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    Plenarprotokoll 16/180 wurfs eines Gesetzes zur Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in der Kin- dertagespflege (Kinderförderungs- gesetz – KiföG) (Drucksachen 16/10173, 16/10357) . . – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 16/10358) . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – zu dem Antrag der Abgeordneten Britta Haßelmann, Krista Sager, Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- 16/10357) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – zu dem Antrag der Abgeordneten Ina Lenke, Carl-Ludwig Thiele, Sibylle Laurischk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Sofortpro- gramm für mehr Kinderbetreuung – zu dem Antrag der Abgeordneten Ekin Deligöz, Christine Scheel, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Verbindlichen Ausbau der Kindertagesbetreuung jetzt re- geln – Verlässlichkeit für Familien 19235 B 19235 B 19235 D Deutscher B Stenografisc 180. Si Berlin, Freitag, den 2 I n h a Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Dr. Hans-Heinrich Jordan . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 32: a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung von Kin- dern unter drei Jahren in Tagesein- richtungen und in der Kindertages- pflege (Kinderförderungsgesetz – KiföG) (Drucksachen 16/9299, 16/10357) . . . – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- 19235 A 19235 B NEN: Bildungspolitische Katastro- phe verhindern – Betreuungsgeld eine Absage erteilen undestag her Bericht tzung 6. September 2008 l t : – zu dem Antrag der Abgeordneten Ina Lenke, Sibylle Laurischk, Miriam Gruß, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Faire Chancen für private und privat-gewerbliche An- bieter bei der Kinderbetreuung – ohne weiteres Zögern Entwurf des Kinderförderungsgesetzes vorlegen – zu dem Antrag der Abgeordneten Diana Golze, Klaus Ernst, Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Öffentliche Kinderbetreuung ausbauen – Kom- merzialisierung der Kinder- und Ju- gendhilfe vermeiden (Drucksachen 16/7114, 16/8406, 16/9305, schaffen (Drucksachen 16/5114, 16/542 16/6534). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6, . 19236 A II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 180. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2008 d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – zu dem Antrag der Abgeordneten Ina Lenke, Miriam Gruß, Sibylle Laurischk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Chancenge- rechtigkeit von Beginn an – zu dem Antrag der Abgeordneten Diana Golze, Klaus Ernst, Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Kinderbetreu- ungsausbau mit mehr Mitteln, Fach- kräften und Qualität ausstatten – Rechtsanspruch auf Ganztagsbe- treuung 2010 einführen – zu dem Antrag der Abgeordneten Ekin Deligöz, Grietje Bettin, Kai Gehring, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Angebot und Qualität der Kinder- tagesbetreuung schneller und ver- lässlicher ausbauen – Realisierung nicht erst 2013 (Drucksachen 16/6597, 16/6601, 16/6607, 16/6817) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Miriam Gruß (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Nicolette Kressl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Pieper (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . Ingrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michaela Noll (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Caren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . Miriam Gruß (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kerstin Griese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19236 B 19236 C 19238 A 19240 A 19241 C 19242 D 19243 C 19244 D 19246 A 19247 D 19248 B 19248 C 19249 C 19251 A 19252 B 19253 D 19254 B 19255 B 19255 D 19257 A Tagesordnungspunkt 33: Antrag der Abgeordneten Daniel Bahr (Müns- ter), Heinz Lanfermann, Dr. Konrad Schily, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Gesundheitsfonds und staatliche Bei- tragssatzfestsetzung in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht einführen (Drucksache 16/9805) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . . . Hildegard Müller, Staatsministerin BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Ulla Schmidt, Bundesministerin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU) . . . . . . Heinz Lanfermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Peter Friedrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 34: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) (Drucksache 16/10144) . . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Ute Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 36: Antrag der Abgeordneten Heidrun Bluhm, Katrin Kunert, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Wohngelderhöhung vorziehen (Drucksache 16/10319) . . . . . . . . . . . . . . . . . Heidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Gero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 19259 D 19260 A 19262 A 19265 B 19267 D 19269 D 19272 A 19274 A 19275 B 19277 C 19278 C 19280 C 19281 D 19282 C 19282 C 19283 C 19284 C 19286 B 19287 A 19287 D 19288 C 19288 D 19289 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 180. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2008 III Joachim Günther (Plauen) (FDP) . . . . . . . . . . Sören Bartol (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 37: Antrag der Abgeordneten Ekin Deligöz, Irmingard Schewe-Gerigk, Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bessere Un- terstützung für Alleinerziehende (Drucksache 16/10257) . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Thomas Dörflinger (CDU/CSU) zur Abstim- er den Entwurf eines Gesetzes zur g von Kindern unter drei Jahren in richtungen und in der Kindertages- inderförderungsgesetz – KiföG) dnungspunkt 32 a) . . . . . . . . . . . . . . koll gegebene Reden zur Beratung ags: Bessere Unterstützung für Al- hende (Tagesordnungspunkt 37) Winkelmeier-Becker /CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . pez (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . einecke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . aurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . nderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . ßelmann (BÜNDNIS 90/ RÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 1 1 1 1 1 19296 B 19296 D 19298 D 19299 D 19300 D 19301 C 19302 B 19302 D mung üb Förderun Tagesein pflege (K (Tagesor Anlage 3 Zu Proto des Antr leinerzie Elisabeth (CDU Helga Lo Dieter St Sibylle L Jörn Wu Britta Ha DIE G Anlage 4 Amtliche 9290 C 9291 B 9291 D 9292 D 9293 D 9294 C 9295 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 180. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2008 19235 (A) (C) (B) (D) 180. Si Berlin, Freitag, den 2 Beginn: 9
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    1) Anlage 3 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 180. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2008 19295 (A) (C) (B) (D) Herlitzius, Bettina BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.09.2008 Schmidt (Mülheim), Andreas CDU/CSU 26.09.2008 Hartmann (Wackernheim), Michael SPD 26.09.2008 Schmidt (Nürnberg), Renate SPD 26.09.2008 Anlage 1 Liste der entschuldi Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Ackermann, Jens FDP 26.09.2008 Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.09.2008 Beck (Reutlingen), Ernst-Reinhard CDU/CSU 26.09.2008* Dr. Berg, Axel SPD 26.09.2008 Blumentritt, Volker SPD 26.09.2008 Bollen, Clemens SPD 26.09.2008 Brunnhuber, Georg CDU/CSU 26.09.2008 Bulling-Schröter, Eva DIE LINKE 26.09.2008 Dr. Bunge, Martina DIE LINKE 26.09.2008 Caspers-Merk, Marion SPD 26.09.2008 Dreibus, Werner DIE LINKE 26.09.2008 Frechen, Gabriele SPD 26.09.2008 Freitag, Dagmar SPD 26.09.2008 Friedhoff, Paul K. FDP 26.09.2008 Gabriel, Sigmar SPD 26.09.2008 Dr. Geisen, Edmund FDP 26.09.2008 Göppel, Josef CDU/CSU 26.09.2008 Grosse-Brömer, Michael CDU/CSU 26.09.2008 Dr. Freiherr zu Guttenberg, Karl-Theodor CDU/CSU 26.09.2008 Gutting, Olav CDU/CSU 26.09.2008 Hänsel, Heike DIE LINKE 26.09.2008 Haibach, Holger CDU/CSU 26.09.2008 Anlagen zum Stenografischen Bericht gten Abgeordneten Hintze, Peter CDU/CSU 26.09.2008 Hinz (Essen), Petra SPD 26.09.2008 Hochbaum, Robert CDU/CSU 26.09.2008 Hoffmann (Wismar), Iris SPD 26.09.2008 Jung (Karlsruhe), Johannes SPD 26.09.2008 Kasparick, Ulrich SPD 26.09.2008 Kaster, Bernhard CDU/CSU 26.09.2008 Klug, Astrid SPD 26.09.2008 Lafontaine, Oskar DIE LINKE 26.09.2008 Lenke, Ina FDP 26.09.2008 Leutheusser- Schnarrenberger, Sabine FDP 26.09.2008 Lips, Patricia CDU/CSU 26.09.2008 Merten, Ulrike SPD 26.09.2008 Möller, Kornelia DIE LINKE 26.09.2008 Mortler, Marlene CDU/CSU 26.09.2008 Pronold, Florian SPD 26.09.2008 Raidel, Hans CDU/CSU 26.09.2008 Reichel, Maik SPD 26.09.2008 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.09.2008 Schauerte, Hartmut CDU/CSU 26.09.2008 Schily, Otto SPD 26.09.2008 Schirmbeck, Georg CDU/CSU 26.09.2008 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 19296 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 180. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2008 (A) (C) (B) (D) * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der OSZE Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Thomas Dörflinger (CDU/ CSU): zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege (Kinderförderungsgesetz – KiföG) (Tagesordnungspunkt 32 a) Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird eine Reihe von Verbesserungen in der Kindertagespflege umgesetzt, die meine ausdrückliche Unterstützung finden. Dies gilt für den Ausbau der Angebote an Kinderbetreuung für unter Dreijährige sowohl in Tagesbetreuungseinrichtun- gen wie in der Tagespflege. Damit einher geht eine Ver- besserung in der Qualifikation und der Honorierung für in der Tagespflege Beschäftigte, was sowohl im Inte- resse der betreuten Kleinkinder richtig als auch arbeits- marktpolitisch sinnvoll ist. Der Gesetzentwurf weist jedoch einen schwerwiegen- den Mangel auf, weswegen ich ihm meine Zustimmung nicht zu geben vermag. Die Einführung eines Rechtsan- Schultz (Everswinkel), Reinhard SPD 26.09.2008 Schwanitz, Rolf SPD 26.09.2008 Seehofer, Horst CDU/CSU 26.09.2008 Staffelt, Grietje BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.09.2008 Steppuhn, Andreas SPD 26.09.2008 Dr. Stinner, Rainer FDP 26.09.2008 Teuchner, Jella SPD 26.09.2008 Dr. Troost, Axel DIE LINKE. 26.09.2008 Ulrich, Alexander DIE LINKE. 