es durchaus üblich in die- em Personenkreis, solche Dokumente sicher vor Verlust ufzubewahren. Sinnvoller könnte hier eine modifizierte eibehaltung der bisherigen Sozialversicherungsaus- eisregelung sein. Zudem kann auch so der Arbeitgeber eiterhin durch Vorlage des Sozialversicherungsauswei- es bei Neueinstellungen, insbesondere bei Nebenbe- chäftigungen, sicher sein, dass eine Anmeldung bei der ozialversicherung besteht. Um der berechtigten Forderung des Zolls nach chneller und eindeutiger Identifizierung der fraglichen ersonen nachzukommen, sollten wir folglich brauch- are Alternativen erarbeiten. So wäre durchaus zu über- egen, ob es für den Zoll ebenso zielführend ist, über inen Onlinezugriff auf die genauen Daten des Sozial- ersicherungsausweises im Rahmen einer zentralen Er- assung verfügen zu können, um so die Identität einer erson umgehend und einwandfrei festzustellen. Auch die Sofortmeldepflicht zu Beginn der Beschäfti- ung trägt für einige betroffene Branchen praktische robleme in sich. Ich meine Arbeitsfelder mit hoher ob- ektabhängiger und personeller Fluktuation, Firmen, die pontan Aufträge vor Ort annehmen und womöglich och nachts Personal einstellen müssen, oder gar Unter- ehmen, die generell erst zum Wochenende Aufträge er- 19630 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) halten und diese umgehend umsetzen müssen. Für all diese Firmen, die Einstellungen außerhalb der Bürozei- ten vorzunehmen haben, sind die geplanten Sofortmel- dungen in dieser Form äußerst schwierig, wenn nicht so- gar unmöglich. Gemeint sind Branchen wie zum Beispiel das Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe, das Schaustellergewerbe, die Land- und Forstwirtschaft, das Gebäudereinigungsgewerbe sowie der Messeauf- und -abbau. Auch meine ich kleine und mittelständische Unternehmen, die zumeist externe Dienstleister beauf- tragen, um die anstehenden Lohnabrechnungen und Meldungen an die Sozialversicherung zu erledigen. In diesem Zusammenhang halte ich eine verzögerte Melde- pflicht erst zum Beginn des nächsten Werktages dort für denkbar, wo es sinnvoll und unumgänglich ist. Wir soll- ten jedenfalls im Laufe der Gesetzgebung weitere Alter- nativen zu einer möglichst zeitnahen Meldung in Erwä- gung ziehen. Kurzum: Es gibt durchaus genügende Beispiele, bei denen wir uns noch Gedanken darüber machen müssen, wie wir den Schutz vor Schwarzarbeit praxisnah umset- zen können. Die betroffenen Branchen jedenfalls sind, wie ich weiß, hier jederzeit zu konstruktiver Mitarbeit gerne bereit. Auch steht unter anderem die Pflicht zur Sofortmel- dung nicht immer im Einklang mit dem gewollten Büro- kratieabbau und bringt infolgedessen erhebliche büro- kratiebedingte Kosten mit sich. Auf jeden Fall sollte der damit verbundene Verwaltungsaufwand auf ein Mini- mum reduziert werden. Laut Gesetzentwurf wird damit gerechnet, dass jede Einstellung in einer Branche mit Sofortmeldung um 7,25 Euro verteuert würde. Die auf dieser Grundlage im Gesetzentwurf errechnete Gesamtkostenbelastung der Wirtschaft von rund 19,97 Millionen Euro pro Jahr ist je- doch wenig realistisch. Der Entwurf geht nämlich davon aus, dass Beschäftigungsaufnahmen in den in die Sofort- meldepflicht einbezogenen Branchen genauso häufig sind wie im Rest der Wirtschaft. Dies ist jedoch unwahr- scheinlich, zumal gerade die eben genannten Branchen, die besonders im Saisongeschäft tätig sind, und Bran- chen mit vielen Kurzzeitbeschäftigten in die Sofortmel- depflicht aufgenommen werden sollen. Insofern wird wohl die Zahl der Beschäftigungsaufnahmen mit Sofort- meldepflicht sehr viel höher liegen als die unterstellten 3,825 Millionen Fälle. Ebenso wird bei der Kostenrechnung im Entwurf eine durchaus gegebene Situation nicht berücksichtigt: Wenn ein neuer Mitarbeiter am Tag der Einstellung nicht er- scheint, muss der Arbeitgeber eine Stornierung abgeben, was unweigerlich neuerliche Bürokratiekosten nach sich zieht. Gerade in Firmen mit stark wechselndem Perso- nalbedarf sind diese Fälle keineswegs selten. Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit boomen wie keine ehrliche Branche. Der Anteil der Schattenwirt- schaft am Bruttoinlandsprodukt wird inzwischen auf über 16 Prozent geschätzt. Stärkere Kontrollen und här- t t n d s d S S k w g r s e S l k s k b B s u h s z a d d a u n R f S A d n b u s g n i r B S t w g n S E i (C (D ere Sanktionen können zwar möglicherweise zu erhöh- er Abschreckungswirkung führen. Sie haben allerdings ur wenig Erfolg, solange die tatsächlichen Ursachen er Schwarzarbeit bestehen bleiben oder sogar ver- chärft werden. Dies belegt auch der Bericht des Bun- esrechnungshofes, nach dem eine Verringerung der chwarzarbeit durch die Kontrolle der Finanzkontrolle chwarzarbeit (FKS) bisher nicht nachgewiesen werden ann und die Mehrkosten zur Bekämpfung der Schatten- irtschaft höher sind als deren Ertrag. Wer aber Schattenwirtschaft in reguläre Beschäfti- ung umwandeln will, darf nicht an den Symptomen he- umdoktern, sondern muss an den wahren Ursachen an- etzen. Diese sind ganz eindeutig auszumachen: Wenn in Arbeitnehmer – je nach Steuerklasse – vier bis sechs tunden arbeiten muss, um von seinem Nettolohn eine egal gearbeitete Stunde in seiner Branche bezahlen zu önnen, sind die Ursachen für vielfältigste Schattenwirt- chaft erklärt. Die Konsequenz daraus ist eindeutig. Sie ann nur bedeuten, die Abgabenlast auf den Faktor Ar- eit zu senken. Das heißt im Klartext: Mehr Netto vom rutto. Denn der reguläre Arbeitnehmer muss hilflos zu- ehen, wie Steuern und Abgaben sein Gehalt dezimieren nd die kalte Progression selbst noch jede Lohnerhö- ung mehr als halbiert. Den Rest nehmen ihm dann die teigenden Abgaben zur Krankenversicherung. Gleich- eitig verzerren illegale Beschäftigung und Schwarz- rbeit den Wettbewerb, führen zu Einnahmeausfällen in en Sozialversicherungssystemen und untergraben zu- em noch die Steuermoral. Es ist der Doppeleffekt, der den gewaltigen Schaden nrichtet: Schwarzarbeit stiehlt dem Ehrlichen die Arbeit nd dem Sozialstaat die Mittel. Der Ehrliche muss dann och obendrein für die fehlenden Mittel geradestehen. enommierte Studien belegen immer wieder meine Auf- assung. Die wirklichen Gründe für das Ansteigen der chattenwirtschaft finden wir in der hohen Steuer- und bgabenbelastung, der Verunsicherung der Bürger durch ie Steuer- und Sozialgesetzgebung und der ständig zu- ehmenden Sozialleistungen zulasten des Faktors Ar- eit. Deshalb müssen beherzte Korrekturen bei Steuern nd der Regulierung des Arbeitsmarktes her. Gerade in der jetzigen Verunsicherung durch die chwankenden Finanzmärkte kann eine sinnvolle Dere- ulierung und eine gerechte Senkung der Steuerlast das ötige Vertrauen zurückbringen. Ein konkreter Ansatz st hier die Fortentwicklung des Steuerbonus. Denn ge- ade der Steuerbonus zeigte gerade im handwerklichen ereich große Effizienz bei der Bekämpfung von chwarzarbeit. Im Zusammenwirken mit einer infla- ionsindexierten Abschaffung der kalten Progression so- ie einer entsprechenden Anhebung des Grundfreibetra- es bekäme die Binnenwirtschaft den gerade jetzt so ötigen Schub für mehr Beschäftigung und weniger chwarzarbeit. Andreas Steppuhn (SPD): Nach den turbulenten ntwicklungen und Ereignissen der letzten Tage, die hre Auswirkungen noch in den kommenden Wochen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19631 (A) ) (B) ) und Monaten zeigen werden, kehren wir nun zur Sach- arbeit zurück. Keiner von uns kann derzeit zu 100 Prozent abschät- zen, welche Auswirkungen die Finanzmarktkrise haben wird, weder auf die Deutsche Wirtschaft noch auf die Entwicklung am Arbeitsmarkt. Gerade vor diesem Hin- tergrund ist es umso wichtiger, dass wir ehrliche Arbeit und ehrliche Unternehmen in Deutschland schützen und unterstützen. Dazu gehört für uns als SPD-Bundestags- fraktion: Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung muss weiter wirksam bekämpft werden. Denn: Schwarzarbeit bedeutet nicht nur Steuerhinter- ziehung. Schwarzarbeit hat auch gravierende Auswir- kungen auf unsere Sozialversicherungssysteme. Und: Schwarzarbeit zerstört reguläre Arbeitsplätze, führt zu Lohndumping und zu Wettbewerbsverzerrungen. Daran kann niemandem gelegen sein. Warum Schwarzarbeit praktiziert wird, darüber lässt sich nicht nur mutmaßen, dazu zählt sicherlich in erster Linie das Streben nach vermeintlich „leicht verdientem“ Geld. Dazu zählt eine nachlassende Rechtstreue, aber auch die vorsätzliche Ausbeutung von Arbeitnehmerin- nen und Arbeitnehmern und nicht zu vergessen der Ge- winnmaximierung um jeden Preis. Zwar wurde die Schwarzarbeit in den letzten Jahren stetig effektiver bekämpft. Wir müssen aber noch effek- tiver werden. Hierbei wollen wir die Finanzkontrolle Schwarzarbeit stärken. Daher hat die Bundesregierung bereits vor der Som- merpause Eckpunkte zur Bekämpfung illegaler Beschäf- tigung und Schwarzarbeit ausgearbeitet und ein entspre- chendes Aktionsprogramm für Recht und Ordnung auf dem Arbeitsmarkt vorgelegt und verabschiedet. Heute werden davon wesentliche Maßnahmen mit dem vorlie- genden Gesetzentwurf in erster Lesung beraten. Der Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Vierten Sozialgesetzbuches enthält neben wichtigen Bausteinen, um illegale Beschäftigung und Schwarz- arbeit noch wirksamer zu bekämpfen, und auf die ich gleich noch zu sprechen kommen werde, auch eine wichtige SGB-XII-Anpassung infolge des bereits be- schlossenen Eigenheimrentengesetzes. Hierbei handelt es sich um die Übernahme von Bei- trägen für eine angemessene Altersvorsorge auch für hilfebedürftige und dauerhaft voll erwerbsgeminderte Personen und die entsprechende Änderung des Leis- tungsumfangs im Vierten Kapitel des SGB XII. Mit die- ser Anpassung beziehen wir nun endlich auch Bezieher einer Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der ge- setzlichen Rentenversicherung in den geförderten Perso- nenkreis mit ein. Wie bereits eingangs betont, geht es bei dem Gesetz- entwurf in erster Linie um Maßnahmen, die eine Stär- kung und Verbesserung der Instrumente für die Arbeit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) vorsehen. i I b f i t b s f b d w i v ü A m d d B t f h a e k a W d n l h h m m s f S R s f d a M R e d d v m s s (C (D Denn wie die Praxis in der Vergangenheit gezeigt hat, st für die Arbeit der Bekämpfungsbehörde vor allem die dentifizierung der Personen nicht nur zum Teil ein Pro- lem, sondern erfordert zeitlich wie auch bei der Durch- ührung einen großen Aufwand. Zielführend ist es daher n denjenigen Wirtschaftsbranchen, in denen ein erhöh- es Risiko für Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung esteht, für eine Verbesserung der melderechtlichen Vor- chriften zu sorgen. Zu diesen gehört zum einen die Einführung einer Mit- ührungs- und Vorlagepflicht von Personaldokumenten ei der Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen für en Arbeitnehmer. Allein der Sozialversicherungsaus- eis oder Führerschein reichen nicht mehr aus. Zudem st der Sozialversicherungsausweis nur bei den sozial- ersicherungspflichtigen Beschäftigten vorhanden und berdies nicht fälschungssicher. Hieran anknüpfend besteht zukünftig auch für den rbeitgeber die Pflicht, seine Arbeitnehmer darüber ein- alig, nachweislich und schriftlich zu belehren, ergänzt urch eine entsprechende bußgeldbewehrte Pflicht für en Arbeitgeber zur Aufbewahrung und Vorlage dieser elehrung. Damit stellen wir sicher, dass der Beschäf- igte auch tatsächlich seine Ausweispapiere bei sich ührt. Ferner gehört ebenso die Sofortmeldepflicht, das eißt die sofortige Anmeldung zur Sozialversicherung b dem ersten Tag, zu den vorgesehenen Maßnahmen. Besonders notwendig ist es, und dies sieht der Gesetz- ntwurf vor, dass Unternehmen ihre Beschäftigten zu- ünftig ab dem ersten Tag bei den Sozialversicherungen nmelden. Bislang gab es hierzu eine Frist von sechs ochen. Dies jedoch hat in der Vergangenheit oftmals azu geführt, dass Ausreden vorgetragen wurden und icht festgestellt werden konnte, ob jemand illegal oder egal auf einer Baustelle beschäftigt gewesen ist. Oft er- ielten die Kontrolleure eine Antwort in der Art: „Ich abe gerade erst angefangen, mein Arbeitgeber konnte ich noch nicht bei den Sozialversicherungsträgern an- elden.“ Ob der oder diejenige aber schon länger be- chäftigt wurde, ließ sich nur in aufwendiger Kleinarbeit eststellen. Das wird sich ändern. Denn mit der automatisierten ofortmeldung in den Branchen, in denen ein erhöhtes isiko für Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung be- teht, wird die Arbeit der Behörden erheblich verein- achen. Und da dies auch nur funktionieren kann, wenn ie Beamten vor Ort mit aktuellen Daten und Angaben rbeiten, ist es ebenso notwendig, die Übermittlung von eldedaten durch die Meldebehörden an die Deutsche entenversicherung zu verbessern und zu erleichtern. Diese genannten Neuerungen führen in der Folge zu rheblich einfacheren Prüfverfahren auf der Grundlage es Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes. Damit wird ie Kontrolle durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit or Ort passgenauer und effizienter gestaltet. Und mit den vorgesehen Maßnahmen, und das öchte ich hier betonen, wird es zukünftig auch möglich ein, in den entsprechenden Branchen Mindestlohnver- töße aufzudecken und zu ahnden. 19632 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) Gestatten Sie mir an dieser Stelle nun aber noch auf einen weiteren, mir sehr wichtigen Punkt einzugehen: Nämlich den Punkt, die Bekämpfung der Schwarzarbeit als gesamtsstaatliche Aufgabe zu betrachten. Denn Fakt ist, es gibt eine Reihe von Schnittstellen zwischen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zoll- verwaltung und den einzelnen Behörden der Länder. Und diese Schnittstellen gilt es zu nutzen, zu untersetzen und im gemeinsamen Kampf gegen die Schwarzarbeit in Deutschland weiter auszubauen. Daher appelliere ich an dieser Stelle insbesondere auch an die Länder, gerade in Bezug auf die Mitwir- kungspraxis und Transparenz. Denn neben den im Ent- wurf enthaltenen Maßnahmen benötigen wir endlich auch verlässliche Daten über festgesetzte und verein- nahmte Gelder, das heißt wir brauchen dringend mehr Transparenz bei den Einnahmen der Finanzbehörden der Länder, der Justiz und der Sozialversicherungsträger, die diesen aufgrund von Arbeitsergebnissen der FKS zuflie- ßen. Nur so können wir auch den Erfolg messen. Was wir benötigen, ist eine verbesserte sachdienliche Förderung und schnellere Bearbeitung von Verfahren in den Ländern. Denn was nutzt es uns, wenn die FKS Schwarzarbeit aufdeckt, eine wirksame Strafverfolgung und entsprechende Verfahren in den Ländern aber auf Eis liegen. Damit, und das muss einmal so deutlich ge- sagt werden, damit geht dem Staat auch Geld verloren. Die Einrichtung von sogenannten Schwerpunktstaatsan- waltschaften ähnlich den zum Teil bereits bestehenden Wirtschaftskammern wäre ein erster Schritt in die rich- tige Richtung. Hier sind schlussendlich jedoch die Län- der gefordert, den Weg mitzugehen. Daher kann ich nur an Sie appellieren, gehen Sie den Weg mit uns. Es ist auch im Interesse der Bundesländer. Für uns als SPD-Bundestagsfraktion ist es wichtig, dass Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung in Deutschland an den Wurzeln bekämpft wird. Die geplan- ten Maßnahmen sind ein weiterer wichtiger Schritt, um Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung im Land noch stärker als bisher zu bekämpfen. Dies ist auch im Inte- resse aller legal handelnden Unternehmen und Beschäf- tigten in Deutschland. Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): Die FDP unterstützt das Ziel der Bekämpfung der Schwarzarbeit. Schwarzar- beit schadet unserer Volkswirtschaft und benachteiligt diejenigen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die legal ar- beiten und mit ihren Abgaben und Steuern unser Gemein- wesen, die Sozialleistungen und die Infrastruktur finan- zieren. Die FDP sieht zwei Ansätze für die Bekämpfung der Schwarzarbeit. Zum einen müssen die Ursachen für die Schwarzarbeit gesucht und abgestellt werden. Anreize für legale Arbeit müssen gestärkt werden. Zum anderen muss Schwarzarbeit konsequent verfolgt werden. Der Gesetzentwurf beschränkt sich in seinem Ansatz auf Maßnahmen zur administrativen Bekämpfung der S d i s s m f b s a j s S B w S s m s F p d a u c w w s u v S n 3 l u g S h e f t d n f S M t i a l p s f (C (D chwarzarbeit. Es ist fraglich, ob dies ausreicht, zumal ie Bundesregierung mit ihrer Politik der letzten Jahre, nsbesondere der größten Steuererhöhung in der Ge- chichte der Bundesrepublik, aber auch durch Beitrags- atzerhöhungen in allen Zweigen der sozialen Sicherung it Ausnahme der Arbeitslosenversicherung die Anreize ür Schwarzarbeit eher noch verstärkt hat. Das, was an reaktiven Maßnahmen auf den Weg ge- racht wird, scheint gleichwohl zustimmungsfähig zu ein. Richtig ist der Ansatz des Gesetzentwurfs, Schwarz- rbeitsbekämpfung angepasst an die Besonderheiten der eweiligen Branchen zu führen. Die Einführung der Sofortmeldepflicht zur Sozialver- icherung (§ 28 a Abs. 4 SGB IV-E) in besonders von chwarzarbeit betroffenen Branchen, namentlich im augewerbe, im Gaststätten- und Beherbergungsge- erbe, im Personen- und Güterbeförderungsgewerbe, im chaustellergewerbe, in Unternehmen der Forstwirt- chaft, im Gebäudereinigungsgewerbe, in Unterneh- en, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Aus- tellungen beteiligen, ist grundsätzlich zu begrüßen. Die DP-Bundestagsfraktion hat eine solche Sofortmelde- flicht bereits seit längerem gefordert (Bundestags- rucksache 16/6645 vom 9. Oktober 2007). Die Neu- ufnahme der Fleischwirtschaft dürfte aufgrund der mfangreichen, im Gesetzentwurf genannten Untersu- hungsergebnisse, gerechtfertigt sein. Sowohl vom Bundesrat als auch vom Deutschen An- altsverein wurden in Stellungnahmen zum Gesetzent- urf wichtige Hinweise darauf gegeben, dass die vorge- chlagenen Regelungen noch der Präzisierung bedürfen, m Unklarheiten und Rechtsverfahren in großer Zahl zu ermeiden. Der Anwaltsverein geht davon aus, dass die ofortmeldung etwa 1 Million Beschäftigungsverhält- isse jährlich betreffen wird. Wenn es bei 20 bis 0 Prozent zu Unklarheiten käme, bedeutete dies erheb- iche neue Belastungen für Unternehmen, Verwaltung nd Justiz. Geprüft werden sollte insbesondere die Anre- ung des Bundesrates, klarer zu formulieren, dass die ofortmeldung vor Beschäftigungsbeginn zu erfolgen at. Diese und andere Anregungen sollten unbedingt rnst genommen werden. Geprüft werden sollte im weiteren Gesetzgebungsver- ahren außerdem, ob die Sofortmeldung statt an die Ren- enversicherung an die Einzugstellen erfolgen kann, um en Meldeprozess für die Betriebe zu vereinfachen. Fer- er sollte ermöglicht werden, dass man statt einer So- ortmeldung gleich eine Vollmeldung nach § 28 Abs. 1 GB IV machen kann. Die mit dem Gesetz vorgesehene Einführung einer itführungs- und Vorlagepflicht von Personaldokumen- en bei der Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen n Branchen, in denen ein erhöhtes Risiko für Schwarz- rbeit und illegale Beschäftigung besteht, ist grundsätz- ich sinnvoll. Dies gilt auch für die Aufbewahrungs- flicht des Arbeitgebers betreffend die einmalige chriftliche Belehrung der Arbeitnehmer über die Mit- ührungspflicht der Personaldokumente. Allerdings Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19633 (A) ) (B) ) muss diese Maßnahme auf schwarzarbeitgefährdete Branchen beschränkt bleiben. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Rentenversiche- rung die Daten der Einwohnermeldeämter erhält, um so im Verdachtsfall auf eine gehobene Qualität der An- schriften zurückgreifen zu können (Art. 11 GE). Diese Maßnahme kann sinnvoll sein, wenn tatsächlich bis zu 20 Prozent der Anschriften, über die die Rentenversiche- rung verfügt, fehlerhaft sind. Hier sollte diesbezüglich aber noch ein Gutachten des Datenschutzbeauftragten eingeholt werden. Folgende weitere Punkte sind ebenfalls ernsthaft zu prüfen: Die vom Bundesrat vorgeschlagene Berichter- stattungspflicht der Bundesregierung und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung gegenüber Bundestag und Bundesrat bezüglich der Ergebnisse der Sofortmel- dung. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Möglichkeit zur Überprüfung von Verstößen nach § 2 Abs. 1 a Nr. 1 und 2 SchwarzArbG auch von den nach Landesrecht zu- ständigen Behörden der Schwarzarbeitsbekämpfung, die bisher nur Verstöße nach § 2 Abs. 1 SchwarzArbG prü- fen dürfen. Weitere mögliche Verbesserungen der Durchsetzung von Regressansprüchen der Unfallversi- cherungsträger gegen Arbeitgeber, die Schwarzarbeiter beschäftigen. Der Gesetzentwurf enthält schließlich – sachfremd im Omnibusverfahren – noch eine Änderung im Recht der Sozialhilfe. Danach soll für voll erwerbsgeminderte Per- sonen künftig die Übernahme von Beiträgen für die Al- tersvorsorge durch die Träger der Sozialhilfe möglich sein. Dies ist nach Auffassung der FDP-Bundestagsfrak- tion eine sinnvolle Flexibilisierung, die den Trägern der Soziahilfe langfristig kostenreduzierende Fortführungen von Altersvorsorge, etwa nach dem Eigenheimrentenge- setz, ermöglicht. Wir sehen auch die Notwendigkeit, zu prüfen, ob § 5 Abs. 1 SGB VI so ergänzt werden sollte, dass eine An- tragsbefreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI für Lehrer und Erzieher an Privatschulen nur noch möglich ist, wenn sie nach den in § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 SGB VI – neu – genannten Voraussetzungen im Ergeb- nis wie beamtete Lehrer auch in anderen Zweigen der Sozialversicherung versicherungsfrei sind. Ich hoffe, dass die Regierung all diese Hinweise ernst nimmt. Nicht zuletzt davon wird abhängen, ob die FDP- Bundestagsfraktion dem Gesetzentwurf zustimmen kann. Werner Dreibus (DIE LINKE): Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung – und auf diesen Punkt des Ge- setzentwurfes möchte ich mich heute konzentrieren – sind ein gravierendes Problem. Da stimmen wir der Bun- desregierung zu. Allerdings vermittelt der Begriff „Schwarzarbeit“ ei- gentlich ein falsches Bild von dem Problem, über das wir hier sprechen. Im allgemeinen Sprachgebrauch zielt er doch eher auf den kleinen Handwerker ab, der sich in s d S u P z d d E r g w t T g e k B d d s F 3 g r p m G F „ d V u A t c u j S m i i a b G d l c m P n m o (C (D einer Freizeit etwas dazu verdient, und verschleiert so ie Tatsache, dass die wirklichen Profiteure der chwarzarbeit die Unternehmen sind, die Schwarzarbeit nd illegale Beschäftigung einsetzen, um einen Extra- rofit oder einen Wettbewerbsvorteil herauszuholen – ulasten regulärer Arbeitsverhältnisse und auf Kosten er Allgemeinheit. Denn Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung sind eutlich billiger als reguläre Beschäftigungsverhältnisse. s werden nicht nur keine Beiträge zur Sozialversiche- ung gezahlt und damit die Sozialversicherungskassen eschwächt. Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung erden von Unternehmen gezielt als Lohndumpingstra- egie eingesetzt, mit der sie versuchen, die Zahlung von ariflöhnen und Mindestlöhnen zu umgehen. Besonders die Baubranche sorgte hier in der Vergan- enheit immer wieder für Schlagzeilen. Ich denke, wir rinnern uns alle noch lebhaft an die besonders spekta- ulären Fälle: So bekamen etwa Arbeiter beim Bau der MW-Welt in München 2,89 Euro pro Stunde oder bei er Neuen Messe Stuttgart 4 Euro. Und dies, obwohl in er Baubranche deutlich höhere Mindestlöhne festge- chrieben sind. Aber auch andere Branchen wie etwa die leischwirtschaft, in der zum Teil Stundenlöhne von nur ,50 Euro gezahlt werden, sorgen immer wieder für ne- ative Nachrichten. Es wird deshalb höchste Zeit, dass die Bundesregie- ung aktiv wird und den Ankündigungen ihres Aktions- rogramms „Für Recht und Ordnung auf dem Arbeits- arkt“ endlich Taten folgen lässt. Sie erfüllt mit diesem esetzentwurf zwei wichtige Forderungen, die meine raktion bereits vor der Sommerpause in dem Antrag Für eine wirksame Bekämpfung von Verstößen gegen en Mindestlohn im Baugewerbe“ formuliert hat. Die erpflichtung zur Sofortmeldung zur Sozialversicherung nd die Mitführungspflicht von Ausweisdokumenten am rbeitsplatz werden dazu beitragen, die Arbeit der Kon- rollbehörden in den erfassten Branchen zu vereinfa- hen. Für eine wirksame Bekämpfung der Schwarzarbeit nd illegalen Beschäftigung reichen diese Maßnahmen edoch bei weitem nicht aus. Dafür sind weitere chritte notwendig, von denen ich hier nur zwei nennen öchte. Zum Ersten: Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit muss n die Lage versetzt werden, deutlich mehr und deutlich ntensivere Prüfungen durchzuführen. Und das heißt uch, dass die Beamten der Finanzkontrolle Schwarzar- eit vor Ort an den Arbeitsstellen ermitteln müssen. In esprächen mit den Tarifpartnern der Bauwirtschaft und er Finanzkontrolle Schwarzarbeit wurde mehr als deut- ich, dass dies mit der heutigen Ausstattung nicht zu ma- hen ist. Wir fordern deshalb eine deutlich bessere Sach- ittelausstattung und eine sofortige Aufstockung des ersonals auf 8 000 Stellen. Außerdem muss die Perso- alstärke der Finanzkontrolle Schwarzarbeit in Zukunft it jeder neuen Aufgabe, die ihr zugewiesen wird, nach ben angepasst werden. Das wird zum Beispiel dann 19634 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) notwendig, wenn, wie angekündigt, weitere Branchen in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufgenommen wer- den. Zum Zweiten muss sich die Bundesregierung endlich dem Problem stellen, dass in Einspruchs- und Gerichts- verfahren die verhängten Geldbußen regelmäßig dras- tisch reduziert werden. Ein Appell an die Länder, die Er- richtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften und die Aufstockung der Kapazitäten von Staatsanwaltschaften und Gerichten in Erwägung zu ziehen, ist definitiv zu wenig. Die Bundesregierung darf sich an diesem Punkt nicht aus der Verantwortung stehlen, sondern muss das Heft des Handelns selbst in die Hand nehmen. Wir for- dern die Bundesregierung auf: Ergreifen Sie die weiteren Schritte, die notwendig sind, um Schwarzarbeit und ille- gale Beschäftigung tatsächlich wirksam zu bekämpfen. Als kleine Anregung möchte ich Ihnen noch einmal un- seren Antrag „Für eine wirksame Bekämpfung von Ver- stößen gegen den Mindestlohn im Baugewerbe“ ans Herz legen, der zwar im Baugewerbe ansetzt, aber auch darüber hinaus wichtige Ansatzpunkte liefert. Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Bekämpfung der Schwarzarbeit ist ein zentrales An- liegen von Bündnis 90/Die Grünen. Schwarzarbeit ist kein Kavaliersdelikt und darf auch nicht als solches be- handelt werden. In vielen Wirtschaftsbereichen ver- drängt Schwarzarbeit nach wie vor legale Arbeitsplätze. Legal arbeitende Unternehmen haben deutlich schlech- tere Wettbewerbschancen gegenüber der illegalen Kon- kurrenz. Der öffentlichen Hand und den Sozialversiche- rungsträgern gehen Einnahmen in Milliardenhöhe verloren. Während der rot-grünen Regierungszeit haben wir mit dem Gesetz zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit einen maßgeblichen Schritt zu einer bes- seren Bekämpfung und Aufdeckung von Schwarzarbeit gemacht. Nun will auch die Koalition für mehr „Recht und Ordnung“ auf dem Arbeitsmarkt sorgen und hat ih- rem Aktionsprogramm einen Gesetzentwurf folgen las- sen, der Teile davon aufnimmt. Ich möchte hier im Wesentlichen auf zwei Punkte Ihres Gesetzentwurfes eingehen. Wir Grünen unterstützen eine schnellere Meldepflicht bei der Sozialversicherung, um Kontrollen effizienter und erfolgreicher zu gestalten. Allerdings finden wir Einwände aus der Praxis, die die sofortige Meldung – unabhängig von Tages- oder Nachzeit, unabhängig da- von, ob Werk- oder Feiertag – als unpraktikabel erachtet. Wir schlagen deshalb vor, dass eine Meldepflicht am ers- ten Werktag nach Beschäftigungsbeginn vorgeschrieben wird. Das würde gegenüber dem Status quo, der es Un- ternehmen gestattet, bis zu sechs Wochen nach Beschäf- tigungsbeginn mit der Meldung bei der Sozialversiche- rung zu warten, erhebliche Verbesserungen bringen. Gleichzeitig würde dieser Kompromiss den Unterneh- men entgegenkommen, die am Wochenende und in der Nacht Beschäftigungsverhältnisse eingehen müssen, wie zum Beispiel bei den Gebäudereinigern. a A v d s c s C r d b d s h h d r B 2 f n b S ü h p f t K F B b f u a f l P D K d M d S m b d a f f W v (C (D Sie schlagen die Ablösung des Sozialversicherungs- usweises und die Mitführungspflicht von persönlichen usweisdokumenten in den Branchen vor, die besonders on Schwarzarbeit betroffen sind. Das sind zum Beispiel er Bau, die Gastronomie oder die Fleischwirtschaft. Es timmt, dass wir es hier mit besonders anfälligen Bran- hen zu tun haben. Deshalb wurde nicht ohne Grund bei- pielsweise in der Baubranche seit Jahren eine Job- oder hipkarte gefordert. Dieses Projekt hat die Bundesregie- ung nun zugunsten der Ausweislösung beerdigt. Auch azu erreichen uns jedoch Einwände aus der Praxis: Ins- esondere ausländische Beschäftigte haben Angst vor em Verlust ihrer Papiere, deren Wiederbeschaffung für ie häufig schwierig oder gar unmöglich ist und aufent- altsrechtliche Probleme an anderer Stelle nach sich zie- en würde. Wir möchten über Ihren Vorschlag daher in en Ausschussberatungen gerne noch einmal diskutie- en. Ich möchte einen weiteren Punkt ansprechen: Der undesrechnungshof hat in seinem Bericht vom Januar 008 etliche Fragen zum Aufbau und zur Effizienz der ür die Bekämpfung der Schwarzarbeit zuständigen Fi- anzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) aufgeworfen. Darin ezweifelt der Bundesrechnungshof unter anderem, dass ie überhaupt in der Lage sind, verlässliche Aussagen ber die Wirkung der FKS zu treffen. Aus diesem Grund at der BRH damals auch vorgeschlagen, auf die ge- lante Umstrukturierung der FKS im Rahmen der Re- orm der Zollverwaltung zu verzichten, bis eine Evalua- ion vorliegt. Aber trotz dieser ernst zu nehmenden ritik wurde quasi im erkenntnisfreien Blindflug die KS neu in der Zollverwaltung organisiert. Ob das der ekämpfung der Schwarzarbeit dienlich ist, wage ich zu ezweifeln. Die Lösung eines anderen Problems packen Sie eben- alls nicht an: Die mangelnde Vollstreckung von Bußen nd Strafen. Es reicht nicht, wenn die FKS Ihren Erfolg uf Basis der Höhe ausgesprochener Geldbußen und -stra- en definiert. Wichtig ist, diese Gelder auch hereinzuho- en; denn nur so kann ein Gesetz den Sprung vom apiertiger zum wirkungsvollen Instrument schaffen. eshalb wollen wir Grünen auch die Einrichtung eines orruptionsregisters, das auch die Unternehmen listet, ie schwarzarbeiten lassen und beispielsweise keinen indestlohn zahlen. Aufträge zu ergattern, muss für iese Unternehmen schwieriger werden. Es gibt also noch viel zu tun bei der Bekämpfung von chwarzarbeit. Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär beim Bundes- inister für Arbeit und Soziales: Die letzten Wochen ha- en uns in ganz drastischer Weise vor Augen geführt, ass der Markt Regeln braucht. Unsere Tradition setzt uf einen politischen, sozialen und kulturellen Rahmen ür den Markt. Soziale Marktwirtschaft heißt nicht nur reier Wettbewerb, sondern auch fairer Wettbewerb; ettbewerb um die besten Produkte und den besten Ser- ice, um besseres und effizienteres Management, und Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19635 (A) ) (B) ) nicht Wettbewerb mit schlechten Arbeitsbedingungen und schlechten Löhnen. Gerade Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung sind Versuche, sich unfaire Vorteile zu verschaffen zu- lasten aller durch Hinterziehung von Steuern, zulasten der Arbeitnehmer, die ungesichert arbeiten, zulasten der Versichertengemeinschaft und der ehrlichen Konkurren- ten, die Beiträge zahlen. Mit dem Aktionsprogramm „Recht und Ordnung auf dem Arbeitsmarkt“ hat das Ka- binett darum ein umfangreiches Paket beschlossen, des- sen zentrale Punkte in dem Gesetzentwurf stehen, der Ih- nen heute vorliegt. Eine wesentliche Verbesserung ist die Einführung ei- ner Sofortmeldepflicht bei Beschäftigungsbeginn. Sie ermöglicht eine schnelle und zweifelsfreie Feststellung, ob der Arbeitgeber seinen sozialversicherungsrechtli- chen Pflichten bereits nachgekommen ist. Das verhin- dert Ausreden und eilige Nachmeldungen ertappter „schwarzer Schafe“. Damit wird die Arbeit der Prüfer in den Branchen erheblich einfacher, in denen ein erhöhtes Risiko für Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung be- steht; denn sie macht eine Überprüfung schon am Tag der Aufnahme einer Beschäftigung möglich. Da ohnehin jeder Arbeitgeber vor einer Beschäftigungsaufnahme mit seinen Beschäftigten einen Arbeitsvertrag abschließen muss, stellt das Übermitteln von vier Daten zur Renten- versicherung keinen wesentlichen Mehraufwand dar. Aber neben der Prüfung erleichtert es auch die Arbeit der Berufsgenossenschaften, die im Leistungsfall auf die Daten zugreifen und bei Verdacht auf Schwarzarbeit den Arbeitgeber in Regress nehmen können. Ein weiteres Problem der Überprüfung von Schwarz- arbeit und illegaler Beschäftigung war bisher die eindeu- tige persönliche Identifizierung der Beschäftigten. Der Gesetzentwurf sieht deshalb die Pflicht zur Mitführung und Vorlage von Ausweisdokumenten in den Branchen mit Sofortmeldepflicht vor. Gleichzeitig heben wir die bisher geltende Pflicht auf, den Sozialversicherungsaus- weis mitzuführen. Dadurch, dass Arbeitgeber zukünftig ihre Beschäftig- ten nachweislich und schriftlich über diese Pflicht beleh- ren müssen, stehen sie mit in der Verantwortung für die Einhaltung der Regeln. Im Gegenzug befreien wir durch die neue zentrale, elektronische Übermittlung von An- schriftendaten der Beschäftigten die Arbeitgeber von bisher immerhin jährlich rund 16 Millionen Meldevor- gängen. Das bedeutet unterm Strich 25 Millionen Euro geringere Bürokratiekosten. Dazu werden die Kommunen und die Rentenversi- cherungsträger von erheblichen Kosten entlastet. Auch das sind noch einmal etwa 180 Millionen Euro im Jahr. So gelingt es uns durch dieses Gesetz, mit geringem Aufwand durch zusätzliche Melde- und Nachweispflich- ten in einigen Branchen die Schwarzarbeit besser be- kämpfen zu können, und gleichzeitig senken wir Büro- kratiekosten. Faire Regeln und ein Gewinn für alle – auch das sind Kerne der sozialen Marktwirtschaft. A m n l 1 g g t A t Ä n b n E s g z 2 t Z w d z M u w u d a d a – e l s w a c P g k h A B a N (C (D nlage 16 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: EU-Übersetzungsstrategie überarbei- ten – Nationalen Parlamenten die umfassende Mitwirkung in EU-Angelegenheiten ermögli- chen (Tagesordnungspunkt 21) Hans Peter Thul (CDU/CSU): Der vorliegende ge- einsame Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und Bünd- is 90/Die Grünen ist auch nach der Vorlage der Mittei- ung der Kommission zur Mehrsprachigkeit vom 8. September 2008 weiterhin aktuell und angezeigt, so- ar mehr denn je. Aus diesem Grund erfolgte die unein- eschränkte Zustimmung von allen Fraktionen im Bera- ungsverfahren des federführenden Ausschusses für die ngelegenheiten der Europäischen Union am 24. Sep- ember. Nachdem zu unserer Verwunderung die geforderten nderungen der Sprachenregelung in dieser Mitteilung icht berücksichtigt worden sind, müssen die von uns ereits mehrfach formulierten Forderungen insbesondere ach zeitnaher Überarbeitung des Sprachenregimes der uropäischen Union und einer daraus folgenden Verbes- erung der Übersetzungsleistungen weiterhin so lange estellt werden, bis sie schließlich in einer Überset- ungsstrategie verbindlich niedergelegt werden. Die für 008 angekündigte Überarbeitung der Übersetzungsstra- egie hat die Europäische Kommission auf unbestimmte eit verschoben. Wir werden unter diesen Umständen eiter regelmäßig die für uns beratungs- und entschei- ungsrelevanten Informationen auf Englisch oder Fran- ösisch erhalten. Wir arbeiten hier gemeinsam auf der Grundlage eines andates, das wir in freien und geheimen Wahlen von nseren Wählerinnen und Wählern erhalten haben, und ir haben diesen Wählerauftrag nach bestem Wissen nd nur unserem eigenen Gewissen folgend zum Wohle er gesamten Gesellschaft wahrzunehmen. Dies setzt ber voraus, dass wir die Grundlagen unserer Entschei- ungen erfassen, im wörtlichen Sinne also Wort für Wort ufnehmen, abwägen und prüfen können. Dies alles geht hier sind wir uns mit großer Mehrheit in diesem Hause inig – für uns am besten auf Deutsch, unserer offiziel- en Amtssprache. Dies gilt im Übrigen für jede innerhalb der Europäi- chen Union gesprochene Sprache. Insofern gilt das, was ir fordern, im übertragenen Sinne selbstverständlich uch für alle anderen Sprachen und alle von der Spra- henregelung und ihren Regelungsdefiziten betroffenen arlamentarier. Daher richtet sich unser Antrag weder egen irgendeinen der anderen Mitgliedstaaten noch dis- riminiert er die Verwendung einer der anderen inner- alb der Gemeinschaft gesprochenen Sprachen. Im Übrigen sollten wir alle daran interessiert sein, die kzeptanz der EU-Regelungen bei den Bürgerinnen und ürgern – besonders angesichts der im kommenden Jahr nstehenden Wahlen – zu erhöhen und zumindest das achvollziehen der einzelnen Entscheidungen des Euro- 19636 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) päischen Parlaments durch die Aufnahme muttersprach- licher Texte zu ermöglichen. Identifikation mit Europa und damit die Stärkung des Wunsches nach Teilhabe und Mitwirkung der Bürger setzen voraus, dass sie verste- hen, was Europa regelt und entscheidet. Dies ist eine Verantwortung, die nicht allein auf die einzelnen Mit- gliedstaaten abgewälzt werden kann, sondern es ist Auf- gabe der Kommission, den Mitgliedstaaten das nötige Handwerkszeug zur Verfügung zu stellen. Daneben er- wartet und wünscht doch auch die EU-Kommission die stärkere Mitwirkung der nationalen Parlamente. Diese Selbstverständlichkeiten haben wir – das sind CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen – in dem vorliegenden Antrag gemeinsam formuliert und in der Zwischenzeit auch unmittelbar in Brüssel dem zu- ständigen EU-Kommissar Leonard Orban und dem stell- vertetenden Generalsekretär, Herrn Jouanjean, erläutert. Daneben hatten wir Gelegenheit, sachkundigen Vertre- tern außerparlamentarischer Organisationen, etwa dem Goethe-Institut, unser Anliegen zu erklären und deren Rat einzuholen. In allen diesen Gesprächen haben wir keinen einzigen Einwand hören können, der unserem Antrag entgegenstünde. Im Gegenteil, die zurzeit gelten- den Grundsätze der Sprachenregelung in der Verordnung Nummer 1/58 nennen ausdrücklich alle Amtssprachen als gleichrangig. Derzeit werden innerhalb der Gemein- schaft 23 Sprachen gesprochen, und nach unserer Über- zeugung gilt das, was wir fordern – ich wiederhole das gerne an dieser Stelle –, für alle zurzeit und zukünftig gesprochenen Sprachen gleichermaßen. Des Weiteren sind wir uns einig, dass die Überset- zungsleistungen alle beratungs- und entscheidungsrele- vanten Dokumente, mithin auch die Anlagen und An- hänge, umfassen müssen. Dabei können nur wir selbst entscheiden, welche Informationen für unsere Entschei- dungen von Bedeutung sind. Die Abwägung zwischen der Notwendigkeit und der rechtlichen Verpflichtung zur Übersetzung eines Dokumentes ist Sache des nationalen Parlamentes und eben nicht Sache der Kommission in Brüssel. Unser Eindruck ist vielmehr, dass viele Doku- mente schematisch ohne Ansehen der inhaltlichen Rele- vanz herabgestuft werden. Zurzeit können nahezu fünfzig einzelne Vorgänge nicht von dem deutschen Parlament abschließend bear- beitet werden, weil die entsprechenden Dokumente eben nicht vollständig in deutscher Sprache vorliegen. Dies hemmt unsere Arbeit und führt zu vermeidbaren Verzö- gerungen bei den anstehenden Entscheidungen. Dies ist nicht hinnehmbar, weil die Problemlösungen in einem immer mehr an Dynamik zunehmenden globalen Wett- bewerb eher nach flinken Lösungen verlangen als nach einem langatmigen Zuwarten. Die Kosten der Übersetzungsleistungen fallen für alle Sprachen etwa in gleicher Höhe an. Dies betont Herr Orban gleich an zwei Stellen in seiner schriftlichen Ant- wort vom 11. Juni 2008 auf eine entsprechende Anfrage des Europakollegen Gahler, wenn er von „… kaum ins Gewicht fallenden Unterschieden der Übersetzungskos- ten“ oder an anderer Stelle von „… entsprechenden Kos- t l k t a z n s l u d k r c s s A n m P s G V u i g B c Z n m d f V a m t N g s b b g e S b r e D (C (D en pro Seite“ spricht. Weiter heißt es wörtlich unter der aufenden Nummer 5 der eben erwähnten Antwort: Die Kommission sieht keine besonderen Schwierig- keiten und speziellen Probleme, was den Bedarf an Übersetzungen ins Deutsche und die fristgerechte Vorlage anbelangt. Wenn dem so ist, so gibt es auch keinen ernst zu nehmenden Einspruch gegen unser berechtigtes Begehren. Die bereits erwähnten und verschobenen Vorgänge önnen nicht so lange warten, bis uns einmal intelligen- ere Technik bzw. Software die Arbeit des Übersetzens bnimmt. Aber genau darauf scheinen einige in Brüssel u warten. Wir unterstützen diese Hinhaltetaktik auch och – so viel Kritik muss erlaubt sein –, wenn der deut- che EU-Kommissar Verheugen seine Reden ausschließ- ich auf Englisch hält, wie zuletzt im April dieses Jahres; nd das, obwohl eine Simultanübersetzung für nicht eutschsprachige Teilnehmer verfügbar wäre. Das ist ontraproduktiv und widerspricht dem Gedanken der eu- opäischen Pluralität. Der Gebrauch der deutschen Spra- he bei der Amtsausübung muss für Herrn Verheugen so elbstverständlich sein wie die Verwendung der französi- chen Sprache für seinen französischen Kollegen Barrot. lles andere ist falsch verstandene Höflichkeit – und un- ötig noch dazu. Schließlich erfahren wir für unseren Antrag Zustim- ung von allen Seiten innerhalb und außerhalb dieses arlamentes. In der jüngsten Vergangenheit sind in die- er Sache Briefe geschrieben und eine ganze Reihe von esprächen geführt worden. Es liegt jetzt an der EU- erwaltung, ein neues Sprachenregime zu formulieren nd alsbald, ohne weiteres Verschieben und Vertrösten, n Kraft zu setzen. Diese Forderung werden wir auch ge- enüber Kommissar Orban bei seinem angekündigten esuch im Dezember dieses Jahres erneut deutlich ma- hen. Demokratie mag dem ein oder anderen in diesem usammenhang teuer vorkommen, aber das Modell ei- er freien demokratischen Gesellschaft, das Wirtschafts- odell Europa, ist zu wertvoll für die freie Entfaltung er hier lebenden Menschen, als dass wir es allein mit iskalischen Interessen beschränken. Wir sehen daher die erabschiedung eines neu gefassten Sprachenregimes ls eine vertrauensbildende Maßnahme für alle Parla- ente an. Lassen sie mich zu Schluss noch einmal die wichtigs- en Forderungen unseres Antrages zusammenfassen: eufassung der für 2008 zugesagten Übersetzungsstrate- ie alsbald und kurzfristig; angemessene parlamentari- che Beteiligung der Mitgliedstaaten bei dieser Ausar- eitung; vollständige und zeitnahe Bereitstellung aller eratungs- und entscheidungsrelevanten Dokumente; an- emessene Mittelbereitstellung in den Haushalten und ine stärkere Förderung und Verwendung der deutschen prache in der kulturellen Präsenz und im Arbeitsge- rauch innerhalb der Institutionen in Brüssel. Michael Roth (Heringen) (SPD): „Die Sprache Eu- opas ist die Übersetzung“, sagt Umberto Eco und bringt s auf den Punkt. Treffender kann ein Zitat kaum sein. as greift auch die Europäische Kommission in ihrer Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19637 (A) ) (B) ) Mitteilung „Mehrsprachigkeit: Trumpfkarte Europas, aber auch gemeinsame Verpflichtung“ vom 18. Septem- ber dieses Jahres auf. Die Kommission mahnt die Förderung der Mehrspra- chigkeit an. Damit wir uns nicht missverstehen: Spra- chenlernen ist richtig und wichtig. Sprachen ermögli- chen den Zugang zu anderen Kulturen und Menschen. Sie sind Instrument der Annäherung. Sprache macht Europa für die Menschen erst erlebbar. Für das Spra- chenlernen spricht sicher noch viel mehr. Selbstver- ständlich setzen wir uns hier in Deutschland dafür ein, dass Menschen die Chance haben, Sprachen zu erlernen – unabhängig von ihrer sozialen Herkunft. Dieser Ver- antwortung nehmen wir uns gerne an. Die Kommission muss ihrer eigenen Verantwortung für die Sprachenviel- falt in Europa gerecht werden. Kommissar Orban hat für seine Mitteilung wirklich schöne Worte gefunden. Aber schöne Worte allein rei- chen nicht aus. Allein davon wird unsere parlamentari- sche Arbeit nicht besser. Wir wollen unsere Aufgaben wahrnehmen. Aber erledigt die Kommission auch ihre Hausaufgaben, um uns dazu in die Lage zu versetzen? Wir warten. Viel zu lange schon warten wir auf eine Initiative von Herrn Orban. Eine Überarbeitung für das Übersetzungsregime wurde für dieses Jahr angekündigt. Leider habe ich einem Brief des Kommissars an unseren Außenminister Frank-Walter Steinmeier entnehmen müssen, dass die Überprüfung der Übersetzungsstrategie auf unbestimmte Zeit verschoben ist. Fehlende finan- zielle Mittel beklagt der Kommissar. Wir haben doch keine Beliebigkeit gefordert! Es soll nicht jeder Text – sei er noch so irrelevant – übersetzt werden. Aber es muss sichergestellt werden, dass die Dokumente, die aus unserer Sicht relevant sind, zwingend übersetzt werden. Wir haben konkrete Dokumente zur Übersetzung ange- mahnt, aber leider für 23 eine negative Antwort erhalten. Eine Erhöhung der finanziellen Mittel ist für die Reform der Übersetzungsstrategie nicht unbedingt notwendig. Eine Umschichtung, die den Bedarf der nationalen Par- lamente berücksichtigt, ist jedoch denk- und machbar. Nicht allein die Förderung der deutschen Sprache, sondern die Förderung der sprachlichen Vielfalt in Europa ist unser Anliegen. Diese sprachliche Vielfalt ist nicht bloß eine Herausforderung des europäischen Über- setzungsdienstes. Vielmehr ist sie Bestandteil unseres kulturellen Reichtums. Wenn von den nationalen Parla- menten gefordert wird, dass sie sich frühzeitig in den Gesetzgebungsprozess der EU einbringen, dann muss man uns auch die Möglichkeit dazu geben. Mit „uns“ meine ich die Parlamentarier der nationalen Kammern aller Mitgliedstaaten. Der Deutsche Bundestag, der pol- nische Sejm, die französische Assemblée nationale, der litauische Seimas und alle anderen Kolleginnen und Kol- legen aus den Partnerländern der EU wirken an Europa mit. Auch angesichts der Unklarheit darüber, wann der Vertrag von Lissabon in Kraft treten wird, bin ich über- zeugt, dass die Rolle nationaler Parlamente wächst. Der Lissabon-Vertrag stärkt formal unsere Mitgestaltungs- möglichkeiten. Doch schon jetzt bringt sich der Bundes- t W g b d s z w n f w h b m S u s z s V d A s d t e b E v d d d d v V p H u K 1 z w d t m t d a s w t (C (D ag engagierter in den EU-Gesetzgebungsprozess ein. enn uns das gescheiterte Referendum in Irland etwas ezeigt hat, dann doch, dass Europa mehr Bürgernähe raucht. Hier stehen wir auch als nationale Politiker in er Verantwortung. Nationale Parlamente haben inner- taatlich bereits Befugnisse bei europäischer Rechtsset- ung. Das ist auch den europäischen Institutionen be- usst. Die Mammutaufgabe, Europa zu vermitteln, kann ur in einem gemeinsamen Kraftakt gelingen. Die Re- orm der Übersetzungsstrategie muss weiterverfolgt erden. Das bedeutet auch, dass wir in der Pflicht ste- en. In der Pflicht, EU-Dokumente, die wir zugeleitet ekommen, nicht lediglich zur Kenntnis zu nehmen. Wir üssen Prioritäten setzen und konkret sagen, wo der chuh drückt und gegebenenfalls Alternativvorschläge nterbreiten. Es ist ein Erfolg, dass der Deutsche Bundestag ge- chlossen hinter dem Antrag steht. Über Fraktionsgren- en hinweg gilt es, alle Abgeordneten in die Lage zu ver- etzen, sich angemessen mit EU-Dokumenten und EU- orlagen auseinanderzusetzen – in deutscher Sprache. Ebenso freue ich mich, dass dieses Anliegen von der eutschen Bundesregierung mitgetragen wird. Unser ntrag soll die Bemühungen der Bundesregierung unter- tützen und sie ermuntern, am Ball zu bleiben. Ich for- ere die EU-Kommission dazu auf, endlich dem berech- igten Interesse des Deutschen Bundestages besser zu ntsprechen – im Interesse der Bürgerinnen und Bürger. Michael Link (Heilbronn) (FDP): Die Kommission eginnt ihre aktuelle Mitteilung zur Mehrsprachigkeit in uropa mit den Worten „die harmonische Koexistenz ieler Sprachen in Europa ist ein kraftvolles Symbol für as Streben der EU nach Einheit in der Vielfalt, einem er Eckpfeiler des europäischen Aufbauwerks.