Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. April 2008 16369
(A) )
(B) )
ordnungspunkt 22 d) menzellen unter den Würdeschutz des Grundgesetzes zu
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Anlage 2
Erklärung
des Abgeordneten Peter Götz (CDU/CSU) zum
Antrag „Keine Änderung des Stichtages im
Stammzellgesetz – Adulte Stammzellforschung
fördern“ (Drucksache 16/7985 [neu]) (Tages-
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Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Bülow, Marco SPD 11.04.2008
Faße, Annette SPD 11.04.2008
Gabriel, Sigmar SPD 11.04.2008
Glos, Michael CDU/CSU 11.04.2008
Golze, Diana DIE LINKE 11.04.2008
Gradistanac, Renate SPD 11.04.2008
Griefahn, Monika SPD 11.04.2008
Hajduk, Anja BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
11.04.2008
Irber, Brunhilde SPD 11.04.2008
Lafontaine, Oskar DIE LINKE 11.04.2008
Laurischk, Sibylle FDP 11.04.2008
Dr. Lippold, Klaus W. CDU/CSU 11.04.2008
Nitzsche, Henry fraktionslos 11.04.2008
Nouripour, Omid BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
11.04.2008
Pflug, Johannes SPD 11.04.2008
Roth (Heringen),
Michael
SPD 11.04.2008
Schmidt (Eisleben),
Silvia
SPD 11.04.2008
Dr. Schmidt, Frank SPD 11.04.2008
Steinbach, Erika CDU/CSU 11.04.2008
Weis, Petra SPD 11.04.2008
Wellmann, Karl-Georg CDU/CSU 11.04.2008
Wieczorek-Zeul,
Heidemarie
SPD 11.04.2008
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(D
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Mein Name ist in der Liste der Antragsteller nicht
ufgeführt. Ich erkläre, dass ich diesen Antrag mit unter-
eichnet habe.
nlage 3
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Dr. Karl Addicks (FDP) zur
namentlichen Abstimmung über den Entwurf
eines Gesetzes für eine menschenfreundliche
Medizin – Gesetz zur Änderung des Stammzell-
gesetzes (Tagesordnungspunkt 22 a)
Zur Abstimmung über die Novellierung des Stamm-
ellgesetzes möchte ich einige Gesichtspunkte darlegen,
ie für meine Entscheidung wichtig waren:
Einer der zentralen Punkte bei der Novellierung des
tammzellgesetzes ist die Frage nach der ethischen Ver-
retbarkeit der Forschung an menschlichen Stammzellen.
ie Gegner der Forschung an Stammzellen lehnen diese
orschung mit dem Hinweis auf die Schutzbedürftigkeit
er Würde des menschlichen Lebens ab. Dies ist eine
ichtige und wichtige Überlegung. Aber es erhebt sich
ie Frage, warum wir einen Unterschied machen zwi-
chen der Würde des menschlichen Lebens am Beginn
es Lebens und am Ende des Lebens. Denn wenn wir im
ransplantationsgesetz die Verwendung lebender
enschlicher Zellen nach dem Ende des Individualle-
ens erlauben, dann wäre es nur folgerichtig, wenn wir
uch die Verwendung lebender menschlicher Zellen vor
em Beginn des Individuallebens erlauben.
Der Beginn des Menschenlebens als Individuum kann
leichgesetzt werden mit dem frühesten Beginn der inte-
rativen Funktion des Zentralnervensystems, einige Wo-
hen nach der Implantation. Dazu bedarf es der Diffe-
enzierung embryonaler Stammzellen in die Neuronen
es Zentralnervensystems, des Gehirns. Das ist eine
lare und praktikable Grenze, denn qua definitione sind
tammzellen, wenn sie sich differenziert haben, eben
eine Stammzellen mehr.
Analog dazu endet das Individualleben, wenn das Ge-
irn diese integrierende Funktion verloren hat, wir nen-
en das Hirntod und stellen den Tod des Menschen mit
llen Konsequenzen laut Transplantationsgesetz – Organ-
ntnahme – fest.
Um es nochmals zu verdeutlichen: Ebenso wie man
as Ende des Individuallebens klar definieren kann,
ann man auch den Beginn des Individuallebens klar de-
inieren. Natürlich existiert menschliches Leben vor und
ach dem Individualleben, und zwar nicht erst mit der
ereinigung von Ei- und Samenzelle. Auch die Samen-
elle und die Eizelle selbst sind ja lebende Zellen und
amit menschliches Leben. Wenn der Schutz des
enschlichen Lebens ganz eng ausgelegt würde, dann
ürfte es also auch keine Forschung an Ei- oder Samen-
ellen geben. Nun käme keiner auf die Idee, Ei- und Sa-
16370 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. April 2008
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stellen. Aber auch nach der Vereinigung von Ei- und Sa-
menzelle handelt es sich zunächst noch nicht um ein In-
dividualleben. Das beginnt, wie bereits gesagt, erst nach
der Differenzierung der embryonalen Stammzellen zu
Neuronen. Doch dann sind diese Stammzellen keine
Stammzellen mehr. Also wäre Erforschung und später
eventuell auch Transplantation dieser Zellen ethisch
ebenso vertretbar wie Transplantation lebender mensch-
licher Zellen nach dem Tod des Menschen.
Natürlich darf menschliches Leben nicht eigens zu
diesem Zweck geschaffen werden. Aber wenn es einmal
da ist – überzählige Embryonen entstehen unvermeidbar
bei der In-vitro-Fertilisation – und wenn ein individuel-
les Menschenleben mangels Implantationschance daraus
ohnehin niemals entstehen kann, dann darf und muss
dieses menschliche Leben einem ethischen Gebot zur
Hilfeleistung folgend dazu dienen können, um anderen
Menschen zu helfen. Dieses menschliche Leben von em-
bryonalen Stammzellen würde dadurch überleben. Also
ist Forschung an diesen embryonalen Stammzellen mit
dem Ziel der Linderung menschlichen Leidens ethisch
vertretbar. Käme es tatsächlich eines Tages dazu, dass
embryonale Stammzellen transplantiert werden, dann
käme dies einer Lebenschance für verwaiste Embryonen
gleich.
Indessen kann und darf niemand aus solcher For-
schung ein Heilsversprechen ableiten. Denn wer kann
schon Heilung voraussagen geschweige denn verspre-
chen? Aber Möglichkeiten zur Behandlung von Krank-
heiten könnten am Ende einer Forschung mit diesen em-
bryonalen Stammzellen nach menschlichem Ermessen
durchaus resultieren. Zu denken wäre an Parkinsonis-
mus, Diabetes, Multiple Sklerose und anderes. Deshalb
wäre ein Unterlassen solcher Forschung ethisch nicht
vertretbar. Vielmehr wäre der Erfolg solcher Forschung
der Punkt, an dem die Würde embryonaler Stammzellen,
die sonst ohne Lebenschance wären, zur Hoffnung des
kranken Menschenlebens wird.
Anlage 4
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU)
zur namentlichen Abstimmung über den Ent-
wurf eines Gesetzes für eine menschenfreundli-
che Medizin – Gesetz zur Änderung des Stamm-
zellgesetzes (Tagesordnungspunkt 22 a)
Meine Zustimmung zu Drucksache 16/7982 (neu) be-
gründe ich wie folgt:
Bisher haben weder der Gesetzgeber noch das Bun-
desverfassungsgericht einen von Verfassung wegen zu
bestimmenden Zeitpunkt festgelegt, wann die menschli-
che Existenz beginnt und damit der Würde- und Lebens-
schutz unseres Grundgesetzes greift. Wenn Kollegen die
Frage: „Wann ist ein Mensch ein Mensch?“ mit der Aus-
sage beantworten: „Der Bundestag hat sich für das ein-
zig klare Kriterium entschieden – die Verschmelzung
von Eizelle und Samenzelle“, dann vermitteln sie, wie
ich meine, irrtümlich, den Menschen eine Sicherheit und
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larheit, die nicht vorhanden ist. Der Gesetzgeber muss
eute zum Status von Embryonen aktiv eine Entschei-
ung treffen, und nicht zuletzt direkt oder indirekt auch
ie Frage beantworten: Wann ist ein Mensch ein
ensch? Leider hilft bei dieser Entscheidung der einfa-
he Rückgriff auf das „christlich-jüdische“ Menschen-
ild nicht weiter, denn der Beginn des Lebens wird von
en christlichen Kirchen anders definiert als im Juden-
um.
In der Entwicklungsphase hin zum Menschen ist die
erschmelzung von Ei- und Samenzelle ein Stadium.
ird an dieser Wegkreuzung aber der Mensch schon
um Menschen? Ich sage: Nein. Denn erst die Symbiose
wischen Embryo und Mutterleib, unabhängig ob nach
er Kernverschmelzung auf natürlichem Wege (in-vivo)
der auf künstlichem Wege (in-vitro), ist entscheidend
ür den Übergang von der bloßen Entwicklungsfähigkeit
ur tatsächlichen Lebensfähigkeit und Menschwerdung.
ine komplette extrakorporale Entwicklung vom Em-
ryo zu einem mit Personenwürde ausgestatteten Men-
chen (Geburt im Reagenzglas) ist gegenwärtig tech-
isch-naturwissenschaftlich nicht möglich. Erst die
ktive Implantierung der befruchteten Eizelle in den
utterleib ist die „conditio sine qua non“ für das
enschwerden. Aber auch bei der durch Geschlechts-
erkehr zustande gekommenen Verschmelzung von Ei-
nd Samenzelle hängt die Entwicklung vom Embryo
um Menschen entscheidend von der zufällig erfolgrei-
hen Einnistung im Uterus der Mutter ab. Erfolgt diese
icht, wird aus einer befruchteten Eizelle nie und nim-
er ein Mensch. Niemand wird geboren ohne eine Mut-
er! Im Umkehrschluss muss dann allerdings die ent-
cheidende Frage beantwortet werden: Kann Etwas, das
priori niemals geboren werden wird, ein Mensch und
amit auch Träger der unteilbaren Menschenwürde un-
eres Grundgesetzes sein?
Bejaht man dies, muss man sich mit den Wertungswi-
ersprüchen auseinandersetzen. So hat die bei der aus-
rücklich zugelassenen In-vitro-Fertilisation nicht zu
erhindernde Überzähligkeit von Embryonen für diese
eute ein Schicksal zur Folge, das nicht würdevoller ist
ls die Verwendung zu Forschungszwecken: Sie werden
spätestens nach fünf Jahren kryostatischer Aufbewah-
ung – verworfen, oder verständlicher ausgedrückt: Sie
erden weggeworfen. Zudem genießt nach der gegen-
ärtigen Gesetzeslage der in-vitro erzeugte Embryo ei-
en höheren Schutz als der in-vivo gezeugte Embryo.
enn die Abtreibung des bereits im Mutterleib eingenis-
eten Embryos ist unter den Voraussetzungen des § 218 a
tGB straflos; die Forschung an den in-vitro erzeugten
tammzellen soll dagegen nach Ablauf bestimmter
tichtage strafbewehrt bleiben. Da sperrt sich nicht nur
ein Gewissen, sondern auch meine Logik. Bei diesem
efund ist nur die komplette Aufhebung der Stichtags-
egelung in sich schlüssig.
So kennen wohl die meisten Menschen zudem nicht
en Unterschied zwischen einem bereits die Verschmel-
ung von Samen und Eizelle zu verhindern bestimmten
ondom und von Verhütungsmitteln, die erst die Einnis-
ung der befruchteten Eizelle im Uterus chemisch oder
echanisch verhindern sollen. Die letztere Verhütungs-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. April 2008 16371
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methode ist nicht nur moralisch nicht verpönt, sie ist
auch nicht strafbar – ja sie ist in § 218 Abs. 1 Satz 2
StGB ausdrücklich zugelassen. Stünde bereits jede be-
fruchtete Eizelle unter dem absoluten und uneinschränk-
baren Schutz des Art. 1 GG, so müsste bereits diese Ver-
nichtung bei der Verhütung auf dem beschriebenen
Wege der Nidations-Verhinderung strafbar sein. Wäre
man wirklich zu dieser Konsequenz bereit? Und wenn
nicht, worin soll eigentlich der moralische und rechtliche
Unterschied zwischen der Entleerung einer Petrischale
oder einer anerkannten Verhütungsmethode liegen?
Daher sollte in unserer Rechtsordnung und damit
auch im deutschen Stammzellgesetz weiterhin zuerst je-
dem geborenen Menschen (natus) die Menschenwürde
unserer Verfassung zugesprochen werden und auch je-
dem, der geboren werden kann (nasciturus). Nach mei-
ner Auffassung würde der Begriff der Menschenwürde
überdehnt werden, wenn wir uns dafür entscheiden wür-
den, dass Träger der Menschenwürde auch diejenigen
sind, die ausschließlich tiefgefroren gelagert, vernichtet
oder zu Forschungszwecken genutzt werden sollen (mo-
riturus).
Aus all diesen Überlegungen heraus habe ich mich ent-
schieden, dem Gesetzentwurf auf Drucksache 16/7982
(neu) meine Ja-Stimme zu geben.
Anlage 5
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Elisabeth Winkelmeier-
Becker (CDU/CSU) zur namentlichen Abstim-
mung über den Entwurf eines … Gesetzes zur
Änderung des Gesetzes zur Sicherstellung des
Embryonenschutzes im Zusammenhang mit
menschlichen embryonalen Stammzellen
(Stammzellgesetz – StZG) (Tagesordnungs-
punkt 22 b)
Ich begrüße und unterstütze den Entwurf des „Geset-
zes zur Änderung des Gesetzes zur Sicherstellung des
Embryonenschutzes im Zusammenhang mit menschli-
chen embryonalen Stammzellen (Stammzellgesetz –
StZG) vom 28. Juni 2002“, Drucksache 16/7983, und
den Antrag „Keine Änderung des Stichtages im Stamm-
zellgesetz – adulte Stammzellforschung fördern“,
Drucksache 16/7985.
Der Embryo hat von Anfang an Anspruch auf Schutz
seines Lebens und seiner Würde; dieser ist mit einem
„Verbrauch“ nicht vereinbar. Es gibt dann keine plau-
sible Grenze mehr bei der Verwendung von Embryos für
Zwecke der Medizin.
Gleichwohl respektiere ich, wenn Kollegen in der Ab-
wägung von möglichen Forschungserfolgen zugunsten
schwer erkrankter Menschen gegenüber den Lebensper-
spektiven überzähliger Embryos aus künstlicher Be-
fruchtung und angesichts der internationalen Forschungs-
praxis zu einem anderen Ergebnis kommen.
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nlage 6
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Wolfgang Meckelburg (CDU/
CSU) zur namentlichen Abstimmung über den
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Stammzellgesetzes (Tagesordnungspunkt 22 c)
Für mich ist die heutige Entscheidung des Deutschen
undestages über das Stammzellgesetz mindestens ge-
auso schwierig wie die von 2002. Jedermann weiß, es
st eine persönliche Gewissensentscheidung. Diese kann
an aber nur dann fällen, wenn man respektvoll mit al-
en vorgeschlagenen Positionen umgeht und dann auch
en Respekt der anderen Kolleginnen und Kollegen er-
arten darf. Ich habe den Eindruck, dass der Bundestag
ie Debatte zu dieser Entscheidung mit großem Respekt
nd auf hohem Niveau führt. Ich habe die Hoffnung,
ass meine Entscheidung mit demselben Respekt von
enen bewertet wird, die Anforderungen an mich heran-
etragen haben und andere Erwartungen hatten. Ich hätte
s mir einfach machen können, mich auf meine Ent-
cheidung von 2002 zurückziehen und mich zurückleh-
en können. Ich habe mich 2002 für ein Einfuhrverbot
on embryonal gewonnenen Stammzellen entschieden,
ine enge Grenzziehung für den Schutz des Lebens. Mit
er Mehrheitsentscheidung hat der Bundestag 2002
chon die erste Tür durchschritten, die ich geschlossen
alten wollte. Die Einfuhr von Stammzellen ist seitdem
nter restriktiven Kriterien in Deutschland erlaubt. Für
eine heutige Entscheidung bedeutete dies eine erneute
erausforderung. Und sofort war ich wieder der Fra-
ende und Suchende, der ich damals war. Nach Abwä-
ung der Argumente in der veränderten Situation 2008
omme ich zu dem Schluss, dass die Verschiebung des
tichtages gegenüber dem Stammzellgesetz von 2002
ine verantwortbare Entscheidung ist. Damit stütze und
tärke ich den Bundestagsbeschluss von 2002.
Warum komme ich zu diesem Schluss?
Erstens. Das Festhalten an meiner Entscheidung von
002 hätte keine Wirkung auf den Embryonenschutz
eltweit. In Deutschland ist und bleibt der Embryonen-
chutz durch das entsprechende Embryonenschutzgesetz
on 1990 gewahrt. Dieses wird durch keinen der heute
u entscheidenden Gesetzentwürfe geändert. Ganz im
egenteil, es bleibt gemeinsame Position des Bundesta-
es: Die Zerstörung oder Produktion von Embryonen zu
orschungszwecken bleibt in Deutschland verboten. Der
ohe Schutzstandard besteht weiter.
Zweitens. Durch die Verschiebung des Stichtages
leibt das Prinzip erhalten, dass von Deutschland kein
nreiz ausgehen soll, die Gewinnung neuer embryonaler
tammzellen zu veranlassen. Denn der neue Stichtag
. Mai 2007 liegt wie 2002 in der Vergangenheit gegen-
ber dem heutigen Beschluss. Danach gewonnene
tammzellen dürfen aus dem Ausland nicht importiert
erden.
