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    Plenarprotokoll 16/152 – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 16/8522) . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit – zu dem Antrag der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Nicole Maisch, Birgitt Bender, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Finanzielle Nachhaltig- keit und Stärkung der Verbraucher – Für eine konsequent nutzerorien- tierte Pflegeversicherung – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Klaus Ernst, Zusatztagesordnungspunkt 6: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Heinz Lanfermann, Birgit Homburger, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Ent- bürokratisierung der Pflege vorantreiben – Qualität und Transparenz der stationären Pflege erhöhen (Drucksachen 16/672, 16/6836) . . . . . . . . . . . Ulla Schmidt, Bundesministerin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heinz Lanfermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU) . . . . . . 15984 A 15984 B 15984 C 15986 B 15988 C Deutscher B Stenografisc 152. Si Berlin, Freitag, de I n h a Nachruf auf den ehemaligen Bundesminister der Justiz Hans Engelhard . . . . . . . . . . . . . . Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Dr. Hans Georg Faust . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur struk- turellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiter- entwicklungsgesetz) (Drucksachen 16/7439, 16/7486, 16/8525) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15983 A 15983 D 15983 D Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Für eine humane und solidarische Pflegeabsicherung undestag her Bericht tzung n 14. März 2008 l t : – zu dem Antrag der Abgeordneten Heinz Lanfermann, Daniel Bahr (Münster), Dr. Konrad Schily, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für eine zukunftsfest und ge- nerationengerecht finanzierte, die Selbstbestimmung stärkende, trans- parente und unbürokratische Pflege – zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Vierter Bericht über die Entwicklung der Pflegeversiche- rung (Drucksachen 16/7136, 16/7472, 16/7491, 16/7772, 16/8525) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit 15984 B Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15991 B 15992 D II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2008 Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Maria Eichhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Willi Zylajew (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . Hilde Mattheis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: a) Antrag der Abgeordneten Klaus Ernst, Dr. Lothar Bisky, Dr. Martina Bunge, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Riester-Rente auf den Prüf- stand stellen (Drucksache 16/8495) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken), Klaus Ernst, Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Wiederein- führung der Lebensstandardsicherung in der gesetzlichen Rente (Drucksachen 16/5903, 16/6921) . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gregor Amann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15994 D 15996 D 15997 B 15998 D 15999 B 16000 D 16002 B 16003 C 16004 B 16005 C 16006 C 16007 B 16007 D 16009 A 16010 A 16012 C 16012 C 16012 D 16014 C 16015 C 16016 D 16017 B 16018 A 16018 D 16020 A 16020 D 16021 C 16022 C Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . Jörg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu dem Antrag der Abge- ordneten Sibylle Pfeiffer, Dr. Christian Ruck, Dr. Wolf Bauer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU, der Abgeordne- ten Dr. Sascha Raabe, Gabriele Groneberg, Stephan Hilsberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Thilo Hoppe, Ute Koczy, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine neue, effektive und an den Bedürfnissen der Hungernden ausgerichtete Nahrungs- mittelhilfekonvention (Drucksachen 16/8192, 16/8485) . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl Addicks (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE) . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: Antrag der Abgeordneten Jürgen Trittin, Winfried Nachtwei, Alexander Bonde, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: NATO-Gipfel für Kurswechsel in Afghanistan nutzen (Drucksache 16/8501) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Holger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Hellmut Königshaus (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Detlef Dzembritzki (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . Gert Winkelmeier (fraktionslos) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 27: Große Anfrage der Abgeordneten Ina Lenke, Gisela Piltz, Sibylle Laurischk, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der FDP: Aus- wertungen der Erfahrungen mit anony- mer Geburt und Babyklappe (Drucksachen 16/5489, 16/7220) . . . . . . . . . . 16024 B 16026 A 16027 A 16028 C 16028 D 16030 B 16031 B 16033 B 16034 B 16035 B 16036 B 16036 C 16037 C 16039 A 16040 B 16041 D 16042 D 16043 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2008 III Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maria Eichhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Helga Lopez (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hellmut Königshaus (FDP) . . . . . . . . . . . . Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 28: Antrag der Abgeordneten Wolfgang Wieland, Volker Beck (Köln), Monika Lazar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Europol-Beschluss rechtsstaatlich verbessern (Drucksache 16/7742) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Europol-Beschluss rechtsstaat- lich verbessern (Tagesordnungspunkt 28) Wolfgang Gunkel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16043 C 16044 C 16046 A 16046 D 16047 A 16048 A 16048 D 16050 A 16050 C 16051 A 16051 D 16052 D 16053 D 16054 B 16054 D 16056 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2008 15983 (A) (C) (B) (D) 152. Si Berlin, Freitag, de Beginn: 9
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    1) Anlage 2 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2008 16051 (A) (C) (B) (D) Müller (Düsseldorf), SPD 14.03.2008 gleich zu Beginn festhalten, dass die Reform von Euro- pol jedoch nicht mit diesem Beschluss endet, sondern Michael Wolfgang Gunkel (SPD): Heute beraten wir einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der den Beschluss zur Errichtung des Europäischen Polizeiamtes an verschiedenen Punkten kritisiert. Lassen Sie mich Sabine Dr. Lippold, Klaus W. CDU/CSU 14.03.2008 Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 14.03.2008 Anlage 1 Liste der entschuldi Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Ackermann, Jens FDP 14.03.2008 Annen, Niels SPD 14.03.2008 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 14.03.2008 Bülow, Marco SPD 14.03.2008 Caspers-Merk, Marion SPD 14.03.2008 Dreibus, Werner DIE LINKE 14.03.2008 Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 14.03.2008 Fischer (Karlsruhe- Land), Axel E. CDU/CSU 14.03.2008 Freitag, Dagmar SPD 14.03.2008 Gloser, Günter SPD 14.03.2008 Golze, Diana DIE LINKE 14.03.2008 Groneberg, Gabriele SPD 14.03.2008 Großmann, Achim SPD 14.03.2008 Günther (Plauen), Joachim FDP 14.03.2008 Hajduk, Anja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.03.2008 Dr. Hemker, Reinhold SPD 14.03.2008 Hill, Hans-Kurt DIE LINKE 14.03.2008 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.03.2008 Hofbauer, Klaus CDU/CSU 14.03.2008 Dr. Hoyer, Werner FDP 14.03.2008 Leutheusser- Schnarrenberger, FDP 14.03.2008 Anlagen zum Stenografischen Bericht gten Abgeordneten Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Europol-Beschluss rechtsstaatlich verbessern (Tagesordnungs- punkt 28) Nitzsche, Henry fraktionslos 14.03.2008 Paula, Heinz SPD 14.03.2008 Pflug, Johannes SPD 14.03.2008 Raidel, Hans CDU/CSU 14.03.2008 Roth (Esslingen), Karin SPD 14.03.2008 Rupprecht (Tuchenbach), Marlene SPD 14.03.2008 Sager, Krista BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.03.2008 Dr. Schavan, Annette CDU/CSU 14.03.2008 Schily, Otto SPD 14.03.2008 Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 14.03.2008 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 14.03.2008 Dr. Schmidt, Frank SPD 14.03.2008 Schmitt (Berlin), Ingo CDU/CSU 14.03.2008 Steinbach, Erika CDU/CSU 14.03.2008 Dr. Stinner, Rainer FDP 14.03.2008 Strothmann, Lena CDU/CSU 14.03.2008 Ulrich, Alexander DIE LINKE 14.03.2008 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 14.03.2008 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 16052 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2008 (A) (C) (B) (D) noch weitere Verhandlungen stattfinden. Die Beratungen in der Ratsarbeitsgruppe Europol sowie dem Ausschuss nach Art. 36 des EU-Vertrages und dem Ausschuss der Ständigen Vertreter haben zu zahlreichen Veränderungen am Beschluss geführt. Insofern erübrigt sich der zu bera- tende Antrag in vielerlei Hinsicht. Lassen Sie mich im Folgenden auf einige der Kritik- punkte eingehen. Der Antrag der Grünen fordert erwei- terte Kontrollmöglichkeiten von Europol durch das Eu- ropäische Parlament. Dazu bleibt festzustellen, dass innerhalb von vier Jahren nach Inkrafttreten des Ratsbe- schlusses sowie danach in einem regelmäßigen Vier-Jah- res-Zeitraum eine externe Evaluierung zur Umsetzung des Ratsbeschlusses sowie zu Europol-Aktivitäten statt- finden soll. Der Evaluierungsbericht dieser Auswertung soll der Europäischen Kommission, dem Europäischen Rat und dem Europäischem Parlament vorgelegt werden. Insofern sehe ich die geforderte Beteiligung des Europäi- schen Parlaments gewährleistet. Der Antrag der Grünen fordert die Verbesserung der Rechte der Bürgerinnen und Bürger und kritisiert, dass das Recht auf Zugang zu den sie betreffenden Daten für jede Person erschwert ist. Der beanstandete Ratsbe- schluss nimmt in seiner derzeitigen Fassung Bezug auf die Europaratskonvention zum Schutz von Personen im Hinblick auf die automatisierte Datenverarbeitung vom 28. Januar 1981 sowie die Empfehlung No. R (87) 15 des Ministerkommitees des Europarates vom 17. Sep- tember 1987 und verpflichtet Europol auf Einhaltung dieser Prinzipien. In Art. 28, 30 und 31 des Ratsbe- schlusses werden Individualrechte hinsichtlich Datenzu- gang, Recht auf Berichtigung bzw. Löschung und Ver- fahren detailliert geregelt. Die Einrichtung eines Datenschutzbeauftragten und die enge Zweckbindung beim Datenschutz, wonach personenbezogene Daten nur für bereichsspezifisch und präzise festgelegte Zwecke gespeichert werden und nur im Rahmen dieser Zwecke verwendet werden dürfen, runden den Datenschutz ab. Weiterhin kritisiert der Antrag der Grünen, dass Euro- pol Daten von privaten Stellen nahezu unkontrolliert ent- gegennehmen darf. Es mangele dem Vorschlag der Kommission an klaren Vorgaben zur Datenverknüpfung und Kooperation zwischen Europol und Mitgliedstaaten oder EU-Einrichtungen. Hierzu bleibt jedoch festzuhal- ten, dass der Datenaustausch mit Drittstellen nur mit sol- chen Drittstellen erfolgt, die in eine vom Europäischen Rat nach Anhörung des Europäischen Parlaments gebil- ligte Liste aufgenommen wurden. Der Datenaustausch mit Dritten erfolgt in den EU-Mitgliedstaaten nur über nationale Kontaktstellen, in anderen Staaten, mit denen Europol Abkommen geschlossen hat, ebenfalls mit den dortigen Kontaktstellen. Private Dritte, mit denen Euro- pol Informationen austauschen will, müssen ebenfalls in die Liste aufgenommen werden, die vom Verwaltungsrat von Europol gebilligt werden muss. Der Antrag der Grünen fordert, dass Immunität für Europol-Bedienstete im Zusammenhang mit operativen Tätigkeiten bei gemeinsamen Ermittlungstruppen gene- rell und auch für bestehende Ermittlungsgruppen ausge- schlossen wird. Das Problem der Immunität ist mittler- weile zufriedenstellend gelöst. Die Kommission wird einen entsprechenden Vorschlag zur Änderung der EG- Verordnung 549769 vorlegen. Diese Verordnung legt un- ter anderem Gruppen von Beamten fest, die keine Immu- nität genießen. Dazu sollen zukünftig auch Europol- Beamte zählen, die an Gemeinsamen Ermittlungstrup- pen teilnehmen. Der Antrag der Grünen kritisiert außerdem, dass die Zuständigkeit von Europol unnötigerweise von „organi- sierte“ auf „schwere“ Kriminalität erweitert wird, und verlangt, dass Europol weiterhin ausschließlich für die organisierte Kriminalität zuständig ist. Die Ausweitung des Mandats ist jedoch erforderlich, weil es durchaus grenzüberschreitende Fälle schwerer Kriminalität gibt, die nicht gleichzeitig Fälle von organisierter Kriminalität sind. Bei der von den Grünen geforderten Beschränkung können wesentliche Bereiche der grenzüberschreitenden schweren Kriminalität nicht bekämpft werden. Zum Schluss beanstandet der uns hier vorliegende Antrag, dass das Abkommen keine Vorschriften über die zwingende gerichtliche Kontrolle der Maßnahmen von Europol enthält, sondern lediglich die Möglichkeit, durch einen Beschluss der Mitgliedstaaten Streitfragen dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. Eine zusätz- liche Aufnahme von Bestimmungen zur justiziellen Kontrolle von Europol ist nicht angezeigt, da insofern die allgemeinen Vorschriften Anwendung finden. Eine verstärkte, nur auf Europol zugeschnittene justizielle Kontrolle erscheint nicht erforderlich. Es lässt sich abschließend festhalten, dass die Ver- handlungen auf gutem Wege sind und erkennbar ist, dass sich die Bundesregierung für das Erreichen der berech- tigten Anliegen des Antrages einsetzt. Daher lehnt die SPD-Fraktion den vorgelegten Antrag ab. Gisela Piltz (FDP): In einem gemeinsamen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist die Zu- sammenarbeit der Sicherheitsbehörden unerlässlich. Eu- ropol ist damit ein zentraler Baustein der europaweiten Kriminalitätsbekämpfung. Wo Grenzen fallen, macht auch die Kriminalität nicht an nationalen Grenzen halt. Europol als Instrument zur Bekämpfung grenzüber- schreitender Kriminalität auszubauen und die Arbeit des europäischen Polizeiamtes zu verbessern, ist daher ein richtiges Anliegen. Die Bekämpfung der organisierten Kriminalität muss europaweit im Fokus der Innenpolitik stehen. Die Arbeit von Europol ist hier von großer Be- deutung. Schon längst besteht aber Reformbedarf bei der Ar- beit des europäischen Polizeiamtes. Mit dem Vorschlag der Kommission für einen Beschluss des Rates, Europol als Agentur der EU zu gestalten, ist die Notwendigkeit erkannt worden, dass das europäische Polizeiamt nicht mehr