26.09.2008 Dr. Volkmer, Marlies SPD 26.09.2008 Wellmann, Karl-Georg CDU/CSU 26.09.2008** Wieczorek-Zeul, Heidemarie SPD 26.09.2008 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 26.09.2008 Zeil, Martin FDP 26.09.2008 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich spruchs auf frühkindliche Förderung in einer Tagesein- richtung oder in Kindertagespflege für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr ab dem l. August 2013 ist in mehrfacher Hinsicht abzulehnen: Erstens. Das politische Ziel der Bundesregierung, für durchschnittlich 35 Prozent der Kinder unter drei Jahren eine Betreuungsmöglichkeit vorzusehen, ist mit dem Rechtsanspruch ab 2013 nicht vereinbar. Der Rechtsan- spruch hat mindestens optional eine Betreuungsquote von 100 Prozent, nicht von 35 Prozent zur Folge. Damit wird der Flächendeckung Priorität gegenüber der Be- darfsgerechtigkeit eingeräumt. Zweitens. Der Gesetzgeber räumt selbstredend über- all dort einen Rechtsanspruch ein, wo er die Erwartung hegt, durch größtmögliche Inanspruchnahme des Rechtsanspruchs träte eine Situation ein, die dem Ideal- zustand möglichst nahe kommt. Exemplarisch seien hierfür der Rechtsanspruch auf Eltern-Kind-Kuren im SGB V oder der Rechtsanspruch auf einen Kindergarten- platz im SGB VIII genannt. Die größtmögliche Inan- spruchnahme des Rechtsanspruchs auf einen Krippen- platz für unter Dreijährige hätte zur Folge, dass Kinder lediglich in ihrem ersten Lebensjahr in der eigenen Fa- milie, danach aber durchgängig extern betreut werden. Dies ist aus entwicklungspsychologischer Sicht nach- weislich falsch und daher abzulehnen. Drittens. Leider folgt der Gesetzgeber auch mit dem vorliegenden Gesetzentwurf seiner offensichtlichen Ma- xime, Kinder und Familie so zu organisieren, dass sie dem Erwerbsleben ihrer Eltern möglichst wenig im Wege stehen. Um die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit nachhaltig zu verbessern, hätte es statt- dessen des umgekehrten Weges bedurft, nämlich das Er- werbsleben so zu organisieren, dass Kinder und Familie in ihm ausreichend Raum finden und den Eltern die Be- treuung ihrer Kinder trotz gleichzeitiger Erwerbstätig- keit ohne Inanspruchnahme externer Hilfen möglich ist. Dazu hätte es freilich größerer Anstrengungen in Rich- tung Teilzeitarbeit, Telearbeit, Wiedereinstiegs- oder besser: Berufsbegleitende Maßnahmen für Eltern sowie geschlechterneutrale Bezahlung bedurft, bei denen Ge- setzgeber wie Wirtschaft gleichermaßen in der Pflicht gestanden hätten. Aus den genannten Gründen vermag ich dem Gesetz- entwurf der Bundesregierung und der Koalitionsfrak- tionen nicht zuzustimmen. Anlage 3 Zu Protokoll gegebenen Reden zur Beratung des Auftrags: Bessere Unterstüt- zung für Alleinerziehende (Tagesordnungs- punkt 37) Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU): Mit großer Mehrheit haben wir heute Morgen das Kinderför- derungsgesetz (KiföG) verabschiedet, das den Ausbau eines qualitativ hochwertigen Betreuungsangebots für Kinder unter drei Jahren regelt. Ab dem 1. August 2013 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 180. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2008 19297 (A) (C) (B) (D) besteht damit ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungs- platz für alle Kinder vom vollendeten ersten bis zum vollendeten dritten Lebensjahr. Und auch schon während der Aufbauphase bis zum 31. Juli 2013 werden die Kri- terien für die Inanspruchnahme von Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren erweitert. 30 Prozent der neuen Plätze sollen in der Kindertagespflege geschaffen werden. Der Bund beteiligt sich mit 4 Milliarden Euro zu einem Drittel an den Ausbaukosten. Das KiföG steht nicht als isolierte Maßnahme da: Es steht in einer langen Reihe von Maßnahmen, mit denen wir in dieser Legislaturperiode die Vereinbarkeit von Fa- milie und Beruf effektiv verbessert haben: angefangen mit dem Elterngeld, das jungen berufstätigen Eltern nach der Geburt eines Kindes bis zu 14 Monate lang einen weitgehenden Einkommensersatz bietet, wenn sie für die Kinderbetreuung auf Berufseinkommen verzichten; da- neben die bessere steuerliche Absetzbarkeit von Betreu- ungskosten und haushaltsnahen Dienstleistungen. Von all dem profitieren auch und gerade Alleinerziehende, denn für sie sind die Vereinbarkeit von Familie und Be- ruf und eine flächendeckende Kinderbetreuung von exis- tenzieller Bedeutung. Die Verabschiedung des KiföG ist damit ein ganz entscheidender und sehr konkreter Schritt für eine „bessere Unterstützung von Alleinerziehenden“. Und damit komme ich zum Antrag der Grünen. Es ist richtig, dass Alleinerziehende und deren Kinder häufiger als Familien mit zwei Eltern im selben Haushalt von Ar- mut bedroht sind. Das belegen die Zahlen: 2,2 Millionen Alleinerziehende leben in Deutschland – 95 Prozent da- von Frauen; ca. ein Drittel von ihnen lebt – zum Teil so- gar trotz einer eigenen Berufstätigkeit – in Armut bzw. Armutsgefährdung, also mit bis zu 60 Prozent des Medi- aneinkommens. Von den rund 0,9 Millionen Alleinerzie- henden, die in den letzten 10 Jahren hinzugekommen sind, gehören 0,8 Millionen zu den wirtschaftlich Schwachen. Das ist auch nicht verwunderlich: Wenn sich ein Paar trennt, steigt der Bedarf. Nehmen wir ein Paar mit 2 Kindern: Wenn sich dieses trennt, steigt der Mittelbedarf gegenüber einer vierköpfigen Familie um rund 9 400 Euro. Das kann häufig nicht über zusätzliche Einkünfte erwirtschaftet werden und fördert dann den wirtschaftlichen Abstieg. Es gibt aber auch Zahlen, die Mut machen: So schaf- fen in etwa ein Drittel der Alleinerziehenden, die in Ar- mut leben, innerhalb von zwei Jahren den Weg hinaus aus der finanziellen Krise. Das heißt, die Alleinerziehen- den brauchen etwas Zeit, sind dann aber auch häufig in der Lage, ihre Situation besser zu gestalten und sich wirtschaftlich selbstständig zu machen. Das ist eine Leistung, die wir in hohem Maße anerkennen. Damit das künftig noch besser gelingt, haben wir vieles unternom- men, und das ist sicher unser gemeinsames Ziel. Bevor ich auf einzelne Forderungen Ihres Antrags eingehe – ein Teil hat sich ja bereits erledigt –, sage ich gerne etwas zum Anstieg der Zahl der Einelternfamilien und auch zu den Ursachen von Armut und den besonde- ren Belastungen solcher Familien. Übersehen wird oft – und auch in Ihrem Antrag verlieren Sie darüber kein Wort –, dass die Zunahme der Zahl der Alleinerziehen- den nicht primär politische Ursachen hat, sondern meis- tens auf privaten Entscheidungen beruht. Das soll aus- drücklich nicht heißen: selber schuld und dem Staat deshalb egal. Wir erkennen ausdrücklich an, dass allein- erziehende Eltern oft einer besonderen Belastung ausge- setzt sind, nicht nur durch finanzielle Einschränkungen, sondern auch durch besondere Schwierigkeiten bei der Bewältigung des Alltags, wenn man Kinderbetreuung und Haushaltsorganisation alleine bewältigen muss; das schildern Sie in Ihrem Antrag ja richtig. Wer sich dieser Aufgabe stellt und für seine Kinder da ist, leistet viel für die Gesellschaft und das verdient Anerkennung. Aber jedes Kind hat normalerweise von Geburt an Mutter und Vater. Diese beiden sind gleichermaßen für seine Erziehung, sein Wohlergehen und seinen Unterhalt verantwortlich. Das bleibt auch so, wenn die beiden aus- einandergehen. Wenn sich das Elternpaar trennt, dann leistet meistens einer der Partner, bei dem die Kinder ih- ren Lebensmittelpunkt haben, seinen Erziehungsbeitrag durch Betreuung und Versorgung; der andere Partner muss seinen Teil vor allem als Geldleistung beitragen. Er ist es aber auch – das möchte ich bei dieser Gelegenheit gerne einmal betonen – weiterhin seinen Kindern schul- dig, sich um sie zu kümmern, an ihrem Leben Anteil zu nehmen und regelmäßig auch Zeit mit ihnen zu verbrin- gen. Beide Eltern sind verpflichtet, dies möglich zu ma- chen und einen eigenen Beziehungskonflikt, den es in Trennungssituationen oft gibt, zurückzustellen. Alleinerziehende geraten oft deshalb in finanzielle Not, weil der getrennt lebende Partner – ganz überwie- gend der Vater – gar keinen oder zu wenig Unterhalt be- zahlt. Zuallererst wären hier also diejenigen Partner ver- antwortlich, die sich ihren Zahlungspflichten entziehen und ihre Kinder finanziell im Stich lassen; die manchmal neue Unterhaltspflichten eingehen – in einer zweiten Fa- milie –, obwohl sie wissen, dass sie dann nicht für alle so sorgen können, wie es eigentlich ihre Pflicht wäre; die Einkommen verschweigen oder sich ins Ausland abset- zen und sich so manchmal sogar in krimineller Weise ih- ren Zahlungspflichten entziehen. Doch auch wenn es eigentlich Sache der Eltern wäre, für den Unterhalt ihrer Kinder zu sorgen – von anderen Eltern, die zusammenleben und aus ihrer Berufstätigkeit ein durchschnittliches Einkommen erzielen, verlangen wir das ganz selbstverständlich –, stiehlt sich der Staat nicht aus der Verantwortung, wenn eine alleinerziehende Mutter auf Unterstützung angewiesen ist: Der Staat hilft bei der gerichtlichen Durchsetzung von Unterhaltsan- sprüchen, indem die Kommunen das für die Mütter un- ternehmen, oder auch durch Prozesskostenhilfe, die aus den Kassen der Bundesländer gezahlt wird. Wenn der Unterhaltspflichtige nicht zahlt, springt der Staat mit dem Unterhaltsvorschuss ein. Und wenn das alles nicht reicht, dann greifen Leistungen nach den allgemeinen Sozialgesetzen. Dann wird Wohngeld gezahlt, das wir gerade wirklich spürbar erhöht haben, oder Kinderzu- schlag, der ebenfalls gerade reformiert und in seinem Anwendungsbereich ausgeweitet worden ist. Nach die- sen Gesetzen erhalten alle, die in Bedürftigkeit geraten, und damit eben auch viele Alleinerziehende in dieser Si- tuation die nötige Unterstützung. 19298 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 180. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2008 (A) (C) (B) (D) In ihrem Antrag haben die Grünen eine bunte Wunschliste mit Forderungen zusammengeschrieben, die zu einem großen Teil bereits eingeleitet oder umge- setzt werden, und zwar zum Wohle aller Familien und aller Kinder, nicht nur von Alleinerziehenden. Bei man- chen Punkten haben die Antragsverfasser offenbar den Titel ihres Antrags selbst aus den Augen verloren, etwa wenn sie in epischer Breite besser qualifiziertes Personal in der Kinderbetreuung fordern. Wieso kommt das aus- gerechnet und in besonderem Maße den Alleinerziehen- den zugute? Haben Eltern, die zusammenleben, ein geringeres Interesse an der Qualifizierung des Betreu- ungspersonals? Ich könnte weitere Beispiele nennen: die Verbesserung der Ausbildungsförderung, den Betreu- ungsbedarf für Kinder Studierender etc. Das sind The- men, die alle Kinder und Eltern betreffen – nicht nur die Kinder von Alleinerziehenden. Auf einige Punkte möchte ich noch kurz eingehen: Was Ausbau und Qualität der Kinderbetreuungseinrich- tungen angeht, habe ich eingangs schon auf das KiföG hingewiesen, das den Rechtsanspruch auf Betreuung ab dem zweiten Lebensjahr begründet, ab 2013, d. h. so schnell es eben geht. Das Ganztagsschulprogramm läuft noch bis Ende nächsten Jahres. Drei der veranschlagten 4 Milliarden Euro wurden bereits abgerufen und sind in Ausbau und Weiterentwicklung neuer Ganztagschulen, die Schaffung zusätzlicher Plätze an bestehenden Ganz- tagsschulen oder die qualitative Weiterentwicklung von Ganztagsangeboten geflossen. In Nordrhein-Westfalen durften unter Rot-Grün übrigens jahrzehntelang nur Ge- samtschulen als Ganztagsschulen ausgebaut werden, das hat die Regierung Rüttgers schnell geändert und eine be- sondere Priorität darauf gelegt, dass vor allem der Aus- bau der Hauptschulen zu Ganztagsschulen gefördert wird. Weitere Ganztagsschulen in allen Schulformen wird es sicherlich geben. Das zu entscheiden und voran- zutreiben ist allerdings Sache der Länder. Wenig überraschend ist mal wieder