Drittens. Schon das Stammzellgesetz von 2002 er-
aubt den Import von embryonalen Stammzellen nur un-
er sehr eingeschränkten Bedingungen. Der Import ist
ur dann erlaubt, wenn die beabsichtigten Forschungsar-
16372 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. April 2008
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beiten hochrangigen Zielen der Grundlagenforschung
oder der medizinischen Forschung, zum Beispiel für die
Entwicklung therapeutischer Verfahren, dienen. Die im-
portierten Stammzellen müssen aus Embryonen stam-
men, die ursprünglich für künstliche Befruchtungen her-
gestellt worden sind und die endgültig nicht mehr
verwertet werden können. Und der Import darf nur dann
erfolgen, wenn die Forschung ausschließlich mit
embryonalen Stammzellen durchgeführt werden kann
und es keine Alternativen gibt. Das heißt, das Stamm-
zellgesetz von 2002 regelt schon heute den Import von
embryonalen Stammzellen als absolute Ausnahme. Und
dabei wird es auch bei einer Stichtagsverschiebung blei-
ben.
Viertens. Dass die Importrestriktionen wirklich wir-
ken, beweist die Tatsache, dass es seit 2002 lediglich
25 Anträge gegeben hat, die bewilligt worden sind. Bei
der Genehmigung durch das zuständige Robert-Koch-In-
stitut wird es bleiben.
Fünftens. Die Forschungsmittel der Bundesregierung
und der Deutschen Forschungsgemeinschaft gehen zu
97 Prozent in die Erforschung von Alternativen zu em-
bryonalen Stammzellen, nämlich in die Forschung mit
tierischen und adulten Stammzellen. Diese Schwer-
punktsetzung ist eindeutig.
Sechstens. Es gibt seit langer Zeit Stammzellfor-
schung und Zelltherapie, die ohne embryonale Stamm-
zellen auskommen. Gerade in jüngster Zeit hat es Er-
folge bei der Reprogrammierung aus nichtembryonalen
Zellen gegeben. Reicht es also nicht aus, sich auf die
Forschung mit adulten Stammzellen zu beschränken? Es
wäre für uns alle eine ethisch einfacherere Entscheidung.
Siebtens. Gerade in den letzten Tagen haben 17 re-
nommierte Wissenschaftler – darunter auch solche, die
nur mit adulten Stammzellen arbeiten – darauf hingewie-
sen, dass die Forschung mit embryonalen Stammzellen
auch weiterhin notwendig sein wird. Zumindest braucht
man sie zum Abgleich der Ergebnisse.
Achtens. Ehrlicherweise muss man auch sagen, dass
die großen Fortschritte der Forschung mit adulten
Stammzellen ohne die Erkenntnisse aus embryonaler
Stammzellforschung nicht möglich gewesen wären. Und
auch heute gilt noch immer: Adulte Stammzellen können
sich nicht – im Gegensatz zu embryonalen Stammzellen –
in alle Zelltypen des Körpers differenzieren.
Neuntens. Deshalb stimme ich der Verschiebung des
Stichtages im Stammzellgesetz zu. Er bleibt gegenüber
dem heutigen Entscheidungstag ein Datum in der Ver-
gangenheit. Damit bleibt der Kern des bestehenden
Stammzellgesetzes bestehen. Auch das Embryonen-
schutzgesetz bleibt voll gültig. Die Verschiebung des
Stichtages hilft aber der deutschen Forschung, auf quali-
tativ hochwertige Stammzelllinien zurückgreifen zu
können. Wie gesagt, dieser Rückgriff soll auch weiterhin
die Ausnahme bleiben.
Mit meiner persönlichen Gewissensentscheidung
glaube ich, einen verantwortbaren Ausgleich zwischen
der Ethik des Lebensschutzes und der Ethik des Heilens
gefunden zu haben.
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Sollte der entsprechende Antrag im Bundestag keine
ehrheit finden, werde ich für die Beibehaltung des bis-
erigen Stichtages stimmen.
nlage 7
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Mechthild Rawert (SPD) zur
namentlichen Abstimmung über den Entwurf
eines Gesetzes zur Änderung des Stammzellge-
setzes (Tagesordnungspunkt 22 c)
Stammzelllinien werden aus überzähligen und „ver-
aisten“ Embryonen gewonnen, die nicht mehr der Er-
üllung eines Kinderwunsches dienen. Diese werden
ryokonserviert aufbewahrt.
Die breite gesellschaftliche Debatte im Vorfeld des
m 25. April 2002 mit 360 zu 190 Stimmen beschlosse-
en Stammzellgesetzes hat den tiefen gesellschaftlichen
issens zur Herstellung, Einfuhr und Verwendung
enschlicher embryonaler Stammzellen aufgezeigt. Mit
em Stammzellgesetz wurde ein verfassungskonformer
olitischer und auch ethischer Konsens verabschiedet,
it dem ein schonender Ausgleich zwischen den ethi-
chen Bedenken gegen eine verbrauchende Embryonen-
orschung und dem Grundrecht der Forschungsfreiheit
owie dem ebenfalls ethisch begründbaren Anliegen,
orschung zum besseren Verständnis zellbiologischer
rozesse an und mit embryonalen Stammzellen zu be-
reiben, um Therapien gegen zurzeit noch nicht behan-
elbare Krankheiten zu entwickeln.
Unser Stammzellgesetz ist weltweit eines der strengs-
en. Herstellung, Einfuhr und Verwendung menschlicher
mbryonaler Stammzellen sind in Deutschland grund-
ätzlich verboten. Verstöße dagegen sind strafbar. Zu
orschungszwecken können die Einfuhr und Verwendung
nter strengen Voraussetzungen genehmigt werden. Ge-
ehmigung und Kontrolle obliegen der zuständigen Be-
örde beim Robert-Koch-Institut und der Zentralen
thik-Kommission für Stammzellforschung. Gesetzlich
ilt auch: Es dürfen nur Stammzelllinien aus Embryonen
mportiert werden, die vor dem 1. Januar 2002 im Ein-
lang mit der Gesetzeslage ihres Herkunftslandes ge-
onnen wurden. Für diese Embryonen darf kein Entgelt
ezahlt worden sein.
Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen beklagen
eit längerem, dass die vor dem 1. Januar 2002 gewonne-
en Zelllinien zu alt bzw. verunreinigt wären. Daher sei
hr Grundrecht auf Forschungsfreiheit beeinträchtigt.
ußerdem existierten zahlreiche Rechtsunsicherheiten
n den internationalen Forschungsprojekten. Deutsch-
and sei in diesem Forschungsfeld nicht mehr wettbe-
erbsfähig.
Nach wie vor ist die Forschung mit humanen embryo-
alen Stammzellen ein höchstsensibles Gebiet. Sowohl
ie humane embryonale als auch die adulte Stammzell-
orschung ist noch Grundlagenforschung. Derzeit ist
icht absehbar, wann tatsächlich umfassende therapeuti-
che Erfolge erreicht werden. Unbestritten ist aber, dass
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. April 2008 16373
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die Stammzellforschung mittlerweile in sehr viele Berei-
che der biomedizinischen Forschung ausstrahlt.
Als Politikerin trage ich auch Verantwortung dafür,
dass wir eine Rechtsordnung haben, die von der Mehr-
heit der Bevölkerung akzeptiert wird. Nur so kann
Rechtsfrieden gewahrt werden. Daher muss für mich die
Novellierung des Stammzellgesetzes sowohl hinsichtlich
der Stichtagsregelung als auch der Strafsicherheit auf der
Grundintention des Stammzellgesetzes aufbauen.
Bei dem von mir unterstützten „Entwurf eines Geset-
zes zur Änderung des Stammzellgesetzes“, Drucksache
16/7981, bleibt die Grundintention des Stammzellgeset-
zes unverändert. Der Stichtag wird aber auf den 1. Mai
2007 verschoben. Weiterhin erhalten Wissenschaftler
und Wissenschaftlerinnen Rechtssicherheit, indem die
Anwendung des Strafrechts auf die Forschung im Inland
beschränkt wird.
Auch die Novellierung des Stammzellgesetzes hat die
geschlechterdifferenzierte Abschätzung der Folgen des
Gesetzes durchlaufen. Das Ergebnis dieser Prüfung
lautet: „Der Entwurf enthält keine gleichstellungspoliti-
schen Auswirkungen. Frauen und Männer sind in glei-
cher Weise betroffen. Eine unmittelbare geschlechterbe-
zogene Benachteiligung liegt ebenfalls nicht vor.“ Ich
stimme dieser Schlussfolgerung gemäß des mir heute
vorliegenden Kenntnisstandes zu, da sich sowohl das
Stammzellgesetz als auch dessen Novellierung auf das
Rechtsgebiet der Bundesrepublik Deutschland bezieht.
In Deutschland ist die Produktion von menschlichen
embryonalen Stammzellen gemäß des 1991 verabschie-
deten Embryonenschutzgesetzes verboten.
Alle Politikfelder gestalten sich aber zunehmend eu-
ropäischer, internationaler. Dieses gilt insbesondere für
die Forschungspolitik. Trotz gesetzgeberischer Inlands-
beschränkung verweise ich auf ein verdecktes ethisches
Problem, welches in den Anhörungen als auch in der ers-
ten Lesung zum Gesetzgebungsverfahren in einigen Bei-
trägen benannt wurde. Im grenzüberschreitenden euro-
päischen bzw. internationalen Kontext ist gemäß der
Definition des Gender-Mainstreaming im Grundsatz
durchaus davon zu sprechen, dass geschlechterdifferen-
zierte Lebenslagen bei der Produktion, der Verwendung
und damit auch des Ex- bzw. Importes von humanen em-
bryonalen Stammzellen nach Deutschland existieren
(können).
Es geht um den Zusammenhang von Fortpflanzungs-
medizin und Stammzellforschung. Die Tatsache, dass in
anderen Staaten gar keine bzw. eine aus deutscher Sicht
„freizügige“ Gesetzgebung zur künstlichen Befruchtung
einerseits und zur Erzeugung als auch Nutzung „über-
zähliger“ gefrorener bzw. frischer Eizellen und Embryo-
nen andererseits existieren, nährt bei in Deutschland le-
benden Bürgerinnen Befürchtungen. Zwar beruhen diese
manches Mal auch darauf, dass unser Embryonenschutz-
gesetz – welches durch die Novellierung des Stammzell-
gesetzes nicht tangiert wird – mit dem Stammzellgesetz
selbst verwechselt wird. Nichtsdestotrotz: Sie benennen
die Gefahr, dass außerhalb Deutschlands vor allem öko-
nomisch unterprivilegierte Frauen mit Kinderwunsch,
die sich aber keine In-vitro-Fertilisationsbehandlung
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eisten können, dazu gedrängt werden, überzählige Ei-
ellen zu Forschungszwecken zur Verfügung zu stellen,
iese zu „spenden“.
Frau Professor Dr. Regine Kollek, Universität Ham-
urg, verwies in der öffentlichen Anhörung am 3. März
008 auf folgenden Zusammenhang: Da von vielen
tammzellforschern und Stammzellforscherinnen einge-
rorene Embryonen für die Herstellung als sehr viel inef-
izienter eingestuft werden als „frische“ Embryonen
der Eizellen, gäbe es im Ausland durchaus Bemühun-
en, frische Embryonen direkt aus der reproduktionsme-
izinischen Behandlung zu erhalten. Ein alleiniger Auf-
uf zum Überlassen von Eizellen bzw. Embryonen habe
ber nicht ausgereicht. Zwischenzeitlich seien in einigen
ändern Anreize geschaffen worden, um Ei- und
mbryonenspenden in ausreichender Zahl zu erhalten.
rau Profesor Dr. Kollek verweist unter anderem auf
eispiele in Großbritannien, wo Frauen erhebliche
reisnachlässe, Rabatte bei den Behandlungskosten der
ünstlichen Befruchtung angeboten werden, und sieht
urch die Schaffung dieser Anreizsysteme die Gefahr
er Kommerzialisierung der Eizell- und Embryonen-
pende.
Die in Deutschland bis jetzt genutzten Stammzellen
zw. Stammzelllinien kommen vielfach aus den USA,
üdkorea, Japan, Israel, Südamerika. Mir ist nicht be-
annt, aus welchen Ländern künftig der Import neuer
tammzellen bzw. Stammzelllinien erfolgt. Ich erwarte
on unseren Forscherinnen und Forschern, aber auch
on den zuständigen Genehmigungs- und Kontrollbe-
örden, dass für die hiesige Bevölkerung klar ersichtlich
ird, dass die Produktion von Eizellen bzw. Embryonen
icht darauf beruht, dass eine Ausnutzung von Notlagen
ei den im Ausland betroffenen Frauen vorliegt. Die
erlässlichkeit der Zertifikate bei der Lieferung muss
ewährleistet sein. Gender-Mainstreaming ist ebenfalls
in europäischer, ein internationaler Ansatz, der dazu
ufruft, durchaus auch grenzüberschreitende Aspekte in
olitische und ethische Betrachtungen für die Rechtsord-
ung der Bundesrepublik Deutschland einzubeziehen.
nlage 8
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Cornelia Hirsch, Elke
Reinke, Ulla Jelpke und Inge Höger (alle DIE
LINKE) zur namentlichen Abstimmung über
den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Stammzellgesetzes (Tagesordnungspunkt 22 c)
Wir stimmen für den Gesetzentwurf des Abgeordne-
en Hubert Huppe und anderer. Dieser Gesetzentwurf
ordert, dass in Deutschland wieder ein ausnahmsloses
erbot embryonaler Stammzellforschung gilt. Die mit
er Verabschiedung des Stammzellgesetzes 2002 getrof-
ene Regelung, die vorsah, dass die Forschung mit em-
ryonalen Stammzellen zu Forschungszwecken und bei
orliegen weiterer Bedingungen zulässig ist, würde
ückgängig gemacht. Wir teilen die Intention des Gesetz-
ntwurfes. Die Begründung teilen wir nicht.
16374 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. April 2008
(A) )
(B) )
Hintergrund unserer Entscheidung ist, dass in der ge-
genwärtigen auf Profitmaximierung orientierten Gesell-
schaftsordnung, von der auch die Forschung nicht frei
ist, die Gefahr eines Missbrauchs zu groß ist. In solch ei-
ner existentiellen Frage wie der embryonalen Stamm-
zellforschung droht eine Verzweckung des menschlichen
Lebens und insbesondere des weiblichen Körpers. Auch
ist nicht sichergestellt, dass Forschungsergebnisse im ge-
samtgesellschaftlichen Interesse verwendet werden.
Stattdessen findet Patentierung statt, die die Ergebnisse
und den Nutzen der Forschung bei großen Pharmakon-
zernen monopolisiert, die damit Profite erzielen. Ohne
ein generelles Verbot wird der Druck zu einer immer
weiteren Freigabe kontinuierlich steigen.
Das von uns unterstützte generelle Verbot embryona-
ler Stammzellforschung bedeutet für uns nicht – wie dies
von manchen anderen Unterstützerinnen und Unterstüt-
zern dieses Gesetzesentwurfs vorgetragen wird – auch
die Regelungen des § 218 Strafgesetzbuch einzuschrän-
ken. Im Falle des dort geregelten Schwangerschaftsab-
bruches geht es um eine individuelle Entscheidung der
Frau und um das Selbstbestimmungsrecht über ihren
Körper. Diese Entscheidung muss und kann von jeder
einzelnen Frau selbst getroffen werden. Wir treten dafür
ein, dass jede Frau auch weiterhin dieses Recht haben
muss.
Anlage 9
Erklärung
der Abgeordneten Maria Michalk (CDU/CSU)
zum Antrag: Keine Änderung des Stichtages im
Stammzellgesetz – Adulte Stammzellforschung
fördern (Tagesordnungspunkt 22 d)
Die alten Stammzellen, die nach Deutschland impor-
tiert werden können, lassen sich eindeutig für die Grund-
lagenforschung verwenden. Ein Argument dafür liefern
die allerneusten Publikationen avancierter internationa-
ler Gruppen.
Für weitere Forschungen und für therapeutische Zwe-
cke sollten wir uns auf die erfolgreichen körpereigenen
adulten Stammzellen konzentrieren. Denn mit den Na-
belschnurblut-Stammzellen – zum Beispiel aus Kno-
chenmark – stehen ausreichende Alternativen zur Verfü-
gung, sodass es keiner Verschiebung oder Aufhebung
des Stichtags im Stammzellgesetz bedarf.
Der Mensch darf in einer humanen Gesellschaft nicht
alles tun, was er kann. Forschungen und ökonomische
Wertschöpfungen, die für das Ziel, menschliches Leben
zu heilen oder zu verlängern, in Kauf nehmen, dass
menschliches Leben geopfert wird, verletzen die Würde
des Menschen und die Kultur des Lebens. Deutschland
soll eine humane Gesetzgebung zur Stammzellforschung
beibehalten.
Der Mensch darf sich nicht anmaßen, den Beginn des
Lebens zu definieren. Deshalb stimme ich der Beibehal-
tung der derzeitigen gesetzlichen Regelung zu.
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nlage 10
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Hermann-Josef Scharf (CDU/
CSU) zu den namentlichen Abstimmungen:
– Entwurf eines Gesetzes für eine menschen-
freundliche Medizin – Gesetz zur Änderung
des Stammzellgesetzes
– Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Stammzellgesetzes
(Tagesordnungspunkt 22 a und c)
Ich bin gegen die Forschung mit embryonalen
tammzellen und werde deshalb zur vorgeschlagenen
eränderung des Stammzellgesetzes mit Nein stimmen.
Es geht um die Forderungen der Deutschen For-
chungsgemeinschaft (DFG), die geltende Stichtagsrege-
ung zur embryonalen Stammzellforschung im Stamm-
ellgesetz zu verändern.
Das Stammzellgesetz erlaubt die Forschung an
enschlichen embryonalen Stammzellen auch in
eutschland in engen Grenzen. Nur embryonale Stamm-
ellen, die vor dem 1. Januar 2002 hergestellt wurden,
ürfen derzeit in Deutschland für die Forschung verwen-
et werden. Die DFG möchte nun eine Verlängerung
ieser Stichtagsregelung.
Ich halte schon die jetzt geltende Stichtagsregelung für
alsch und lehne embryonale Stammzellforschung grund-
ätzlich ab. Es geht dabei ganz grundsätzlich um die
rage, wann eigentlich individuelles Leben beginnt, denn
amit setzt auch der Lebensschutz des Grundgesetzes ein.
ieser Lebensschutz darf nicht relativiert werden.
