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ID1615210200

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    Plenarprotokoll 16/152 – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 16/8522) . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit – zu dem Antrag der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Nicole Maisch, Birgitt Bender, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Finanzielle Nachhaltig- keit und Stärkung der Verbraucher – Für eine konsequent nutzerorien- tierte Pflegeversicherung – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Klaus Ernst, Zusatztagesordnungspunkt 6: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Heinz Lanfermann, Birgit Homburger, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Ent- bürokratisierung der Pflege vorantreiben – Qualität und Transparenz der stationären Pflege erhöhen (Drucksachen 16/672, 16/6836) . . . . . . . . . . . Ulla Schmidt, Bundesministerin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heinz Lanfermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU) . . . . . . 15984 A 15984 B 15984 C 15986 B 15988 C Deutscher B Stenografisc 152. Si Berlin, Freitag, de I n h a Nachruf auf den ehemaligen Bundesminister der Justiz Hans Engelhard . . . . . . . . . . . . . . Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Dr. Hans Georg Faust . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur struk- turellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiter- entwicklungsgesetz) (Drucksachen 16/7439, 16/7486, 16/8525) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15983 A 15983 D 15983 D Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Für eine humane und solidarische Pflegeabsicherung undestag her Bericht tzung n 14. März 2008 l t : – zu dem Antrag der Abgeordneten Heinz Lanfermann, Daniel Bahr (Münster), Dr. Konrad Schily, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für eine zukunftsfest und ge- nerationengerecht finanzierte, die Selbstbestimmung stärkende, trans- parente und unbürokratische Pflege – zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Vierter Bericht über die Entwicklung der Pflegeversiche- rung (Drucksachen 16/7136, 16/7472, 16/7491, 16/7772, 16/8525) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit 15984 B Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15991 B 15992 D II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2008 Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Maria Eichhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Willi Zylajew (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . Hilde Mattheis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: a) Antrag der Abgeordneten Klaus Ernst, Dr. Lothar Bisky, Dr. Martina Bunge, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Riester-Rente auf den Prüf- stand stellen (Drucksache 16/8495) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken), Klaus Ernst, Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Wiederein- führung der Lebensstandardsicherung in der gesetzlichen Rente (Drucksachen 16/5903, 16/6921) . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gregor Amann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15994 D 15996 D 15997 B 15998 D 15999 B 16000 D 16002 B 16003 C 16004 B 16005 C 16006 C 16007 B 16007 D 16009 A 16010 A 16012 C 16012 C 16012 D 16014 C 16015 C 16016 D 16017 B 16018 A 16018 D 16020 A 16020 D 16021 C 16022 C Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . Jörg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu dem Antrag der Abge- ordneten Sibylle Pfeiffer, Dr. Christian Ruck, Dr. Wolf Bauer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU, der Abgeordne- ten Dr. Sascha Raabe, Gabriele Groneberg, Stephan Hilsberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Thilo Hoppe, Ute Koczy, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine neue, effektive und an den Bedürfnissen der Hungernden ausgerichtete Nahrungs- mittelhilfekonvention (Drucksachen 16/8192, 16/8485) . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl Addicks (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE) . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: Antrag der Abgeordneten Jürgen Trittin, Winfried Nachtwei, Alexander Bonde, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: NATO-Gipfel für Kurswechsel in Afghanistan nutzen (Drucksache 16/8501) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Holger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Hellmut Königshaus (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Detlef Dzembritzki (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . Gert Winkelmeier (fraktionslos) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 27: Große Anfrage der Abgeordneten Ina Lenke, Gisela Piltz, Sibylle Laurischk, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der FDP: Aus- wertungen der Erfahrungen mit anony- mer Geburt und Babyklappe (Drucksachen 16/5489, 16/7220) . . . . . . . . . . 16024 B 16026 A 16027 A 16028 C 16028 D 16030 B 16031 B 16033 B 16034 B 16035 B 16036 B 16036 C 16037 C 16039 A 16040 B 16041 D 16042 D 16043 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2008 III Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maria Eichhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Helga Lopez (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hellmut Königshaus (FDP) . . . . . . . . . . . . Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 28: Antrag der Abgeordneten Wolfgang Wieland, Volker Beck (Köln), Monika Lazar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Europol-Beschluss rechtsstaatlich verbessern (Drucksache 16/7742) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Europol-Beschluss rechtsstaat- lich verbessern (Tagesordnungspunkt 28) Wolfgang Gunkel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16043 C 16044 C 16046 A 16046 D 16047 A 16048 A 16048 D 16050 A 16050 C 16051 A 16051 D 16052 D 16053 D 16054 B 16054 D 16056 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2008 15983 (A) (C) (B) (D) 152. Si Berlin, Freitag, de Beginn: 9
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    1) Anlage 2 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2008 16051 (A) (C) (B) (D) Müller (Düsseldorf), SPD 14.03.2008 gleich zu Beginn festhalten, dass die Reform von Euro- pol jedoch nicht mit diesem Beschluss endet, sondern Michael Wolfgang Gunkel (SPD): Heute beraten wir einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der den Beschluss zur Errichtung des Europäischen Polizeiamtes an verschiedenen Punkten kritisiert. Lassen Sie mich Sabine Dr. Lippold, Klaus W. CDU/CSU 14.03.2008 Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 14.03.2008 Anlage 1 Liste der entschuldi Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Ackermann, Jens FDP 14.03.2008 Annen, Niels SPD 14.03.2008 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 14.03.2008 Bülow, Marco SPD 14.03.2008 Caspers-Merk, Marion SPD 14.03.2008 Dreibus, Werner DIE LINKE 14.03.2008 Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 14.03.2008 Fischer (Karlsruhe- Land), Axel E. CDU/CSU 14.03.2008 Freitag, Dagmar SPD 14.03.2008 Gloser, Günter SPD 14.03.2008 Golze, Diana DIE LINKE 14.03.2008 Groneberg, Gabriele SPD 14.03.2008 