die Forderung nach teilweiser Abschaffung des Ehegattensplittings, ob- wohl das ja bekanntlich ganz überwiegend Elternpaaren mit Kindern zugutekommt. Denn ein größerer Einkom- mensunterschied kommt ja gerade in den Fällen zu- stande, wo ein Elternteil wegen der Kindererziehung seine Berufstätigkeit einschränkt. Es wird Sie nicht über- raschen, dass wir einem solchen Vorschlag zur Gegenfi- nanzierung familienpolitischer Maßnahmen nicht zu- stimmen werden. Es ist im Übrigen nicht so, dass Alleinerziehende grundsätzlich keinen entsprechenden Steuervorteil hät- ten: Der Unterhalt, der an getrennt lebende oder geschie- dene Ehefrauen gezahlt wird, kann bekanntlich im Wege des Realsplittings geltend gemacht werden; das kommt ebenfalls dem Elternpaar zugute und führt unterm Strich dazu, dass der Unterhaltsbetrag der alleinerziehenden Mutter höher ausfällt. Zum Kinderzuschlag: Den haben wir gerade refor- miert und in einem ersten Schritt ein kleines Wahlrecht eingeführt. Alleinerziehende und all die Personengrup- pen, die einen Mehrbedarf haben, können sich entweder für den Mehrbedarfszuschlag oder für den Kinderzu- schlag entscheiden, um nicht auf Sozialtransfers ange- wiesen zu sein. Natürlich ist es ein Leichtes, auch an die- ser Stelle wieder mehr zu fordern. Sie alle haben die Debatten um den Kinderzuschlag verfolgt und wissen daher, dass wir hier herausgeholt haben, was im Rahmen der Haushaltsvorgaben möglich war. Im Rahmen des nächsten Existenzminimumsberichts, den wir noch in diesem Herbst erwarten, werden wir ne- ben einer Erhöhung des Kindergeldes sicherlich auch über die Ausgestaltung der Grundsicherung von Kindern im SGB-II-Bezug neu nachdenken müssen. Sie wissen, dass eine Überprüfung auch schon seit langem von Mi- nister Laumann in Düsseldorf gefordert wird. Das macht aber erst Sinn, wenn die Zahlen des Existenzminimums- berichtes vorliegen. Und was den letzten Teil des Antrags – die zielgrup- penorientierte Unterstützung Alleinerziehender im sozia- len Nahraum – angeht, da ist die Große Koalition längst einen Schritt weiter. Mit dem Mehrgenerationenhäuser- Programm setzen wir genau dort an. Mehrgenerationen- häuser sind eine ideale Anlaufstelle für Alleinerzie- hende. Bundesweit fördern wir 500 Mehrgenerationenhäuser, die Treffpunkte sein können und die unterschiedlichsten Leistungen anbieten rund um Haushalt und Familie, die Familien und eben auch Alleinerziehende entlasten. Ich denke, damit hat der Bund alles getan hat, was an dieser Stelle – wie gesagt, bei der Gestaltung des sozialen Nah- raums – von Bundesebene aus zu leisten ist. Weiteres können wir getrost der kommunalen Ebene oder auch der Zivilgesellschaft und dem bürgerschaftlichen En- gagement zum Beispiel in Frauen- oder Selbsthilfegrup- pen überlassen. Schaut man sich die Forderungen des Antrags ge- nauer an, so merkt man schnell, dass leider überhaupt nichts Neues drinsteht. Und schlimmer: Die Antragstel- ler spielen Familien gegeneinander aus, setzten Allein- erziehende gegen Paare, am liebsten gegen Ehepaare. Es ist nicht zu kritisieren, dass hier die Situation von Allein- erziehenden besonders thematisiert wird, unser Ziel muss es aber sein, allen Familien zu helfen, ihr Leben auch unter schwierigen Bedingungen in den Griff zu be- kommen, egal, wie viele Kinder da sind, und egal, ob die Eltern zusammenleben oder getrennt sind. Und da kann sich die Bilanz der Großen Koalition in dieser Wahlperi- ode wirklich sehen lassen. Helga Lopez (SPD): Alleinerziehend sein, Verant- wortung alleine oder fast alleine tragen zu müssen, ist eine besondere Herausforderung, die durch gute äußere Rahmenbedingungen erleichtert werden kann und auch muss. Der Antrag der Grünen „Bessere Unterstützung für Alleinerziehende“ bietet eine gute Gelegenheit, ei- nige grundsätzliche Bemerkungen zum Thema „Allein- erziehende in Deutschland“ zu machen. Dies vor dem Hintergrund, dass die Zahl der Single- und Alleinerzie- hendenhaushalte in Deutschland immer weiter ansteigt. Wenn wir die Tatsache berücksichtigen, dass Alleiner- ziehende ein besonders hohes Armutsrisiko haben, dann Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 180. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2008 19299 (A) (C) (B) (D) wird deutlich, wie wichtig dieses Thema für unsere Ge- sellschaft ist. Ein echtes Zukunftsthema. Es ist ja nicht so, dass Alleinerziehende neu auf der politischen Agenda sind. Ich darf daran erinnern, dass es eine ganze Reihe von Maßnahmen schon unter der rot- grünen Bundesregierung gegeben hat – als Stichworte nenne ich die Verbesserung bei der Teilzeitarbeit, die Flexibilisierung bei der Elternzeit, den steuerlichen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende. Dies hat sich fortgesetzt in der Großen Koalition: Ich nenne hier exemplarisch den Kinderzuschlag, der gerade bei den Alleinerziehenden Verbesserungen bewirken wird. Das neu eingeführte Elterngeld ist auch für viele Alleinerzie- hende ein Segen, es gibt ihnen Zeit, sich voll und ganz dem Kind zu widmen. An dieser Stelle darf ich auch da- rauf hinweisen, dass die Befreiung von Kinderbetreu- ungskosten nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz sehr vielen Alleinerziehenden, aber auch vielen verhei- rateten Eltern ein gutes Stück weiterhilft. Anrecht darauf haben übrigens nicht nur Eltern, die erwerbslos sind, sondern alle mit einem geringen Familieneinkommen, das keine großen Sprünge erlaubt. Familien brauchen eine solide finanzielle Basis, eine auskömmliche Finanz- ausstattung. Das gilt für alle Menschen gleichermaßen, denn ständiger Mangel, ständige Nichtteilhabe machen schwach. Wir wissen aber, dass Alleinerziehende ein deutlich höheres Armutsrisiko haben, dass ihr Anteil an der einkommensschwachen Bevölkerung überdurch- schnittlich hoch ist. Wenn zur belastenden Alleinverant- wortung dauerhafte finanzielle Probleme kommen, ist die Überlastung in aller Regel perfekt. Es ist richtig: Erwerbstätigkeit ist die beste Ar- mutsprävention. Aber es ist auch richtig: Eine schlecht bezahlte Erwerbstätigkeit nützt den Alleinerziehenden wenig. Alleinerziehende sollten mit einer Teilzeitstelle für sich und das Kind beziehungsweise die Kinder sor- gen können. Mit Löhnen von 5 oder 6 Euro – wie im Einzelhandel oder im Friseurhandwerk – geht das nicht, nicht mal mit einer Vollzeiterwerbstätigkeit. Auch hier gilt: der gesetzliche Mindestlohn muss her. Es müssen aber auch die Rahmenbedingungen zur Arbeitsaufnahme stimmen. Die Arbeitszeitgestaltung muss flexibler werden. Trotz Erwerbsarbeit muss genug Zeit bleiben, sich um das Kind, um die Kinder kümmern zu können, auch um sich selbst. Nur starke Eltern erzie- hen starke Kinder. In Zeiten, in denen oftmals bereits eine Vollzeiterwerbstätigkeit nicht mehr auskömmlich ist, kommt dem Spannungsverhältnis zwischen Arbeits- und Familienzeit gerade für Alleinerziehende eine be- sondere Bedeutung zu. Das darf nicht zulasten der unab- dingbar notwendigen Familienzeit gehen. Ich will noch auf einige andere Aspekte eingehen, die aus meiner Sicht bei dem Thema Alleinerziehende oft zu kurz kommen. Es geht zum Beispiel darum, dass schlechtere Chancen zur Einbringung eines auskömmli- chen Familieneinkommens natürlich an erster Stelle vom anderen Elternteil kompensiert werden müssen. Hier be- steht eine Mitverpflichtung aus gemeinsamer Eltern- schaft. Deshalb haben wir kürzlich das Unterhaltsrecht reformiert, damit die Benachteiligung vieler Alleinerzie- hender beseitigt wird. Dies ist im Übrigen auch vom Verfassungsgericht verlangt worden. Die Frage, was pas- siert, wenn der unterhaltsverpflichtete Elternteil nicht zahlt, ist mit dem staatlichen Unterhaltsvorschuss zwar beantwortet. Eine längere Laufzeit bekommen wir aller- dings in der Großen Koalition nicht hin. Ein weiterer Aspekt, der nicht unter den Tisch fallen sollte, ist das Thema Scheidung. Dem Deutschen Bun- destag liegen Vorschläge aus dem BMJ vor, die eine we- sentliche Verbesserung vorsehen. Es geht hier explizit um die Einschränkung von Möglichkeiten, das gemein- same Vermögen vor der Scheidung noch mal nach unten zu korrigieren, so will ich das einmal nennen. Wir könn- ten allerdings noch Besseres tun, nämlich mehr finan- zielle Gleichberechtigung schon während der Ehe herstellen, unter anderem durch permanente Auskunfts- pflicht über den Stand des Vermögens. Denn was wir jetzt mit der Zugewinngemeinschaft haben, ist eine Gü- tertrennung während der Ehe und eine Aufteilung des während der Ehe erwirtschafteten Zugewinns bei Been- digung der Ehe. Während der Ehe hat der nicht oder mi- nimal erwerbstätige Partner gerade mal einen Taschen- geldanspruch, während der erwerbstätige Partner frei über das nicht verbrauchte Einkommen verfügen kann und auch nicht zur Auskunft über das gemeinsame Ver- mögen verpflichtet ist. Das halte ich für nicht mehr zeit- gemäß. Ich hätte deswegen die Zugewinngemeinschaft liebend gerne gegen die Errungenschaftsgemeinschaft ausgetauscht, die deutlich mehr finanzielle Gleichbe- rechtigung während der Ehe schafft. Damit würde es auch noch mal deutlich besser für viele zuvor in Ehe le- bende Alleinerziehende, die in finanzieller Abhängigkeit vom Partner standen, für das gleichberechtigte Miteinan- der von Ehepartnern ohnehin. Aber, das muss ich wohl nicht erläutern, da werden noch dicke Bretter gebohrt werden müssen. Ein weiterer Aspekt: Die Grünen weisen in ihrem An- trag darauf hin, dass das Ehegattensplitting nicht die Fa- milie fördert, in der Kinder leben, sondern allein Ehe subventioniert. Das stimmt, und das wollen auch wir ge- ändert haben. Unsere realen Möglichkeiten dafür sind in dieser Großen Koalition indes sehr gering. Ich will zum Schluss noch etwas zur anstehenden Er- höhung des Kindergeldes sagen. Die von Ministerin von der Leyen vorgesehene Kindergelderhöhung, für das Erst- und Zweitkind wenig, dafür für alle weiteren Kin- der noch einmal deutlich mehr, lehnen wir ab; das übri- gens nicht nur, weil gerade mal 6 Prozent der Alleiner- ziehenden drei und mehr Kinder haben. Auch die weitaus größte Mehrheit der Familien würde davon nicht profitieren. Die Erhöhung des Kindergeldes ist zu aller- erst Ausgleich für die Preissteigerungen, und die sind für alle Kinder gleich. Deswegen wollen wir eine einheitli- che Kindergelderhöhung für alle Kinder. Wir bleiben dran. Dieter Steinecke (SPD): Zu Recht wird in dem vor- liegenden Antrag darauf hingewiesen, dass seit Jahren immer mehr Kinder von nur einem Elterntel großgezo- gen werden. Das ist eine gesellschaftliche Realität, die 19300 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 180. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2008 (A) (C) (B) (D) Politik nicht ignorieren darf, und, das füge ich als Sozial- demokrat sofort an, das tun wir auch nicht. Was wir in den letzten Jahren in der Kinder- und Fa- milienpolitik erlebt und gestaltet haben, ist nicht mehr und nicht weniger als ein grundlegender Paradigmen- wechsel. Die Familienpolitik der letzten Jahre, mittler- weile des letzten Jahrzehnts, ist sozialdemokratisch. Denken wir an die Ära Kohl zurück, ein wenig Grau- sen muss hier sein: Eine Frau, die berufstätig war, und deswegen ihr Kind tagsüber betreuen ließ, wurde je nach Lebenslage als Opfer bemitleidet oder als karrieregeile Rabenmutter diffamiert. Das ist gottlob vorbei. Mittler- weile gibt es einen Rechtsanspruch auf einen Betreu- ungsplatz ab dem dritten Lebensjahr. Das war nur ein erster Schritt. Ab 2013 besteht dieser bereits ab dem ers- ten Lebensjahr. Das haben wir Sozialdemokraten durch- gesetzt, dafür nimmt der Bund auch eine Menge Geld in die Hand. Das zu diesem Zweck eingerichtete Sonder- vermögen, aus dem nicht nur Investitionen, sondern erst- malig auch Betriebskosten bezuschusst werden, umfasst 4 Milliarden Euro. Das ist Geld, das nicht nur den Ein- elternfamilien, diesen aber auch in hohem Maße zugute- kommt. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird substanziell verbessert. Natürlich endet die ganze Sache nicht mit der Ein- schulung. Wir Sozialdemokraten setzen auf die Ganz- tagsschule. Auch hier haben wir einen ganzen Batzen in ein Ausbauprogramm gesteckt. Ich spreche von weiteren 4 Milliarden. Nun will ich gar nicht den Eindruck erwecken, wir hätten mit 8 Milliarden Euro den Himmel auf Erden ge- kauft. Wichtig ist mir allerdings Folgendes. Wir nehmen die Verantwortung für die Familien ernst und schlagen uns nicht ins föderale Unterholz. Denn vorschulische wie schulische Bildung sind Sache der Länder. Doch die, das muss ich hier anmerken, sind zum Teil gravierend im Soll. Als Niedersachse sehe ich das immer und immer wieder. Nicht nur Bund, Länder und Kommunen stehen in der Pflicht Auch die Wirtschaft ist gefordert. Dies in dreier- lei Hinsicht: Als Tarifpartner muss sie faire und anstän- dige Löhne zahlen, um Kinder und Eltern vor Armut zu bewahren. Zweitens sollten auch Unternehmen ihren Beitrag zur Betreuung der Kinder ihrer Mitarbeiter leis- ten. Drittens gilt es, den Wiedereinstieg nach einer Fami- lienphase zu erleichtern, schon aus purem Eigeninte- resse. Denn in Zeiten eines zunehmenden Mangels an Fachkräften kann man es sich immer weniger leisten, Potenziale brachliegen zu lassen. Auch in dieser Hin- sicht sind wir als Regierungskoalition tätig. Bereits unter unserer Familienministerin Renate Schmidt wurde die Initiative „Lokale Bündnisse für Familien“ ins Leben ge- rufen. Dort werden Unternehmen ganz konkret in Strate- gien eingebunden. Ich verweise auf einen weiteren Mo- saikstein: das Förderprogramm „Betrieblich unterstützte Kinderbetreuung“. Damit setzen wir Anreize für Unter- nehmen mit bis zu 1 000 Beschäftigten, sich in der Kin- derbetreuung zu engagieren. Dafür stehen bis zum Ab- schluss der Laufzeit Ende 2011 insgesamt 50 Millionen Euro ESF-Mittel zur Verfügung. Eine Feststellung liegt mir als Pädagogen besonders am Herzen: Wir bauen nicht nur die Betreuungsangebote aus. Wir setzen grundlegend neue Akzente. Betreuung muss immer auch Bildung sein. Dadurch fördern wir nicht nur die Zukunftsträger unserer Gesellschaft in ei- ner Phase, die entscheidend für ihren weiten Lebensweg ist. Wir sorgen damit auch für einen gerechteren Zugang zur Ressource Bildung. Dass dieser Bedeutungs- und Verantwortungszuwachs für die vorschulischen Einrich- tungen noch bessere Ausbildung der Handelnden, ein mehr an Qualität erfordert, wissen wir. Ich schließe hier- bei ausdrücklich Tagesmütter und -väter ein. Auch da sind wir tätig und lassen Länder und Kommunen nicht allein. Es wäre dem Thema angemessen, eine längere De- batte zu führen. Dann hätte ich noch über Ausbau, Bün- delung und Vernetzung von Beratungsangeboten spre- chen können. Vielleicht auch über Meilensteine wie Elterngeld, Elternzeit und Elternteilzeit. Weitere wich- tige Themen wären erfolgreiche BA-Programme zum Wiedereinstieg in den Beruf, die Struktur des Kindergel- des und vieles mehr. Gerne hätte ich auch unsere Vor- stellungen von echten Familienzentren skizziert, und si- cherlich wäre auch über Schwachsinn wie das Betreuungsgeld zu reden. Doch ich muss zum Ende kommen und schließe mit einer grundsätzlichen Bemerkung: Eine moderne Fami- lienpolitik kommt allen Familien in unserem Lande zu- gute, ob sie nun einen oder zwei Elternteile haben. Ers- tere haben vielleicht sogar ein bisschen mehr davon. Wir haben viel erreicht für Familien, und noch viel mehr vor. Was wir vorhaben, können alle Menschen nachlesen, in unserem Grundsatzprogramm wie im Aktionsplan gegen Kinderarmut. Mit den richtigen Mehrheiten in diesem Hause können wir unsere Vorstellungen verwirklichen. Die Belange von Kindern und ihren Eltern sind bei uns Sozialdemokraten in guten Händen. Sibylle Laurischk (FDP): Am häufigsten werden Mütter und Väter infolge einer Scheidung zu Alleiner- ziehenden. Ihre Zahl steigt ständig. Es ist besonders be- unruhigend, dass Kinder in Haushalten Alleinerziehen- der vom Armutsrisiko besonders belastet sind. Die Armutsrisikoquote bei Kindern unter 18 Jahren liegt bei 17,3 Prozent. Kinder und Jugendliche im Alter von 15 bis 18 Jahren sind mit 30 Prozent besonders häufig vertreten. Hinter den dürren Zahlen der höheren Armutsbedro- hung verbergen sich Einzelschicksale. Die ständige Aus- einandersetzung um Unterhalt und Sozialleistungen ist mir aus meiner anwaltlichen Praxis leider bestens ver- traut. Die soziale Situation Alleinerziehender ist nicht nur finanziell angespannt, oft sind sie und ihre Kinder auch in der Gesellschaft isoliert. Hier ist die Situation auch immer von den jeweiligen örtlichen Gegebenhei- ten, ob in der Stadt oder auf dem Land mit noch traditio- nelleren Familienformen, sehr unterschiedlich. Wir haben mit unserem Antrag zur Sicherung der Existenz von Kindern unsere Forderungen klar artiku- liert: Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 180. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2008 19301 (A) (C) (B) (D) Chancengerechtigkeit umfasst Bildungsgerechtig- keit. Die fehlende soziale Durchlässigkeit in diesem Lande, die Abhängigkeit des Bildungserfolges eines jun- gen Menschen von der sozialen und finanziellen Situa- tion seiner Eltern, ist eine beschämende Tatsache. Früh- kindlicher Bildung kommt die größte Hebelwirkung zu; Spracherwerb ist der Schlüssel zu allen anderen Bil- dungsangeboten, das sage ich gerade auch als integra- tionspolitische Sprecherin. Daher ist das Betreuungsgeld strikt abzulehnen. Es ignoriert, dass gerade Alleinerzie- hende keine Wahl haben, sondern als Berufstätige auf gute Betreuungsangebote angewiesen sind. Bildungs- und Betreuungsgutscheine sind für uns das geeignete Mittel, einen vernünftigen Wettbewerb herzu- stellen und auch individuellen Elternwünschen gerecht zu werden. Der mit der finanziellen Armut oft einherge- henden Anregungsarmut bei den Kindern ist mit einem noch zügigeren Ausbau der Betreuung von unter Drei- jährigen zu begegnen. Private und privatgewerbliche Er- ziehungs- und Bildungseinrichtungen sind daher mit de- nen anderer Träger gleichzustellen. Dass die CDU hier bei der Beratung des KiföG vor dem Koalitionspartner einknickt und private und privatgewerbliche Kinderbe- treuungseinrichtungen nun diskriminiert und nicht geför- dert werden, ist ein Trauerspiel. Dieses grundsätzliche Misstrauen gegen privat initiierte und organisierte Bil- dungseinrichtungen ist nur mit der unbedingten Staats- gläubigkeit der Volksparteien zu erklären und wird dem Bedarf und dem Engagement Privater nicht gerecht. Ganz besonders wichtig sind kommunale Angebote, wie sie in Potsdam zum Beispiel mit den pädagogisch be- treuten Spielgruppen existieren. Diejenigen, die daran teilnehmen, finden schnell wieder aus ihrer Isolation und zur Erwerbsarbeit. Schließlich müssen auch die Unter- nehmen gerade Alleinerziehenden durch flexiblere Arbeitszeiten, die Einrichtung von Telearbeitsplätzen, Wiedereinstiegs- und Kontakthalteprogrammen und be- trieblichen Kinderbetreuungseinrichtungen entgegen- kommen. Staatliche Geldleistungen wie die Ausweitung des sehr bürokratischen Kinderzuschlags und das bestehende Unterhaltsvorschussgesetz für den Ausgleich von aus- bleibenden Unterhaltszahlungen sind nur unzureichende Instrumente, Alleinerziehende zu unterstützen. Ein deut- liches Beispiel für geradezu zufällig gewählte An- spruchsvoraussetzungen ist das Unterhaltsvorschussge- setz. Es ist nicht zu verstehen, warum der Anspruch mit Vollendung des 12. Lebensjahres endet. Wir fordern da- her die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses bis zum Erreichen der Volljährigkeit. Der Kinderzuschlag muss dringend entbürokratisiert werden, weil die Vorausset- zungen nur für Finanzfachleute überhaupt zu durchbli- cken sind. Der bürokratische Aufwand, also die Kosten, beträgt nahezu ein Fünftel des Gesamtaufwandes, was den Kindern dann fehlt. Auch Alleinerziehenden kommt die von uns gefor- derte Erhöhung des Kindergeldes auf 200 Euro zugute. Die von uns geforderte Anhebung des Grundfreibetrages auf 8 000 Euro für jedes Familienmitglied, auch Kinder, kommt auch Alleinerziehenden zugute. Eine Differen- zierung nach Lebensalter der Kinder ist überhaupt nicht nachvollziehbar. Ich kann mich der Aussage des Paritätischen Wohl- fahrtsverbandes „Kinder sind keine billigen Erwachse- nen“ anschließen. Wir fordern die steuerliche Berück- sichtigung von Betreuungskosten bis zu 12 000 Euro, die gerade Alleinerziehenden, die oft einen erhöhten Betreu- ungsaufwand haben, entlasten würde. Schließlich for- dern wir ganz grundsätzlich eine Harmonisierung des Steuer-, Unterhalts- und Sozialrechts in Bezug auf die fi- nanzielle Sicherung von Kindern, die insbesondere die Situation der Alleinerziehenden berücksichtigt. Die Er- gebnisse des Familienkompetenzzentrums und eine Wir- kungsanalyse aller familienbezogenen Leistungen sind überfällig. Jörn Wunderlich (DIE LINKE): Liebe Kolleginnen und Kollegen insbesondere von den Grünen: „Bessere Unterstützung für Alleinerziehende“ lautet die Über- schrift Ihres Antrags. Bei allem Charme, den ihr Antrag versprüht und der in vielen Punkten sicher auch richtig gedacht ist, bleiben einige ihrer Positionen sehr halbher- zig und unkonkret. So vermisse ich in Ihrem Antrag Aussagen zur gesamten Unterhaltsproblematik. Ist Ihnen dieses Eisen zu heiß? Oder ist alles zur Zufriedenheit der Betroffenen geklärt? Letzteres dürfte wohl kaum der Fall sein! Aber, Sie haben ja dem Gesetz zur Änderung des Un- terhaltsrechts zugestimmt. Das heißt, Sie haben einem Unterhalt und einem Unterhaltsvorschuss, von dem Kin- der eben nicht leben können, zugestimmt. Zu unserem Antrag haben sie sich enthalten. Warum wohl? Ich kann Ihnen sagen, warum: Ihnen fehlen bis heute eigene Kon- zepte zum Unterhaltsrecht, und Sie können sich nicht durchringen, auch einmal unseren Anträgen zu zustim- men. Da frage ich mich schon: Ist das Ihr Verständnis von Besserstellung Alleinerziehender? Immer nur fest- zustellen, dass zwei Drittel der Väter keinen Unterhalt zahlen oder keinen zahlen können – so die Abgeordnete Krista Sager heute früh hier im Plenum; ich habe zitiert –, löst das Problem jedenfalls nicht. Auch wenn ich mich jetzt wiederholen sollte, möchte ich die zwei Aussagen aus dem Antrag der Grünen wie- derholen, weil sie mir für die Diskussion sehr wichtig er- scheinen. Erste Aussage: Die Zahl der Einelternfamilien wächst in Deutschland seit Jahrzehnten beständig. 