Es gilt der ethische Grundsatz: Der Zweck (zum Bei-
piel die Hoffnung auf Krankheitsbekämpfung) heiligt
ben nicht die Mittel (die Verletzung des Schutzes
enschlichen Lebens).
In der wissenschaftlichen Debatte vertreten Medizi-
er und Biologen teilweise unterschiedliche Meinungen
um Lebensbeginn. Für mich gilt dabei: Im Zweifel
uss der Gesetzgeber den Lebensschutz eher früher als
päter sicherstellen.
Es sollte uns auch nachdenklich machen, dass durch
en wissenschaftlichen Fortschritt in den letzten Jahr-
ehnten der Beginn des Lebens immer wieder nach
orne verschoben wurde. Man denke nur daran, welche
rundsätzlich neue Sicht des vorgeburtlichen Lebens die
ltraschalluntersuchungen ausgelöst haben.
Wenn die Vereinigung von Ei und Samen den Beginn
enschlichen Lebens markiert – wie das viele Wissen-
chaftler sagen –, dann ist embryonale Stammzellfor-
chung grundsätzlich auszuschließen sowie durch das
mbryonenschutzgesetz die Forschung an Embryonen
nter Strafe zu stellen.
Hinzu kommt, dass viele Wissenschaftler darauf ver-
eisen, dass mit adulten Stammzellen (gewonnen zum
eispiel aus der Nabelschnur ohne die Vernichtung em-
ryonaler Stammzellen) embryonale Stammzellfor-
chung überflüssig ist.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. April 2008 16375
(A) )
(B) )
Anlage 11
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Florian Toncar (FDP) zu den
namentlichen Abstimmungen:
– Entwurf eines Gesetzes für eine menschen-
freundliche Medizin – Gesetz zur Änderung
des Stammzellgesetzes
– Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des
Gesetzes zur Sicherstellung des Embryonen-
schutzes im Zusammenhang mit menschli-
chen embryonalen Stammzellen (Stammzell-
gesetz – StZG)
– Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Stammzellgesetzes
(Tagesordnungspunkt 22 a bis c)
Die Einfuhr von und die Forschung an embryonalen
Stammzellen muss auch in Zukunft in Deutschland mög-
lich sein. Deshalb unterstütze ich den Vorstoß, den Stich-
tag im § 4 des Stammzellgesetzes zu streichen.
Die Verschiebung des Stichtages, wie im Gesetzent-
wurf auf Drucksache 16/7981 vorgesehen, ist zumindest
ein Schritt in diese Richtung und findet daher hilfsweise
meine Zustimmung. Der Gesetzentwurf auf der Drucksa-
che 16/7983 sowie der Antrag auf Drucksache 16/7985
verhindern bzw. erschweren die Forschung an embryo-
nalen Stammzellen zu medizinischen Zwecken, sodass
ich jeweils dagegen stimme.
Die Stammzellforschung ist für die medizinische
Grundlagenforschung von enormer Wichtigkeit und stellt
für viele schwerkranke Menschen, die zum Beispiel an
Alzheimer, Diabetes, Multipler Sklerose oder Krebs lei-
den, eine große Chance auf Heilung oder Linderung ihrer
Krankheiten dar. Voraussetzung hierfür ist allerdings,
Wissenschaftlern die Forschung an adulten und notfalls
auch embryonalen Stammzellen zu gewähren.
Das Embryonenschutzgesetz und das Stammzellge-
setz setzen der Forschung an embryonalen Stammzellen
in Deutschland sehr enge Grenzen. So dürfen Stammzel-
len zu Forschungszwecken nur nach Deutschland einge-
führt werden, wenn das Forschungsvorhaben der Hei-
lung lebensbedrohlicher, schwerer Krankheiten dient,
andere Verfahren, die gegenüber der Einfuhr und For-
schung an embryonalen Stammzellen Vorrang genießen
sollen, wie zum Beispiel die Forschung an adulten
Stammzellen, keine Aussicht auf Erfolg haben, für die
Überlassung der Embryonen kein Entgelt gewährt wird
und die Vorschriften des Embryonenschutzgesetzes be-
achtet werden. Darüber hinaus obliegt die Überwachung
des gesamten Genehmigungsverfahrens zur Einfuhr von
Stammzellen dem Robert-Koch-Institut, welches wie-
derum die Ethikkommission in seine Entscheidungen
mit einbezieht. Insgesamt ist festzustellen, dass die be-
stehenden Gesetze in dieser Frage eher restriktiv ausge-
legt werden.
Der grundsätzlich strenge Schutz des Embryonen-
schutzgesetzes ist beizubehalten. Jedoch finden Ein-
schränkungen zur Rettung menschlichen Lebens, wie die
embryonale Stammzellforschung unter strengen Voraus-
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etzungen, meine Unterstützung. Für mich geht der
chutz des geborenen Menschen dem Schutz eines Em-
ryos im Reagenzglas vor. Den vollen Anspruch auf den
ebensschutz nach Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz hat meines
rachtens erst ein Embryo im Leib der Mutter während
iner Schwangerschaft. Für mich ist damit die Einnis-
ung des Embryos in der Gebärmutter als Voraussetzung
er Entstehung menschlichen Lebens entscheidend. Der
mbryo außerhalb des Mutterleibs hingegen ist eine
orstufe menschlicher Existenz, die zwar auch Schutz
erdient, aber nicht in gleicher Weise wie ein Mensch.
ementsprechend bedeutet die Forschung an embryona-
en Stammzellen meiner Auffassung nach auch nicht die
ötung menschlichen Lebens.
Dieses Ergebnis überzeugt auch deshalb, weil sich
urch die Anerkennung des nicht eingenisteten Embryos
ls Mensch überwiegend unlösbare rechtsethische Fol-
eprobleme ergeben. Dies gilt im Hinblick auf das
ergleichsweise niedrige Strafmaß im Embryonen-
chutzgesetz, die Zulässigkeit nidationshemmender Ver-
ütungsmittel – Spirale –, die Nutzung von im Ausland
ewonnenen medizinischen Erkenntnissen aus Stamm-
ellforschung zur Heilung deutscher Patienten, die Zu-
ässigkeit künstlicher Befruchtungen generell, weil dabei
wangsläufig mehr Embryonen entstehen, als in den
utterleib eingeführt werden, die Frage des Bestehens
iner staatlichen Pflicht zur Herbeiführung von Schwan-
erschaften bezüglich der bereits bestehenden Stamm-
elllinien, um deren gegebenenfalls bestehendes Lebens-
echt zur Geltung zu bringen, Pflichtenkollisionsfälle wie
dem bekannten Beispiel vom Krankenhausbrand – Ret-
er entscheidet sich für die Evakuierung der Stammzell-
inien; ein Patient kann deshalb nicht mehr gerettet wer-
en und verstirbt.
Ich glaube, dass wir alle gut beraten sind, diese
chwierigen Fragen im Respekt voreinander zu behan-
eln. Weder fehlt den Befürwortern der embryonalen
tammzellforschung ein Bewusstsein für die Schutzwür-
igkeit von Embryonen noch deren Gegnern der Wille,
ranken Menschen zu helfen.
nlage 12
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Dr. Reinhold Hemker (SPD)
zu den namentlichen Abstimmungen:
– Entwurf eines Gesetzes für eine menschen-
freundliche Medizin – Gesetz zur Änderung
des Stammzellgesetzes
– Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des
Gesetzes zur Sicherstellung des Embryonen-
schutzes im Zusammenhang mit menschli-
chen embryonalen Stammzellen (Stammzell-
gesetz – StZG)
– Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Stammzellgesetzes
(Tagesordnungspunkt 22 a bis c)
Unter anderem auf der Grundlage der auch von vielen
hristen getragenen Bewertung, dass die Gewinnung
16376 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. April 2008
(A) )
(B) )
von embryonalen Stammzellen mit einer Schädigung
und Tötung von Menschen am Anfang ihrer Existenz
einhergeht, werde ich bei der ersten Abstimmung dem
Gesetzentwurf unter der Drucksachennummer 16/7983
„Gesetz zur Sicherstellung des Embryonenschutzes im
Zusammenhang mit menschlichen embryonalen Stamm-
zellen“ zustimmen. Bei mehrheitlicher Ablehnung
werde ich in einer weiteren Abstimmung dem Antrag
unter der Drucksachennummer 16/7985 „Keine Ände-
rung des Stichtages im Stammzellgesetz – Adulte
Stammzellforschling fördern“ zustimmen, der zumindest
berücksichtigt, dass keine zusätzlichen Anreize zum
Verbrauch von Embryonen gegeben werden dürfen.
Statt der Forschung mit embryonalen Stammzellen
muss die Forschung mit adulten Stammzellen viel mehr
unterstützt werden. Dasselbe gilt für die Forschung mit
iPS-Zellen. Schon jetzt gehen zahlreiche Forscher bei al-
len erkannten Problemen davon aus, dass künftige
Stammzelltherapien, auf die gerade auch schwer er-
krankte Menschen Hoffnung setzen, vermutlich auf iPS-
Zellen basieren werden.
Bei der intensiven Beschäftigung mit der Thematik
auch im Kontext der anlässlich der Anhörung im Bun-
destag von Experten vorgetragenen Argumente habe ich
meine Meinung geändert. Deswegen habe ich meine ur-
sprüngliche Unterstützung des Gesetzentwurfes mit der
Drucksachennummer 16/7981 „Gesetz zur Änderung
des Stammzellgesetzes“, der eine Verlängerung der ur-
sprünglich auch von mir als damaligen Kompromiss ge-
tragenen Stichtagsregelung vorsieht, heute zurückgezo-
gen:
Die Forschungslobby, die auf die ethisch meines Er-
achtens nach nicht vertretbare Nutzung von embryona-
len Stammzellen setzt, verschweigt meistens, dass es ge-
rade in letzter Zeit Erfolge bei der Gewinnung von
adulten Stammzellen gibt, die auch den erkrankten Men-
schen Hoffung auf Heilung geben könnte.
Ich hoffe, dass mit der Debatte im Bundestag noch
mehr Menschen klar wird, dass es bei einer Aufwei-
chung des bisherigen Embryonenschutzes um wichtige
ethische Prinzipien im Blick auf die göttliche Schöp-
fungsordnung geht.
Anlage 13
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung:
– Entwurf eines Gesetzes für eine menschen-
freundliche Medizin – Gesetz zur Änderung
des Stammzellgesetzes
– Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des
Gesetzes zur Sicherstellung des Embryonen-
schutzes im Zusammenhang mit menschli-
chen embryonalen Stammzellen (Stammzell-
gesetz – StZG)
– Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Stammzellgesetzes
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– Antrag: Keine Änderung des Stichtages im
Stammzellgesetz – Adulte Stammzellfor-
schung fördern
– Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Stammzellgesetzes
(Tagesordnungspunkt 22 a bis e)
Michael Brand (CDU/CSU): Das Parlament der
eutschen steht vor einer klaren Alternative in einer
ernfrage moderner Gesellschaften: Es geht um Freiheit
er Forschung, und es geht um Menschenrechte des un-
eborenen menschlichen Lebens.
Jede und jeder Abgeordnete wird entscheiden müs-
en: Folgt der Deutsche Bundestag einer starken Mehr-
eit des deutschen Volkes, das aus Gründen der Ethik
as Töten menschlichen Lebens selbst für Forschungs-
wecke ablehnt, oder folgt das Parlament einer neu ein-
eführten, demagogischen „Ethik des Heilens“, die Tö-
en ungeborenen Lebens in Kauf nimmt, weil Heilung
on nicht heilbaren Krankheiten mit den Mitteln der fast
ngebeteten „Forschung“ und eben auch der Embryonen
ötenden Stammzellforschung möglich wäre?
Hinter dem Stapel technisch-mechanisch anmutender
egriffe wie „Stichtagsregelung“, „Zellhaufen“, „Ver-
chiebung“, „Zellreprogrammierung“ und „verbrau-
hende“ Stammzellforschung geht es mit unterschiedli-
hen Begriffen um sehr klare Ziele.
Alle Stammzellforscher aus Deutschland wollen vor
llem eines: Sie wollen forschen. Aber: Dies wollen sie
uf Augenhöhe mit den internationalen Kollegen, wie
in Forscher es offen ans Parlament schrieb. Daher
üsse die geltende gesetzliche Regelung fallen, die
ointiert formulierte „Kriminalisierung“ der Forscher,
ie gegen ein Gesetz des deutschen Parlaments versto-
en, beendet und das Gesetz nun den Forderungen der
orscher angepasst werden.
Eine Reihe der Forscher will eindeutig mehr als die
llzu seicht daherkommende Stichtagsverschiebung. In
esprächen und Anhörungen vertreten sie ganz offen,
ass die geforderte Stichtagsverschiebung nur das Tor
ufmachen soll für mehr, für die Abschaffung einer
ohlverstandenen ethischen Barriere, die nach Recht
nd Gesetz nur in Ausnahmen die Verwendung von
mbryonalen Stammzellen erlaubt. Rationale Argumente
ie die weit größeren Erfolge der adulten Stammzell-
orscher mit weit mehr praktischer Hilfe für Patienten
nd erheblich weniger Risiken wie Krebs und anderen
ebenwirkungen wie auch die nicht eingetroffenen Pro-
nosen der embryonalen Stammzellforscher werden nun
usgerechnet von Wissenschaftlern im Eifer um ihre
Augenhöhe“ zu den Kollegen hintangestellt.
Angesichts dieser rational nicht überzeugenden Argu-
ente führt nun eine Allianz aus Forschern, Unterneh-
en und Politikern neue, mediale Begriffe wie den einer
Ethik des Heilens“ ein. Das ist eine Kampfansage, die
rnst genommen werden muss. Wenn einige an die Stelle
er für unsere Gesellschaft zentral stabilisierenden, all-
emein akzeptierten Ethik nun eigens eine Untergruppe
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. April 2008 16377
(A) )
(B) )
mit anderer Ethik aufmachen, dann muss dies als dema-
gogisches Element enttarnt werden. Und so entwickelte
sich die Debatte des Bundestags im Februar zwischen ei-
gentlich nur zwei klaren Alternativen zu einer seltenen,
aber auch zu einer seltsamen, nämlich dreigeteilten De-
batte: Während die einen aus ethischen Gründen das Tö-
ten von Embryonen ablehnen und sich auf die Ethik und
Moral unseres Kulturkreises beriefen, führten die ande-
ren gegen die sehr wohl empfundene Last ethischer Vor-
behalte ihre eigenen Begrifflichkeiten ein, beschworen
eine die Ethik relativierende „Ethik des Heilens“, der das
Recht zur Tötung des „Zellhaufens“ – welch ein Aus-
druck für einen, wenn auch ungeborenen Menschen! –
gäbe, weil der Glaube an die Forschung und deren Heils-
versprechen offenbar unumstößlich geworden ist. Bei
dieser sehr klaren Alternative und in der mit viel Passion
geführten Debatte finden sich nun auch Positionen, die
mit dem halbherzigen Votum „nur noch einmal verschie-
ben“ eine Entscheidung treffen wollen, die eigentlich
keine ist. Sie bedeutet ein Abtauchen vor den Realitäten
und wird im Ergebnis die Aufhebung des Schutzes be-
wirken.
Nein, es ist der Tag der Entscheidung, nicht der Verta-
gung! Es wäre irrational, die Augen davor zu verschlie-
ßen, dass die Verschiebung eine Verschiebung der Achse
zulasten des Schutzes ungeborenen menschlichen Le-
bens bedeutet. Es bleibt eine Selbsttäuschung, vor den
Nebenwirkungen einer Nichtentscheidung die Augen zu
verschließen: Der geltende Stichtag des 1. Januar 2002
war als Ende beschlossen, nicht als Beginn einer Rutsch-
bahn.
Das deutsche Parlament hat rational und politisch nur
die Alternative zwischen dieser Bekräftigung und damit
Stärkung der von ihm selbst gesetzten, auf der Ethik un-
serer Gesellschaft fundierten Grenze, oder der Öffnung
der Schleusen in Richtung eines Abflusses von Ethik in
eine Richtung, die den Schutz der Würde von uns Men-
schen vermindert und zugunsten anderer Mechanismen
reduziert. Wir ringen um und entscheiden heute über den
Schutz des Lebens an seinem Anfang. Das Ende des Le-
bens könnte bei schlechtem Ausgang so aussehen:
„Mein Mann stirbt am Mittwoch, und am Samstag ist die
Beerdigung“! – Dieser Satz stammt aus den Niederlan-
den, und er ist bereits Realität.
Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) (CDUCSU): Die
sichtbaren medizinischen Erfolge im Bereich der
Stammzellforschung sind bislang ausschließlich im Be-
reich der adulten Stammzellforschung erreicht worden,
nicht bei den embryonalen Stammzellen. Entgegen seit
Jahren geäußerter Erwartungen von Therapieansätzen
auf Basis menschlicher embryonaler Stammzellen gibt
es mit ihnen bis heute keinen einzigen Therapieversuch
am Menschen in einer klinischen Studie und keine ein-
zige wissenschaftlich erwiesene Therapie mit embryona-
len Stammzellen. Insofern ist ein besonderer Nutzen der
embryonalen Stammzellforschung nicht sichtbar. Die
derzeitige Diskussion über Änderungen des Stammzell-
gesetzes ist vor diesem Hintergrund – zumindest teil-
weise – obsolet. Ich neige daher dazu, dem Antrag mei-
nes Kollegen Hubert Huppe zuzustimmen. Wenn wir
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ber die Zukunft der embryonalen Stammzellforschung
eden, dann muss ebenfalls ein grundsätzliches Verbot in
rwägung gezogen werden.