Großmann, Achim SPD 14.03.2008 Günther (Plauen), Joachim FDP 14.03.2008 Hajduk, Anja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.03.2008 Dr. Hemker, Reinhold SPD 14.03.2008 Hill, Hans-Kurt DIE LINKE 14.03.2008 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.03.2008 Hofbauer, Klaus CDU/CSU 14.03.2008 Dr. Hoyer, Werner FDP 14.03.2008 Leutheusser- Schnarrenberger, FDP 14.03.2008 Anlagen zum Stenografischen Bericht gten Abgeordneten Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Europol-Beschluss rechtsstaatlich verbessern (Tagesordnungs- punkt 28) Nitzsche, Henry fraktionslos 14.03.2008 Paula, Heinz SPD 14.03.2008 Pflug, Johannes SPD 14.03.2008 Raidel, Hans CDU/CSU 14.03.2008 Roth (Esslingen), Karin SPD 14.03.2008 Rupprecht (Tuchenbach), Marlene SPD 14.03.2008 Sager, Krista BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.03.2008 Dr. Schavan, Annette CDU/CSU 14.03.2008 Schily, Otto SPD 14.03.2008 Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 14.03.2008 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 14.03.2008 Dr. Schmidt, Frank SPD 14.03.2008 Schmitt (Berlin), Ingo CDU/CSU 14.03.2008 Steinbach, Erika CDU/CSU 14.03.2008 Dr. Stinner, Rainer FDP 14.03.2008 Strothmann, Lena CDU/CSU 14.03.2008 Ulrich, Alexander DIE LINKE 14.03.2008 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 14.03.2008 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 16052 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2008 (A) (C) (B) (D) noch weitere Verhandlungen stattfinden. Die Beratungen in der Ratsarbeitsgruppe Europol sowie dem Ausschuss nach Art. 36 des EU-Vertrages und dem Ausschuss der Ständigen Vertreter haben zu zahlreichen Veränderungen am Beschluss geführt. Insofern erübrigt sich der zu bera- tende Antrag in vielerlei Hinsicht. Lassen Sie mich im Folgenden auf einige der Kritik- punkte eingehen. Der Antrag der Grünen fordert erwei- terte Kontrollmöglichkeiten von Europol durch das Eu- ropäische Parlament. Dazu bleibt festzustellen, dass innerhalb von vier Jahren nach Inkrafttreten des Ratsbe- schlusses sowie danach in einem regelmäßigen Vier-Jah- res-Zeitraum eine externe Evaluierung zur Umsetzung des Ratsbeschlusses sowie zu Europol-Aktivitäten statt- finden soll. Der Evaluierungsbericht dieser Auswertung soll der Europäischen Kommission, dem Europäischen Rat und dem Europäischem Parlament vorgelegt werden. Insofern sehe ich die geforderte Beteiligung des Europäi- schen Parlaments gewährleistet. Der Antrag der Grünen fordert die Verbesserung der Rechte der Bürgerinnen und Bürger und kritisiert, dass das Recht auf Zugang zu den sie betreffenden Daten für jede Person erschwert ist. Der beanstandete Ratsbe- schluss nimmt in seiner derzeitigen Fassung Bezug auf die Europaratskonvention zum Schutz von Personen im Hinblick auf die automatisierte Datenverarbeitung vom 28. Januar 1981 sowie die Empfehlung No. R (87) 15 des Ministerkommitees des Europarates vom 17. Sep- tember 1987 und verpflichtet Europol auf Einhaltung dieser Prinzipien. In Art. 28, 30 und 31 des Ratsbe- schlusses werden Individualrechte hinsichtlich Datenzu- gang, Recht auf Berichtigung bzw. Löschung und Ver- fahren detailliert geregelt. Die Einrichtung eines Datenschutzbeauftragten und die enge Zweckbindung beim Datenschutz, wonach personenbezogene Daten nur für bereichsspezifisch und präzise festgelegte Zwecke gespeichert werden und nur im Rahmen dieser Zwecke verwendet werden dürfen, runden den Datenschutz ab. Weiterhin kritisiert der Antrag der Grünen, dass Euro- pol Daten von privaten Stellen nahezu unkontrolliert ent- gegennehmen darf. Es mangele dem Vorschlag der Kommission an klaren Vorgaben zur Datenverknüpfung und Kooperation zwischen Europol und Mitgliedstaaten oder EU-Einrichtungen. Hierzu bleibt jedoch festzuhal- ten, dass der Datenaustausch mit Drittstellen nur mit sol- chen Drittstellen erfolgt, die in eine vom Europäischen Rat nach Anhörung des Europäischen Parlaments gebil- ligte Liste aufgenommen wurden. Der Datenaustausch mit Dritten erfolgt in den EU-Mitgliedstaaten nur über nationale Kontaktstellen, in anderen Staaten, mit denen Europol Abkommen geschlossen hat, ebenfalls mit den dortigen Kontaktstellen. Private Dritte, mit denen Euro- pol Informationen austauschen will, müssen ebenfalls in die Liste aufgenommen werden, die vom Verwaltungsrat von Europol gebilligt werden muss. Der Antrag der Grünen fordert, dass Immunität für Europol-Bedienstete im Zusammenhang mit operativen Tätigkeiten bei gemeinsamen Ermittlungstruppen gene- rell und auch für bestehende Ermittlungsgruppen ausge- schlossen wird. Das Problem der Immunität ist mittler- weile zufriedenstellend gelöst. Die Kommission wird einen entsprechenden Vorschlag zur Änderung der EG- Verordnung 549769 vorlegen. Diese Verordnung legt un- ter anderem Gruppen von Beamten fest, die keine Immu- nität genießen. Dazu sollen zukünftig auch Europol- Beamte zählen, die an Gemeinsamen Ermittlungstrup- pen teilnehmen. Der Antrag der Grünen kritisiert außerdem, dass die Zuständigkeit von Europol unnötigerweise von „organi- sierte“ auf „schwere“ Kriminalität erweitert wird, und verlangt, dass Europol weiterhin ausschließlich für die organisierte Kriminalität zuständig ist. Die Ausweitung des Mandats ist jedoch erforderlich, weil es durchaus grenzüberschreitende Fälle schwerer Kriminalität gibt, die nicht gleichzeitig Fälle von organisierter Kriminalität sind. Bei der von den Grünen geforderten Beschränkung können wesentliche Bereiche der grenzüberschreitenden schweren Kriminalität nicht bekämpft werden. Zum Schluss beanstandet der uns hier vorliegende Antrag, dass das Abkommen keine Vorschriften über die zwingende gerichtliche Kontrolle der Maßnahmen von Europol enthält, sondern lediglich die Möglichkeit, durch einen Beschluss der Mitgliedstaaten Streitfragen dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. Eine zusätz- liche Aufnahme von Bestimmungen zur justiziellen Kontrolle von Europol ist nicht angezeigt, da insofern die allgemeinen Vorschriften Anwendung finden. Eine verstärkte, nur auf Europol zugeschnittene justizielle Kontrolle erscheint nicht erforderlich. Es lässt sich abschließend festhalten, dass die Ver- handlungen auf gutem Wege sind und erkennbar ist, dass sich die Bundesregierung für das Erreichen der berech- tigten Anliegen des Antrages einsetzt. Daher lehnt die SPD-Fraktion den vorgelegten Antrag ab. Gisela Piltz (FDP): In einem gemeinsamen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist die Zu- sammenarbeit der Sicherheitsbehörden unerlässlich. Eu- ropol ist damit ein zentraler Baustein der europaweiten Kriminalitätsbekämpfung. Wo Grenzen fallen, macht auch die Kriminalität nicht an nationalen Grenzen halt. Europol als Instrument zur Bekämpfung grenzüber- schreitender Kriminalität auszubauen und die Arbeit des europäischen Polizeiamtes zu verbessern, ist daher ein richtiges Anliegen. Die Bekämpfung der organisierten Kriminalität muss europaweit im Fokus der Innenpolitik stehen. Die Arbeit von Europol ist hier von großer Be- deutung. Schon längst besteht aber Reformbedarf bei der Ar- beit des europäischen Polizeiamtes. Mit dem Vorschlag der Kommission für einen Beschluss des Rates, Europol als Agentur der EU zu gestalten, ist die Notwendigkeit erkannt worden, dass das europäische Polizeiamt