2005 gab es rund 15 Prozent mehr Alleinerziehende als 1996. Zweite Aussage: Heute wird nahezu jedes siebte Kind in den alten und jedes fünfte Kind in den neuen Bundeslän- dern von einem Elternteil allein erzogen. Da muss man sich schon fragen: Warum werden diese Familien nicht von der gegenwärtigen Familienpolitik erfasst, sondern brauchen eigene „Sondervorschriften“? Man kann doch Alleinerziehende, welche durch die so- ziale Kluft der Regierungspolitik betroffen sind, nicht wie Kranke behandeln. Aber da stimmen Sie ja den Ge- setzen der Koalition zu, sehenden Auges, dass große Gruppen der Bevölkerung ausgegrenzt werden. 19302 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 180. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2008 (A) (C) (B) (D) In der Haushaltsdebatte der vergangenen Woche habe ich mit Nachdruck darauf verwiesen, dass sich durch die Familienpolitik der Bundesregierung eine tiefe Kluft zieht. Besserverdienende werden gefördert, und Allein- erziehende sowie Familien mit geringem Einkommen haben das Nachsehen. Warum können nicht wenigstens Sie unsere und die breite Kritik der Öffentlichkeit, der Wohlfahrtsverbände sowie der Betroffenen zur Kenntnis nehmen, dass es den gesamten Gesetzgebungsverfahren stets an der sozialen Ausgestaltung mangelt? Ich nenne einige Beispiele: die soziale Ausgestaltung des Eltern- geldes, die Kürzung des Kindergeldbezuges, die Erhö- hung der Mehrwertsteuer und die Besteuerung von Er- zeugnissen für Kinder. Einige Worte zum Kinderzuschlag. Richtig ist, das er unter Rot-Grün in die Diskussion gebracht wurde. Was sie jedoch nicht erwähnen: Der Kinderzuschlag grenzt mit den Alleinerziehenden genau die Gruppe der Fami- lien mit der höchsten Armutsgefährdung massiv aus. 50 Prozent aller Kinder in Hartz IV leben in Alleinerzie- hendenhaushalten, und bis vor kurzem betrug der Anteil der Alleinerziehenden beim Kinderzuschlag 7 Prozent, demnächst soll er auf 13 Prozent steigen. Sie fordern eine Weiterentwicklung des Kinderzu- schlags; dem entsprechenden Gesetz der Koalition haben Sie aber zugestimmt. Jetzt passt es Ihnen offensichtlich nicht mehr und Sie stellen Forderungen auf, die wir Linke schon beantragt haben, die von Ihnen aber abge- lehnt wurden. Soviel zur Glaubwürdigkeit Ihres Antrags. Gleiches trifft auf die im Antrag genannten Arbeitsbe- dingungen zu. Es ist richtig, dass die meisten Allein- erziehenden ihren überwiegenden Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit verdienen. Für die Mehrheit der Allein- erziehenden – und das belegen sozialwissenschaftliche Studien – ist die eigene Erwerbstätigkeit die wichtigste Einkommensquelle; nachzulesen auf der Homepage des Vereins der alleinerziehenden Mütter und Väter, VAMV. Warum Sie allerdings vor zwei Tagen im Familien- ausschuss dem Antrag der Linken, welcher genau diese Forderungen enthielt, nicht zugestimmt haben, ist für mich nicht nachvollziehbar. Hier wird mit genau der Doppelzüngigkeit argumentiert, welche Sie der Koali- tion immer vorwerfen: heute die Forderungen stellen, welche Sie gestern noch abgelehnt haben. Schade und beschämend, dass dies auf dem Rücken der Alleinerzie- henden ausgetragen wird! Ich denke, hier sollten ideologische Vorurteile mal zu- rücktreten. Wir sollten gemeinsam für die Alleinerzie- henden wirklich etwas bewegen. Zeit wird es allemal. Ich freue mich auf die Ausschusssitzung, danke für die Aufmerksamkeit und wünsche uns einen erfolgreichen Sonntag. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Wer Kinder erzieht, verdient unseren Respekt“ so die Familienministerin. Doch Respekt allein reicht leider nicht. Alle, die diese anspruchsvolle Aufgabe überneh- men, brauchen unsere tatkräftige Unterstützung. Das gilt umso mehr für Alleinerziehende, die im Alltag stärker belastet und öfter von Armut betroffen sind als Paare mit Kindern. Ja, sie haben aufgrund dieser Belastungen so- gar einen schlechteren Gesundheitszustand. Leider hat die Bundesregierung für Alleinerziehende nicht mehr übrig als warme Worte. Offensichtlich passen Alleinerziehende nicht in das Familienbild der CDU. Aber Familienpolitik ist kein Wunschkonzert, und die Welt ist bunter geworden, als es so manche in der Bun- desregierung gerne wahrhaben möchten. Und so ignorie- ren Sie beharrlich, dass heute nahezu jedes siebte Kind in den alten Bundesländern von einem Elternteil allein großgezogen wird. In den neuen Bundesländern ist es sogar jedes fünfte Kind. Alleinerziehende brauchen gezielte Unterstützung. Sie brauchen eine faire Besteuerung und wirksame Armutspräventionsinstrumente. Sie brauchen qualitativ hochwertige Kinderbetreuung, und zwar jetzt, nicht erst im Jahre 2013. Sie brauchen aber auch niedrigschwellige Unterstützungangebote statt Sparmaßnahmen in der Ju- gendhilfe. Bislang verweigern Sie diesen Familien die notwen- dige Unterstützung. Sie nehmen darüber hinaus mit Ih- ren Vorschlägen zum gestaffelten Kindergeld auch billi- gend in Kauf, dass sich durch Ihre Politik die Lage dieser Familien und insbesondere der Kinder verschlech- tern wird. Ich sage Ihnen ganz klar: Das gestaffelte Kindergeld ist keine vernünftige Antwort. Frau von der Leyen, Ihre eigenen Zahlen besagen ja, dass die ärmsten Familien die Ein-Kind-Familien von Alleinerziehenden sind. Aber leider ignorieren sie diese Erkenntnis vollkommen. Wenn Sie ein gestaffeltes Kindergeld einführen, dann profitieren über 90 Prozent der Kinder von Alleinerzie- henden gar nicht davon. Wer mehr Gerechtigkeit für Familien will, der muss kindgerechte Regelsätze einführen und das Ehe- und Fa- milienförderungssystem in Gänze reformieren. Doch fehlt Ihnen trotz vollmundiger Ankündigungen der Mut, über den eigenen familienidyllischen Tellerrand zu bli- cken. Aber die spezifischen Benachteiligungen von Allein- erziehenden auf dem Arbeitsmarkt und in der Steuerpoli- tik erfordern besondere Maßnahmen. In unserem Antrag zeigen wir daher Vorschläge auf, damit wir in Zukunft kein Kind zurücklassen. Der Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ist genauso notwendig wie eine längst überfällige Qualitätsoffensive in der Kindertages- betreuung. Wir brauchen den flächendeckende Ausbau von Ganztagsschulen genauso dringend wie flexible Ar- beitszeitmodelle oder Chancen für den beruflichen Wie- dereinstieg. Anlage 4 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 847. Sitzung am 19. Sep- tember 2008 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 180. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2008 19303 (A) (C) (B) (D) zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Un- fallversicherung (Unfallversicherungsmodernisie- rungsgesetz – UVMG) – Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgeset- zes – Gesetz zur Änderung des Masseur- und Physio- therapeutengesetzes und anderer Gesetze zur Re- gelung von Gesundheitsfachberufen – Drittes Gesetz zur Änderung des Bundesminister- gesetzes – … Gesetz zur Änderung des Europaabgeordne- tengesetzes und eines … Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes – Gesetz zur Verbesserung der grenzüberschreiten- den Forderungsdurchsetzung und Zustellung – Gesetz zu dem Fakultativprotokoll vom 25. Mai 2000 zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornografie – Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates der Europäischen Union zur Bekämp- fung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie – Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) – Zweites Gesetz zur Änderung des Güterkraftver- kehrsgesetzes und anderer Gesetze – Gesetz zur Neuregelung des Schornsteinfegerwe- sens – Gesetz zu dem Abkommen vom 12. November 2007 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Demokratischen Volksrepublik Algerien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuervermeidung und Steuer- hinterziehung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen – Gesetz zu dem Abkommen vom 31. August 2006 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Sozialisti- schen Republik Vietnam über die Zusammenar- beit bei der Bekämpfung von schwerwiegenden Straftaten und der Organisierten Kriminalität – Gesetz zu dem Übereinkommen des Europarats vom 23. November 2001 über Computerkrimina- lität Der Bundesrat hat festgestellt, dass das nachstehende Gesetz nicht seiner Zustimmung bedarf. Der Bundesrat hat in seiner 847. Sitzung am 19. September 2008 be- schlossen, einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen, hilfsweise, dem Gesetz zuzustimmen. – Gesetz zur Sicherung von Werkunternehmeran- sprüchen und zur verbesserten Durchsetzung von Forderungen (Forderungssicherungsgesetz – FoSiG) Der Bundesrat hat ferner die folgende Entschließung gefasst: Der Bundesrat begrüßt, dass der Deutsche Bundestag das Forderungssicherungsgesetz am 26. Juni 2008 end- lich verabschiedet hat. Durch dieses Gesetz werden sub- stanzielle Verbesserungen vor allem im Bauvertragsrecht erzielt. Diese kommen zum einen den Bauhandwerkern zugute, die besser als bislang davor geschützt werden, dass ihre Auftraggeber trotz ordnungsgemäß erbrachter Leistung Werklohnforderungen nur zögerlich oder auch gar nicht erfüllen. Zum anderen enthält es auch Verbes- serungen zu Gunsten der Verbraucher, die zum Beispiel einen gesetzlichen Anspruch auf Absicherung ihres Er- füllungsanspruchs erhalten. Der Bundesrat bedauert, dass der Deutsche Bundestag die im Gesetzentwurf eines Forderungssicherungsgeset- zes enthaltenen prozessrechtlichen Bestimmungen noch nicht verabschiedet hat. Er bittet deshalb den Deutschen Bundestag, entsprechend den Absprachen im Rechtsaus- schuss die Beratungen zum zivilprozessualen Teil des Forderungssicherungsgesetzes umgehend wieder aufzu- nehmen und im Rahmen eines anderen zivilrechtlichen Gesetzgebungsvorhabens rasch zu verabschieden. Der vom Deutschen Bundestag beschlossene materiellrecht- liche Teil des Forderungssicherungsgesetzes ist zwar wichtig. Er muss jedoch verfahrensrechtlich flankiert werden, damit ungerechtfertigten Zahlungsverweigerun- gen schneller durch vollstreckbare Titel begegnet wer- den kann. Der Bundesrat hat festgestellt, dass das nachstehende Gesetz gemäß Artikel 104a Abs. 4 des Grundgesetzes seiner Zustimmung bedarf. Der Bundesrat hat in seiner 847. Sitzung am 19. September 2008 beschlossen, dem Gesetz gemäß Artikel 104a Abs. 4 des Grundgesetzes zuzustimmen. – Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensa- chen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz – FGG-RG) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat mitgeteilt, dass sie den Antrag Entwurf zur Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zur Verbesserung des Verfahrens zur Wahl von Bundes- verfassungsrichterinnen und Bundesverfassungsrich- tern auf Drucksache 16/9629 zurückzieht. Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses hat mit- geteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushalts- und Wirtschaftsführung 2008 Außerplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 06 15 Titel 681 12 – Leistungen nach dem Heimkehrerentschädigungs- gesetz – – Drucksachen 16/9951, 16/10285 Nr. 7 – 180. Sitzung Berlin, Freitag, den 26. September 2008 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Peter Friedrich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