Einer einmaligen Verschiebung des Stichtages stehe
ch prinzipiell aufgeschlossen gegenüber, insofern damit
er gegenwärtige Embryonenschutz weiterhin garantiert
leibt. Die aktuelle Debatte hat mir jedoch deutlich ge-
eigt, dass es viele gibt, denen es bei der Stichtagsverle-
ung nicht um eine einmalige Sache geht, sondern da-
um, den Embryonenschutz insgesamt zu lockern. Es
roht die nächste und nächste Verlegung des Stichtages
nd damit eine gezielte „Produktion“ von Embryos für
ie Forschung. Einer auch schleichenden Aufweichung
es Embryonenschutz werde ich jedoch vor dem Hinter-
rund des begrenzten derzeit sichtbaren Nutzens der
mbryonalen Stammzellforschung nicht zustimmen.
Jürgen Klimke (CDU/CSU): Wir diskutieren und
timmen heute ab über die Grenzen der Forschungsfrei-
eit, über den Beginn menschlichen Lebens – natürlich
uch über die Hoffnung. Wir tun das ohne irgendeine
raktionsdisziplin, als eigene Gewissensentscheidung –
ohl wissend, dass es hier um Grundsätzliches geht.
Die Debatte um die Veränderung des Stammzellgeset-
es wird im Deutschen Bundestag bereits seit längerer
eit sehr kontrovers geführt. Die Thematik ist brisant –
chließlich berührt die Diskussion um embryonale
tammzellen und deren Verwendung zu Forschungszwe-
ken die ethischen Grundprinzipien unserer Gesell-
chaft.
So werden einerseits große Hoffnungen in die For-
chung mit embryonalen Stammzellen gelegt, man erwartet
islang unerreichte medizinische Erfolge, insbesondere
ür die Behandlung bisher unheilbarer Krankheiten.
enn man den Befürwortern der Stichtagsverschiebung
laubt, dann bietet die Forschung an embryonalen
tammzellen Hoffnung und Hilfe für viele kranke Men-
chen. Natürlich darf ich mich als Politiker dem Wunsch
on kranken Menschen nach einer noch so geringen Hei-
ungschance nicht entziehen.
Gleichzeitig stellt sich jedoch die Grundfrage nach
er ethischen Vertretbarkeit dieser Forschungsmethode.
ürfen wir, als Individuen sowie als Gesellschaft,
mbryonen, die das Anfangsstadium eines lebenden
enschen darstellen, zu Forschungszwecken verwenden
nd damit vernichten? Es ist die Grundsatzentscheidung
ber den moralischen Preis medizinischer Forschung,
ie wir heute fällen müssen. Es ist letztlich eine Ent-
cheidung, ob wir es für die Hoffnung auf Forschungs-
rfolge gestatten dürfen, den menschlichen Embryo
icht mehr als Zweck an sich, sondern als Mittel zu be-
rachten.
In dieser Situation ist es nicht einfach, eine Position
u finden, die den eigenen ethischen und religiösen Wer-
en gerecht wird. Ich persönlich habe deshalb meine Ent-
cheidung weniger grundsätzlich als auf den konkreten
all bezogen getroffen. Während es feststeht, dass die
erwendung embryonaler Stammzellen mit der Vernich-
ung von Leben einhergeht, war es für mich wichtig, et-
16378 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. April 2008
(A) )
(B) )
was über den therapeutischen Nutzen zu erfahren. Ich
habe mich deshalb bemüht, die mir zur Verfügung ste-
henden Informationen über den voraussichtlichen thera-
peutischen Nutzen embryonaler Stammzellen und das
Erfordernis einer Stichtagsverschiebung genau aufzu-
nehmen, um diese dann mit meinen ethischen Grund-
überzeugungen vom Wert eines menschlichen Embryos
abzuwägen. Dabei habe ich mir die Entscheidung nicht
leicht gemacht, auch wenn sie mir leichter gefallen ist,
als ich es im Vorfeld erwartet hatte.
Nach Abwägung der bekannten Fakten habe ich den
Antrag „Keine Änderung des Stichtages im Stammzell-
gesetz – adulte Stammzellforschung fördern“, der feder-
führend von Priska Hinz und Julia Klöckner vorbereitet
wurde, als Mitinitiator eingebracht. Meine Entscheidung
gegen die Verschiebung des Stichtages beruht dabei auf
zwei wesentlichen Punkten. Zum einen sind die Argu-
mente der Befürworter einer Stichtagsverschiebung be-
züglich der Knappheit und der Unbrauchbarkeit der der-
zeit verfügbaren embryonalen Stammzelllinien faktisch
nicht korrekt. Zum anderen wird die Bedeutung der em-
bryonalen Stammzellen für die Forschung und vor allem
für die Heilung von Krankheiten überschätzt.
Lassen Sie mich auf die Argumente im Einzelnen
kurz eingehen: Ein häufig verwendetes Argument der
Befürworter der Stichtagsverschiebung lautet, dass zu
wenig embryonale Stammzelllinien verfügbar sind.
Nach Aussage der amerikanischen Gesundheitsbehörde
(NIH) hat sich die Anzahl der verfügbaren embryonalen
Stammzelllinien seit der Einführung der Stichtagsrege-
lung im Jahr 2002 sogar auf heute 21 erhöht. Somit ste-
hen der Forschung genügend embryonale Stammzellen
für die nächsten Jahre zur Verfügung, die vor dem Stich-
tag 1. Januar 2002 im Ausland gewonnen wurden. Das
Argument der Notwendigkeit einer Verschiebung wird
damit entkräftet.
Ein weiteres vielfach aufgeführtes Argument betrifft
die Verunreinigung und damit einhergehend die Un-
brauchbarkeit der vor dem 1. Januar 2002 gewonnenen
embryonalen Stammzelllinien. Auch dieses Argument
erweist sich nach Aussagen von Fachkräften und For-
schern als nicht haltbar. Es ist korrekt, dass eine gewisse
Gefahr der Verunreinigung durch tierischen Nährboden
besteht. Allerdings basieren auch 96 Prozent der neueren
Stammzelllinien auf tierischem Nährboden. Das Euro-
päische Stammzellregister bietet keine einzige embryo-
nale Stammzelllinie an, die ohne tierischen Nährboden
kultiviert wurde und zudem frei verfügbar ist. Folglich
wären bei einer Stichtagsverschiebung die „neueren“
Stammzelllinien ebenso verunreinigt, und der deutschen
Forschung stünde dennoch keine „saubere“ Linie zur
Verfügung. Zudem bewegt sich die embryonale Stamm-
zellforschung im Bereich der Grundlagenforschung. An
eine Humanapplikation ist momentan noch nicht zu den-
ken, daher ist die Diskussion um die Verschmutzung,
welche beim Menschen zu einer Immunabstoßung füh-
ren könnte, irrelevant. Hinzu kommt außerdem, dass
James Thomson im Jahre 2006 eine Technik publizierte,
die die tierische Verunreinigung restlos beseitigt.
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Ein weiterer Grund für meine Entscheidung gegen die
tichtagsverschiebung liegt darin, dass die Bedeutung
er embryonalen Stammzellen für die Forschung sowie
ie Heilung von Krankheiten überbewertet wird. Zu die-
em Ergebnis bin ich nach sorgfältigem Abwägen ver-
chiedenster Informationen gekommen. Ich stütze mich
abei unter anderem auf Aussagen von Herrn Professor
ukas Kenner, Molekularpathologe an der Medizini-
chen Universität Wien. In einem Artikel, der auch in
er Frankfurter Allgemeinen Zeitung veröffentlicht wor-
en ist, beleuchtet er den aktuellen Forschungsstand zu
iesem Thema. Er führt an, dass die häufig aufgezählten
orteile von embryonalen Stammzellen auch kritisch be-
rachtet werden müssen. Embryonale Stammzellen ha-
en im Gegensatz zu adulten Stammzellen zwar die Fä-
igkeit, alle Zelltypen eines Organismus bilden zu
önnen, wodurch sie breit gefächert einsetzbar sind;
leichzeitig birgt dies jedoch auch ein großes Risiko.
aut Professor Kenner liegt das Risiko der unkoordinier-
en Tumorbildung bei embryonalen Stammzellen – au-
erhalb des intakten Embryos – bei fast 100 Prozent.
uch aus diesem Grund gibt es bis heute keine einzige
linische Studie am Menschen mit embryonalen Stamm-
ellen, während gleichzeitig weltweit Tausende klini-
cher Studien mit adulten Stammzellen durchgeführt
erden.
Als der Bundestag im Jahr 2002 das „Gesetz zur Si-
herstellung des Embryonenschutzes im Zusammenhang
it Einfuhr und Verwendung menschlicher embryonaler
tammzellen“ verabschiedet hatte, verbot er die Einfuhr
mbryonaler Stammzellen. Nur ausnahmsweise war die
infuhr von vor 2002 bereits vorhandenen Stammzellen
ür hochrangige Forschungsziele möglich. Es ging um
mbryonenschutz, nicht um Wettbewerbsfähigkeit des
orschungsstandorts Deutschland. Ich glaube, dass sich
as Stammzellgesetz von 2002 bewährt hat. Die neuen
rkenntnisse der Wissenschaft seit 2002 sprechen eher
egen eine Stichtagsverschiebung als dafür. Geblieben
st unsere Verpflichtung zum Embryonenschutz, zur
ürde des menschlichen Lebens von Anfang an.
Wenn ich abschließend die moralischen Bedenken
em wissenschaftlichen Nutzen einer Stichtagsverschie-
ung gegenüberstelle, komme ich zu dem Schluss, dass
ie Verschiebung nach derzeitigen Erkenntnissen nicht
otwendig ist. Angesichts des derzeit erkennbaren gerin-
en Nutzens und der schwerwiegenden ethischen Beden-
en fällt mir die Entscheidung leicht, gegen die Ver-
chiebung des Stichtages zu stimmen. Ich schließe mich
einen Kolleginnen und Kollegen an, die den von mir
itinitiierten Antrag unterstützen, der die Verschiebung
es Stichtages ablehnt.
Ganz entscheidend ist für mich jedoch die damit ver-
undene Forderung, die adulte Stammzellforschung stär-
er zu fördern. Denn adulte Stammzellforschung stellt
erstens – eine ethisch unbedenkliche Alternative zur
mbryonalen Stammzellforschung dar und erbringt
zweitens – große Heilungserfolge. Adulte Stammzel-
en werden bereits seit rund 40 Jahren in der Forschung
ingesetzt und können einige große Erfolge in der Thera-
ie verschiedener Krankheiten, wie Leukämie, Herz-
nfarkt oder Hautschädigungen, aufweisen. Deutschland
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. April 2008 16379
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nimmt mit seiner therapeutisch anwendbaren Stamm-
zellforschung international einen Spitzenplatz ein. Da-
mit dies auch in Zukunft so bleibt, sollten wir diesen be-
währten und vielversprechenden Bereich in Zukunft
stärker fördern.
Eine Verschiebung des Stichtages hat zum jetzigen
Zeitpunkt keinen nennenswerten therapeutischen Nut-
zen, sodass wir vor dem Hintergrund der schwerwiegen-
den ethischen Bedenken gut daran täten, die bisherige
Regelung beizubehalten. Viel wichtiger als eine Stich-
tagsverschiebung ist die stärkere Förderung adulter
Stammzellforschung. Für diese beiden Anliegen unseres
Antrags bitte ich Sie um Ihre Unterstützung.
Julia Klöckner (CDU/CSU): Beim Embryonen-
schutz gibt es keinen Spielraum. Die Verschiebung des
Stichtages wirft ethisch dieselben Fragen und Zweifel
auf wie die Streichung des Datums. Georg Paul Hefty
schrieb in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sehr tref-
fend:
Die Zelllinienhersteller werden angeregt, ohne kon-
krete Bestellung, jedoch in der Hoffnung auf spä-
tere Bestellungen Embryonen weit im Voraus zu tö-
ten, um lieferbereit zu sein für den Fall einer
nochmaligen Stichtagsverschiebung auf ein unkal-
kulierbares Datum.
Wir dürfen als Gesetzgeber nicht zum Spielball der
Interessen werden. Schon gar nicht, wenn dies auf Kos-
ten einer grundsätzlichen Haltung zur Unantastbarkeit
der Menschwürde und des Embryonenschutzes geht.
Bei der heutigen Entscheidung geht es um mehr als
um die Abstimmung über ein Datum, ob der Stichtag
verschoben oder fallen gelassen wird. Hierbei geht es
um unsere grundsätzliche Haltung zum Wert und der
Würde des Lebens. Es geht darum, ob wir Türöffner sein
wollen für etwas, was nachher nicht mehr zurückzuholen
ist oder ob wir in unserer Grundüberzeugung feststehen
und einen Dammbruch verhindern. Denn eines ist bei
dieser Entscheidung gewiss: Einmal ist jedes Mal. Denn
ein einmaliges Verschieben des Stichtages wird zu einer
ständigen Verschiebung und letztlich zu dessen Abschaf-
fung führen. Genau diese Erkenntnis wurde auch in der
Anhörung vor Ostern wieder sehr deutlich.
Der wissenschaftspolitische Diskurs um die embryo-
nalen Stammzellen stellt sich bisher als ein fortwähren-
des Spiel mit den Hoffnungen von Menschen auf Hei-
lung dar. Allein mit dem Verweis auf Chancen und
Hoffnungen kann eine ethisch bedenkliche Forschungs-
richtung nicht gerechtfertigt werden, durch die zwei
höchstrangige Rechtsgüter, nämlich das Recht auf Leben
und die Würde des Menschen, in Gefahr geraten. Bei der
Forschung an menschlichen embryonalen Stammzellen
ist dies der Fall, denn die embryonalen Stammzellen
werden aus wenige Tage alten Embryonen gewonnen,
die nach der Entnahme der Stammzellen nicht weiterle-
ben können. Die Embryonen werden im Dienst der bio-
medizinischen Forschung zerstört. Bevor jedoch auch
nur ein einziger Patient – vielleicht – eines Tages wo-
möglich mit Derivaten aus embryonalen Stammzellen
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ehandelt werden könnte, müssten zunächst Tausende
on Embryonen mit Sicherheit sterben. Eine einmalige
erschiebung des ursprünglichen Stichtages müsste als
in deutliches Signal dafür gewertet werden, dass der
esetzgeber seine eigenen Vorgaben aus dem Jahre 2002
icht mehr ernst nimmt.
Die Rufe, embryonale Stammzellen auch in Deutsch-
and selbst herstellen zu können, werden bei den For-
chern immer lauter. Es ist also auch mit einer Verschie-
ung des Stichtages in deren Sinne nicht getan. Im
ächsten Schritt müssten dann die Voraussetzungen da-
ür geschaffen werden, dass in der Praxis genügend
überzählige“ Embryonen aus der In-vitro-Fertilisation
ür die Herstellung embryonaler Stammzelllinien zur
erfügung stünden.
Der Eingriff in das Embryonenschutzgesetz ist die lo-
ische Konsequenz – ebenso die Beseitigung der straf-
echtlichen Hemmnisse, die bislang einer Legalisierung
er Präimplantationsdiagnostik (PID) in Deutschland
och entgegenstehen. Wie gesagt, es geht bei der gefor-
erten Liberalisierung des Stammzellgesetzes um weit
ehr als um die Verschiebung eines beliebigen Datums;
s geht um den endgültigen Dammbruch beim Embryo-
enschutz.
Und eines ist auch klar: Der Preis des Heilens durch
erstören ist zu hoch. Es wird also darauf ankommen, ob
ir diese Auffassung akzeptieren oder ob wir uns den
oralischen Preis durch filigrane bioethische Argumen-
ationskunst klein rechnen lassen. Die Würde des Men-
chen darf nicht dadurch angetastet werden, dass das je-
eils schützenswerte menschliche Leben nach den
ktuellen Erfordernissen der Biowissenschaften fortlau-
end neu definiert wird.
Die Forschung mit embryonalen Stammzellen nimmt
ie Relativierung der Menschenwürde von Embryonen
illigend in Kauf. Die dafür ins Feld geführten Argu-
ente können ohne Probleme auf andere Stadien des Le-
ens, nicht zuletzt des schwerbehinderten und endenden
ebens übertragen werden. Ist die erste Ausnahme zu-
asten des Lebensrechts eines Embryos einmal festge-
etzt, steht weiteren Ausnahmen nichts mehr im Wege.
er Schutzanspruch der Menschenwürde wird eben
och verhandelbar gemacht. Menschliches Leben ist um
es Lebens willen zu schützen. Dieser Sinn liegt unserer
berzeugung zugrunde, dass der Mensch keinen Preis,
ondern Würde hat. Sein Wert bestimmt sich nicht im
bgleich mit anderen Werten. Menschen in einer be-
timmten Phase ihrer Entwicklung außerhalb des ge-
chützten Bereiches der unantastbaren Würde zu stellen,
ird in nur wenigen Jahren mit ähnlich „edlen“ Beweg-
ründen zu weiteren Ausnahmen führen.
Deshalb bitten wir um Unterstützung unseres Antra-
es gegen eine Verschiebung des Stichtages, denn ein
enschlicher Embryo ist nicht einfach Forschungsmate-
ial.
Der Forschungsfreiheit steht der Menschenwürde-
chutz des Embryos entgegen. Menschenwürde ist nicht
bwägbar. Forschungsfreiheit endet dort, wo die Men-
chenwürde des Embryos beginnt.
16380 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. April 2008
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Überzählige Embryonen sind nicht einfach da. Men-
schen haben sie überzählig gemacht. Dann hat eine
Rechtsgemeinschaft auch eine besondere Schutzpflicht,
gegenüber dem, der sich plötzlich in der Petrischale vor-
findet.
Ein menschlicher Embryo ist der Anfang einer Le-
bensgeschichte eines anderen Menschen.