nicht mehr außerhalb der EU-Strukturen stehen darf, sondern Teil davon sein muss. Dies ist eine wichtige Vorarbeit angesichts der noch stärkeren Verankerung in den euro- päischen Strukturen durch den Vertrag von Lissabon: Denn nach Ratifizierung des Vertrags werden durch Ver- ordnungen im Rahmen eines ordentlichen Gesetzge- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2008 16053 (A) (C) (B) (D) bungsverfahrens von Rat und Europäischem Parlament der Aufbau, die Arbeitsweise, der Tätigkeitsbereich und die Aufgaben Europols festgelegt werden. Durch die Überführung Europols in eine europäische Agentur wer- den die Europol-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter zu EU-Beamtinnen und EU-Beamten. Es ist begrüßenswert, dass die mit diesem Status einhergehende Immunität bei der Teilnahme an gemeinsamen Ermittlungsgruppen auf- gehoben wird. Umso mehr gilt dies, wenn die Kompe- tenzen von Europol erweitert werden. Doch die grundsätzlichen Probleme der mangelnden parlamentarischen Kontrolle werden mit der Umgestal- tung von Europol in eine EU-Agentur vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon nicht gelöst. Denn die EU- Agenturen – darauf hat die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag bereits an anderer Stelle hingewiesen, so auch in unserem Antrag „Gerichtliche und parlamentari- sche Kontrolle von EU-Agenturen“ (Drucksache 16/8049) – kranken an einer nicht ausreichend ausgestalteten Kon- trolle durch das Europäische Parlament ebenso wie an fehlenden Rechtsschutzmöglichkeiten der EU-Bürgerin- nen und -Bürger gegenüber deren Maßnahmen. Zwar wird der Haushalt von Europol als EU-Agentur künftig dem Haushaltskontrollausschuss des Parlaments vorge- legt. Doch beklagen die EU-Parlamentarier die noch im- mer mangelhafte haushalterische Kontrolle der Agentu- ren und die ungelösten Probleme bei der Anwendung der Entlastungsregelungen. Die Ausweitung der Kontroll- rechte des Parlaments über das Haushaltsrecht ist mithin noch längst nicht ausreichend, um gerade im Bereich der Arbeit von Europol, mithin in einem Bereich, bei dem tief in Grundrechte Betroffener eingegriffen werden kann, den hohen rechtsstaatlichen Ansprüchen zu genü- gen, die wir an die EU stellen müssen. Unklar sind – wie allgemein bei EU-Agenturen – die Rechtsschutzmöglichkeiten. Wenn Europol mehr Kom- petenzen erhält, gilt umso mehr, dass die Rechte der Unionsbürgerinnen und -bürger durch eine ausreichende gerichtliche Kontrollmöglichkeit gewahrt werden. Es fehlt auf europäischer Ebene ein klares Bekenntnis zu ei- nem Rechtsschutzsystem beim Handeln von EU-Agen- turen. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch der künftige rechtliche Rahmen von Europol mit einigen Fragezei- chen zu versehen. Die Lösungen, die im vorliegenden Antrag der Fraktion der Grünen dargestellt werden, blei- ben jedoch leider im Vagen. Der Bundestag muss ein klares Signal senden – unsere Position darf sich nicht in Allgemeinplätzen erschöpfen. Gegebenenfalls wird es notwendig sein, sich vielleicht im Rahmen einer Anhö- rung intensiver mit der Rechtsschutzproblematik – und ebenso mit der parlamentarischen Kontrolle wie auch dem Datenschutz – zu befassen. Die Kompetenzerweiterungen für Europol müssen ohnehin einer kritischen Prüfung unterzogen werden. Organisierte Kriminalität ist ein typisches Feld grenz- überschreitender krimineller Strukturen. Hier besteht un- bestritten die Notwendigkeit für eine enge Ermittlungs- zusammenarbeit. Natürlich gibt es auch in anderen Bereichen Kriminalität, die nationale Grenzen über- schreitet, unter anderem natürlich auch im Bereich terro- ristischer Aktivitäten. Sofern Europol aber in diesen Be- reichen eigene Zuständigkeiten erhalten soll, ist es in besonderem Maße vordringlich, die Kontrollmöglichkei- ten zu verbessern. Mehr Befugnisse ohne mehr Kontrolle ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar. Da- her muss zuerst geklärt werden, wie die gerichtlichen und parlamentarischen Kontrollen verbessert werden können, bevor Europol einen Kompetenzzuwachs er- fährt. Der Ausbau von Europol zu einer echten europäi- schen Polizeibehörde ist richtig. Aber in einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist es Condi- tio sine qua non, dass der rechtsstaatliche Rahmen als Erstes bestimmt wird. Der Umgang mit dem Datenschutz ist ein Problem, das im Zusammenhang mit Europol und der dort schon heute bestehenden Datenbank leider nicht neu ist. Euro- pol darf nicht zum Ausweichhafen für eine Umgehung des Datenschutzes werden. Die Ausweitung der Daten- sammlungsbefugnisse von Europol insbesondere im Hinblick auf die Speicherung von Daten privater Stellen und von Drittstaaten ist höchst problematisch. Ich wage allerdings zu bezweifeln, dass diese Problematik von un- serer Bundesregierung überhaupt erkannt wird – denn wer schon hierzulande beständig versucht, die Daten- sammlungen diverser Sicherheits- und auch anderer Be- hörden auszuweiten, dem fehlt die notwendige Sensibili- tät. Und auch auf Ebene der EU-Kommission fehlt es am Bewusstsein und an der Achtung, dass mit personenbe- zogenen Daten kein Schindluder getrieben werden darf. Eine EU, die die Vorratsdatenspeicherung beschlossen hat, braucht klare Schranken und das wachsame Auge auch der nationalen Parlamente. Die Zukunft von Europol ist ein wichtiges Thema. Es ist gut, dass sich der Deutsche Bundestag heute und auch im Weiteren damit befasst. Petra Pau (DIE LINKE): Erstens. Europol ist ein Polizeiamt der Europäischen Union. Es soll die Bekämp- fung grenzüberschreitender Kriminalität koordinieren. Die Befugnisse von Europol sind vertraglich geregelt. Diese Regeln und der Status wurden mehrfach geändert. Darum geht es auch jetzt. Zweitens. Europol war nie unumstritten. Insbeson- dere aus bürgerrechtlichen und aus demokratischen Gründen stand Europol von Anfang an in der Kritik. Denn Mitarbeiter von Europol haben Sonderrechte und -vollmachten, die zum Beispiel mit dem deutschen Poli- zeirecht nicht vergleichbar sind. Drittens. Ich schicke das alles vorweg, um zu illus- trieren, warum Die Linke die aktuellen Änderungen sehr zwiespältig sieht. Europol entzieht sich weitgehend der öffentlichen, parlamentarischen und rechtlichen Kon- trolle. Das war so und daran wird sich auch nun nichts Wesentliches ändern. Viertens. Das wiederum führt zu einem weiteren Ma- kel. Europol schwebt auch beim Thema Datenschutz weitgehend im rechtsfreien Raum. Der großzügige Um- gang der Bundesregierung mit sensiblen Daten der Bür- gerinnen und Bürger hat ja ohnehin Konjunktur, was wir ablehnen. 16054 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2008 (A) (C) (B) (D) Fünftens. Trotz dieser strukturellen Defekte soll Eu- ropol nun noch mehr Befugnisse erhalten. Das ist sach- lich widersinnig und rechtsstaatlich nicht hinnehmbar. Dasselbe trifft auf Formulierungen zu, die höchst ausleg- bar sind und folglich nicht mehr, sondern weniger Si- cherheit bringen. Sechstens. Ursprünglich sollte Europol die grenzüber- schreitende „Organisierte Kriminalität“ bekämpfen. Künftig soll sich Europol auch der schweren Kriminali- tät widmen. Ich nehme nicht an, dass damit explizit die kriminelle Steuerhinterziehung der Zumwinkel & Co. gemeint ist. Siebtens. Grundsätzlich gilt für Die Linke: Je größer die Befugnisse von Europol sind, desto klarer muss der Auftrag von Europol definiert werden und desto gründli- cher muss die parlamentarische und rechtsstaatliche Kontrolle sein. Genau daran mangelt es aber. Achtens. Deshalb ist die Alternative für die Fraktion Die Linke übersichtlich. Entweder es bleibt beim vorlie- genden Beschluss zu Europol. Dann sagen wir Nein. Oder Europol wird auf eine rechtsstaatliche und bürger- rechtliche Basis gestellt. Dann sehen wir gerne weiter. Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das starre, an die Einstimmigkeit gebundene, Europol- Übereinkommen von 1995 soll durch einen flexibleren Ratsbeschluss ersetzt werden. Auch wir finden: Jeder Umbau tut dem noch viel zu wenig kontrollierten Poli- zeiamt gut. Denn das ist ein guter Anlass, um für mehr Rechtsstaatlichkeit bei dieser EU-Behörde zu sorgen. Unsere Forderungen haben wir in einem Antrag nieder- gelegt. Einen Punkt auf unserer Liste hat die Bundesre- gierung sogar schon abgearbeitet. Es ist ihr bei den Ver- handlungen im Rat gelungen, die Immunität der Europol-Bediensteten in operativen Ermittlungsgruppen nicht mehr zur Anwendung kommen zu lassen. Das An- dauern der Abschottung der Polizei vor der Verantwort- lichkeit für ihr Tun wäre auch ein Anachronismus gewe- sen. Hier kommen wir langsam auf normales rechtsstaatli- ches Niveau. Das muss aber noch ausgebaut werden, zu- mal der Beschluss eine ganze Menge an Kompetenzzu- wachs für Europol bringen soll. Wir erwarten, dass ein neuer rechtlicher Rahmen für Europol eine Kriminali- tätsbekämpfung mit Augenmaß gewährleistet und den Schutz der Bürgerrechte sichert. Diesen Anforderungen hält der Vorschlag auch nach den Kompromissen zwi- schen den ständigen Vertretern bislang nicht stand. Denn wie erklärt es sich, dass die Zuständigkeit von Europol von bisher „organisierter“ auf „schwere“ Kriminalität er- weitert wird? Die schwere Kriminalität ist dabei sicher nur der Anfang. Wenn wir die Zuständigkeit von Euro- pol erweitern, werden zukünftig weitere Ausweitungen diskutiert werden. Am Ende haben wir das allzuständige Europäische Polizeiamt. Polizeiarbeit ist und bleibt aber Sache der Mitgliedsstaaten. Europol soll dabei eine Hilfe sein, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Diese Koordinierungs- und Unterstützungsfunktion ist naturgemäß begrenzt. Deshalb wundere ich mich, wieso in dem Entwurf Europol die Möglichkeit gegeben werden soll, Daten von privaten Stellen nahezu unkon- trolliert entgegennehmen zu dürfen. Mir stellen sich da doch ein paar Fragen, zum Beispiel nach der Seriosität solcher privaten Quellen und ihrer Aussagekraft. Wie lange dürfen diese Daten gespeichert werden und wann sind sie zu löschen? Darauf finde ich in dem Ent- wurfstext bislang keine befriedigenden Antworten und ich sehe auch nicht, dass die Bundesregierung den Da- tenschutz bei Europol zu ihren primären Verhandlungs- zielen erklärt hätte. Mit der vorliegenden Ermächtigung wird Europol jedenfalls zum Datenstaubsauger, der Dos- siers über alles und jedes anlegen kann. Deshalb fordern wir, dass Europol Daten von privaten Stellen nur unter strengen Bedingungen aufnehmen darf. Weiter möchten wir, dass dieses Verfahren mit gerichtli- cher Kontrolle und der Überprüfung der Datenverarbei- tung in den Mitgliedstaaten einhergeht, und dass ferner auch die Weitergabe von Daten an Drittstaaten strengen Restriktionen unterworfen wird. Der Europäische Daten- schutzbeauftragte hat dazu im Übrigen das Notwendige gesagt. Auch beim Datenschutz müssen wir zu allge- mein üblichen rechtsstaatlichen Standards bei Europol kommen. Das Beispiel zeigt: Die Behörde muss transparenter werden. Vor allem aber brauchen wir gerichtliche Kon- trolle. Es kann nicht sein, dass Europol-Mitarbeiter an gemeinsamen Ermittlungsgruppen aktiv mitwirken dür- fen, an polizeilichen Maßnahmen teilhaben und dann keine klaren Regeln für eine gerichtliche Verantwortlich- keit besteht. Dass Handlungen von Europol nach wie vor allenfalls dann gerichtlich kontrolliert werden können, wenn die Mitgliedsstaaten es gnadenhalber zulassen, ist nicht mehr zeitgemäß. Ein Relikt aus den Zeiten des Europas der Diploma- ten und Beamten ist auch noch, dass im Beschluss eine – nur wohlwollend gering zu nennende – politische Kon- trolle vorgesehen ist. Die Rechte des Europäischen Par- laments müssen umfassender gestärkt werden. Das Min- deste ist hier eine Mitwirkung bei der Wahl des Europol- Direktors und ein umfassendes Fragerecht. All das zeigt: Wir brauchen ein Europa der Bürger und der Bürgerrechte, auch und gerade bei Europol. Ein vernünftiger Datenschutz ist der Anfang. Gerichtliche und politische Kontrolle sind in der Gewaltenteilung ei- gentlich selbstverständlich. Was wir dagegen nicht brau- chen, ist ein europäisches FBI. Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi- nister des Innern: Seit Inkrafttreten der Europol-Kon- vention im Jahr 1998 liefert das Europäische Polizeiamt ein sehr gutes Beispiel institutionalisierter europäischer Zusammenarbeit. Die Koordinierung der Arbeit nationa- ler Polizeibehörden sowie die Förderung des Informa- tionsaustauschs zwischen ihnen ist dabei die zentrale Aufgabe Europols. Die Erweiterung der EU zum 1. Januar 2007, der suk- zessive Abbau der Binnengrenzen, vor allem aber die Bedrohung unserer Gemeinschaft durch internationalen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2008 16055 (A) (C) (B) (D) Terrorismus und grenzübergreifende Kriminalität ver- langen, dass angesichts dieser Herausforderungen die polizeiliche Kooperation in Europa verbessert wird. Bereits mit Inkrafttreten des zweiten und dritten Än- derungsprotokolls zur Europol-Konvention im Jahr 2007 wurde Europol weiter an die Anforderungen moderner Kriminalitätsbekämpfung angepasst und seine Effizienz maßgeblich gesteigert. So ermöglicht etwa das zweite Änderungsprotokoll Europol die Teilnahme an gemeinsamen Ermitt- lungsteams der EU-Mitgliedstaaten und verleiht Europol das Recht diese um die Einleitung von Ermittlungen zu ersuchen. Das dritte Änderungsprotokoll eröffnet Europol unter anderem die Möglichkeit, Experten aus Drittstaaten in einer Analysegruppe der EU-Mitgliedstaaten bei Euro- pol mitarbeiten zu lassen. Aus Sicht der Bundesregie- rung ist es wichtig, dass von den neu geschaffenen Mög- lichkeiten in der praktischen Arbeit auch tatsächlich Gebrauch gemacht wird. Dies gilt insbesondere für die Beteiligung von Europol an gemeinsamen Ermitt- lungsteams, von der bislang nur sehr zögerlich Gebrauch gemacht wird. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung wollen wir die durch einen Ratsbeschluss angestrebte Überführung Europols in den Rechtsrahmen der EU dazu nutzen, Eu- ropol weiter operativ zu stärken. Im Rahmen der Sitzung des Rates der Justiz- und Innenminister im Juni 2007 konnte bereits Einigkeit erzielt werden, dass der Zustän- digkeitsbereich von Europol ausgeweitet wird, so dass zum Beispiel etwa die Verbreitung von Kinderpornogra- fie über das Internet, schwere Störung der öffentlichen Sicherheit durch reisende Gewalttäter, Hooligans usw. erfasst sind. Auch für eine Beratung und Unterstützung durch Europol bei europäischen Großveranstaltungen besteht Bedarf. Dies sind Kriminalitätsphänomene, die nicht notwen- dig in organisierter Form begangen werden. Gleichwohl müssen die Bürger in der Union auch vor nichtorgani- sierter schwerer Kriminalität geschützt werden. Um es daher deutlich zu sagen: Ich sehe es geradezu als ein rechtsstaatliches Gebot an, das Mandat Europols gene- rell auf Fälle schwerwiegender grenzüberschreitender Kriminalität auszuweiten, um auch insoweit eine effek- tive Verbrechensbekämpfung zu ermöglichen. Die Bundesregierung verkennt freilich nicht, dass durch die Ausweitung der Tätigkeit Europols die Sorge wächst, dass Aufgabenerweiterungen ohne eine entspre- chende Kontrolle und rechtsstaatliche Absicherung er- folgen. Diese Sorge ist jedoch unbegründet. Um eines vorab vorab klarzustellen: Europol wird auch zukünftig keine Zwangsmaßnahmen durchführen. Und dort, wo Europol-Bedienstete an gemeinsamen Er- mittlungsgruppen teilnehmen, werden sie keine Immuni- tät genießen. Die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten haben sich immer dagegen ausgesprochen, Europol-Be- diensteten, die an gemeinsamen Ermittlungsgruppen teilnehmen, Immunität zu gewähren. Es ist ein großer Erfolg unserer Bemühungen, dass die Europäische Kom- mission mittlerweile auf diese zentrale Forderung der Mitgliedstaaten eingegangen ist. Im Laufe der Beratungen in den europäischen Gre- mien zum Europol-Ratsbeschluss wurde auch berück- sichtigt, dass der Informationsaustausch strikter daten- schutzrechtlicher Regeln bedarf und eine demokratische Kontrolle Europols durch das Europäische Parlament notwendig ist. Zunächst zur Frage des Datenschutzes: Wo es um den Datenaustausch zwischen Europol und Drittstaaten bzw. Drittstellen geht, wurden hohe Hürden errichtet. Damit ein Datenaustausch mit Drittstaaten und Drittstellen überhaupt möglich ist, müssen folgende Voraussetzun- gen erfüllt sein: Die Staaten bzw. Stellen müssen zu- nächst in eine Liste aufgenommen werden, die vom Rat beschlossen wird. Zuvor muss der Rat hierzu das Euro- päische Parlament anhören. Erst auf der Grundlage eines solchen Listeneintrags kann Europol mit Drittstaaten und Drittstellen Kooperationsabkommen schließen, und erst auf der Grundlage eines solchen Kooperationsab- kommens ist ein Datenaustausch möglich. Damit wurde nach meiner Überzeugung eine Regelung geschaffen, die dem Datenaustausch mit Drittstaaten und Drittstellen eine größtmögliche Transparenz verschafft, ohne opera- tive Belange zu beeinträchtigen. Bei der Frage der Datenverarbeitung durch Europol werden wir im Ratsbeschluss die ganz eindeutige Rege- lung haben, dass Daten, von denen noch nicht klar ist, ob sie für die Aufgabenerfüllung von Europol relevant sind, weder im Informationssystem noch in den Analysear- beitsdateien gespeichert werden dürfen. Auch die Frage, wie lange die Speicherung von Daten erforderlich ist, hat im Entwurf des Ratsbeschlusses Berücksichtigung ge- funden: Analysedateien dürfen danach nicht länger als drei Jahre gespeichert werden. Schließlich wird auch das Recht auf Auskunft im Ratsbeschluss verankert sein. Die Möglichkeit, Aus- kunftsersuche abzulehnen, wird nur bestehen, wenn die Tätigkeit von Europol, nationale Ermittlungen, die öf- fentliche Sicherheit und Ordnung oder Rechte Dritter ge- fährdet würden. Darüber hinaus wird jede Person das Recht haben, die Gemeinsame Kontrollinstanz anzuru- fen, um eine eventuelle Speicherung und Verarbeitung ihrer Daten überprüfen zu lassen. Für den Fall, dass ge- speicherte Daten nicht korrekt sind oder Daten unrecht- mäßig gespeichert wurden, wird ein Anspruch auf Be- richtigung bzw. Löschung existieren. Ohne dass ich die einzelnen datenschutzrechtlichen Mechanismen noch weiter ausbreiten möchte, lässt sich doch mit Fug und Recht sagen, dass die Balance zwi- schen dem operativ notwendigen Austausch von Infor- mationen und dem Recht des Einzelnen auf Schutz sei- ner persönlichen Daten sehr gut gewahrt ist. Doch lassen Sie mich, bevor ich zum Ende komme, noch einige Worte über die demokratische Kontrolle Eu- ropols verlieren: Wie ich schon vorhin erwähnt hatte, ist das Europäische Parlament bereits eingebunden, wenn darüber zu entscheiden ist, mit welchen Drittstaaten und 16056 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 152. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. März 2008 (A) (C) (B) (D) Drittstellen Europol Kooperationsabkommen soll ab- schließen können. Darüber hinaus wurde in den Entwurf des Europol- Ratsbeschlusses eine Bestimmung aufgenommen, wo- Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unions- dokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Be- ratung abgesehen hat. nach der Europol-Verwaltungsrat innerhalb von vier Jah- ren nach Inkrafttreten des Ratsbeschlusses sowie danach in einem regelmäßigen Rhythmus eine externe Evaluie- rung der Tätigkeit Europols in Auftrag geben muss. Der Evaluierungsbericht muss dann der Kommission, dem Rat sowie dem Europäischen Parlament vorgelegt wer- den. Lassen Sie mich zusammenfassen: Die operative Stär- kung Europols ist angesichts der aktuellen Herausforde- rungen notwendig. Die gebotenen rechtsstaatlichen Ab- sicherungen und die demokratische Kontrolle Europols wurden dabei berücksichtigt. Wenn daher an die Bundes- regierung die Aufforderung gerichtet werden soll, zur rechtsstaatlichen Verbesserung von Europol beizutragen, so möchte ich dem entgegnen: Bei der Abwägung von operativen Belangen und rechtlichem Schutz haben wir bereits das Optimum erreicht. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit- geteilt, dass sie die Anträge Für mehr Klimaschutz im Verkehr – Kfz-Steuer auf CO2-Ausstoß umstellen auf Drucksache 16/4431 und Das deutsche Filmerbe sichern auf Drucksache 16/8215 zurückzieht. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Straßenbaubericht 2006 – Drucksache 16/3984 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Straßenbaubericht 2007 – Drucksache 16/7394 – Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik- folgenabschätzung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Aufstieg durch Bildung – Qualifizierungsinitiative der Bundesregierung – Drucksache 16/7750 – Auswärtiger Ausschuss Drucksache 16/7393 Nr. A.26 Ratsdokument 13036/07 Drucksache 16/7817 Nr. A.21 Ratsdokument 15616/07 Innenausschuss Drucksache 16/7223 Nr. A.7 Ratsdokument 14094/07 Drucksache 16/7905 Nr. A.15 Ratsdokument 16611/07 Finanzausschuss Drucksache 16/7817 Nr. A.16 Ratsdokument 15672/07 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 16/7817 Nr. A.31 Ratsdokument 16256/07 Drucksache 16/7905 Nr. A.7 Ratsdokument 16466/07 Drucksache 16/7905 Nr. A.8 Ratsdokument 16476/07 Drucksache 16/8135 Nr. A.3 Ratsdokument 16782/07 Drucksache 16/8135 Nr. A.4 Ratsdokument 16783/07 Drucksache 16/8135 Nr. A.5 Ratsdokument 16784/07 Drucksache 16/8135 Nr. A.6 Ratsdokument 16785/07 Drucksache 16/8135 Nr. A.30 Ratsdokument 5310/08 Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 16/7393 Nr. A.6 EuB-EP 1573; P6_TA-PROV(2007)0423 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 16/6389 Nr. I.42 Ratsdokument 11497/07 Drucksache 16/7223 Nr. A.8 Ratsdokument 14110/07 Drucksache 16/7393 Nr. A.17 Ratsdokument 14235/07 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 16/8135 Nr. A.41 EuB-EP 1630; P6_TA-PROV(2008)0577 152. Sitzung Berlin, Freitag, den 14. März 2008 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans-Ulrich Krüger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