    Liebe Gäste und Zuhörer! Zunächst: Frau Staatsministe-
    rin Müller, auch von uns alles Gute für den weiteren
    Weg. Sie haben uns zwei Wünsche hinterlassen: Der
    eine war, für mehr Prävention zu sorgen, und der andere,
    den Strukturwandel im Krankenhausbereich voranzu-
    bringen. Ich kann Ihnen versichern: Wir von der SPD-
    Fraktion werden bei unserer Arbeit beide Wünsche
    nachhaltig berücksichtigen. Wir wollen ein Präventions-
    gesetz auf den Weg bringen, das diesen Namen auch ver-
    dient.


    (Beifall bei der SPD)


    Außerdem wollen wir dafür sorgen, dass in den Ländern
    die notwendigen Investitionsmittel fließen und dass sich
    die Strukturen der Krankenhäuser entsprechend anpas-
    sen.

    Bevor ich ein paar Sätze zu dem Antrag der FDP
    sage, möchte ich einige Worte zu dem Beitrag von Herrn
    Spieth verlieren. Herr Spieth, ich kann gut verstehen,
    dass Sie sich an der FDP abarbeiten. Aber Sie hätten der
    Vollständigkeit halber schon erwähnen sollen, dass Sie
    gestern – abends gingen alle Reden zu Protokoll – einen
    Antrag eingebracht haben, in dem Sie vorschlagen, den
    Gesundheitsfonds nicht einzuführen.