Wir können nämlich nicht ignorieren, dass der
menschliche Embryo sich nicht aus einem untermensch-
lichen Stadium zum Menschen entwickelt, sondern von
Anfang an als Mensch. Es gibt keinen Moment in der
Entwicklung, an dem man sagen könnte, erst hier werde
der Embryo zum Menschen. Der Mensch wird nicht zum
Menschen, sondern ist von Anfang an ein Mensch. Es
gibt in diesem Ablauf keine Zäsur, von der sich sagen
ließe, hier entstehe etwas völlig Neues. Wenn wir in
Deutschland eine höhere Sensibilität für die Gefährdun-
gen des Lebensschutzes als in anderen Ländern haben,
dann ist das eine Rolle, die wir mit Selbstbewusstsein
und Stolz international vertreten sollten. Auch gegen die
pragmatische Schritt-für-Schritt-Argumentation interna-
tionaler Bioethikdebatten. Zuerst sagte man: Künstliche
Befruchtung ja, verbrauchende Embryonenforschung
nein. Der nächste Schritt war: Die überzähligen Embryo-
nen sind nun mal vorhanden, dann können wir mit ihnen
arbeiten. Inzwischen werden bereits eigens Embryonen
für die Forschung hergestellt, mit vorgefasster Vernich-
tungsabsicht. Dass es einmal ein großes Land wie
Deutschland gibt, das einen anderen Weg einschlägt und
darauf beharrt, ist für die internationale Entwicklung
gut!
Die Entscheidung über das Stammzellgesetz fällt in
die „Woche für das Leben“. Lassen Sie uns mit Blick
darauf die richtige Entscheidung treffen.
Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE): Unser Alltag ist von
praktischen Entscheidungen geprägt. Es geht dabei vor-
rangig um sehr materielle Dinge, um Essen und Trinken,
um Kleidung, um angenehmes Wohnen, um Arbeit, um
Partnerschaften. Hinzu kommen Reisen, Kultur, für
manche mehr Sport, für andere mehr Geselligkeit. Wenn
gesetzgeberische Maßnahmen zur Sprache kommen, ste-
hen eher materielle Auswirkungen im Mittelpunkt, die
für jede und jeden sofort oder demnächst spürbare Ver-
änderungen bringen. Breite philosophische Debatten
sind eher selten. Heute haben wir wieder eine solche.
Der Bundestag setzte im Jahre 2000 eine erste En-
quete-Kommission ein – ich war deren Mitglied –, die
sich mit „Recht und Ethik der modernen Medizin“ be-
fasste. Große Zeitungen füllten ihre Feuilletons mit um-
fangreichen Essays namhafter Autorinnen und Autoren,
in denen Ethik, Stammzellen, Embryonen, Nidation und
nicht zuletzt Menschenwürde zu den Schlüsselworten
zählen. Gestandene Feministinnen und junge Frauen sa-
hen die gewonnene Freiheit in Gefahr, über ihren Bauch
selbst zu bestimmen. Die organisierte Behindertenbewe-
gung rang sich zu einmütigen Erklärungen gegen jegli-
che Selektionsmechanismen durch. Und selbst wenn ich
irgendwo zu politischen Diskussionen oder geselligen
Vereinsfeiern eingeladen wurde, musste ich gewärtig
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ein, danach gefragt zu werden, wie ein sich aufgeklärt
ünkender Sozialist damit zurechtkommt, in fundamen-
alen Fragen – zum Beispiel des Beginns menschlichen
ebens – in einem Atemzug mit katholischen Bischöfen
enannt zu werden. Kurz und gut: Philosophie, konkrete
thik scheint viele Menschen im Alltag tatsächlich zu in-
eressieren.
Heute steht nun im Bundestag wieder die Frage an, ob
ch mich für oder gegen die Forschung an und mit
enschlichen embryonalen Stammzellen ausspreche.
cheinbar lässt sich das relativ leicht beantworten: Ich
age klar: Nein. Ich bin dagegen.
Bereits 2002 war klar: Die Auswirkungen der Ent-
cheidung werden sich erst in Zukunft mit aller Deut-
ichkeit zeigen. Es war eine Richtungsentscheidung.
enau deshalb rangen ja Protagonistinnen und Protago-
isten beider Seiten mit so großem Engagement für ihre
ositionen. Man musste sich bei der Entscheidung mit
thischen, medizinischen, wirtschaftlichen, wissen-
chaftlichen und politischen Aspekten auseinanderset-
en. Meine Sachkenntnis auf diesen fünf Feldern ist
iemlich unterschiedlich ausgeprägt. Dennoch will ich
ersuchen, diesem Anspruch wenigstens ansatzweise zu
ntsprechen:
Erstens: ethische Aspekte der Forschung an und mit
umanen embryonalen Stammzellen. Dieser Aspekt ist
usschlaggebend für meine ablehnende Haltung. Habe
ch nun eine alltagstaugliche Ethik? Ist mein/unser All-
ag ethiktauglich? Sind ethische Maßstäbe überhaupt ge-
ignet, praktische Fragen beantworten zu helfen? Führen
thische Erwägungen zwangsläufig in Fundamentalis-
en, wenn ich sie zur Grundlage praktisch-politischer
ntscheidungen nehme? Machen sie kompromissunfä-
ig oder geben sie im Kompromissgewirr orientierenden
alt? Wenn ich die Menschenwürde als unveräußerli-
hes Gut ansehe – und ich tue das –, dann darf – und
ill! – ich keine Abstufungen vor- bzw. hinnehmen. So-
ald nämlich die Würde an bestimmte Kriterien (Eigen-
chaften) gebunden wird, ist der Willkür Tür und Tor ge-
ffnet.
Wer solche Kriterien (Eigenschaften) sucht, kommt
u Selbstbewusstsein und/oder bestimmten Fristen (Pha-
en der Entwicklung) und Ähnlichem. Dass sich Selbst-
ewusst-Sein erst im Laufe der Entwicklung ausprägt,
iegt auf der Hand. Aber woher nimmt jemand die Si-
herheit, ab wann es „genügend“ ausgebildet sei, um den
ollen Würdeschutz zu rechtfertigen? Ist das nach der
abilitation? Vor einer mittelschweren Alzheimer-Er-
rankung? Mit drei Jahren? Drei Monaten? Mit Beginn
der Ende der Schulausbildung? Nach der Einnistung
es Embryos in die Gebärmutter? Wie ist es während des
iefschlafs oder unter Narkose? Es finden sich ziemlich
bsurd klingende Kriterien. Ob – und gegebenenfalls ab
ann – ein Embryo im Mutterleib Selbstbewusstsein
at, weiß ich nicht. Erst recht lässt sich vermuten, dass
ine befruchtete Eizelle in der Petrischale – also außer-
alb des Leibes einer Frau – noch nicht über Bewusst-
ein seiner/ihrer selbst verfügt.
Umstritten ist, ob sich die befruchtete Eizelle – der/
as Embryo – sich als Mensch oder zum Menschen ent-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. April 2008 16381
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wickelt, wenn man sie (ihn; es) nur lässt. Die unter-
schiedliche Beantwortung dieser Frage hat weitrei-
chende Konsequenzen. Ich sehe eine Entwicklung als
Mensch. Deshalb ist es am wenigstens willkürlich, vom
frühestmöglichen Zeitpunkt an den vollen Würdean-
spruch zu verteidigen. In Bezug auf bestimmte Fristen,
in denen sich ein Embryo zum Menschen entwickele,
gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen. Manche set-
zen die Grenze erst Wochen nach der Geburt, andere bei
der Geburt, wieder andere bei der Einnistung in die Pla-
zenta, wieder andere im 8- oder 16-Zell-Stadium, etliche
bei der Kernverschmelzung von Ei- und Samenzelle.
Gemeint ist der Moment, in dem erstmalig ein dop-
pelter Chromosomensatz vorliegt. Diesen Punkt defi-
niert auch das Embryonenschutzgesetz als den Beginn
menschlichen Lebens.
Es gibt durchaus auch Argumente, die dafür sprächen,
schon das sogenannte Vorkernstadium, also auch den
Zeitraum zwischen dem Eindringen der Samenzelle und
der Kernverschmelzung, für diesen Punkt zu nehmen.
Nicht verschwiegen werden soll, dass es sogar noch wei-
ter vorverlagerte Ansätze gibt, also solche, die bereits
die Ei- und die Samenzelle (die Gameten selbst) als Be-
ginn des menschlichen Lebens ansehen.
Wir müssen uns also entscheiden, ob eine bestimmte
Art menschlicher Zellen – eben die Embryonen – Würde-
und Lebensschutz brauchen, ob er ihnen automatisch zu-
kommt oder ob sie als irgendeine Art menschlicher Zel-
len unter vielen zu betrachten sind. Haben Embryonen ei-
nen anderen Status als Hautzellen (zum Beispiel Haare)
oder Blut? Auch letztere sind zweifellos Teil menschli-
chen Lebens. Ein gewisses Maß an Willkür ist – ob man
will oder nicht – in Entscheidungssituationen immer im
Spiel. Ein ethischer Maßstab kann da hilfreich sein. Ich
meine, Embryonen kommt der Würdeschutz des Grund-
gesetzes von Anfang an zu.
Zweitens: medizinische Aspekte. Verhießen wurde,
mit Hilfe embryonaler Stammzellforschung schwere,
bisher unheilbare Erbkrankheiten lindern oder gar heilen
zu können. Wer würde das nicht wollen? Eine Garantie
gab jedoch niemand. Inzwischen redet kaum noch je-
mand ernsthaft davon. Aber: Wenn mit embryonalen
Stammzellen geforscht wird, fehlen in der Zwischenzeit
die Ressourcen (finanzielle Mittel, wissenschaftliche
Kapazitäten, Labor- und Medizintechnik usw.), die dafür
gebraucht/benutzt/verwendet werden, an anderer Stelle,
beispielsweise in der Forschung, die sich damit befasst,
die Lebensbedingungen für diejenigen zu verbessern, die
mit diesen Krankheiten leben, und auch bei anderen,
ethisch wesentlich unproblematischeren Gesundheitsfor-
schungen. Gesundes Forschen hilft heilen, und mit Un-
heilbarem besser leben. Ich halte das für erfolgverspre-
chender, als das Heil in forscher Gesundung zu erwarten.
Ob Stammzellen aus Embryonen „gewonnen“ wer-
den, was ja heißt, befruchtete, voll entwicklungsfähige
menschliche Eizellen zu zerstören, oder ob Stammzellen
aus dem Restblut der Nabelschnur oder gar aus dem Ge-
webe erwachsener Frauen und Männer isoliert werden,
macht einen fundamentalen ethischen Unterschied.
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Forschung mit und an Stammzellen muss den „um-
rogrammierten“ Zellen irgendwann einmal die Mög-
ichkeit der Entwicklung geben. Es muss ausprobiert
erden, ob sie tatsächlich Organgewebe – langfristig
ielleicht sogar ein Herz, eine Leber, Haut oder welches
rgan auch immer – werden. Und man muss – irgend-
ann, bei irgendwem – dieses Gewebe ausprobieren. Si-
her fänden sich Frauen und/oder Männer, die aus wel-
hen Motiven immer bereit wären, sich solchen
xperimenten zu unterziehen. Was aber geschieht da-
ach? In jedem Falle beginnen diese Organe zu leben.
ie werden Teil des konkreten Menschen, Egal, wie
ange das funktioniert, in jedem Falle gehen die Organe
iologische (Stoff-)Wechselwirkungen ein. Selbst im
alle des Misslingens, des Todes also, weiß niemand,
as bei deren Verwesung passiert. Und falls es gut ge-
en sollte: Menschen pflanzen sich fort. Welche Auswir-
ungen haben künstlich erzeugte Organe auf die Nach-
ommen der Empfängerinnen und Empfänger? Das ist
ann nicht mehr eine Frage, die Einzelne betrifft, das be-
rifft dann die Menschheit als Gattung. Was da einmal in
ie Welt gesetzt ist, kann niemand mehr rückgängig ma-
hen. Das lebt einfach.
Aber: Ich will auch medizinischen Fortschritt. For-
chung – auch Stammzellforschung – ist ein Weg dahin.
hne Risiken geht das nicht. Während die Befürchtun-
en zwar benennbar, nicht aber sicher sind, verhält es
ich bei der Herkunft der verschiedenen Stammzellfor-
en anders. Embryonale Stammzellen können nur da-
urch gewonnen werden, dass ein Embryo, dem meines
rachtens voller Würdeschutz zukommt, zerstört wird.
Adulte Stammzellen hingegen werden unter infor-
ierter Zustimmung entscheidungsfähiger Individuen
ewonnen. Zudem können sie – wenn die Forschungen
ns Anwendungsstadium übergehen – wiederum direkt
iesen Menschen helfen, ohne Immunprobleme aufzu-
erfen. Bei fötalen und aus Nabelschnurblut gewonne-
en Stammzellen handelt es sich ebenfalls nicht um voll
ntwicklungsfähige, also unter dem Würdeschutz ste-
ende Embryonen. In der Herkunftsfrage stehen also
thische Tabus zur Disposition. Wer Embryos „verfüg-
ar“ macht, sie „Zwecken“ (Dritter) ausliefert, wird es
elbst bei gutem Willen äußerst schwer haben, die „Ver-
weckung“ menschlichen Lebens – zum Beispiel in an-
eren „Grenzbereichen“ – nicht ebenfalls zu akzeptieren.
as auf dem Gebiet embryonaler Stammzellforschung
öglicherweise irgendwann einmal an positivem Ergeb-
is vorliegen könnte, wäre auf jeden Fall zu teuer erkauft.
s wäre nur um den Preis der Verletzung menschlicher
ürde zu haben.
Drittens: einige wirtschaftliche Aspekte. Wer den
irtschaftsteil von Zeitungen oder auch nur Börsenbe-
ichte hin und wieder zur Kenntnis nimmt, weiß, wie
iele Biomedizin- und Gentechnikfirmen es bereits gibt.
ie alle treten unter der Rubrik an, das Leben, die Ge-
undheit, gelegentlich auch nur die Schönheit der Men-
chen verbessern zu wollen. Sie verhehlen aber auch
icht, Geld verdienen, Profit erwirtschaften zu wollen.
as steht eigentlich im Vordergrund? Für einige der Fir-
engründer/innen vielleicht wirklich die Heilungsab-
icht. Aber schon für die Mitgesellschafter/innen, für die
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Geldgeber/innen, die Aktionär/innen ist es die Gewinn-
erzielungsabsicht. Da wird der Gegenstand der Produk-
tion, das Produkt, eigentlich nur zum Mittel zum Zweck.
Der Zweck ist: Geld verdienen, nicht die Heilung. Inso-
fern wäre – unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten –
die Biomedizin- und Gentechnik zu fördern. Sie ver-
spricht Gewinne. Sie verspricht Arbeitsplätze. Das wä-
ren positive wirtschaftliche Ergebnisse. Aber um wel-
chen Preis?
Viertens: zu wissenschaftlichen Aspekten. Forscher-
drang ist nicht aufzuhalten. So einfach dieser Satz aufzu-
schreiben, auszusprechen oder schlicht zu denken ist, so
klar muss auch sein, dass nicht allgemein „die Wissen-
schaft“ für die Folgen ihres Tuns verantwortlich ist, son-
dern dass es die Forscherinnen und Forscher, konkrete
Menschen also sind. So unstillbar der Wissensdurst sein
mag, so unerbittlich bleibt die Konsequenz, dass neues
Wissen uns alle – die Menschheit – vor neue Herausfor-
derungen stellt. Politikerinnen und Politiker haben die
Pflicht, absehbaren Schaden abzuwenden.
Bisher scheint wissenschaftlicher Fortschritt und seine
Anwendung/Auswirkung in der Praxis stets nach dem
Prinzip vonstatten gegangen zu sein: Erst einmal die Neu-
igkeit haben, dann schauen, wie sie wirkt und – falls er-
forderlich – reparierend (regulierend) nachsorgen. Ist
diese Folge ein Naturgesetz? Oder haben wir – die
Menschheit – nicht die Möglichkeit und die Pflicht, aus
Erfahrung zu lernen? Könnte eine der Lehren nicht darin
bestehen, Chancen- und Risikenabwägung wesentlich
kritischer, verantwortungsbewusster, vorsichtiger zu hand-
haben?
Alles, was Biomedizin und/oder Gentechnik hervor-
bringen, lebt. Einmal in die Welt gesetzt, entwickelt es
sich nach eigenen Gesetzmäßigkeiten weiter. Niemand
kann es – gesetzt den Fall, es erweist sich als Irrtum, gar
als schädlich oder gefährlich – zurückdrehen. Biomedi-
zinische und/oder gentechnische „Produkte“, auch schon
Forschungsergebnisse, ja sogar Teilergebnisse sind irre-
versibel. Hier ist Vorsicht alles andere als Schwarzmale-
rei, Fortschrittsverhinderung, Wissenschaftsfeindlich-
keit. Hier kann höchste Vorsicht im wahrsten Sinne des
Wortes lebenserhaltend sein, und zwar für die Mensch-
heit als Gattung.
Fünftens: einige politische Aspekte. Ich meine, dass
sich Politik nicht widerstandslos der wirtschaftlichen
Verwertungslogik fügen muss. Es gibt auch andere Kri-
terien, die für politische Entscheidungen wichtig sind,
beispielsweise die Frage: Welche Auswirkungen hat
diese oder jene Entscheidung auf die Entwicklung der
zwischenmenschlichen Beziehungen, auf unser Men-
schenbild, auf die Gesellschaftsvision?
Kann in Zukunft tatsächlich jede/jeder ewig jung,
ewig schön, ewig gesund, womöglich ewig am Leben
sein? Welchen Stellenwert erhalten „Abweichler/innen“?
Wie gefährdet sind dann sogenannte Alte, Menschen mit
Behinderungen, chronisch Kranke, psychisch Kranke?