    und Kollegen! Wer erinnert sich nicht an die große Be-
    schwichtigungsformel am Ende des letzten Jahrtausends:
    „Die Rente ist sicher.“ Rot-Grün hat diese Formel unter-
    sucht und gehandelt. Schwarz-Rot setzt die erfolgreiche
    Politik von Rot-Grün insofern ergänzend fort.

    Aufgrund des demografischen Wandels der deut-
    schen Gesellschaft kann die gesetzliche Rentenversor-
    gung allein in Zukunft – die Kolleginnen und Kollegen
    haben das heute schon angesprochen – das Gesamtver-
    sorgungsniveau, den Wohlstand im Alter nicht mehr ga-
    rantieren. Es war daher richtig, Finanzierungsmodelle zu
    entwickeln, um mit staatlicher Hilfe eine zusätzliche pri-
    vate Altersvorsorge vorzusehen. Herausgekommen ist
    die Riester-Rente.

    Seien Sie sicher: Millionen von Amerikanerinnen und
    Amerikanern wären glücklich und froh, hätten sie, nach-
    dem sie im Jahr 2000/2001 durch das Zerplatzen der Ak-
    tienblase ihre Pensionsansprüche verloren haben und
    nachdem nun ihre Häuser infolge der Immobilienkrise
    nur noch ein Drittel wert sind, ein System aus gesetzli-
    cher Rentenversicherung, ergänzender privater Alters-
    vorsorge und Betriebsrente als dritter Säule.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Bis zum Jahr 2030 wird sich – auch das ist schon an-
    gesprochen worden – das Verhältnis von Erwerbstätigen
    zu Rentnerinnen und Rentnern dramatisch verändern.
    Betrug das Verhältnis zu Zeiten unserer Väter und Müt-
    ter noch 7 : 1 oder 8 : 1, beträgt es heute 3,2 oder 3,3 : 1
    und wird sich zu einem Verhältnis von 1,9 : 1 entwi-
    ckeln. Im gleichen Zeitraum wird sich Gott sei Dank
    – daran werden wir alle partizipieren – die durchschnitt-
    liche Bezugsdauer der Rente auf 20 Jahre belaufen. Im-
    mer weniger Erwerbstätige müssen für immer mehr
    nicht im Erwerbsleben stehende Menschen die Beiträge
    erbringen.

    Diese Tatsache darf und durfte die Politik nicht ver-
    schlafen, sondern musste handeln. Sie hat es in Form der
    Riester-Rente getan, für die sich – der Kollege Flosbach
    hat es erwähnt – mittlerweile fast 11 Millionen Men-
    schen entschieden haben. Diese Menschen sind von den
    Vorteilen der Riester-Rente überzeugt. Vater und Mutter
    wissen, dass sie dann, wenn sie beispielsweise im Jahr
    2008 einen Riester-Vertrag abschließen, je 154 Euro an
    Zulage, das Kind 185 Euro an Zulage bekommen. Wenn
    das Kind nach dem 1. Januar dieses Jahres geboren wor-
    den ist, bekommt es sogar 300 Euro an Zulage. Sogar
    eine Kleinfamilie, ein verheiratetes Paar mit einem Kind,
    erhält aktuell entweder 493 oder 608 Euro an Zulage.

    Es ist gut, dass die Gesamtsumme der diesbezügli-
    chen Zulagen im Jahre 2007 die Milliardengrenze über-
    schritten hat. Diese Summe darf, soll und muss noch
    weiter steigen. Das gilt auch im Bereich der schon mehr-
    fach angesprochenen Menschen mit einem geringen oder
    mittleren Einkommen. Von daher ist es richtig, dass der
    Minimaleigenbeitrag von 5 Euro pro Monat respektive
    60 Euro pro Jahr so gehalten worden ist, dass auch ein-
    kommensschwächere Bürgerinnen und Bürger nicht von
    der privaten Altersvorsorge ausgeschlossen sind.

    Es wird immer wieder gesagt, die Riester-Rente käme
    bei den Menschen, die ihrer bedürften, nicht an. Dazu
    möchte ich zwei Zahlen nennen. Zwei Drittel der Men-
    schen mit einem Riestervertrag haben ein Jahreseinkom-
    men von weniger als 30 000 Euro, exakt 43 Prozent ein
    Jahreseinkommen von weniger als 20 000 Euro. Auch
    die alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern, die ge-
    ringfügige Bezüge erzielt, kann mit 60 Euro oder einer
    ähnlichen Summe im Jahr – das hat der Kollege
    Flosbach schon erwähnt –, wenn ein Kind vor und ein
    Kind nach dem 1. Januar 2008 geboren worden ist,
    639 Euro an staatlicher Zulage erhalten. Das entspricht
    einer Förderquote von mehr als 90 Prozent. Wer all das
    in Abrede stellt, versündigt sich an der Situation dieser
    Menschen.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Bei der Grundsicherung im Alter ist die Situation
    anders. Was ist die Grundsicherung im Alter, die als sol-
    che schon angesprochen worden ist? Ist sie eine Geld-
    summe, die in einem ominösen Juliusturm liegt und
    ohne Folgen für unsere Gesamtwirtschaft nach Bedarf
    abgerufen werden kann? Oder ist es – das ist gut und
    richtig so – die aus Steuermitteln finanzierte Sozialhilfe-
    leistung, die von der notwendigen Solidarität der Starken
    mit den Schwachen getragen ist und davon lebt, dass sie
    Gott sei Dank nicht jeder in Anspruch nimmt bzw. neh-
    men muss, sondern aktuell nur circa 2,3 Prozent der
    Rentnerinnen und Rentner in der Bundesrepublik
    Deutschland, sprich über 97 Prozent eben nicht?


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Die Riester-Rente aber ist genauso wie die gesetzliche
    Rente dazu gedacht, mit dem angesparten Geld später
    den Lebensunterhalt zu bestreiten. Wer daher sagt, der
    Grundsicherungsanspruch müsse ohne oder nur mit einer
    anteiligen Anrechnung der Riester-Rente erfüllt sein, der
    muss folgerichtig die Frage beantworten, warum denn
    dann Sozialversicherungsrenten, Zinseinkünfte und Ein-
    künfte aus Vermietung und Verpachtung angerechnet
    werden.