    (Frank Spieth [DIE LINKE]: Aus einer ganz anderen Zielrichtung!)


    Da Sie schon mehrere Beiträge zu diesem Thema ge-
    bracht haben, weiß ich, dass Sie das eigentlich gar nicht
    so sehen. Ich weiß nicht, ob Sie da überstimmt worden
    sind oder ob der Fachsprecher Spieth vom Lautsprecher
    Spieth übermannt wurde.


    (Frank Spieth [DIE LINKE]: Das Niveau war schon höher!)


    Aber in der Sache ist es so: Wir halten Kurs. Wir werden
    den Fonds einführen. Schließlich stellen sich die Bürge-
    rinnen und Bürger ebenso wie die Kassen darauf ein;
    und das ist gut so.






    (A) (C)



    (B) (D)


    Peter Friedrich

    (Frank Spieth [DIE LINKE]: Wenn Sie den Antrag gelesen hätten und meine Rede gelesen hätten, wüssten Sie, was ich will!)


    Ich komme nun zum Antrag der FDP. Der Text sel-
    ber ist kurz, aber zu Ihrer Begründung möchte ich ein
    paar Worte sagen. Sie schreiben im zweiten Absatz, dass
    der Preis ein wesentliches Element des Wettbewerbs bei
    den Versicherungen sei. Ich stelle fest, dass die FDP die
    Strukturunterschiede zwischen der gesetzlichen und der
    privaten Krankenversicherung offensichtlich immer
    noch nicht ganz nachvollzogen hat. Wenn Sie schreiben,
    der Preis sei das wesentliche Wettbewerbselement, dann
    kann ich Ihnen nur sagen: Der Preis einer Versicherung
    bemisst sich nach dem Risiko, das zu versichern ist. Sie
    wollen nach wie vor – daran halten Sie fest –, dass Risi-
    koselektion ein Wettbewerbsinstrument ist. Das wollen
    wir nicht. Genau deswegen machen wir diese Reform.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Ich erinnere Sie nur an § 1 SGB V: Die Krankenversi-
    cherung ist eine Solidargemeinschaft. Sie ist kein Ele-
    ment der Risikoselektion.

    Sie schreiben im nächsten Absatz, dass der einheitli-
    che Krankenversicherungsbeitrag dazu führen werde,
    dass „Forderungen nach mehr Steuergeld“ kämen. Ich
    sage Ihnen: Ich bin froh darüber, dass wir endlich im po-
    litischen Raum gleiche Bedingungen bei der Frage ha-
    ben: Gehen wir in die Beitragssätze, oder nehmen wir
    Steuergeld?


    (Frank Spieth [DIE LINKE]: Sie nehmen es nur von den Krankenversicherten! Das ist der Punkt! Die Arbeitgeber werden entlastet, und nur die Versicherten werden belastet! Von wegen Solidarausgleich! Das ist doch verlogen!)


    Wir sind der Auffassung – diese Meinung teilt der über-
    wiegende Teil dieses Hauses –, dass die Versicherung
    eben nicht allein an den Faktor Arbeit gekoppelt sein
    darf, sondern dass wir gerade für die gesamtgesellschaft-
    lichen Aufgaben mehr Steuergeld in die Hand nehmen
    wollen. Das kritisieren Sie. Aber genau das ist unser
    Wille und Wunsch: Wir wollen in der Krankenversiche-
    rung mehr Steuermittel einsetzen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ich als Gesundheitspolitiker betrachte deswegen die
    Debatte um den Arbeitslosenversicherungsbeitrag mit
    einer gewissen Sorge; das sage ich ganz offen. In den
    Sozialversicherungen haben wir zum Teil kommunizie-
    rende Röhren. Es kann nicht sein, dass wir in einem Be-
    reich die Beiträge immer weiter absenken, während
    gleichzeitig Geld aus der GKV in die Arbeitslosenversi-
    cherung fließt und wir umgekehrt bei der gesetzlichen
    Krankenversicherung mit höheren Beitragssätzen zu
    rechnen haben, weil die Zuweisungen aus der Arbeitslo-
    senversicherung nicht ausreichen.


    (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Verschiebebahnhof!)

    Das kann dauerhaft nicht ernsthaft gewollt sein, und
    zwar allein deswegen, weil der Arbeitslosenversiche-
    rungsbeitrag nur von denen gezahlt wird, die im Beschäf-
    tigungsleben stehen, während der Krankenversicherungs-
    beitrag auch von den Rentnerinnen und Rentnern erbracht
    werden muss. Deswegen müssen wir auch hier für einen
    vernünftigen Ausgleich sorgen. Wir können nicht auf der
    einen Seite die Beiträge immer weiter absenken, wenn
    sich das dann bei der GKV negativ auswirken würde. Ich
    bin froh, dass wir in der Koalition gemeinsam für eine Lö-
    sung streiten.

    In Ihrem Antrag kommen Sie dann im Weiteren dazu,
    was Sie eigentlich umtreibt. Es geht Ihnen schon lange
    nicht mehr um die Frage, wie die Einnahmen aufgeteilt
    werden. Vielmehr geht es Ihnen um den Risikostruktur-
    ausgleich; die Kollegin Ferner hat das schon ausgeführt.
    Sie wollen nicht, dass die Kassen das Geld bekommen,
    um die Kranken zu versorgen.


    (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Quatsch! Das ist doch Unsinn!)


    Das ist nicht Ihr eigentliches Ziel. Dagegen gehen Sie
    immer wieder vor.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Das wird auch ganz deutlich, wenn Sie schreiben: Der
    Risikostrukturausgleich wird zu einem „allumfassenden
    Zuteilungssystem“ ausgeweitet. Das kritisieren Sie. Wir
    aber wollen das. Wir wären gerne noch ein Stückchen
    weitergegangen; aber wir sind hier auf einem guten Weg.


    (Beifall bei der SPD)


    Auf der zweiten Seite der Begründung kommen Sie
    dann dazu, die Kassen würden in Zukunft nicht mehr
    darauf achten, den Versicherten ein überzeugendes
    Preis-Leistungs-Verhältnis anzubieten. Ich sage Ihnen:
    Wenn Sie glauben, Gesundheit könne man allein als ein
    Produkt, als eine Ware definieren, die dann ihren Preis
    auf einem Markt im freien Spiel der Kräfte findet, dann
    entsolidarisieren Sie die Gesellschaft auf einem wichti-
    gen Feld, nämlich dort, wo es um die persönlichen Risi-
    ken der Menschen geht.

    Wir haben dafür gesorgt – es macht uns noch einige
    Mühe, hier die gesetzlichen Feinjustierungen vorzuneh-
    men –, dass Kassen in Zukunft bei der Organisation der
    Leistungen für die Versicherten vernünftige Instrumenta-
    rien haben und Verträge abschließen können, dass sie in-
    dikationsbezogene Versorgungsmodelle anbieten und
    ganze Versorgungsketten entwickeln können, um opti-
    male Leistungen für ihre Versicherten zu sichern. Das ist
    die Qualität des Wettbewerbs, den wir in Zukunft haben
    werden, also eine optimale Versorgung der Versicherten.
    Es geht eben nicht um das Preis-Leistungs-Verhältnis an-
    hand der Ware Gesundheit.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Zum Schluss noch ein Wort zu den regionalen Be-
    sonderheiten. Wir haben eben einen Beitrag zum
    Thema Konvergenzklausel gehört. Wir sind froh, dass
    wir die Forderungen aus der Bayerischen Staatskanzlei
    samt denen zum Transrapid beiseitelegen können und






    (A) (C)



    (B) (D)


    Peter Friedrich
    jetzt zu einer vernünftigen Methode bei der Konvergenz
    kommen.

    Mein Wahlkreis liegt am Bodensee. Dort gibt es eine
    sehr hohe Versorgungsdichte; das ist für uns wichtig und
    wertvoll. Gleichwohl muss ich sagen: Es kann nicht an-
    gehen, dass es weniger wert ist, die Erkältung, mit der
    ich mich zurzeit herumplage, hier in Berlin auszukurie-
    ren, als wenn ich sie in Konstanz auskurieren würde.


    (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Um eine Erkältung kann man sich auch einmal selber kümmern!)


    Das kann nicht ernsthaft der Anspruch eines solidari-
    schen Systems sein.