Können/dürfen/müssen wir ihnen zukünftig die Men-
schenwürde – zunächst „nur“ die volle Menschenwürde –
absprechen? Immerhin könnte die Menschheit ja durch-
aus in eine Situation geraten, in der lebenswichtige Res-
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ourcen (Luft, Wasser, Nahrung usw.) knapp werden.
chon wird von der „Überlastung der sozialen Siche-
ungssysteme“ geredet. Gibt es zu viele Alte, Kranke,
ehinderte? Und, wenn ja: Was tun wir? Griffe ein Men-
chenbild um sich, das nur noch „jung“, „dynamisch“,
schön“ (wer legt fest, was „schön“ ist?), „gesund“,
leistungsstark“ usw. gelten ließe, läge es ja geradezu
ahe, diese anderen, die „Überflüssigen“, die „Nutzlo-
en“, die „Kostenfaktoren“ zu beseitigen. Das klingt sehr
art. Ist es auch. Aber: Was einmal war, kann immer
ieder sein. Ist eine Gesellschaftskonzeption, in der So-
idarität zu den obersten Tugenden gehört, dann noch ak-
uell? Die Nazis vernichteten behinderte Menschen ganz
ystematisch. Sie nannten das „Euthanasie“. Sie miss-
rauchten behinderte Menschen – ganz offiziell – als
enschliche Versuchsobjekte für medizinische Zwecke.
iesen Verbrechen hängten sie sogar noch den Mantel
thischer Nützlichkeit um: Diese Versuche würden ja an-
eren („Ariern“, „Gesunden“, „dem deutschen Volke“)
ienen. Welch ein Gesellschaftsbild! Welch ein Hohn!
Mir wird in öffentlichen Diskussionen noch eine wei-
ere Frage gestellt:
Könnte die Stammzellforschung in ein paar Jahren so
eit eskalieren, dass sich eine Elite herausfiltert und das
enschliche Gefühl keine Rolle mehr spielt? Auch hier
önnte ich mir die Antwort leicht machen und „Ja“ sa-
en. Ja, diese Angst habe ich. Aber ich will wenigstens
och hinzufügen, dass es nicht nur die (embryonale)
tammzellforschung ist, die mir diese Sorge bereitet.
och viel mehr ist es das gesellschaftliche Umfeld, in
em all das diskutiert und praktiziert wird. Wirtschaftli-
her „Erfolg“ (Profit) gilt mehr als menschliches Leben.
s ist doch unübersehbar, dass unter anderem deshalb
it so großem Einsatz um die Ermöglichung der For-
chung an und mit embryonalen Stammzellen gerungen
ird, weil mit ihnen wesentlich größere Gewinnmargen
ealisierbar erscheinen als mit adulten Stammzellen.
Manchmal scheint auch wissenschaftliche Anerken-
ung (Ruhm) wichtiger zu sein als wirkliche Heilung. So
ird das Menschenbild immer stärker in Richtung ewig
ung, ewig schön, ewig gesund verzerrt. Anstatt „Abwei-
hungen“ von einer – imaginären – „Norm“ für Mensch
ls das „Normalste“ zu begreifen, werden sie eher ver-
eufelt, jedenfalls als zusätzliche Belastungen diffamiert.
Ich stehe auf dem Standpunkt, dass es keine „Norm
ür Mensch“ gibt. Wer möchte eigentlich „normal“ (also
normgerecht“) sein? Ist das nicht eine schauerliche Vor-
tellung? Sind Abweichungen, das Unnormale, nicht die
ormalität?
Wie kann man verhindern, dass Ergebnisse der em-
ryonalen Stammzellforschung in falsche Hände gelan-
en?
Meine Antwort: Am besten, indem man verhindert,
ass es derartige Ergebnisse gibt. Nicht, weil ich „wis-
enschaftsfeindlich“ wäre, sondern weil ich frage: Wo-
er weiß ich denn, wessen Hände die „richtigen“ und
essen die „falschen“ sind?
Manchmal stellt sich die Frage, ob uns die Stamm-
ell- und Gentechnikforschung so „aufgedrückt“ wird,
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. April 2008 16383
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dass wir gar keine andere Wahl mehr haben, als zuzu-
stimmen, um auf dem Markt konkurrenzfähig zu blei-
ben. Ja, ich sehe, dass uns diese Forschung aufgezwun-
gen wird. Wir haben immer eine Wahl. Es kann sein,
dass ich (dass wir, die das nicht wollen) unterliegen, dass
die vollendeten Tatsachen, die jeden Tag geschaffen
werden, stärker sind als meine/unsere Argumente und
Appelle. Aber wir haben immer die Wahl, laut zu sagen,
dass wir das nicht wollen.
Ergebnisse in der Biomedizin und der Gentechnik las-
sen sich – wenn sie einmal in der Welt sind – nie mehr
„abschalten“. Sie leben! Sie beeinflussen – so oder so –
den biologischen Kreislauf. Sie sind irreversibel. Des-
halb hoffe ich – auch, wenn es aussichtslos erscheint –
auf Vernunft.
Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Die Gewinnung embryonaler Stammzellen für die
Stammzellforschung erfordert die Vernichtung der Le-
bensfähigkeit von Embryonen. Wer eine solche Hand-
lung begeht, verstößt in Deutschland gegen geltendes
Recht, nämlich das Embryonenschutzgesetz, und macht
sich – wie ich finde, zu Recht – strafbar. Das Gebot und
Bedürfnis, menschliche Embryonen zu schützen, ergibt
sich aus den gleichen ethischen Normen, die die Unan-
tastbarkeit der Menschenwürde im ersten Artikel des
Grundgesetzes verbindlich festschreiben. Für diejenigen
– und zu denen zähle ich mich –, die den Embryo als
eine unverwechselbar einmalige menschliche Individua-
lität ansehen, ist die Gewinnung bzw. nutznießerische
Verwendung embryonaler Stammzellen nicht nur ethisch
unvertretbar, sondern auch mindestens fraglich bezüg-
lich der Einhaltung des Grundgesetzes.
Wer einer Liberalisierung der embryonalen Stamm-
zellforschung das Wort redet, leistet einem Umgang mit
Embryonen hin zur Beliebigkeit Vorschub und unter-
miniert die Menschenwürde. Ein solcher Dammbruch
lässt sich mitnichten mit dem Hinweis auf Forschungs-
freiheit rechtfertigen. Forschung ist niemals absolut frei.
Sie ist beispielsweise nicht so frei, gegen Recht und Ge-
setz zu verstoßen. Zur Forschung gehört für mich Ver-
antwortung gerade im Kontext unserer deutschen histori-
schen Erfahrung. Und denjenigen, die vonseiten der
Liberalisierer mit dem Argument eines Forschungsver-
botes operieren, halte ich entgegen: Es wäre wünschens-
wert gewesen, wenn man einen Teil der Forschung in der
Vergangenheit verboten hätte.
Die Befürworter und die Nutznießer der embryonalen
Stammzellforschung relativieren die ethisch begründe-
ten Normen des Lebensschutzes und der Menschen-
würde mit in verschiedenen Nuancen vorgetragenen
Heilsversprechen. So wurden in den vergangenen Jahren
vonseiten der Stammzellforscher immer wieder die ver-
ständlichen Hoffnungen vieler Patientinnen und Patien-
ten genährt, eines Tages mithilfe der embryonalen
Stammzellforschung Therapien gegen schwere oder bis-
lang unheilbare Krankheiten entwickeln zu können.
Diese Hoffnungen und Versprechen haben nicht uner-
heblich dazu beigetragen, 2002 überhaupt eine Stich-
tagsregelung gesetzlich zu verankern. Keine dieser Hoff-
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ungen hat sich bislang auch nur im Ansatz bestätigt.
is heute basiert keine einzige Therapie – auch nicht die
it adulten Stammzellen – auf Ergebnissen der embryo-
alen Stammzellforschung oder bezieht diese in klini-
chen Studien mit ein.
In den vergangenen Wochen und Monaten haben
iele Wissenschaftler und vor allem die Deutsche For-
chungsgemeinschaft auf die mögliche Bedeutung der
mbryonalen Stammzellforschung für den Forschungs-
tandort Deutschland hingewiesen. Aus meiner Sicht
ann jedoch der Forschungsstandort in keinem Fall die
örderung einer ethisch und therapeutisch höchst frag-
ürdigen Forschung rechtfertigen. Mal abgesehen da-
on, dass Deutschland im Bereich der adulten Stamm-
ellforschung im internationalen Spitzenbereich agiert,
ind die bislang fehlenden Erfolge deutscher Forscher im
ereich der embryonalen Stammzellforschung nicht
urch die rechtlichen Einschränkungen dieser Forschung
edingt. Vielmehr ist die Forschung an embryonalen
tammzellen selbst eine Sackgasse. Daher kann es auch
eines Erachtens kein tragendes Argument für eine
echtsänderung sein, wenn man in einem solchen offen-
ar aussichtslosen Forschungsfeld nicht der internationa-
en Spitzengruppe angehört.
Die ethische Bedeutung einer Liberalisierung der
tammzellforschung durch Stichtagsverschiebung wird
on interessierter Seite gerne heruntergespielt. Man kann
as bisweilen schon am Sprachgebrauch erkennen: Da
ird zum Beispiel von „nicht mehr benötigtem Mate-
ial“ oder „überschüssigen“ Embryonen gesprochen. Es
eht bei dieser Debatte aber nicht einfach nur um einen
tichtag, sondern darum, ob wir bereit sind – und das ist
er zweite Dammbruch –, eine weitere, hier grundsätzli-
he Verzweckung des menschlichen Körpers zuzulassen.
ahinter verbirgt sich eine schleichende Entwicklung,
ie seit einigen Jahren auf vielen Gebieten der Medizin
nd der Forschung stattfindet, nicht nur bei den Stamm-
ellen: Der menschliche Körper wird zum Gegenstand
iner Logik, die letztlich jedes Teil des menschlichen
örpers unter einem bestimmten wissenschaftlichen und
edizinischen Verwertungsinteresse betrachtet.
Auch bei der Forschung mit embryonalen Stammzel-
en wird menschliches Leben zur Disposition gestellt,
hne dass diese Forschung diesen Menschen selbst zu-
ute kommt. Vielmehr sind sie bestimmten Zwecken
ienlich – vor allem ökonomischen. Diese ökonomische,
issenschaftliche oder medizinische Verzweckung des
enschen macht auch den entscheidenden Grund dafür
us, warum alle Vergleiche mit der Abtreibungsdebatte
ehlgehen. Der werdende Mensch hat auch im Moment
eines Sterbens ein Anrecht auf seine Menschenwürde.
eine Verwertung, seine Vernutzung für die ökonomi-
chen oder wissenschaftlichen Zwecke Dritter beraubt
hn seiner Würde. In dieser Verzweckung wird der feh-
ende Respekt vor dem Leben deutlich. Aus ethischer
icht sind embryonale Stammzellen eben nicht wie nor-
ales „Forschungsmaterial“ zu bewerten.
Noch deutlicher wird die Gefahr der Verzweckung
enschlichen Lebens, wenn man die Entwicklungen im
uropäischen Ausland wie beispielsweise in Großbritan-
16384 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. April 2008
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nien betrachtet, wo bereits Embryonen speziell zu wis-
senschaftlichen Zwecken erzeugt werden und wo Frauen
mit finanziellen Anreizen dazu gebracht werden, unter
Inkaufnahme erheblicher Risiken für ihre Gesundheit
oder gar ihr Leben Eizellen zu spenden. Wenn wir diese
Entwicklung im europäischen Ausland betrachten, kön-
nen wir nicht mehr glaubhaft vermitteln, dass unsere Re-
gelungen zur embryonalen Stammzellforschung eine
solche Entwicklung nicht fördern.
Wahrscheinlich werden die gleichen Argumente, die
wir in der zurückliegenden Debatte gehört haben, von
Befürwortern der embryonalen Stammzellforschung in
ein paar Jahren – zum Zwecke der erneuten Stichtags-
verschiebung – wieder vorgebracht werden. Deshalb
frage ich Sie: Wie können wir – wenn wir nicht aus-
schließen, dass der Stichtag abermals verschoben wird –
noch glaubwürdig sagen, von Deutschland gehe kein
Anreiz zur Produktion und Tötung sogenannter überzäh-
liger Embryonen aus? Wer kann sicher sagen, dass Zell-
linienhersteller nicht schon heute – zwar ohne konkrete
Bestellung, aber in der Hoffnung auf eine weitere Libe-
ralisierung der Gesetzgebung in Deutschland – weitere
Embryonen produzieren und töten?
Aus diesen Gründen ist es für mich als Arzt und als
Bürger nicht vertretbar, einer weiteren Liberalisierung
des Stammzellgesetzes und Förderung der embryonalen
Stammzellforschung in Deutschland zuzustimmen.
Carl-Ludwig Thiele (FDP): Die heutige Debatte
verlangt von jedem Abgeordneten eine Entscheidung,
die einer intensiven Auseinandersetzung bedarf. Für
mich ist es eine sehr schwere Entscheidung, weil es sich
bei einer Stammzelle um eine befruchtete Eizelle han-
delt, die unter bestimmten Voraussetzungen zu einem
Menschen werden kann.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Dieses al-
len Grundrechten vorangestellte Gebot in Art. 1 des
Grundgesetzes ist die Errungenschaft, die durch die Li-
beralen gegen linke und rechte Weltanschauungen er-
kämpft wurde. Gestern haben wir uns in einer beeindru-
ckenden Plenarsitzung damit befasst, dass vor 75 Jahren
das Ermächtigungsgesetz erlassen wurde, in dem das
Parlament ausgeschaltet wurde und die Regierung ohne
parlamentarische Kontrolle agieren konnte. Die Ergeb-
nisse kennen wir alle, und wir waren uns einig, dass die-
ses nie wieder geschehen dürfe. Deshalb ist es richtig,
dass der Gesetzgeber – und das sind die Abgeordneten
des Deutschen Bundestages – sich heute mit diesem
Thema befasst und eine gesetzliche Regelung trifft und
nicht die Regierung.
Ende der 80er-Jahre wurde die künstliche Befruch-
tung eingeführt. Dies war ein Dammbruch in der Ent-
wicklung menschlichen Lebens. Es konnten außerhalb
des Mutterleibes Eizellen befruchtet werden. Der Beginn
für die Entstehung des Lebens fand nicht mehr im
Körper einer Frau statt, sondern im Reagenzglas. Ein
Mensch konnte aus diesen Stammzellen entstehen, wenn
sich eine Mutter fand, die diese befruchtete Eizelle auf-
nahm und in ihrem Körper Leben wachsen ließ, welches
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it der Geburt eines Menschen ausgetragen wurde. Ich
in froh und glücklich darüber, dass es diesen Fortschritt
ibt. Dieser Fortschritt ist die Voraussetzung dafür, dass
ütter Kinder bekommen können, die früher nicht in der
age waren, Kinder zu bekommen. Zwischenzeitlich
ind alleine in Deutschland nahezu Hunderttausend
enschen auf diesem Wege entstanden und wurden ge-
oren.
Der Gesetzgeber hatte darüber zu entscheiden, wie er
it Stammzellen umgeht. Er hatte auch zu entscheiden,
ie er mit eingenisteten Stammzellen, also mit Embryo-
en, umgeht. Heute ist die Pille danach wie auch die Spi-
ale in unserem Land erlaubt. Hierdurch wird eine be-
ruchtete Eizelle getötet, aber es ist weder strafbar noch
ird es in anderer Form vom Staat sanktioniert. Auch
ie Abtreibung bleibt unter klar geregelten Normierun-
en straffrei. Auch diejenigen, die dafür eintreten, be-
ruchtete Eizellen zu nutzen, berufen sich auf moralische
ositionen: Auch das Heilen von Menschen ist mora-
isch zu unterstützen. Es ist zwar zutreffend, dass ein
roßteil der derzeitigen Forschung auch aus der Ent-
icklung von Zellstämmen aus adulten Stammzellen er-
olgen kann. Dies ist ethisch unbedenklich, und dieser
eg sollte weiter gegangen werden. Gleichwohl verfü-
en Stammzellen über Fähigkeiten, die adulte Zellen
icht haben.
In der ganzen Diskussion wird von den Gegnern der
utzung der Stammzelle eine Frage aus meiner Sicht
icht beantwortet: Was passiert eigentlich mit den
tammzellen, wenn sie nicht in den Körper der Frau ein-
enistet werden? Wie viele dieser Stammzellen können
ie zum Menschen werden, weil sie eingefroren bleiben
der vernichtet werden? Wie viele menschliche Embryo-
en werden vernichtet, ohne dass sie zu einem Men-
chen werden können? Deshalb halte ich an dieser Stelle
ür mich persönlich fest: Es gibt Stammzellen außerhalb
es Mutterleibes. Es gibt Embryonen außerhalb des
utterleibes. Ist es eigentlich ethisch verantwortbar,
iese Stammzellen, diese Embryonen zu vernichten und
egzuwerfen? Oder ist es nicht vielmehr ethisch verant-
ortbar, diese Stammzellen oder Embryonen unter klar
mrissenen gesetzlichen Vorgaben zur Forschung und
um Heilen von kranken Menschen zu nutzen? Deshalb
in ich der Auffassung, dass der absolute Schutz dem
mbryo gelten muss, der eine Chance hat, sich zu entwi-
keln, dem künftigen Kind künftiger Eltern, nicht der
ingefrorenen Zelle. Ehe diese Zellen auf Dauer einge-
roren bleiben oder getötet werden, halte ich es für
thisch verantwortbar, diese Zellen unter eng umschrie-
enen Voraussetzungen zu Forschungen für Heilmög-
ichkeiten zu verwenden.
Ich möchte hier noch einmal ausdrücklich festhalten,
ass mit Stammzellen in unserem Land nicht gemacht
erden kann, was man will. Es gibt einen eng umschrie-
enen Rahmen, wofür diese Zellen genutzt werden dür-
en. Dies ist aus meiner Sicht eine ethisch-verantwortbare
tammzellforschung. Unter diesen eng beschriebenen
oraussetzungen halte ich eine Stammzellforschung für
thisch verantwortbar.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. April 2008 16385
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Anlage 14
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts: Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mer schützen – unbezahltes Probearbeiten ver-
hindern (Tagesordnungspunkt 26)
Gitta Connemann (CDU/CSU): „Ein Blick ins Ge-
setz erleichtert die Rechtsfindung!“ Dieser Rat, der jeder
Jurastudentin, jedem Jurastudenten schon im ersten Se-
mester eingebläut wird, hat Sie, meine Damen und Her-
ren von der Linken, offensichtlich leider nicht erreicht.