    (Anton Schaaf [SPD]: So ist das!)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Dr. Hans-Ulrich Krüger
    Die Solidarität der Starken mit den Schwachen funk-
    tioniert nur, wenn alle entsprechende Anstrengungen un-
    ternehmen. Das gilt in der Altersvorsorge genauso wie
    im alltäglichen Leben mit all seinen Banalitäten. Oder
    andersherum gesagt: Alle Versicherungen, beispiels-
    weise eine Feuerversicherung, die derjenige abschließt,
    der ein Haus besitzt, eine Hausratversicherung, die der-
    jenige abschließt, der eine Wohnung hat, oder eine Auto-
    versicherung, die derjenige abschließt, der einen Pkw
    fährt, funktionieren nur, weil Gott sei Dank nicht jeder
    Pkw-Halter jedes Jahr einen Unfall hat, nicht jedes Haus
    jedes Jahr abbrennt und jeder Hausrat jedes Jahr zerstört
    wird. Wäre das der Fall, wäre das gleichbedeutend mit
    dem Ende dieser Versicherungssparte und -lösung, weil
    die Prämien folgerichtig eine Höhe erreichen müssten,
    welche kein Mensch mehr erbringen kann.

    Die Altersvorsorge wird nunmehr durch die Einbezie-
    hung der selbstgenutzten Wohnimmobilie in die pri-
    vate Altersvorsorge komplettiert. Von daher kann auch
    derjenige Bürger oder diejenige Bürgerin, der oder die
    sagt: „Eine Zusatzrente ist schön und gut; aber für mich
    ist das mietfreie Wohnen im Alter das Vorzugswürdige“,
    das steuerbegünstigte, im Rahmen des Zulagensystems
    der Riester-Rente angesparte Vermögen für den Kauf ei-
    ner Immobilie nutzen. Ein weiteres Highlight ist – hier
    passt man sich den neuen gesellschaftlichen Lebensfor-
    men an –, dass nunmehr auch der Kauf von Anteilen an
    einem Altenheim und der Kauf von Genossenschafts-
    anteilen Riester-fähig sind. Auch Erwerbsminderungs-
    rentner, die sagen: „Ich möchte nach dem Eintritt der Er-
    werbsminderung etwas für meine Altersversorgung tun“,
    können einbezogen werden.

    Von daher sage ich all denjenigen, die fordern: „Weg
    mit der Riester-Rente!“: Vorsicht an der Bahnsteigkante!
    Bedenken Sie, was Sie im Hinblick auf Millionen Men-
    schen aufgeben, die genau wissen, dass die drei Säulen
    – gesetzliche Rentenversicherung, betriebliche Alters-
    vorsorge und private Altersvorsorge – für sie das Rich-
    tige sind.

    Ich danke Ihnen.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)




Rede von Dr. h.c. Susanne Kastner
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/8495 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 24 b. Wir kommen zur Be-
schlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und So-
ziales zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Ti-
tel „Wiedereinführung der Lebensstandardsicherung in
der gesetzlichen Rente“. Der Ausschuss empfiehlt in sei-
ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/6921, den
Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/5903
abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Be-
schlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD,
Bündnis 90/Die Grünen, CDU/CSU und FDP bei Ge-
genstimmen der Linken angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Sibylle Pfeiffer,
Dr. Christian Ruck, Dr. Wolf Bauer, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der CDU/CSU, der
Abgeordneten Dr. Sascha Raabe, Gabriele
Groneberg, Stephan Hilsberg, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der SPD sowie der Abge-
ordneten Thilo Hoppe, Ute Koczy, Ulrike
Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Für eine neue, effektive und an den Bedürfnis-
sen der Hungernden ausgerichtete Nahrungs-
mittelhilfekonvention

– Drucksachen 16/8192, 16/8485 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Thilo Hoppe
Sibylle Pfeiffer
Dr. Sascha Raabe
Dr. Karl Addicks
Hüseyin-Kenan Aydin

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Sascha Raabe.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Sascha Raabe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

    Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Obwohl wir
    uns das ehrgeizige Ziel gesetzt haben, die Zahl der auf
    der Welt Hungernden bis zum Jahr 2015 zu halbieren,
    müssen wir feststellen, dass trotz Fortschritten immer
    noch 25 000 Menschen pro Tag an den Folgen von Hun-
    ger und Armut sterben. Während wir im Deutschen
    Bundestag, wie es vor kurzem der Fall war, über die Pro-
    blematik von Übergewicht und seinen Krankheitsaus-
    wirkungen sprechen und zu Recht Sport und Bewegung
    einfordern, besteht in anderen Ländern eine Situation,
    die für manche hier nicht vorstellbar ist und Menschen-
    leben fordert.

    Wir reden zu Recht über den Klimawandel, der auch
    uns in Deutschland betrifft. Aber in den Entwicklungs-
    ländern betrifft der Klimawandel die Menschen noch
    viel stärker im negativen Sinne. Im Rahmen des Welt-
    ernährungsprogramms wurde eine Untersuchung durch-
    geführt, die zu dem Ergebnis kam, dass heutzutage vor
    allem in Entwicklungsländern 1 Milliarde mehr Men-
    schen als noch vor zehn Jahren von Naturkatastrophen
    betroffen sind.

    Durch den Klimawandel werden natürlich auch die
    Ernten und die Nahrungsmittelsicherheit in Mitleiden-
    schaft gezogen. Als sei diese katastrophale Situation






    (A) (C)



    (B) (D)


    Dr. Sascha Raabe
    nicht schon schlimm genug, kommt noch hinzu, dass die
    Preise für Nahrungsmittel in der letzten Zeit sehr stark
    gestiegen sind. Viele Entwicklungsländer müssen für
    Getreideimporte bis zu 35 Prozent mehr ausgeben als im
    Vorjahr. Nach Angaben der Weltbank sind die Nahrungs-
    mittelpreise im vergangenen Jahr um durchschnittlich
    75 Prozent gestiegen. Davon waren insbesondere Grund-
    nahrungsmittel wie Mais, Reis und Weizen betroffen.
    Man muss berücksichtigen, dass die ärmsten Menschen
    etwa 80 Prozent ihres geringen Einkommens für Nah-
    rungsmittel aufwenden müssen, dazu aber oft nicht in
    der Lage sind.

    Manchmal wird die Frage gestellt, ob es angesichts
    der wachsenden Weltbevölkerung vielleicht nicht genug
    Lebensmittel auf der Welt gibt. Das ist absoluter Unsinn.
    Nach Angaben der UN-Organisation für Ernährung und
    Landwirtschaft, der FAO, gibt es genug Lebensmittel,
    um etwa 12 Milliarden Menschen relativ problemlos zu
    ernähren. Ich möchte die gleiche Frage stellen, die neu-
    lich der aus dem Amt scheidende UN-Sonderbericht-
    erstatter für das Recht auf Nahrung, Jean Ziegler, gestellt
    hat: Warum geschieht das nicht?

    Unsere Bundesentwicklungsministerin, Heidemarie
    Wieczorek-Zeul, hat am Montag dieser Woche den
    Aktionsplan für Menschenrechte für die nächsten drei
    Jahre vorgestellt. Er wird dazu beitragen, dass die Men-
    schenrechte in den Entwicklungsländern vorangebracht
    und gefördert werden. Ein Punkt ist das Recht auf Nah-
    rung. Dieses Recht muss endlich auch denjenigen zugu-
    tekommen, die Hunger leiden.

    Wir fordern die Bundesregierung in unserem Antrag
    auf, „sich für die Neuverhandlung der Nahrungsmittel-
    hilfekonvention gemäß der menschenrechtlichen Ver-
    pflichtungen zur Erfüllung des Rechts auf adäquate Nah-
    rung nach Art. 11 des Internationalen Pakts für
    wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte
    sowie im Sinne der freiwilligen Leitlinien der … FAO“
    einzusetzen.