“ Diese Einschätzung teilen wir Liberalen. So drückt iese philosophisch anmutende Aussage zuallererst aus, ass die Sprachenvielfalt in Europa nicht zum destrukti- en Babylonischen Stimmengewirr führt, dass diese ielfalt einen Teil der Identität Europas darstellt. Natürlich stellt diese Vielzahl der Sprachen die Euro- äische Union im alltäglichen Gebrauch auch vor große erausforderungen. Es erfordert strukturelle, logistische nd finanzielle Anstrengungen, um die reibungslose ommunikation innerhalb der EU zu ermöglichen. Die lang erwartete Mitteilung der Kommission vom 8. September 2008 zur Mehrsprachigkeit enttäuscht be- üglich der Antworten auf diese Herausforderungen, ob- ohl die Mitteilung interessante Aussagen zur Stärkung er Sprachenkompetenz und des Sprachenbewusstseins rifft. Denn entgegen ursprünglicher Äußerungen Kom- issar Orbans enthält diese Mitteilung keine Überarbei- ung der Übersetzungsstrategie. Und dabei wäre genau ies der Bereich, an den die Kommission selbst Hand nlegen und dazu klare Aussagen treffen könnte, statt ich mit Wunschvorstellungen an die Mitgliedstaaten zu enden. Die Verabschiedung unseres interfraktionellen An- rags „EU-Übersetzungsstrategie überarbeiten – Natio- 19638 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) nalen Parlamenten die umfassende Mitwirkung in EU- Angelegenheiten ermöglichen“ ist damit wichtiger denn je. An der Bereitschaft der Kommission, transparent und offen mit den nationalen Parlamenten zusammenzuarbei- ten, bestehen erhebliche Zweifel. Was sich unter anderem an der fehlenden, jedoch zugesicherten Überarbeitung der Übersetzungsstrategie, der lediglich begrenzten Zahl an erbetenen Nachübersetzungen beratungsrelevanter Dokumente und der fehlenden Darstellung der tatsäch- lich benötigten Mittel und Kosten für eine angemessene Übersetzungsleistung ausdrückt. In der Debatte zur ersten Lesung dieses Antrages habe ich betont, dass der Antrag auch ein Zeichen setzt, dass sich der Bundestag in dieser Angelegenheit nicht auf wenig vertrösten lassen wird – und zwar weder von der Bundesregierung noch von der Kommission. Natürlich muss die Kommission für die notwendigen Übersetzungen sorgen, die Bundesregierung muss nun aber endlich den Druck erhöhen und dies in der EU auch durchsetzen. Und zwar auf Chefebene – denn die Dis- kussionen auf Arbeitsebene haben – wie wir sehen – bis- her zu nichts geführt. Zwar scheint das Bewusstsein der Bundesregierung dafür geweckt und auch groß zu sein. Auch sind wohl bereits Gespräche mit dem Kommis- sionspräsidenten Barroso geführt worden, doch nach wie vor wurde dabei wenig erreicht. Deshalb müssen wir als Bundestag ebenfalls den Druck auf die Bundesregierung erhöhen. Zeitlich kommt unser Antrag dafür genau zum richti- gen Zeitpunkt. Denn die Verhandlungen über den EU- Haushalt 2009 sind nun in der heißen Phase. Aktuell be- rät das Europäische Parlament in seinen Ausschüssen und im Plenum bevor es am 21. November zu einer Ver- mittlungsrunde zwischen Rat und EP zum EU-Haushalt 2009 kommt. In unserem Antrag stellen wir hinsichtlich dieses Haushaltes konkrete Forderungen an die Bundesregie- rung: Erstens, eine differenzierte Ausweisung der Mittel für Übersetzungsleistungen von der Kommission zu er- möglichen und zweitens darauf hinzuwirken, dass im Einzelplan 3 der Kommission durch Umschichtungen angemessene Mittel für Übersetzungen eingestellt wer- den. Mir scheint es erforderlich, noch vor der geplanten Vermittlungsrunde am 21. November von der Bundesre- gierung detailliert Auskunft zu verlangen, wie sie bei der Umsetzung unserer Forderungen auf EU-Ebene agiert hat bzw. agieren will. Beispielsweise könnte dies im EU- Ausschuss am 12. November 2008 geschehen. Denn Sympathiebekundungen der Bundesregierung mit uns Parlamentariern reichen nicht aus. Die Bundesregierung muss darstellen, mit welcher Strategie sie unsere Forde- rungen tatsächlich durchsetzen will. Sollten diese Forderungen ungehört bleiben, müsste die Bundesregierung in letzter Konsequenz dem Haus- halt 2009 seine Zustimmung verweigern. Ein kraftvolles Signal! a m K S H a s g n n s d s u r s t n K m g u w z l s d s b c r d w E e i Ü B i G K i W g L K r n S K w d P d g (C (D Daneben kann man nicht genug daran erinnern, dass uch auf die Partnerfraktionen im EP Einfluss zu neh- en ist, die im Haushalt mitzubestimmen haben. Interessant wäre es heute von Ihnen, sehr geehrte oalitionsfraktionen, zu erfahren, welche Fortschritte ie bei Ihren Gesprächen einerseits mit der zuständigen auptberichterstatterin, der SPD-Kollegin Jutta Haug, ndererseits mit dem Vorsitzenden des Haushaltsaus- chusses im Europäischen Parlament, dem CDU-Kolle- en Reimer Böge, EVP/CDU verzeichnen konnten. Neben diesem Engagement dürfen wir auch nicht achlassen, bei der Kommission die regelmäßige Be- achteiligung von deutschen Nichtregierungsorgani- ationen und deutschen Mittelständlern und anderen. urch die bevorzugte Verwendung von Englisch/Franzö- isch in Wirtschaftsdatenbanken, bei Ausschreibungen nd generell bei Internetauftritten in der EU zu kritisie- en sowie deren Ende gemäß den bestehenden europäi- chen Rechtsvorschriften, die Deutsch als gleichberech- igte Amts- und Arbeitssprache der EU festsetzen, achdrücklich einzufordern. Dr. Diether Dehm (DIE LINKE): In gebotener ürze eine Bemerkung zum Antrag selbst und eine Be- erkung zum Verfahren: Das Anliegen des Antrags ist erechtfertigt. Wir unterstützen es voll und ganz. Durch nzureichende Übersetzungen von EU-Dokumenten ird der Bundestag bei der Beteiligung an der Rechtset- ung auf europäischer Ebene und auch sonst ganz erheb- ich behindert. Das muss korrigiert werden, und zwar so chnell wie möglich. Es geht aber nicht nur um den Bun- estag. Es geht vor allem darum, dass eine demokrati- che Öffentlichkeit die politischen Positionen selbst egleiten und kritisch hinterfragen können muss. Da rei- hen politisch interpretierende und gefilterte Pressebe- ichte nicht. Wer Demokratie will, muss in der Sprache er jeweils betroffenen Menschen kommunizieren, auch enn es in der EU viele unterschiedliche Sprachen sind. in EU-Verwaltungsenglisch als „lingua franca“ der uropäischen Eliten genügt demokratischen Prinzipien n keiner Weise. Die Forderung nach einer anderen bersetzungsstrategie der EU-Kommission bedarf der ezugnahme auf den Vertrag von Lissabon nicht, wie sie m Antrag enthalten ist. Eine solche Bezugnahme ist im egenteil in hohem Maße kontraproduktiv. Die EU- ommission soll ihre verkorkste Sprachenpolitik nicht rgendwann, sondern schnell ändern. Wenn das vom irksamwerden des Vertrags abhinge, würde das Ge- enteil erreicht: Der Vertrag von Lissabon wird nach age der Dinge auf keinen Fall am 1. Januar 2009 in raft treten, wahrscheinlich wird er es nie tun. Das stör- ische Festhalten der anderen Fraktionen an der Bezug- ahme auf den Vertrag ist daher skurril. Es stellt ein tück Realitätsverweigerung durch die ganz Große oalition aus den vier anderen Fraktionen dar. Trotzdem erden wir heute keinen Änderungsantrag zur Behebung ieses Mangels stellen, sondern nur in dieser Form zu rotokoll geben, dass wir ohne „Wenn“ und „Aber“ für ie schnellstmögliche Revision der Übersetzungsstrate- ie eintreten. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19639 (A) ) (B) ) Jetzt die Bemerkung zum Verfahren: Bei dem hohen Maß an sachlicher Übereinstimmung hätte hier die Mög- lichkeit bestanden, einen Allfraktionenantrag einzubrin- gen. Dass das bewusst vermieden wurde, ist schlicht al- bern. Es kontrastiert auch zu pathetischen Appellen an die Gemeinsamkeit und die Solidarität in nationalen Fra- gen, die in den vergangenen Tagen von Regierungsseite immer wieder beschworen wurde. Wo es in der Sache möglich wäre, wollen Sie diese Gemeinsamkeit nicht. Trotz dieses miesen Stils: Wie lassen uns von einer Zu- stimmung zu sinnvollen Sachentscheidungen auch durch die von den anderen Fraktionen akzeptierte Marotte des CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden nicht abbringen, keine Anträge zusammen mit unserer Fraktion zu unterzei- chen. Irgendwann aber sollten zumindest die anderen Fraktionen diese kleingeistigen Mätzchen lassen! Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sprache ist Kultur, Sprache ist Identität. Deshalb müssen wir die Sprachenvielfalt in Deutschland, in der EU und auch weltweit schützen. Es ist ein gutes Zeichen, dass die Vereinten Nationen das Jahr 2008 zum inter- nationalen Jahr der Sprachen erklärt haben. Auch die Europäische Union muss ihren Reichtum an Sprachen- vielfalt sichern, und deshalb ist es richtig, dass jedes Land vor einem Beitritt in die Europäische Union ange- ben kann, welche Sprache es als sogenannte Amtsspra- che wählt. In diesen momentan 23 Amtssprachen kön- nen sich dann alle Bürgerinnen und Bürger an die Institutionen der Europäischen Union wenden. Und das ist gut so. Denn die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, zu erfahren, was in ihrem Namen ge- schieht. Sprache ist also ein wichtiger Schlüssel für die Bürge- rinnen und Bürger zur Europäischen Union. Aber auch für kleine und mittlere Unternehmen, die sich an EU- Ausschreibungen beteiligen möchten, und nicht zuletzt auch für uns Abgeordnete ist es notwendig, dass wir wichtige Informationen in unserer Sprache erhalten. Denn es ist unsere ureigene Aufgabe, zu kontrollieren, wie die Bundesregierung in Brüssel handelt und ob sie unsere Anliegen auch richtig vertritt. Genau deshalb ist es doch absolut unverständlich, wenn wichtige Initiativen, Beschlüsse und auch Internet- auftritte, zum Beispiel der Generaldirektionen, nicht in allen Sprachen zur Verfügung stehen. Wir verstehen nicht, warum nicht alle wesentlichen EU-Dokumente in allen 23 Amtssprachen erhältlich sind. Es kann nicht sein, dass für eine Übersetzung allein formale Kriterien ausschlaggebend sind und wichtige Informationen, die sich in Anhängen oder in „nachgeordneten Dokumen- ten“ finden, deshalb nicht übersetzt werden. Nicht ir- gendwelche Kriterien, sondern die politische Bedeutung muss entscheiden, was übersetzt wird. Deshalb fordern wir von der Europäischen Kommis- sion, dass sie endlich wie angekündigt eine überarbeitete Übersetzungsstrategie vorlegt. Das sollte und muss noch in diesem Jahr und damit vor der Europawahl gesche- hen. Die Kommission hat sich doch mit ihrem „Plan D“ einen verstärkten Dialog mit den Bürgerinnen und Bür- g d s i f g r l D v g i i l s d I s h e s u A b r z M b m v g d z t r b d d d e d M M o r d g (C (D ern vorgenommen. Statt Hochglanzbroschüren zu rucken und Häppchen auf Abendveranstaltungen zu ervieren, sollte sie da anfangen, wo es am sinnvollsten st, nämlich bei der Sprache. Die Kommission muss da- ür sorgen, dass dieser Dialog auch in beide Richtungen ehen und verstanden werden kann. Von der Bundes- egierung fordern wir, dass sie nachdrücklich und auf al- en Ebenen für eine neue Übersetzungsstrategie eintritt. enn auch sie hatte sich für ihre Ratspräsidentschaft orgenommen, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bür- er in die Europäische Union zu stärken. Wir Grünen begrüßen sehr, dass sich die Fraktionen m Bundestag in dieser Frage jetzt einig sind. Denn noch m letzten Jahr ging es CDU/CSU und SPD doch vor al- em darum, nur die deutsche Sprache zu stärken. In die- em Jahr sind wir uns einig, dass es sich nicht nur um ein eutsches Problem handelt, sondern dass alle relevanten nformationen für alle in der Europäischen Union ver- tändlich sein müssen. Denn sonst werden wir nie die ehren Ziele einer europäischen Öffentlichkeit, einer uropäischen Identität und einer gelebten Unionsbürger- chaft erreichen. Dazu brauchen wir eine transparente nd verständliche Europäische Union. nlage 17 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung Unterstützter Beschäftigung (Ta- gesordnungspunkt 22) Hubert Hüppe (CDU/CSU): In der Koalitionsverein- arung haben wir uns darauf geeinigt, mehr für die be- ufliche Integration von Menschen mit Behinderungen u tun. Unser Ziel ist, mehr behinderten Menschen die öglichkeit zu eröffnen, außerhalb von Werkstätten für ehinderte Menschen ihren Lebensunterhalt im allge- einen Arbeitsmarkt erarbeiten zu können. Die Bundesregierung hat diesen Punkt der Koalitions- ereinbarung aufgegriffen und einen Gesetzentwurf vor- elegt, den wir heute beraten. Der Gesetzentwurf sieht ie „Unterstützte Beschäftigung“ als eine neue Leistung ur Teilhabe am Arbeitsleben vor. Ziel der „Unterstütz- en Beschäftigung“ ist ein regulärer, sozialversiche- ungspflichtiger Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Ar- eitsmarkt. Der Gesetzentwurf schafft neue Teilhabechancen auf em allgemeinen Arbeitsmarkt für Menschen mit Behin- erungen, denen zur Zeit nur die Werkstatt für behin- erte Menschen offen steht. Zur Zielgruppe des Gesetz- ntwurfs gehören insbesondere behinderte Menschen, ie vor der Aufnahme in eine Werkstatt für behinderte enschen stehen, also in erster Linie junge behinderte enschen, denen eine berufsvorbereitende Maßnahme der eine Berufsausbildung wegen Art oder Schwere ih- er Behinderung nicht möglich ist. Zusätzlich ist die „Unterstützte Beschäftigung“ ge- acht für Menschen, bei denen sich beispielsweise we- en eines Unfalls oder einer physischen oder psychi- 19640 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) schen Erkrankung im Laufe ihres Erwerbslebens eine Behinderung eingestellt hat. Die neue Leistung „Unterstützte Beschäftigung“ glie- dert sich in zwei Phasen. Die erste Phase ist die „indivi- duelle betriebliche Qualifizierung“, die in der Regel zwei Jahre dauert und mit einem regulären Arbeitsver- hältnis endet. Daran schließt sich der zweite Baustein der „Unterstützten Beschäftigung“, die „Berufsbeglei- tung“ an. Die „Berufsbegleitung“ wird dann geleistet, wenn weitere Begleitung nötig ist, um den Arbeitsplatz zu sichern. Der Mensch mit Behinderung ist also nicht auf sich allein gestellt, wenn er den Sprung in ein regulä- res Arbeitsverhältnis geschafft hat und auf weitere Un- terstützung angewiesen ist. Wir wollen, dass Absolventen von Förderschulen in der Praxis nicht automatisch in die Werkstatt für behin- derte Menschen gehen. Diesem Ziel dient der Gesetzent- wurf. Wichtig wäre in diesem Zusammenhang auch, Schulpraktika für behinderte Jugendliche vermehrt in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes anzubieten. Hier sind weitere Anstrengungen zu unternehmen. Für die CDU/CSU ist es wichtig, dass mit dem Ge- setzentwurf ein Weg beschritten wird, der dem Men- schen eine praxis- und betriebsorientierte Teilhabe- chance eröffnet. Die neue Leistung „Unterstützte Beschäftigung“ geht vom Prinzip „Erst platzieren, dann qualifizieren“ aus. Das heißt, es wird zuerst einmal ein Platz für den behinderten Menschen in einem Unterneh- men gesucht. Dann kann der behinderte Mensch erpro- ben, welche Tätigkeit er am besten ausüben kann. Spe- zielle Betreuer qualifizieren den behinderten Menschen anschließend für eine ganz konkrete Tätigkeit im Unter- nehmen. Das Prinzip „Erst platzieren, dann qualifizie- ren“ ist keine fixe Idee von Politikern. In der Praxis hat es sich schon vielfach bewährt. Dies zeigt die erfolgrei- che Arbeit von Leistungsanbietern, wie beispielsweise der Hamburger Arbeitsassistenz oder Access Erlangen. Menschen mit Behinderungen dürfen nicht in der neuen Maßnahme „zementiert“ sein. Vielmehr muss eine Durchlässigkeit zwischen einzelnen Maßnahmen beste- hen. Die Maßnahme „Unterstützte Beschäftigung“ berücksichtigt deshalb, dass sich in der Phase der „indi- viduellen betrieblichen Qualifizierung“ andere Maßnah- men als bedarfsgerechter herausstellen können. In diesen Fällen gibt es die Möglichkeit, alternativ zur „Unter- stützten Beschäftigung“ beispielsweise berufsvorberei- tende Berufsbildungsmaßnahmen, eine Berufsausbil- dung oder Leistungen in einer Werkstatt für behinderte Menschen durchzuführen. Die positiven Seiten der neuen Maßnahme zu nennen, heißt aber nicht zu verschweigen, was die „Unterstützte Beschäftigung“ nicht leistet. Ich bin mir bewusst, dass der Gesetzentwurf noch nicht Teilhabelösungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufzeigt für die vielen behin- derten Menschen, die sich zurzeit in Werkstätten für be- hinderte Menschen befinden. Wie Sie vielleicht wissen, steigt die Zahl der behinderten Menschen in Werkstätten stetig an. Von 1994 bis 2006 stieg die Zahl der Men- schen in Werkstätten um etwa 80 Prozent von 150 000 auf 270 000. Ein Ende des Zulaufs zu Werkstät- t C e B Ü b M z t b M g c m h e t a d m m E i d k A g n M h B d i T e n S f m g g d t g B a b w A w t l k B t n b (C (D en für behinderte Menschen ist nicht in Sicht. Die CDU/ SU-Bundestagsfraktion glaubt nicht, dass mit derzeit twa 1 bzw. 3 Prozent ausgelagerten Werkstattplätzen im erufsbildungs- und Arbeitsbereich und unter 1 Prozent bergängen aus Werkstätten auf den allgemeinen Ar- eitsmarkt die Möglichkeiten für werkstattberechtigte enschen ausgeschöpft sind. Ich bin fest davon über- eugt, dass für behinderte Menschen mehr Möglichkei- en geschaffen werden können. Auch und gerade im Ar- eitsleben kommt es darauf an, ein selbstverständliches iteinander von Menschen mit und ohne Behinderun- en zu stärken. Behinderten Menschen mehr Teilhabe- hancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einzuräu- en, bleibt eine Aufgabe, der wir uns weiter zu stellen aben. Die neue Leistung „Unterstützte Beschäftigung“ ist in Mosaikstein des Ziels von CDU/CSU und der Koali- ion, mehr Teilhabechancen für behinderte Menschen uf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Für en Erfolg der neuen Leistung wird es darauf ankom- en, die Rahmenbedingungen an funktionierenden For- en der „unterstützten Beschäftigung“ zu orientieren. s wird insbesondere auf eine ausreichend intensive und ndividuelle Betreuung der behinderten Menschen auf em Arbeitsplatz während der gesamten Maßnahme an- ommen. Hinzu müssen finanzielle Leistungen an den rbeitgeber kommen, wenn nur so das Arbeitsverhältnis esichert werden kann. Wir hoffen bei der Umsetzung atürlich auch auf die Unterstützung durch Arbeitgeber. enschen mit Behinderungen müssen eine Chance er- alten, zu zeigen, dass sie eine Bereicherung für einen etrieb auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sein können. Jörg Rohde (FDP): Die berufliche Teilhabe behin- erter Menschen ist eine der größten Herausforderungen n der Politik für Menschen mit Behinderung. Berufliche eilhabe bedeutet für den behinderten Menschen die An- rkennung seiner Fähigkeiten und den Respekt vor sei- er Arbeitsleistung. Sie trägt dem Wunsch vieler chwerbehinderter Rechnung, nicht in einer Werkstatt ür behinderte Menschen, sondern im ersten Arbeits- arkt einer Tätigkeit nachzugehen. Es ist deshalb Auf- abe des Gesetzgebers, die geeigneten Rahmenbedin- ungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu schaffen, amit die Integration behinderter Menschen in den ers- en Arbeitsmarkt gelingt. Geeignete Rahmenbedingun- en heißt in diesem Zusammenhang: der Bau einer rücke von der Werkstatt oder ähnlichen Beschäftigungs- ngeboten für behinderte Menschen in den ersten Ar- eitsmarkt. Nötig ist dieser Brückenbau, weil der über- iegende Teil der Betroffenen bislang nicht mit den nforderungen des ersten Arbeitsmarktes konfrontiert ar und in der ersten Zeit im neuen Job ergänzende Un- erstützung benötigt, zum Beispiel durch berufliche Qua- ifizierungsmaßnahmen, aber auch durch persönlich- eitsbildende Begleitung. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erkennt die undesregierung diesen Unterstützungsbedarf behinder- er Erwerbstätiger ausdrücklich an und stellt die perso- enzentrierte Hilfe in den Vordergrund. Denn wie auch ei der Vermittlung und Förderung Langzeitarbeitsloser, Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19641 (A) ) (B) ) Geringqualifizierter oder anderer Erwerbsloser mit Ver- mittlungshemmnissen gilt auch für die Integration behin- derter Menschen: Jedes Hilfsangebot muss dem indivi- duellen Hilfebedarf des behinderten Menschen und den Besonderheiten seines Arbeitsplatzes im ersten Arbeits- markt gerecht werden. Nur mit maßgeschneiderten Hil- fen kann es gelingen, ein langfristig solides und wirt- schaftliches Arbeitsverhältnis zwischen dem behinderten Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber herzustellen. Leider folgen die Regierungsfraktionen diesem Grundsatz ins- gesamt in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik viel zu selten. Die FDP erkennt an, dass die Bundesregierung mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ein individuelles Un- terstützungsangebot schaffen möchte. Wie so oft ist es der Bundesregierung allerdings auch in diesem Gesetz- gebungsverfahren nicht gelungen, einen Entwurf vorzu- legen, dem die Interessenvertretungen behinderter Men- schen sowie die ausführenden Länder und Kommunen uneingeschränkt zustimmen können. So wird zum Bei- spiel von Behindertenverbänden über Länder und Kom- munen bis hin zu den Arbeitgebern kritisiert, dass die für die Unterstützung infrage kommende Zielgruppe nicht hinreichend klar definiert ist. Auch die ohnehin ange- spannte finanzielle Lage der meisten Integrationsämter findet im vorliegenden Gesetzentwurf keine Würdigung, obwohl auf diese mittel- und langfristig weitere finan- zielle Belastungen durch die Nachbetreuung behinderter Erwerbstätiger zukommen dürften. Nicht zuletzt deshalb hat der Bundesrat in seiner Stellungnahme die Bundesre- gierung zum wiederholten Male ermahnt, die Grundla- gen für Erziehung, Bildung, Ausbildung, Arbeit und Wohnen behinderter Menschen endlich auf ein neues ge- setzliches Fundament zu stellen. Schließlich ist zu bezweifeln, ob das Instrument der unterstützten Beschäftigung in der vorliegenden Fassung dem Wunsch- und Wahlrecht des behinderten Arbeitneh- mers in größtmöglichem Maße Rechnung trägt. Die FDP kritisiert ferner ausdrücklich die völlig un- zulängliche parlamentarische Behandlung dieses wichti- gen sozialpolitischen Themas: Die erste Lesung erfolgt zu so vorgerückter Stunde, dass keine mündliche Aus- sprache mehr erfolgen kann, für die Anhörung im Aus- schuss für Arbeit und Soziales sollen nur 60 Minuten zur Verfügung stehen, und die zweite und dritte Lesung soll nach Willen der Regierungsfraktionen erneut erst zu nachtschlafender Zeit erfolgen. Dieses Vorgehen wird der Bedeutung des Themas in keiner Weise gerecht. Die FDP erwartet bei uneingeschränkter Zustimmung zum Ziel der Teilhabe behinderter Menschen am ersten Arbeitsmarkt eine kritische Auseinandersetzung mit dem vorliegenden Gesetzentwurf im Ausschuss für Arbeit und Soziales, damit die Ziele des Gesetzentwurfes in der Praxis auch erreicht werden können. Hier dürfte es noch erheblichen Korrekturbedarf geben. Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE): Über 3 Millionen Ar- beitslose meldete die Bundesagentur für Arbeit für Sep- tember 2008, darunter mehr als 150 000 schwerbehin- derte Arbeitslose. Die Daten sind aber längst nicht k A k v s g s i b A g v le v a A v 1 r s U s c i a i a r h m t z d a D r g ( e a d B k a h g (C (D omplett. Die 69 Optionskommunen führen bezüglich rbeitsvermittlung behinderter Menschen keine Statisti- en, Arbeitslose in Maßnahmen werden nicht erfasst und iele Menschen mit Behinderungen sind aus unter- chiedlichsten Gründen nicht mehr als arbeitsuchend re- istriert. Vom Rückgang der Arbeitslosigkeit haben Men- chen mit Behinderungen am wenigsten partizipiert – hier st die Arbeitslosenquote doppelt so hoch, wie bei Nicht- ehinderten. Das ist die Situation trotz der vielen Maßnahmen und ktivitäten des Bundes, welche im Bericht der Bundesre- ierung über die Wirkung der Instrumente zur Sicherung on Beschäftigung und zur betrieblichen Prävention darge- gt wird. Übrigens: Dieser Bericht, Drucksache 16/6044, om 2. Juli 2007 wurde bis heute nicht von der Koalition uf die Tagesordnung gesetzt. Warum wohl? Nun legt die Bundesregierung im Eilverfahren – eine nhörung im zuständigen Ausschuss ist für den 5. No- ember und die 2./3. Lesung im Bundestag ist für den 3. November geplant – den „Gesetzentwurf zur Einfüh- ung Unterstützter Beschäftigung“ vor. Die Linke unterstützt das „Ziel der Unterstützten Be- chäftigung (ist), behinderten Menschen mit besonderem nterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und ozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermögli- hen und zu erhalten“ (siehe § 38 a). Ergänzend möchte ch anmerken, dass wir hier Arbeit meinen, von der man uch leben kann. Menschen mit Behinderungen sollen hren gesamten Lohn für ihren Lebensunterhalt wie alle nderen auch behalten können und nicht bis auf den ge- ing bemessenen Selbstbehalt nach SGB XII für die be- inderungsbedingten Mehrbedarfe wieder abführen üssen. Der Ansatz des Gesetzentwurfs zur Einführung Un- erstützter Beschäftigung – erst platzieren, dann qualifi- ieren – ist grundsätzlich sinnvoll. Menschen mit Behin- erungen brauchen mehr Chancen, einen Arbeitsplatz uf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt zu erlangen. ie Tendenz, dass immer mehr Menschen mit Behinde- ungen lebenslänglich in Aussonderungseinrichtungen eparkt werden – von der (Aus)Sonderschule zur Aus)Sonderberufsschule und dann zur Beschäftigung in iner Werkstatt für Menschen mit Behinderungen – muss ufgebrochen werden. Spätestens mit der Ratifizierung er UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit ehinderungen müsste das auch in diesem Hohen Haus lar und einleuchtend sein. Insofern begrüße ich auch ausdrücklich den Bezug uf diese Konvention im Gesetzentwurf. Maßstab ist ier insbesondere der Artikel 27 „Arbeit und Beschäfti- ung“, den ich (gekürzt) zitieren möchte: 1. Die Vertragsstaaten erkennen das gleichberech- tigte Recht behinderter Menschen auf Arbeit an; dies beinhaltet das Recht auf die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, die in einem offenen, integrativen und für behinderte Menschen zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeits- umfeld frei gewählt oder angenommen wurde. Die Vertragsstaaten sichern und fördern die Verwirkli- 19642 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) chung des Rechts auf Arbeit, einschließlich für Menschen, die während der Beschäftigung eine Be- hinderung erwerben, durch geeignete Schritte, ein- schließlich des Erlasses von Rechtsvorschriften, um unter anderem a) Diskriminierung auf Grund einer Behinderung in allen Fragen der Beschäftigung jeder Art, ein- schließlich der Bedingungen in Bezug auf Rekrutie- rung, Einstellung und Beschäftigung, Weiterbe- schäftigung, Aufstieg sowie sichere und gesunde Arbeitsbedingungen, zu verbieten; b) das gleichberechtigte Recht behinderter Men- schen auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedin- gungen, einschließlich Chancengleichheit, gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit, sichere und ge- sunde Arbeitsbedingungen, einschließlich Schutz vor Belästigungen, und Abhilfe bei Beschwerden zu schützen; d) behinderten Menschen wirksamen Zugang zu allgemeinen fachlichen und beruflichen Beratungs- programmen, Stellenvermittlung sowie Berufsaus- bildung und Weiterbildung zu ermöglichen; e) Beschäftigungs- und Aufstiegsmöglichkeiten für behinderte Menschen auf dem Arbeitsmarkt sowie Unterstützung bei der Arbeitsuche, dem Erwerb und der Beibehaltung eines Arbeitsplatzes und beim Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt zu för- dern; g) behinderte Menschen im öffentlichen Sektor zu beschäftigen; h) die Beschäftigung behinderter Menschen im pri- vaten Sektor durch geeignete Strategien und Maß- nahmen, wie gegebenenfalls Förderprogramme, Anreize und andere Maßnahmen, zu fördern; i) sicherzustellen, dass am Arbeitsplatz angemes- sene Vorkehrungen für behinderte Menschen ge- troffen werden; k) Programme für die berufliche Rehabilitation, den Erhalt des Arbeitsplatzes und den beruflichen Wie- dereinstieg behinderter Menschen zu fördern. Inwieweit wird aber das Gesetz zur Unterstützten Be- schäftigung diesen Ansprüchen gerecht? Für die Linke enthält der Gesetzentwurf noch eine Menge fragwürdi- ger und ungeklärter Regelungen. So ist es zu begrüßen, wenn der Bund Menschen mit Behinderungen, die nicht im Sinne des Gesetzes als schwerbehindert gelten, bei der Beschaffung von Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt helfen will. Gerade diese Menschen fallen allzu oft durch jedes Raster. Als Ziel- gruppen nennen Sie Absolventen von Förderschulen, die nicht in der Lage sind, eine Berufsausbildung wahrzu- nehmen und Menschen, die im Laufe ihres Lebens eine Behinderung erfahren. Beide Gruppen sollen arbeits- platzbegleitend eine maximal zweijährige Ausbildung erhalten. Aber was dann? Wie wird danach die notwen- dige dauerhafte Förderung bzw. Assistenz zum Erhalt des Arbeitsplatzes gesichert? p g c d M B s z v A e A D w w B w R o z l B B G r d b A u G e U G d c d s p D t i r k Q W S s m e d (C (D Und weiter: Das Gesetzentwurf will die Informations- flicht der Bundesagentur für Arbeit über die Beschäfti- ungsquote schwerbehinderter Menschen bei öffentli- hen Arbeitgebern abschaffen. Wem nützt das? Wenn er Überblick fehlt, ist auch ein effizienter Einsatz von itteln für die Förderung von Arbeit für Menschen mit ehinderungen nicht möglich. Deswegen ist die Ab- chaffung der Informationspflicht für die Linke nicht ak- eptabel. Überhaupt nicht nachvollziehbar bleibt die bereits ollzogene Umstrukturierung der ZAV (Zentralstelle für rbeitsvermittlung) trotz nachgewiesener Vermittlungs- rfolge von schwerbehinderten Akademikerinnen und kademikern. Die vielfachen Hinweise, Proteste und emonstrationen der Betroffenen blieben ungehört. Gegen Einsparungen an sich – wie sie laut Gesetzent- urf erwartet werden – hat auch die Linke nichts einzu- enden. Dagegen sind wir aber, wenn es auf Kosten der etroffenen geht. Das ist Sparen an der falschen Stelle. Am 13. November ist die erste Lesung des Gesetzent- urfes zur Ratifizierung der UN-Konvention über die echte der Menschen mit Behinderungen auf der Tages- rdnung des Bundestages. Ein Umsetzungs- bzw. Voll- ugsgesetz hält die Bundesregierung für nicht erforder- ich und auch das vorliegende Gesetz zur Unterstützten eschäftigung leistet dazu keinen wirklichen Beitrag. Deshalb stimmt die Linke folgender Forderung des undesrates (siehe Stellungnahme des Bundesrates zum esetzentwurf, Punkt 1 d) zu – ich zitiere: „Der Bundes- at fordert die Bundesregierung auf, in einem umfassen- en Gesetzesvorhaben die gleichberechtigte und selbst- estimmte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft von nfang an bei Erziehung, Bildung, Ausbildung, Arbeit nd Wohnen zu ermöglichen und die gesetzlichen rundlagen dafür zu schaffen bzw. zu verbessern.“ So in Gesetz wäre ein wichtiger und richtiger Beitrag zur msetzung der UN-Konvention. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): rundsätzlich ist für einige Menschen mit Behinderung ie Leistung „Unterstützte Beschäftigung“ ein hilfrei- hes Angebot, weil sie die Teilhabe am Arbeitsleben be- arfsgerecht und personenzentriert verbessern kann. In- ofern begrüßen wir die Initiative der Bundesregierung. Gefährlich wird es aber dann, wenn die vielen Kritik- unkte an dem Gesetzentwurf nicht beachtet werden. ann nämlich kehrt sich die Absicht, mehr Möglichkei- en zur beruflichen Teilhabe herzustellen, ganz schnell in hr Gegenteil um und schränkt die Wunsch- und Wahl- echte der betroffenen Menschen de facto ein. Um es onkret zu machen: Wenn die noch offenen Fragen der ualitätsstandards, der Rückkehrmöglichkeit in die erkstatt oder der langfristigen Finanzierung nicht im inne der Betroffenen geklärt werden, droht diesen Per- onen eine äußerst prekäre Situation auf dem Arbeits- arkt. Ich verlange von der Bundesregierung, dieses Risiko rnst zu nehmen und nicht herunterzuspielen. Denn es ist och so: Ohne einen ausreichenden und dauerhaften Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19643 (A) ) (B) ) Nachteilsausgleich hat insbesondere der Personenkreis, der ohne ambulante Unterstützung auf die Leistungen ei- ner Werkstatt für behinderte Menschen angewiesen wäre, mittel- bis langfristig kaum eine Perspektive auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Wir werden die einzelnen Kritikpunkte im Ausschuss und in der geplanten Anhörung diskutieren. Doch lassen Sie mich an dieser Stelle noch eine weitere Sorge zum Ausdruck bringen, die für mich doch exemplarisch be- legt, mit wie vielen Unsicherheiten dieser Gesetzentwurf noch behaftet ist: Die „Berufsbegleitung“ im Anschluss an die „Indivi- duelle betriebliche Qualifizierung“ stellt eine zusätzliche Leistung für die Personen mit besonders hohem Unter- stützungsbedarf dar. Sie kann und darf nicht als Substitut für nachfolgende Eingliederungszuschüsse der Bundes- agentur für Arbeit angesehen werden. Genau diese Auf- fassung vertritt jedoch die BA, die sich damit einmal mehr der Finanzierungsverantwortung entziehen möchte. Hier muss die Bundesregierung schon im Vor- feld klarstellen, dass zukünftig sowohl Eingliederungs- zuschüsse der BA als auch Begleitung im Arbeitsleben durch die Integrationsämter weiterhin zur Verfügung ste- hen. Unabhängig von den genannten Kritikpunkten stehen Bündnis 90/Die Grünen für einen umfassenderen Ansatz zur beruflichen Teilhabe behinderter Menschen. Denn auch bei einer guten Ausgestaltung des neuen Fördertat- bestandes kann dieser nur ein Mosaiksteinchen in der ganzheitlichen Förderung für alle Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf darstellen. Im Sinne einer Stärkung des Wunsch- und Wahlrechts müssen nach unserer Auffassung alle Menschen mit Be- hinderungen – unabhängig von der Art oder Schwere ih- rer Behinderung – in die Lage versetzt werden, selbst entscheiden zu können, in welcher Form sie am Arbeits- leben teilhaben möchten. Entscheidend ist, dass sie indi- viduell gefördert und bei Bedarf nach dem Prinzip des Nachteilsausgleichs dauerhaft unterstützt werden. Zu einem dauerhaften Nachteilsausgleich gehört auch die Möglichkeit, aus verschiedenen Unterstützungsfor- men zu wählen. Unterstützte Beschäftigung im ur- sprünglichen Sinne ist dabei viel weiter angelegt, als nun von der Bundesregierung intendiert. Grundlegend für diese Idee ist, dass auch stark leistungsgeminderte Per- sonen Arbeitsplätze außerhalb einer Werkstatt finden können. Das eigentliche Konzept der Unterstützten Be- schäftigung geht vom Menschen aus, erfindet und ge- staltet neue passgenaue (Nischen-)Arbeitsplätze und ori- entiert sich dabei an den Fähigkeiten, Wünschen und Potenzialen des behinderten Menschen. Neben der frü- hen Vorbereitung in der Schule, gegebenenfalls dauer- haften Unterstützung und Qualifizierung werden die Lebensbereiche Arbeit, Wohnen und Freizeit berück- sichtigt. Eine sozialversicherungspflichtige Beschäfti- gung wird nicht notwendigerweise angestrebt. Kostenträger sowohl des Minderleistungsausgleichs als auch der Formen der Unterstützten Beschäftigung müssen nach unserer Auffassung sowohl die Träger für L a t M r a a v f t s n f l b n n s w g D r S h n w l g v s s s m g p i w B S d a d s g m b A t u d d s M d H d f (C (D eistungen in Werkstätten für behinderte Menschen als uch die Integrationsämter sein. Auch die Bundesagen- ur für Arbeit, die nach dem Übergang des behinderten enschen vom Berufsbildungsbereich in den Arbeitsbe- eich bislang ihre Trägerschaft verliert, sollte Finanzver- ntwortung übernehmen. Nur so fällt für die Bundes- gentur für Arbeit der negative Anreiz beim Übergang on dem Berufsbildungs- in den Arbeitsbereich weg. Ein est vereinbarter Finanzschlüssel sowie eine klare Struk- urverantwortung eines Trägers kann diese Zwischenlö- ung so gestalten, dass sie dem oder der Betroffenen icht zum Negativen gereicht. Optimal und als mittel- ristige Perspektive ist jedoch eine Zusammenführung eistungsrechtlicher Vorschriften der Teilhabe am Ar- eitsleben in einem Gesetz vonnöten. Alles in allem müssten bei einer Gesamtbetrachtung och viele Fragen im Detail geklärt werden. Sicher ist ur eins: Die Bundesregierung verweigert sich eben die- er Gesamtbetrachtung und liefert stattdessen Stück- erk, das im schlimmsten Fall den Betroffenen zum Ne- ativen gereicht. Lassen Sie mich an dieser Stelle noch eins anmerken: ie im Gesetzentwurf geplante Abschaffung der Be- ichtspflicht für öffentliche Arbeitgeber ist aus zweierlei icht blanker Hohn. In der Begründung für diesen Punkt eißt es, die Erfragung der Bundesagentur für Arbeit ach der Zahl der beschäftigten Schwerbehinderten ürde keinen Anreiz für öffentliche Arbeitgeber darstel- en, schwerbehinderte Menschen einzustellen. Diese Be- ründung ist völlig inakzeptabel! Die Berichtspflicht ist or allem aus politischer Sicht sinnvoll, da sie ein wirk- ames Kontrollinstrument zur Beschäftigungssituation chwerbehinderter Menschen darstellt. Ich kann mir die- en Punkt im Gesetzentwurf, der im übrigen vollkom- en sachfremd ist und mit der Unterstützten Beschäfti- ung überhaupt nichts zu tun hat, nur als Teil einer olitischen Verhandlungsmasse vorstellen. Irgendwann m Verlauf der parlamentarischen Auseinandersetzung erden die Koalitionsfraktionen die Abschaffung der erichtspflicht streichen und sich gegenseitig auf die chultern klopfen. Der Rest des Gesetzentwurfes wird ann wahrscheinlich samt bestehenden Kritikpunkten bgesegnet. Ich fordere die Bundesregierung daher auf, ieses offensichtliche Störmanöver aus dem Entwurf zu treichen und die wirklich relevanten Unklarheiten anzu- ehen! Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär beim Bundes- inister für Arbeit und Soziales: Der Teilhabe am Ar- eitsleben kommt eine Schlüsselstellung zu. Denn an der rbeit hängen Existenzgrundlage, Identität, Selbstach- ung und Zugehörigkeitsgefühl. Arbeit und Kolleginnen nd Kollegen zu haben, das bedeutet dazuzugehören und as Leben in die eigene Hand nehmen zu können. Es be- eutet, aus eigener Kraft Unabhängigkeit und Selbst- tändigkeit zu erreichen. Diese Erwartung haben auch enschen mit Behinderungen. Allerdings stoßen sie auf em allgemeinen Arbeitsmarkt immer noch auf hohe ürden. Die Bundesregierung will ihnen dabei helfen, iese Hindernisse zu überwinden. Aus diesem Grund ühren wir mit der „Unterstützten Beschäftigung“ eine 19644 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) neue Fördermöglichkeit im Sozialgesetzbuch III ein. Sie soll behinderten Menschen mit einem besonderen Unter- stützungsbedarf bei der Integration in eine sozialversi- cherungspflichtige Beschäftigung helfen. Wen wollen wir mithilfe der Bundesagentur für Ar- beit fördern? Wir wollen Schulabgängerinnen und Schulabgänger aus Förderschulen den Übergang von der Schule in den Beruf erleichtern, und wir wollen denen, die im Laufe ihres Erwerbslebens behindert werden, den Wiedereinstieg erleichtern. Dabei konzentrieren wir die Unterstützung auf diejenigen, die in einer Berufsausbil- dung oder in berufsvorbereitenden Maßnahmen überfor- dert, in einer Werkstatt für behinderte Menschen aber unterfordert wären. Denn „Unterstützte Beschäftigung“ ist – und das ist wichtig – nachrangig zu berufsvorberei- tenden Maßnahmen und Berufsausbildungen. Wie sieht die Förderung aus? Dem genannten Perso- nenkreis wird künftig eine individuelle betriebliche Qua- lifizierung angeboten. Dabei handelt es sich um eine Re- habilitationsmaßnahme, die bis zu zwei Jahre, in Ausnahmefällen bis zu drei Jahre dauert. Während die- ser Zeit wird der Teilnehmer nach dem Prinzip „Erst platzieren, dann qualifizieren“ auf verschiedenen Quali- fizierungsplätzen direkt im Betrieb auf eine Beschäfti- gung vorbereitet. Dabei wird er von einem Jobcoach un- terstützt. Es geht nicht um ein reines Anlernen, sondern um eine umfassende Qualifizierung, orientiert an den individuellen Fähigkeiten, inklusive der Vermittlung von Schlüsselqualifikationen und berufsübergreifenden Kenntnissen. Wenn nach der Qualifizierung ein Arbeitsvertrag zu- stande kommt, dann kann der behinderte Mitarbeiter die Unterstützung des Jobcoaches bei Bedarf über die Be- rufsbegleitung weiter in Anspruch nehmen. Dafür wer- den in der Regel die Integrationsämter zuständig sein. Damit die Qualifikationsangebote auch einen ange- messenen Standard halten, formulieren wir im Gesetz klare Qualitätskriterien. Außerdem bekommen die zu- ständigen Leistungsträger die Vorgabe, eine gemeinsame Empfehlung zur Qualität in der „Unterstützten Beschäf- tigung“ zu erarbeiten. Die Einhaltung der Qualitätskrite- rien wird Voraussetzung dafür sein, dass ein Dienstleis- ter mit der Durchführung „Unterstützter Beschäftigung“ beauftragt werden kann. Mit diesen Regelungen schaffen wir die Grundlage dafür, dass „Unterstützte Beschäftigung“ künftig bun- desweit angeboten werden kann. Dadurch werden neue Chancen auf Teilhabe auf dem allgemeinen Arbeits- markt wachsen. Ich hoffe, dass der Ansatz der „Unterstützten Be- schäftigung“ auch auf andere Bereiche ausstrahlen wird. Denn Menschen mit Behinderungen haben ein Recht darauf, voll am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben – in der Schule, in der Ausbildung, in der Arbeitswelt. Dies ist möglich, wenn man die Unterstützung konse- quent individuell organisiert. Mit dem neuen Instrument der „Unterstützten Beschäftigung“ zeigen wir, wie eine individuelle Förderung funktionieren kann. Die Perspek- tive ist volle Teilhabe. Helfen Sie bitte mit Ihrer Zustim- m l A h l b m l U t s D m m G R v e t S B g w r L D R a K w P g tr d d K F s (C (D ung zu diesem Gesetz mit, dass diese Perspektive Rea- ität werden kann. nlage 18 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung von Vorschriften auf dem Gebiet des ökologi- schen Landbaus an die Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates vom 28. Juni 2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/ biologischen Erzeugnissen und zur Aufhe- bung der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 – Beschlussempfehlung und Bericht: For- schung für den ökologischen Landbau aus- bauen (Tagesordnungspunkt 23 a und 23 b) Marlene Mortler (CDU/CSU): Wir beschließen eute die Umsetzung von Änderungen der gemeinschaft- ichen Rahmenvorschriften für den ökologischen Land- au. Sie gelten ab dem 1. Januar 2009. Zwei Vorgaben achten dieses Gesetzesverfahren notwendig. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs egte uns einen Punkt zur Abarbeitung vor. Aufgrund des rteils musste das Niederlassungserfordernis für Kon- rollstellen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäi- chen Union im Öko-Landbaugesetz gestrichen werden. ie Änderung der EG-Öko-Basisverordnung wiederum achte eine weitere wichtige Änderung notwendig. So üssen Einrichtungen der Außer-Haus-Verpflegung, wie aststätten, Kantinen und Großküchen explizit in den egelungsbereich der Kontroll- und Kennzeichnungs- orschriften der erwähnten EG-Öko-Basisverordnung inbezogen werden. Vor dem Hintergrund des geänder- en Gemeinschaftsrechts erhalten wir ihnen damit den tatus quo. Die bereits erwähnte Änderung der EG-Öko- asisverordnung zog nach sich, dass die Straf- und Buß- eldvorschriften des Öko-Landbaugesetzes überarbeitet erden mussten. Der Bundesrat hatte uns in einer Stellungnahme Ände- ungswünsche zum Gesetzentwurf für die im zuständigen andwirtschaftsausschuss erfolgte Beratung mitgegeben. ie Wünsche hielten sich jedoch in weiten Teilen im ahmen des bestehenden Konzepts und waren teilweise uch nur technischer und redaktioneller Natur. Die oalition hat in ihrem Änderungsantrag zum Gesetzent- urf einige Punkte davon aufgenommen. Das sind die unkte: eingeschränkter Personenkreis bei der Auf- abenübertragung, ersatzweise Wahrnehmung der Kon- ollaufgaben nur durch andere Kontrollstellen, Ergänzung er Informationspflichten der Kontrollstellen, Ergänzung er Bußgeldvorschriften sowie redaktionell-technische larstellungen. Zudem haben wir in leicht veränderter assung aufgenommen, die aufschiebende Bedingung zu treichen, die das Wirksamwerden der Zulassung einer Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19645 (A) ) (B) ) Kontrollstelle an die darauffolgende Aufgabenübertra- gung durch die Länder knüpft. Dem konnte mit der Er- gänzung zugestimmt werden, dass Nebenbestimmungen bei der Zulassung von Öko-Kontrollstellen zusätzlich auch zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Kontroll- systems zulässig sind. Weitere Änderungsvorschläge konnten aus unter- schiedlichsten Gründen leider nicht berücksichtigt wer- den. So konnte wegen verfassungsrechtlicher Bedenken der Vorschlag zur Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern – Stichwort Mischverwaltung – nicht aufge- nommen werden. In meiner Rede zur Einbringung des Gesetzentwurfes erwähnte ich den positiven Wunsch des Bundesrates auf Erweiterung der Mitteilungspflichten der Importeure bei der Einfuhr von Öko-Produkten aus Drittländern. Hier mussten wir leider zur Kenntnis neh- men, dass dieses Verfahren dem geltenden Gemein- schaftsrecht widersprechen würde und auch WTO-recht- lich angreifbar wäre. Wir haben alles in allem den vom Bundesrat verfolg- ten Anliegen soweit wie möglich Rechnung getragen. Die Länder sind an einem rechtzeitigen Inkrafttreten des geänderten Öko-Landbaugesetzes zum 1. Januar 2009 sehr interessiert. Andernfalls droht wegen der zum 1. Januar 2009 geänderten Gemeinschaftsrechtslage er- hebliche Rechtsunsicherheit im Vollzug. Daher bin ich mir sicher, dass – auch wenn nicht allen Vorschlägen ge- folgt werden konnte – mit einer Zustimmung des Bun- desrates im zweiten Durchgang zu rechnen ist. Abschließend noch ein Wort zum Entschließungsan- trag der Grünen. Für mich sieht parlamentarische Eti- kette anders aus. Mein Standpunkt ist und bleibt, dass ich einem weiteren Bürokratieaufbau mittels eines neu zu schaffenden Beirates nicht zustimmen werde. Dass ich keine Vorurteile hege, kann ich auch als CSU-Vertre- terin mit einem Zitat von Friedrich Engels unterlegen, mit dem ich meine Rede beenden möchte: Niemand kann für eine Sache kämpfen, ohne sich Feinde zu schaffen. Gustav Herzog (SPD): Wir beraten heute in zweiter und dritter Lesung über ein neues Gesetz zur Anpassung der Vorschriften für den ökologischen Landbau. Damit passen wir das Gesetz an die umfangreich geänderte und zum 1. Januar 2009 in Kraft tretende EG-Öko-Basisver- ordnung an. Wie wir aus erster Lesung bereits wissen, betreffen die Änderungen insbesondere das europäische Kontrollsystem und die Kennzeichnung ökologisch er- zeugter Produkte. Kontrolle und Kennzeichnung der Au- ßer-Haus-Verpflegung müssen explizit einbezogen und daher angepasst werden. Auch dient die Vorlage der Umsetzung des anhängigen EuGH-Urteils zur Niederlas- sungspflicht von Kontrollstellen. Wie die gestrigen Ausschussberatungen gezeigt ha- ben, waren diese Punkte durchweg unstrittig, sodass wir den straffen Zeitplan des Verfahrens gut gehalten haben. Ich freue mich, dass uns die überfraktionelle Zusammen- arbeit unter den Berichterstattern so gut gelungen ist, dass wir das parlamentarische Verfahren jetzt planmäßig a v 2 T B e t S g m t u n i L g s a s a d v r L d b N z b d a t a S s s d b R M m f w t s K d d e b w r r s (C (D bschließen können. Die Zustimmung des Bundesrates orausgesetzt wird unser Gesetz pünktlich zum 1. Januar 009 in Kraft sein. Im Laufe der Beratungen kam immer deutlicher zu age, dass die Länder die Interpretationsspielräume der asisverordnung unterschiedlich nutzen. Die dadurch ntstehenden Differenzen bei der Umsetzung der Kon- rolle stellen nicht nur die Kontrollstellen vor Probleme. ie bedeuten auch unterschiedliche Wettbewerbsbedin- ungen für Unternehmen. Insbesondere für Unterneh- en und Kontrollstellen, die in mehreren Bundesländern ätig sind, wird es schwierig. Wettbewerbsverzerrungen nd bürokratische Reibungsverluste gilt es auch in ei- em föderalen System zu minimieren, und dazu möchte ch die Länder aufrufen. Die zur Harmonisierung der änderbestimmungen ins Leben gerufene Länderarbeits- emeinschaft Ökologischer Landbau – kurz LÖK – muss ich verbindlicher an ihre Beschlüsse halten. Ich erwarte uch, dass sie sich mit den Wirtschaftsbeteiligten kon- truktiv abstimmt, um die bestehenden Reibungspunkte bzubauen. Meine Gespräche mit Vertretern des Bundes, der Län- er, der Konferenz der Kontrollstellen und des Bundes- erbandes der Ökologischen Lebensmittelwirtschaft wa- en davon geprägt, dass wir vorerst untergesetzlich ösungen suchen. Sollte sich allerdings herausstellen, ass weiterhin Unterschiede zwischen Baden-Württem- erg und Bayern oder Mecklenburg-Vorpommern und iedersachsen herrschen, müssen wir über die Einset- ung eines Sachverständigenbeirates nachdenken. Ich in nicht begeistert über weitere Beiräte und Gremien, och sollte es notwendig werden, dann werden wir es uch tun. Wir werden die Entwicklung genau beobach- en, doch gehen wir vorerst davon aus, dass es den Ver- ntwortlichen gelingt, gleiche Bedingungen zu schaffen. chließlich handelt es sich auch hierbei um Effizienz- teigerungen, die es auszuschöpfen gilt, um den wach- enden Biomarkt von Hemmnissen zu befreien. Hans-Michael Goldmann (FDP): Wegen der geän- erten Rechtslage in der EU müssen wir das Ökoland- augesetz ändern. Ich hätte mir gewünscht, dass die egierung die Gelegenheit beim Schopfe packt, die ängel, über die seit über einem Jahr diskutiert wird, it dieser Novelle abzuräumen. Wir sind uns doch in diesem Hause alle einig, dass es ür eine erfolgreiche Zukunft der ökologischen Land- irtschaft unerlässlich ist, dass die Verbraucher Ver- rauen in die Qualität der Produkte haben. Gerade ange- ichts steigender Importe ist es wichtig, dass die ontrollen transparent und effektiv sind. Und doch fehlt em Gesetzentwurf gerade in diesem Punkt die notwen- ige Klarheit. Zwar sind einige Kritikpunkte des Bau- rnverbandes, des Bundesverbandes Ökologischer Land- au und der Vereinigung der Kontrollstellen aufgegriffen orden, doch insbesondere einige Vorschläge zur größe- en Effizienz der Kontrollen blieben unberücksichtigt. Die bisherige Rechtspraxis ist geprägt von Zersplitte- ung zwischen den einzelnen Bundesländern. Diese Zer- plitterung wirkt sich natürlich auf die Kontrollstellen und 19646 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) auf die auf die Ökobauern umgelegten Kosten aus. Des- wegen ist es dringend erforderlich, einen bundeseinheitli- chen Rahmen vorzugeben, um Wettbewerbsnachteile der deutschen Ökobauern gegenüber der europäischen Kon- kurrenz abzubauen. Derzeit haben wir Dreifachprüfungen durch unterschiedliche staatliche Stellen oder Institutio- nen, die staatlich überwacht werden. Selbstverständlich sind die Lebensmittel- und damit auch die Ökokontrollen Ländersache. Doch bei allem Bekenntnis zum deutschen Föderalismus dürfen die Ökokontrollen nicht in Klein- staaterei verharren. Die kostenträchtigen und zeitintensi- ven Doppel- und Dreifachprüfungen müssen endlich ein Ende haben. In diesem Punkt hätte der Gesetzentwurf dringend korrigiert werden müssen. Auch die Forderung nach einem nationalen Beirat für die Interpretation und Umsetzung der EU-Ökoverord- nung wurde von der Koalition leider nicht ernsthaft in Erwägung gezogen. Die Novelle sollte eigentlich das Ziel haben, die Überregulierung abzubauen, die Prüfqualität effizienter und damit die Kontrollen kostengünstiger und transpa- renter zu gestalten. Leider wird die Regierung trotz ein- zelner Verbesserung diesem Ziel nicht gerecht. Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Der deutsche Ökolandbau hat in der Vergangenheit oft Maßstäbe ge- setzt. Und das für ganz Europa. Dabei ist ein ansehnli- ches Regelwerk entstanden. An diesem haben sowohl die Pioniere des Ökolandbaus als auch kritische Verbrau- cherinnen und Verbraucher aktiv mitgewirkt. Im Jahr 2007 wurde dieses Regelwerk auf EU-Ebene als Verord- nung zum ökologischen Landbau novelliert. Jetzt müs- sen wir es in Deutschland umsetzen. Die Besonderheit hierzulande ist das aktive Engagement der Expertinnen und Experten aus dem ökologischen Landbau, das heute noch Ausdruck findet in der Organisation der vorwie- gend privatrechtlich bestimmten Ökokontrolle. Das Kontrollsystem für die Ökoprodukte hat sich über die Jahre bewährt. Die Verbraucherinnen und Verbraucher vertrauen dieser Kontrolle. Leider ist es nicht ganz ge- lungen, diese Expertise bei der Entwicklung des Ge- setzesentwurfs umfassend zu nutzen. Damit bleiben ei- nige Unzulänglichkeiten im Gesetzentwurf bestehen. Es sind vielleicht nur Details, aber sie würden im Ergebnis einiges erleichtern. Mit der Novelle der EU-Ökoverordnung ist eine staatli- che verantwortete Kontrolle zwingend. Da die Kontrolle aber im föderalen deutschen System zu den Länderaufga- ben gehört, kann das zu Abgrenzungsproblemen führen. Jedes Bundesland hat dann vielleicht seine eigene Rege- lung, was problematisch wäre. Auch die Errichtung ei- nes Sachverständigenrates beim Bundesamt für Land- wirtschaft und Ernährung, der die Kontrollverfahren bundesweit koordinieren könnte, wurde ausgeklammert. Trotzdem ist die Verabschiedung des Gesetzes wich- tig. Sonst würde die Bundesrepublik eine Fristverletzung bei der Umsetzung der EU-Ökoverordnung riskieren. Das könnte teuer werden. l p s V p e g i D s d i s r A d A w g i f d v r S G s S ß s T g Z s L d d b z b s b E u u o v F w I b i s D (C (D Der Ökolandbau spielt gerade in den neuen Bundes- ändern eine besonders starke Rolle. Mecklenburg-Vor- ommern und Brandenburg sind Spitzenreiter. Ökologi- che Landwirtschaft bietet aus Sicht der Linken große orteile. Die regionale Wertschöpfung und die Arbeits- latzbindung sind vergleichsweise hoch. Die Produktion rfolgt unter Schonung der natürlichen Ressourcen. Dafür brauchen wir verlässliche Rahmenbedingun- en, und deshalb stimmen wir dem Gesetzentwurf zu. Nun zum Antrag von Bündnis 90/Die Grünen: Nach hm soll die Forschung für den ökologischen Landbau in eutschland und Europa ausgebaut werden. Die Linke timmt auch diesem Antrag zu – allerdings bedauern wir, ass die Grünen mit dieser Forderung immer wieder nur hre eigene Klientel bedienen. Das macht sie nicht be- onders glaubwürdig, denn eigentlich muss die Forde- ung ganz klar lauten: Schluss mit dem Abbau der grarforschung, denn wir brauchen nicht weniger, son- ern deutlich mehr universitäre und außeruniversitäre grarforschung! Das gilt für den Ökolandbau genauso ie für die konventionelle Landwirtschaft. Deutschland hat als Agrarforschungsstandort eine roße Tradition und hat weltweit Maßstäbe gesetzt. Das st vorbei. Der Wissenschaftsrat hat die Krise der Agrar- orschung zutreffend beschrieben. Besonders in Ost- eutschland sind Forschungsstandorte geschlossen oder erkleinert worden. Auch der Agrarressortforschungsbe- eich hat seit 1996 einen massiven Stellenabbau und tandortschließungen zu verkraften, die unter Schwarz- elb beschlossen und von Rot-Grün nicht korrigiert, ondern umgesetzt wurden. Minister Seehofer hat den tellenabbau fortgeschrieben und die Liste der zu schlie- enden Standorte verlängert. Die Entwicklungen in der ökologischen Landwirt- chaft sind völlig konträr zu den gesellschaftlichen rends. Die Bedeutung von Bio-Supermärkten und ökolo- ischen Produkten in Discountern wächst kontinuierlich. weistellige prozentuale Steigerungsraten im Verbrauch, o viel wie in keinem anderen Produktionsbereich der andwirtschaft, skizzieren viel Potenzial. Leider kommt ie einheimische Erzeugerseite nicht nach. Hier müssen ringend Impulse gesetzt werden. Dazu gehört der Aus- au der Forschung. Institute und Projekte, die sich expli- it mit Fragestellungen der ökologischen Landwirtschaft eschäftigen, sind noch rar gesät. Im Vergleich zu For- chungsmitteln, die für die Agro-Gentechnik ausgege- en werden, ist die Ökolandbauforschung ungenügend. ine Umschichtung ist dringend nötig. Dabei gibt es viele Fragestellungen, die Betriebsleiter nd Berater auf den Biobetrieben bewegen. In der Tier- nd besonders in der Pflanzenzucht, in der Landtechnik der im betrieblichen Management gibt es eine Vielzahl on speziellen Fragen aus Sicht des Ökolandbaus an die orschung. Doch diese werden zumeist gar nicht oder enn, dann nur mit den begrenzten Mitteln des Thünen- nstituts oder der wenigen anderen Einrichtungen bear- eitet. Hinzu kommt, dass Drittmittelforschung auch nur n geringem Umfang geleistet werden kann. Das ge- amte wirtschaftliche Umfeld ist einfach noch zu klein. er Staat ist hier in der Pflicht. Neben einer kontinuierli- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19647 (A) ) (B) ) chen und nachhaltigen Erhöhung der Mittelausstattung auf Bundesebene gehört auch das Engagement auf euro- päischer Ebene dazu. In anderen Bereichen der For- schung ist europäischen Forschungsplattformen dieses bereits gelungen. Warum sollte das nicht auch für den Ökolandbau klappen? Zumal die Entwicklung der ver- gangenen Jahre zeigt, dass in ganz Europa das Interesse an Produkten der Ökolandwirtschaft wächst und eine zu- nehmende Anzahl von Menschen die Vorteile des Bio- landbaus für Umwelt, Gesundheit und Natur erkennt. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Zahlen sind bekannt. Seit Jahren hat die Biobranche zweistellige Zuwachsraten im Handel. Leider hat sich je- doch seit der schwarz-roten Regierungsübernahme der Wertschöpfungszuwachs im Bereich der ökologischen Lebensmittelproduktion aus Deutschland nahezu verab- schiedet. Die Abwehr des Ökolandbaus scheint immer noch eine der großen ideologischen Bastionen der Union zu sein. In diesen Zusammenhang passt auch die Auslassung des Kollegen Bleser, dass Hunderte Millionen Menschen verhungern müssten, wenn wir die weltweite Ackerflä- che nur ökologisch bebauen würden. Aber ich gehe da- von aus, dass auch Sie, lieber Herr Kollege, mittlerweile einen Blick in den Weltagrarbericht geworfen haben bzw. über die Ergebnisse der FAO-Tagung zum Öko- landbau informiert wurden. Beide bescheinigen nämlich einer ökologischen, nachhaltigen Landwirtschaft in bäu- erlichen Strukturen höchste Lösungskompetenz in Be- zug auf die Welternährungskrise und auch den Klima- schutz. Die Stärkung des Ökolandbaus erfordert erstens eine deutliche Anhebung der Umstellungs- und Beibehal- tungsprämien sowie die Wiedereinführung des Förder- tatbestandes „Ökologischer Landbau“ bei den Agrarin- vestitionen, der einen um 10 Prozentpunkte erhöhten Fördersatz von 35 Prozent ermöglicht. Sie erfordert zweitens eine Überarbeitung des von der Regierung hier vorgelegten Ökolandbaugesetzes. Vor allem die unein- heitliche Interpretation und Umsetzung der EU-Ökover- ordnung durch die einzelnen Bundesländer führen bei Unternehmen und Kontrollstellen zu enormen Wettbe- werbsverzerrungen und zusätzlichen Kosten. Exemplarisch zu nennen sind hier unterschiedliche Auslegungen bei der Etikettierung von Ökolebensmit- teln, der Vergabe von Ausnahmegenehmigungen oder der Verwendung von Aromen. Dieses Problem könnte durch die Schaffung eines nationalen Beirats für die In- terpretation und Umsetzung der EU-Ökoverordnung ge- löst werden. Dieses beratende Gremium sollte paritä- tisch mit Vertretern der Biobranche, der Kontrollstellen, der Wissenschaft, des Bundesministeriums für Ernäh- rung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, der Bun- desanstalt für Landwirtschaft und Ernährung sowie der Länder besetzt werden. Versäumt wurde es im Gesetzesentwurf auch, Klar- heit über die Rolle und Aufgaben der Kontrollstellen so- wie die Rechte und Pflichten der Unternehmen im Rah- m n d d W A g A w b A H z l d d s z ö s A w r h A K c s c f S m n f D i i E s t (C (D en der Kontrolle zu schaffen. Hier muss noch einmal achgearbeitet werden. Dabei muss erläutert werden, ass die Kontrollpflicht auch für alle Unternehmen gilt, ie lose Ware oder selbst abgepackte und etikettierte are anbieten. Möglichkeiten zur Flexibilisierung von rt und Umfang der Kontrolle sollten bundeseinheitlich eregelt werden. Eine Stärkung des Ökolandbaus erfordert drittens den usbau der Forschung in diesem Bereich. Dazu fordern ir die Umwandlung des Bundesprogramms Ökoland- au in ein permanentes Forschungsprogramm und den usbau des Instituts für Ökolandbau des Johann- einrich-von-Thünen-Instituts sowie vermehrte interdis- iplinäre, querschnittsorientierte Forschung zum Öko- andbau auch an anderen Instituten. Gleichzeitig muss as Forschungsbudget für den ökologischen Landbau eutlich erhöht und auf bisher nahezu unbearbeitete For- chungsfelder wie die ökologische Pflanzen- und Tier- ucht, die ökologische Tier- und Pflanzenernährung, den kologischen Weinbau und den biologischen Pflanzen- chutz ausgeweitet werden. nlage 19 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: – zu der Verordnung der Bundesregierung: Verordnung zur Vereinfachung des Deponie- rechts – zu dem Antrag: Grenzwerte bei Müllver- brennungsanlagen dem technischen Fort- schritt anpassen und deutlich absenken (Tagesordnungspunkt 29) Michael Brand (CDU/CSU): Der vorliegende Ent- urf einer Verordnung zur Vereinfachung des Deponie- echts ist vom Ansatz her richtig und insgesamt auch andwerklich solide umgesetzt. Den Fachleuten aus der dministration in Bund und Ländern sowie aus den ommunen und der Wirtschaft ist zu danken für den rei- hen inhaltlichen Input in dieser für Nichtfachleute nur chwer zu durchdringenden, sehr technischen Materie. Dass die Konsolidierung der auf viele unterschiedli- he Stellen verstreuten Vorschriften auch eine Überprü- ung auf Notwendigkeiten sowie Möglichkeiten zur traffung umfasst hat, ist zu begrüßen. Nach dem Lob muss jedoch ein Aber und eine gut ge- einte Warnung folgen. Es darf durch die Neuregelung icht zu einer Aufweichung des durch TA Siedlungsab- all und Abfallablagerungsverordnung niedergelegten eponierungsverbotes für nicht vorbehandelte und somit nerte Abfälle kommen. Aus eigener Anschauung weiß ch sehr wohl, dass es sehr gute Gründe geben kann, im inzelfall mit Zwischenlagerungsmöglichkeiten Engpäs- en in der Entsorgung zu begegnen und Übergangsfris- en einzuräumen. 19648 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) Insgesamt jedoch muss es dabei bleiben: Die Prinzi- pien und die Hierarchie der Kreislaufwirtschaft müssen bestehen bleiben, und da rangiert vor der Deponierung ganz klar die Verwertung. Bundesregierung und Bundes- rat sind dazu aufgerufen, diese Hierarchie als einen zen- tralen Pfeiler unserer Kreislauf- und Stoffstromwirt- schaft nicht aus dem Gleichgewicht zu heben und Übergangsfristen zu definieren, die nicht zu einer Wie- dereröffnung von Deponien alter Prägung führen dürfen. Dass die vorliegende Verordnung die entsprechend zu integrierenden EU-Regelungen, hier die EG-Deponie- richtlinie, in einem 1:1-Verhältnis angeglichen und dabei auch vereinfacht hat, ist zu begrüßen und entspricht der deutschen Position gegenüber europäischer Regulierung. Dass wir dabei manche bereits implementierte deutsche Qualitätslösung beibehalten, ist dann umso mehr zu be- grüßen, wenn der drohende Flickenteppich von lokalen und regionalen Ausnahmen nach dem Prinzip „Lässt du mir meine Deponie, lass’ ich dir deine Deponie“ nicht Platz greift, sondern ein insgesamt verantwortbares Re- gime mit bundesweiter Gültigkeit im Bereich der Depo- nierung durchgesetzt wird. Es muss Gültigkeit behalten, was hier im Deutschen Bundestag übergreifend Konsens ist: Moderne Deponien müssen nach dem geltenden Stand der Technik ausgelegt sein, um Risiken für Um- welt und Mensch zu minimieren. Dass die Länder hier unterschiedliche Interessenlagen haben, ist klar und nachvollziehbar. Dennoch befürwor- ten wir als CDU/CSU klare Regelungen, die Grundwas- ser und Klima schützen, die Verbraucher und Wirtschaft bei Abgaben nicht über Gebühr belasten und die den Ländern und Kommunen deren Aufgaben nicht unnötig erschwerten. Da wir nach dieser ersten Lesung durchaus mit einer veränderten Verordnung rechnen, in der sich trotz Vorab- stimmung die Interessen der Bundesländer niederschla- gen werden, will ich abschließend für die CDU/CSU nochmals feststellen: Die vorliegende Verordnung ist Er- gebnis insgesamt guter Umsetzung eines lange und in- tensiv von der Fachebene vorbereiteten Ansatzes zur Entbürokratisierung einer wichtigen Umweltvorschrift. Dass wir dabei für die Einhaltung hoher und explizit ge- gen ein Dumping in Bezug auf Grundregeln unserer Um- weltpolitik – Stichwort: Übergangsfrist statt Langzeitla- ger – eintreten, trifft auf die Unterstützung der Mehrheit der Beobachter. Die CDU/CSU erteilt insgesamt diesem guten Ansatz mit ihrer Zustimmung in der ersten Lesung eine gute Note und blickt mit guter Erwartung auf die Ergebnisse der zwischenzeitlichen Beratungen vor der zweiten Le- sung hier im Deutschen Bundestag. Gerd Bollmann (SPD): Seit dem 1. Juni 2005 gilt in Deutschland das Deponierungsverbot für unbehandelten Abfall. Seitdem dürfen nur noch vorbehandelte, biolo- gisch inaktive Abfälle abgelagert werden. Das Ziel der SPD und der Bundesregierung ist die möglichst vollstän- dige Verwertung von Siedlungsabfällen bis zum Jahre 2020. Um es klarzustellen: Mit der jetzt besprochenen Verordnung zur Vereinfachung des Deponierechts wird d A p u v s D B d r z i r z D G B z E g g n M u K g m d u l z e R n R w f w d U d z v s d P l V r r n k E b e (C (D aran nichts geändert. Ab 2020 soll möglichst wenig bfall – sprich: nur noch vorbehandelter Restmüll – de- oniert werden. Es bleibt beim Deponierungsverbot für nbehandelten Abfall, es bleibt bei genauen Kontrollen. Es gibt aber bestehende Deponien. Es gibt die Reste on behandelten Abfällen, die abgelagert werden müs- en. Für bestehende Deponien bedarf es Regelungen. as gleiche gilt für die Annahme von Abfällen. Diese estimmungen sind bisher in der Deponieverordnung, er Deponieverwertungsverordnung und der Ablage- ungsverordnung geregelt. Darüber hinaus wurden Ein- elheiten bei der Beschreibung der Beseitigungstechnik n drei Verwaltungsvorschriften aus den 90er-Jahren ge- egelt. Diese äußerst knappe Darstellung des Deponierechts eigt, wie zersplittert das Recht in diesem Bereich ist. iese Zersplitterung führt zu zusätzlicher Bürokratie. leichzeitig ist das Regelwerk in Teilen veraltet. Der undesrat hat bereits 2002, anlässlich der Zustimmung ur Deponieverordnung, die Bundesregierung in einer ntschließung gebeten, das Deponierecht in einer inte- rierten Verordnung zusammenzufassen. Die Bundesre- ierung ist dieser Bitte mit dem vorliegenden Entwurf achgekommen. Der Verordnungsentwurf wurde in den vergangenen onaten mit den Beteiligten der Länder, der Kommunen nd der Wirtschaft intensiv beraten. Nach meinem enntnisstand wird der Entwurf von allen Seiten be- rüßt. Grundsätzlich gibt es meines Wissens Zustim- ung von allen Seiten. Damit kommen wir zu dem Ziel der heute vorliegen- en Verordnung. Die bisher gültigen drei Verordnungen nd drei technischen Anleitungen werden in einer Rege- ung, der sogenannten integrierten Deponieverordnung, usammengefasst. Ziel ist es, das Deponierecht zu ver- inheitlichen, Doppelbestimmungen aufzuheben und egelungen zusammenzufassen. Gleichzeitig werden och notwendige Anpassungen an das europäische echt vorgenommen. Keineswegs sinken aber die Um- eltstandards. Die neue Deponieverordnung setzt die auch im Ab- allrecht begonnene Entbürokratisierung fort. Die An- endung soll gleichzeitig einfacher und flexibler wer- en. Dabei soll die Flexibilisierung nicht zulasten der mwelt gehen. Vielmehr werden starre Regelungen urch Eckwerte da ersetzt, wo es möglich ist. So werden um Beispiel Eckwerte für Abdichtungskomponenten orgegeben. Diese Eckwerte stellen sicher, dass keine chädlichen Stoffe in die Umwelt und insbesondere in as Grundwasser gelangen. Gleichzeitig werden aber lanern und Bauherren Freiräume eingeräumt, die es er- auben, die für den jeweiligen Standort beste technische ariante einzusetzen. Flexible Regelungen an Stelle star- er Vorgaben, das ist Bestandteil eines modernen, unbü- okratischen Rechts. Das Vorschreiben bestimmter Tech- iken ist nicht nur starr, sondern in manchen Fällen auch ontraproduktiv. Am Standort A wird zum Beispiel das insickern von Schadstoffen in das Grundwasser am esten durch Technik B erreicht, während am Standort B in Einsatz einer anderen Technik sinnvoller ist. Durch Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19649 (A) ) (B) ) die vorgesehene Flexibilisierung wird auch die Erfüllung geltender Umweltstandards erleichtert. Natürlich dient die Vereinfachung des Deponierechts auch der Kostensenkung. Durch Flexibilisierung beim Einsatz technischer Lösungen, Anpassung an örtliche Gegebenheiten und Abbau von bürokratischen Doppel- bestimmungen, wird die Chance eröffnet, Kosten zu sen- ken. Circa 570 000 Euro Bürokratiekosten könnten ge- genüber heute eingespart werden. Dies darf jedoch nicht zulasten von Mensch und Umwelt gehen. Ich bin über- zeugt, dass die Verordnung zur Vereinfachung des Depo- nierechts diesen Spagat schafft. Bei aller Vereinfachung wird der einmal ereichte na- tionale Deponiestandard nicht verschlechtert. Im Gegen- teil: Eine moderne Entsorgungswirtschaft benötigt auch heute noch Deponien. Es bleibt unser Ziel, Abfall wei- testgehend zu vermeiden und zu verwerten. Der letzte Rest muss jedoch sicher deponiert werden. Dafür benöti- gen wir modernste Deponien, die dem Stand der Technik entsprechen. Meiner Meinung nach wird die hier vorge- schlagene Verordnung dem gerecht. Ich will Sie nicht mit den Einzelheiten der Deponie- verordnung quälen. Ich bin auch nicht Fachmann genug, um spezielle technische Regelungen zu bewerten. Ich gehe aber davon aus, dass die Fachleute im Ministerium und den Bundesländern gerade in diesen Fällen eng zu- sammen gearbeitet haben. Sollten aus dem Bundesrat gemeinsame Änderungen vorgebracht werden, welche nichts Grundsätzliches be- treffen, sondern Einzelregelungen verbessern, sehe ich darin keine Probleme. Aus all den genannten Gründen bitte ich Sie, der Ver- ordnung zur Vereinfachung der Deponieverordnung zu- zustimmen. Lassen Sie mich aber noch ein Wort zum Vollzug und zur Überprüfung sagen. Wenn wir heute die Deponiever- ordnung verabschieden, werden viele Bürger in erster Linie an die Skandale in ostdeutschen Ton- und Kiesgru- ben denken. Die Müllentsorgung in Ton- und Kiesgru- ben war, ist und bleibt illegal. Ich kann hier, wie schon mehrmals, die Bundesländer nur auffordern, bestehende gesetzliche Regelungen zu kontrollieren. Ohne Kon- trolle hilft das schärfste Gesetz nicht. Gerade im Um- weltbereich darf Personalabbau in Behörden nicht zu ei- ner löchrigen Überwachung führen. Deshalb fordere ich die Bundesländer auf, ihre Vollzugsaufgaben gewissen- haft durchzuführen. Ich bin aber auch für jeden Ände- rungsvorschlag, der zur Verbesserung führt, offen. Grundsätzlich offen und positiv stehen wir Sozialde- mokraten auch dem Ziel gegenüber, die Grenzwerte von Müllverbrennungsanlagen zu senken. Die Grenzwerte müssen dem Stand der Technik entsprechen. Einen Schnellschuss auf nationaler Ebene halte ich jedoch im Moment für wenig sinnvoll. Auf EU-Ebene wird zurzeit über die „Richtlinie über Industrieemissionen“ verhan- delt. Die Abfallrahmenrichtlinie muss demnächst in deutsches Recht umgesetzt werden. Beide Regelwerke betreffen auch MVAs und deren Emissionen. Wir Sozial- demokraten werden uns bei der Umsetzung für schärfere G d w r w n P M V r A l t n n D A k D B u m s d n u V v l g l a s z r s u a d b V K l t o B s E o (C (D renzwerte und eine optimale Anpassung an den Stand er Technik einsetzen. Horst Meierhofer (FDP): Stinkende Müllberge so- eit das Auge reicht – dieses Bild gehört zumindest theo- etisch der Vergangenheit an. Dass es in der Entsorgungsbranche trotzdem immer ieder schwarze Schafe gibt, will ich an dieser Stelle icht verschweigen. Erst kürzlich konnte man in der resse lesen, dass nach wie vor hunderttausende Tonnen üll jedes Jahr auf illegalen Müllkippen und nicht in der erwertung landen. Doch die Betonung liegt auf „illegal“. Unser Abfall- echt hat sich in den letzten Jahren von einem Recht der bfallbeseitigung zu einem Recht der Abfall- und Kreis- aufwirtschaft fortentwickelt. Zwar kommt eine nachhal- ige Entsorgungswirtschaft auch heute nicht ohne Depo- ien aus. Doch seit 2005 ist Schluss mit der Ablagerung icht vorbehandelter Abfälle – und das ist gut so. Das eponieverbot ist ein wichtiger Schritt weg von einem nhäufen von Altlasten zulasten der Umwelt und der zu- ünftigen Generationen. Deshalb möchte ich auch hier noch einmal betonen: ie rechtlichen Rahmenbedingungen für das Errichten, etreiben und Stilllegen von Deponien müssen immer nd ausnahmslos modernsten Standards genügen. Daran uss sich Gesetzgebung in diesem Bereich nach Auffas- ung der FDP-Bundestagsfraktion messen lassen und ies muss auch für die Deponievereinfachungsverord- ung gelten. Wir glauben, dass dies hier gelungen ist, nd werden der Verordnung deshalb zustimmen. Wozu die Deponievereinfachungsverordnung? Die erordnung will das Deponierecht vor allem kürzen, ereinfachen und zusammenfassen. Anforderungen sol- en entflochten, und Freiräume dort, wo es möglich ist, eschaffen werden. Diesen Ansatz des Bürokratieabbaus und der Deregu- ierung begrüßen wir. Für uns bietet die Beschränkung uf die Vorgabe von Zielen eine Chance, über den Ein- atz der jeweils besten Technik individuell entscheiden u können. Wir wissen aber auch: Je weniger der Bund egelt, desto mehr muss von den Behörden vor Ort ent- chieden werden und das geht oft nicht ohne Gutachten nd Fachdiskussionen, sprich: Es bedarf Personal, das uch die notwendige Fachkenntnis hat. Ich möchte an ieser Stelle aber auch betonen: Den Ländern ist es un- enommen, dort, wo es sinnvoll ist, sich auf einheitliche orgaben im Vollzug zu verständigen. Letztendlich einverstanden sind wir auch mit der larstellung, wann eine Deponie aus der Nachsorge ent- assen werden darf. Sich hier nicht nur an den Konzen- rationswerten, sondern auch an der Schadstofffracht zu rientieren, ist durchaus sinnvoll. Zum Antrag der Grünen: Natürlich ist auch die FDP- undestagsfraktion für eine möglichst niedrige Schad- toffbelastung durch Müllverbrennungsanlagen. Aber: ntweder Sie betreiben jetzt inhaltsleere Ökosymbolik der Sie haben in der Zeit Ihrer Regierungsverantwor- 19650 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) tung Ihre Hausaufgaben nicht gemacht! Erst „hü“ und in der Opposition dann „hott“ schreien, ganz so wie man es gerade brauchen kann, ist unglaubwürdig! Und nicht anderes machen Sie, wenn Sie jetzt eine Änderung der Schadstoffstandards fordern. Während der damalige Umweltminister Trittin noch 2005 sagte, die Abfallwirtschaft habe in den vergangenen 15 Jahren ei- nen großen Beitrag dazu geleistet, die Belastungen der Umwelt und der Gesundheit der Bürger zu verringern und dies liege auch an den scharfen Standards der 17. Bundesimmissionsschutzverordnung, sollen die gül- tigen Grenzwerte eben dieser Verordnung nach dem jet- zigen Antrag als seit Jahren unverändert und veraltet an- zusehen sein. Ja was denn nun? Und wenn das so ist, warum haben Sie unter Rot-Grün nichts daran geändert? Hinzu kommt: Die Einführung dynamischer Grenz- werte. Das ist aus unserer Sicht mit dem Bestandsschutz nicht vereinbar. Was geschieht mit dringend nötigen In- vestitionen, wenn der Bestandsschutz fehlt? Wie lange kann sich dann ein Anlagenbetreiber auf die erteilte Ge- nehmigung einer modernen Anlage verlassen? Wir lehnen diesen Antrag daher ab! Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Das zentrale Element des Verordnungsentwurfs ist die Integration der Deponieverwertungsverordnung und der Abfallablage- rungsverordnung in die Deponieverordnung. Wir begrü- ßen diese Zusammenführung. Das vereinfacht sicher das Verständnis der Materie und den praktischen Umgang in der Sache, gerade das Abfallrecht ist ja äußerst kompli- ziert. Zu prüfen wäre nun, ob bei der Vereinfachung des Deponie-Regelwerkes Umweltstandards gesenkt bzw. Beteiligungs- und Informationsrechte unzulässig einge- schränkt werden. Dies können wir noch nicht abschlie- ßend beurteilen. Darum enthalten wir uns bei der Ab- stimmung. Der Antrag der Grünen fordert niedrigere Grenzwerte für Müllverbrennungsanlagen. Diese Grenzwerte sind – obwohl sich die Technik rasant weiterentwickelt hat und moderne Anlagen nur ein Bruchteil der geltenden Grenzwerte emittieren – seit Jahren unverändert. Mo- mentan drohen Anlagen sogar wieder auf den Emis- sionsstand der 80er-Jahre zurückzufallen. Denn viele ha- ben ihre Kapazitäten schrittweise erheblich ausgeweitet, ohne entsprechende Filter nachzurüsten. Zudem werden neue Anlagen gebaut, die von vorn- herein einen höheren Schadstoffausstoß haben. Obwohl hier die Problematik der so genannten Ersatzbrennstoff- kraftwerke (EBS-Kraftwerke) im Antrag nicht explizit angesprochen wird, geht es wohl dabei vor allem um diese. Es sind Müllverbrennungsanlagen, die Strom, und zum Teil auch Wärme produzieren. Sie werden im Un- terschied zu klassischen Müllverbrennungsanlagen mit dem Ziel gebaut, Energie zu liefern. Dabei stört aber je- der Filter. Denn dieser senkt den Wirkungsgrad. Die Änderung der 17. BImSchV, wie sie die Grünen vorschlagen, würde also auch sie betreffen. Die Betrei- b d u h K k S d n N Q d d 8 e l n d m G u B V K s g M P r r B B t t e D d g b P J s s B r l h d a v s s w b A (C (D er könnten nicht mehr bis „Oberkante Unterlippe“ an ie heutigen Grenzwerte fahren, um Filter einzusparen nd somit den Wirkungsgrad des Kraftwerksteils zu er- öhen. Das unterstützen wir. Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass die ritik an EBS-Kraftwerken nicht nur von der Linken ommt. Auch das Umweltbundesamt sieht dies ähnlich. o hat der UBA-Abfallexperte Markus Gleis in der Süd- eutschen Zeitung erklärt, in klassischen Müllverbren- ungsanlagen lägen die Dioxinemissionen am Rande der achweisgrenze. Sehr niedrige Werte würden auch für uecksilber, Arsen und Kadmium gelten. Ferner seien ie deutschen Grenzwerte für Schadstoffe in der Abluft ie strengsten weltweit und würden dennoch meist um 0 Prozent unterschritten. Aufwendige Filtermethoden ntfernten alles aus dem Rauchgas, was technisch mög- ich sei. Die neuen Ersatzbrennstoffkraftwerke hingegen utzten die gesetzlichen Grenzwerte viel stärker aus als ie klassischen Müllverbrennungsanlagen. Der Grund: inderwertige Filter für diese Anlagen. So würden die renzwerte für Schadstoffe deutlich geringer als bisher nterschritten. Aber genau dies rechnet sich. Michael raungart von der Uni Lüneburg hat ermittelt, dass die erbrennung einer Tonne Müll in den besten Anlagen osten von bis zu 400 Euro verursacht, bei vielen Er- atzbrennstoffkraftwerken hingegen nur 50 Euro. Braun- art wortwörtlich: „Viele Emissionswerte sind um ein ehrfaches höher als bei den bestehenden Anlagen, die rofite dafür umso größer“. Ich frage mich nun, was macht eigentlich die Bundes- egierung? Sie sollte die Augen aufmachen und auch be- ücksichtigen, dass der Boom bei der Planung und beim au sogenannter Ersatzbrennstoffkraftwerke unzählige ürgerinitiativen auf den Plan gerufen hat. Industrieun- ernehmen wie Holzverarbeitungs- und Papierverarbei- ungsbetriebe bauen Heizkraftwerke, die angeblich mit igenen Produktionsabfällen beschickt werden sollen. och die meisten dieser Anlagen sind vollkommen über- imensioniert. Sie werden nicht im Entferntesten mit ei- enen Abfällen gefüttert werden können. In Branden- urg etwa sind Anlagen in Betrieb, im Bau oder in lanung mit einer Gesamtkapazität von drei Millionen ahrestonnen. Das ist das Sechsfache dessen, was tat- ächlich an Ersatzbrennstoffen im Land anfällt. Hier teht ein gigantischer Mülltourismus bevor, nicht nur in randenburg. Und die jüngst liberalisierte EU-Abfall- ahmenrichtlinie wird diesen Mülltourismus noch er- eichtern. Vielleicht kann die Senkung der Emissionsgrenzwerte ier dämpfend wirken, deshalb stimmen wir dem Antrag er Grünen zu. Für eine grundlegende Lösung bedarf es ber unserer Meinung nach einer koordinierten Planung on EBS-Kapazitäten. Leider lehnt die Bundesregierung o etwas oder entsprechende Bedarfsnachweise grund- ätzlich ab. Sie setzt hier allein auf den Markt. Auch hier erden dies die Bürgerinnen und Bürger zu bezahlen ha- en. Diesmal mit ihrer Gesundheit. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): uch der heutige Tag steht unter dem Eindruck der Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19651 (A) ) (B) ) Finanzmarktkrise, und da am Freitag über das Rettungs- paket von unvorstellbaren 470 Milliarden Euro beraten und entschieden wird, war auch keine Zeit, sich am Mitt- woch im zuständigen Fachausschuss mit Beratungen zu der hier abzustimmenden Deponie-Vereinfachungsver- ordnung zu befassen. Die hier vorgelegte Rechtsverord- nung geht weiter in den Bundesrat, der angesichts der zu erwartenden 200 Änderungsanträge zum Thema bereits einen Unterausschuss beschlossen hat, der am 4. No- vember tagt. Grund für die Änderungsanträge sind die länderspezifischen Interessen der Abfallentsorger. Schließlich werden auch die Genehmigungen für die Er- richtung und den Betrieb der Deponien in den einzelnen Kommunen erteilt. Ich befürchte, dass die hier zur Debatte stehende Neu- regelung ebenso korruptionsanfällig ist wie das bereits geltende, verworrene Deponierecht. Für die Umsetzung ist es gut, dass die drei bestehenden Regelwerke Depo- nieverordnung, Abfallablagerungsverordnung, Deponie- verwertungsverordnung und die drei Verwaltungsvor- schriften jetzt zusammengefasst werden. Wie schwer die Anwendung des geltenden Rechts ist, zeigt folgendes Beispiel: Derzeit werden aus Kostenersparnisgründen ei- nige schadstoffhaltige Abfälle nach Immobilisierung auf Hausmülldeponien abgelagert, die eigentlich in Unterta- gedeponien oder in den Bergversatz gehören. Dies sollte nach geltendem Recht nicht möglich sein, faktisch ist es aber nach Information der Entsorgungsbranche so und teilweise wurden Spielräume durch die Genehmigung der zuständigen Behörde vor Ort erst geschaffen. Die Entsorger, die sich an geltende Vorschriften halten, ver- lieren dadurch Aufträge, da sie höhere Preise ansetzen müssen. Den Behörden vor Ort ist die Überwachung ein Stück weit überlassen. Geht es um die Sauberkeit im Sport, gibt es weniger Scheu vor Probenahmen, Labor- untersuchungen und Einlagerungsnotwendigkeiten. Und auch hier zeigt sich, dass Nachuntersuchungen zur Über- führung von Betrügern und Falsch-Deklarationen not- wendig sind. Auch die zu erbringenden Sicherheitsleistungen (§ 18) stehen im Ermessen der Behörden. Damit werden sie Verhandlungssache zwischen der Genehmigungsbe- hörde und dem Betreiber. Die Erfahrung zeigt, dass mit den durch die Behörde ermöglichten Befreiungen – wie auch hier bei Langzeitlagern vorgesehen – die Kosten für die Beseitigung entstandener Umweltgefahren wie- der beim Steuerzahler hängen bleiben. Insofern fordern die Grünen die ersatzlose Streichung von § 25 der Depo- nie-Verordnung, die Langzeitlager von Regelungen und von Überprüfungen durch Sachverständige befreit. Drin- gend reformbedürftig ist in diesem Zusammenhang auch der § 61 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes, der eine Höchstgrenze von 50 000 Euro für Bußgelder festlegt. Angesicht der Gewinnmargen illegaler Betrei- ber und der Millonenkosten für die nachträgliche Sanie- rung ist das lächerlich. Die Inhalte des neuen Deponierechts sollen später in das UGB integriert werden. Es ist nur zu hoffen, dass sich die Koalition den grünen Argumenten anschließt, im Umweltgesetzbuch auch das Bergrecht mit aufzuneh- men. Die hier vollzogene Umsetzung der EU-Richtlinie ü g l s g d B r u n s ü V z r n w g m p k f A G l n E t L c d h i r n B s E f L z r l a (C (D ber die „Bewirtschaftung von Abfällen aus der mineral- ewinnenden Industrie für nicht dem Bergrecht unterfal- ende Betriebe“ ist wieder nicht für die Zusammenfas- ung aller Ablagerungsstätten unter Umweltrecht enutzt worden. 1 600 Gewinnungsbetriebe und damit ie Mehrheit der aktiven Betriebe fallen weiterhin unter ergrecht. Abfallbewirtschaftungspläne werden jetzt für Ab- aumdeponien zur Pflicht. Das ist auch zur geordneten nd effizienten Beschickung dieser Deponien höchst otwendig. Eine weitergehende Dokumentationspflicht cheint mir allerdings auch bei den übrigen Deponien berfällig. Unzureichenden Kontrollen wurden in der ergangenheit zu Missbrauch und Betrug genutzt – das eigen immer neue Enthüllungen illegaler Müllablage- ungen in Kies- und Tongruben, die zum Teil als Depo- ien sogar zugelassen waren. Dieser Problembereich urde in der Verordnung der Bundesregierung nicht auf- egriffen. Vielmehr besteht Anlass zu der Sorge, dass it Vereinfachungen der Berichts- und Dokumentations- flichten die Situation bei der Abfallendlagerung noch ritischer wird. Daher lehnen die Grünen die Verordnung zur Verein- achung des Deponierechts in der vorgelegten Form ab. nlage 20 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Veröffentlichung von Informationen über die Zahlung von Mitteln aus den Europäischen Fonds für Landwirtschaft und Fischerei (Agrar- und Fischereifonds-Informationen-Ge- setz – AFIG) (Tagesordnungspunkt 31) Marlene Mortler (CDU/CSU): Das uns vorliegende esetz setzt eine EU-Verordnung um, die die Veröffent- ichungspflicht vorsieht. Die Mitgliedstaaten müssen da- ach jedes Jahr nachträglich Informationen über die mpfänger von Mitteln aus dem Europäischen Garan- iefonds für die Landwirtschaft, dem Europäischen andwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländli- hen Raumes und dem Europäischen Fischereifonds und ie Beträge, die jeder Empfänger aus diesem Fonds er- alten hat, im Internet veröffentlichen. Fakt ist – ob wirklich sinnvoll oder nicht: Transparenz st richtig und wichtig. Aber die Finanzkrise zeigt: Ge- ade dort, wo sie bitter nötig gewesen wäre – auf den Fi- anzmärkten – herrscht bis heute Intransparenz. Die etroffenen fragen sich zu Recht: Sind wir denn im fal- chen Film? Die Diskussion zur Offenlegung aller Empfänger von U-Zahlungen wurde zurückblickend oftmals sehr öf- entlichkeitswirksam – nicht selten einseitig zulasten der andwirtschaft – geführt. Während der Verhandlungen ur Verabschiedung des entsprechenden Gemeinschafts- echts ist es gelungen, wesentliche Forderungen Deutsch- ands durchzusetzen. Hierzu gehören ein im Vergleich zu nderen EU-Förderbereichen späterer Veröffentlichungs- 19652 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) zeitpunkt für den Agrarsektor, der Verzicht auf detaillier- tere und maßnahmenspezifische Förderangaben und insbesondere die Angabe des Straßennamens. Weiterge- hende Forderungen Deutschlands, wie beispielsweise der Verzicht auf Angabe des Gemeindesitzes und der Post- leitzahl im Rahmen einer Internetsuchmaschine, fanden keine Mehrheit bei den anderen Mitgliedstaaten. Wir Politiker und auch alle betreffenden Organisatio- nen sollten mit der Umsetzung der Transparenzinitiative verantwortungsvoll gegenüber den Bäuerinnen und Bau- ern umgehen, sachlich und fair. Ich hoffe, der vorlie- gende Gesetzentwurf trägt dem Rechnung. Wichtig ist auch, dass mit diesen Daten in keiner Weise Missbrauch betrieben wird. Große Bedeutung kommt neben der eigentlichen Ge- setzesgrundlage der Gestaltung der entsprechenden In- ternetseite zu. Dort müssen einfach nachvollziehbare und klare Erläuterungen zu den EU-Zahlungen, in allge- meiner Form über die einzelnen Förderprogramme so- wie die damit verbundenen agrarpolitischen Ziele vorge- sehen werden. Wir haben positiv vermerkt, dass die Bundesregierung und die Länder dieser Anregung folgen werden. Die weitere Forderung nach einer Information der Be- günstigten über Besucher der Internetseite bzw. Anzahl der Zugriffe auf die Internetseite fand leider keine Mehr- heit. Dass dem aus Kosten- und Verwaltungsgründen nicht gefolgt wurde, kann ich noch verstehen. Dass dem aber aus informationstechnischen und datenschutzrecht- lichen Gründen nicht gefolgt wurde, erschließt sich mir nicht. Datenhändlern wird dadurch Tür und Hoftor ge- öffnet. Transparenz ist doch keine Einbahnstraße! Ich halte es auch für wichtig, dass Bund und Länder die Offenlegung aller Empfänger von EU-Zahlungen einheitlich durchführen, da auch andere Wirtschafts- gruppen und Unternehmen bis hin zu Einzelpersonen EU-Gelder als Förderung bzw. Ausgleichszahlung erhal- ten. Wenn bei der Landwirtschaft Empfänger mit Na- men, Vornamen, Ort und Postleitzahl offengelegt werden sollen, dann muss dies meines Erachtens aus Gleichbe- handlungsgründen auch bei Empfängern aus anderen Bereichen wie dem Europäischen Sozialfonds und dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung gesche- hen. Wenn wir echte Transparenz anstreben, dann darf sie nicht nur in Bezug auf EU-Zahlungen Anwendung fin- den, sondern sollte sich auch zum Beispiel auf die Emp- fänger von nationalen Beihilfen erstrecken, wie sie der Subventionsbericht des Bundesfinanzministeriums zum Gegenstand hat. Dort kann man auch nachlesen, dass der Anteil der Landwirtschaft an den nationalen Subventio- nen vergleichsweise gering ist. Letztlich müssten sämtli- che staatlichen Beihilfen offengelegt werden, also von EU, Bund und Regionen bzw. Ländern. Sonst entsteht ein Zerrbild. Und noch einmal zum Missbrauch: Die Datenskan- dale der letzten Wochen und der zunehmende Miss- brauch von Daten im Internet müssen uns noch mehr s p s d d 4 D A d s f w d h k n l d b t L T n d s s m d e T d B t n b g e e k w c d n b w t d i m ü (C (D ensibilisieren.Mit dem Gesetzentwurf haben wir ver- flichtende EU-Vorgaben national umzusetzen. Die Zu- timmung fällt mir nicht leicht. Deshalb werbe ich ein- ringlich für einen sachlichen und fairen Umgang mit en offenzulegenden Daten. Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD): Mehr als 0 Milliarden Euro gibt die Europäische Union für die irektzahlungen und Marktstützungen im Rahmen der grarpolitik aus. Das ist viel Geld. Wir unterstützen es, ass der Steuerzahler auch erfahren kann, wer von die- em Geld eigentlich profitiert. Wir unterstützen diese Transparenzinitiative und reuen uns, dass sie nun auch in Deutschland umgesetzt ird. Sicher wird die Veröffentlichung der Zahlungen ie Diskussion um die Förderung der Landwirtschaft an- eizen. Ich bin mir allerdings sicher, dass wir diese Dis- ussionen bestehen können. Und: Die Diskussion wird icht durch die Veröffentlich entfacht. Die Diskussion äuft bereits, sie kann – wenn wir sie annehmen – durch ie Transparenzinitiative versachlicht werden. Die Gemeinsame Agrarpolitik hat eine klare Richtung ekommen: Wir haben die Zahlungen von der Produk- ion abgekoppelt. Stattdessen sind dies Zahlungen mit eistungen für die Umwelt, für die Qualität und für den ierschutz verknüpft. Geld für Leistungen, die der Markt icht honoriert, die aber die Gesellschaft verlangt – ich enke wir haben damit schon längst die Weichen ge- tellt, mit denen wir die Debatte um die Agrarpolitik be- tehen können. Ich weiß, dass in der Debatte um die Agrarpolitik im- er wieder die Argumentation auftaucht, das Geld, das ie EU für die Landwirtschaft ausgibt, sei Geld der Bau- rn. Wer so argumentiert, wer daraus ableitet, dass ransparenz nur eine Gängelung der Landwirtschaft ist, er sorgt erst dafür, dass die Steuerzahler nachfragen. Ich verstehe die Sorge jeder Betriebsleiterin und jedes etriebsleiters, die einen erhöhten öffentlichen Rechtfer- igungsdruck fürchten. Ich bin mir aber sicher, wir kön- en die Debatte bestehen. Die EU-Transparenzinitiative ietet die Chance, klar herauszustellen, welche Leistun- en die heimische Landwirtschaft für die Gesellschaft rbringt. Das Geld im EU-Agrarhaushalt ist und bleibt rstmals Geld der Steuerzahler. Wir müssen begründen önnen, warum wir es ausgeben. Das können wir nicht, enn wir uns verstecken, dazu müssen wir aus der De- kung kommen und erklären was für Leistungen wir mit iesen Milliarden bezahlen. Ich bin mir sicher, wir kön- en gewinnen, wenn wir mit offenem Visier kämpfen. Wir wissen doch, dass es keine Milchseen und Butter- erge mehr gibt. Dann können wir doch dem Vorurteil, ir würden nur Überproduktion finanzieren entgegentre- en. Wer was produziert, das entscheidet der Markt; Pro- uktion richtet sich nicht mehr an Subventionen aus. Das st das wichtigste Ergebnis der letzten Agrarreform. Da- it können wir bestehen. Wir wissen auch, dass die Größe der Betriebe nicht ber die Leistungen entscheidet. Wir wissen doch, dass Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19653 (A) ) (B) ) das Monster Agrarindustrie genauso wenig die Realität beschreibt wie der kuschelige Kleinbauer. Wir wissen, dass die Einhaltung von Fruchtfolgen nicht von der Größe des Betriebes abhängt. Wir wissen, dass große Milchbetriebe oft modernste Freilaufställe haben, wäh- rend die kleinen oft ihre Kühe noch anbinden. Und wir wissen auch, dass die Zahl der Arbeitskräfte von der Produktionsrichtung und weniger von Produktionsweise abhängen. Auch das können wir erklären, auch hier kön- nen wir bestehen. Wir wissen auch, was für Wirkungen unsere Export- subventionen haben. Uns wird die Frage gestellt, warum die Industrieländer 349 Milliarden Dollar an Produk- tions- und Exportsubventionen ausgeben. Wir werden gefragt, warum wir damit niedrige Exportpreise fördern und so lokale Produktion in den Entwicklungsländern vernichten. Mit unseren Vorschlägen für die Doha- Runde haben wir diese Fragen schon aufgegriffen, wir müssen weiterhin deutlich machen, dass diese Politik ernsthaft fortgeführt wird. Dann können wir auch hier bestehen. Gerade im Hinblick auf Debatten um den EU-Haus- halt ab 2013 sind alle – Berufsstand, Politik und die akti- ven Landwirte – gefordert, die öffentliche Diskussion zu suchen. Es ist unmissverständlich darzustellen, dass die Zahlungen nicht mehr als Einkommenstransfer, sondern ausschließlich als Ausgleich gesellschaftlicher Leistun- gen zu verstehen sind. EU-Kommissarin Mariann Fischer-Boel hat die Trans- parenzinitiative explizit mit der Ausrichtung der Ge- meinsamen Agrarpolitik verknüpft. Warum? Wir stehen vor der Reform des EU-Finanzsystems und wir stehen damit mitten in einer Debatte, die explizit den Agrar- haushalt auf den Prüfstand stellt. Wir sehen doch, wel- che Folgen mangelnde Offenheit hat. Die Mathematik der Menschen ist ganz einfach: Wer nicht bereit ist, seine Zahlungen zu veröffentlichen, der hat was zu vertu- schen. Dem kann man doch offensiv entgegentreten. Dem muss man auch offensiv entgegentreten. Wenn wir hier nicht in die Offensive gelangen, wenn wir es nicht schaffen, deutlich zu machen, warum wir das Geld aus- geben, dann werden wir in der Debatte um das EU-Fi- nanzsystem schlechte Karten haben. Wir sind uns einig, dass wir Leistungen von der Land- wirtschaft erwarten, für die wir die Landwirtschaft auch honorieren müssen. Wir müssen uns nicht verstecken. Im Gegenteil: Nutzen wir die Chance, uns die Rücken- deckung der Menschen zu holen. Zum Schluss möchte ich noch auf eines hinweisen: Was für die Agrarförderung gilt, muss auch für andere Zahlungen so zum Beispiel für die Strukturfonds gelten: Seien wir doch endlich etwas mutiger und offener. Das hilft den Menschen Politik zu verstehen. Geheimniskrä- merei verursacht Misstrauen. Schaffen wir Vertrauen und holen wir uns damit Rückhalt für unsere Politik. Hans-Michael Goldmann (FDP): Die FDP tritt für Transparenz ein. Bereits vor über zwei Jahren haben wir e d d g l z L ö P d r r w a r L ö c d s e a d d d D w d r k g c n f d d N t F b w s ü l A i E f w h E (C (D inen Antrag in den Bundestag eingebracht, in dem wir ie Umsetzung der EU-Verordnung forderten. Wir teilen das Ziel der EU, öffentliche Finanzzuwen- ungen offenzulegen. Der von der EU-Kommission vor- eschlagene Weg über ein Portal im Internet ist hoffent- ich ohne zusätzliche Bürokratie und benutzerfreundlich u realisieren. Da es seit der großen Agrarreform für die andwirtschaft auch keinen Grund gibt, verschämt die ffentlichen Ausgleichsleistungen für die erschwerten roduktionsbedingungen in Europa zu verschweigen, ist ie Umsetzung der EU-Verordnung nicht nur europa- echtlich geboten, sondern auch politisch sinnvoll und ichtig. Das Gesetz stellt eine 1:1-Umsetzung dar, weshalb ir Liberalen zustimmen werden. Doch ich will hier uch gleich deutlich machen, dass wir einzelne Forde- ungen nach weiteren Veröffentlichungen im Bereich der andwirtschaft ablehnen. Die Angaben, die die EU jetzt ffentlich zugänglich machen möchte, sind völlig ausrei- hend. Ich halte den Vorschlag des Bauernverbandes, ass die User des Internetportals sich registrieren müs- en, damit nachvollzogen werden kann, wer die Daten insieht, für bedenkenswert und fordere das Ministerium uf, in der Durchführung dem Rechnung zu tragen. Auch muss dringend darauf geachtet werden, dass bei er noch zu erlassenden Verordnung sichergestellt wird, ass die Balance zwischen dem Informationsinteresse er Öffentlichkeit und dem Schutz personenbezogener aten sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ge- ahrt bleibt. An dieser Stelle muss auch klar gesagt werden, dass ie Bundesregierung bei der Umsetzung der Transpa- enz-VO nicht stehen bleiben darf. Wenn die Landwirte ünftig ihre staatlichen Leistungen offenlegen müssen, ibt es keinen Grund, warum andere Empfänger staatli- her Leistungen dies nicht auch tun müssen. Transparenz ur im Bereich Landwirtschaft ist weder sinnvoll noch air. Abschließend noch ein Wort zu verschiedentlich in er Landwirtschaft laut gewordenen Befürchtungen, ass die Veröffentlichung der staatlichen Leistungen den eid in den Dörfern schüren würde. Diese Befürchtung eile ich nicht. Normalerweise wird bekannt sein, welche lächen die Nachbarn gepachtet und im Eigentum ha- en, sodass sich ja bereits heute jeder ausrechnen kann, elche Prämien der Einzelne bekommt. Die Landwirt- chaft wird also mit gutem Beispiel vorangehen, und die brigen Empfänger staatlicher Leistung werden hoffent- ich bald folgen. Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Mit dem grarinformationsgesetz wird eine Debatte beendet, die n den letzten Jahren hohe Emotionen hervorgerufen hat. s geht um die Transparenz in der europäischen Agrar- örderung. Rund 40 Prozent des europäischen Haushalts ird für den Landwirtschaftssektor ausgegeben. Dabei andelt es sich um einen Betrag von fast 50 Milliarden uro, der letztlich ausschließlich aus Steuermitteln auf- 19654 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) ) (B) ) gebracht wird. Die Linke sieht daher ein berechtigtes Anliegen, Informationen zu den Fördermitteln zu be- kommen, wenn sich Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dafür interessieren. Dies ist im Übrigen ein grundsätzli- ches Anliegen und nicht nur auf die Landwirtschaft be- schränkt. Staatliche Förderung sollte in allen Bereichen transparent verteilt werden. Die Linke hat die Transparenzinitiative grundsätzlich unterstützt, wenn wir auch die Begrenzung der Debatte auf den Agrarsektor immer kritisiert haben. Gerade die pauschale Verdächtigung, bei der Nichtoffenlegung von Fördermittelzahlungen an Großbetriebe gehe es um Si- cherung unberechtigter Pfründe, spricht für die Transpa- renz der Fördermittelverwendung, weil sie den vielen ostdeutschen Landwirtschaftsbetrieben nicht gerecht wird, die unter schwierigen Bedingungen Arbeitsplätze sichern und zur Sicherung sozialer Infrastruktur in den ostdeutschen Dörfern beitragen. Für uns ist klar: Die Direktzahlungen an Landwirt- schaftsbetriebe müssen legitimiert werden durch Leis- tungen im gesellschaftlichen Interesse. Intransparenz führt eher zu Misstrauen der Verbraucherinnen und Ver- braucher bzw. bei Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern. Und um es klar zu sagen: Auch in Ostdeutschland muss sich niemand verstecken. Die Veröffentlichung dieser Daten hat ja bereits statt- gefunden – auf Länderebene. Die Landesbehörden sind weiterhin für das korrekte Einstellen der Daten ins Inter- net zuständig. Die zentrale Internetplattform, die über das Bundesamt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) betrieben werden soll, macht den Zugang für Interessen- tinnen und Interessenten einfacher und demokratischer. Nachdem die ersten Daten auf Länderebene im ver- gangenen Jahr veröffentlicht wurden, ist inzwischen die Debatte ruhiger und sachlicher geworden. Dass auch flä- chenstarke Betriebe in den neuen Ländern Direktzahlun- gen erhalten, ist heute kein Skandal mehr, sondern findet zunehmend Verständnis. Hektar muss Hektar sein, egal wie groß der Betrieb ist oder wo er liegt. Die betriebli- chen Organisationsformen sind aufgrund der neueren Agrargeschichte unterschiedlich. Große Betriebe bieten lohnabhängige Arbeitsplätze. Bezieht man die Direkt- zahlungen auf die betrieblichen Arbeitskräfte, relativiert sich der Unterschied bei den Fördersummen pro Betrieb zwischen Ost und West. Leider ist das aus den Veröffent- lichungen nicht immer ersichtlich. Hinzu kommen Ge- nossenschaften, in denen viele Eigentümerinnen und Eigentümer für einen Betrieb stehen. Im Laufe der Debatte ist das Verständnis für die be- sonderen ostdeutschen Bedingungen gewachsen. Nur so ist zu erklären, dass in Deutschland die Unterstützung der EU-Kommission für den Vorschlag der progressiven Modulation sehr überschaubar ist. Nur die Grünen unter- stützen ihn und merken nicht oder ignorieren, dass dieser Vorschlag Schaden anrichtet für die strukturschwachen ländlichen Regionen. In der Antwort auf meine diesbe- zügliche Anfrage antwortete die Bundesregierung, dass einheimische Betriebe durch die vorgeschlagene pro- gressiver Modulation circa 1,2 Milliarden Euro bis 2013 v w e w s t d D w i O u d d l r M E B g V l d r d n E A d k D a f E m P e d d S u u G v m d W v f h a m g (C (D erlieren würden. 44 Prozent, also knapp die Hälfte, ürden allein die neuen Länder verlieren. Somit wird aus Sicht der Linken deutlich, dass letzt- ndlich Transparenz mehr Nutzen bringt als Schaden, enn sie denn nicht instrumentalisiert wird. Der Agrar- ektor ist wie kein anderer den handels- und europapoli- ischen Entscheidungen ausgeliefert, und die Debatte um ie Subventionierung der Landwirtschaft geht weiter. ies kann auch aus Sicht der Linken nur gut gehen, enn die Transparenz der Agrarförderung gewährleistet st. Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die ffenlegung der Agrarsubventionen ist ein wichtiger nd nötiger Schritt, dessen Umsetzung viel zu lange ge- auert hat. Unser Erfolg ist es, dass die Bundesregierung ie von der EU geforderte Offenlegung überhaupt end- ich auf den Weg bringt. Jahrelang hat die Bundesregie- ung auf Verzögerung und Verhinderung gesetzt. 13 EU- itgliedstaaten oder Teilstaaten, die längst freiwillig die mpfänger von Agrarbeihilfen offenlegen, haben ihren ürgern deutlich eher mitgeteilt, was mit ihren Steuer- eldern passiert. Der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf zur eröffentlichung von Agrarsubventionen ist als Grund- age zu mehr Transparenz beim Verbleib von Steuergel- ern in der Agrarförderung mehr als überfällig. Die Umsetzung der Bundesregierung jedoch ist löch- ig wie ein Schweizer Käse: Zum einen kommen mit em gewählten Termin eine Verwendung der Informatio- en für eine transparente öffentliche Diskussion zum insatz und Effizienz der Agrarhaushaltsmittel zur EU- grarreform „Gesundheitscheck 2008“ zu spät. Zum an- eren soll die Veröffentlichungspflicht nicht für Aus- ünfte über Zahlungen aus nationalen Töpfen gelten. arüber hinaus reißt die im Gesetzentwurf vorgesehene usschließliche Minimalangabe von Summe und Emp- ängername die Fördersummen völlig aus dem Kontext. s ist nicht ersichtlich, in welchem Verhältnis die Sum- en stehen. Dies ist kein rundes Programm, sondern ein mageres rogrammchen, welches mehr Unklarheiten schafft, als s lösen soll. So bleiben Fragen offen wie: Werden mit en Fördergeldern vor allem bäuerliche Betriebe geför- ert oder eher international agierende Agrarkonzerne? chafften oder sichern die Fördergelder Arbeitsplätze, nd wenn ja, wie viele? Wird mit den Fördergeldern eine mweltfreundliche Landwirtschaft gefördert? Wie viel eld fließt in Betriebe mit artgerechter Tierhaltung, wie iel in Anlagen mit Massentierhaltung? Schon 2005 be- ängelte Friedrich Heinemann, ausgewiesener Experte er EU-Finanzpolitik vom Zentrum für Europäische irtschaftsforschung in einem Interview: „Wir reden iel zu viel über den Umfang und zu wenig darüber, wo- ür das Geld ausgegeben wird.“ Nur wenn weiterge- ende Informationen bekannt sind, ist eine Bewertung uch im Hinblick auf soziale und ökologische Kriterien öglich. Transparenz sollte vor allem im Dienst einer esellschaftlichen Diskussion über die sinnvolle Vergabe Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 19655 (A) ) (B) ) von Steuermitteln stehen. Dazu gehört auch die Frage nach der Effizienz der Fördermittel. Bisher werden kleine und arbeitsintensive Betriebe benachteiligt. Flächenstarke und durchrationalisierte Be- triebe erhalten bis zu 120 000 Euro pro Arbeitskraft an öffentlicher Unterstützung. In kaum einem anderen Be- reich werden zur Unterstützung eines einzelnen Arbeits- platzes solche Summen ausgegeben. Es ist in keiner Weise nachvollziehbar, wieso der Steuerzahler nicht er- fahren darf, für wie viele Arbeitskräfte und welche Leis- tungen die Betriebe Gelder bekommen und wieso die na- tionalen Mittel ausgespart werden. Das hat mit einer „Transparenzinitiative“ nichts zu tun; das ist eher Verne- belungstaktik. Es geht uns nicht, wie der Deutsche Bau- ernverband befürchtet, darum, dass die Bauern an den Pranger gestellt werden. Wir wollen keine Neiddebatte führen, auch keine Streichdebatte, sondern eine Quali- tätsdebatte. Agrarförderung muss konsequenter an klare soziale und ökologische Kriterien und nachhaltige Wertschöp- fung gebunden und in Einklang mit anderen gesell- schaftlichen Zukunftsaufgaben gebracht werden. In der Agenda 2000 ist mit der „multifunktionalen Landwirt- schaft“ eine Definition gewählt worden, die neben der Lebensmittelproduktion auch eine flächendeckende Ge- staltung unserer Landschaft, die Sicherung der Sied- lungsstruktur, die Sicherung von Arbeitsplätzen und die Sicherung der gesellschaftlichen Anforderungen im Um- welt-, Verbraucher- und Tierschutz berücksichtigen soll. Die Veröffentlichung von Daten, die der Öffentlich- keit nicht erlauben, eine Beurteilung der Zahlungen nach sozialen, ökologischen und Tierschutz-Kriterien vorzu- nehmen, ist für eine gesellschaftliche Kontrolle dieser Zielrichtung ungeeignet. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Schauerte auf die Frage der Abgeordneten Petra Pau (DIE LINKE) (182. Sit- zung, Drucksache 16/10519, Frage 42): Welche Kenntnis hat die Bundesregierung darüber, welche Schritte die Deutsche Telekom AG unternommen hatte, nach- dem ihr Datensätze über ihre 17 Millionen T-Mobile-Kunden (darunter unter anderem prominente Mitglieder der Bundes- regierung, des Zentralrats der Juden) entwendet wurden, um die Sicherheit und den Schutz der Privatssphäre ihrer Kunden zu gewährleisten, und ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die Daten, die die Deutsche Telekom AG für Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen sammelt, dort sicher aufbewahrt sind? Nach Kenntnis der Bundesregierung hat die Deutsche Telekom AG, nachdem ihr der Fall bekannt wurde, im Frühjahr 2006 umgehend neben der Anzeige bei der Staatsanwaltschaft umfangreiche Maßnahmen ergriffen, um die Sicherheit ihrer Kundendaten und den Schutz der Privatsphäre der Kunden sicherzustellen. Nach eigenem Bekunden wurden unter anderem Zu- griffsberechtigungen auf die Kundendatenbanken stärker eingeschränkt, die technischen Zugangssysteme so kon- f D r f w u r D 1 K ä n A s D B f k A d d z g d F I g U l c a a g S v W m d g B Z w g (C (D iguriert, dass komplexere Passwörter für den Zugang zu atenbanken erforderlich sind, ein schärferes Monito- ing, eine Speicherung der Zugriffe auf Kundendaten ührende Datenbanken und eine teilautomatisierte Über- achung der Sicherheit von Datenbank-Administration nd Datenbank-Konfiguration entwickelt. Zur Verbesse- ung der Transparenz sind weitere Maßnahmen, die die eutschen Telekom AG in ihrer Pressemitteilung vom 0. Oktober 2008 dargelegt hat, geplant. Zudem können unden auf Wunsch kostenlos ihre Mobilfunknummer ndern lassen. Hinsichtlich Telekommunikationsüberwachungsmaß- ahmen, die aufgrund von Vorschriften der StPO, des rtikel-G10-Gesetzes oder des Zollfahndungsdienstge- etzes angeordnet werden und gegebenenfalls von der eutschen Telekom AG umzusetzen sind, weist die undesregierung ausdrücklich darauf hin, dass das hier- ür vorgegebene und verwendete technische Verfahren eine Sammlung von Daten beinhaltet. nlage 22 Antwort es Parl. Staatssekretärs Hartmut Schauerte auf die Frage er Abgeordneten Elke Reinke (DIE LINKE) (182. Sit- ung, Drucksache 16/10519, Frage 45): Auf welche Weise möchte die Bundesregierung auf die Energieversorgungsunternehmen einwirken, um einen vom Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher- heit, Sigmar Gabriel, bereits mehrfach geforderten (Strom-)- Sozialtarif für Haushalte mit geringem Einkommen durchzu- setzen, und wie steht die Bundesregierung zu der Forderung, eine wirksame Strompreisaufsicht mit Zuständigkeit bei den Ländern einzuführen, der gegenüber die Energieversorgungs- unternehmen die Zusammensetzung aller Tarife offenlegen müssen? Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass der Ge- enstand Ihrer Fragen morgen auch Thema einer Plenar- ebatte ist. Der Antrag Ihrer Fraktion und Ihre heutige rage „doppeln“ sich also. Zur Sache selbst möchte ich hnen sagen: Die Gestaltung der Preisstruktur liegt auch im Ener- iebereich grundsätzlich in der Verantwortung der nternehmen. Bei Vorliegen marktbeherrschender Stel- ungen unterliegen die Unternehmen einer kartellrechtli- hen Missbrauchsaufsicht. Im Vordergrund stehen dabei ngemessene Preise für alle Haushalte, insbesondere uch für die grundversorgten Haushalte. Darüber hinaus ibt es in Deutschland ein funktionierendes allgemeines ozialrecht, das auch hier wirkt, wie zum Beispiel die on der Bundesregierung durchgesetzte Erhöhung des ohngeldes zeigt. Auf diese Weise werden einkom- ensschwache Bürger wirksam unterstützt. Die Wiedereinführung einer Strompreisaufsicht durch ie Bundesländer in dem – auch durch europäische Vor- aben – für Wettbewerb geöffneten Bereich lehnt die undesregierung ab. Das Instrument stammt aus den eiten vor der Marktöffnung im Energiebereich und ürde zu keiner wirksamen Aufsicht führen. Es wurde erade abgeschafft, weil es in den neuen Marktstruktu- 19656 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 (A) (C) (B) (D) ren nicht mehr wirkt. Die Preisaufsicht über Stromliefe- ranten wäre auch deshalb ungeeignet, weil sich die Strompreise für Haushaltskunden zu über 90 Prozent aus Bestandteilen zusammensetzen, die nicht vom Liefe- ranten veranlasst sind, aber das Preisniveau insgesamt bestimmen. Die in den Preisen enthaltenen Netzentgelte sind ohnehin reguliert. Auf der hier in Rede stehenden Ebene der Stromlieferanten können Kunden, die mit ih- rem bisherigen Lieferanten nicht zufrieden sind, durch Wahl eines neuen Lieferanten reagieren. Soweit in Ein- zelfällen gleichwohl eine intensivere staatliche Aufsicht notwendig ist, hat die Bundesregierung mit einer Ver- schärfung der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht Ende letzten Jahres reagiert. Wie die aktuellen Gaspreis- missbrauchsverfahren des Bundeskartellamtes zeigen, wirkt dieses Instrument auch, wo es erforderlich ist. 183. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2008 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14 Anlage 15 Anlage 16 Anlage 17 Anlage 18 Anlage 19 Anlage 20 Anlage 21 Anlage 22
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Reinhard Grindel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung

    des Staatsangehörigkeitsgesetzes werden die notwendi-
    gen gesetzgeberischen Konsequenzen aus einer Reihe
    von Urteilen des Bundesverfassungsgerichts zu den
    Rechtsfolgen der Rücknahme einer erschlichenen Ein-
    bürgerung gezogen. Grundsätzlich hat unser höchstes
    Gericht eine solche Rücknahme der Einbürgerung für
    verfassungskonform erklärt, selbst wenn der Betroffene
    staatenlos wird. Dementsprechend gilt in Zukunft nach
    § 35 des Staatsangehörigkeitsgesetzes, dass derjenige die
    deutsche Staatsangehörigkeit verliert, der arglistig ge-
    täuscht, bedroht oder bestochen hat. Gleiches gilt, wenn
    in den Antragsunterlagen bewusst unrichtige oder un-
    vollständige Angaben gemacht wurden. Die Karlsruher
    Richter haben zur erschlichenen Einbürgerung klare
    Worte gefunden: „Eine Rechtsordnung, die sich ernst
    nimmt, darf nicht Prämien auf die Missachtung ihrer
    selbst setzen. Sie schafft sonst Anreize zur Rechtsverlet-

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    (C (D ung, diskriminiert rechtstreues Verhalten und untergräbt amit die Voraussetzung ihrer eigenen Wirksamkeit.“ em kann nur voll und ganz zugestimmt werden. Es ist ein Skandal, wenn uns die Linkspartei hier eine egelung vorschlägt, bei der im Ergebnis auch der, der etäuscht hat, die Staatsbürgerschaft behalten soll. Das eigt ihr gebrochenes Verhältnis zu den Grundsätzen eies freiheitlichen und eben auch wehrhaften Rechtsstaaes. Handlungsbedarf haben uns die Verfassungsrichter ür die Frage der Wirkung einer solchen Rücknahmeentcheidung auf Dritte aufgegeben, die zwar nicht selbst etäuscht haben, gleichwohl aber in Zusammenhang mit er erschlichenen Einbürgerung ebenfalls die deutsche taatsbürgerschaft erworben haben. Hier werden seitens er Bundesregierung ausgewogene Vorschläge unterreitet. In Anlehnung an ein Verfassungsgerichtsurteil, ei dem auf das eigene Bewusstsein eines Kindes für den atbestand der Einbürgerung und einen entsprechenden ertrauensschutz abgestellt wurde, soll die Rücknahme er Einbürgerung bis zum fünften Lebensjahr möglich ein. Das halte ich für sachgerecht, zumal die absolute usschlussfrist, bis zu der überhaupt die Einbürgerung urückgenommen werden kann, auch fünf Jahre betragen oll. Allerdings werden wir zu prüfen haben, ob eine fünfährige Ausschlussfrist ausreicht und nicht vielleicht och sieben Jahre notwendig sind, wenn man an langwieige Ermittlungen bei Doppelehen denkt. In anderen Fällen, also bei älteren Kindern und Eheatten, sieht die Neuregelung des Staatsangehörigkeitsesetzes eine Ermessensentscheidung der zuständigen ehörde vor. Dabei ist insbesondere zu prüfen, inwieweit ie dritte Person an der Täuschungshandlung selbst beeiligt war. Es wird auch zu berücksichtigen sein, ob die it eingebürgerten Personen inzwischen einen eigen tändigen Einbürgerungsanspruch erworben haben oder b sie sich gut in die deutschen Lebensverhältnisse interiert haben. Die schutzwürdigen Belange Dritter sind it dem öffentlichen Interesse an der Herstellung gesetzäßiger Zustände abzuwägen. Der Bundesrat hat im Zusammenhang mit dem letzten unkt moniert, dass durch die Formulierung in § 35 bs. 5 Satz 2 nicht der Eindruck entstehen dürfe, die zutändige Behörde habe kein Ermessen bei der Rücknaheentscheidung mehr, wenn es an einer Tatbeteiligung ei der Täuschungshandlung fehle. Insoweit regt der undesrat an, diesen Satz zu streichen. Ich meine, dass ir bei den Ausschussberatungen darüber intensiv reden üssen, weil es in der Tat nur in ganz extremen Ausnahefällen dazu kommen darf, dass eine dritte Person von er Täuschung des Haupttäters profitiert. Das darf im runde genommen nicht sein. Ich will das Stichwort Haupttäter insoweit aufgreifen, ls der Bundesrat außerdem die Einführung einer Straforschrift wegen Täuschungshandlungen im Einbürgeungsverfahren vorschlägt. Er will dabei eine so hohe trafe ermöglichen, dass in besonders dreisten Fällen uch eine Ausweisung möglich wäre. Ich sage ganz offen, ass ich aus generalpräventiven Gründen diesen Vorchlag unterstütze. Das gilt auch deshalb, weil wir zum Beispiel im Asylverfahren Strafvorschriften haben, wenn mit unrichtigen Angaben getäuscht werden soll. Was im Asylverfahren richtig ist, das kann im Einbürgerungsverfahren nicht falsch sein. Wir dürfen auch nicht übersehen, dass die Einbürgerung gerade von ausländischen Extremisten für gefährliche Zwecke genutzt werden könnte. Das sollten wir verhindern. Es handelt sich hier auch nicht um wenige Einzelfälle. Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann hat im Bundesrat vor wenigen Wochen berichtet, dass die Ermittlungsbehörden zahlreiche Fälschungen in Einbürgerungsverfahren und auch bei Echtheitsprüfungen von ausländischen Identitätspapieren aufgedeckt hätten, ohne dass es zu strafrechtlichen Sanktionen gekommen sei. In fast allen Fällen kam es zu Verfahrenseinstellungen. Grundsätzlich gilt für die CDU/CSU: Die Einbürgerung ist der Abschluss eines erfolgreichen Integrationsprozesses und nicht die Eintrittskarte dafür. Deshalb kommt für uns die Einführung einer generellen doppelten Staatsbürgerschaft für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern, wie sie von der Linkspartei beantragt wird, natürlich nicht in Betracht. Gleichwohl ist es in der Tat so, dass die Zweifel am Sinn und der Praktikabilität der Optionsregelung ernst zu nehmen sind. Die Frage ist schon berechtigt: Reicht allein die Geburt in Deutschland als Anknüpfungspunkt für die Verleihung der Staatsbürgerrechte aus? Soll wirklich auch der Deutscher werden können, der kein Wort Deutsch spricht, unsere Rechtsund Werteordnung ablehnt und stattdessen beispielweise streng nach den Grundsätzen der Scharia lebt? Ist es richtig, dass auch der noch für die deutsche Staatsbürgerschaft optieren darf, der auf Dauer Deutschland verlässt? Sollen, und zwar per Abstammungsprinzip, dessen Kinder dann auch die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten? Es gibt auch integrationspolitisch für eine doppelte Staatsbürgerschaft keinen Bedarf. Nach einer repräsentativen Umfrage des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge würden sich nur knapp 12 Prozent der Türken in unserem Land ausschließlich bei einer doppelten Staatsbürgerschaft einbürgern lassen. 46 Prozent wollen die deutsche Staatsangehörigkeit nicht und 29 Prozent würden sich auch ohne Beibehaltung ihrer bisherigen Staatsbürgerschaft einbürgern lassen. Es kann ja wohl nicht sein, dass wir die deutsche Staatsangehörigkeit quasi auf dem Wege der „aufgedrängten Bereicherung“ vergeben. Mit der Union ist das nicht zu machen. Vor knapp zehn Jahren haben wir mit der Abkehr vom veralteten Abstammungsrecht aus dem Jahr 1912 und der Einführung eines Staatsangehörigkeitsrechts, das an den Geburtsort anknüpft, einen lange überfälligen Paradigmenwechsel eingeleitet. Die damalige Diskussion, aber auch das daraufhin beschlossene Zuwanderungsgesetz haben endgültig den Status Deutschlands als Einwanderungsland bestätigt. Teil der Debatte war auch damals schon die Diskussion über die doppelte Staatsbürgerschaft, die intensiv und kontrovers geführt wurde. Schon damals hat sich die S b d E d t g h d w R u t d e S t z r y s i f r d s k ü s d r s 2 e n B t n d R n g r D r n h H e R m d a N a f B Zu Protokoll ge (C (D PD-Fraktion für die Einführung der doppelten Staatsürgerschaft für in Deutschland geborene Kinder auslänischer Eltern starkgemacht. Kinder ausländischer ltern sollten nach dem Abstammungsprinzip die auslänische Staatsangehörigkeit ihrer Eltern, nach dem Terriorialprinzip zusätzlich aber auch die deutsche Staatsanehörigkeit erwerben. Allerdings musste damals aufgrund der Mehrheitsverältnisse im Bundesrat ein Kompromiss gefunden weren. Die sogenannte Optionslösung ist für die SPD – das issen Sie alle – nicht der Weisheit letzter Schluss. echtsund integrationspolitische Gründe sprechen aus nserer Sicht auch heute noch für die Aufhebung des Opionszwanges. Nach dem Optionsmodell erwerben Kiner, die in Deutschland geboren wurden und deren Eltern in langfristiges Aufenthaltsrecht haben, zunächst zwei taatsbürgerschaften. Mit Eintritt der Volljährigkeit, späestens aber bis zu ihrem 23. Lebensjahr, müssen sie sich wischen der deutschen Staatsangehörigkeit und der iher Eltern entscheiden. Das Optionsmodell stürzt viele Menschen in einen Loalitätskonflikt, der einer Integration in die deutsche Geellschaft abträglich ist. Viele der hier Geborenen finden hre Heimat und ihre Lebenswirklichkeit in Deutschland, ühlen sich aber dennoch den kulturellen Traditionen ihes Herkunftslandes gegenüber verpflichtet. Könnten sie ie doppelte Staatsbürgerschaft behalten, müssten sie ich nicht gegen ihren kulturellen Hintergrund stellen und önnten zugleich Deutsche bleiben. Zudem würden sie ber das Wahlrecht an der politischen Gestaltung der Geellschaft beteiligt.Das ist der Hintergrund, vor dem wir ie Debatte über die Änderung des Staatsangehörigkeitsechts führen. Wie ist nun die Situation durch den vorliegenden Geetzentwurf? Nachdem das Bundesverfassungsgericht am 4. Mai 2006 zwar grundsätzlich entschieden hat, dass ine durch Täuschung erwirkte Einbürgerung zurückgeommen werden kann, hat es in Bezug auf die zeitliche efristung dieser Rücknahmeentscheidung und die Be roffenheit der Staatsangehörigkeit unbeteiligter Dritter och Regelungsbedarf gesehen. Diesem Regelungsbeürfnis kommt der vorgelegte Gesetzentwurf nach. Die ücknahme einer Einbürgerung darf nach dem Entwurf icht mehr in einem unbegrenzt langen Zeitraum erfolen. Vielmehr ist nach Ansicht des Bundesverfassungsgeichts nur die „zeitnahe“ Rücknahme verfassungsgemäß. aher sieht das Gesetz eine Ausschlussfrist von fünf Jah en vor. Nach Ablauf dieser Frist soll eine Rücknahme icht mehr möglich sein. Das Prinzip der Rechtssichereit hat in diesem Falle Vorrang vor dem Grundsatz der erstellung rechtmäßiger Zustände. Zum anderen regelt das Gesetz, wie in den Fällen zu ntscheiden ist, in denen unbeteiligte Dritte von der ücknahmeentscheidung betroffen sind. Was geschieht it der Staatsangehörigkeit des Kindes, wenn den Eltern urch eine Rücknahmeentscheidung die deutsche Staatsngehörigkeit – für die Vergangenheit – entzogen wird? ach dem Entwurf soll ein Entzug der deutschen Staatsngehörigkeit bei unbeteiligten Dritten nicht mehr stattinden, wenn diese Personen bereits fünf Jahre alt sind. ei Kindern unter fünf Jahren soll davon ausgegangen Reinhard Grindel gebene Reden werden, dass sie noch kein Bewusstsein von ihrer Staatsangehörigkeit haben, sodass der Schutzbereich von Art. 16 Abs.1 Satz 1 GG nicht berührt wird. Die Altersgrenze von fünf Jahren ist auch deswegen sachgerecht, weil sie der Rücknahmefrist der Einbürgerung entspricht. Ein Kind, das nach dem Abstammungsprinzip die deutsche Staatsangehörigkeit von einem eingebürgerten Deutschen erhält, der die Einbürgerung durch Täuschung erlangt hat, kann zum Zeitpunkt der Rücknahme gar nicht älter als fünf Jahre sein. Insofern liegt uns heute ein sinnvoller und praktikabler Entwurf vor, der den Vorgaben des Verfassungsgerichts gerecht wird. Was dennoch in dem Entwurf fehlt – damit bin ich wieder beim Ausgangspunkt meiner Rede angelangt – ist die Revision der starren Festlegung auf eine Staatsbürgerschaft. Das Optionsmodell ist nicht