Hätten Sie sich nämlich mit Gesetz und Rechtsprechung
beschäftigt, würden wir heute nicht über den vorliegen-
den Antrag debattieren müssen. Denn dann wüssten Sie,
dass das vermeintliche Problem, dass Sie stilisieren, gar
nicht existiert.
Entsprechende Hinweise haben Sie schon im Vorfeld
erhalten. So hat die Bundesregierung in der Antwort auf
Ihre Kleine Anfrage schon am 1. Juni 2006 festgestellt,
dass kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht.
Zu Recht. Denn die gesetzliche Lage ist klar und eindeu-
tig, die dazu ergangene Rechtsprechung unmissverständ-
lich. Diese Rechtsprechung ist Ihnen auch bekannt.
Denn Sie zitieren diese selbst in Ihrem Antrag. Mit Un-
kenntnis lässt sich Ihr Antrag also nicht erklären. Also
liegt Unwissen nahe. Dafür spricht bei näherer Betrach-
tung Ihres Antrages einiges.
Mit Ihrem Antrag möchten Sie, meine Damen und
Herren von der Linken, das, ich zitiere, „Probearbeiten“
verhindern. Weiter heißt es dann, ich zitiere: „Probe-
arbeitszeiten müssen als Arbeitszeiten gelten.“ Damit er-
wecken Sie den Eindruck, als ob dies heute noch nicht
der Fall sei. Das ist falsch.
Erbringt jemand eine Arbeitsleistung, und zwar wei-
sungsabhängig, unter Beachtung des Direktionsrechts
des Arbeitgebers, so liegt ein Arbeitsverhältnis vor –
egal, ob eine Probezeit vereinbart worden ist oder ob es
sich um den ersten Arbeitstag handelt. Es kommt auch
nicht darauf an, wie der Vertragstext lautet oder das Ver-
hältnis deklariert wird. Entscheidend ist die tatsächliche
Ausgestaltung und Durchführung des Rechtsverhältnis-
ses. Ist der Arbeitnehmer zur Arbeit und zur Befolgung
von Weisungen verpflichtet, ist er zeitlich und organi-
satorisch in den Betrieb eingebunden, liegt ein Arbeits-
verhältnis vor. Und ein solches führt stets zu einer
Vergütungspflicht. Im Rahmen eines echten Arbeitsver-
hältnisses – und sei es auch nur in Form eines Probe-
arbeitsverhältnisses – verbietet es der Schutzzweck des
bestehenden Arbeitsrechts, mit dem Arbeitgeber Verein-
barungen zu treffen, wonach der Arbeitnehmer sich zwar
verpflichtet, für ihn weisungsabhängig tätig zu sein, der
Arbeitgeber allerdings keine Gegenleistung erbringt. Es
besteht ein Anspruch auf die übliche Vergütung. Dies er-
gibt sich aus § 612 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 138
Abs. 2 BGB. Es besteht also kein Handlungsbedarf,
denn Arbeitnehmer sind bereits heute geschützt. Sie ha-
ben Anspruch auf Entlohnung. Recht und Gesetz sind
eindeutig.
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Von Arbeitsverhältnissen, auch Probearbeitsverhält-
issen, zu unterscheiden, sind sogenannte Einfühlungs-
erhältnisse. Diese Verhältnisse sprechen Sie, meine Da-
en und Herren von der Linken, etwas später an, wenn
ie in Ihrem Antrag von, ich zitiere, „Probearbeiten“ in
orm von „Einfühlungsverhältnissen“ sprechen. Hier
andelt es sich um ein anderes Paar Schuhe.
Bei einem „Einfühlungsverhältnis“ handelt es sich
m ein Rechtsverhältnis eigener Art. Zwar geht es auch
eim „Einfühlungsverhältnis“ darum, sich vor Eintritt in
en Betrieb einen Einblick in die betrieblichen Gegeben-
eiten zu verschaffen. Der potenzielle Mitarbeiter wird
ur in den Betrieb aufgenommen, übernimmt aber kei-
erlei arbeitsvertragliche Hauptleistungspflichten insbe-
ondere nicht die Pflicht zur Arbeitsleistung. Er unter-
teht während dieser Zeit lediglich dem Hausrecht des
otenziellen Arbeitgebers, nicht aber seinem Direktions-
echt. Es handelt sich also um eine unbezahlte Kennen-
ernphase von potenziellem Arbeitnehmer und potenziel-
em Arbeitgeber. Deshalb darf es auch nur für kurze Zeit
estehen.
Nur wenn diese Voraussetzungen vorliegen – und
uch hier kommt es wieder nur auf die tatsächliche
andhabung nicht die rechtliche Bezeichnung an –, han-
elt es sich um ein sogenanntes Einfühlungsverhältnis.
ie Rechtsprechung sagt: Der Abschluss solcher Einfüh-
ungsverhältnisse ist zulässig.
Da es sich im Übrigen nicht um sozialversicherungs-
echtliche Beschäftigungsverhältnisse handelt, entgehen
em Staat entgegen Ihrer Darstellung, meine Damen und
erren von der Linken, auch weder Sozialversiche-
ungsbeiträge noch Steuern.
Meine Damen und Herren von der Linken, Sie haben
lso schluderig gearbeitet. Wenn Sie schon – wie in Ih-
em Antrag geschehen – Urteile verschiedener Landes-
rbeitsgerichte zitieren, dann lesen Sie diese Urteile
och auch! Denn dann würden Sie die Unterschiede zwi-
chen Probearbeiten und Einfühlungsverhältnis kennen.
Dann wüssten Sie auch, dass für gesetzliche Neurege-
ungen auch bei Einfühlungsverhältnissen kein Hand-
ungsbedarf besteht. Denn Missbräuche werden bereits
etzt geahndet. Und im Übrigen besteht kein Schutzbe-
arf. Denn was spricht gegen eine solche Einfühlungs-
hase? Sie bietet doch gleichermaßen Chancen für
otenzielle Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Ohne eine
echtliche Bindung einzugehen, haben potenzielle Be-
chäftigte und Arbeitgeber die Möglichkeit, sich ken-
enzulernen, zu testen, ob ein gemeinsames Arbeiten
orstellbar wäre, ob die Arbeitstelle den Vorstellungen
ntspricht; kurz: sich ein Bild des anderen zu machen.
Jeder der Beteiligten kann für sich prüfen, inwieweit
r auf andere und neue Normen eingehen, sich integrie-
en oder neue soziale Rollen übernehmen möchte. Diese
eiden Varianten ermöglichen einen Perspektivwechsel.
ntscheidungen lassen sich leichter treffen, wenn man
ie Entscheidungsvariablen kennt. Ein indianisches
prichwort sagt: „Urteile nie über einen anderen, bevor
u nicht einen Mond lang in seinen Mokassins gegangen
ist.“ Jeder von uns kann nur bewerten, was er kennt.
16386 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. April 2008
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Meine Damen und Herren von der Linken, dieser An-
trag war Aktionismus unter der falschen Überschrift. An
Ihrer Stelle wäre mir das peinlich. Ihr heutiger Antrag
hat einmal mehr das Thema verfehlt. Die CDU/CSU-
Bundestagsfraktion wird ihn deshalb ablehnen.
Anette Kramme (SPD): Mit dem vorliegenden An-
trag schießt die Linke über das Ziel hinaus. Gut meinen
und gut machen sind zwei Paar Schuhe. Letzteres ist ein-
deutig eine Nummer zu groß für Sie, meine Damen und
Herren der Linken.
Zunächst einmal zur Klarstellung: Einfühlungsver-
hältnisse sind keine Probearbeitsverhältnisse. Sie verfol-
gen einen anderen Zweck. Es geht beim Einfühlungsver-
hältnis nicht um Arbeitsleistung. Sinn und Zweck ist es
vielmehr, den Arbeitsplatz kennenzulernen und die
Frage zu klären, ob der Bewerber und der Arbeitgeber
zueinander passen. Es macht doch Sinn, zunächst die
Voraussetzungen der Zusammenarbeit für ein späteres
Arbeitsverhältnis zu klären. Wer kauft schon gerne die
Katze im Sack? Und das gilt beidseitig. Auch für die Ar-
beitnehmer sind die Folgen beachtlich, wenn das Ar-
beitsverhältnis nach kurzer Zeit aufgelöst wird, einfach,
weil man die Arbeitsbedingungen oder sich persönlich
im Vorfeld nicht ausreichend kennengelernt hat.
Das Einfühlungsverhältnis kann wie folgt definiert
werden: Der Bewerber hat keine Arbeitspflicht und un-
terliegt damit auch nicht dem Direktionsrecht des Ar-
beitgebers. Der Bewerber untersteht lediglich dem Haus-
recht. Einfühlungsverhältnisse dürfen nur wenige Tage
dauern.
Ein Verbot derartiger Rechtsverhältnisse, wie von der
Linken gefordert, ist unseres Erachtens nicht notwendig.
Auch die Rechtsprechung hat Einfühlungsverhältnisse
mit Verweis auf die Vertragsfreiheit für zulässig erklärt.
Gleichwohl ist uns bewusst, dass es immer wieder
schwarze Schafe unter den Arbeitgebern gibt. Es kommt
immer wieder dazu, dass ein Einfühlungsverhältnis tat-
sächlich ein Arbeitsverhältnis ist. Diese Problematik
haben wir auch bei den Praktika. Im Rahmen dieser De-
batte werden wir auch über Einfühlungsverhältnisse
sprechen.
So können die Betroffenen beispielsweise auf ange-
messene Vergütung nach § 138 BGB klagen, Stichwort:
Lohnwucher. Wir werden versuchen, den Missbrauch
besser zu bekämpfen.
Mitte März hat das BMAS eine aktuelle Studie zum
Berufseinstieg von jungen Menschen zwischen 18 und
34 Jahren vorgelegt. Diese Studie zeigte erschreckende
Zahlen: Von den Erstpraktika, die nach Abschluss einer
Ausbildung absolviert wurden, waren 51 Prozent gar
nicht und 12 Prozent unangemessen vergütet. Sehr viele
Praktikanten beklagten, dass sie als normale Arbeitskraft
eingesetzt wurden, und fast ein Drittel fühlte sich nach
eigenen Angaben ausgenutzt. Nur ein Drittel der Befrag-
ten wurde im Anschluss an das Praktikum in ein reguläres
Arbeitsverhältnis übernommen. 30 Prozent absolvierten
mehrere sogenannte Kettenpraktika nacheinander, die
über ein Jahr dauerten.
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Es kann nicht Sinn und Zweck von Praktika sein, dass
unge Menschen im „Wartesaal Zweiter Klasse als gut
usgebildete Billiglöhner“ ausharren.
Was können wir tun und was wollen wir tun?
Erstens, Schriftform: Die zwingende Schriftform
tellt sicher, dass beide Vertragspartner ihre Rechte und
flichten kennen.
Zweitens, Vergütung: Wir wollen eine angemessene
ergütung für alle Praktikanten und Scheinpraktikanten.
iese wird schon im BBiG und im BGB garantiert, aber
eider viel zu selten eingeklagt. Wir brauchen deshalb
ine gesetzliche Klarstellung, dass Scheinpraktika Ar-
eitsverhältnisse sind. Die Betroffenen müssen wie an-
ere Arbeitnehmer Anspruch auf die übliche Vergütung
aben. Für uns gilt der Grundsatz: gleiche Leistung –
leicher Lohn.
Drittens, Beweiserleichterung: Wir fordern eine klare
esetzliche Abgrenzung zwischen Praktika und Arbeits-
erhältnissen, die als Scheinpraktika getarnt sind. Der
issbrauch von Praktikumsverhältnissen muss wirksam
ekämpft werden. Wir wollen Praktikanten bei der
urchsetzung ihrer Vergütungsansprüche unterstützen.
eshalb setzen wir uns für eine Beweiserleichterung ein.
Wenn wir das machen, leisten wir einen wichtigen
eitrag, der den Menschen tatsächlich hilft. Ich hoffe,
ass wir schon bald nicht mehr von der Generation Prak-
ikum, sondern von der Generation Arbeit sprechen.
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD): „Keine gegen-
eitigen Verpflichtungen“: Mit diesen drei Wörtern lässt
ich der Wesenskern von Einfühlungsverhältnissen auf
en Punkt bringen. Vergebens habe ich nach dieser
rundlegenden Aussage im vorliegenden Antrag ge-
ucht. Und das sagt schon viel über die Qualität des An-
rages. In Zeiten, in denen wir zu Recht über Regelungs-
edarf in der Phase des Berufseinstiegs diskutieren,
rliegen die Linken leider mal wieder – muss ich sagen –
em Populismus.
Worum geht es bei „Einfühlungsverhältnissen“? Das
ird deutlich, wenn man die in der Fachliteratur auch
ebräuchlichen Bezeichnungen wie „Schnupperkurs“,
unverbindliche Kennenlernphase“ oder „verlängertes
ewerbungsverfahren“ heranzieht. Es bestehen also we-
er Arbeitspflicht, noch Direktionsrecht, und es muss
eine bestimmte Arbeitszeit eingehalten werden. Logi-
cherweise besteht kein Anspruch auf ein Arbeitsentgelt
weil es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis handelt,
nd es nur von kurzer Dauer sein darf. Daraus folgt, dass
er Titel Ihres Antrages „Arbeitnehmerinnen und Ar-
eitnehmer schützen“ in die Irre führt.
Was unterscheidet nun das Einfühlungsverhältnis
om Probearbeitsverhältnis? Das Probearbeitsverhältnis
oll dem Arbeitgeber die Möglichkeit geben, die Eig-
ung des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin für
en Arbeitsplatz zu erproben. Dagegen soll das Einfüh-
ungsverhältnis dem potenziellen Arbeitnehmer helfen,
ie betrieblichen Gegebenheiten kennenzulernen und
mgekehrt. Also: Vereinbarungen über eine unverbindli-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. April 2008 16387
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che Kennenlernphase sind keine Probearbeitsverhält-
nisse.
Ihr Antrag erweckt den Eindruck, dass Arbeitsu-
chende schutzlos und ohne Rechte der willkürlichen
Ausbeutung durch Arbeitgeber ausgesetzt sind. Wir wis-
sen, dass Sie sich gern den Anschein geben, der einzige
im Parlament vertretene Anwalt der Entrechteten zu
sein. Wie häufig, so auch in diesem Fall, liegen Sie
„knapp daneben“. Spätestens seit Juni 2006, seit die Ant-
wort der Bundesregierung auf Ihre Anfrage „Probearbei-
ten im Rahmen eines so genannten Einfühlungsverhält-
nisses“ vorliegt, wissen Sie, dass die missbräuchliche
Ausnutzung bereits nach geltendem Recht unzulässig ist.
Sie fordern in Ihrem Antrag, „Einfühlungsverhält-
nisse“ grundsätzlich als unzulässig zu erklären. Nur Pro-
bearbeitsverhältnisse mit Vergütungsanspruch sollen er-
laubt sein. Ich fürchte, dass Sie mit Ihrer Forderung
Arbeitsuchenden keinen guten Dienst erweisen. Dabei
denke ich besonders an jene Bewerberinnen und Bewer-
ber, deren Stärke weder in der schriftlichen Bewerbung
noch im Vorstellungsgespräch liegen, die keinen brillan-
ten Abschluss vorweisen können oder bereits seit Länge-
rem ohne Beschäftigung waren. Gerade für sie kann ein
solches verlängertes Bewerbungsverfahren eine Chance
sein. Und wir wissen, dass gerade diese Gruppe der Ar-
beitsuchenden nicht weniger, sondern mehr Möglichkei-
ten haben sollte.
Die SPD-Fraktion ist hellwach an dieser Stelle. Wir
wollen erfolgreiche Berufseinstiege, wir schauen genau
hin beim Übergang von Schule in Ausbildung, von Aus-
bildung in Beruf und bei jedem Neustart in Beschäfti-
gung. Und unser Fokus liegt deshalb viel mehr auf den
sogenannten Praktika. Hier haben nicht nur DGB-Ju-
gend und die Initiative Fairwork erhebliche Missstände
aufgezeigt. Zunehmend mehr wissenschaftliche Er-
kenntnisse untermauern auch unsere Meinung. Wir sind
als Gesetzgeber gefordert, mehr klarzustellen und ge-
setzlich zu regeln.
Nicht das auf wenige Tage beschränkte „Schnuppern“
ist das Problem. Es ist die monatelange Ausnutzung von
qualifizierten und motivierten jungen Menschen, die
sich über ein, zwei und mehr Praktika einen Berufsein-
stieg erhoffen. Daran arbeiten wir. Unser Ziel ist es, die
guten, die sinnvollen Praktika, bei denen Lernen im Mit-
telpunkt steht, unterscheidbarer zu machen von jenen,
die glasklar Beschäftigung sind. Auf sie finden alle Re-
gelungen des Arbeits- und Tarifrechtes Anwendung.
„Keine gegenseitigen Verpflichtungen“, das gilt eben
nicht für ein Praktikum. Ich rufe diesen Kernsatz für
„verlängerte Bewerbungsverfahren“ an dieser Stelle in
Erinnerung, weil er eben auch der Kern für die Ableh-
nung Ihres Antrages ist.
Jörg Rohde (FDP): Trotz des konjunkturellen Auf-
schwungs am Arbeitsmarkt haben 3,5 Millionen Men-
schen in Deutschland keine Arbeit. Viele von ihnen sind
schon lange aus dem Arbeitsmarkt heraus. Die Gründe
dafür sind vielfältig: eine fehlende oder unzureichende
schulische und berufliche Qualifizierung, Ausbildungen,
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ie auf dem aktuellen Arbeitsmarkt nur wenig nachge-
ragt werden, ein Überangebot an Absolventen einzelner
tudienfächer, ein veralteter Wissensstand, zum Beispiel
ach längeren Erziehungszeiten ohne Weiterbildung,
hronische Erkrankungen oder eine Behinderung und
ieles mehr.