    Wir müssen den regionalen Besonderheiten gerecht
    werden. Beim Honorierungssystem tun wir das. Ihnen
    kann aber doch nicht egal sein, ob die Menschen, wie es
    in meinem Wahlkreis der Fall ist, fünf Minuten bis zu ih-
    rem Hausarzt brauchen, oder ob sie, wie in der Ucker-
    mark, eine Dreiviertelstunde bis zu ihrem Arzt brauchen.
    Das kann Ihnen doch nicht ernsthaft gleichgültig sein!


    (Beifall bei der SPD)


    Mit dem Gesundheitsfonds gewährleisten wir zum
    ersten Mal einen 100-prozentigen Einkommensaus-
    gleich. Damit vollenden wir die soziale innere Einheit
    Deutschlands. Ich bitte Sie, das immer mitzubedenken.
    Das ist für die Länder, die mehr hätten leisten müssen
    – das sind in diesem Fall die grundlohnsummenstarken
    Länder –, immer mühsam.


    (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und die sehen jetzt zu, dass die neuen Länder mehr bezahlen müssen! Na toll!)


    Ihnen muss man das erklären. Sie machen das auch nicht
    gerne. Wenn man am Prinzip der Solidargemeinschaft
    festhalten will, ist das aber notwendig. Hier sind wir auf
    einem guten Weg. Darüber freue ich mich.

    Ich bin mir ganz sicher: Im nächsten Jahr werden sich
    die Menschen tatsächlich wundern.


    (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Oh ja! Sie werden begeistert sein!)


    Die ganze Zeit haben sie nämlich von Ihnen, der Opposi-
    tion, zu hören bekommen, dass alles in sich zusammen-
    bricht. Im nächsten Jahr werden sie aber feststellen, dass
    die Leistungen weiterhin wie gewohnt erbracht werden
    – in weiten Bereichen werden sie sogar ausgeweitet –


    (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Die Menschen werden Ihnen bestimmt Dankesbriefe schreiben!)


    und dass die Finanzierung insgesamt gerechter wird.


    (Frank Spieth [DIE LINKE]: Gott sei Dank haben wir das Protokoll!)


    Daher blicke ich mit Freude auf das nächste Jahr, und
    zwar auch auf die Wahlauseinandersetzung. Dann wer-
    den wir sehen, wer sich um das Gesundheitssystem ver-
    dient gemacht hat und wer nicht.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Frank Spieth [DIE LINKE]: Glücklicherweise haben wir das Protokoll, in dem wir das dann nachlesen können!)




Rede von Gerda Hasselfeldt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist nun die Kollegin

Maria Michalk für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt hören wir, wie sehr sich Sachsen über den Gesundheitsfonds freut!)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Maria Michalk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

    Herren! Freuen Sie sich nicht auch, so wie ich, auf die
    vielen schmackhaften Äpfel, die wir im Herbst ernten
    können?


    (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Ja! – Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Genau!)


    Sie sind sehr gesund. Was uns Menschen aber überhaupt
    nicht bekommt, sind Zankäpfel.


    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)


    Den Gesundheitsfonds zum Zankapfel zu machen,
    was seit Wochen versucht wird


    (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Ja! Innerhalb der Koalition! – Hartmut Koschyk [CDU/ CSU]: Immer fängt die FDP Zank an! Alles könnte so schön sein! Aber ihr müsst euch immer zanken!)


    – das haben wir auch in dieser Debatte erlebt –, ist nicht
    zielführend. Der Streit lähmt die Kräfte, die wir brau-
    chen, um dieses anspruchsvolle und zukunftsorientierte
    Projekt auf den Weg zu bringen. Ohne Fleiß kein Preis,
    meine sehr verehrten Damen und Herren. Die Einfüh-
    rung der neuen Regelungen wird nur gelingen, wenn
    alle, aber auch wirklich alle, ihren Teil dazu beitragen.


    (Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: So ist es!)


    Die Kernfrage ist: Wie viel Geld wollen wir, will je-
    der einzelne von uns mit großer Freude und freiwillig für
    die Sicherung unseres qualitativ sehr hochwertigen Ge-
    sundheitswesens ausgeben? Die Gesundheit bzw. das
    Wieder-Gesund-Werden ist ein sehr wertvolles Gut und
    eigentlich gar nicht mit Geld zu bezahlen; hier schließe
    ich mich meinem Vorredner an.

    Gleichwohl dürfen wir uns nicht vor den Fragen der
    Höhe des Beitragssatzes und der solidarischen Vertei-
    lung drücken. Entweder haben wir den Elan und das Au-
    genmaß, diese Herausforderungen Schritt für Schritt,
    aber konsequent zu bewältigen, oder wir kommen ir-
    gendwann, unter anderem aus demografischen Gründen,
    in die Phase der totalen Rationierung, die ich schon ein-
    mal erlebt habe. Mit der jetzigen Form des Gesundheits-
    fonds sind wir nicht am Ende des Umbauprozesses,
    wenn wir auf der einen Seite wettbewerbsfähig und auf
    der anderen Seite medizinisch gut versorgt bleiben wol-
    len.






    (A) (C)



    (B) (D)


    Maria Michalk
    Mich wundert der Kleinmut ob dieser großen Auf-
    gabe. Hätten wir im Jahre 1990 auch so viel Zeit zum
    Zögern gehabt, dann müssten sich die Menschen in den
    neuen Bundesländern heute noch viel mehr mit den Fol-
    gen einer medizinischen Mangelwirtschaft auseinander-
    setzen,


    (Dr. Werner Hoyer [FDP]: Jetzt vergleicht sie auch noch die deutsche Einheit mit dem Gesundheitsfonds! Das wird ja immer besser!)


    die es trotz der fundierten Kenntnisse und der fleißigen
    Arbeit aller in den medizinischen Berufen Tätigen gab.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ich erinnere nur an die Abgabe notwendiger Medika-
    mente gegen Herzleiden nach Parteibuch, das schmale
    Sortiment von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, lange
    Warteschlangen in den Polikliniken usw. usf. Die Kran-
    kenversicherungsbeiträge waren auch damals sehr nied-
    rig, und das System war unterfinanziert. Viele wären
    nicht so früh gestorben, wenn ihnen die medizinischen
    Möglichkeiten unseres heutigen Gesundheitssystem zur
    Verfügung gestanden hätten.

    Aktuell müssen wir aber aufpassen. Denn der
    Wunsch, von der Solidargemeinschaft immer mehr zu
    bekommen, obwohl der zu verteilende Kuchen nicht
    größer wird – das haben wir gestern gehört –, ist nicht zu
    erfüllen.

    Wir verstehen den Unmut der Menschen und auch der
    Arbeitgeber in den Regionen, in denen sich die Beitrags-
    situation der örtlichen Kassen dank vollzogener realer
    Anstrengungen beim Abbau der Anzahl an Kranken-
    hausbetten und hinsichtlich der Mehreinnahmen durch
    den RSA in solidarischer Gemeinschaft, um nur zwei
    Faktoren zu nennen, derzeit ausgesprochen günstig ge-
    staltet und in denen dem höheren einheitlichen Beitrag
    mit Stirnrunzeln entgegengesehen wird. Wenn alles
    wunderbar ist, dann haben die betroffenen Krankenkas-
    sen den Spielraum einer Beitragsrückerstattung, die wir
    ja ausdrücklich ins Gesetz geschrieben haben.


    (Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: So ist es!)


    Ich erwarte, dass das dann auch getan wird.

    Dass sich heute hier und da in den neuen Bundeslän-
    dern leider wieder Warteschlangen bilden – zum Bei-
    spiel zur Vergabe von neuen Terminen –, liegt in erster
    Linie daran, dass die ambulant tätigen Ärzte mit dem ih-
    nen zugeteilten Finanzvolumen rund ein Drittel mehr Pa-
    tienten betreuen müssen, damit die Versorgung gewähr-
    leistet wird. Manche können kaum noch neue Patienten
    aufnehmen; das wissen wir. Auch die für diese Leistung
    gezahlten niedrigen Einkommen werden nach der Ein-
    führung der neuen Honorarordnung mit Honorarzuschlä-
    gen für unterversorgte Gebiete Geschichte sein. Wer
    diese gesetzliche Neuregelung nicht als Fortschritt be-
    greift, der hat nichts begriffen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Ich erwarte, dass das neue Honorarsystem ehrlich und
    konsequent umgesetzt wird, und möchte nicht, dass wir
    in einiger Zeit feststellen müssen, dass man sich hier und
    da durchmogelt.


    (Frank Spieth [DIE LINKE]: Es wird kein Strukturproblem gelöst! Reden Sie mal mit den KVen!)


    Die neue gesetzliche Möglichkeit, bei Bedarf auch
    Krankenhäuser für die ambulante Versorgung zu öffnen,
    wird schon genutzt. Die Akzeptanz – ja, die Freude – ist
    sehr groß, wenn es auf diese Weise gelingt, die Praxis
    vor Ort offen zu halten. Das hat aber auch Grenzen, wie
    zum Beispiel in Sachsen. In den dortigen Krankenhäu-
    sern fehlen rund 270 Mediziner, und gleichzeitig fehlen
    dort rund 80 niedergelassene Ärzte.

    Mit dem Gesundheitsfonds wird die realistische
    Chance geboten, eine Verteilung der Gelder unter Be-
    rücksichtigung der tatsächlichen Versorgungssituation
    vorzunehmen. Durch den Morbi-RSA, nach dem die
    Kassen in Zukunft ihre Zuweisungen erhalten, wird eine
    gleichmäßige, dem Alter und dem Erkrankungsgrad der
    Bevölkerung einer Region angepasste Verteilung des
    vorhandenen Geldes garantiert.

    Mit dem Gesundheitsfonds sichern wir eine auf Dauer
    angelegte Solidarleistung. Wir zögern nicht, sondern wir
    fangen damit jetzt an und werden uns bald mitten im
    Umsetzungsprozess befinden. Ich danke allen, die in den
    nächsten Wochen und Monaten noch sehr hart an dieser
    Sache arbeiten werden.

    Danke.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)