    (Beifall der Abg. Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU])


    Wir werden diesen Antrag heute verabschieden. Ich
    freue mich darüber, dass wir das gemeinsam mit der
    Fraktion der Grünen tun. Es ist schön, dass bei diesem
    Thema parteiübergreifend Einigkeit herrscht. Ich glaube,
    dass wir über diesen Antrag zu einer neugestalteten und
    umfassenden Nahrungsmittelhilfekonvention kommen,
    damit dieses Recht verwirklicht werden kann.

    Warum brauchen wir eine neue Nahrungsmittelhilfe-
    konvention? Als sie 1967 entstand, waren die Rahmen-
    bedingungen ganz anders. Es gab die durchaus gute In-
    tention, die steigenden Nahrungsmittelüberschüsse in
    den europäischen Staaten und in den USA sinnvoll für
    die Hungerbekämpfung einzusetzen. Das war erst ein-
    mal kein schlechter Grundgedanke: Bei uns gab es zu
    viel, und dort haben Menschen Hunger gelitten. Heute
    wissen wir aber, dass diese Hilfe, auch wenn sie gut ge-
    meint war, oft dazu führte, dass Kleinbauern und Land-
    wirte keinen nachhaltigen Anreiz hatten, um Nahrungs-
    mittel für den lokalen Markt zu produzieren, also
    Getreide anzupflanzen oder Hühner aufzuziehen. Wenn
    die Kleinbauern ihre Waren verkaufen wollten, standen
    sie oft vor dem Problem, dass die Nahrungsmittelüber-
    schüsse der westlichen Staaten – was gut gemeint war –
    in den Regalen der lokalen Lebensmittelgeschäfte lagen
    und sie ihre Produkte nicht absetzen konnten. Insofern
    war das, was gut gemeint war, oft kontraproduktiv. Da-
    rauf wollen wir mit unserem Antrag reagieren, indem
    wir die veränderten Rahmenbedingungen in die neue
    Nahrungsmittelhilfekonvention einfließen lassen.

    Hinzu kommt, dass sich die Situation auf den Welt-
    agrarmärkten verändert hat. Es gibt neue, große Nachfra-
    ger wie China oder Indien. In einigen Ländern gibt es in-
    zwischen eine Konkurrenz zwischen dem Anbau von
    Nahrungsmitteln und dem Anbau von Agrartreibstoffen.
    An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich darauf hinwei-
    sen, dass wir das Positionspapier des Bundesministe-
    riums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-
    lung begrüßen, in dem Leitlinien festgezurrt wurden,
    damit die Nahrungsmittel weiterhin den Ärmsten zugute-
    kommen können. Der Biomasseanbau darf das nicht ver-
    hindern. Wir wollen nicht, dass der Klimaschutz durch
    den Biomasseanbau gefährdet wird. Wir wollen Biomas-
    seanbau nur auf zertifizierten Flächen haben. Wir wol-
    len, dass behutsam und vorsichtig vorgegangen wird.


    (Beifall der Abg. Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU])


    Die Vereinigten Staaten von Amerika haben in den
    letzten Jahren – ich formuliere das jetzt einmal sehr hart –
    unter dem Deckmantel der Nahrungsmittelhilfe eigent-
    lich nur ihre Agrarüberschüsse loswerden wollen.


    (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


    Das war nicht WTO-konform. Deshalb war es richtig,
    dass die Europäer auf der WTO-Konferenz in Hongkong
    darauf bestanden haben, auch über dieses Thema zu ver-
    handeln. Schließlich müssen auch wir – übrigens zu
    Recht – unsere Exportsubventionen senken bzw. sie
    ganz streichen. Ich füge hinzu: Wir hätten beschließen
    sollen, die Subventionen sogar noch vor dem Jahre 2013
    zu streichen. Das, was die Amerikaner – übrigens oft aus
    wahltaktischen Gründen – unter dem Deckmantel der
    Nahrungsmittelhilfe gemacht haben, ist nichts anderes,
    als Geschenke an die Farmer zu verteilen. Damit haben
    sie in den Entwicklungsländern aber das genaue Gegen-
    teil dessen bewirkt, was man mit der Nahrungsmittel-
    hilfe zu erreichen versucht. Sie haben dort noch mehr
    Hunger und Armut produziert. Das muss ein Ende ha-
    ben.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Noch im letzten Jahr haben die OECD-Staaten an die
    Landwirte Subventionen in Höhe von 349 Milliarden
    Dollar gezahlt. Für die öffentliche Entwicklungszusam-
    menarbeit haben sie allerdings nur etwa ein Drittel die-
    ses Betrages zur Verfügung gestellt. Wenn man sich das
    vor Augen führt, stellt man fest, dass hier nach wie vor
    eine erhebliche Schieflage besteht.

    Es muss klar sein, dass die Nahrungsmittelknappheit
    ein Problem ist, das in erster Linie mit den weltwirt-






    (A) (C)



    (B) (D)


    Dr. Sascha Raabe
    schaftlichen Bedingungen des Handels zusammenhängt.
    Insofern handelt es sich auch um ein Verteilungspro-
    blem. Deswegen wäre es unzureichend, wenn man ver-
    suchen würde, dieses Problem auf bilateraler Ebene zu
    lösen. Vielmehr müssen wir die strukturellen Ursachen
    dieses Problems bekämpfen. Es ist zwingend notwendig,
    dass wir jetzt ein umfassendes Konzept der Nahrungs-
    mittelhilfe erarbeiten und eine Nahrungsmittelhilfe-
    konvention verabschieden, in deren Rahmen die Nah-
    rungsmittelhilfe in Konzepte zur wirtschaftlichen
    Entwicklung und Armutsbekämpfung integriert wird.
    Unser Ziel muss sein, den Übergang von der humanitä-
    ren Soforthilfe zur mittel- und langfristigen Ernährungs-
    sicherung, die ohne Hilfslieferungen auskommt, zu ge-
    währleisten. Den Menschen in den Entwicklungsländern
    muss die Chance zur Selbsternährung gegeben und da-
    mit das grundlegende Recht auf Nahrung garantiert wer-
    den.

    Die Nahrungsmittelhilfe muss so eingesetzt werden,
    dass sie in entwicklungspolitischer Hinsicht nicht kon-
    traproduktiv ist, sondern dazu beiträgt, die lokale Land-
    wirtschaft zu stärken. Das ist es übrigens, was Deutsch-
    land von manch anderem Geberland unterscheidet. Wir
    wollen sicherstellen, dass mit der Nahrungsmittelhilfe
    die lokalen Märkte gestärkt werden.


    (Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Jawohl!)


    Wir wollen nicht, dass zum Beispiel Getreide aus den
    USA nach Afrika geliefert wird. Mit unserem Antrag
    möchten wir dafür sorgen, dass die Menschen, die Nah-
    rungsmittelhilfe erhalten, in erster Linie Geld oder Gut-
    scheine bzw. Essensmarken bekommen, damit sie die
    Produkte, die sie brauchen, lokal, also bei ihren Land-
    wirten, kaufen. So macht Nahrungsmittelhilfe Sinn.
    Wenn man so vorgeht, fördert man auch die lokale Land-
    wirtschaft und eine nachhaltige wirtschaftliche Entwick-
    lung, die dauerhaft selbsttragend sein kann. Außerdem
    trägt man dazu bei, dass die Hungernden, die in Not
    sind, nicht verhungern müssen.

    Diese Ziele müssen wir mit der neuen Nahrungsmit-
    telhilfekonvention erreichen. Ich glaube, dass wir hier
    parteiübergreifend ein gutes Ergebnis erzielen werden.
    Im Sinne der hungernden Menschen auf der Erde hoffe
    ich, dass unser Antrag große Zustimmung findet.

    Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)