Alle diese Menschen haben eines gemein: Ein poten-
ieller Arbeitgeber kann die fachlichen und sozialen
ompetenzen der Bewerber nur schlecht einschätzen.
ktuelle Arbeitszeugnisse liegen oft nicht vor.
Aber auch für Bewerber ist die erste – oder nach lan-
er Auszeit erneute – Aufnahme eines vertraglichen Ar-
eitsverhältnisses eine Herausforderung. Viele Fragen
tellen sich: Werde ich den Anforderungen gerecht?
ann ich noch Schritt halten? Komme ich mit einer völ-
ig neuen Aufgabe klar?
Viele Arbeitgeber und Arbeitsuchenden entscheiden
ich in dieser Situation für ein Praktikum. Denn es stellt
inen für beide Seiten unverbindlichen Versuch des Ken-
enlernens dar. Klappt es nicht, kann der Versuch von
eiden Seiten sofort ohne vertragliche Verpflichtung be-
ndet werden.
Viele Studierende sind übrigens im Rahmen ihres Stu-
iums darauf angewiesen, ein Praktikum oder mehrere
raktika zu absolvieren. Die Studienordnungen schrei-
en dies explizit vor.
Zugegeben: Vor allem unbezahlte Praktika sollten nur
on kurzer Dauer sein. Sobald ein Arbeitgeber von der
rbeit des Praktikanten oder Probearbeitenden profitiert,
ollte eine Entlohnung einsetzen. Aber: Für Hunderttau-
ende Jobsuchende stellen die sogenannten Einfühlungs-
erhältnisse und Praktika eine hervorragende Brücke in
en Arbeitsmarkt dar.
Bitte bedenken Sie: Viele der heute Arbeitsuchenden
ind langzeitarbeitslos. Wir reden hier nicht von auf dem
rbeitsmarkt nachgefragten Fachkräften, die im Rah-
en von Praktika oder Einfühlungsverhältnissen einfach
al als kostenlose Mitarbeiter ausgebeutet werden.
ein, es geht heute um Menschen, die Schwierigkeiten
eim Eintritt in den Arbeitsmarkt haben.
Als Liberaler versichere ich Ihnen: Wäre die Arbeits-
räftenachfrage in allen Bereichen größer als das Ar-
eitskräfteangebot, gäbe es in Deutschland kein einziges
nbezahltes Praktikum oder Einfühlungsverhältnis. Die
nternehmen würden um die Mitarbeiter konkurrieren.
ber leider ist das im Moment nicht so: Viele Arbeitge-
er schrecken vor der vertraglichen Beschäftigung eines
euen Mitarbeiters zurück, weil ihnen das Risiko des
cheiterns zu groß erscheint. Vor allem gilt dies für
ranchenfremde oder arbeitsunerfahrene Bewerber.
Ich dieser Situation frage ich Sie, liebe Kolleginnen
nd Kollegen der Linken: Was ist Ihnen lieber: Ein Be-
chäftigungsverhältnis, das mit einem Praktikum oder
infühlungsverhältnis begonnen hat, oder kein Beschäf-
igungsverhältnis? Werte Kollegen der Linken, ich ma-
he keinen Hehl daraus, dass mich die Intonation Ihres
ntrages verärgert: Wie immer unterstellen Sie wörtlich
rbeitgebern die Ausnutzung von Arbeitnehmern, kein
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einziges Wort davon, dass Unternehmer auch Risiken
tragen, die ihnen keiner abnimmt. Der Jobsuchende, der
schlimmstenfalls in den Leistungsbezug zurückfällt, ist
zumindest auf einem existenziellen Niveau abgesichert.
Für den Unternehmer gibt es dieses Netz nicht. Der ist
pleite, wenn er zu viele Fehler macht.
Hören Sie endlich mit Ihrer Klassenkampfrhetorik
auf. Setzen Sie auf Markt und Kooperation, statt immer
nur auf Konfrontation. Dafür wäre ich Ihnen sehr dank-
bar!
Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich will es nicht verhehlen: Der vorliegende Antrag lässt
bei mir die Sorge aufkommen, dass – ginge es nach der
Linken – in Deutschland auch die Beziehungsarbeit ge-
setzlich oder tarifvertraglich geregelt werden müsste.
Denn in Ihrem Eifer, sich als die wahren Freunde des
Proletariats zu beweisen, schießt die Linke weit übers
Ziel hinaus und will etwas regeln, was wirklich hinrei-
chend geregelt ist. Deswegen lehnen wir den Antrag ab.
Um was geht es konkret? Die Linke fordert, soge-
nannte Einfühlungsverhältnisse zu verbieten. Sie be-
gründet das mit dem Schutz der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer, deren Rechte mit den Einfühlungsverhält-
nissen umgangen würden. Darüber hinaus würde mit ih-
nen Lohnwucher und Lohndumping Vorschub geleistet.
Das sind harte Vorwürfe, die ich aber nicht gerechtfertigt
sehe. Ich begründe gerne, warum.
Ein Einfühlungsverhältnis können ein Arbeitgeber
und ein potenzieller Arbeitnehmer vereinbaren. Es dient
dem Kennenlernen eines Betriebes oder eines Berufes.
Gleichzeitig kann der Arbeitgeber aber auch den mögli-
chen zukünftigen Arbeitnehmer unter die Lupe nehmen.
Notwendig kann das beispielsweise in der beruflichen
Orientierung werden: Ist der Beruf so, wie ich ihn mir
vorstelle, oder sieht der Alltag doch ganz anders aus?
Diese und andere Fragen können so unkompliziert ge-
klärt werden.
Entsprechend sind die Rahmenbedingungen gesetzt.
Sie dienen einem bestimmten, klar umrissenen Zweck
und sind lediglich für einen eng begrenzten Zeitraum er-
laubt: Ein Einfühlungsverhältnis darf maximal sieben
Tage dauern. Ein Bewerber wird in den Betrieb aufge-
nommen, ohne Pflichten zu übernehmen. Er unterliegt
nicht dem Weisungsrecht des Arbeitgebers, nur dem
Hausrecht. Er muss keine bestimmte Arbeitszeit einhal-
ten und ist auch nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet.
Zur Vergütungszahlung ist der Arbeitgeber im Rahmen
eines solchen Einfühlungsverhältnisses nur verpflichtet,
wenn hierüber eine ausdrückliche Vereinbarung getrof-
fen wurde. Beide Parteien haben das Recht zur jederzei-
tigen Beendigung des Verhältnisses.
Auch für den Fall von Missbrauch gibt es eindeutige
Regelungen: Wird die Dauer von sieben Tagen über-
schritten oder wird ein Betroffener wie ein normaler Ar-
beitnehmer zu Arbeiten herangezogen, so liegt nach gel-
tender Rechtsprechung ein Arbeitsverhältnis vor, das
auch einen Anspruch auf Vergütung nach sich zieht. Ein-
fühlungsverhältnisse als „unbezahltes Probearbeiten“ zu
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lassifizieren ist angesichts der geltenden Definition und
egelungsdichte nicht korrekt. Daher ist auch die Be-
auptung der Linken, Einfühlungsverhältnisse würden
ohndumping Vorschub leisten und den Sozialkassen
eistungen entziehen, unzutreffend. Das ist ein Problem,
as im Zusammenhang von Praktika auftauchen kann.
s muss dann aber auch an dieser Stelle geregelt werden
nd nicht über ein untaugliches Vehikel.
nlage 15
Amtliche Mitteilungen
Der Bundesrat hat in seiner 842. Sitzung am 14. März
008 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzu-
timmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des
rundgesetzes nicht zu stellen:
Gesetz zur Änderung des InVeKoS-Daten-Geset-
zes und des Direktzahlungen-Verpflichtungenge-
setzes
Gesetz zur Bereinigung von Bundesrecht im Zu-
ständigkeitsbereich des Bundesministeriums der
Finanzen und zur Änderung des Münzgesetzes
Gesetz zur Modernisierung der Aufsichtsstruktur
der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsauf-
sicht – Aufsichtsstrukturmodernisierungsgesetz
Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig
vom Anfechtungsverfahren
Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses
des Rates vom 22. Juli 2003 über die Vollstre-
ckung von Entscheidungen über die Sicherstel-
lung von Vermögensgegenständen oder Beweis-
mitteln in der Europäischen Union
Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes
und des Arbeitsgerichtsgesetzes
Darüber hinaus hat er die nachstehende Entschlie-
ung gefasst:
Der Bundesrat teilt und unterstützt das von Deut-
chem Bundestag und Bundesregierung mit dem Gesetz
ur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Ar-
eitsgerichtsgesetzes verfolgte Anliegen der Entlastung
er Sozialgerichtsbarkeit. Die beschlossenen Änderun-
en des Verfahrensrechts erscheinen zwar grundsätzlich
eeignet, einen Beitrag zur Entlastung der Gerichte der
ozialgerichtsbarkeit und zur Straffung der Verfahren zu
eisten. Eine dauerhafte Entlastung der Sozialgerichts-
arkeit kann jedoch allein mit den im Gesetz enthaltenen
aßnahmen nicht im erforderlichen Umfang erreicht
erden.
Es ist vielmehr notwendig, alle zielführenden Mög-
ichkeiten auszuschöpfen, um die verfassungsrechtliche
ewährleistung wirkungsvollen Rechtsschutzes in der
ozialgerichtsbarkeit nachhaltig sicherzustellen. Dazu
st es geboten, deutlich weiterreichende Änderungen des
ozialgerichtsgesetzes herbeizuführen, als dies mit dem
esetz geschieht. Es ist außerdem erforderlich, struktu-
elle Änderungen vorzunehmen, um den Ländern eine
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bedarfsgerechte Verteilung der knappen richterlichen
Personalressourcen zu ermöglichen.
Der Bundesrat hat – vgl. dazu auch die Stellung-
nahme des Bundesrates vom 20. Dezember 2007 im vor-
liegenden Gesetzgebungsverfahren (Bundesratsdrucksa-
che 820/07 [Beschluss]) – mehrere Gesetzentwürfe beim
Deutschen Bundestag eingebracht, die in ihrer Gesamt-
heit erwarten lassen, dass der sich abzeichnenden struk-
turellen Überlastung der Sozialgerichtsbarkeit dauerhaft
begegnet und die Dauer der Verfahren deutlich verrin-
gert werden kann:
– Entwurf eines Gesetzes zur Öffnung des Bundes-
rechts für die Zusammenführung von Gerichten der
Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit in
den Ländern – Zusammenführungsgesetz – (Bundes-
tagsdrucksache 16/1040);
– Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grund-
gesetzes (Artikel 92 und 108) – (Bundestagsdruck-
sache 16/1034);
– Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Sozial-
gerichtsgesetzes (Bundestagsdrucksache 16/1028);
– Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Sozial-
gerichtsgesetzes (Bundestagsdrucksache 16/3660).
Von besonderer Bedeutung ist dabei der Vorschlag,
mit der Zusammenführung der Gerichte der Verwal-
tungs- und Sozialgerichtsbarkeit die dringend erforderli-
che nachhaltige und systemgerechte Flexibilisierung des
Einsatzes des richterlichen Personals zu bewirken.
Ein weiteres zentrales Anliegen besteht darin (vgl.
Bundestagsdrucksache 16/3660), den Zugang zur Beru-
fungsinstanz in der Sozialgerichtsbarkeit ähnlich wie in
der Verwaltungsgerichtsbarkeit auszugestalten. Durch
die Einführung eines generellen Berufungszulassungser-
fordernisses und des Vertretungszwangs im Verfahren
vor dem Landessozialgericht würde gewährleistet, dass
nur die wirklich berufungswürdigen Fälle in die zweite
Instanz gelangen. Darüber hinaus ist insbesondere die
Einführung des konsentierten Einzelrichters in der Sozi-
algerichtsbarkeit geeignet, das sozialgerichtliche Verfah-
ren zu vereinfachen und zu beschleunigen, ohne die Be-
sonderheiten dieses Verfahrens aus dem Blick zu
verlieren.
Außerdem sollte der langjährigen Forderung der sozi-
algerichtlichen Praxis und des Bundesrechnungshofs
Rechnung getragen werden, vom Grundsatz der Ge-
richtskostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens
abzurücken und – wie vom Bundesrat vorgeschlagen
(vgl. Bundestagsdrucksache 16/1028) – mit der Einfüh-
rung sozialverträglicher pauschaler Unterliegensgebüh-
ren den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit deutlich grö-
ßere Spielräume zu eröffnen, sich Verfahren zu widmen,
denen nicht ein von vornherein offenkundig aussichtslo-
ses Rechtsschutzanliegen zu Grunde liegt.
Der Bundesrat fordert den Deutschen Bundestag auf,
seiner verfassungsrechtlichen Verpflichtung nachzukom-
men, die genannten Gesetzentwürfe des Bundesrates so
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eitnah zu beraten, dass mit einer abschließenden Be-
chlussfassung in der laufenden Legislaturperiode ge-
echnet werden kann, und die in den Gesetzentwürfen
nthaltenen Vorschläge aufzugreifen und umzusetzen.
Gesetz zur Änderung des Waffengesetzes und
weiterer Vorschriften
Darüber hinaus hat er die nachstehende Entschlie-
ung gefasst:
u Artikel 1 Nr. 6 Buchstabe b (§ 14 Abs. 4 Satz 1
affG)
Der Bundesrat bedauert es, dass die Bundesregierung
en Vorschlag des Bundesrates zur Änderung des § 14
bs. 4 nicht aufgegriffen hat.
Mit dem Vorschlag soll verhindert werden, dass
portschützen Schusswaffen völlig losgelöst vom Be-
ürfnisprinzip erwerben können.
Nach dem beispielslosen Amoklauf eines 19-jährigen
chülers an einem Erfurter Gymnasium im Jahre 2002
ar es fester Wille des Gesetzgebers, den Waffenbesitz
ür Sportschützen zu erschweren.
Der Vorschlag des Bundesrates würde sicherstellen,
ass die anlässlich dieses Verbrechens erfolgte Waffen-
echtsnovellierung aus dem Jahre 2002 nicht aufge-
eicht wird. Sportschützen sollen danach nur die Waffen
esitzen dürfen, die sie zur Ausübung des Schießsports
n ihrem Verband benötigen.
Ohne eine solche klarstellende Bedürfnisregelung ist
s entgegen der Auffassung der Bundesregierung nicht
öglich, das bloße Anhäufen von Schusswaffen zu ver-
indern. Wenn sich Sportschützen aufgrund der vorgese-
enen Regelung zur „Gelben“ Waffenbesitzkarte z. B. in
ehn Jahren 40 Schusswaffen zulegen, wird es einer
affenbehörde nicht möglich sein, zu überprüfen, ob er
iese tatsächlich für den Schießsport benötigt.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung deshalb,
hre ablehnende Haltung zum Vorschlag des Bundesrates
u überdenken.
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
itgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2
er Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den
achstehenden Vorlagen absieht:
Auswärtiger Ausschuss
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen zur
Umsetzung der Sicherheitsratsresolution 1325 (2000)
„Frauen, Frieden und Sicherheit“
– Drucksachen 16/7267, 16/7573 Nr. 5 –
– Unterrichtung durch die Delegation der Bundesrepublik
Deutschland in der Parlamentarischen Versammlung des
Europarates
Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Euro-
parates vom 16. bis 20. April 2007 in Straßburg
– Drucksachen 16/7706, 16/8123 Nr. 1.3 –
16390 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. April 2008
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Haushaltsausschuss
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Haushalts- und Wirtschaftsführung 2008
Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 60 02 Titel 697 01 –
Darlehen an die KfW zum Ausgleich der mit dem Zu-
weisungsgeschäft IKB verbundenen Nachteile –
– Drucksachen 16/8272, 16/8456 –
Ausschuss für Kultur und Medien
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung über die Maßnahmen zur
Förderung der Kulturarbeit gemäß § 96 Bundesvertrie-
benengesetz in den Jahren 2003 und 2004
– Drucksache 15/5952 –
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung über die Maßnahmen zur
Förderung der Kulturarbeit gemäß § 96 des Bundesver-
triebenengesetzes in den Jahren 2005 und 2006
– Drucksachen 16/7571, 16/7793 Nr. 1.5 –
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Drucksache 16/7905 Nr. A.16
Ratsdokument 16694/07
Drucksache 16/8135 Nr. A.7
Ratsdokument 16832/07
Drucksache 16/8135 Nr. A.8
Ratsdokument 16833/07
Drucksache 16/8135 Nr. A.10
Ratsdokument 5050/08
Drucksache 16/8135 Nr. A.37
Ratsdokument 5431/08
Ausschuss für Gesundheit
Drucksache 16/8135 Nr. A.29
Ratsdokument 5242/08
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Drucksache 16/8135 Nr. A.33
Ratsdokument 5334/08
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei-
ner Beratung abgesehen hat.
Rechtsausschuss
Drucksache 16/2695 Nr. l.19
Ratsdokument 12367/06
Drucksache 16/7393 Nr. A.15
Ratsdokument 14253/07
Drucksache 16/8135 Nr. A.38
Ratsdokument 5152/08
Finanzausschuss
Drucksache 16/8135 Nr. A.27
Ratsdokument 5250/08
Drucksache 16/8135 Nr. A.43
Ratsdokument 16835/07
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Reaktorsicherheit
Drucksache 16/7393 Nr. A.10
Ratsdokument 13860/07
Drucksache 16/7575 Nr. A.21
Ratsdokument 15225/07
Drucksache 16/8135 Nr. A.16
Ratsdokument 5119/08
Drucksache 16/8135 Nr. A.20
Ratsdokument 5116/08
Drucksache 16/8135 Nr. A.23
Ratsdokument 5127/08
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union
Drucksache 16/5199 Nr. 2.29
Ratsdokument 7724/07
155. Sitzung
Berlin, Freitag, den 11. April 2008
Inhalt:
Redetext
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Anlage 2
Anlage 3
Anlage 4
Anlage 5
Anlage 6
Anlage 7
Anlage 8
Anlage 9
Anlage 10
Anlage 11
Anlage 12
Anlage 13
Anlage 14
Anlage 15