außerhalb der EU-Strukturen stehen darf, sondern Teil davon sein muss. Dies ist eine wichtige Vorarbeit angesichts der noch stärkeren Verankerung in den euro- päischen Strukturen durch den Vertrag von Lissabon: Denn nach Ratifizierung des Vertrags werden durch Ver- ordnungen im Rahmen eines ordentlichen Gesetzge- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2008 16053 (A) (C) (B) (D) bungsverfahrens von Rat und Europäischem Parlament der Aufbau, die Arbeitsweise, der Tätigkeitsbereich und die Aufgaben Europols festgelegt werden. Durch die Überführung Europols in eine europäische Agentur wer- den die Europol-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter zu EU-Beamtinnen und EU-Beamten. Es ist begrüßenswert, dass die mit diesem Status einhergehende Immunität bei der Teilnahme an gemeinsamen Ermittlungsgruppen auf- gehoben wird. Umso mehr gilt dies, wenn die Kompe- tenzen von Europol erweitert werden. Doch die grundsätzlichen Probleme der mangelnden parlamentarischen Kontrolle werden mit der Umgestal- tung von Europol in eine EU-Agentur vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon nicht gelöst. Denn die EU- Agenturen – darauf hat die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag bereits an anderer Stelle hingewiesen, so auch in unserem Antrag „Gerichtliche und parlamentari- sche Kontrolle von EU-Agenturen“ (Drucksache 16/8049) – kranken an einer nicht ausreichend ausgestalteten Kon- trolle durch das Europäische Parlament ebenso wie an fehlenden Rechtsschutzmöglichkeiten der EU-Bürgerin- nen und -Bürger gegenüber deren Maßnahmen. Zwar wird der Haushalt von Europol als EU-Agentur künftig dem Haushaltskontrollausschuss des Parlaments vorge- legt. Doch beklagen die EU-Parlamentarier die noch im- mer mangelhafte haushalterische Kontrolle der Agentu- ren und die ungelösten Probleme bei der Anwendung der Entlastungsregelungen. Die Ausweitung der Kontroll- rechte des Parlaments über das Haushaltsrecht ist mithin noch längst nicht ausreichend, um gerade im Bereich der Arbeit von Europol, mithin in einem Bereich, bei dem tief in Grundrechte Betroffener eingegriffen werden kann, den hohen rechtsstaatlichen Ansprüchen zu genü- gen, die wir an die EU stellen müssen. Unklar sind – wie allgemein bei EU-Agenturen – die Rechtsschutzmöglichkeiten. Wenn Europol mehr Kom- petenzen erhält, gilt umso mehr, dass die Rechte der Unionsbürgerinnen und -bürger durch eine ausreichende gerichtliche Kontrollmöglichkeit gewahrt werden. Es fehlt auf europäischer Ebene ein klares Bekenntnis zu ei- nem Rechtsschutzsystem beim Handeln von EU-Agen- turen. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch der künftige rechtliche Rahmen von Europol mit einigen Fragezei- chen zu versehen. Die Lösungen, die im vorliegenden Antrag der Fraktion der Grünen dargestellt werden, blei- ben jedoch leider im Vagen. Der Bundestag muss ein klares Signal senden – unsere Position darf sich nicht in Allgemeinplätzen erschöpfen. Gegebenenfalls wird es notwendig sein, sich vielleicht im Rahmen einer Anhö- rung intensiver mit der Rechtsschutzproblematik – und ebenso mit der parlamentarischen Kontrolle wie auch dem Datenschutz – zu befassen. Die Kompetenzerweiterungen für Europol müssen ohnehin einer kritischen Prüfung unterzogen werden. Organisierte Kriminalität ist ein typisches Feld grenz- überschreitender krimineller Strukturen. Hier besteht un- bestritten die Notwendigkeit für eine enge Ermittlungs- zusammenarbeit. Natürlich gibt es auch in anderen Bereichen Kriminalität, die nationale Grenzen über- schreitet, unter anderem natürlich auch im Bereich terro- ristischer Aktivitäten. Sofern Europol aber in diesen Be- reichen eigene Zuständigkeiten erhalten soll, ist es in besonderem Maße vordringlich, die Kontrollmöglichkei- ten zu verbessern. Mehr Befugnisse ohne mehr Kontrolle ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar. Da- her muss zuerst geklärt werden, wie die gerichtlichen und parlamentarischen Kontrollen verbessert werden können, bevor Europol einen Kompetenzzuwachs er- fährt. Der Ausbau von Europol zu einer echten europäi- schen Polizeibehörde ist richtig. Aber in einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist es Condi- tio sine qua non, dass der rechtsstaatliche Rahmen als Erstes bestimmt wird. Der Umgang mit dem Datenschutz ist ein Problem, das im Zusammenhang mit Europol und der dort schon heute bestehenden Datenbank leider nicht neu ist. Euro- pol darf nicht zum Ausweichhafen für eine Umgehung des Datenschutzes werden. Die Ausweitung der Daten- sammlungsbefugnisse von Europol insbesondere im Hinblick auf die Speicherung von Daten privater Stellen und von Drittstaaten ist höchst problematisch. Ich wage allerdings zu bezweifeln, dass diese Problematik von un- serer Bundesregierung überhaupt erkannt wird – denn wer schon hierzulande beständig versucht, die Daten- sammlungen diverser Sicherheits- und auch anderer Be- hörden auszuweiten, dem fehlt die notwendige Sensibili- tät. Und auch auf Ebene der EU-Kommission fehlt es am Bewusstsein und an der Achtung, dass mit personenbe- zogenen Daten kein Schindluder getrieben werden darf. Eine EU, die die Vorratsdatenspeicherung beschlossen hat, braucht klare Schranken und das wachsame Auge auch der nationalen Parlamente. Die Zukunft von Europol ist ein wichtiges Thema. Es ist gut, dass sich der Deutsche Bundestag heute und auch im Weiteren damit befasst. Petra Pau (DIE LINKE): Erstens. Europol ist ein Polizeiamt der Europäischen Union. Es soll die Bekämp- fung grenzüberschreitender Kriminalität koordinieren. Die Befugnisse von Europol sind vertraglich geregelt. Diese Regeln und der Status wurden mehrfach geändert. Darum geht es auch jetzt. Zweitens. Europol war nie unumstritten. Insbeson- dere aus bürgerrechtlichen und aus demokratischen Gründen stand Europol von Anfang an in der Kritik. Denn Mitarbeiter von Europol haben Sonderrechte und -vollmachten, die zum Beispiel mit dem deutschen Poli- zeirecht nicht vergleichbar sind. Drittens. Ich schicke das alles vorweg, um zu illus- trieren, warum Die Linke die aktuellen Änderungen sehr zwiespältig sieht. Europol entzieht sich weitgehend der öffentlichen, parlamentarischen und rechtlichen Kon- trolle. Das war so und daran wird sich auch nun nichts Wesentliches ändern. Viertens. Das wiederum führt zu einem weiteren Ma- kel. Europol schwebt auch beim Thema Datenschutz weitgehend im rechtsfreien Raum. Der großzügige Um- gang der Bundesregierung mit sensiblen Daten der Bür- gerinnen und Bürger hat ja ohnehin Konjunktur, was wir ablehnen. 16054 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2008 (A) (C) (B) (D) Fünftens. Trotz dieser strukturellen Defekte soll Eu- ropol nun noch mehr Befugnisse erhalten. Das ist sach- lich widersinnig und rechtsstaatlich nicht hinnehmbar. Dasselbe trifft auf Formulierungen zu, die höchst ausleg- bar sind und folglich nicht mehr, sondern weniger Si- cherheit bringen. Sechstens. Ursprünglich sollte Europol die grenzüber- schreitende „Organisierte Kriminalität“ bekämpfen. Künftig soll sich Europol auch der schweren Kriminali- tät widmen. Ich nehme nicht an, dass damit explizit die kriminelle Steuerhinterziehung der Zumwinkel & Co. gemeint ist. Siebtens. Grundsätzlich gilt für Die Linke: Je größer die Befugnisse von Europol sind, desto klarer muss der Auftrag von Europol definiert werden und desto gründli- cher muss die parlamentarische und rechtsstaatliche Kontrolle sein. Genau daran mangelt es aber. Achtens. Deshalb ist die Alternative für die Fraktion Die Linke übersichtlich. Entweder es bleibt beim vorlie- genden Beschluss zu Europol. Dann sagen wir Nein. Oder Europol wird auf eine rechtsstaatliche und bürger- rechtliche Basis gestellt. Dann sehen wir gerne weiter. Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das starre, an die Einstimmigkeit gebundene, Europol- Übereinkommen von 1995 soll durch einen flexibleren Ratsbeschluss ersetzt werden. Auch wir finden: Jeder Umbau tut dem noch viel zu wenig kontrollierten Poli- zeiamt gut. Denn das ist ein guter Anlass, um für mehr Rechtsstaatlichkeit bei dieser EU-Behörde zu sorgen. Unsere Forderungen haben wir in einem Antrag nieder- gelegt. Einen Punkt auf unserer Liste hat die Bundesre- gierung sogar schon abgearbeitet. Es ist ihr bei den Ver- handlungen im Rat gelungen, die Immunität der Europol-Bediensteten in operativen Ermittlungsgruppen nicht mehr zur Anwendung kommen zu lassen. Das An- dauern der Abschottung der Polizei vor der Verantwort- lichkeit für ihr Tun wäre auch ein Anachronismus gewe- sen. Hier kommen wir langsam auf normales rechtsstaatli- ches Niveau. Das muss aber noch ausgebaut werden, zu- mal der Beschluss eine ganze Menge an Kompetenzzu- wachs für Europol bringen soll. Wir erwarten, dass ein neuer rechtlicher Rahmen für Europol eine Kriminali- tätsbekämpfung mit Augenmaß gewährleistet und den Schutz der Bürgerrechte sichert. Diesen Anforderungen hält der Vorschlag auch nach den Kompromissen zwi- schen den ständigen Vertretern bislang nicht stand. Denn wie erklärt es sich, dass die Zuständigkeit von Europol von bisher „organisierter“ auf „schwere“ Kriminalität er- weitert wird? Die schwere Kriminalität ist dabei sicher nur der Anfang. Wenn wir die Zuständigkeit von Euro- pol erweitern, werden zukünftig weitere Ausweitungen diskutiert werden. Am Ende haben wir das allzuständige Europäische Polizeiamt. Polizeiarbeit ist und bleibt aber Sache der Mitgliedsstaaten. Europol soll dabei eine Hilfe sein, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Diese Koordinierungs- und Unterstützungsfunktion ist naturgemäß begrenzt. Deshalb wundere ich mich, wieso in dem Entwurf Europol die Möglichkeit gegeben werden soll, Daten von privaten Stellen nahezu unkon- trolliert entgegennehmen zu dürfen. Mir stellen sich da doch ein paar Fragen, zum Beispiel nach der Seriosität solcher privaten Quellen und ihrer Aussagekraft. Wie lange dürfen diese Daten gespeichert werden und wann sind sie zu löschen? Darauf finde ich in dem Ent- wurfstext bislang keine befriedigenden Antworten und ich sehe auch nicht, dass die Bundesregierung den Da- tenschutz bei Europol zu ihren primären Verhandlungs- zielen erklärt hätte. Mit der vorliegenden Ermächtigung wird Europol jedenfalls zum Datenstaubsauger, der Dos- siers über alles und jedes anlegen kann. Deshalb fordern wir, dass Europol Daten von privaten Stellen nur unter strengen Bedingungen aufnehmen darf. Weiter möchten wir, dass dieses Verfahren mit gerichtli- cher Kontrolle und der Überprüfung der Datenverarbei- tung in den Mitgliedstaaten einhergeht, und dass ferner auch die Weitergabe von Daten an Drittstaaten strengen Restriktionen unterworfen wird. Der Europäische Daten- schutzbeauftragte hat dazu im Übrigen das Notwendige gesagt. Auch beim Datenschutz müssen wir zu allge- mein üblichen rechtsstaatlichen Standards bei Europol kommen. Das Beispiel zeigt: Die Behörde muss transparenter werden. Vor allem aber brauchen wir gerichtliche Kon- trolle. Es kann nicht sein, dass Europol-Mitarbeiter an gemeinsamen Ermittlungsgruppen aktiv mitwirken dür- fen, an polizeilichen Maßnahmen teilhaben und dann keine klaren Regeln für eine gerichtliche Verantwortlich- keit besteht. Dass Handlungen von Europol nach wie vor allenfalls dann gerichtlich kontrolliert werden können, wenn die Mitgliedsstaaten es gnadenhalber zulassen, ist nicht mehr zeitgemäß. Ein Relikt aus den Zeiten des Europas der Diploma- ten und Beamten ist auch noch, dass im Beschluss eine – nur wohlwollend gering zu nennende – politische Kon- trolle vorgesehen ist. Die Rechte des Europäischen Par- laments müssen umfassender gestärkt werden. Das Min- deste ist hier eine Mitwirkung bei der Wahl des Europol- Direktors und ein umfassendes Fragerecht. All das zeigt: Wir brauchen ein Europa der Bürger und der Bürgerrechte, auch und gerade bei Europol. Ein vernünftiger Datenschutz ist der Anfang. Gerichtliche und politische Kontrolle sind in der Gewaltenteilung ei- gentlich selbstverständlich. Was wir dagegen nicht brau- chen, ist ein europäisches FBI. Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi- nister des Innern: Seit Inkrafttreten der Europol-Kon- vention im Jahr 1998 liefert das Europäische Polizeiamt ein sehr gutes Beispiel institutionalisierter europäischer Zusammenarbeit. Die Koordinierung der Arbeit nationa- ler Polizeibehörden sowie die Förderung des Informa- tionsaustauschs zwischen ihnen ist dabei die zentrale Aufgabe Europols. Die Erweiterung der EU zum 1. Januar 2007, der suk- zessive Abbau der Binnengrenzen, vor allem aber die Bedrohung unserer Gemeinschaft durch internationalen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2008 16055 (A) (C) (B) (D) Terrorismus und grenzübergreifende Kriminalität ver- langen, dass angesichts dieser Herausforderungen die polizeiliche Kooperation in Europa verbessert wird. Bereits mit Inkrafttreten des zweiten und dritten Än- derungsprotokolls zur Europol-Konvention im Jahr 2007 wurde Europol weiter an die Anforderungen moderner Kriminalitätsbekämpfung angepasst und seine Effizienz maßgeblich gesteigert. So ermöglicht etwa das zweite Änderungsprotokoll Europol die Teilnahme an gemeinsamen Ermitt- lungsteams der EU-Mitgliedstaaten und verleiht Europol das Recht diese um die Einleitung von Ermittlungen zu ersuchen. Das dritte Änderungsprotokoll eröffnet Europol unter anderem die Möglichkeit, Experten aus Drittstaaten in einer Analysegruppe der EU-Mitgliedstaaten bei Euro- pol mitarbeiten zu lassen. Aus Sicht der Bundesregie- rung ist es wichtig, dass von den neu geschaffenen Mög- lichkeiten in der praktischen Arbeit auch tatsächlich Gebrauch gemacht wird. Dies gilt insbesondere für die Beteiligung von Europol an gemeinsamen Ermitt- lungsteams, von der bislang nur sehr zögerlich Gebrauch gemacht wird. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung wollen wir die durch einen Ratsbeschluss angestrebte Überführung Europols in den Rechtsrahmen der EU dazu nutzen, Eu- ropol weiter operativ zu stärken. Im Rahmen der Sitzung des Rates der Justiz- und Innenminister im Juni 2007 konnte bereits Einigkeit erzielt werden, dass der Zustän- digkeitsbereich von Europol ausgeweitet wird, so dass zum Beispiel etwa die Verbreitung von Kinderpornogra- fie über das Internet, schwere Störung der öffentlichen Sicherheit durch reisende Gewalttäter, Hooligans usw. erfasst sind. Auch für eine Beratung und Unterstützung durch Europol bei europäischen Großveranstaltungen besteht Bedarf. Dies sind Kriminalitätsphänomene, die nicht notwen- dig in organisierter Form begangen werden. Gleichwohl müssen die Bürger in der Union auch vor nichtorgani- sierter schwerer Kriminalität geschützt werden. Um es daher deutlich zu sagen: Ich sehe es geradezu als ein rechtsstaatliches Gebot an, das Mandat Europols gene- rell auf Fälle schwerwiegender grenzüberschreitender Kriminalität auszuweiten, um auch insoweit eine effek- tive Verbrechensbekämpfung zu ermöglichen. Die Bundesregierung verkennt freilich nicht, dass durch die Ausweitung der Tätigkeit Europols die Sorge wächst, dass Aufgabenerweiterungen ohne eine entspre- chende Kontrolle und rechtsstaatliche Absicherung er- folgen. Diese Sorge ist jedoch unbegründet. Um eines vorab vorab klarzustellen: Europol wird auch zukünftig keine Zwangsmaßnahmen durchführen. Und dort, wo Europol-Bedienstete an gemeinsamen Er- mittlungsgruppen teilnehmen, werden sie keine Immuni- tät genießen. Die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten haben sich immer dagegen ausgesprochen, Europol-Be- diensteten, die an gemeinsamen Ermittlungsgruppen teilnehmen, Immunität zu gewähren. Es ist ein großer Erfolg unserer Bemühungen, dass die Europäische Kom- mission mittlerweile auf diese zentrale Forderung der Mitgliedstaaten eingegangen ist. Im Laufe der Beratungen in den europäischen Gre- mien zum Europol-Ratsbeschluss wurde auch berück- sichtigt, dass der Informationsaustausch strikter daten- schutzrechtlicher Regeln bedarf und eine demokratische Kontrolle Europols durch das Europäische Parlament notwendig ist. Zunächst zur Frage des Datenschutzes: Wo es um den Datenaustausch zwischen Europol und Drittstaaten bzw. Drittstellen geht, wurden hohe Hürden errichtet. Damit ein Datenaustausch mit Drittstaaten und Drittstellen überhaupt möglich ist, müssen folgende Voraussetzun- gen erfüllt sein: Die Staaten bzw. Stellen müssen zu- nächst in eine Liste aufgenommen werden, die vom Rat beschlossen wird. Zuvor muss der Rat hierzu das Euro- päische Parlament anhören. Erst auf der Grundlage eines solchen Listeneintrags kann Europol mit Drittstaaten und Drittstellen Kooperationsabkommen schließen, und erst auf der Grundlage eines solchen Kooperationsab- kommens ist ein Datenaustausch möglich. Damit wurde nach meiner Überzeugung eine Regelung geschaffen, die dem Datenaustausch mit Drittstaaten und Drittstellen eine größtmögliche Transparenz verschafft, ohne opera- tive Belange zu beeinträchtigen. Bei der Frage der Datenverarbeitung durch Europol werden wir im Ratsbeschluss die ganz eindeutige Rege- lung haben, dass Daten, von denen noch nicht klar ist, ob sie für die Aufgabenerfüllung von Europol relevant sind, weder im Informationssystem noch in den Analysear- beitsdateien gespeichert werden dürfen. Auch die Frage, wie lange die Speicherung von Daten erforderlich ist, hat im Entwurf des Ratsbeschlusses Berücksichtigung ge- funden: Analysedateien dürfen danach nicht länger als drei Jahre gespeichert werden. Schließlich wird auch das Recht auf Auskunft im Ratsbeschluss verankert sein. Die Möglichkeit, Aus- kunftsersuche abzulehnen, wird nur bestehen, wenn die Tätigkeit von Europol, nationale Ermittlungen, die öf- fentliche Sicherheit und Ordnung oder Rechte Dritter ge- fährdet würden. Darüber hinaus wird jede Person das Recht haben, die Gemeinsame Kontrollinstanz anzuru- fen, um eine eventuelle Speicherung und Verarbeitung ihrer Daten überprüfen zu lassen. Für den Fall, dass ge- speicherte Daten nicht korrekt sind oder Daten unrecht- mäßig gespeichert wurden, wird ein Anspruch auf Be- richtigung bzw. Löschung existieren. Ohne dass ich die einzelnen datenschutzrechtlichen Mechanismen noch weiter ausbreiten möchte, lässt sich doch mit Fug und Recht sagen, dass die Balance zwi- schen dem operativ notwendigen Austausch von Infor- mationen und dem Recht des Einzelnen auf Schutz sei- ner persönlichen Daten sehr gut gewahrt ist. Doch lassen Sie mich, bevor ich zum Ende komme, noch einige Worte über die demokratische Kontrolle Eu- ropols verlieren: Wie ich schon vorhin erwähnt hatte, ist das Europäische Parlament bereits eingebunden, wenn darüber zu entscheiden ist, mit welchen Drittstaaten und 16056 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2008 (A) (C) (B) (D) Drittstellen Europol Kooperationsabkommen soll ab- schließen können. Darüber hinaus wurde in den Entwurf des Europol- Ratsbeschlusses eine Bestimmung aufgenommen, wo- Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unions- dokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Be- ratung abgesehen hat. nach der Europol-Verwaltungsrat innerhalb von vier Jah- ren nach Inkrafttreten des Ratsbeschlusses sowie danach in einem regelmäßigen Rhythmus eine externe Evaluie- rung der Tätigkeit Europols in Auftrag geben muss. Der Evaluierungsbericht muss dann der Kommission, dem Rat sowie dem Europäischen Parlament vorgelegt wer- den. Lassen Sie mich zusammenfassen: Die operative Stär- kung Europols ist angesichts der aktuellen Herausforde- rungen notwendig. Die gebotenen rechtsstaatlichen Ab- sicherungen und die demokratische Kontrolle Europols wurden dabei berücksichtigt. Wenn daher an die Bundes- regierung die Aufforderung gerichtet werden soll, zur rechtsstaatlichen Verbesserung von Europol beizutragen, so möchte ich dem entgegnen: Bei der Abwägung von operativen Belangen und rechtlichem Schutz haben wir bereits das Optimum erreicht. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit- geteilt, dass sie die Anträge Für mehr Klimaschutz im Verkehr – Kfz-Steuer auf CO2-Ausstoß umstellen auf Drucksache 16/4431 und Das deutsche Filmerbe sichern auf Drucksache 16/8215 zurückzieht. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Straßenbaubericht 2006 – Drucksache 16/3984 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Straßenbaubericht 2007 – Drucksache 16/7394 – Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik- folgenabschätzung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Aufstieg durch Bildung – Qualifizierungsinitiative der Bundesregierung – Drucksache 16/7750 – Auswärtiger Ausschuss Drucksache 16/7393 Nr. A.26 Ratsdokument 13036/07 Drucksache 16/7817 Nr. A.21 Ratsdokument 15616/07 Innenausschuss Drucksache 16/7223 Nr. A.7 Ratsdokument 14094/07 Drucksache 16/7905 Nr. A.15 Ratsdokument 16611/07 Finanzausschuss Drucksache 16/7817 Nr. A.16 Ratsdokument 15672/07 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 16/7817 Nr. A.31 Ratsdokument 16256/07 Drucksache 16/7905 Nr. A.7 Ratsdokument 16466/07 Drucksache 16/7905 Nr. A.8 Ratsdokument 16476/07 Drucksache 16/8135 Nr. A.3 Ratsdokument 16782/07 Drucksache 16/8135 Nr. A.4 Ratsdokument 16783/07 Drucksache 16/8135 Nr. A.5 Ratsdokument 16784/07 Drucksache 16/8135 Nr. A.6 Ratsdokument 16785/07 Drucksache 16/8135 Nr. A.30 Ratsdokument 5310/08 Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 16/7393 Nr. A.6 EuB-EP 1573; P6_TA-PROV(2007)0423 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 16/6389 Nr. I.42 Ratsdokument 11497/07 Drucksache 16/7223 Nr. A.8 Ratsdokument 14110/07 Drucksache 16/7393 Nr. A.17 Ratsdokument 14235/07 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 16/8135 Nr. A.41 EuB-EP 1630; P6_TA-PROV(2008)0577 152. Sitzung Berlin, Freitag, den 14. März 2008 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Maria Eichhorn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