nur wegen der individuellen und psychologischen Konflikte für die Betroffenen problematisch. Darüber hinaus haben sich in der Praxis auch weitere Schwächen des Modells gezeigt. Die Folgen eines Statuswechsels sind vielfältig: Zum einen kreisen sie um die Frage nach der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung, nachdem die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen wurde. Kann nach einem Statuswechsel überhaupt noch eine zufriedenstellende aufenthaltsrechtliche Lösung gefunden werden? Ich sehe das sehr skeptisch. Zudem: Welche Folgen ergeben sich durch den Statuswechsel für das Namensrecht, das Kindschaftsrecht und das Sorgerecht? Können bereits erworbene Rechtspositionen durch den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit tangiert werden? Für politische Ämter, die die deutsche Staatsangehörigkeit voraussetzen, entfällt mit dem Wegfall Staatsangehörigkeit zudem die Grundlage, was kein gutes Signal für politische Teilhabe ist. Schließlich will ich noch ein ganz praktisches Verwaltungsproblem nennen, das mit dem Optionsmodell verbunden ist. Jede betroffene Person muss von Amts wegen aufgefordert werden, sich für eine Staatsbürgerschaft – die deutsche oder die des Herkunftslandes ihrer Eltern – zu entscheiden. Es ist aber bislang völlig unklar, was passiert, wenn der Betroffene nicht auffindbar ist, etwa weil er sich nach einem Umzug nicht umgemeldet hat oder aus sonstigen Gründen. Was auf keinen Fall sein kann ist, dass jemand durch bloßen Zeitablauf seine deutsche Staatsangehörigkeit verliert, wie in § 29 Abs. 2 S. 2 Staatsangehörigkeitsgesetz vorgesehen. Durch das Optionsmodell werden bürokratische Unmöglichkeiten geschaffen, die wir ohne es überhaupt nicht hätten. Bereits jetzt gibt es Ausnahmen, in denen eine doppelte Staatsangehörigkeit gestattet ist. Diese Ausnahmen bringen in der Praxis keine großen Konflikte mit sich, sondern sind Ausdruck vielfältiger kultureller Identitäten in einer globalisierten Welt. Daher wird die SPD über das hier zu beschließende Gesetz hinaus weiter für die Abschaffung des Optionsmodells und die generelle Möglichkeit einer doppelten Staatsbürgerschaft eintreten. Hartfrid Wolff Das Bundesverfassungsgericht hat der Bundesregie rung eine Überarbeitung des Staatsangehörigkeitsrechts a h s e s g E h i t d S d S b m g i v r e M r m k a V l w t t r g d d s s W s S d d n ü W i w a i V e n M Zu Protokoll ge (C (D ufgegeben. Die Rücknahme der deutschen Staatsangeörigkeit bedarf demnach, wenn sie durch arglistige Täuchung, Drohung oder Bestechung erworben wurde, ines eigenen Gesetzes. Die üblichen Verwaltungsvorchriften, die seit Gründung der Bundesrepublik dazu anewandt wurden, reichen demnach dazu nicht mehr aus. ine eigengesetzliche Regelung dient der Rechtssichereit. Die FDP begrüßt daher ausdrücklich die Gesetzesnitiative der Bundesregierung. Das sensible und wichige Thema Staatsangehörigkeit muss verlässlich und urchschaubar ausgestaltet sein. Es ist sinnvoll, Kindern ab fünf Jahren einen eigenen taatsangehörigkeitsrechtsschutz zu gewähren. Zwar ist ie Begründung, sie hätten ein eigenes Bewusstsein ihrer taatsangehörigkeit entwickelt, fragwürdig. Das Staatsewußtsein von nicht schulpflichtigen Kindern scheint ir nicht geeignet zu sein, darauf wesentliche Rechtsfolen zu gründen. Was dennoch für die Regelung spricht, st, dass die betroffenen Kinder nicht unter den Rechtsergehen ihrer Eltern leiden sollten. Dagegen ist die Frist von fünf Jahren, die die Bundesegierung den Behörden zum Nachweis der unrechtmäßig rworbenen Staatsangehörigkeit setzen will, sachwidrig. it fünf Jahren ist die Frist, an der die Täuschung der echtsstaatlichen Behörden mit einer dauerhaften, rechtäßigen Staatsbürgerschaft belohnt wird, entschieden zu urz. Lediglich mit deutlich längeren Fristen, vielleicht ngelehnt an die Verjährungsfristen in § 53 Abs. 2 wVfG, kann wirksam verhindert werden, dass eine ver ockende Ziellinie vom Gesetzgeber in Aussicht gestellt ird, die die Betrüger oder Bestecher erreichen können. Auch die Regelung betreffend Dritter ist problemaisch. Eine Regelung, die synchron zu den anderen Frisen verläuft, erscheint hier vorzugwürdig. Diskussionswürdig ist die Frage, ob, wie die Bundesegierung vorschlägt, die Regelung auch rückwirkend eltend soll oder erst ab Inkrafttreten des Gesetzes. Da as Bundesverfassungsgericht für zurückliegende Fälle urchaus zur Bestätigung von solchen Rücknahmeentcheidungen gekommen ist, scheint es mir rechtsstaatlich auberer zu sein, dieses Verfahren so zu belassen und die irkung des Gesetzes sich nur ex nunc entfalten zu las en. Die Linke, stets bemüht, den Erwerb der deutschen taatsangehörigkeit so billig wie möglich zu machen, forert die Abschaffung des Optionsmodells. Die FDP hat ieses Modell seinerzeit selbst vorgeschlagen. Aber nicht ur deshalb lehnen wir den Linken-Vorstoß ab. Es hat berhaupt keinen Sinn, ein Gesetz zu ändern, für dessen irkung es noch keinerlei verwertbare Daten gibt. Statt deologisch an der Gesetzgebung herumzuschrauben, äre es sinnvoll, doch erst einmal Erfahrungsberichte bzuwarten, wie sich diese Regelung ausgewirkt hat. Für in Deutschland aufgewachsene junge Menschen st es nach Auffassung der Linken nicht zumutbar, sich bei olljährigkeit für die deutsche Staatsangehörigkeit zu ntscheiden. Sie halten auch die Mehrstaatigkeit für hinehmbar. Emotionale Bindungen ans Herkunftsland eines igranten sollen in Form der Staatsangehörigkeit beibe Dr. Michael Bürsch gebene Reden halten werden können und zusätzlich die deutsche Staatsangehörigkeit möglich sein. Diese betonte Verknüpfung von emotionalen Bindungen und Staatsangehörigkeit ist nur bedingt nachvollziehbar. Vielmehr ist es notwendig, dass sich auch Migranten der Realität stellen. Integration in die deutsche Gesellschaft kann nur gelingen, wenn man sich zu gleichen Rechten und Pflichten wie die anderen Staatsbürger in die deutsche Gesellschaft integriert und dazu steht. Doppelstaatsangehörigkeit ist außer in Sonderfällen, zum Beispiel bei Kindern aus binationalen Ehen, durchaus nicht unproblematisch. Sie kann die Integration behindern, wenn Migranten mit Doppelstaatsangehörigkeit dem Irrtum verfallen, man könne gleichzeitig politisch und kulturell zwei Nationen angehören. Migrantenschicksale zeigen oft, dass dies eben nicht möglich ist: Wer weder ganz hier sein noch ganz dort bleiben will, ist nirgendwo als gleichberechtigter Mitbürger akzeptiert, ganz unabhängig vom formalrechtlichen Status. Die Staatsangehörigkeit sollte für Migranten genauso eindeutig entschieden sein wie für geborene Mitbürger. Die Linken halten die deutsche Staatsangehörigkeit nicht für wertvoll. Sie ignorieren auch bewusst, dass erfolgreiche Zuwanderungsländer wie die USA sehr wohl von ihren Neubürgern ein klares und ausschließliches Bekenntnis zu ihrem neuen Staat fordern. Die USA verlangen beispielsweise in ihrem Einbürgerungseid einen unmißverständlichen und nachdrücklichen Loyalitätsschwur der Neubürger und zugleich eine Absage an bisherige staatsbürgerschaftliche Loyalitäten. Nur so kann nach US-Auffassung sowohl dem Neubürger als auch den Alteingesessenen das Gefühl vermittelt werden, jetzt zur neuen Staatsgesellschaft wirklich dazuzugehören. Eine Einbürgerungsregelung, die von weiten Teilen der Bevölkerung nicht akzeptiert wird, stärkt keinesfalls die Akzeptanz von Migranten. Das allerdings wäre kontraproduktiv und hilft auf dem Weg zu wirklicher Integration von Migranten in unsere Gesellschaft nicht weiter. Die Vorschläge der Linken würden den bisherigen Grundfehler deutscher Zuwanderungsund Integrationspolitik verschärfen. Dieser Fehler ist die Ignoranz, so zu tun, als gäbe es keine Probleme bei der Integration und als gäbe es keine Anforderungen und keine Werte in der deutschen Gesellschaft, die zu bewältigen, zu beherzigen oder abzuverlangen sind. Deutschland hat sich in seiner Zuwanderungspolitik bis heute den Luxus erlaubt, das Gegenteil von dem zu tun, was die erfolgreichen Zuwanderungsländer praktizieren, nämlich Steuerung der Migration durch Berücksichtigung der Qualifikation von Zuwanderern, Berücksichtigung des eigenständigen Erwerb des Lebensunterhalts; Überprüfung der sprachlichen Kompetenz und Verpflichtung auf den neuen Staat und seine Verfassung. Die Linken haben die Diskussion der letzten fünf Jahre zum Thema „Toleranz durch Wegschauen“ verschlafen und wollen blind den Weg forcieren, der überhaupt erst in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und anderswo die Integrationsprobleme verursacht hat. Die FDP lehnt solche Anträge ab. d u l n e t u g s s s d g u b S t J i h a w f m g l w s E w d A k b 2 e d S k n n S 1 2 m r d c l p d t h Zu Protokoll ge (C (D Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf reagiert die Bun esregierung auf Urteile des Bundesverfassungsgerichts nd des Bundesverwaltungsgerichts bezüglich einer fehenden klaren spezialgesetzlichen Regelung zur Rückahme der Staatsangehörigkeit. Letztlich geht es aber in rster Linie darum, den Verwaltungsbehörden und Beroffenen Rechtssicherheit zu geben, indem der Willkür nd dem unbegrenzten Ermessen der Behörden Grenzen esetzt werden. Insgesamt folgt die Bundesregierung mit den vorgechlagenen Regelungen den Empfehlungen der Sachvertändigen der Anhörung des Innenausschusses des Deutchen Bundestages vom 10. Dezember 2007 zum Antrag er Linksfraktion „Einbürgerungen erleichtern – Ausrenzungen ausschließen“ mit der Drucksache 16/1770 nd auch unseren diesbezüglichen Forderungen. Es ist zu egrüßen, dass nunmehr eine Rücknahme der deutschen taatsangehörigkeit aufgrund falscher Angaben der Beroffenen im Einbürgerungsverfahren nach mehr als fünf ahren nach der Einbürgerung grundsätzlich unzulässig st. Auch, dass von der Rücknahme aus Gründen der Verältnismäßigkeit oder des Einzelfalles nach Ermessen bgesehen werden kann, begrüßen wir. Berücksichtigt erden müssen aber noch die Folgen einer Rücknahme ür mitbetroffene Familienangehörige – insbesondere inderjährige Kinder –, denen kein Täuschungsvorwurf emacht werden kann, aber auch eine drohende Staatenosigkeit der Betroffenen. Wir kritisieren also weniger, was in Ihrem Gesetzesenturf drin steht, sondern vielmehr, was nicht in dem Ge etzesentwurf enthalten ist. Denn es besteht gerade im inbürgerungsrecht ein dringender Handlungsbedarf, ie nicht zuletzt die dramatisch sinkende Entwicklung er Einbürgerungszahlen und die Diskussionen in der nhörung des Innenausschusses zum Staatsangehörigeitsrecht erbracht haben. Denn zunehmend weniger Menschen lassen sich einürgern, meine Damen und Herren. So wurde im Jahr 000 mit 186 688 Einbürgerungen zwar ein Höchststand rreicht; doch lässt sich dieser im Wesentlichen mit Sonerfaktoren der damaligen Gesetzesänderung erklären. eitdem sank die Zahl der jährlichen Einbürgerungen ontinuierlich auf bis zu 127 153 im Jahr 2004 und nur och 113 030 im Jahr 2007 ab – und damit auf einen Wert och unterhalb der Zahl der Einbürgerungen vor der taatsangehörigkeitsreform. 1999 gab es immerhin noch 43 267 Einbürgerungen. Der Rückgang von 2000 bis 007 beträgt zwischen 32 und 40 Prozent, je nachdem, ob an Sonderfaktoren einbezieht oder nicht. Für die Linke ist diese Entwicklung der Einbürgeungszahlen nicht akzeptabel. Es ist nicht hinnehmbar, ass eine große Bevölkerungsgruppe auf Dauer von gleihen Rechten ausgeschlossen bleibt. Das demokratiepoitische Problem, dass viele Menschen in der Bundesreublik nicht die deutsche Staatbürgerschaft haben und amit trotz ihrer Pflichten von Wahlen und gleichen Rechen ausgeschlossen sind, wollen wir als die Linke nicht innehmen. Statt wie die Bundesregierung die Einbürge Hartfrid Wolff gebene Reden rungshürden immer weiter zu erhöhen, wollen wir die Einbürgerung grundlegend erleichtern. Deshalb fordern wir in unserem Antrag nicht nur klare Grenzen für die Rücknahme der Staatsangehörigkeit, sondern auch eine großzügige Regelung für den Fall des Verlustes der Staatsangehörigkeit. Denn seit Aufhebung der sogenannten Inlandsklausel in § 25 Abs. 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes zum 1. Januar 2000 durch die rot-grüne Bundesregierung führt der (Wieder-)Erwerb einer anderen Staatangehörigkeit zum unmittelbaren Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit. Die Neuregelung wurde auch als „Lex Turka“ bezeichnet, weil sie insbesondere den gängigen und von türkischen Behörden geförderten Wiedererwerb der türkischen Staatsbürgerschaft nach einer Einbürgerung unterbinden sollte. Einer breiteren Öffentlichkeit und auch vielen Betroffenen wurde die Problematik erst nach Presseberichten im Jahr 2005 bekannt. Seitdem haben übrigens die damals verantwortlichen Vertreterinnen und Vertreter der rot-grünen Bundesregierung keine Gelegenheit ausgelassen, sich als betroffen und mitfühlend zu zeigen. In der Folge dieser Rechtslage lebt eine unbekannte Zahl von Menschen in der Bundesrepublik, die als Deutsche gelten, die deutsche Staatsbürgerschaftsrechte in Anspruch nehmen und die sich selbst als deutsche Staatsangehörige sehen – die aber streng juristisch betrachtet längst keine mehr sind. Hieraus ergeben sich nicht nur unzumutbare Belastungen für die Betroffenen und ihre Familienangehörigen, sondern auch unübersehbare Folgeprobleme für die Gesamtgesellschaft wie zum Beispiel die Frage der Gültigkeit von Wahlen. Ob Betroffene infolge des Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit sogar ihr Aufenthaltsrecht in Deutschland für immer verlieren, hängt vom Einzelfall und von der konkreten Rechtsauslegung bzw. -anwendung ab. Vor dem Hintergrund dieser drohenden Folgen kann von den Betroffenen realistischerweise kaum eine „Selbstöffenbarung“ erwartet werden. Nicht zuletzt deshalb, weil ihren Kindern möglicherweise gar die zwangsweise Ausreise aus ihrem Geburtsland droht. Deshalb fordern wir als Linksfraktion schon aus humanitären Gründen eine Amnestieregelung. Auch hinsichtlich der sogenannten Optionspflicht, bei der Jugendliche zwischen 18 und 23 Jahren gezwungen werden, sich zwischen der deutschen und der Staatsangehörigkeit ihrer Eltern zu entscheiden, sieht die Bundesregierung nach wie vor keinen Regelungsbedarf. Für uns ist es auch eine Sache von Gerechtigkeit, dass alle in einem Land geborenen Kinder, die alle gleichsam unschuldig sind, die gleichen Grundvoraussetzungen haben sollen, also etwa die Staatsbürgerschaft und die damit verbundenen Rechte und Pflichten. Für Kinder bildet natürlich die Gesellschaft, in der sie aufwachsen, den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen und daher sollten sie nicht als Menschen behandelt werden, über deren Zugehörigkeit zu dieser Gesellschaft später noch einmal entschieden werden muss. z r z a n s e h g v I p n d k d t d g R B k s s m g g im u b a b a t n I d g u b T k m s e d r b r e d ü Zu Protokoll ge (C (D Schon gar nicht sollten Kinder ausländischer Eltern wischen der deutschen Staatsangehörigkeit oder der iher Eltern entscheiden müssen. Dieser Entscheidungswang wird der Lebenssituation der mit mehreren Staatsngehörigkeiten aufgewachsenen jungen Erwachsenen icht gerecht. Die Sachverständigen der Anhörung des Innenauschusses zum Staatsangehörigkeitsrecht äußerten deshalb instimmig erhebliche Zweifel an der Praktikabilität, Sinnaftigkeit und sogar an der Verfassungsmäßigkeit der Reelung. Sie gehört deshalb ersatzlos abgeschafft! Die Bundesregierung hat in einer Pressemitteilung om 4. Juni 2008 die Zahl der Einbürgerungen als einen ndikator für „Integrationserfolge“ im Rahmen des gelanten bundesweiten „Integrationsmonitorings“ beannt. Wenn dem so ist, dann ist es um die Integration in iesem Lande allerdings schlecht bestellt. Um diesen Missstand zu beheben, reichen aber eben eine Sonntagsreden aus, wie sie die Bundesbeauftragte er Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Inegration Maria Böhmer immer wieder macht. Wenn erst urch den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit Mirantinnen und Migranten die vollen staatsbürgerlichen echte und Pflichten in diesem Land erhalten – wie Frau öhmer in ihrer Pressemitteilung vom 9. Juli 2008 – erlärt, dann soll sie endlich was tun, damit Menschen nicht tändig neue Hürden zur Einbürgerung überwinden müsen. Das Werben der Integrationsbeauftragten Böhmer für ehr Einbürgerungen hinterlässt auch einen faden Nacheschmack. Denn die jüngsten gesetzlichen Verschärfunen des Staatsangehörigkeitsgesetzes werden ausdrücklich „Siebten Bericht über die Lage der Ausländerinnen nd Ausländer in Deutschland“ befürwortet. Eine Einürgerungskampagne kann – so begrüßenswert diese uch sein mag – die restriktive Rechtslage nicht aufheen. Aber die Rechtslage und Realität wird ja inzwischen uch verleugnet. In einer Pressemitteilung der Integraionsbeauftragten Böhmer vom 13. Oktober scheint sie ämlich jeglichen Bezug zur Realität verloren zu haben. n der Erklärung spricht sie von einer „erfreulichen Tenenz zu einer verstärkten Einbürgerung“, die „für eine elingende Integration in Ausbildung und Arbeitsmarkt nabdingbar“ sei. Wie die von mir bereits genannten Einürgerungszahlen der letzten Jahre zu einer erfreulichen endenz zu mehr Einbürgerung uminterpretiert werden önnen, bleibt das Rätsel der Bundesbeauftragten. Recht hat sie damit, dass Migrantinnen und Migranten it deutscher Staatsangehörigkeit höhere Bildungsab chlüsse erreichen und mehr beruflichen Erfolg als nicht ingebürgerte haben. Das ergibt die heute vorgelegte Stuie des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarktund Beufsforschung. Mehr als die Hälfte der in Deutschland leenden türkischen Staatsbürger zwischen 26 und 35 Jahen hat nach der Studie keinen Berufsabschluss. Bei den ingebürgerten Türken seien nur ein Drittel, so die Stuie. Ernst zu nehmen war das Gerede von Frau Böhmer ber das Ziel einer verstärkten Einbürgerung noch nie. gebene Reden Sevim DaðdelenSevim Dağdelen Sevim DaðdelenSevim Dağdelen Und nach wie vor lehnt sie alle Maßnahmen zur erleichterten Einbürgerung ab. Eine erfreuliche Tendenz zur verstärkten Einbürgerung könnte sie erreichen, würde endlich die Optionspflicht abgeschafft und die Mehrstaatlichkeit endlich zugelassen. Die Zahl der Einbürgerungen könnte so rapide erhöht werden. Wie auch Frau Böhmer im Working Paper 17 der Forschungsgruppe des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nachlesen kann, verdoppeln sich die Einbürgerungsabsichten, wenn es die Möglichkeit gäbe, die deutsche Staatsangehörigkeit zusätzlich zur aktuellen Staatsangehörigkeit zu erwerben. Die Erfahrungen in den Niederlanden aus den Jahren der zeitweiligen Zulassung der Mehrfachstaatsangehörigkeit von 1992 bis 1997 stützen diese Annahme. In benanntem Zeitraum stieg die Einbürgerungsrate nämlich auf bis zu 11,4 Prozent an – in Deutschland beträgt sie demgegenüber derzeit jämmerliche 1,6 Prozent! Statt also immer nur von Integration zu schwätzen und zugleich neue Hürden und Gesetzesverschärfungen mit ausgrenzender Wirkung zu beschließen, muss die Bundesregierung endlich die notwendigen Voraussetzungen für erleichterte und vereinfachte Einbürgerungen schaffen. Ich fordere deshalb die Bundesregierung auf, neue Wege zu gehen – auch wenn es schwer fällt. Integration gelingt nicht durch Ausgrenzung und durch den Aufbau immer höherer Hürden! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf möchte die Bun desregierung zwei Urteile des Bundesverfassungsgerichts zur Rücknahme einer Einbürgerung bei arglistiger Täuschung umsetzen. Das Bundesverfassungsgericht hat geurteilt, dass eine rechtswidrige Einbürgerung unter bestimmten Voraussetzungen zurückgenommen werden kann. Allerdings wurde der Gesetzgeber aufgefordert, hierbei auf die Rechtstellung von Kindern rechtswidrig eingebürgerter Personen besondere Rücksicht zu nehmen. Aus fachlicher Sicht bestehen gegen diesen Gesetzentwurf der Bundesregierung keine grundsätzlichen Bedenken. Einzelne Punkte sollten jedoch bürgernäher gefasst werden. So will zum Beispiel die Bundesregierung nur Kinder bis zum Alter von fünf Jahren von einer Rücknahme bewahren. Wir jedoch halten – im Einklang mit dem Europäischen Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit vom 6. November 1997, auf das das Bundesverfassungsgerichts-Urteil 2 BvR 96/04 in Randziffer 25 Bezug nimmt – eine Altersgrenze von 18 Jahre für rechtlich möglich und angemessen. Integrationspolitisch ist dieser Gesetzentwurf allerdings zu kurz gegriffen, denn er regelt wirklich nur die Umsetzung der Rücknahmeurteile des Bundesverfassungsgerichtes und keine weiteren, ebenfalls drängenden Fragen im Bereich des Staatsangehörigkeitrechts. Dies ist angesichts der dramatisch gesunkenen Einbürgerungszahlen völlig unzureichend. So fehlt zum Beispiel im Gesetzentwurf eine Regelung zur Abschaffung des sogenannten Optionszwangs. s z a h d g A f n d r a w b j w h g V s h a s b d s D r w t i h u b b w f G z S v d I B G s d s z d i s F (C (D Außerdem hat die Bundesregierung die Chance veräumt, endlich eine Lösung für diejenigen Menschen voruschlagen, die durch die Annahme einer anderen Staatsngehörigkeit die deutsche Staatsangehörigkeit verloren aben. Hier sollte nach dem Grundsatz verfahren weren, dass der aufenthaltsrechtliche Status vor der Einbürerung – also in den allermeisten Fällen ein unbefristetes ufenthaltsrecht – wieder erteilt wird, sodass die Betrof enen schnellstmöglich wieder eingebürgert werden könen. Es ist schlicht nicht nachvollziehbar, dass Menschen, ie schon einmal ein erfolgreiches Einbürgerungsverfahen durchlaufen hatten, jetzt sozusagen bei Adam und Eva nfangen sollen. Es ist integrationspolitischer Nonsens, enn Menschen, die mit ihrer Einbürgerung gezeigt haen, dass sie in dieser Gesellschaft angekommen sind, etzt nicht nur rechtlich wieder als Ausländer behandelt erden, sondern auch noch einen schlechteren Aufentaltsstatus bekommen als vor der ursprünglichen Einbürerung. Wir werden abwarten müssen, ob und, wenn ja, welche erschärfungsvorschläge des Bundesrates zu diesem Geetzentwurf die Große Koalition übernimmt. Die Länder aben ja in den Ausschüssen das gesamte Arsenal ihrer ltbekannten Anträge aufgefahren, zum Beispiel die erchwerte Einbürgerung von Flüchtlingen im Widerrufzw. Rücknahmeverfahren, die Rücknahme des Jus soli, ie Einfügung einer neuen Strafvorschrift für Täuchungsversuche im Einbürgerungsverfahren etc. Eine demokratisch verfasste Gesellschaft kann auf auer nur funktionieren, wenn nicht große Bevölke ungsteile von einer vollen Partizipation ausgeschlossen erden. Eine volle politische Teilhabe der Eingewander en bzw. hier geborenen Inländer mit ausländischem Pass st aber nur über den Erwerb der deutschen Staatsangeörigkeit möglich. Knapp 1,5 Millionen Migrantinnen nd Migranten haben sich in den letzten 25 Jahren einürgern lassen. Im internationalen Vergleich ist die Einürgerungsquote in Deutschland aber sehr niedrig. Dies ollen wir ändern. Wir wollen, dass sich mehr Menschen ür die Einbürgerung entscheiden, weil sie sich mit dieser esellschaft und diesem Staat identifizieren können. Der jahrelange Rückgang der Einbürgerungszahlen eigt: Noch immer ist es in Deutschland zu schwierig, die taatsbürgerschaft zu erlangen, und zu einfach, sie zu erlieren. Daher müssen die Einbürgerungsbedingungen ringend verbessert werden, um dem Ziel der rechtlichen ntegration gerecht zu werden. Um dies zu ändern, haben ündnis 90/Die Grünen bereits im September 2006 einen esetzentwurf zur Änderung des Staatsangehörigkeitsge etzes vorgelegt Es bleibt zu hoffen, dass die große Koalition, die sich ie Förderung der Integration ja groß auf die Fahne gechrieben hat, unseren Gesetzesvorschlägen doch noch ustimmt. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf en Drucksachen 16/10528, 16/9165 und 16/9654 an die n der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgechlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen. Vizepräsidentin Dr. h. c Susanne Kastner Ich rufe den Tagesordnungspunkt 31 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Veröffentlichung von Informationen über die Zahlung von Mitteln aus den Europäischen Fonds für Landwirtschaft und Fischerei (Agrarund Fischereifonds-Informationen-Gesetz – AFIG)


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Rede von Dr. Michael Bürsch
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)




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  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Sevim Dağdelen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)





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