    freue mich, dass noch einige Kolleginnen und Kollegen
    hier sind, um über dieses wichtige Thema zu diskutieren.

    Die Kollegin Lenke hat schon ausgeführt, dass sich
    bereits in der 14. und 15. Legislaturperiode Abgeordnete
    aus allen Fraktionen für eine Regelung der anonymen
    Geburt eingesetzt haben – leider ohne Erfolg. Im ersten
    Fall ist der Gesetzentwurf nicht zum Tragen gekommen,
    im zweiten Fall war die Legislaturperiode zu schnell zu
    Ende, als dass man zu einem Ergebnis hätte kommen
    können. Es war uns daher wichtig, in der Koalitionsver-
    einbarung festzuhalten, dass hier Handlungsbedarf be-
    steht.

    In der Vergangenheit und auch heute hat sich die Dis-
    kussion auf zwei Kernprobleme zugespitzt: Erstens.
    Kann eine rechtliche Absicherung der anonymen Geburt
    tatsächlich Leben retten? Zweitens. Welche Bedeutung
    kommt dem Recht auf Wissen um die eigene Abstam-
    mung zu? Ich sage ganz klar: Das Recht auf Leben hat
    Vorrang vor dem Recht auf Wissen um die eigene Ab-
    stammung.


    (Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Um die offenen Fragen zu klären und bei dieser The-
    matik weiterzukommen, hat das Bayerische Staatsminis-
    terium für Arbeit und Sozialordnung eine Studie in Auf-
    trag gegeben, deren Ergebnisse im Herbst letzten Jahres
    veröffentlicht wurden. Gegenstand ist das Moses-Pro-
    jekt, das Frauen in Bayern die anonyme Geburt ermög-
    licht. Fazit dieser Studie ist:

    Die Bedeutung des Projekts wird hoch eingeschätzt.
    Das Fallaufkommen ist Gott sei Dank nicht hoch; das
    Projekt leistet aber Unterstützung in sehr prekären Le-
    benslagen. Es gibt keine klar definierte Zielgruppe.

    Von hoher Bedeutung ist die Beratung, da nahezu
    keine Frau einen Partner hat, der sie unterstützt. Entwe-






    (A) (C)



    (B) (D)


    Maria Eichhorn
    der wissen die Väter nichts von der Schwangerschaft,
    oder sie lehnen das Kind ab. Auch das soziale Umfeld ist
    keine Hilfe. Da eher harte Sanktionen zu erwarten sind,
    soll niemand von der Schwangerschaft erfahren.

    Viele der Frauen sind jung, haben keine Ausbildung
    und leben in schwierigen materiellen Verhältnissen. Sie
    sind oft überfordert, und manche sind suchtabhängig.

    Die materiellen Probleme wären behebbar. Aber die
    sozialen Sanktionen scheinen unüberwindbar. Die
    Frauen haben Angst vor Stigmatisierung, wenn sie ihr
    Kind offiziell zur Adoption freigeben würden. Es geht in
    der Regel um sehr tragische Lebenssituationen.

    Auf unsere Initiative hin hat Frau Bundesministerin
    von der Leyen zugesagt, eine Anschlussstudie in Auftrag
    zu geben. Diese ist zurzeit in Arbeit.

    Die Große Anfrage der FDP bringt neue Erkennt-
    nisse; sie macht aber auch deutlich, dass es aufgrund der
    Anonymität bei vielen Fragen schwierig ist, Aussagen
    zu treffen. Denn die Anonymität steht im Vordergrund.

    Warum muss die anonyme Geburt gesetzlich geregelt
    werden? Die anonyme Geburt soll die psychosoziale und
    medizinische Begleitung der Mutter ermöglichen, um
    ein Kind besser vor Aussetzung oder Tötung während
    oder nach der Geburt zu schützen. Es geht um die Si-
    cherstellung der medizinischen Versorgung von Mutter
    und Kind vor und während der Geburt auch in den Fäl-
    len, in denen Frauen glauben, ihre Schwangerschaft ver-
    heimlichen zu müssen, und zumindest zu diesem Zeit-
    punkt keine Möglichkeit für ein Leben mit dem Kind
    sehen.

    Davon strikt zu unterscheiden ist die Babyklappe, in
    denen Frauen ihr Kind unerkannt ablegen können. Die-
    ses Angebot lässt schwangere Frauen vor und während
    der Geburt in medizinischer und sozialer Hinsicht allein.
    Heute erfolgen 30 Prozent aller Entbindungen durch
    Kaiserschnitt. Es ist nicht auszudenken, was passiert,
    wenn Frauen allein oder ohne medizinische Hilfe entbin-
    den würden. Die damit verbundene Gefahr für Mutter
    und Kind ist groß. Nicht selten finden solche Geburten
    unter unwürdigen Bedingungen statt.

    Die geltende Rechtsordnung sieht eine anonyme Ge-
    burt nicht vor. Darauf hat Frau Lenke schon hingewie-
    sen. Wer die begleitete anonyme Geburt im Interesse des
    vorrangigen Lebensschutzes praktiziert, begibt sich der-
    zeit in eine rechtlich schwierige Lage. Er agiert am
    Rande der Legalität und kann jederzeit von Strafverfol-
    gung betroffen sein.

    Was schwangere Frauen dazu drängt, anonym zu ge-
    bären, entspricht im Grunde dem Schwangerschaftskon-
    flikt nach § 219 StGB. Dieser wird aber häufig erst nach
    Ablauf der Zwölfwochenfrist festgestellt, entweder weil
    die Schwangerschaft verdrängt wird oder die Schwan-
    gere keine Möglichkeit sieht, vor der zwölften Woche
    eine Beratungsstelle aufzusuchen.

    Manche sehen die Gefahr, dass die anonyme Geburt
    sozusagen als Billigangebot genutzt wird, man sich also
    aus missbilligenswerten Gründen den Pflichten für das
    Kind entzieht. In den bisherigen Fällen befanden sich die
    Schwangeren überwiegend in extremen Lebenssituatio-
    nen. Im Übrigen bekennen sich zum Beispiel beim Mo-
    ses-Projekt 80 Prozent der Frauen nach der Geburt zu ih-
    rem Kind. Das ist sicherlich auf die intensive Beratung
    und Begleitung durch die Schwangerschaftskonfliktbe-
    ratungsstellen zurückzuführen, denen es in der Regel ge-
    lingt, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und die Ei-
    genkräfte und das Selbstbewusstsein der betroffenen
    Frau so weit zu stärken, dass sie sich zu ihrem Kind be-
    kennen kann.

    Die Panik, die vor der Geburt herrschte, stellt sich an-
    ders dar, wenn das Kind da ist. Das Moses-Projekt in
    Bayern zeigt, dass die Möglichkeit zum anonymen Ge-
    bären wirklich eine Hilfe sein kann. Zur Beschränkung
    auf Extremfälle trägt sicherlich auch der von der Berate-
    rin unterzeichnete Schutzbrief bei, den die schwangere
    Frau – im Fall Bayern von Donum Vitae – erhält. Darin
    bestätigt die Beraterin, dass es sich tatsächlich um eine
    besondere, extreme Notsituation handelt.

    Es wird oft behauptet, das Angebot einer anonymen
    Geburt erreiche die Frauen in ihrer psychischen und pa-
    nikartigen Ausnahmesituation nicht. Die begleitete ano-
    nyme Geburt, bei der die Frau bereits vor der Entbin-
    dung nicht alleine gelassen wird, will Panik erst gar
    nicht entstehen lassen. Hierin besteht der Unterschied
    zur Babyklappe, in die die Mutter das Kind erst nach der
    Geburt legt. Viele Gegner unterscheiden nicht zwischen
    diesen beiden Möglichkeiten.

    Das Problem des beeinträchtigten Rechts auf Her-
    kunftskenntnis, das Verfassungsrang hat, versucht
    Donum Vitae mit dem Moses-Projekt dadurch zu lösen,
    dass die Beraterin der Mutter in den Gesprächen vor und
    nach der Entbindung nahelegt, ihren Namen für das
    Kind und Angaben über weitere Umstände im sicheren
    Tresor der Beratungsstelle zu hinterlassen. Das Recht
    auf Herkunftskenntnis muss im Übrigen gegenüber dem
    Ziel des Lebensschutzes abgewogen werden. Der Euro-
    päische Gerichtshof hat im Jahre 2003 ein ganz klares
    Urteil zugunsten des Lebensschutzes gefällt. Das muss
    für uns maßgebend sein.


    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Eine Änderung von Gesetzesbestimmungen sollte
    mehr Klarheit schaffen und das Risiko der Strafverfol-
    gung der mit der begleiteten anonymen Geburt befassten
    Personen verringern. Dabei sind bisherige, beispiels-
    weise mit dem Moses-Projekt gemachte Erfahrungen
    durchaus hilfreich.

    Wie geht es weiter? Die Erkenntnis aus der Großen
    Anfrage und die Machbarkeitsstudie bestätigen den
    Auftrag der Koalitionsvereinbarung. Wir müssen die
    rechtlichen Grauzonen endlich beseitigen und alle An-
    strengungen unternehmen, damit der Auftrag der Koali-
    tionsvereinbarung noch in dieser Legislaturperiode er-
    füllt werden kann. Das liegt nicht nur im Interesse der
    Mütter, die sich in extremen Lebenssituationen befinden,
    sondern dient auch dem Lebensschutz. Der Schutz des
    menschlichen Lebens, insbesondere der Schutz ungebo-






    (A) (C)



    (B) (D)


    Maria Eichhorn
    rener und geborener Kinder, hat für uns höchste Priori-
    tät.


    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

Das Wort hat die Kollegin Dr. Barbara Höll von der

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Barbara Höll


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Mein Dank richtet sich an die FDP für die Große An-
    frage, die wirklich umfassend ist. Ich danke aber auch
    der Bundesregierung – das trifft bei der Beantwortung
    von Anfragen ja nicht immer zu – für die überraschend
    offenen Antworten. Frau Eichhorn, die Antworten ma-
    chen aber deutlich, dass Sie zu kurz greifen – und das ist
    ein Problem –, wenn Sie als einzige Begründung für Ihr
    Vorhaben anführen, Lebensrecht gehe vor Abstam-
    mungsrecht. Die Tatsache, dass wir in Deutschland kon-
    stant etwa 25 Babytötungen pro Jahr haben – das hat
    sich leider in den letzten sieben Jahren nicht verändert –,
    und alle weiteren Ausführungen zeigen klar, dass die
    Fragen nicht beantwortet werden können, ob bei Umset-
    zung Ihres Vorhabens tatsächlich Kindstötungen verhin-
    dert werden, welche neuen Probleme auftreten und wel-
    che Wirkung das auf das Verhältnis zwischen Müttern
    und Kindern hat. Ich denke, die vorliegenden Antworten
    ermöglichen uns eine sachliche und unaufgeregte Dis-
    kussion. Aber diese muss ehrlich geführt werden.

    Ein Hauptproblem besteht darin: Es handelt sich um
    Ausnahmehandlungen. Frauen befinden sich in einer Si-
    tuation, in der sie von anderen Angeboten nicht erreicht
    werden. Es stellen sich also die Fragen: Müssen wir
    nicht verstärkt über andere, vorgeschaltete Angebote dis-
    kutieren? Geht es wirklich nur um eine anonyme Ge-
    burt? Oder führt eine anonyme Geburt nicht zu einer
    Anonymisierung des Verhältnisses zwischen Mutter und
    Kind? Wenn es so sein sollte: Will man das tatsächlich
    legalisieren? Man sollte also wesentlich intensiver
    schauen, wie man Möglichkeiten zu einer geheimen Ge-
    burt schafft. Das Recht des Kindes auf Abstammung ist
    ein wesentliches Recht, und man kann es gerade in die-
    sem Problemkreis nicht gegen etwas anderes ausspielen
    oder abwägen.


    (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mit dem Lebensrecht?)


    Ich halte die anonymisierende Geburt tatsächlich für
    ein Problem. Die nur sehr lückenhaft vorhandenen Er-
    gebnisse stellen klar, dass es den Frauen zum großen Teil
    eigentlich nicht um ihre eigene Anonymität geht, son-
    dern um Anonymität in ihrem Umfeld. Das ist in der
    Antwort auf Frage 2 klar ausgeführt:

    In der Regel geht es den betroffenen Frauen nicht
    um Anonymität, sondern um Vertraulichkeit im
    Umgang mit ihrer besonderen Situation.

    Das ist der entscheidende Punkt.
    In diesem Zusammenhang muss man sich natürlich
    auch um andere Aspekte kümmern, die mir sowohl in
    den Fragen und somit auch in den Antworten viel zu
    kurz kommen, nämlich: Warum sprechen wir hier immer
    nur über die Frauen? Muss man an dieser Stelle nicht
    noch einmal das Geschlechterverhältnis wesentlich stär-
    ker thematisieren? Warum kommen Frauen in eine sol-
    che Situation? Wie kann es sein, dass sie eine Schwan-
    gerschaft als Schande verstehen, dass ihr Recht auf
    körperliche Unversehrtheit für sie aufgrund ihrer kon-
    kreten Lebenssituation infrage gestellt ist?

    Wir als Linke fordern hierzu eine wirklich sachliche,
    unaufgeregte Diskussion. Dabei muss man weitergehen;
    diese kann man nicht auf Babyklappe und anonymisie-
    rende Geburt beschränken. Vielmehr müssen wir überle-
    gen, wie wir flächendeckende, zielgerichtete Unterstüt-
    zungsangebote zur Prävention von Notsituationen schaffen
    können. Es war doch zu erkennen, dass diese Möglich-
    keiten gerade Frauen nutzen, die keinen gesicherten
    Aufenthaltsstatus haben. Es geht also auch darum, wie
    man sie erreichen kann. Es bedarf auch besserer Infor-
    mationen zur legalen Adoption und zu Möglichkeiten
    der Pflege sowie einer höheren gesellschaftlichen Ak-
    zeptanz von Adoptionen. Es geht um die Frage der Stär-
    kung der reproduktiven Rechte. Sozial benachteiligte
    Frauen haben keinen ungehinderten Zugang zu kosten-
    freien Verhütungsmitteln. Auch das ist ein Problem, über
    das man in diesem Zusammenhang reden muss.
    Schließlich halte ich es für sehr kritisch, wenn Werbe-
    kampagnen für Babyklappen durchgeführt werden, aber
    gleichzeitig weniger Geld für Aufklärungsangebote über
    legale Hilfsangebote bereitgestellt wird.

    In diesem Sinne meine ich, dies ist ein großes Feld
    von Anforderungen, die wir aber gemeinsam erfolgreich
    bewältigen können; dies wird auch die weitere Debatte
    ergeben.

    Ich danke Ihnen.


    (Beifall bei der LINKEN)